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7/22/2019 14 Aware HS13
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Magazin fr Psychologie / HS13
aware
Im Auge des Betrachters
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Master of Science in Angewandter
Psychologie FHNW
Psychologie studieren mit Praxisbezug
Arbeits-, Organisations- und Personalpsychologie
Vertiefungen:
- Arbeits & Organisationspsychologie
- Betriebliches Gesundheitsmanagement
- Human Factors
- Personalpsychologie
- Medienpsychologie - Neue Medien
Profl des Master-Studiengangs in Angewandter Psychologie
Das Studium bietet zentrale Themen der Arbeits-, Organisations- und Personalpsychologie an, wie
Analyse, Bewertung und Gestaltung von Arbeitsprozessen, Personal- und Organisationsentwicklung
und Fhrung von Mitarbeitenden und Teams.
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jeweils 17.15 Uhr - 18.30 Uhr
Dienstag, 17. September 2013
Mittwoch, 23. Oktober 2013
Donnerstag, 21. November 2013
Mittwoch, 11. Dezember 2013
nchster Studienstart: 15. September 2014
Hochschule fr Angewandte Psychologie FHNW
Studienort: Von Roll-Strasse 10, 4600 Olten (in direkter Nhe vom Bahnhof Olten)
Information und Anmeldung unter: www.fhnw.ch/aps/master
HS1EDITORIAL/IMPRESSUM
Gnner
ImpressumHerausgeber: Psychologiestudierende der Universitt Zrich, Verein aware | Chefredaktion: Fabienne Meier (UZH), Katharina Szybalski (UZH), Josefine BisLektorat: Aline Biesuz (UZH), Laura Bechtiger (UZH), Josefine Biskup (UZH), Vivian Frick (UZH), Antonia Kreibich (UZH), Maya Mathias (UZH), Fabienne M
Patricia Meier (UZH), Lea Mozzini (UZH), Mareike Haase, Sarah Susanna Hoppler (UZH), M. Sc. Dragica Stojkovi, Katharina Szybalski (UZH), Muriel Kelletung:Adrian Oesch, Caty Yiying Zhao (UZH) | Inserate und Marketing: inserate@aware-magazin.ch, Marcel Schellenberg (UZH), Julia Gontersweiler (UZAutoren:Jolle Barthassat (psyCH), Laura Bechtiger (UZH), Josefine Biskup (UZH), Vivian Frick (UZH), Theresa Geck (UniFR), Sarah Susanna Hoppler (UZH), Lucatuorto (FAPS), Manuel Merkofer (UZH), Kristin Mllering (UZH), Adrian Oesch, Katharina Szybalski (UZH), Ebongo Tshomba (UniBAS) | Illustratoren:La(UZH), Josefine Biskup (UZH), Ronny Peiser (ronnypeiser.de), Caty Yiying Zhao (UZH) | Druck: Schellenberg Druck AG | Auage: 2000 Exemplare, erscheint jed| Redaktionsadresse: aware Magazin fr Psychologie, c/o Fachverein Psychologie, Binzmhlestr. 14/29, 8050 Zrich | www.aware-magazin.ch, info@aware
Liebe Leserin, lieber Leser
Wir ziehen die Vorhnge zu und schalten die Lichter aus:
Die 14. Ausgabe des aware Magazins Im Auge des Be-
trachters geht der gemeinsamen Geschichte von empi-
rischer Psychologie und dem Medium Film nach. Im histo-
rischen berblick treffen wir dabei immer wieder auf Fragen
des Standpunkts und der subjektiven Sichtweise vom er-
sten psychiatrischen Lehrlm bis zu den eingekerbten Film -
stereotypen des Psychologen. Wie real sind die abgebildetenSzenen, wie authentisch, wie gltig. Oder eben doch ver-
handelbar?
Der Blick auf die unscharfen Grenzen, die kontroversen
Punkte der Psychologie, lsst sich in einigen weiteren Tex-
ten nden: Wonach streben wir eigentlich? Und wie sehrsind Forschung, Praxis und Theorie vom Zeitgeist beein-
usst? Adrian Oesch hinterfragt den Trend zu Big Scienceam Beispiel des Human Brain Project, Ebongo Tshomba
schlgt eine utopische Lsung fr psychotherapeutische
Versorgungsengpsse vor, in der Therapeuten gar nicht mehr
so wichtig scheinen und als ewige Gratwanderung sieht
Theresa Geck die DSM-Neuauagen, die natrlich anlss -lich der fnften Edition auch im aware-Team fr viel Ge-
sprchsstoff gesorgt haben.
Wie bestimmend und tiefgreifend psychologisc
nungen in der Praxis tatschlich sein knnen, se
den Artikeln von Katharina Szybalski, Sarah Susa
ler und Laura Bechtiger: Psychologen ben au
Ebenen effektiv Macht aus, sei es in der forensi
chologie, im Rahmen einer Zwangsbehandlung
einer simplen Denition, die zwischen patholo
unauffllig unterscheidet. Wie Formen uns die wir aufstellen? Kulturpessimistisch sieht Vivian
Fortschrittsgesellschaft, die im Rausch der Tech
gentlichen Bedrfnisse vergisst. Manuel Merko
tiert Daniel Hells interessante Reaktion auf ein
nistisches Menschenbild in einem Fach, das d
noch das Wort Seele im Namen hat und schlie
Kristin Mllering mit ihrem Artikel, dass Dichot
gegeben werden mssen, um das ganze Spek
Sachverhalts in seiner Schnheit zu sehen.
Neue sthetische Reize nden sich auch auf unspage: Aktuelle Artikel, die dort exklusiv verffen
den. Es lohnt sich also hin und wieder mal ein B
virtuelle Realitt, auch um Texte mit anderen
kommentieren zu knnen diskutiert mit!
Viel Spass beim Blttern oder Scrollen un
wnscht euch
die Redaktion
Das aware-KernteamOben von links nach rechts: Katharina
Szybalski, Antonia Kreibich, Marcel
Schellenberg, Fabienne Meier
& Adrian Oesch
Seite von oben nach unten:
Julia Gontersweiler & Josene Biskup
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Die SKJP - der Fachverband der Kinder- und Jugendpsychologen/-innen- engagiert sich fr die Kinder- und Jugendpsychologie in Praxis, Lehre und Forschung- ist Herausgeberin der Zeitschrift P&E - Psychologie und Erziehung- bietet das Curriculum zur Erlangung des Fachtitels Fachpsychologe/-in fr Kinder- und Jugendpsychologie FSP an- organisiert Tagungen zu relevanten Fragen der Kinder- und Jugendpsychologie- unterhlt eine Homepage mit Stellenvermittlung- verleiht einen Frderpreis fr herausragende Masterarbeiten mit kinder- und jugendpsychologischen Fragestellungen- verleiht einen Anerkennungspreis an Personen mit besonderen Leistungen im Bereich der Kinder- und Jugendpsychologie
Die Mitglieder der SKJP sind bei ffentlichen Stellen und in privaten Praxen ttig. Sie arbeiten als Schulpsychologen/-innen oderErziehungsberater/-innen, Psychotherapeuten/-innen fr Kinder und Jugendliche, Heimpsychologen/-innen oder im klinischen Bereich
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HS1INHALTSVERZEICHNIS
Inhalt
22 PSYCHOLOGIE & GESELLSC Warum Schnheit schn ist
ber sthetikempfinden Die Gratwanderung der Diagnos Forensische Psychologie Eine Be
von Prognose- und Schuldfhigk Immer mehr, immer schneller, im
Wie viel Fortschritt ist gut fr uns
16TITELTHEMA Im Auge des Betrachters:
Psychologie und Filme
12 FELDER DER PSYCHOLOGIE Task Shifting Von der utopisch
psychische Gesundheit fr alle
09 UNI FORSCHUNG ber das Human Brain Project
Forschungspolitik
07 FORSCHUNG AUS ALLER W Der Glaube an die Wissenschaft
37STRUNGSBILDER Auf der Schwelle ber Konzep
der Sozialphobie, Schchternheiund Introversion
33 ANGEWANDTE PSYCHOLO Gegen meinen Willen
Zwangsbehandlung in der Psych
40KOMMENTAR Die Seele und die Lehre von der S
Kontextualisierung und DiskussioDaniel Hells Seelenbegriff
43INSTITUTIONEN FAPS War das nicht die Party od
das Forum? (Teil 2) Bring mir den psyCHorizont!
Dass Definitionen und Theoriebildung dieGrundpfeiler der Wissenschaftlichkeit bilden,zeigt sich manchmal im Detail hier anhandder verschiedenen Anstze zum Verstndnis dersthetik. Bezieht sich der Begriff auf Schnheitoder generell Empfindungen? Wie sind eben-diese messbar? Knnen wir Dichotomien ab-legen und sind auch Wut und Ekel sthetischeEmotionen? Positionen von Neurosthetik undPhilosophie decken sich nicht wirklich liegtSchnheit am Ende doch immer imAuge des Betrachters? 22
Warum Schnheit schn ist sthetikempfinden
Bildquelle:Raphael/commons.wikimedia.com
Bildquelle:bluebrainproject/EPFL
Das menschliche Gehirn zu simulieren das undnichts Geringeres ist das Ziel des Human BrainProject. Das Human Genome Project dientedabei als Vorbild und der ambitionierte Entwurfberzeugte die EU. Doch ist das Budget von einerMilliarde Euro gut angelegt? Oder wren viele ein-zelne Forschungsgruppen erfolgreicher, kreativer?Wie entwickeln sich Projekte unter verschiede-nen Bedingungen, welche Form der Frderung istsinnvoll und woran messen wir den Erfolgeines solchen Projekts?
Trends zu Megaprojekten
09
Interview: ZwangsbehandlungFrsorgerische Unterbringung hiess letz-tes Jahr noch Frsorgerischer Freiheits-entzug. In seltenen Fllen scheint eine
solch extreme Intervention temporr ntig.Doch jemanden zum Umdenken zwingenzu wollen wie wirkt das auf den Betroffe-nen? Wie geht man mit diesem Machtge-flle um? Im Interview mit einer AnorexiaNervosa-Patientin zeigen sich die ngsteund die inneren und usseren Kmpfe, dieTeil der Erkrankung und der auf-gezwungenen Therapie sind. 33 Bildqu
elle:HolgerGi/Flickr,CC-BY-NC-SA
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eitere Informationen:
P Institutartstrasse 3
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HS1RUBRIKFORSCHUNG AUS ALLER WELT
Von Katharina Szybalski
Der Glaube an die Wissenschaft
WissenschaftsglaubeBritische Forscher sind berzeugt: Wissenschaft kann unter best
dingungen genauso wie Religion wirken. Hug wird in diesem hang von Wissenschaftsglubigkeit gesprochen, also von der
berzeugung, dass wissenschaftliche Erkenntnisse die Wahrheit
Die Autoren argumentieren, dass der Glaube an einen Gott dem L
Sinn gibt und in undurchschaubaren und unsicheren Situatione
trolle zumindest ein wenig sicherer in den eigenen Hnden zu lie
Auf diese Weise kann Religion ngste mindern. Die F orscher si
nung, dass die Wissenschaft ein hnliches Konstrukt ist wie di
Viele Menschen akzeptieren wissenschaftliche Erkenntnisse al
doch einige gehen soweit und betrachten sie als berlegenen u
gltigen Leitfaden im Leben. Diese Menschen verteidigen wiliche Erkenntnisse als allgemeingltig ohne jegliche kritische RDie Forscher wollten auf Grundlage dieser berlegungen heraudie Wissenschaftsglubigkeit unter Stress oder Angst zunimmt
fessionelle Ruderer, die sich selber als nicht religis bezeichne
einen Fragebogen zur Wissenschaftsglubigkeit ausfllen. Die E
talgruppe fllte diesen Fragebogen 30 Minuten vor einer wichtig
aus, um den Stress zu simulieren, whrend die Kontrollgruppe
aufgezeichnet wurde.
