Date post: | 04-Jun-2018 |
Category: |
Documents |
Upload: | duongkhanh |
View: | 215 times |
Download: | 0 times |
Arzneimittelversorgung in
Pflegeheimen Multimedikation-Selbstmanagement-Apotheke
BVK - Jahrestagung in Bad Homburg, 07. Mai 2014
Conflict of Interest
• Forschungsunterstützung: ThermoScience,
Forschungskolleg Geriatrie der Robert-Bosch-
Stiftung
• Vortragshonorare: Pfizer Pharma, Bayer Health
Care, Mundipharma, Astellas Pharma, MSD,
medUpdate, BLÄK, AO Trauma Europe
• Beratertätigkeit: Astellas Pharma
• Publikationsunterstützung: Pfizer Pharma
Erfordernisse an die Versorgung:
Effektiv und Effizient
richtig, im Sinne einer geriatrischen
Expertise
angemessen, im Sinne der
Kosten/Nutzen/Risikoaspekte
Charakteristika älterer Menschen
Multimorbidität
Chronifizierung
Frailty
gerontopsychiatrische
Krankheitsbilder
Demographische Entwicklung
Altern in der Gesellschaft
• sprachliche Diskriminierung:
Altenplage (1995)
Rentnerschwemme (1996)
sozialverträgliches Frühableben (1998)
demographische Katastrophe
Krieg der Generationen
Demografie
medizinisch-technischer Fortschritt „Kostentreiber“ Wachstumsfaktor
Wer ist
denn alt ?
Wer will das
wissen ?
Begrifflichkeiten
Gerontologie = Wissenschaft des Alterns
(geron) = Greis, (logos) = Lehre
Geriatrie = Altersheilkunde
(geron) = Greis, (iatros) = Arzt
• 1863 geboren in Wien
• 1885 M.D., New York, Mount Sinai Hospital
• 1908 Besuch in Wien „Versorgungsheim Lainz“
• 1909 „Geriatrics“ (NY Med J,90,358-9,1909)
• 1912 Gründer der Society of Geriatrics
• 1914 Publication „Geriatrics“, erstes Lehrbuch
Ignatius Leopold Nascher (1863-1944)
Der geriatrische Patient
Geriatrietyptische Multimorbidität und
höheres Lebensalter* (überwiegend 70 Jahre und älter)
- *die geriatrietypische Multimorbidität ist hierbei vorrangig vor dem
kalendarischen Alter zu sehen-
oder
80 Jahre und älter
Aufgrund der alterstypisch erhöhten Vulnerabilität*
*Auftreten von Komplikationen, Folgeerkrankungen, Gefahr der
Chronifizierung, Verlust der Autonomie, Verschlechterung des
Selbsthilfestatus
• Top 10 der Mulitmorbidität
• „hypothetische“ 79-jährige geriatrische Patientin
• Verordnungsbeschreibung
• 12 Medikamente
• 7 verschiedenen Einnahmezeitpunkte
• … die Zukunft ?
Boyd CM et al. Clinical practice guidelines and quality of care for older
patients with multiple comorbid diseases. JAMA 2005;294(6):716-724
Multimedikation
Sachstand
• 140.000 Vertragsärzte stellen
• 633 Mio. Verordnungen für
• 69,7 Mio. GKV-Versicherte aus
• 20.921 Apotheken versorgen die Patienten mit
Arzneimitteln von rund
• 400 Herstellern
Krankheit 1 (index) Krankheit 2 Krankheit n
Geschlecht Alter Frailty
weitere gesundheits-bezogene individuelle Veränderungen
weitere nicht gesundheits-bezogene individuelle Veränderungen
Komorbidität
Multimorbidität
Krankheitslast
Komplexität des Patienten
Model der Multimorbidität
Pharmakologische Besonderheiten im Alter
Resorption Elimination Verteilung Metabolismus
Dyspepsie
Darmzottenatrophie
Compliance
Körpermasse
Wassergehalt
Polypharmazie
Enzyminduktion
Leberperfusion
Niereninsuffizenz
Darmmotilität
• Abnahme Leberperfusion
• reduzierte Proteinsynthese Leber
• CYP 450
• Konjugation Metabolismus
• Herzinsuffizienz
• Leberfunktionsstörungen Störgrößen
Darmmotilität nur marginal von Bedeutung
•Verminderter Blutfluss im Splanchnicusgebiet
Resorptionsbehinderung durch Multimedikation
Veränderte Pharmakodynamik
• veränderte … Rezeptordichte
Rezeptorempfindlichkeit
Neurotransmitterkonzentration
• individuelle Unterschiede
in der Enzymaktivität Organfunktion
Gender
• paradoxe Reaktionen
Anderson GD Sex and racial differences in pharmacological
response.J Womens Health 2005;14:19-29
Arzneimittel - Altersverteilung
• über 60-jährige: 22% der Bevölkerung
• aber 40-54% des Gesamtarzneimittelverbrauch
• über 75-jährige:
- 75% nehmen täglich ein Medikament ein
- 66 % 2-3 Präparate
- 50% 4-6 Präparate
Wehling M Klinisch pharmakologisch wichtige altersabhängige
Veränderungen. ArzneiForsch./Drug Res. 2003; 12: 894-5
Interaktionsrisiko
Bergk V et al: Drug interactions in primary care: impact of a new
algorithm on risk determination. Clin Pharmacol Ther. 2004;75:85-96
Interaktionspotentiale
Petri H. Analyse von CYP450 Wechselwirkungen.
