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Case Management in der PflegeVoraussetzungen und Wirkungen
Prof. Dr. habil Thomas KlieEH Freiburg/ Universität Klagenfurt/IFF Wien
6. Internationale Fachtagung der ÖGCC22.11.2013St. Pölten
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Case Management in der Pflege
• Als Versorgungsmanagement nach Klinikaufenthalt
• Im Rahmen (spezialisierter) ambulanter palliativVersorgung
• In der häuslichen Pflege
• Zur Vermeidung von stationären Aufenthalten
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Case Management:
von alten, chronisch kranken und insbesondere multimorbiden Menschen;
von Menschen in Spätphasen chronischer Krankheiten und am Lebensende;
von Menschen mit (geronto-)psychiatrischenKrankheitsbildern / Problemlagen;
bei komplexen Medikamentenregimen / technikintensivem Unterstützungsbedarf
von vulnerablen Bevölkerungsgruppen mit erhöhtem Pflegebedarf (z.B. Migranten)
im Falle der Kumulation gesundheitlicher, psychosozialer, ökonomischer Problemlagen
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Case Management und Pflege
Case Management aus der Pflege Welche Beiträge hat die Pflege als Disziplin zur Auseinandersetzung mit und Weiterent-wicklung von Case Management geleistet?
Case Management durch die Pflege Welche Rollen und Funktionen übernehmen Pflegende beim Case Management und von welchem Verständnis lassen sie sich leiten?
Case Management in der Pflege Welche Bedeutung hat Case Management für die pflegerische Versorgung und wo wird es wie mit welchen Ergebnissen eingesetzt? (Ewers 2011)
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Pflege als Case Manager
«Pflegende sind überall» und können so eine sektorenübergreifende Versorgung realisieren
Pflegende agieren als kompetente Mittler zwischen medizinischen und sozialen Belangen
Pflegende begleiten Patienten auf ihrem Weg durch das Versorgungsgeschehen
Pflegende unterstützen Patienten im Alltag im Umgang mit Krankheits- und Therapiefolgen
Pflegende binden familiale Hilfe und soziale Netzwerke in das Versorgungsgeschehen ein
Pflegende setzen sich anwaltschaftlich für die Interessen von Patienten und Angehörigen ein
Ewers 2011
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Case Management in der Verantwortung der Pflege
Übernahme der Lotsenfunktionen für Patienten und Angehörige im Gesundheits- und Sozialsystem
Gewährleistung der richtigen Versorgung am richtigen Ort im richtigen Umfang zur richtigen Zeit
Überwachung eines kontrollierten
Einsatzes materieller und immaterieller Ressourcen
Sicherstellung einer engen
Kooperation mit allen beteiligten Akteuren («Collaborative Care»)
Beförderung gemeinschaftlich angestrebter Ergebnisse durch
vorausschauendes Handeln (Ewers 2011)
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Voraussetzungen
• Rollen ausübbar
• Unabhängigkeit
• Professionelle Handlungsweise
• Innerorganisatorische Unterstützung
• Vernetzung
• ---
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Kriterien für Case Management
Kontinuität in derFallintervention und-verantwortlichkeit
Kontinuität in derFallintervention und-verantwortlichkeit
Zeitliche Begrenztheit der Case Management-Intervention
Zeitliche Begrenztheit der Case Management-Intervention
Querintervention zu segmentierten Dienst-Leistungen u. Strukturen
Querintervention zu segmentierten Dienst-Leistungen u. Strukturen
Priorität vonAdvocacy- undSupport-Funktion
Priorität vonAdvocacy- undSupport-Funktion
Indikation:Problemkomplexität/Hohe Akteursdichte
Indikation:Problemkomplexität/Hohe Akteursdichte
Partner- (bzw. Kunden)Paradigma
Partner- (bzw. Kunden)Paradigma
Ressourcen-Orientierung
Ressourcen-Orientierung
Konsequente Realisierung der CM-Phasen/des CM-Regelkreises