Die gestresste Gruppe erzielte einen hheren Wert als die Kont
Somit hatten die Forscher belegt, dass unter Stress der Glaube
senschaft zunehmen kann. In Bezug auf den Aspekt der Angst lie
Experimentalgruppe ihre Gedanken zum eigenen Tod aufschreib
schliessend den gleichen Fragebogen wie im ersten Versuch au
Kontrollgruppe sollte ihre Gedanken ber Zahnschmerzen zu P
gen. Auch hier zeigte sich, dass grssere Angst mit einer grsse
schaftsglubigkeit einherging.
Trotz der enormen Unterschiede zwischen Wissenschaft und Renen beide Konstrukte fr einige Menschen den gleichen Zweck e
gemeiner betrachtet steckt dahinter wohl die Neigung des Mensc
schweren Zeiten auf die eigene Weltansicht zu konzentrieren (Mo
son, & Miles, 2013).
Fernbeziehungen
Die unbeliebte Beziehungsform Fernbeziehung ist laut einer neuen
Studie anscheinend besser als ihr vorauseilender Ruf. Die Forscher un-
tersuchten die Kommunikationsqualitt von persnlichen Gesprchen,
Telefongesprchen, Videochats, SMS, Instant Messenger und Email.
Sie gingen vor allem darauf ein, in wie weit sich die Paare gegenseitig
ihre Empfindungen mitteilen und mit wie viel Aufmerksamkeit der
Partner auf diese usserungen reagiert.
Es stellte sich heraus, dass Paare in Fernbeziehungen deutlich ver-
trauter miteinander umgehen als Paare, die sich in geographischer
Nhe befinden. Dafr konnten die Autoren zwei Hauptfaktoren identi-fizieren: Einerseits ffnen sich die Partner in diesen scheinbar ano-
nymeren Kommunikationsmitteln mehr und andererseits werden ge-
wisse Verhaltensweisen in einer Fernbeziehung positiver beurteilt als
in anderen. Dies gilt besonders fr Kommunikationsmethoden, die auf
geschriebenem Text basieren. Die Forscher nehmen an, dass diese
Kommunikationsart zeitintensiver ist und somit mehr wertgeschtzt
wird (Crystal Jiang & Hancock, 2013).
Kaugummi
Der Zusammenhang zwischen der Konzentrationsfhigkeit und gleich-
zeitigem Kaugummikauen konnte in bisherigen empirischen Studien nie
hinreichend belegt werden. Morgan, Johnson und Miles (2013) betrach-
teten den Sachverhalt dieses Jahr noch einmal neu. Die Probanden hrten
sich ber 30 Minuten Zahlenfolgen von drei aufeinander folgenden Zif-
fern an und mussten bei der Kombination ungerade gerade ungerade
Zahl einen Knopf drcken. Zwischen den Kombinationen konnten die
Versuchspersonen sich jeweils 40 Sekunden lang erholen. Aufgezeichnet
wurde nicht nur die Fehlerquote, sondern auch die Reaktionszeit. Der
Experimentalgruppe wurde anfangs ein Kaugummi angeboten, die Kon-
trollgruppe musste die Aufgabe ohne Manipulation (also ohne Kaugum-
mi) durchfhren. Die vorgelegte Aufgabe beansprucht das Kurzzeitge-
dchtnis, weil das Gehrte gespeichert werden muss, um es anschliessend
sofort mit dem vorgegebenen Muster abzugleichen.
Allgemein zeigte sich, dass die Aufgabe alle Probanden ermdete und
somit gegen Ende die Fehlerquote und Reaktionszeit in Experimental-
und Kontrollgruppe zunahm. Die Kontrollgruppe ohne Kaugummikonnte die ersten zehn Mi nuten bessere Leistungen erbringen als die
Spearmintkaugummi kauende Experimentalgruppe, jedoch verschlech-
terte sich die Leistung danach kontinuierlich. Die Experimentalgruppe
hingegen erzielte whrend des ganzen Experimentes fast stabile Resul-
tate. Die Autoren schliessen daraus, dass Kaugummikauen dazu bei-
trgt, die Konzentration lnger aufrechtzuerhalten und somit nur bei
langandauernden Aufgaben seinen Zweck erfllt (Morgan, Johnson, &
Miles, 2013).
LiteraturCrystal Jiang, L., & Hancock, J. T. (2013). Absence makes the c
cation grow fonder: Geographic separation, interpersonal me
intimacy in dating relationships. Journal of Communica(3), 556577. doi:10.1111/jcom.12029
Farias, M., Newheisr, A.-K., Kahane, G., & de Toledo, Z. (2013
c faith: Belief in science increases in the face of stress and e
anxiety. Journal of Experimental Psychology. Advance online
tion. doi:10.1016/j.jesp.2013.05.008
Morgan, K., Johnson, A. J., & Miles, C. (2013). Chewing gu
rates the vigilance decrement. British Journal of Psychology.
online publication. doi:10.1111/bjop.12025
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Ikonen der ZerrissenheitIn der interaktiven Fhrung t auchst Du ein in die Meisterbltter von Edvard Munch. Fhrung:
Andreas Widmer, Knstler. Mittwoch, 27. November 2013, 17.30 19.30, Kunsthaus Zrich
Treffpunkt Beiz Du bekommst ein feines Essen. Baldassare sorgt fr kulinarische Hhenflge und eine gemtliche
Atmosphre. Jeden Freitag, ab 20. Sept. 2013, 12.15, Studierendenfoyer, Hirschengraben 7, 8001 Zrich
Vorgelesen Junge Texte des Alten Testaments Poetische Zeilen, skurrile Metaphern, donnernde Prophezeiungen. Ziel ist alleine das Vorlesen, so
wie es am schnsten ist: als ausgedehnte Gutenachtgeschichte. Donnerstags, 26. September bis5. Dezember 2013, 19.00 20.00, Hirschengraben 7, 8001 Zrich
Aktives Relax-Training Fr Prfungsphasen und bei Stress, ein Kurs mit bungen zur aktiven Entspannung.
Dienstags, 22. Oktober bis 12. November 2013, 18.15 19.45, KOL-Q-2, UZH Zentrum
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Glaube, Hoffnung, Liebe am Grossen wachsen
Herbstsemester 2013
1 1 . 1 1 . .1 1 :
HS1
governments must agree an ambiti
[] .(Pressemitteilung vom 28.1.2Mit diesen Worten begrndete die
dentin der europischen Kommiss
Kroes die Vergabe von der Milliard
die beiden Siegerprojekte der FET F
Initiative. Damit wird deutlich: Wis
frderung ist hoch politisch. Der Sc
nahe, dass auch eine gewisse Angst v
tiger Bedeutungslosigkeit Europas
hohen Ausgaben motivierte zurech
Drei Monate nach der ofziellen Andes HBP versprach Barack Obama auf
sekonferenz ein hnliches Projekt zu
Bisher sind jedoch keine genaueren
kannt. Lediglich ausgeklgelte Akr
BRAIN, was fr Brain Research thro
cing Innovative Neurotechnologies
BAM (Brain Activity Map) werden
denen Medien herumgereicht. Ebens
mutet, dass das Projekt ebenfalls auf
den Studie, dem Blue Brain Project, publi-
ziert. Selbst zum Nervensystem des im Vergleich
primitiven 300-Neuronen-Wurm C. elegans sind
noch ungeklrt. Nichtsdestotrotz mchten dieForscher bereits ein weitaus ambitionierteres
Projekt beginnen. Dass das Projekt trotz der Kri-
tik so weit gekommen ist, verdankt die EPFL
auch einer ausserordentlichen Medienarbeit.
Derart fantastische Visionen sind selbstredend
eine gute Ausgangslage fr die Kommunikati-
onsabteilung (siehe Der Griff nach dem Be-
wusstsein vom 11.5.2011, NZZ.ch).
ber gute Schlagzeilen freuen sich auch
Politiker. Europes position as a knowledge su-
perpower depends on thinking the unthinkable
and exploiting the best ideas. This multibillion
competition [Future and Emerging Technolo-
gies, Anm. d. Red.] rewards home-grown scien-
tic breakthroughs and shows that when we are
ambitious we can develop the best research in
Europe. To keep Europe competitive, to keep Eu-
rope as the home of scientic excellence, EU
UNI FORSCHUNG
ber das Human Brain Projectund Forschungspolitik
Ende Januar 2013 wurde bekannt gegeben, dass das Human Brain Project der ETH Lausan-
ne (EPFL) als eines der ersten zwei Projekte im Rahmen der EU Flaggschiff-Initiative
untersttzt wird. Dieses Projekt umfasst ein Budget von einer Milliarde Euro und ist
angelegt auf zehn Jahre. Kurz darauf hat US-Prsident Barack Obama ein hnliches
Forschungsprogramm in vergleichbarem Umfang angekndigt. Was hat es mit dieser
grossangelegten Forschungsnanzierung auf sich? Ist hier eine Tendenz zu Mega-Pro-
jekten festzustellen? Erbringen grssere Projekte automatisch auch wichtigere und/oder
mehr Erkenntnisse?
Von Adrian Oesch
Das Hauptziel des Human Brain Projects
(HBP) ist es, das menschliche Gehirn mit ei-nem Computer zu simulieren. Dazu werden
die Forscher versuchen, das gesamte Wissen
aus Studien mit E. Coli, Musen und dem
menschlichen Gehirn zu vereinen und auf ein
Modell zu bertragen. Dazu soll ein Computer
mit bisher unerreichter Rechenkapazitt, Ef-zienz und neuartigen Chips konstruiert wer-
den. Die sogenannten neuromorphen Compu-
terchips orientieren sich an realen
Nervensystemen und bilden einen Teil des
Projekts. Die EPFL wird im Rahmen des HBP
viele Kooperationen eingehen. Derzeit sind
125 Partner aus der ganzen Welt aufgelistet.
Man erhofft sich neben der Grundlagenfor-
schung auch praktische Anwendungen: Im Be-
reich der Medizin wre ein besseres Verstnd-
nis von Psychopharmaka und neuen
Behandlungsmethoden denkbar; bei den com-
putertechnischen Innovationen werden diver-
se Anwendungsmglichkeiten gesehen. (siehe
Die ultimative Si mulation des Gehirns fr eine
ausfhrliche Besprechung des Human Brain
Projects auf spektrum.de).
Das HBP hat auch Kritiker. Die meisten von
ihnen halten die Ziele fr bertrieben und
einige frchten, dass viel zu hohe Erwartungengeweckt werden, was wiederum nur zu Enttu-
schung und Frust fhren kann. Andere strt die
Spekulation, dass eine solche Computersimu-
lation auch Bewusstsein hervorbringen knnte
(NZZ vom 11. Mai 2011). Des Weiteren taucht
immer wieder Kritik am Projektleiter Prof.