Psychopharmakotherapie 2014;2:69-72
Leendertse aJ et al. Arch Intern Med. 2008 Sep 22;168(17):1890-6
Kognitives Defizit Komorbiditäten Pflegebedürftigkeit Polypharmazie Niereninsuffizienz Compliance
5000-6000
50 % 0,1%
• 85 Jahre, ♀, BMI 20 kg/m²
• Hypertonie
• sek. Rechtsherzinsuffizienz
• Vorhofflimmern
• Diabetes mellitus Typ 2
• Vaskuläre Demenz
• Gonarthrose
Fallnachweis Frau Prof. Dr. P. Thürmann
Patientin im Altenheim
Arzneistoff Dosis Indikation
Valsartan 80 mg 1-0-0-0 Hypertonie
Torasemid 20 mg 1-1-0-0 Hypertonie/Herzinsuffizienz
Bisoprolol 5 mg 1-0-0-0 Hypertonie/Vorhofflimmern/HI
ß-Acetyldigoxin 0,2 mg 1-0-0-0 Vorhofflimmern/Herzinsuffizienz
ASS 100 mg 1-0-0-0 Vorhofflimmern
Metamizol 500 mg 1-1-1-0 Gonarthrose/Schmerztherapie
Fentanyl Matrixpfl. 12 µg/h Di + Fr Gonarthrose/Schmerztherapie
MCP Supp. 10 mg 1-0-1-0 Übelkeit
Risperidon 1 mg 1-0-2-0 Unruhezustände bei Demenz
Alprazolam 0,5 mg ½-½-1-0 Unruhezustände
Promethazin 30 mg 1-1-1-0 Unruhezustände/Übelkeit
Prothipendyl 0-0-0-1 Unruhezustände
Dimenhydrinat Supp. 4 x 1 Supp. bei Übelkeit
Promethazin 30 mg 3 x 30 mg bei Unruhezuständen
Medikation der älteren Dame
• 1. Einweisung ins Krankenhaus vom 30.01. -11.02.09 wegen
Verschlechterung des Allgemeinzustandes.
• Entlassungsbrief: verordnet u. a. Novodigal 0,1 mg .
• Arztpraxis schickt Rezept über Digotab 0,2 mg.
• 2. Einweisung ins Krankenhaus vom 03.03. -13.03.09 wegen
anhaltender Nausea und Emesis.
• Entlassungsbrief: verordnet u. a. Novodigal 0,1 mg.
• Arztpraxis schickt Rezept über Digotab 0,2 mg.
• Pflegebericht: Allgemeinzustand (Erbrechen) bessert sich nicht.
Unruhe und Verwirrtheit nehmen weiter zu.
• Im Rahmen der präfinalen Palliativmassnahmen werden bis auf
Analgetika alle Medikamente abgesetzt
• Nach einer Woche Patientin allseits orientiert, isst mit Appetit
Epikrise
Digitalis im Alter (?)
90 % der Patienten waren gewichtsbezogen überdosiert
KÖRPERGEWICHT
73 % der Patienten wiesen Serumspiegel oberhalb des therapeutischen Bereichs auf
KÖRPERGEWICHT, ELIMINATION IM ALTER
nur niedrigere Serumspiegel mit therapeutischem Nutzen belegt
INDIKATIONSSTELLUNG
60 % der UAWs bei Patienten mit Serumspiegeln im therapeutischen Bereich beruhten auf Interaktionen
BEKANNTE PHARMAKODYNAMISCHE IA „KONFLIKT“ MIT LEITLINIEN ?