Konsequente Realisierung der CM-Phasen/des CM-Regelkreises
PragmatischesDienstleistungs-Paradigma
PragmatischesDienstleistungs-Paradigma
Kontrakt-gebundenheit
Kontrakt-gebundenheit
Case Management- Essentials-
Case Management- Essentials-
(nach Wißmann 2003)
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Wirkungen des Case Managements
• Für den Klienten
• Für die Kostenträger
• Für den Dienst/ die Klinik
• Für die Infrastruktur
• Für die Kooperation
• …
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Beispiele
• Ahlen: Case Management und Reduzierung der Heimunterbringung
• Pflegebudget: individuellere, kosteneffizientere Arrangements
• Case Management im Vorarlberg
• …
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Case Management und Pflegeberatung- die deutsche Situation
• Rechtsanspruch auf Pflegeberatung i.S.d. Case Management
• Gegenüber Pflegekassen
• Ggf. in Pflegestützpunkten
• Seit 2008
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Regelungen des SGB XI
• Pflegeberatung– Vorgehensweise nach CM
Prinzipien
– Angesiedelt bei Pflegekassen
– Durchgeführt durch Sofa, Pflegefachkräfte u.a. Fachkräfte(Sozialarbeit)
– Kooperation möglich
– Ausnahmsweise: Fallsteuerung
– Sozialleistung
• Pflegestützpunkte– Obligatorische Partner: Pflege-
und Krankenkassen
– Hinwirkungspflicht: Kommunen, Anbieter
– Kooperationspartner: Freiwilligendienste
– Ziel: Integrierte Versorgung
– Aufgabe: Koordination,
Kooperation, Vernetzung,– Nur, wenn die Länder wollen
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Pflegestütz-punkte
Pflegestütz-punkte
Pflegekassen Kommunen
Träger von Einrichtungenund Diensten
€
Betreuungsverein
Selbsthilfe
Nachbarschaftshilfe
Seniorenbeirat
Bürgerschaft-lichesEngagement
Dritter Sektor
Markt
Staat
Informeller
Sektor
TherapeutInnen
Apotheken
zugelassene Diensteund Einrichtungen
Krankenhäuser
Ärzte
PrivateKrankenkassen
andere Anbieter
Gerichte
Krankenkassen
Sozialhilfeträger
KommunengesetzlichePflegekassen
Nachbarschaft
Angehörige
Familie
Legende: Verträge Absprachen über Kooperation werden einbezogenLegende: Verträge Absprachen über Kooperation werden einbezogen
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Evaluationsauftrag im Gesetz
• Nutzerbefragung
• Kassenbefragung
• Länderanalysen
• Fallstudien
• TNS Infratest München, HAW München, Gesamtleitung: AGP Sozialforschung Freiburg
• Auftraggeber GKV
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Effekte der Pflegeberatung
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Hilfreich
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Ergebnisse der Evaluation
Anreize für die Implementation von Pflegeberatung
Kundenbindung der KassenDAK: wir sind auch dort die bestenAOK: die örtlichen Kassen mit Sozialraumbezug
Effizienz/ Integration der gesundheitlichen und pflegerischen Versorgung
Desease managementPräventionOne Stopp agency
Vorbeugung von Konflikten/Widersprüchen –Arbeitseinsparung
Überbringung von negativ BescheidenInformelles Widerspruchsverfahren
KostensteuerungHKP ÜberprüfungHilfsmittelüberprüfungNotwendigkeit von Wohnungsanpassungsmaßnahmen
Qualitätssicherung häuslicher PflegePflegeberatungsbesuche
Persönliche Qualifikation und MotivationBeteiligt an FachdiskursAufstiegsoption
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Ergebnisse der Evaluation
Konterkarierend / FehlanreizeFiskalische Logik der Abrechnung von Pflegeberatung über Versorgungspläne
Der zweite Besuch lohnt sich nicht
Integration der Pflegeberatung in PSP
Keine kassenspezifische Steuerungsmöglichkeiten
Kein Zugriff auf GKV Daten
Fehlende Anreize für Folgeberatungen und die Einbeziehung dritter Akteure
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Ergebnisse der Evaluation