Henry Markram auf. Er habe noch keine rele-
vanten Erkenntnisse aus seiner vorhergehen-
Wissenschaftsjournalismus und PRIn einer Rede am Kongress der Wissenschafts-
kommunikatoren im Herbst 2012 hat die Jour-
nalistin Beate Kittl auf eine brisante Situation
hingewiesen: In den Schweizer Medienhu-
sern sind viele Stellen im Bereich des Wissen-
schaftsjournalismus gestrichen worden. Anderen Position treten vermehrt die Kommuni-
kationsbros der wissenschaftlichen Institutio-
nen selbst. Zur Veranschaulichung: In den Me-
dienabteilungen der Westschweizer Hoch-
schulen und Universitten knnen 80 Stellen
gezhlt werden, die teilweise als Redakteure
oder Journalisten umschrieben werden. Im
Gegensatz dazu zhlt Kittl im welsch
Radio und Fernsehen lediglich zehn b
Wissenschaftsredakteure. Es gibt
mehrere Beispiele, wo Universitten
Agenturen die Inhalte in Zeitunge
platzieren knnen. Dabei stellt sich ge, wer noch einen kritischen Blick
Wissenschaft hat? Die Verlage sin
wenn sie ihre Bltter billig mit intere
und oftmals sensationellen Geschich
len knnen. Und die Universitten ha
Interesse daran, sich mglichst gut
sentieren.
We conclude that scientic im[] is only weakly limited by
funding. We suggest that fundstrategies that target diversityrather than excellence, are lto prove to be more productive
J.-M, Fortin and D. J. Currie
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areHS13 HS1
Die Statistiker vom SNF erklren sich den An-
stieg der durchschnittlichen Frderbeitrge in
der Projektfrderung nicht durch eine Hufung
grsserer Projekte, sondern unter anderem
durch einen Anstieg bei den Doktorandenlh-
nen. Ausserdem habe sich die durchschnittliche
Projektdauer von 28 Monaten im Jahr 2005 auf
31 Monate im 2012 verlngert. Die Frage nach
der Tendenz zu Big Science in der Schweiz
kann jedoch nicht restlos geklrt werden. Es
lsst sich z. B. nicht ermitteln, wie viele Projek-
te mehr als eine Million Franken erhalten ha-
ben. Dabei verfgte der SNF eigentlich bereine mustergltige Datenbank mit allen
bewilligten Frderprojekten seit 1975. Die Her-
ausgabe der kompletten Daten sei allerdings
nicht gestattet.
Aus der Sicht der Wissenschaft sind zustzliche
Frdergelder zu begrssen. Aus einer politischen
Perspektive sollte jedoch die Frage nach dem Nut-
zen gestellt werden. Nicht nur Politiker, sondern
auch Forschende sollten sich um Efzienz bem-hen inwiefern macht es Sinn, immer mehr Geld
in immer weniger Projekte zu stecken?
Big Science steht seit dem Aufkommen die-
ser Bezeichnung in den 60er-Jahren in der Kri-
tik. Erst krzlich jedoch hat ein Forscherteam
aus Ottawa versucht, die Frderstrategien mit
quantitativen Methoden zu betrachten. Die Stu-
die hinterlsst Skepsis. Die beiden Biologen
Jean-Michel Fortin und David Currie (2013)
haben den Zusammenhang des Projektbudgets
mit dem Forschungsoutput verglichen. Um diewissenschaftlichen Ergebnisse zu quantizie-ren, benutzten sie folgende Kriterien: die An-
zahl der Artikel, die Anzahl der Zitationen, die
Anzahl Zitationen des besten Artikels und die
Anzahl viel zitierter Artikel, die jeweils bis zu
vier Jahre spter aus einem Forschungsprojekthervorgingen. Die Daten zeigten zwar grssere
Auswirkungen bei Projekten mit grsserem
Budget, jedoch ist der Zusammenhang relativ
schwach (0.03 < R2 < 0.28). Projekte mit dop-
peltem Budget hatten also bei Weitem nicht die
doppelte gemessene Forschungswirkung. Die
Autoren weisen indes selber auf die Mngel ih-
rer Operationalisierung hin und sind sich der
denen Disziplinen ber die zunehmende Relevanz
von Grossstudien sogenannte Big Science. Es
steht die These im Raum, dass die zunehmend
komplexen Phnomene durch kleinere Teams
nicht mehr ausreichend erklrt werden knnen. Es
erscheint folgerichtig, dass die Forschungsgegen-
stnde durch die Anhufung wissenschaftlicher
Erkenntnisse zunehmend komplexer werden. Mo-
delle in den verschiedensten Bereichen werden
stndig erweitert, um neue Faktoren ergnzt, da-
mit sie den Beobachtungen besser entsprechen.
Mit einher geht die Entwicklung der exponentiell
zunehmenden Rechenkapazitt von Computern.Erst mit dem Aufkommen automatischer Daten-
verarbeitung knnen immer grssere Datenmen-
gen verarbeitet werden. Gehrt Big Science
demnach die Zukunft? Die Europische Organi-
sation fr Kernforschung in Genf (CERN) bei-
spielsweise ein Paradebeispiel internationaler
Kooperation bezglich Grossforschung verfgte
allein 2010 ber ein Jahresbudget von 850 Millio-
nen Euro.
Laut den Zahlen des Schweizerischen National-
fonds (SNF), der wichtigsten Institution zur
Forschungsfrderung des Bundes, sind die
durchschnittlichen Frderbeitrge fr For-
schungsprojekte von 2005 bis 2012 um 32%
gestiegen. 2012 betrug der durchschnittliche
zugesprochene Betrag in der Projektfrderung
rund 325000 CHF. Das Budget eines EUFlaggschiff-Projekts wrde somit je nach Wech-
selkurs fast 4000 durchschnittliche SNF-Pro-
jektfrderbeit rge decken.
egt sein wird und um die drei Milliarden
r (300 Millionen pro Jahr) kosten knnte.
Verdacht drngt sich auf, dass die Amerikaner
ionierrolle in der Hirnforschung nicht den
pern berlassen wollen, wobei die Projekt-
ng des HBP den europischen und internatio-
Charakter ihrer Forschung betonen.
das Gehirn demnach nur durch milliarden-
ere Grossprojekte entschlsselt werden?
hzeitig diskutieren Forschende aus verschie-
UNI FORSCHUNG UNI FORSCHUNG
Zum WeiterlesenOfzielle Webseite des Human B
ject: http://www.humanbrainproje
Dnges, J. (2011). Die ultimative Si
des Gehirns. http://www.spektrum
human-brain-project/die-ultimativ
tion-des-gehirns/1129521
Fortin, J.-M., & Currie, D. J. (2013)
ence vs. little science: How scienti
scales with funding. PLoS One, 8(6
Fisch, F. (2011). Der Griff nach d
wusstsein. http://www.nzz.ch/aktu
seite/der-gr if f -nach-dem-be
sein-1.10537455
Eine umfangreiche Linkliste
ndet sich online:
http://bit.ly/13agkfL
(oder QR-Code scannen)
T Flaggschiff InitiativeSeptember 2010 gab die EU ein neues
rschungsfrderungsprogramm mit dem
men Future and Emerging Technologies
gship Initiatives bekannt. Im Frhling
11 wurden sechs Pilotprojekte erkoren
d eine Planungsphase von zwlf Mona-
n nanziert. Mitte 2012 wurden die Pro-
kte einer Kommission prsentiert. Wie das
BP strebte auch das Projekt FutureICT
ne Computersimulation an, jedoch mit
kus auf gesellschaftliche und kologische
emen (Living Earth Platform). Das
weite Gewinnerprojekt Graphene
chte im Bereich der Materialwissenschaft
rtschritte erzielen. Graphen, ein Material
s einer einzigen Schicht Kohlenstoffato-
en mit mehreren ungewhnlichen Eigen-
haften, wurde bereits in Labors erprobt
d soll nun in verschiedenen Industrien
nwendung nden. Ein weiteres Schweizer
otprojekt namens Guardian Angels
ollte Nanosensoren entwickeln, die durch
ne eigene Energieversorgung im mensch-
hen Krper selbstndig Daten sammeln
d diese dann nach aussen senden knn-
n. Dass Schweizer Institutionen sich ber-
upt um die Frdergelder bemhen dr-
n, liegt an den bilateralen Vertrgen.
urch diese musste die Schweiz zwar auch
st einmal ca. 260 Millionen Euro in einen
rschungsfrdertopf investieren, doch
heint sich der Deal zu lohnen. Viel Geld
esst wieder in Schweizer Projekte, nicht
r ber die Flaggschiff-Initiative.
limitierten Aussagekraft ihrer Untersuchung be-wusst. Dennoch deuten sie ihre Resultate als ein
Argument fr eine Frderungsstrategie, die siesmall many nennen: Lieber shen sie die Ver-
teilung von kleineren Grants an viele Wissen-
schaftler und Wissenschaftlerinnen, als die Fr-
derung von Eliteforscher oder Exzellenz-
projekten (Fortin & Currie, 2013).
In einem Interview mit SRF meint David Cur-
rie, dass die Relevanz der Ergebnisse einer Stu-
die nur schwer zu antizipieren sei und deshalb
eine mglichst grosse Vielfalt an Anstzen
wichtig wre. Somit knne die Wahrscheinlich-
keit gesteigert werden, etwas Wichtiges zu ent-decken. Er sieht hierbei auch eine Analogie zur
Evolution. Je grsser die genetische Variation
ist, desto hher ist die Wahrscheinlichkeit, dass
eine Mutation in einer ungewissen Zukunft zum
Vorteil werden knnte. Ein Kriterium, das den
Erfolg eines Riesenprojekts wie das HBP dem-
nach massgeblich beeinussen knnte, ist dietolerierte Diversitt an Lsungsanstzen inner-
Tabelle: Entwicklung der durchschnittlichenFrderbeitrge des SNF 20052012
Quelle: SNF.ch
halb des Projekts. Je grsser die UnifForschung ist, desto hher ist das s
Klumpenrisiko, wie es der Wissensc
zist Gottfried Schatz nennt (
28.1.2013).
Natrlich gibt es auch gewisse Ziele
weiter, die nur durch einen kumulie
erreicht werden knnen. Als Para
werden an dieser Stelle oft die M
oder das Human Genome Project
Auch dieses wurde in den 90er-Jahre
lichen Geldsummen nanziert, bis im
dann ein erster Erfolg zu verzeichneerster Entwurf eines menschlichen
Das Projekt startete 1990 und war m
liarden Dollar auf 15 Jahre angeleg
nisse daraus werden teilweise immer
liziert. Die Genanalyse, die vor wen
noch mehrere hundert Millionen gek
ist heutzutage fr ein paar tausend F
hltlich. Zudem entwickelte sich
grosser Forschungszweig und vor
Medizin protiert bereits heute von ligen Erkenntnissen. Kann also hn
HBP erwartet werden? Ich hoffe,
Zeilen das Interesse fr eine vertiefte
dersetzung geweckt zu haben.
