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DIE BINDUNG DES ISAAK IN DER FRÜHCHRISTLICHEN, … · του Αβραάμ και τη σχέση...

Date post: 31-Aug-2019
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Michael Altripp DIE BINDUNG DES ISAAK IN DER FRÜHCHRISTLICHEN, JÜDISCHEN UND ByzANTINISCHEN IKONOGRAPHIE: NEUE BEOBACHTUNGEN The article deals with the depiction of the Sacrifice of Isaac in connection with Early Christian, Late Antique Jewish and Byzantine art. First, the juxtaposition of Moses and Abraham on Early Christian sarcophagi is explained. Second, it is assumed that the Sacrifice of Isaac on the floor mosaic of the synagogue of Beth Alpha is probably influenced by Christian art. And third, the raison d’être of the Sacrifice in the prothesis is explained by the rite of the proskomide (=preparation). ΔΧΑΕ ΛΣΤ΄ (2015), 35-48 35 Tο άρθρο αναφέρεται στην παράσταση της Θυσίας του Αβραάμ και τη σχέση της με την παλαιοχριστια- νική τέχνη, την ιουδαϊκή τέχνη της ύστερης αρχαιότη- τας και τη βυζαντινή τέχνη. Κατά πρώτον ερμηνεύε- ται η απεικόνιση του Μωυσή πλάι στον Αβραάμ στις παλαιοχριστιανικές σαρκοφάγους, δεύτερον συμπε- ραίνεται ότι η απεικόνιση της Θυσίας του Αβραάμ στο ψηφιδωτό του δαπέδου της συναγωγής Beth Alpha είναι πιθανώς επηρεασμένη από τη χριστιανική τέχνη και τέλος υποστηρίζεται ότι η παράσταση της Θυσίας του Αβραάμ στην πρόθεση ερμηνεύεται από τη λει- τουργία της προσκομιδής. Λέξεις κλειδιά Παλαιοχριστιανική τέχνη, βυζαντινή τέχνη, ιουδαϊκή τέχνη, εικονογραφία, Θυσία του Ισαάκ, Παλαιά Διαθήκη. Keywords Early Christian art, Byzantine art, Jewish art, iconography, the Sacrifice of Isaac, Old Testament. Abraham ist eine der faszinierendsten Figuren der Bibel, und es wäre spannend zu lesen, was Thomas Mann aus dem Abraham-Stoff gemacht hätte, wenn er sich seiner und nicht des »Joseph und seine(r) Brüder« angenommen hätte. Dabei wäre der dramaturgische Höhepunkt in der unge- schriebenen Erzählung von Thomas Mann sicherlich der Mo- ment gewesen, in dem Abrahams Sohn Isaak auf dem Altar liegt, der Vater das Messer hebt, um den Sohn für seinen Glauben an seinen Gott hinzugeben und zu töten, und dann in letzter Sekunde der Engel des Herrn einschreitet und ruft: »Lege deine Hand nicht an den Knaben und tu ihm nichts«! (Gen 22,12). Der Faszination Abraham sind Künstler und Forscher glei- chermaßen erlegen, was seinen Niederschlag in der bildenden Kunst sowie in der wissenschaftlichen Literatur gefunden hat 1 . * apl. Prof. Dr.phil. Dr.theol.habil., Theologische Fakultät der Uni- versität Greifswald, [email protected] ** Mein Dank gilt in ganz besonderem Maße meinem Freund und Kollegen, Dr. Andreas Ruwe (Altes Testament an der Theologischen Fakultät der Universität in Greifswald). Mit ihm habe ich viele Stun- den während der Seminare und bei deren Vorbereitungen zusammen- gesessen, um die Welt des Alten Testaments und deren bildlicher Um- setzung zu durchdringen. 1 Auffällig ist das scheinbar geringe Interesse an Abraham bei den spät- antiken Autoren: Unter diesen haben sich vor allem drei eingehender mit dem Patriarchen beschäftigt. Für den Westen ist hier Ambrosius (um 340-397) und seine Schrift De Abraham [vgl. besonders Buch 1, Kap. 8: F. Gori, Opere esegetiche II/II. Abramo, 1984, 102ff. (Text) u. 103ff. (Übers.)] zu erwähnen, für den Osten Origenes (um 185-254) und seine Homilien zur Genesis (hier ist besonders die achte Homilie »Darüber, daß Abraham seinen Sohn Isaak opfert« zu nennen: P. Habermehl – A. Fürst – Chr. Markschies, Die Homilien zum Buch Genesis, Berlin –
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  • Michael Altripp

    DIE BINDUNG DES ISAAK IN DER FRHCHRISTLICHEN, JDISCHEN UNDByzANTINISCHEN IKONOGRAPHIE: NEUE BEOBACHTUNGEN

    The article deals with the depiction of the Sacrifice of

    Isaac in connection with Early Christian, Late Antique

    Jewish and Byzantine art. First, the juxtaposition of

    Moses and Abraham on Early Christian sarcophagi is

    explained. Second, it is assumed that the Sacrifice of

    Isaac on the floor mosaic of the synagogue of Beth

    Alpha is probably influenced by Christian art. And

    third, the raison dtre of the Sacrifice in the prothesisis explained by the rite of the proskomide (=preparation).

    (2015), 35-48 35

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    Beth Alpha

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    Keywords

    Early Christian art, Byzantine art, Jewish art, iconography, theSacrifice of Isaac, Old Testament.