42,4 % der UAWs wurden als vermeidbar eingestuft!
Schmiedl et al, Med Klinik; 2007
Verschreibungskaskade
• Nebenwirkung wird nicht als NW erkannt
• Behandlung eines „neuen“ Symptoms
Cholinesterasehemmer Inkontinenz Anticholinergikum
Neuroleptikum Parkinsonoid Antiparkinsontherapie
NSAR Blutdruckanstieg Antihypertensivum
Sedativum Verrwirrtheit Neuroleptikum
Gill S et al: A Prescribing Cascade Involving Cholinesterase Inhibitors
and Anticholinergic drugs. Arch Intern Med 2005; 165:808-13
Berthold & Steinhagen-Thiessen, Internist, 2009
Zusatzmedikation - MoVIES - Projekt
• 87% mindestens eine OTC-Medikation
• 5,7% fünf und mehr
• Frauen signifikant mehr OTC-Präparate
• höherer Bildungsstand mehr OTC-Präparate
66,3% Analgetika
38,1% Vitamine und Spurenelemente
27,9% Antazida
9,7% Laxantien
Stoehr GP, Ganguli M, Seaberg EC, Echement DA, Belle S.: Over-the-counter medication use
in an older rural community: the MoVIES Project. J Am Geriatr Soc. 1997 Feb;45(2):158-65
Betteridge TM et al. Polypharmacy – we make it
worse! A cross-sectional study from an acute
admissions unit. Intern Med J. 2012 Feb;42(2):208-11
• im Krankenhaus dazu verordnet
• in der Regel ein Medikament zusätzlich
• Entlassungsverordnung prüfen
Medikamente, Alter und ortho-statische Dysregulation
• Diuretika: - Flüssigkeitsverlust
- vermindertes Durstgefühl im Alter
- Hypovolämie mit RR-Abfall
- verminderte Ansprechbarkeit der Barorezeptoren im Alter
• Digitalis und Diuretika:
- Gefahr der Bradykardie bei erniedrigter Vagus-Reizschwelle im Alter
- Hypokaliämie steigert Digitalisempfindlichkeit (Rhythmusstörungen!)
• Antihypertensiva: • reduzierter peripherer Venentonus im Alter
• Abregulation der ß-Rezeptoren Butt DA et al. Osteoporos Int (2013) 24: 2649-2657
Wechsel von sektoraler zu
populationsbezogener Versorgung
Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen
Potentiell Inadäquate Medikamente
Potentiell inadäquat sind Medikamente,
• die ein hohes Risiko für unerwünschte
Arzneimittelwirkungen haben und für die sichere
Alternativen existieren.
• die bei älteren Patienten geeignet sind, aber bei
bestimmten Erkrankungen vermieden werden
sollten.
• die in bestimmten Dosierungen im Alter
vermieden werden sollten
•131 häufig verwendete Wirkstoffe
• Literaturrecherche
• Expertenbefragung
• Abstimmung
• Empfehlung
1 = sicher potentiell inadäquat
2 = potentiell inadäquat
3 = unentschieden
4 = nicht potentiell inadäquat
5 = sicher nichtpotentiell inadäquat
Likert-Skala
Holt S et al: Potenziell inadäquate Medikation für ältere
Menschen: Die PRISCUS-Liste Dtsch Arztebl Int 2010;
107(31-32): 543-51
Stärken und Schwächen
• Liste potentiell inadäquater Medikamente
• Empfehlungen für Dosisanpassung
• Therapiealternativen
• nicht alle Fachspezifika abgedeckt1
• Bsp. : Anticholinergika OAB
• leider wieder „Negativliste“
• Wirkstoffauswahl meist unsystematisch
• lediglich Expertenmeinung
• Listen sind umfangreich und in der alltäglichen Praxis
schwer anwendbar 1Heßdörfer E. Kritische Anmerkungen zur
Priscus-Liste. UroNews 2012;16:34-35
PIM-gibt es wirklich Alternativen ?
Amitriptylin
• Delir und kognitive Störung
• Sturzrisiko erhöht
• ungünstige anticholinerge
Wirkung
• international gelistet
Alternativen
• SSRI (Citalopram, …)
• Mirtazapin
aber:
• adäquate Wirksamkeit?
• NW-Profil ?