Bildquelle:BlueBrainProject/EPFL
http://www.humanbrainproject.eu/http://www.spektrum.de/alias/human-brain-project/die-ultimative-simulation-des-gehirns/1129521http://www.spektrum.de/alias/human-brain-project/die-ultimative-simulation-des-gehirns/1129521http://www.spektrum.de/alias/human-brain-project/die-ultimative-simulation-des-gehirns/1129521http://www.nzz.ch/aktuell/startseite/der-griff-nach-dem-bewusstsein-1.10537455http://www.nzz.ch/aktuell/startseite/der-griff-nach-dem-bewusstsein-1.10537455http://www.nzz.ch/aktuell/startseite/der-griff-nach-dem-bewusstsein-1.10537455http://bit.ly/13agkfLhttp://bit.ly/13agkfLhttp://www.nzz.ch/aktuell/startseite/der-griff-nach-dem-bewusstsein-1.10537455http://www.nzz.ch/aktuell/startseite/der-griff-nach-dem-bewusstsein-1.10537455http://www.nzz.ch/aktuell/startseite/der-griff-nach-dem-bewusstsein-1.10537455http://www.spektrum.de/alias/human-brain-project/die-ultimative-simulation-des-gehirns/1129521http://www.spektrum.de/alias/human-brain-project/die-ultimative-simulation-des-gehirns/1129521http://www.spektrum.de/alias/human-brain-project/die-ultimative-simulation-des-gehirns/1129521http://www.humanbrainproject.eu/7/22/2019 14 Aware HS13
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areHS13 HS1FELDER DER PSYCHOLOGIEFELDER DER PSYCHOLOGIE
health for all by involving all. Umpischen Ziel Psychische Gesundhe
entgegenzustreben, braucht es so v
wie mglich.
gen, wie Depression, Alkoholabhngigkeit und
Angststrungen, und deren Behandlung. Ausge-
schlossen von der Behandlung durch die Ambu-
ya-Utanos wurden Patienten mit schwerer De -pression oder Suizidrisiko. Patienten und Com-
munity Health Worker trafen sich auf einer
Holzbank im Aussenbereich der Klinik, die so-
genannte Friendship-Bench. Die kognitiv-be-
haviorale Intervention fand in 45-mintigen Sit-
zungen statt. Die Ambuy-Utanos standen
whrend der ganzen Zeit ber unter Betreuungvon Supervisoren. Dank der Arbeit der Commu-
nity Health Worker liessen sich deutliche Ver-
besserungen bei den Patienten beobachten.
(Chibanda, Mesu, Kajawu, Cowan, Araya, &
Abas, 2011).
Obwohl es inzwischen viele Studien aus ver-
schiedenen Lndern zum Thema Task Shifing
bei der Behandlung von psychischen Strung
Eine Bank fr die FreundschaftDie Institution Movement for Global Mental
Healthverbindet Forschungsteams aus der gan-
zen Welt, die sich fr Projekte im Zusammen-
hang mit Task Shifting und der Arbeit mit Com-
munity Health Workers einsetzen. Ein konkretes
Beispiel fr ein erfolgreiches Projekt ist die
Friendship Bench in Zimbabwe, eine
Zusammenarbeit der rtlichen Universitt unddem Kings College London. Ein Team aus Psy-
chologen, Krankenschwestern und Psychiatern
passten Ausbildungsmaterial fr lsungsorien-
tierte Kurzzeittherapie an Voraussetzungen undFhigkeiten von Laien an. In Zwimbabwe waren
alle Hilfsarbeiter weiblich, lebten schon seit
mindestens 15 Jahren im Stadtteil, in dem sie
behandeln wrden, hatten eine Grundschul- oder
hhere Ausbildung und waren im Schnitt um die
58 Jahre alt. Daher werden sie in Zimbabwe
auch Ambuya Utano genannt: Gross-mtterliche Gesundpegerinnen. In einemachttgigen Kurs erlernten die Community
Health Worker das erkennen und beobachten
von hug vorkommenden psychischen Strun-
Zugang zu medizinischer Versorgung hatte und
die Ausbildung zum Mediziner einer Elite vor-
behalten war. Daraufhin liess er Bauern, ausge-
whlt von ihrer Dorfgemeinschaft, Grundwis-
sen in medizinischer Versorgung zukommen.
Nach einer einjhrigen Ausbildung durften sie
leichtere Krankheiten behandeln. Sie wurden
Barfssige Doktoren genannt, weil Sie neben
ihrer Ttigkeit als Mediziner weiterhin mit
blossen Fssen im Reisfeld mitarbeiteten
(Daqing & Unschuld, 2008).
Mangelware PsychotherapieAls praktizierender Psychiater und Forscher am
Kings College Londongenoss Vikram Patel die
Vorzge der traditionsreichen britischen Institu-
tion. Als er im Rahmen eines Projekts nach Zim-
babwe kam, fand er sich erstmalig in der Situati-
on, ohne den Luxus umfangreichen Equipements
eines europischen Psychiaters auskommen zu
mssen. Dass die Ressourcen knapp waren, ist
noch untertrieben. Es mangelte an Personal, Me-
dikamenten, Wissen, an fast allem. In einer sol-
chen Umgebung ist Improvisation eine unum-gngliche Notwendigkeit. In vielen Lndern hat
ein Grossteil der Bevlkerung keinen Zugang zu
psychologischer Behandlung. In Indien bei-
spielsweise kommt ein Psychiater auf 500000
Menschen, in Ghana einer auf weit ber eine
Million (Worlth Health Organization, 2006;
2011). Aber auch in Europischen Lndern er-
halten viele Menschen keine angemessene Be-
handlung oder mssen lange Wartezeiten in Kauf
nehmen. In der Schweiz wird nur jeder zweite
psychisch Erkrankte rztlich behandelt, nur jeder
vierte fachrztlich und nur einer von zehn Er-
krankten erhlt eine adquate Behandlung, (wo-
bei anzumerken ist, dass dies nicht am Mangel
an Psychotherapeuten liegt, sondern daran, dassMenschen lange warten, bevor sie sich Hilfe ho-
len und dass die Kasse keine Psychologen zahlt,
die nicht delegiert arbeiten. Zrich hat die grss-
te Therapeutendichte auf der ganzen Welt (Frin-
ger & Kurt, 2006)). Psychologen und Psychiater
weltweit fanden hnliche Zustnde ungedeckter
Versorgung vor und suchten nach einer Lsung,
die in naher Zukunft realisierbar wre.
ask Shiftingn der utopischen Intention: psychische Gesundheit fr alle
k Shifting ist das schnittige englische
agwort, das die Lsung fr die welt -
grossen Versorgungsprobleme in der
ndlung psychischer Strungen sein
Ebongo Tshomba
Shifting lsst sich nur umstndlich und
ig ins Deutsche bertragen: Aufgaben
chiebung knnte man grob bersetzen. Undu diese Verschiebung verspricht den Umgang
sychischen Erkrankungen in vielen Lndernrichtigen Bahnen zu lenken.
Task Shing aufmerksam wurde ich ber dasube-Portal TEDtalks, in dem unter anderem
enschaftler neue innovative Ideen in kurzen,
nschaftlich und anregend gehaltenen Reden
ellen. Dabei blieb mir das Video von Vikram
, Psychiater und Professor fr International
al Health, besonders im Gedchtnis. Seine
war eine von denen, die so simpel klingt,
man sich am liebsten sthnend an den Kopf
n wrde und denkt: Na logisch, wieso ist da
r frher drauf gekommen?
barfssigen Doktoren
harmantem indischem Akzent erklrt Patel
Prinzip von Task Shifting. Dabei zerlegt
komplexe Aufgaben mit viel theoretischem
rgrund in ihre Einzelteile, um dieses Ba-
ssen in kleinen Arbeitsschritten an Laien
ermitteln. Was ein Psychiater an einer uni-
tren psychiatrischen Klinik in der
eiz kann, berspitzt formuliert, soll nachm Schritt auch ein Community Health
ker, ein Mitarbeiter im Gesundheitswesen
Dorfgemeinschaft, zum Beispiel in Gha-
nnen.
dee des Task Shifting ist keineswegs neu.
Prinzip hat sich in der Medizin schon lange
hrt. Mao Zedong erkannte 1940, dass fast
hliesslich die urbane Bevlkerung Chinas
Global Mental HealthDer Begriff Global Mental Health bezieht
sich auf die Forschung und Praxis, die die
Prioritt auf die Verbesserung der psychi-
schen Gesundheit und die Gleichberechti-
gung der Bevlkerung weltweit setzen. In-
stitutionen wie Movement for Global
Mental Health setzen sich fr diese Ziele
ein. Die WHO deniert Psychische Gesund-
heit als Resultat komplexer dynamischer In-
teraktionen zwischen biologischen, psycho-
logischen, sozio-konomischen, sozio-
kulturellen und institutionellen Faktoren.
Psychische Gesundheit ist somit nicht ein
Zustand, der sich als Folge von persnlicher
Disposition und individuellem Verhalten
manifestiert, sondern ein vielschichtiger
Prozess, der neben individuellen Aspekten
massgeblich von exogenen Faktoren beein-
usst wird (WHO, Mental Health Report,
2001).
Bildquelle:JamesDuncanDavidson
Mental health for all by
involving all. Vikram Patelmit erfreulichen Ergebnissen gibt, wurde noch
kein einheitliches Rezept gefunden, in welcher
Form Task Shifting stattfinden soll. Die Lnge
der Ausbildung, Psychotherapierichtung und
das Bildungsniveau der Community Health
Worker variieren von Ort zu Ort aufgrund der
kulturellen und konomischen Gegebenheiten
des jeweiligen Landes. Die Idee steckt noch in
den Kinderschuhen, birgt jedoch grosses Po-
tenzial, bessere psychotherapeutische Versor-
gung in Lnder mit niedrigem Einkommen zubringen und zudem auch hierzulande die The-
rapie von psychischen Strungen effizienter
und kostengnstiger zu gestalten. Hinter Task
Shifting steckt die Idee, M enschen wieder ver-
mehrt zurck zur Selbsthilfe, zur gegensei-
tigen Hilfe in der Gemeinschaft zu bringen,
anstatt jedes Problem zum Spezialisten zu tra-
gen. Virkram Patels Slogan lautet Mental
Zum WeiterlesenVirkam, P. (2003). Where There Is N
atrist: A Mental Health Care Manu
Beyond Words Series, The Royal Co
Psychiatrists: London.