    Abraham ist eine der faszinierendsten Figuren der Bibel,und es wre spannend zu lesen, was Thomas Mann aus demAbraham-Stoff gemacht htte, wenn er sich seiner und nichtdes Joseph und seine(r) Brder angenommen htte.

    Dabei wre der dramaturgische Hhepunkt in der unge-schriebenen Erzhlung von Thomas Mann sicherlich der Mo-ment gewesen, in dem Abrahams Sohn Isaak auf dem Altarliegt, der Vater das Messer hebt, um den Sohn fr seinenGlauben an seinen Gott hinzugeben und zu tten, und dannin letzter Sekunde der Engel des Herrn einschreitet und ruft:Lege deine Hand nicht an den Knaben und tu ihm nichts!(Gen 22,12).

    Der Faszination Abraham sind Knstler und Forscher glei-chermaen erlegen, was seinen Niederschlag in der bildendenKunst sowie in der wissenschaftlichen Literatur gefunden hat1.

    * apl. Prof. Dr.phil. Dr.theol.habil., Theologische Fakultt der Uni-versitt Greifswald, [email protected]

    ** Mein Dank gilt in ganz besonderem Mae meinem Freund undKollegen, Dr. Andreas Ruwe (Altes Testament an der TheologischenFakultt der Universitt in Greifswald). Mit ihm habe ich viele Stun-den whrend der Seminare und bei deren Vorbereitungen zusammen-gesessen, um die Welt des Alten Testaments und deren bildlicher Um-setzung zu durchdringen.1 Auffllig ist das scheinbar geringe Interesse an Abraham bei den spt-antiken Autoren: Unter diesen haben sich vor allem drei eingehender mitdem Patriarchen beschftigt. Fr den Westen ist hier Ambrosius (um340-397) und seine Schrift De Abraham [vgl. besonders Buch 1, Kap.8: F. Gori, Opere esegetiche II/II. Abramo, 1984, 102ff. (Text) u. 103ff.(bers.)] zu erwhnen, fr den Osten Origenes (um 185-254) und seineHomilien zur Genesis (hier ist besonders die achte Homilie Darber,da Abraham seinen Sohn Isaak opfert zu nennen: P. Habermehl A. Frst Chr. Markschies, Die Homilien zum Buch Genesis, Berlin

  • Daher mchte ich im folgenden einen kurzen berblickber Abraham in der Bildkunst, ber die Bild-Themen mitAbraham sowie ber die Darstellungen der zentralen Ge-schichte, der sogenannten Bindung des Isaak, in der sptan-tiken und byzantinischen Kunst bieten, um mich anschlie-end drei Beispielen gesondert zuzuwenden.

    I) Abraham in der Ikonographie

    Hinsichtlich des Abraham in der Bildkunst lassen sich die er-haltenen Befunde in vier Kategorien untergliedern.

    1. Da gibt es zum einen den eigenstndigen zyklus ausdem 13. Jh. in der sogenannten Abrahams-Kuppel in der Vor-halle von San Marco in Venedig2, der ausschlielich der Le-bensbeschreibung Abrahams gewidmet ist.

    2. Daneben existieren Bilderfolgen, die Darstellungen zuAbraham in andere historische zusammenhnge einbinden.Dies ist der Fall in Monreale (1180/90)3, wo die Abraham-Szenen in den Genesis-zyklus integriert sind. Ein weiterer alt-testamentlicher zyklus mit Darstellungen zu Abraham hat sichim Gewlbe der Klosterkirche von St. Savin-sur-Gartempe4

    in der Mitte Frankreichs (11. Jh.) erhalten. Und in Pretzien5

    bei Magdeburg sind seit nicht allzu langer zeit Bilder einesIsaak-zyklus (um 1240) gnzlich freigelegt und restauriert,unter denen sich auch ein Abrahams-Bild bewahrt hat.

    Ob man die ausfhrliche Schilderung der GeschichteAbrahams an der Sdwand von Santa Maria Maggiore (1. H.5. Jh.)6 als autonomen zyklus ansprechen oder im Kontextmit dem gegenberliegenden Mose-zyklus verstehen will,sei zunchst dahingestellt.

    3. Im brigen wurde die Abraham-Geschichte ausfhrlichin den sptantiken sogenannten Genesis-Handschriften wieder Wiener Genesis7 und der Cotton Genesis8 sowie in denbyzantinischen Oktateuchen9 illustriert, die die ersten achtBcher des Alten Testamentes umfassen.

    36 (2015), 35-48

    MICHAEL ALTRIPP

    Freiburg 2011, 164 ff. (Text) u. 165ff. (bers.) sowie H. de Lubac L.Doutreleau, Homlie sur la Gense [SC 7], Paris 20032, 212ff.] sowiefr die jdische Sphre Philo (um 20 v.Chr.-50), der sich sogar in dreiSchriften mit Abraham auseinandergesetzt hat: nmlich in (..) [J. Gorez, Philo. De Abrahamo (Les oeuvres de PhilondAlexandrie 20), Paris 1966, zu Isaak vgl.: ibid., 92ff. ( 167ff.)]; L.Cohn P. Wendland, Philonis Alexandrini opera qvae svpersvnt, Bd.4, Berlin2 1962; bers.: Die Werke in deutscher bersetzung (hg. vonL. Cohn u.a.), Band I, 2, Auflage, Berlin 1962, 91-152 (Verf. nicht ver-fgbar), [J. Cazeaux, Philo, De migratione Abrahami,Paris 1965; L. Cohn P. Wendland, Philonis Alexandrini opera qvaesvpersvnt, Bd. 2, Berlin 19622; bers.: ber Abrahams Wanderung, in:

    Die Werke in deutscher bersetzung (hg. von L. Cohn u.a.), Bd V, 2.Auflage, Berlin 1962, 152-213 (Verf. nicht verfgbar)] und [(R. Amaldez u.a., Philo. De virtutibus, Berlin 1962, 150ff ( 210-219); L. Cohn P. Wendland, Philonis Alexandrini opera qvaesvpersvnt, Bd. 5, Berlin 19622; bers.: ber die Tugenden: Die Werkein deutscher bersetzung (hg. von L. Cohn u.a.), Bd. II, 2. Auflage,Berlin 1962, 313-377 (Verf. nicht verfgbar)]. In anderen zusammen-hngen haben sich allerdings zahlreiche weitere Autoren wie Augustinus(De civitate XVI, 24) (354-430) [B. Dombart A. Kalb, Sancti AureliiAugustini Episcopi. De Civitate Dei, Bd. 2, Leipzig 1929, 160ff.;bers.: Augustinus, Gottesstaat: Augustinus, Vom Gottesstaat, (hrsg.,eingel. u. bers. v. W. Thimme), Mnchen 1978, 318ff.], Caesarius vonArles (Sermones 81, 83, 84, 85) (469/70-542) (J. Courreau, CsairedArles. Sermons sur lcriture [SC 447], Bd. 1, Paris 2000, 88ff.), Hi-larius von Poitiers (De trinitate X,15) (um 315 - 373) (G. M. de Du-rand Ch. Morel G. Peland, Hilaire de Poitiers. La Trinit [SC 448],Bd. 2, Paris 2000, 120ff.), Tertullian (Adversus Marcionem IV, 34, 10-14 u. V, 3,11-12; 4,8; 9,9) (um 160-um 220) (C. Moreschini R. Braun,Tertullien. Contre Marcion [SC 456], Bd. 4, Paris 2001, 420ff.; eid.,Tertullien. Contre Marcion [SC 483], Bd. 5, Paris 2004, 104ff., 118ff.,202f.) unter den lateinischen Kirchenvtern und Eusebios (- Erstes Buch II, 6-8 u. IV, 5-14) (vor 264/5-wohl 339/40)(G. Bardy, Eusbe de Ssare. Histoire ecclsiastique, Bd. 1, Paris1986, 7f. u. 19f.), Irenaios von Lyon (Adversus haereses IV, 5, 2-5. 7,1-8, 2. 25, 1-3; V, 32, 2-33, 1) (1. H. 2. Jh.-um 200) (N. Brox, Irenusvon Lyon. Adversus haereses - Gegen die Hresien [Fontes Christiani8,4], Bd. 8/4, Freiburg 1997, 38-45, 54-63, 198-203; Bd. 8/5, 2001, 238-243) und Melito von Sardes (Fragment) (2. H. 2. Jh.) (O. Perler, Mli-ton de Sardes. Sur la pque et fragments [SC 123], Paris 1966, 234f.)unter den griechischen Kirchenvtern zu Abraham geuert.2 Vgl. O. Demus, The Mosaic Decoration of San Marco, Chicago1988, pl. 48.3 Vgl. Th. Dittelbach, Rex imago Christi: der Dom von Monreale;Bildsprachen und Zeremoniell in Mosaikkunst und Architektur,Wiesbaden 2003; E. Borsook, Messages in Mosaic: Royal Pro-grammes of Norman Sicily, 1130-87, Oxford 1998.4 E. Maillard, Lglise de Saint-Savin sur Gartempe, Paris 1926, 57,74ff.; die Identifikation einer Darstellung als die Bindung des Isaakist unsicher: ibid., 77f.; O. Demus, Romanische Wandmalerei, Mn-chen 1992, 140ff.5 Vgl. A.-M. Meussling R. Meussling, Der verborgene Christus vonPretzien. Vom Finden, Freilegen, Bewahren und Verknden, Sch-nebeck 2010, Abb. S.147 (linkes Feld im unteren Register).6 Vgl. M. Andaloro, Die Kirchen Roms. Ein Rundgang in Bildern.Mittelalterliche Malereien in Rom 312-1431, Mainz 2008, 269ff.;auch: B. Brenk, Die frhchristlichen Mosaiken in S. Maria Maggiorezu Rom, Wiesbaden 1975, 112, verweist zwar auf den Gegensatzzwischen der Geschichte der Offenbarung, die mit Abraham einsetzt,und der zeit des Gesetzes, die mit Mose beginnt, entwickelt aber imweiteren das Verhltnis zwischen Mose und Christus. 7 Vgl. B. zimmermann, Die Wiener Genesis im Rahmen der antikenBuchmalerei. Ikonographie, Darstellung, Illustrationsverfahren undAussageintention, Wiesbaden 2003, 94ff. u. 106ff.8 Vgl. K. Weitzmann H. L. Kessler, The Cotton Genesis. BritishLibrary Codex Cotton Otho B VI. The Illustrations in the Manu-scripts of the Septuagint, I, Princeton 1986, 85ff. u. Abb. 252ff.9 Vgl. J. Lowden, The Octateuchs: a Study in Byzantine Manu-script Illustration, 1992; K. Weitzmann, The Byzantine Octateuchs,Princeton 1999.