• Komorbidität Demenz
Amitriptylin
• Delir und kognitive Störung
• Sturzrisiko erhöht
• ungünstige anticholinerge
Wirkung
• international gelistet
Alternativen
• SSRI (Citalopram, …)
• Mirtazapin
aber:
• adäquate Wirksamkeit?
• NW-Profil ?
• Komorbidität Demenz
SSRI hemmen die Serotoninaufnahme
auch in den Thrombozyten
diese brauchen Serotonin zur Aggregation
Blutungsgefahr
Blutungsgefahr in Kombination mit NSAR,
Curmarin, ASS
Schellander R et al: Antidepressants: clinical relevant drug interactions.
Pharmacology 2010; 86:203
Schalekamp T et al. Increasing bleeding risk with current use of SSRI and
coumarins. Arch Intern Med 2008;168:180-185
Dormann H et al.Adverse Drug Events in Older
Patients Admitted as an Emergency. Dtsch Arztebl Int
2013; 110: 213–9
Fit fOR The Aged (FORTA)
A B C D
Nutzen im Alter
belegt,
vorzugsweise
RCT
Nachgewiesene
Wirksamkeit,
aber z.B.
erhöhte Risiken
im Alter
Ungünstiges
Nutzen/Risiko-
Verhältnis; bei
Multimedikation
am ehesten
verzichtbar
Arzneistoffe, die
man fast immer
vermeiden sollte,
da Kategorie C
+ geeignete
Alternativen
vorhanden
Nach Wehling & Burkhardt; Arzneitherapie für Ältere 2010
FORTA Klassifikation
• FORTA - A
• in großen Studien im Alter geprüft
• positive Nutzen-Risiko-Relation
ACE-Hemmer, Kalziumantagonisten, Statine
ACE-Hemmer, Diuretika Herzinsuffizienzbehandlung
• FORTA - B
• Wirksamkeit bei Älteren nachgewiesen
• Einschränkungen Wirkungsausmaß/Sicherheit
Diuretika, Beta-Blocker in Behandlung Hypertonie
FORTA Klassifikation
• FORTA - C
• ungünstiges Nutzen Risiko-Profil
• Sollten als erstes weggelassen werden
Digoxin bei Herzinsuffizienz
Amiodaron bei Vorhofflimmern
Spironolacton bei Hypertonie
• FORTA - D
• im Alter zu meiden (Beers-Liste)
Benzodiazepine
Promethazin
Zwischenfazit für die Praxis
• potentiell inadäquate Medikation im Alter ist ein
häufiges Problem
• es wird häufig durch Negativlisten adressiert
• Alternativmedikation ist in vielen Fällen möglich
ABER:
• Alternativen häufig nicht unproblematisch
• individuelle Situation entscheidend
• Nutzen für den Austausch häufig nicht belegt
Leitlinien - Guidelines
• … grundsätzlich Behandlungshilfe
• … grundsätzlich Qualitätsverbesserung
ABER
Summe der Leitlinien einzelner Erkrankungen
≠ Leitlinie zur Behandlung der Multimorbidität
x tausend
6 12 18 24
36 30
42 48 54 60 70
0
4.018
50 – 54
6.729
55 – 59
15.838
60 – 64
24.882
65 – 69
37.716
70 – 74
49.387
75 – 79
51.372
80 – 84
67.444
85+ Jahre
61
75
Männer Frauen
Altersdurchschnitt bei Diagnosestellung: 76
Jahre
2 4 6 8
12 10
14 16 18
0 55 – 64
1,70 0,67
65 – 74
3,88 2,31
75 – 84
9,82
5,92
85+ Jahre
16,76
9,62
Inzid
enz (
Fall / 1
000 P
ers
. / Jahr)
Epidemiologie Herzinsuffizienz
Rickenbacher P., Daten der Hillingdon-Studie (England) 2001
Patientenalter in bisherigen Studien
Durchschnittsalter 61 Jahre
CIBIS US Carvedilol
CIBIS II MERIT-HF COPER- NICUS
20
40
60
0
Spinewine A et al:Appropriate prescribing in elderly people: how
well can it be measured and optimised? Lancet. 2007;14:173-84
Flather et al.SENIORS European Heart Journal,
26(3,) 2005,215–225
25
50
75
100
150
125
175
200
225
0
70 75 80 85 90 95 Jahre
Anzahl
der
Patiente
n
Juurlink DN et al. Rates of hyperkalemia after
publication of the Randomized Aldactone Evaluation
Study. N Engl J Med 2004; 351(6):543-51
Vero
rdnungshäufigkeit
Kra
nkenhausaufn
ahm
en
• Verordnung von 3% auf 14% bei
herzinsuffizienten Patienten
angestiegen
• parallel dazu deutlicher Anstieg
von Hospitalisierung und Tod
durch Hyperkaliämie
• nicht aber in der Original Studie !