Chibanda, D., Mesu, P., Kajawu, L.,
F., Araya, R., & Abas, M. A., (201
blem-solving therapy for depress
common mental disorders in Zim
piloting a task-shifting primary
health care intervention in a po
with a high prevalence of people liv
HIV. BMC Public Health, 11(1), 828
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areHS13 HS1RUBRIKTITELTHEMA
Der Begriff Psychologie etablierte sich erst
im 19. Jahrhundert. Erste nachweisbare Ver-
wendung nden sich nach Broek (1973) aller-dings schon Mitte des 16. Jahrhunderts in Ti-
teln, die offenbar eine Theorie des Geistes
versus der krperlichen Natur etablieren
wollten. Als freies Fach innerhalb der Philoso-
phie steht die Psychologie von Beginn an in ei-
ner transdisziplinren Position mit berschnei-
dungen zu Fchern wie Medizin, Theologie und
Rechtswissenschaften, welche sich ebenfalls
mit Themen wie Wille und Verantwortlichkeit
des Menschen, Normalitt und Krankheit desDenkens und Wahrnehmens beschftigten
(Schnpug, 2004).
ber Aufklrung, Rationalismus und roman-
tische Kulturphilosophie im Sturm und Drang
rckte die Psychologie von moralischer Seelen-
lehre hin zur Erforschung von Gefhl und Emp-
ndsamkeit. Pdagogische Fragen zur Naturversus Anlage-Problematik fhrten schliesslich
ber darwinistisch-physiologische Einsse zueiner Erneuerung in sich selbst durch die Ein-
fhrung exakter Messmethoden im Sinne natur-
wissenschaftlicher Forschung mit Begrndung
der Psychophysik durch Gustav Theodor Fech-
ner. Sptestens als Wilhelm Wundt 1879 seinLeipziger Laboratorium als das erste Institut fr
experimentelle Psychologie grndete, war der
Grundstein fr eine moderne, evidenzbasierte
Forschung, die den Menschen als ein durch
messbare Grssen beschreibbares Konstrukt
verstand, gelegt (vgl. Schnpug, 2004).1889 war das Jahr des ersten Weltkongresses
fr Psychologie, abgehalten in Paris. Das junge
Abgrenzung der Psychologie als
nstndige Wissenschaft fllt zeitlich
mmen mit einer Erndung, die
seits das technische Weltbild der Zeit
rspiegelt und andererseits fantas-
e Szenen abzubilden vermag: Film.
haben sich das Medium Film, die
mfabrik Kino und die junge Psycholo-
eeinusst? Und wie sieht der typische
lmpsychologe aus?
osefine Biskup
ino nden wir eine Ebene ber der Reali-ie realer ist, als die Realitt selbst, meint
Philosoph und Lacan-Theoretiker Slavoj
. Der Spiellm sei ein Konglomerat psy-gischer Extreme, lautet das Fazit seiner
mentation The Perverts Guide to Cinema
). Neben dieser eventuellen metaphy-
en Tiefe des Themas Psychologie und Film
sich an dieser Stelle vorweg bemerken,
alle ikonenhaften Momente der klassischen
eschichte einen Fundus kollektiver Erin-
gsbilder darstellen, aus dem sich schpfen
der jedem zu Verfgung steht und der un-
ller Kulturverstndnis beeinusst. Umge-ist jede Erzhlung auf verschiedensten
en psychologisch interpretierbar (was auf
atur natrlich ebenso zutrifft). Dies wren
Voraussetzungen, von denen wir im Fol-
en ausgehen werden doch das sind nicht
inzigen Berhrungspunkte zwischen Film
Psychologie.
mehr handelt es sich um eine parallele, teil-
direkt interagierende Entwicklung. Beide
nden etwa um 1900 und haben vor allem
gemeinsam: Die Beschftigung mit dem
chen, mit Emotionen, Wahrnehmung, Er-ung und Erzhlung. Ausserdem diente das
um Film schon frh nach seiner Entwick-
der empirischen Messmethodik (beispiels-
verhaltenspsychologischer Experimente).
objektive, serielle und detailgetreue Abbil-
grenzt den Film ab von den darstellenden
ten und den literarischen Beschreibungen
Sachverhalts. Die Bilder sind immer die-
In order to understand todays
world, we need cinema, literally.
Its only in cinema that we get that
crucial dimension which we are
not ready to confront in our reality.
If you are looking for what is in
reality more real than reality itself,
look into the cinematic ction.
Slavoj iek
selben, doch das Sehen ist immer ein anderes,
denn Film ist immer Beobachtung und Darstel-
lung zugleich. Die Gedanken von Autor, Ak-
teur, Figur und Regisseur, der Blick von Kame-
ra und Schnitt, Ton und Musik werden vermengt
mit den Empndungen des Betrachters. Ihn zubeobachten und zu verstehen kann wiederum
zum Experiment werden oder zur Therapie.
Die Filmtherapie mag ein exotisches Phnomen
im Rahmen tiefenpsychologischer Anstze und
klinisch nicht wirklich relevant sein umge-
kehrt nden sich im zeitgenssischen Kino nur
wenige Darstellungen der hugsten therapeu-tischen Herangehensweisen (Kognitive Verhal-tenstherapie). Vielmehr orientieren sich die
Drehbuchautoren an den gngigen und mittler-
weile bald 100 Jahre alten Klischees des
Couchneurotikers und des bsen Wissenschaft-
lers. Dies ndert sich nur langsam.
Hat das Missverstndnis also Tradition? Was
hat die Stereotypenkiste zu bieten, ausser
Freuds Diwan, Pavlovs Hund und Milgrams
Stromkasten? Wo kollidieren und wo konver-
gieren Film- und Psychologiegeschichte, wel-
che Forschungsanstze haben sich mit diesen
Fragestellungen bisher beschftigt und behlt
iekam Ende Recht ist unsere heutige Weltnur durch die lmische Fiktion zu verstehen?
Von Seelenkunde zur Messmethodik: Die
philosophischen Anfnge der Psychologie
und ihre naturwissenschaftliche Wende im
Zuge der Moderne
Die Anfnge der Psychologie reichen zurck
bis in die Antike. Die Verwendung des altgrie-
chischen psych (), fr Hauch/Atem und
dementsprechend Leben, lsst sich erstmals in
Homers Epen Ileas und Odyssee nachweisen
(Klein, 2005). Die Seelenlehre der Orphiker,welche die Seele als unsterbliche, von der mate-
riellen Welt unabhngige Instanz auffassten, ist
ein erster Beleg fr die antiken Theorien zur
Differenzierung von Krper und Geist, die in
den folgenden Jahrhunderten die europischen
Gelehrten beschftigen sollte bis heute. Je-
doch blieb die Psychologie vorerst eine Teildis-
ziplin der Philosophie.
m Auge des Betrachtersychologie und Film
TITELTHEMA
Fach galt als modern, da es praktisc
leistete, international-weltumspannen
tung fand, sich den Naturwissensch
herte und nicht zuletzt zum Wachstuversitten beitrug. Kognitivismu
psychologie und Behaviorismus b
drei theoretischen Gruppen, auf den
chologie des 20. Jahrhunderts aufb
Allerdings gab es eine klare Spaltun
Vertretern der mechanistisch-expe
Strmungen und der tiefenpsychol
lytischen. So stand Sigmund Freud t
generellen Kulturpositivismus der sellschaft der Moderne und dem t
Fortschritt skeptisch gegenber. D
als Prothesengott knne technisch
tel zwar nutzen, doch sei er nicht mit
wachsen und die scheinbare berleg
re sich um in eine effektive Unzuldes Tierwesens (also des Menschen
mittel, d. V.) angesichts der mechani
lisierung (Schnpug, 2004).Freuds Unmut zum Trotz feierte die sierung und mit ihr die Technisieru
folgenden Jahren grosse Erfolge. S
zahlreiche technische Neuerungen d
nen Menschen zu einem einfacheren
die Analogie Mensch-Maschine wa
wie in wissenschaftlicher Literatur
Fortschritt und Technik gehrten un
zusammen. Viele Erndungen der Zeihrer Essenz bis heute Bestand (
Rntgenapparat, Telefon, Aspirin,
etc.). Eine dieser Erndungen solltdem Medium werden, das die gng
von Wahrnehmung, Informations
und Narration in einem bisher unge
Ausmass revolutioniert hat: Film.
Historische Zusammenhnge zwi
Film und Psychologie: Unterhaltu
Chronofotograe und Lehrlm
Als Zeit der Apparate beschreib
gener die ausgehenden 1880er: D
konstruierte neue diagnostische und
telle Gertschaften, die Neurologie
tierische Elektrizitt entdeckt und
Bildquelle:JosefneBiskup
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areHS13 HS1TITELTHEMATITELTHEMA
Theatergattung, die mrchenhaften Stoff zum
Anlass nahm, viel Kostm, Effekt und Trick
auf der Bhne einzusetzen. Mlis fhrte dies
ber in den narrativen Film und benutzte das
Medium in diesem Sinne als Erster, um ma-
gische und bernatrlich Szenen darzustellen.
Sein wohl bekanntester Film ist Le Voyage
dans la Lune (1902), nach einer Vorlage von
Jules Verne. Das erste Bild zeigt eine Gruppe
Gelehrter in einem mittelalterlichen Vorle-
sungsaal voller astronomischer Apparate. Man
plant eine Mondmission. Die in ihren Talaren
etwas clownesk anmutenden Wissenschaftlergehen ber ins zweite Bild, um nun vor der
Kulisse einer modernen Fabrik an einer Rakete
zu bauen. Auf den Dchern der Stadt schmau-
chen die Schornsteine. Die Rakete, ein gigan-
tisches Projektil, wird per Kanone zum Mond
gefeuert. Nachdem die Wissenschaftler die
verzauberte Mondwelt erkundet haben, die
sich als unberhrte Natur mit primitiver Be-
vlkerung entpuppt, wird sich zurck zur zivi-
lisierten Erde gerettet, um nun mit Orden be-
hangen zu werden und einen gefangenen
Mondbewohner vorzufhren. Am Ende tanzen
Wissenschaftler und Assistentinnen in knap-
pen Kostmen um eine Statue, die eher einem
Zauberer als einem Gelehrten gleicht. Diese
Persiflage auf die Magie des Fortschritts zeigt,
wie naheliegend Vergleiche mit Alchemie,
Mystizismus und Pseudowissenschaften wohl
in Anbetracht all der umwlzenden Entwick-
lungen der Zeit lagen (vgl. Frankenstein).
Man konnte dem Film als Zeitvertreib durch-
aus eine Tendenz zur Effekthascherei und Zir-
kusklamauk unterstellen. So ging es Freud mit
dem Kino, ihn vermochte es nur als unterhalt-
same Spielerei zu beeindrucken (belegt z. B. in
einem Brief aus Rom 1907 an seine Familie,vgl. Karl Sierek in Jaspers & Unterberger2006, S. 44.), was angesichts der vermeint-
lichen Macht des Films, surreale Traumwelten
abbilden zu knnen und durch Montage und
Effekte auch Gedankensprnge und innere
Welten eines Charakters darzustellen, viel-
leicht im ersten Moment berraschen mag.
Wre der Film nicht das ideale Medium,
jektor liessen sich die menschlic hen Sinne
teils aufzeichnen, sowie auch die Speicherung
und bertragung von Reizen und Informatio-
nen modellhaft darstellen. Der Film als Medi-
um scheint usserst geeignet, um Fallbeispiele
und Forschungsanliegen allgemein zu ergn-
zen und die Kamera findet schnell Einzug in
moderne Labors der Zeit (vgl. Mai Wegener in
Jaspers & Unterberger, 2006).1895 fanden in zahlreichen Metropolen erste
ffentliche Filmvorfhrungen statt. Auguste
und Louis Lumire zeigten in Paris den Kurz-
film La Sortie de lUsine Lumire Lyon(1895) (dt.Arbeiter verlassen die Lumire-
Werke), den sie mit ihrem Cinematographen
aufgenommen hatten. Eine Standkamera zeigt
den Menschenfluss aus dem Industriegebude,
schwarz-weiss und stumm. Es mag Zufall sein,
doch auch in diesen ersten Filmversuchen
zeigt sich die Nhe des industrialisierten Men-
schen zur Maschine: Gefilmt wird das Werk,
aus dem die Angestellten strmen, das Rattern
der Projektoren der Zeit erinnert an Fliess-
bandarbeit und die Personen werden nicht als
Individuen dargestellt, sondern als Produkte
und Produzenten einer mechanisierten Welt.