  • 4. Einzel-Darstellungen schlielich zeigen fast ausnahms-los die Bindung Isaaks, wobei sich diese Wiedergaben vor-nehmlich auf sptantiken Pyxiden10 und Sarkophagen11 nach-weisen lassen.

    II) Bild-Themen mit Abraham

    berblickt man diesen ikonographischen Bestand, dannlassen sich abgesehen von der hier zu behandelnden Bindungdes Isaak (Gen 22,1ff.) drei weitere thematische Schwer-punkte ausmachen.

    Unter diesen ist die Darstellung des Treffens zwischenAbraham und den drei Mnnern im Hain Mamre12 (Gen 18,1ff.) hinsichtlich der Hufigkeit sowie der theologischen Be-deutung13 am wichtigsten.

    Das wird besonders an der Weiterentwicklung diesesBild-Typs hin zur sogenannten Philoxenia offenkundig, diein byzantinischer zeit das Trinittsbild par exellencedarstellte14.

    Noch hufiger findet sich der eschatologisch aufgefateScho Abrahams (Lk 16, 23), da er in die Komposition desJngsten Gerichtes in Byzanz eingebunden ist15.

    Von untergeordneter Bedeutung ist die Begegnung mitMelchisedek (Gen 14, 18ff.), der seinerseits in der Bild-Ausstattung der Kirchen kaum nachzuweisen ist16.

    zusammenfassend kann man feststellen, da der Befunddurchaus berschaubar ist.

    III) Bindung des Isaak (Aqedah)

    Damit komme ich zur Bindung des Isaak, der sogenanntenAqedah.

    Wie gezeigt, stellt die Bindung des Isaak das bedeutendsteThema innerhalb der Ikonographie des Abraham dar. Speyartvan Woerden17. listet in ihrem Aufsatz aus dem Jahre 1961ber 300 Denkmler mit Darstellungen der Bindung auf. Vondiesen datieren 195 Stck aus der sptantiken zeit; von denbrigen ber 100 Stcken stammt die berwiegende Mehrheitaus dem 12. und 13. Jh. und gehrt der westlichen Sphre an.Fr den Osten lassen sich vor allem Darstellungen aus denbereits erwhnten Oktateuchen des 12. Jhs. nachweisen.

    Selbstverstndlich sind solche Listen selten vollstndig;so fehlen etwa entsprechende Darstellungen aus der Win-chester-Bibel18 (fol. 5r) (zw. 1160 u. 1175), der Kirche vonSigena19 (1160-1175) in Spanien sowie der Sdtiroler Ja-kob-Kirche in Grissian20 (um 1210).

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    DIE BINDUNG DES ISAAK IN DER FRHCHRISTLICHEN, JDISCHEN UND ByzANTINISCHEN IKONOGRAPHIE

    10 Vgl. die Groe Berliner Pyxis, E. 4./A. 5. Jh.: W. F. Volbach, El-fenbeinarbeiten der Sptantike und des frhen Mittelalters, Mainz1976, Kat. nr. 161; weitere Beispiele: ibid., Kat. nr. 162-164.11 Vgl. E. Paneli, Die Ikonographie der Opferung Isaaks auf denfrhchristlichen Sarkophagen, Marburg 2001.12 W. Gernhfer, Die Darstellung der drei Mnner an der Eiche vonMamre und ihre Bedeutung in der frhchristlichen Kunst, RQ 104(2009), 1-27.13 Vgl. L. Thunberg, Early Christian Interpretations of the ThreeAngels in Gen. 18, Studia Patristica 7 (1966), 560-570.14 Vgl. M.-B. von Stritzky, Die Darstellung der Philoxenie an dersdlichen Langhauswand von Santa Maria Maggiore in Rom, RQ93 (1998) 200-214, und L. Mller, Die Dreifaltigskeitsikone des An-drj Rubljw, Mnchen 1990; H. Gerstinger, ber Herkunft und En-twicklung der anthropomorphen byzantinisch-slawischen Trinitts-darstellung des sog. Synthronoi- und Paternitas-Typus, FestschriftW. Sas-Zaloziecky (hrsg. G. Gsodam), Graz 1956, 59-85. 15 Vgl. A. Volan, Picturing the Last Judgment in the Last Days ofByzantium. zur Ikonographie des Jngsten Gerichts in Byzanz, TheKariye Camii Reconsidered (hrsg. H. A. Klein R. G. Ousterhout B. Pitarakis), Istanbul 2011, 387-446 (war Verf. nicht zugnglich);und B. Brenk, Die Anfnge der byzantinischen Weltgerichtsdarstel-lung, BZ 57 (1964), 106-126.16 Vgl. F. W. Deichmann, Melchisedek, Wort und Bild: Bild undVerkndigung. Festgabe fr Hanna Jursch, Berlin 1962, 31-37; E.Revel-Neher, The Offerings of the King-priest: Judeo-ChristianPolemics and the Early Byzantine Iconography of Melchizedek,Continuity and Renewal. Jews and Judaism in Byzantine-ChristianPalestine (hrsg. L. I. Levine), Jerusalem 2004, 270-298 (war Verf.nicht zugnglich); M. Altripp, Die Prothesis und ihre Bildausstattungin Byzanz unter besonderer Bercksichtigung der DenkmlerGriechenlands, Frankfurt 1998, 67 und 118f.17 I. Speyart van Woerden, The Iconography of the Sacrifice of Abra-ham, VigChr 15 (1961), 214-255.18 Vgl. Cl. Donovan, The Winchester Bible, Toronto 1993, fig. 5; W.F. Oakeshott, Sigena: Romanesque Paintings in Spain and the Win-chester Bible Artists, London 1972, Abb. 189.19 Vgl. Oakeshott, Sigena, op.cit. (Anm. 18), 12 (Bildprogramm), Abb.37.20 H. Stampfer Th. Steppan, Die romanische Wandmalerei in Tirol.Tirol - Sdtirol - Trentino, Regensburg 2008, 217f. und Farbbild 71u. 72.21 J. G. Davies, Medieval Armenian Art and Architecture. TheChurch of the Holy Cross, Aghtamar, London 1991, 37ff. u. Pl. 5.22 I. Spatharakis, Dated Byzantine Wall Paintings of Crete, Leiden2001, 111ff.23 Ibid., 137ff.