Patientenselektion
lange Betreuung
Ko- Medikation geringer
Orale Antikoagulation
• BAFTA Studie zeigt Risikoreduktion
(Birmingham Atrial FibrillationTreatment of the Aged)
• aber nur ein Teil der geriatrischen Patienten bekommt
OAK
• bei einem Drittel wird diese gleich wieder im ersten Jahr
abgesetzt
• nur 16,9% der 80jährigen erhalten bei VHF und Insult
eine OAK
• nur 40% bei VHF Jonathan Mant et al. Warfarin versus aspirin for stroke prevention
in an elderly community population with atrial fibrillation (the
Birmingham Atrial Fibrillation Treatment of the Aged Study,
BAFTA): a randomised controlled trial.Lancet2007; 370: 493
Kuijpers M et al. Relationship between
polypharmacy and underprescribing. Br J Clin
Pharmacol 2007, 65/:130-133
Erkrankung/Umstände fehlende Verschreibung % der Unterversorgung
Morphine Laxans 61,5 %
Myokardinfarkt ß-Blocker 60 %
Herzinsuffizienz ACE-Hemmer 47 %
Vorhofflimmern Kumarine 42 %
Osteoporose Bisphosphonate/Raloxifen 29 %
Hypercholesterinämie Statine 23 %
Hypertonie Antihypertensiva 23 %
Arteriosklerose Thrombozyten-
aggreagtionshemmer
21 %
NSAR-Verordnung Magenschutz mit PPI 21 %
Leitlinien und Unterversorgung
• bereits viele Medikamente verordnet (fraglich indiziert)
• deshalb wird die notwendige Neuverordnung (indiziert)
nicht gemacht
Kuijpers M et al. Relationship between polypharmacy and
underprescribing. Br J Clin Pharmacol 2007;65:310-3
Vorhofflimmern und Antikoagulation
• keine Kontraindikationen
• 11.409 Patienten
Go et al. Anticoagulation therapy für stroke prevention in atrial fibrillation: how
well do randomized trials translate into clinical practice? JAMA 2003;290:2685-92
• nur 22 % erhielten eine OAK
• negative Prädiktoren für eine OAK:
Alter des Patienten
Alter des Arztes
Abstand zur Promotion
• Gründe für eine Erklärungen einer fehlenden OAK:
mögliche Kontraindikationen (oft nicht zutreffend)
keine Indikation
geringe Compliance
Angst vor Blutungen Deplanque D, Leys D, Parnetti L, et al. Stroke prevention and atrial
fibrillation: reasons leading to an inappropriate management. Main
results of the SAFE II study. Br J Clin Pharmacol 2004;57: 798–806.
Gründe für ein inadäquates Management
Patterson SM et al. Interventions to improve the
appropriate use of polypharmacy for older people.
Cochrane Database Syst Rev. 2012 May 16;5:CD008165
MA
I B
EE
RS
Hanlon JT et al(1992): A method for assessing drug
therapy appropriateness; J Clin Epidemiol. Oct;
45:1045-51
• Medication Appropriateness Index (MAI)
Zwischenfazit für die Praxis
• LL + LL ≠ Multimorbidität LL
• Einbindung von geriatrischen Patienten in
Studien nicht nur gerechtfertigt, sondern zu
fordern
• Individualität berücksichtigen
• (realistische) Therapieziele formulieren
• enge medizinische Betreuung
Antikoagulation: beachtenswertes
Arand M. Gerinnungshemmer-Patient will verreisen. Med Trib 2014;17:4
DOAKs und Labormessungen
Steiner T. Neue direkte Orale Antikoagulanzien: Was im Notfall zu
beachten ist Dtsch Arztebl 2012; 109(39): A-1928 / B-1570 / C-1542
Vitamin K-Antagonisten vs. DOAKs
• signifikante Reduktion von
Schlaganfällen
• signifikante Reduktion von
systemischen Embolien
• signifikante Reduktion schwerer
Blutungen
• signifikante Reduktion der
Gesamtmortalität
Osterspey A et al.Neue Orale Antikoagulantien: Sehr potent, aber
kostspielig Dtsch Arztebl 2011; 108(47): A-2544 / B-2129 / C-2101
Risikoreduktionen unter DOAK
• am Beispiel Apixaban
• gegen Standardtherapie VKA (ARISTOTELES)
Granger CB et al. Apixaban versus warfarin in patients
with atrial fibrillation.NEJM 2011;365:981-992
Risikoreduktionen unter DOAK
• am Beispiel Apixaban
• gegen Standardtherapie ASS
Diener HC et al. Apixaban versus aspirin in patients with atrial fibrillation and
previous stroke or transient ischaemic attack. Lancet Neurol 2012;11:225-231
Gängige NOAKs in der Übersicht
Wirkstoff Dabigatran Apixaban Rivaroxaban
Handelsname Pradaxa Eliquis Xarelto
zugelassene Indikationen
Thromboseprohylaxe Knie-/Hüft-TEP + + +
Schlaganfallprophylaxe VHF (nicht valvulär)
+ + +
Akutbehandlung TVT - - +
Akutbehandlung LE - - +
Rezidivprophylaxe TVT - - +
Rezidivprophylaxe LE - - +
Akutes Koronarsyndrom - - -
mechanische Herzklappe - - -
Kontraindikationen CrCl < 30ml/min od. Dialyse CrCl < 15ml/min
od. Dialyse
CrCl < 15ml/min od.