So bilden diese ersten Stummfilme die kultu-
relle Vorbedingung ihres Erfolgs ab. Weitere
beliebte Darstellungen waren zum Beispiel ein
einfahrender Zug, oder die Radiologie als
Schnittstelle zwischen Magie und Medizin:
Der durchsichtige Mensch wird gleichermas-
sen zum untoten Gerippe, zum umgekehrten
Memento Mori seiner Zeit. Die verblffende,
bermenschliche Dimension der technischen
Errungenschaften liess sich nun gewissermas-
sen virtuell-visuell bekrftigen und verewigen.
Die nicht weniger berwltigende Kraft der
bewegten Bilder selbst faszinierte auch Pio-niere des Unterhaltungskinos wie Georges M-lis. Die Vorfhrung der Brder Lumire ver-
anlasste ihn dazu, sein wenig lukratives
Theater zum Kino umzursten und selbst zu
filmen. Zwischen 18961912 produzierte er in
Frankreichs erstem Filmstudio ber 500 Filme
verschiedener Genres. Bekannt ist er vor allem
fr seineFeries eine damals sehr beliebte
ter und unbelebter Materie scheint die
zziehung in Anbetracht der neuen Erkennt-
, vor allem der Elektrophysiologie, zuneh-
willkrlich. Die Existenz eines Lebens-
es wird angezweifelt; man sucht nach
n, mechanistischen Erklrungen fr die
mmenhnge zwischen Geist und Materie.
dazu auch Frankenstein or The Modern
etheus (1818) von Mary Shelley, 1931
mt von James Whale mit Boris Karloff inHauptrolle als Flickwerk aus Leichenteilen,
durch medizinische Apparate wieder zum
en Monster erweckt wird eine Fantasiehen Galvanismus und Alchemie.)
Sinnes- und Nervenapparat soll nun die
tionalitten des menschlichen Verhaltens
ren. Mittels Fotoapparat, Grammofon,
fon und nicht zuletzt Filmkamera und Pro-
errckt nach Film? Adressen in Zrichrnab des Blockbuster-Kinos.emenkino in Zrich hat Tradition: DieArt-
use Kinos haben sich dem qualitativen
udiolm verschrieben, das lmpodium
etet Programmkino in Form von Themen-
hwerpunkten und Vermittlung des Films
Kunstform, im Herbst beherrscht das
mfestival die Kinos. Fr Studenten er-
hwinglich lockt am Campus die Filmstelle
r ETHjeden Dienstag whrend des Seme-
rs: Klassiker, Dokumentationen und Au-
renlme zu einem Themenkomplex bilden
s Programm (vergangene Zyklen: manipu-
rte Realitten, Aussenseiter, Drugged up
ality, etc.). Eine vertiefte Auseinanderset-
ng und anregende Diskussion bieten die
rfhrungen des Vereins Cinpassion: An
hn Samstagen im Jahr werden ausge-
hlte Spiellme im Zrcher Arthouse Kino
ovie gezeigt und anschliessend von Psy-
oanalytikerInnen kommentiert und mit
m Publikum diskutiert. Die nchste Vor-
llung ndet am 28. September 2013
att, mit anschliessender Buchvernissage
n Cinpassion reloaded eine psychoana-
ische Filmrevue, Psychosozial Verlag.
fe der Filme den Vorwurf zu entkrft
sterie der Frau sei vorgetuschtes T
konnten die klinischen Aufnahmen
Reichert die Nhe zu Unterhaltunwie Theater, Variet, Jahrmarkt u
schau nicht leugnen, bedienten sie sic
Stilmittel lmischer Dramaturgie unund blieben so letztlich knstliche
rungen eines wissenschaftlichen In
nderte sich erstmals mit den Filmen
nischen Neurologen Camillo Neg
Hysterie, Parkinson und Epilepsie
hatten und ein neues Genre begrnLehrlm. Im Gegensatz zum Studiees hier weniger um Diagnostikkriter
die mglichst anschauliche Erzhlun
thologischen Symptoms im lmischNeben pdagogischer Stilmittel ndtate explizit erotischer Spiellme derNeuropathologia (1908) wohl, um
fr mnnliche Betrachter unterhaltsa
stalten. Auch die zehn 1898 entstand
lme von Albert Londe unterstrKnstlichkeit der Inszenierung von v
pischen Phasen des hysterischen A
leptoide Phase, Possenphase, Clown
Phase der leidenschaftlichen Gebrd
Endphase), die pnktlich fr den
graphen von Charcots Patientinnen
wurden (Reichert, 2006).
Um 1900 war der Kinematographzur Aufzeichnung in zahlreichen
niken Europas selbstverstndlich ge
wissenschaftlichen Publikatione
Filmaufnahmen jedoch selten Ve
Ausnahmen bilden Georges Mari
das Medium getreu eines phys
gischen Ansatzes als naturwissens
Verfahren einsetzte und in acht Aufsschen 1899 und 1902 entsprechend
abbildete, um seine Thesen nicht n
trieren, sondern zu belegen und A
Gehuchten, der seit 1905 einen umf
filmischen Atlas angelegt hatte und
Filmstreifen als Nachweis patholog
wegungsablufe im Rahmen eines F
publizierte (Reichert, 2006).
herrschaft als Ergnzung zu den schriftlichen
Fallprotokollen. Zahlreiche psychiatrische und
neurologische Kliniken in Europa allen vo-
ran die Pariser Salptrire unter Jean-Martin
Charcot (ein spterer Lehrer Freuds) richte-
ten fotografische Laboratorien und Bildarchi-
ve ein. Der beobachtende Blick des Spezia-
listen wurde dem neutral aufzeichnenden
Apparat untergeordnet. Vor allem der hyste-
rische Krper mit den symptomatischen Bewe-
gungsablufen schien ein geeignetes For-
schungsobjekt fr die Chronofotografie (die
fotografische Dokumentation von Bewe-
gungen oder Prozessen). So entstanden soge-
nannte sprechende Portraits, die patholo-
gischen Fllen individuell zugeordnet und
deren Symptome handschriftlich dokumentiertwurden. Die Bilder genossen ein hohes Anse-
hen in Fachkreisen und das Pariser Modell des
pathologischen Bildarchivs wurde rasch zum
festen Bestandteil medizinischer Forschung
und Lehre (vgl. Reichert, 2006, Das Kino in
der Klinik. Medientechniken des Unbewusstenum 1900, in Jaspers & Unterberger, 2006).Auch wenn es Charcots Bestreben war, mit Hil-
Freuds Idee des Unbewussten, des freien Asso-ziierens die augenscheinlichen Grundpfeiler
der Psychoanalyse abzubilden? Spter wird
er ber Die Traumdeutung (1900), schreiben,
der entscheidende Einfall, dass der Traum der
Schlssel sei, sei ihm 1895 gekommen, dem
Jahr der ersten Filmvorfhrungen in Europa
(1895 in Berlin und Paris, 1896 in Wien). Al-
lerdings lehnte er zeitlebens den Film als Me-
dium zur Vermittlung seiner Theorien ab. So
schlug er Angebote von Samuel Goldwyn und
Georg Wilhelm Pabst (Geheimnisse einer See-
le(1926)), in Filmen ber die Psychotherapie
mitzuwirken, mehrfach entschieden aus (vgl.
Horst Bredekamp in Jaspers & Unterberger2006, S. 36.). Dies hinderte allerdings weder
Regisseure noch Theoretiker daran, Kino undAnalyse einander nher zu bringen.
Kamera und Film im Sinne neuster Technolo-
gie erfreuten sich allerdings unter den meisten
Medizinern als Werkzeug grosser Beliebtheit.
Im ausgehenden 19. Jahrhundert wurde die
medientechnisch ausgerstete Klinik zur Nor-
malitt. Serienfotographie, Chronofotografie
und Kinematografie konkurrierten um die Vor-
Bildquelle:AlbertLonde/commons.wikimedia.com
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areHS13 HS1TITELTHEMATITELTHEMA
sich tlpelhaft und ungeschickt an skurrilen
Heilungsmethoden, die selten den Patienten
schdigen, ihm aber auch nicht weiterhelfen. In
den 30er-Jahren dominiert Dr. Evil, der dem
Mad-Scientist entspricht. Er tritt bswillig, kon-
trollierend und perde auf und mchte den Pati-enten absichtlich krank machen oder unange-
nehmen Behandlungsmethoden unterziehen.
Dem tritt in den 1940er und 1950er-Jahren der
GutmenschDr. Wonderfulentgegen, der einfach
alles richtig macht; genial und doch menschlich
ist, mit einem perfekten Einfhlungsvermgen
und einem untrglichen Gespr fr verdrngteTraumata (Schneider, 1985). Dieser Stereotyp
wird als Folge der positiven Erfahrungen von
Veteranen mit Therapeuten nach dem Zweiten
Weltkrieg gesehen. Dieses goldene Zeitalter der
Psychotherapiedarstellungen von 19571963
ende wohl aufgrund der Expertenkritikerdebat-
te, die Mitte der 1960er-Jahre als ernchterte
Reaktion auf die Euphorie der 50er folgte. Pro-
fessionalisierung wird kritischer gesehen und
insbesondere die Psychiatrie steht unter dem
Verdacht, potenzielles Unterdrckungsinstru-ment eines repressiven Systems zu sein, das in-
dividuelle Pathologisierung nutzt, um gesell-
schaftliche Missstnde zu bertnchen (Gabbard
& Gabbard, 1987; 1999). Die negativen Impli-
kationen kulminieren in den Filmen der 1970-
80er: One ew over the Coockos Nest (1975),
Nuts (1987),Dressed to Kill (1980) und Ordina-
ry People (1980), sind Beispiele fr drastische
Gegenentwrfe zu den Gttern in Weiss, gefolgt
von einer eher komdiantischen Verarbeitung in
den folgenden Jahren (What About Bob (1991),
Analyze This(1999)), so Herb.
Fr die Zeit zwischen 1980 und 2005 sieht Herb
die Leistungsrolle des Psychotherapeuten im
US-Amerikanischen Spiellm wieder vielfl-tiger. Dabei scheinen fr sie die Konikte zwi -schen Gut und Bse in drei Themenfeldern be-
sonders deutlich zu sein: Die Expertise des
Therapeuten zwischen Wissen und Macht. Eine
potenziell stigmatisierende Diagnose oder Ein-
weisung htten die Exklusion aus der Gesell-
schaft zur Folge. Im Kontext der Professionali-
sierungskritik besteht hier also die Gefahr, dass
raffer, Makro- Mikro und Rntgenaufnahme
sichtbar gemacht werden knne, so Reichert.
Die Nhe von Film und Wissenschaft wird hier
durch das Betonen der Sinneserweiterung deut-
lich: Nicht die Themen sind eine neue Errungen-
schaft, sondern die technische Umsetzung. Pro-zesse, die dem Auge sonst verborgen waren,
treten nun zu Tage und werden wortwrtlich
objektiv fassbar (vgl. Reichert, 2006). Heute ist
nahezu jeder Bildschirm mehr denn je Trger
eines Mediums mit hohem Realittsbezug; eine
Referenz, aus der kulturelles Wissen unserer
Zeit geschpft werden kann. Wo Dokumentati-onen und Nachrichten (bzw. Handyvideos) ob-
jektive Einblicke bieten, stellt der Spiellm(oder die Serie) das Medium dar, das ber eine
knstliche, fantastische Vorstellung eine affek-
tive, persnliche Reaktion auslst. Somit stellt
sich die Frage, welche Auswirkungen die Dar-
stellungen von Therapie und Therapeuten im
Film auf Erwartungen des Zuschauers bezglich
der Realitt haben.