    Aus Byzanz fehlen u.a. die Wiedergaben an der Auen-wand der Heilig-Kreuz-Kirche von Aghtamar21 (915-921)im Van-See im Osten der Trkei sowie in den beiden kreti-schen Kirchen von Ano Biannos (Hg. Pelagia)22 (1360) undRoustika (Panagia)23 (1390/1).

  • III.1) Gegenberstellung von Abraham und Mose auf

    sptantiken Sarkophagen (Abb. 1)

    Diese Bindung des Isaak begegnet nach der Aufstellung vonSpeyart24 auf 93 frhchristlichen Sarkophagen. Auf 1825 Exem-plaren wird sie dabei der bergabe der Gesetze an Mose ge-genbergestellt, wobei beide Themen einen mittig angeordnetenClipeus flankieren. Als Beispiel fhre ich hier das Exemplar an,das sich im Archologischen Museum von Arles26 befindet.

    Speyart kann in dem gemeinsamen Auftreten von Geset-zesbergabe und Isaak-Bindung lediglich einen purly prac-tical27 Sinn erkennen. hnlich urteilt Lucchesi Palli28 imLexikon der Christlichen Ikonographie, die kompositorischeGrnde fr denkbar hlt. Auch wenn die Anzahl der Beispieleinsgesamt gering ist, so erscheint die Annahme rein prakti-scher Erwgungen doch zu banal. Fr diese Skepsis sprichtauch die bereits oben angesprochene Gegenberstellung desMose- und des Abraham-zyklus an der Nord- und Sd-Wanddes Mittelschiffes von Santa Maria Maggiore29.

    Worin knnte demnach die theologische Beziehung zwi-schen beiden alttestamentlichen Personen bestehen? Die Ant-wort bietet der biblische Kontext, so da ich an dieser Stelleauf die Exegese der Kirchenvter verzichte.

    zunchst einmal sind beide Personen miteinander ver-wandt, da Mose ein Nachkomme Abrahams in der siebten Ge-neration ist30. Wichtiger aber als dieses Abhngigkeitsverhlt-nis sind die Gemeinsamkeiten zwischen beiden Protagonisten.

    Hier ist an erster Stelle die zuschreibung als Freund Gotteszu erwhnen, die das Alte Testament ausschlielich ihnen bei-den zubilligt31. Fr Abraham sind die Belegstellen Jes 41,8, 2Chr 20,7 und Dan 3,35; fr Mose findet sich der Nachweisbei Ex 33,11: Und der HERR redete mit Mose von Angesichtzu Angesicht, wie ein Mann mit seinem Freund redet.

    Diese enge Beziehung zwischen beiden Personen zu Gottfindet darber hinaus seinen Ausdruck in dem Bund, den Gottsowohl mit Abraham (Gen 15,18 und 17,1ff.) als auch mitMose (Ex 19,1ff.) schliet. Neben diesen ist Gott einen sol-chen Bund nur noch mit Noah eingegangen (Gen 9,8-17).

    Weitere Gemeinsamkeiten bzw. Bezge zwischen Abra-ham und Mose ergeben sich, wenn man die angesprochenenEreignisse selbst, d.h. die Bindung Isaaks sowie die Geset-zesbergabe, betrachtet.

    Denn obwohl dies die Ikonographie im Falle der Bindungnicht in gleicher Weise herausstellt wie bei der Gesetzesber-gabe, so spielen sich doch die Ereignisse jeweils auf einemBerg ab. Beide Erhebungen unterscheiden sich lediglich darin,

    da der eine, nmlich der Sinai, real existiert, whrend der an-dere allegorisch als Ort der Schau32 zu verstehen ist, obwohlauch dieser zumindest durch 2 Chr 3,1 mit jenem Berg in Je-rusalem in Verbindung gebracht wird, auf dem Salomo seinenTempel errichten lie33 und spter das Kreuz von Golgathagestanden hat34. Dieser Umstand wird dann erst durch die Kir-chenvter35 in besonderer Weise herausgearbeitet.

    Da beide Ereignisse tatschlich aufeinander bezogensind, unterstreicht ein weiteres Detail. Als Mose den Berg be-steigt, sagt er zu den zurckbleibenden36: Wartet hier aufuns, bis wir zu euch zurckkehren37. In hnlicher Weise u-ert sich Abraham, bevor er mit Isaak zum Berg Morija hin-aufsteigt: Da sagte Abraham zu seinen Knechten: Bleibt ihrmit dem Esel hier! Ich aber und der Junge wollen dorthingehen und anbeten und zu euch zurckkehren38.

    zwei entscheidende Unterschiede im biblischen Berichtweisen allerdings daraufhin, da Abraham letztlich die gr-ere Bedeutung zukommt.