Steuerungsdefizite auf KassenebeneUnterschiedliche Logiken je Kassen (Art)Kleine Kassen kein strukturelles Interesse an eigener BeratungUnterschiedliche strategische Interessen an Pflegeberatung
KassenartBundes- /Landesebene
Keine einheitlichen StandardsKein fiskalisches Interesse an Einsparungen in den SGB XI Leistungen
Steuerungsebene Land/KassenStrukturen garantieren noch keine qualifizierte AufgabenwahrnehmungVergabeverfahren gefährdet KontinuitätKonflikte unter den VerbändenEs fehlt an strategischer Implementation
QualitätsvorgabenTeambildungToolsKollegiale Beratung
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Zusammengefasst
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Schlussfolgerungen
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Strukturreform gefragt
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Defizitanalyse I
• von den Menschen unmittelbar erlebte Defizite
– Fehlende Aufmerksamkeit
– Unzureichender Schutz Abhängiger
– Unzureichende Abklärung
– Unabgestimmte Leistungen
– Sozialhilfeabhängigkeit
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Defizitanalyse II
• verursachende Defizite– Fehlender Bezug auf einen
sozialen Raum
– Mangelnde Präventions- und Rehabilitationsorientierung
– Fehlende Versorgungsplanung und Leistungskoordination
– Widersprüchliche Steuerungslogik der Leistungsgesetze
– Starres, unübersichtliches und unzureichendes Leistungsrecht
– Fiskalische Fehlanreize
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CureFachpflege
MedizinTherapie
CareFamilie
AssistenzHauswirtsch
aftPflege
Steuerung des Pflegeprozesses
Reha-Maßnahmen
Extended nursing / Primary nursing („kleine Heilbehandlungen“)
Professionelle Interaktion
Anamnese
Vereinbarung Pflegeziele
Krankenbeobachtung > professionelle Hermeneutik
Alltagsgestaltung
Hauswirtschaft
Teilhabe
Assistenz
Hilfskräfte (funktional orientiert) Persönliche Assistenz (subjektorientiert)
Kooperation:� Profession� Planung� Aushandlung (Qualität)� Lebensqualität
Aufgaben in der Langzeitpflege
„Pilotfunktion Care“Steuerung und Management der gesamten Lebens- und
Haushaltsituation
Case ManagementGesamt-Steuerung und
Management in komplexen Fallkonstellationen„Pilotfunktion Cure“
Steuerung und Management des gesamten Cure-Bereichs,
z. B. SAPV
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Kommunale Rolle
Kommunale SozialplanungFachkoord. SGB V +XI
RichtlinienFachkoord. EHBauleitplanung
Zivile NetzwerkeNahverkehrQualitätssicherung
Koordinierung derflächendeckenden Versorgung
SozialräumlicheKoordinierung
SchnittstelleServicestelle Pflege +
Teilhabe
Fallsteuerung
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Hilfeplanung
Akteure
Cure
Kommunaler Sozialdienst
Gesundheitsamt Quartiermanager/
Wohnbaugesellschaft Nachbarn
Angehörige
Servicestelle
Pflege & Teilhabe
Hausarzt
Therapeuten Apotheken
Krankenhäuser
Pflegedienst Rehabilitationseinrichtungen
Akteure
Care
Aufmerksamkeit
Einzelfall
Assessmentfunktion Gemeinsame Assessment Agentur
(aus MDK und anderen
Begutachtungsstellen)
25. Januar 2013Gerd Künzel 27
Gemeinsame Hilfeplanung
(Beauftragter)
Hoberg, Künzel, Klie
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Voraussetzungen und Wirkungen
• Professionen: Integration von CM in Handlungsstrategie
– Incl. Offenheit für Multiprofessionalität
• Institutionen: Bereitschaft zur OE
– Incl. Akzeptanz von nicht allein betriebswirtschaftlichen Zielgrößen
• Politik: Verfolgung eines integrierten Politikansatzes
– Incl. Überwindung oder Bearbeitung segmentierter Pilitikansätze
• Bedeutsam: good practice
– Incl. Aufzeigen der Hemmnisse und des Scheiterns
• Nicht ohne: politische Gesamtstrategie
– Incl. kooperativen Föderalismus
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Herzlichen Dank