Die Bsen tragen keine Brillen: Stereo-
typen von Psychologen im Spiellm und
Erklrungsanstze aus der Forschung
Wie Psychologen (und insbesondere Psychothe-
rapeuten) im Film dargestellt werden, unter-
sucht beispielsweise Silvia Herb in Psychoana-
lytiker im Spiellm. Mediale Darstellungen
einer Profession (2012). Das wissenschaftslite-
rarische Interesse am Thema zeige sich in den
1940ern noch in eher essayistischen Texten und
verlaufe zyklisch mit einer zweiten Publikati-
onswelle in den 1980ern und einer weiteren in
den 2000ern (Herb, 2012). Irving Schneider
analysierte 1985 in einer empirischen Untersu-chung 207 US-Amerikanische Spiellme und
leitete daraus drei bereits fr die frhe Filmge-schichte charakteristische Typen des Psychiaters
ab: Dr. Dippy in 35%,Dr. Evil in 15% und Dr.
Wonderful in22% aller untersuchten Filme. Es
verwundert nicht, dass die Sicht auf den Thera-
peuten zwischen Idiot, Bsewicht oder per-
fektem Held ber die Jahrzehnte schwankt. Dr.
Dippy, der Slapstick-Charakter und als ltester
Prototyp dem Stummlm entwachsen, versucht
Krise der Wahrnehmung und das
ch Unbewusste: Siegeszug des Films
Medium
er zunehmenden Differenzierung des Films
ttungen und der Fortschritte der Technik in
Bereichen entfernten sich klinische Bild-
ng und Kino immer weiter voneinander.
Lehrlm und die Aufnahme von Prozessenn ihren Platz in der psychologischen For-
ng; gleichzeitig wurde das Kino komplexer
psychologischer: Von den Anfngen im
mlm und Zeichentrick, in denen die Fi-
n oft berzeichnet und die Emotionen dra-h erscheinen, ber die goldene Hollywoo-
des amerikanischen Studiokinos mit
yend erweitert sich das Spektrum der Er-
echniken und Genres. Jeder Spiellm bietetm fr Analysen, doch manche Stilarten spie-
irekt und explizit mit der psychologischen
ponente: Der Film Noir verlegt die Emoti-
aus den Handelnden in die Szenerie, der
renlm spiegelt die Handschrift des Regis-wider. In Animationen scheint alles mg-
nichts ist zu verrckt, gewaltttig oder ab-
als dass es nicht dargestellt werden knnte.
psychologische Prosa schreibt Alfred
in, Schriftsteller und Neurologe, 1913,
e der Krise der Wahrnehmung des Men-
n in einer industrialisierten Metropole nicht
gerecht werden. In seinem Berliner Pro-
mbetont er den Vorzug der Psychiatrie ge-
ber der Psychologie: Das objektive Messen
vor allem der Kinostil werde der unge-
n Menge des Geformten eher gerecht. Wo
d also das Ideal vermisste, gesteht Dblin
Filmischen seine Aktualitt und Brisanz zu.
ese Zeit der schnellen Entwicklungen ge-
ein ebensolches Medium. Rund zwanzig
spter, 1931, spricht Walter Benjamin zumn Mal vom Optisch-Unbewussten, derllen Dimension der materiellen Welt, die
nur durch die technische Erweiterung der
nehmung, wie man sie durch Zeitlupe und
rsserung erreiche, sichtbar machen lasse.
Sigfried Gideon spreche inDie Herrschaft
Mechanisierung (1948)von einem unsicht-
Gebiet, welches nur mit Zeitlupe, Zeit-
via Herb anmerkt, dass die Soziolo
Bewertungen einen zustzlichen Rea
verschaffen kann. Konkret zeigt sich
weise, dass die Machtverhltnisse in
sionellen Beziehung zwischen The
Klient auch in der Realitt einem G
sprechen, das missbraucht werden k
sichts der wenigen Flle, in denen sic
bergriffe tatschlich ereignet habe
grndete Sorge? Nach Erklrungen f
otypen Fehldarstellungen suchen viein einem zweiten Schritt im Sinne
gischer Ursachen: Es sei eine versteim Spiel, liest man da nur zu oft. An
bermacht des vermeintlich allwisse
rapeuten. Angst vor Grenzbersc
Angst vor Machtmissbrauch. Daher
Profession verzerrt dargestellt, ins L
gezogen oder im Extrem berzeichne
gungsbeziehung wie auch als hollywoodeskes
Love-conquers-all- Prinzip verstanden, das da-
von ausgeht, dass die Liebe jedes Problem
schliesslich beseitigen kann die Liebenden
werden untersttzt und besttigt. Fr die reale
Therapie stellten gerade besonders positive,
einfache Problemlsungen eine Herausforde-
rung dar, da Patienten mglicherweise mit von
solchen Bildern genhrten Erwartungen an eine
Therapie herantreten knnten, nur um ent-
tuscht festzustellen, dass es weder PrinceCharming noch die einfache Therapie in zehn
Schritten gibt. (vgl. Herb, 2012).
Was allen psychologisch-psychoanalytischen
Forschungsanstzen zum Thema Film und The-
rapie gemein ist, ist einerseits die Einordnung
der Darstellungen in falscheund verzerrte Dar-
stellungen der Profession so weit im Sinne
eines Realittsvergleichs vertretbar wobei Sil-
menschliches Versagen oder bswillige Grenz-
berschreitung den Patienten dem Spezialisten
hilos ausgeliefert berlassen (vgl. dazu auchSide Effects (2013)). Das zweite Feld,Empathie
zwischen s ozialer hnlichkeit und Distan z, be-
zieht sich auf einen Konikt, der sich in der Re-alitt laut Herb nicht besttigen lsst: In Filmen
ussern die Klienten eher Kritik an dem Thera-
peuten, wenn er sich durch eine bessere soziale
Stellung nicht einfhlen knne. Der letzte
Themenkomplex, Interaktion bezglich Nheund Distanz, beschftigt sich mit der therapeu-
tischen Beziehung zwischen notwendiger Ver-
trautheit und unangemessener Intimitt: Im
Film erscheinen Therapeuten ihren Emotionen
hilos ausgeliefert, knnen sich nicht abgren-zen und gehen gar Liebesbeziehungen zu ihren
Patienten ein. Speziell dieser Fall wird von vie-
len Autoren als Missverstndnis der bertra-
Bildquelle:EinerogberdasKuckucksnest/WARNER
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areHS13 HS1TITELTHEMA VERWEIS
scheiden. In Treatment (2008), macht sich das
Potenzial der Daily Soap zu Nutze: Jede Episo-
de ist einem Klientengesprch gewidmet, im
Abstand einer Woche, immer zur selben Zeit.
Therapeut Dr. Paul Weston (Gabriel Byrne)
fhrt fr 25 Minuten das Patientengesprch,
der Dialog trgt die Sendung.
Es ist dieser dialogbasierte Zugang, der einer-
seits eine moderne Psychotherapie auszeichnet,
andererseits knnte auch das der Zugang zum
Thema Therapie im Film sein: Die Modelle und
sogar Extreme in der Fiktion knnen im besten
Fall Anlass bieten, ein offenes Gesprch einzu-leiten in der Therapie wie auch in der For-
schung zwisachen Wissenschaft, Gesellschaft
und Medien. Die Leinwand kann eine Projekti-
onsche sein, auch fr reale Innovationen.
social constraints and so on, Im not able to
enact it. So that, precisely because I think its
only a game, its only a persona, a self-image I
adopt in virtual space, I can be there much
more truthful. I can enact there an identity
which is much closer to my true self. (The
Perverts Guide to Cinema (2006)).
Die Magie des Kinos wre demnach der starke
emotionale Glaube an diese Illusion; die F-
higkeit, sich in die Fiktion einzufhlen, ob-
wohl die Virtualitt des Gezeigten durch das
Medium selbst klar gegeben ist: Nichts auf der
Leinwand ist real und dennoch ist es eine realeIllusion, der wir erliegen, wenn wir fasziniert
sind von den imaginren Charakteren, ihren
plotdienlichen Handlungen, ihren vorgespie-
lten Emotionen.
Diese beiden Zitate illustrieren die Kraft, die
von der Illusion einer menschlichen Beziehung
im Film ausgehen kann. Noch strker als ein
Film kann die Serie eine Anhngerschaft an
sich binden; die Charaktere werden diskutiert
diese Art parallele Realitt bildet nicht nureine Spielflche fr persnliche Involviertheit,
sondern auch einen gemeinsamen Hintergrund.
Erinnerungen, die das internationale Publikum
verbinden; Charaktere werden zu gemeinsamen
Bekannten, die zum Gesprchsthema und so zu
Erzhlungen in sozialem Kontext fernab des
Kinos werden in diesem Sinne tatschlich
nicht von real existierenden Personen zu unter-
ty of the Screen is more real than reality
. Film als metaphysische Erkenntnist kann aber auch Spass machen. Erstaunli-
weise spielt keiner der Autoren mit dem
nken, dass der Betrachter sich durchaus
dem Therapeuten identifizieren knnte.
em schusseligen, tollpatschigen Analyti-
der eben: Dem Bsen. Wenn man an Dr.
use (die Titelfigur des internationalen
mfilmerfolgs von Fritz Lang 1922, basie-
auf Norbert Jacques Romanvorlage) denkt
geniale r Ganove, kei ner kann seiner Hyp-
widerstehen, er maskiert sich perfekt, ver-ert den Antistaat, lebt nur nach seinen ei-
n Regeln. Ein Mann mit tausend Gesichtern
da s denn nic ht ein na rzisstisc her Wunsch-
m? Mabuse wurde von Kritikern mit
sches bermensch gleichgesetzt und er
rpere den Zeitgeist der Weimarer Repu-
ihre Abgrnde: Spielhlle, Nachtlokale,
chie und Prostitution man denke an Otto
Tryptichon Grostadt (1927/28). Soweit,
moralisch. Doch warum sollte sich der Be-
ter angstvoll und ehrfrchtig vor dem
ecken verstecken, wo man doch gerade im
die Mglichkeit hat, sich mit jeder Rolle
entifizieren? Eben darin besteht die ein-
ge Freiheit, welche die Fiktion bietet, wie
k hervorhebt, wenn er von einer Ebeneder Realitt spricht. Er geht davon aus,
der Fehler, den wir heute oft in der Ausei-
ersetzung mit visuellen Fiktionen bege-
der ist, dass wir sie nicht ernst genug neh-
Auch er lehnt die Deutung des Betrachters
chwache, ngstliche Person ab, wenn er
ibt:
example, people who play video games,
adopt a screen persona of a sadist, rapist,
ever. The idea is, in reality Im a weak per-so in order to supplement my real life
ness, I adopt the false image of a strong,
ally promiscuous person, and so on and so
o this would be the nave reading... But
if we read it in the opposite way? That this
g, brutal rapist, whatever, identity is my
self. In the sense that this is the psychic
of myself and that in real life, because of
Zum WeiterlesenJaspers K., & Unterberger W. (Hg.) (2006).
Kino im Kopf. Psychologie und Film seit Sig-
mund Freud.Berlin: Bertz und Fischer.