    Nach Ex 3,5 nmlich mu Mose am Fue des Sinai amDornbusch die Sandalen ausziehen, denn Gott sprach zu ihm:Tritt nicht nher heran! zieh deine Sandalen von deinenFen, denn die Sttte, auf der du stehst, ist heiliger Boden!Abraham hingegen tritt an den Ort des Opfers, ohne von Gottzu hnlichem aufgefordert zu werden39.

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    MICHAEL ALTRIPP

    24 Speyart van Woerden, op.cit. (Anm. 17), 223.25 Ibid., 237.26 G. Koch, Frhchristliche Sarkophage, Mnchen 2000, Abb. 139.27 Speyart van Woerden, op.cit. (Anm. 17), 237.28 E. Lucchesi Palli, Abraham, LChrI Bd. 1, Sp. 29.29 Vgl. Anm. 6.30 Th. Heither, Biblische Gestalten bei den Kirchenvtern: Mose,Mnster 2010, 29f.31 Th. Heither Chr. Reemts, Biblische Gestalten bei den Kirchenvtern:Abraham, Mnster 2009, 266ff.; Heither, op.cit. (Anm. 30), 196ff.32 Heither Reemts, op.cit. (Anm. 31), 156ff. u. 168.33 F. Nikolasch, zur Ikonographie des Widders von Gen. 22, VigChr23 (1969), 200; G. Stemberger, Die Patriarchenbilder der Via La-tina, Kairos 16 (1974) 57.34 Heither Reemts, op.cit. (Anm. 31), 241.35 Vgl. Anm. 32 u. Anm. 34.36 R. Brandscheidt, Abraham - Glaubenswanderschaft und Opfer-gang des von Gott Erwhlten, Wrzburg 2009, 265.37 Vgl. Ex 24,14: -, .38 Vgl. Gen 22,5: , .39 St. Fine, Synagogue Mosaics and Liturgy in the Land of Israel,Art and Judaism in the Greco-Roman World. Toward a New Jewish

  • Noch deutlicher wird die Gre des geistigen VermgensAbrahams durch die Tatsache unterstrichen, da er Gott vonAngesicht zu Angesicht schaut, als dieser ihm im HainMamre in Gestalt der drei Mnner erscheint und sich ihm alsder dreifaltige Gott zu erkennen gibt40. Darber hinaus weistder Name des Berges Morija, wo Abraham Isaak opfernsoll, in seinem hebrischen Ursprung auf eine Vision hin41.Mose dagegen frchtet den Anblick Gottes. In Ex 3,6 heites: Da verhllte Mose sein Gesicht, denn er frchtete sich,Gott anzuschauen. Und auch bei der Gelegenheit der Geset-zesbergabe betont der biblische Bericht42: 15 Und die Herr-lichkeit des HERRN lie sich auf dem Berg Sinai nieder, unddie Wolke bedeckte ihn sechs Tage; und am siebten Tag riefer Mose mitten aus der Wolke heraus zu. Mose erkennt Gottdemnach im Gegensatz zu Abraham nicht.

    Und obwohl erst ihm, Mose, das Gesetz bergeben wordenist, wird Abraham bereits als Gerechter Gottes bezeichnet43.

    Eine weitere Besttigung fr das Verhltnis zwischen Moseund Abraham bietet zuletzt Gal 4,24-26, wo es heit: DieseWorte haben tiefere Bedeutung. Denn die beiden Frauen be-deuten zwei Bundesschlsse: einen vom Berg Sinai, der zurKnechtschaft gebiert, das ist Hagar; denn Hagar bedeutet

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    DIE BINDUNG DES ISAAK IN DER FRHCHRISTLICHEN, JDISCHEN UND ByzANTINISCHEN IKONOGRAPHIE

    bb. 1. Die Gegenberstellung von Abraham und Mose bei den sptantiken Sarkophagen

    geht nicht auf formale Gestaltungskriterien zurck, sondern ist theologisch motiviert.

    Archaeology (hrsg. St. Fine), Cambridge 2010, 196, verweist in die-sem zusammenhang auf das Fuboden-Mosaik der Synagoge vonSepphoris, wo im Bild der Bindung des Isaak Abraham und sein Sohnohne Schuhe wiedergegeben werden (vgl. z. Weiss, The SepphorisSynagogue. Deciphering an Ancient Message through its Archaeo-ligcal and Socio-historical Contexts, Jerusalem 2005, C141ff. u. fig.82f.); diese stehen separat, wie man dies aus den Darstellungen Moseskennt. Fine sieht hier einen Einflu christlicher Ikonographie, was al-lerdings nicht schlssig ist, wenn man bedenkt, da das gleiche Motivin Verbindung mit Mose auch in der Synagoge von Dura Europos [vgl.K. Weitzmann H. I. Kessler, The Frescoes of the Dura Synagogueand Christian Art, Washington, D.C. 1990, Abb. 3, 41 (Dornbusch)u. 74 (Gesetzes-bergabe)] auftaucht und gleichzeitig auch von Josuaberichtet wird, da er seine Schuhe auf heiligem Boden ausziehenmute (vgl. Jos 5,15: Da sprach der Oberste des Heeres des HERRNzu Josua: zieh deine Schuhe von deinen Fen; denn der Ort, auf demdu stehst, ist heilig! Und Josua tat es).40 Vgl. Gen 18,1f.: Und der HERR erschien ihm bei den Terebinthenvon Mamre, als er bei der Hitze des Tages am Eingang des zeltessa. 2 Und er erhob seine Augen und sah: Und siehe, drei Mnnerstanden vor ihm. 41 Vgl. Anm. 32.42 Vgl. Ex 24, 15f.43 Vgl. Gal 3, 6 (Ebenso wie Abraham Gott glaubte und es ihm zurGerechtigkeit gerechnet wurde) u. als zitat bei Rm 4,3 (Abrahamaber glaubte Gott, und es wurde ihm zur Gerechtigkeit gerechnet).