Dialyse
Dosierung 2x150 mg
2x110 mg bei > 80 Jahre od.
Verapamil
Thromboseprohylaxe
2x2,5mg
VHF 2x5mg
Thromboseprohylaxe 1x10mg
Schlaganfallprohyl. 2x15(20)mg
Akut TVT/LE 2x15 mg
Langzeit 1x15mg
Medikamenteninteraktionen DOAK
Antz M et al. Differentialtherapie der DOAKs. Klinikarzt 2014;43:30-34
Heimversorgende Apotheke
• ausreichenden Beschriftung der Arzneimittelpackungen Namen des Bewohners
Lieferdatum
Etikett / Verfalldatum nach Anbruch
besondere Lagerungshinweise
evtl. Einnahmehinweise
Originalbezeichnung bei Austausch durch Generika
• in der Pflicht für Schulung des Heimpersonals im Umgang mit Arzneimitteln
Information und Beratung von Heimbewohnern §12a Abs. 1 Nr.3 ApoG
• Rezepte sammelt der Heimträger, nicht der Arzt
Halm C. Rezepte nur in Ausnahmefällen der
Apotheke zuleiten. Westphael ArztBlt 2014;3:13
• Erfassen der Medikation
• Erkennen der Risiken der
Multimedikation
• Symptomatik UAW
• Reduzierung unnötiger
Multimedikation
• weitere Behandler
• weitere Verordnungen
• Anwendungsprobleme
• Einnahmefehler
• Arzneimittelanamnese
Fazit für die Praxis
• Erfassen der Medikation
• Erkennen der Risiken der
Multimedikation
• Symptomatik UAW
• Reduzierung unnötiger
Multimedikation
• notwendige
Dosisanpassungen
• ungeeignet für ältere
Patienten
• notwendige Überwachung
• Dauermedikation /
kurzfristige
Zusatzmedikation
• Unterversorgung
Fazit für die Praxis
• Erfassen der Medikation
• Erkennen der Risiken der
Multimedikation
• Symptomatik UAW
• Reduzierung unnötiger
Multimedikation
• mit welchen Symptomen
ist zu rechnen ?
(an-/absetzen)
• Unterscheidung
Nebenwirkung vs. neue
Krankheitssymptome
Fazit für die Praxis
• Erfassen der Medikation
• Erkennen der Risiken der
Multimedikation
• Symptomatik UAW
• Reduzierung unnötiger
Multimedikation
• Absprache mit dem
Patienten
• individuelle Priorisierung
• Kontrolllisten
• Weiterverordnung nach
Krankenhausentlassung
• nicht-medikamentöse
Maßnahmen
Fazit für die Praxis
Prof. Dr. Hans Jürgen Heppner, MHBA
Klinik für Geriatrie Klinikum Schwelm
Lehrstuhl für Geriatrie
Universität Witten/Herdecke
Helios Klinikum Schwelm
Dr.-Moeller-Str. 15
58332 Schwelm
Telefon: 0049-(0) 2336-48-1560
E-Mail: [email protected]
Nie darf der Arzt vergessen, dass er es nicht mit
Krankheiten sondern mit kranken Menschen zu tun hat.
J. Oppolzer