Herb, S. (2012). Psychoanalytiker im Spiel-
lm. Mediale Darstellungen einer Professi-
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Strauss, B. (2011): In Treatment. ffentliche
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Orchowski, L.M., Spickard, B.A., & McNa-mara, J.R. (2006). Cinema and the Valuingof Psychotherapy: Implications for Clinical
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Schnpug, W. (2004): Geschichte und
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fr das Grundstudium.(2nd ed.). Weinhem,
Basel: Beltz Verlag.
Klein, H-D. (Hg.) (2005): Der Begriff der
Seele in der Philosophiegeschichte.Wrz-
burg: Knigshausen & Neumann.
Ich kann mich gar nicht mehr in
Spiellmguren einfhlen, seit ich
vor allem Serien schaue; es kommt
mir so vor, als wrde es sich gar
nicht lohnen, diese Figuren nher
kennenzulernen, wo wir ja nur 90
Minuten zusammen verbringen
werden. (Studentin), Immer,
wenn die neue Staffel beginnt,
werde ich ganz manisch und fange
an zu spekulieren und lese Kritiken
und Hypothesen zu jeder neuen
Folge. (Filmwissens chaftlerin).
aware on acid Mehr zu 70 Jahren LSDund weitere berauschende Artikelgibt es online: aware-magazin.ch
Bildquelle:AlexGrey/alexgrey.com
http://www.aware-magazin.ch/http://www.aware-magazin.ch/http://www.aware-magazin.ch/7/22/2019 14 Aware HS13
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are HS1PSYCHOLOGIE & GESELLSCHAFTHS13 PSYCHOLOGIE & GESELLSCHAFT
rend der Interaktion mit Konsumpro
ergab, dass Produktdesigner berrasc
sensorische Inkongruenz (z. B. durch
ikt zwischen der Art, wie ein Objektstaltet ist und seiner haptischen, aud
olfaktorischen Beschaffenheit) erzeug
Diese berraschung motiviert dazu, da
erkunden. Infolgedessen kann der Zus
emotionale Erfahrung von Interesse, Boder Enttuschung bergehen.
Wut und Ekel
Wut und Ekel sind wohl die ungew
Emotionen, die man mit dem Begri
assoziieren wrde. In Anbetracht der
schichte knstlerischer Zensur und
Unterdrckung verwundert dies jedo
ness) besteht darin, dass Interesse eher in
Verbindung mit physiologischen
Aktivierungszustnden und dem Verlangen nach
nherer Erkundung des Gegenstandes steht. In
empirischen Studien konnte gezeigt werden, dass
Interesse ein strkerer Prdiktor fr die
Betrachtungszeit von visuellen Stimuli ist als
reines Wohlgefallen (Silvia, 2006). In
emotionstheoretischer Hinsicht dient Interesseprimr der Erweiterung von Wissen es motiviert
Denken, Lernen, und Erkundungs-verhalten.
berraschungNur wenige Studien haben bisher berraschung
im Kontext von sthetischen Empndungen un-tersucht. Eine dieser Studien (Ludden et al., 2008)
betrachtete die Erfahrung von berraschung wh-
berwiegend auf den Bereich der visuellen bil-
denden Kunst und basieren auf der Reizgrundlage
von Gemlden. Diese scheinen insbesondere des-
halb eine geeignete Grundlage fr psychologische
Forschungsparadigmen zu sein, da sie statisch
sind und sich nicht im Zeitablauf entfalten. Im
Folgenden sollen einige, auf den ersten Blick eher
ungewhnlich erscheinende, sthetische Emotio-
nen kurz umrissen werden.
Interesse
Ein als interessant beurteilter Gegenstand weist
einerseits die Eigenschaft auf, neu, komplex und
unvertraut zu sein, andererseits sollte er fr den
Rezipienten verstndlich sein (Silvia, 2007). Der
Unterschied zum konventionellen sthetischenGefhl des Wohlgefallens (engl.: pleasing-
empnden wir, wenn wir etwas
nes wahrnehmen? Was sind sthe -
e Emotionen, was verursacht sie und
assen sie sich erklren? Mgliche
worten knnten Erkenntnisse aus der
hologischen sthetik und der
osthetik liefern.
Kristin Mllering
Anfang des 18. Jahrhunderts hat man den
nschaftlichen Gegenstandsbereich der s-
k als Frage nach dem Schnen und von dert deniert. Diese Kontextualisierungsich mit unserer Alltagssprache: Der Aus-
k sthetisch wird hug als Synonym fregriffe schn, wohlgefllig und an-
hm verwendet. Gegenstndliche Bezugs-
te des so bezeichneten sthetischen kn-
unterschiedlichster Art sein: Ein Gemlde,
Musikstck, oder Gegenstnde der Alltags-
wie ein schmackhaft zubereitetes Gericht
eine hochwertig gestaltete Espressotasse.
e eindimensionale Denition wurde vor al-mit dem Aufkommen der modernen Kunst,
s nicht lnger ausschlielich auf die Dar-
ng von schnen bzw. angenehmen
epten ankam, in Frage gestellt.
orientierung des sthetikbegriffs
amentale Kritik an dem Kunst- und
etikbegriff vergangener Epochen (bei-
weise durch den Philosophen Theodor Ad-
in der Mitte des 20. Jahrhunderts) verwie-
uf die Notwendigkeit einer Neuorientierung
sthetikbegriffs: Eine Identikation des s-chen mit dem Schnen bzw. dem
stlerischen konnte den tatschlich rele-
n Kern der Wissenschaft nicht vollstndigsen. An diese Stelle trat die bis heute glti-
terpretation der sthetik als Wissenschaft
der sinnlichen Erfahrung und ffnete da-
den sthetikbegriff fr Sinneserfahrungen
llgemeinen und nicht nur auf der Ebene
lerischer Kulturprodukte. Mit der
amierten Allgegenwart des sthetischen
te somit jedes Objekt unserer Umwelt
Gegenstand sthetische Empndung werden,sodass sich die Frage stellt: Was ist das
charakteristische Wesen von sthetischen
Empndungen, wodurch werden diesehervorgerufen und was differenziert sie von
gewhnlichen bzw. unsthetischen
Erlebniszustnden? Der Philosoph Hans-Georg
Gadamer bemerkte in seinem Aufsatz sthetik
und Hermeneutik von 1964 dazu folgendes:
Die Vertrautheit, mit der das Kunstwerk uns
anrhrt, ist zugleich und auf rtselhafte Weise
Erschtterung und Einsturz des Gewohnten.
Gadamer verweist damit auf das Charakteristi-kum des sthetischen: Es ist eine sonderbare
Betroffenheit durch die Art und Weise, wie sich
ein sthetisches Objekt aus einem alltglichen
Kontext und einer gewohnten Szenerie hervor-
hebt und die routinierten Strukturen unseres
Wahrnehmens, Denken und Handelns durch-
bricht.
sthetische Psychologie
Welche emotionalen und kognitiven Wirkungen
werden durch die Wahrnehmung des stheti-
schen ausgelst? Dies ist der Forschungsge-
genstand der sthetischen Psychologie. Die
oben erluterte Interpretation der sthetik als
Wissenschaft von der sinnlichen Erfahrung
bietet einen ersten Anknpfungspunkt zwischen
sthetik und Psychologie. Ein zentrales The-
mengebiet der Psychologie stellt die Sinneser-
fahrung in all ihrer Komplexitt dar. So liegt es
nahe, naturwissenschaftliche und experimentel-
le Forschungsmethoden auf das Paradigma s-
thetischer Wahrnehmung zu bertragen. Als
Wissenschaft vom Erleben und Verhalten
konzentriert sich die Psychologie auf die menta-
len und affektiven Prozesse bei der Wahrneh-
mung sthetischer Objekte.Der Philosoph David Hume postuliert in seinem
Essay Of the Standard of Taste von 1757:
Schnheit ist keine Eigenschaft an den Dingen
selbst. Sie existiert nur im Bewusstsein des Be-
trachters, und jedes Bewusstsein nimmt eine un-
terschiedliche Schnheit wahr. Damit verweist
Hume nicht nur auf die Wichtigkeit der interna-
len Wahrnehmungsprozesse in der sthetik,
sondern auch auf ihren subjektivistischen Cha-
rakter. Jedoch wrde die Annahme vlliger Sub-
jektivitt sthetischer Empndungen die psy-chologische Erforschung ebendieser von
vornherein ad absurdum fhren: Denn als empi-
rische Wissenschaft ist die Psychologie an der
Aufdeckung von objektiven, universell gltigen
Aussagen interessiert. Zge man sich auf die
Grundannahme zurck, dass sthetische Erfah-
rungen rein subjektive und hochindividualisierte
Prozesse sind, wrde man von Anfang an die
berhaupt erst zu untersuchenden Regelhaftig-
keiten und Gesetzmigkeiten in sthetischenUrteilen verneinen und jeglichen Forschungs-fragen ihre hypothesenbasierte Grundlage ent-
ziehen. Vertreter der sthetischen Psychologie
sind folglich (per denitionem) nie von der vl -ligen Subjektivitt sthetischer Empndungenausgegangen. Vielmehr erforschen sie die allge-
meinen (und eher objektivistischen als subjekti-
vistischen) Prinzipien der sthetischen Wahr-
nehmung.
sthetische Emotionen und ihr multidimen-
sionaler Charakter
Welchen qualitativen Charakter haben die emotio-
nalen und kognitiven Prozesse bei der Wahrneh-
mung sthetischer Reize? Welche Facetten und
Dimensionen knnen sthetische Emotionen an-
nehmen? Bisher haben sich nur wenige Studien
des multidimensionalen Charakters sthetischer
Emotionen angenommen. Oftmals begrenzen sie
sich lediglich auf die Dichotomien: schn/un-
schn, angenehm/unangenehn oder positiv/nega-
tiv damit wird der Bereich der sthetischen Ur-teile und Empndungen jedoch nur eindimensionalabgedeckt, auf weiterfhrende Aussagen, die den
komplexen Charakter sthetischer Erfahrungen
widerspiegeln knnten, wird damit zwangslugverzichtet. Aus theoretischer Perspektive wre
ebenso das Auftreten von ungewhnlichen Emoti-
onen wie Interesse, berraschung, Ekel, Verwir-
rung und Wut denkbar. Hinweise auf eine Multidi-
mensionalitt sthetischer Empndungen gebenbisher nur wenige empirische Studien (z. B. Silvia
& Brown, 2007; Cooper & S ilvia, 2009). Beitrge
der sthetischen Psychologie beziehen sich dabei
Warum Schnheit schn istber sthetikempnden
Bildquelle:Raphael(14831520)/commons.wikimedia.com
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1767) publizierte mit dem Werk Aesthetica ein
Schriftwerk, das explizite Denitionen undAbgrenzungen zu anderen Wissenschaften
enthielt. So bezeichnete er die sthetik als The-
orie der sinnlichen Erkenntnis und bezieht sich
damit auf ihre sprachliche Ableitung aus dem alt-
griechischen Begriff asthsis. Ein Ausdruck, derProzesse der Wahrnehmung oder des Empn-dens bezeichne, womit all jene Bewusstseinsin-
halte gemeint sind, die durch den Gebrauch der
Sinne (im Gegensatz zur rein geistigen bzw. logi-
schen Erkenntnis) generiert werden.
und zum Teil evolutionspsychologische Funda-
mente des sthetikempndens zu untersuchen,kamen neurosthetische Studien bisher zu dem