  • den Berg Sinai in Arabien und ist ein Gleichnis fr das jetzigeJerusalem, das mit seinen Kindern in der Knechtschaft lebt.Aber das Jerusalem, das droben ist, das ist die Freie; das istunsre Mutter. Wenn nun das freie Jerusalem Sion ist44, undMorija mit Sion gleichgesetzt wird, dann ergeben sich zweiGegensatz-Paare: Sara, die Freie, die Hagar, der Unfreien ge-genbersteht; sie werden symbolisiert durch Sion (Sara) undSinai (Hagar). Daraus folgt letztlich eine Gegenberstellungvon Abraham und Mose, die sich dadurch unterscheiden, dadie Gebote Gottes von Abraham durch den Glauben und vonMose durch das Gesetz erkannt und befolgt werden. Noch ein-mal ergibt sich daher aus Gal 4,24ff. eine Aufwertung desAbraham, die in Gegensatz zu Mose gestellt wird.

    Mose und Abraham stehen demnach in einer dialekti-schen Beziehung. Die Gegenberstellung von Mose undAbraham auf den Sarkophagen ist damit theologisch gut zubegrnden und kein Formalismus.

    III.2) Beth Alpha (Abb. 2)

    Damit komme ich zum zweiten Beispiel, das sich in BethAlpha in Israel befindet. Es handelt sich um das Bodenmo-saik der dortigen dreischiffigen Synagoge, die durch Mnzenund eine entsprechende Erwhnung der Inschrift im Mosaikin die zeit des Kaisers Justin I. (518-527) datiert werdenkann45. Dieses weist zudem eine griechische Inschrift46 auf,die die Namen der Handwerker, Marianos und Aninas, nennt.

    Das Bodenmosaik erstreckt sich ber den gesamtenBoden des Mittelschiffes47. Der von Westen hereintretendeBetrachter sieht als erstes die Bindung des Isaak48. Die Mittedes zentralschiffes nimmt eine Darstellung des zodiak49 ein,dem sich im Osten vor der Apsis die Wiedergabe des vonzwei Menorot flankierten Bundeszeltes50 anschliet.

    Der Stil der gesamten Darstellung ist uerst primitivund ungelenk.

    Uns interessiert hier die Wiedergabe der Bindung desIsaak51. Sie zeigt, von links nach rechts betrachtet, eine Per-son frontal gegeben, die mit ihrer Rechten an einem Seil denEsel fhrt, hinter dem sich eine weitere Person befindet. Derrechte Abschnitt nimmt etwas mehr als die Hlfte des Bildesein und zeigt einen Baum mit zwei sten, an dem mit einemSeil ein vertikal angeordnetes und gehrntes Tier gebundenist. Durch eine hebrische Inschrift wird das Tier als Widder52

    bezeichnet. Darber ist eine rechte Hand zu erkennen, diesich aus einem mit Strahlen umgebenen Feld erstreckt.Hierzu gehrt die darunter befindliche Inschrift: Vergreif

    Dich nicht. Die grte Figur ist nimbiert und hlt in ihrerRechten ein Messer und in der Linken eine kleinere Figur;inschriftlich wird die eine als Abraham und die zweite alsIsaak benannt. Am rechten Bildrand ist schlielich eineKonstruktion zu erkennen, von der oben Flammen ausgehen.

    Die in Rede stehende Darstellung gibt den Text von Gen22 wieder und unterscheidet sich von jener an der Thora-Ni-sche der Synagoge in Dura-Europos, die durch eine Inschriftin das Jahr 245 datiert werden kann.

    Von besonderem Interesse bei dem Bodenmosaik in BethAlpha ist das an dem Baum befestigte Tier, das als Widderidentifiziert werden kann. Folgende Fragen stellen sich beider Betrachtung dieses Details:

    1. Handelt es sich bei der Pflanze wirklich um einen Baum?2. Warum ist der Widder daran festgebunden?3. Warum steht der Widder nicht auf seinen Beinen?Der alttestamentliche Text (Gen 22,13) hierzu ist eindeutig:

    Und Abraham erhob seine Augen und sah; und siehe, da warein Widder hinten im Gestrpp (am Baum) an seinen Hrnernfestgehalten. Da ging Abraham hin, nahm den Widder undopferte ihn anstelle seines Sohnes als Brandopfer.

    Im griechischen Original der Septuaginta lautet der Text: ,

    . Erfolgt damit exakt der hebrischen Vorlage, wobei das Grie-chische auch eine bersetzung des als (Garten-) Baumzult, whrend die Vulgata wiedergibt inter vepres, d.h.in einer Hecke bzw. in einem Dornbusch.

    Hieraus wird nun deutlich, da der hebrische und dergriechische Text nur von einem , d.h. von einerPflanze im allgemeinen Sinne spricht, deren nhere Bezeich-

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    44 Heither Reemts, op.cit. (Anm. 32), 169.45 E. L. Sukenik, The Ancient Synagogue of Beth Alpha: an Accountof the Excavations, Jerusalem2 1975, 45 u. 48; zur Frage der Datie-rung und der mglichen zuschreibung an Justin II. (565-578) vgl.: J.Gutmann, Revisiting the Binding of Isaac Mosaic in the Beth AlphaSynagogue, Bulletin of the Asia Institute 6 (1992) 82. 46 Sukenik, op.cit. (Anm. 45), 47 u. Pl. XXV.47 Ibid., Pl. XXVII.48 Ibid., Pl. XIX.49 Ibid., Pl. X.50 Ibid., Pl. VIII.51 Ibid., Pl. XIX.52 Der genaue Wortlaut ist: Und siehe - ein Widder. Ich danke An-dreas Ruwe fr die bersetzung der Inschriften.

  • nung als Sabek im biologischen Sinne nicht gedeutet wer-den kann. Stemberger53 verweist ergnzend auf den mgli-cherweise sptantiken aramischen Targum Neophyti54, derabweichend von Bumen spricht, so da die Septuaginta unddieser Targum zumindest die Mglichkeit fr eine Interpre-tation als Baum erffnen.

    Darber hinaus stellt der Text fest, da der Widder mit sei-nen Hrnern an der Pflanze festgehalten wird ( - ), d.h. von einem Fest-gebundensein ist keine Rede. Schlielich darf man aus derTextvorlage schlieen, da der Widder auf dem Boden stand.

    Nikolasch55 verweist auf eine rabbinische berlieferungvon Jalkut Schimoni aus dem 13. Jh., nach der ein Engel denvon Gott schon seit der Schpfung dafr vorgesehenen Wid-der aus dem Paradies herbeischafft und dort hinbringt, wo ihnAbraham sah, als besagter Engel ihn, Abraham, von der Op-ferung des Isaak abhielt. Nikolasch schliet aus diesem Be-richt, da der Widder selbstverstndlich vom Engel an denBaum gebunden worden sei. Paneli56 wendet dagegen zurechtein: this does not explain clearly the iconographic innova-tion of a ram tethered to a tree. Auch Nikolasch57 selbst be-tont: Eine literarische berlieferung, die uns einer Interpre-tation nherbringen kann, ist im jdischen Schrifttum fr diermisch-byzantinische zeit nicht belegt.

    In einem anderen Kontext verweist Stemberger auf dasEingreifen des Satans und zitiert in diesem zusammenhang auseinem mittelalterlichen Midrasch den Rabbi zecharja: Abra-ham schaute und sah den Widder und nahm ihn und machteihn los und opferte ihn anstelle von Isaak58. Diesen Bericht

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    DIE BINDUNG DES ISAAK IN DER FRHCHRISTLICHEN, JDISCHEN UND ByzANTINISCHEN IKONOGRAPHIE

    53 Vgl. Stemberger, op.cit. (Anm. 33), 72.54 Vgl. A. Dez Macho, Neophyti 1: Targum Palestinense, ms de laBiblioteca Vaticana, Madrid 1968, 126f.55 Vgl. Nikolasch, op.cit. (Anm. 33), 217.56 Vgl. E. Paneli, - , DChAE KH (2007), 174f.57 Vgl. Nikolasch, op.cit. (Anm. 33), 216 f.58 Vgl. Stemberger, op.cit. (Anm. 33), 65; vgl. G. Friedlnder (Hrsg.),Pirke de Rabbi Eliezer, New york 1965, 229: Abraham looked, sawthe ram, and he went and set it free.59 Vgl. M. Harl, La ligature dIsaac, Hellenica et Judaica. Hom-mage Valentin Nikoprowetzky (hrsg. A. Caquot M. Hadas-Lebel J. Riaud), Louvain-Paris 1986, 469f.60 Vgl. H. J. Geischer, Heidnische Parallelen zum frhchristlichenBild des Isaak-Opfers, JbAC 10 (1967) 135 u. Taf.14d.

    Abb. 2. Die Darstellung der Bindung des Isaak im Boden-Mosaik von Beth Alpha geht mglicherweise auf eine christliche Vorlage zurck.

    knnte man nun tatschlich so verstehen, als ob der Widder an-gebunden gewesen sei. Aber einerseits setzt losmachen nichtunbedingt ein Festgebunden sein voraus, und andererseitsdatiert der Bericht aus der zeit ab 1300 und ist somit als un-mittelbarer Beleg fr sptantike Synagogen unbrauchbar.

    Wie erklrt sich also die Diskrepanz zwischen dem bibli-schen Text und der Wiedergabe in Beth Alpha? Und welcheKonsequenzen bringt eine mgliche Erklrung mit sich?

    Abweichungen vom Text haben bei der Bildgestaltung oftmit entsprechenden Vorlagen zu tun. Das trifft z.B. auch frdie Wiedergabe des mit auf dem Rcken gebundenen Isaakzu, fr den sich zahlreiche Vorbilder in der antiken Ikonogra-phie finden lassen59. Geischer60 verweist u.a. auf einen apu-lischen Voluten-Krater, auf dem als Teil der Ilias-Erzhlung

  • die Opferung der zwlf Trojaner wiedergegeben wird. Einerdieser zwlf kniet auf dem Boden, whrend seine Hnde wiebei Isaak auf dem Rcken gebunden sind.

    Auch fr die Darstellung des an dem Baum festgebunde-nen Widders wird man eine entsprechende Vorlage annehmendrfen, zumal das Bild-Thema bereits seit dem 4. Jh. nach-zuweisen ist und somit bis zu seiner Wiedergabe in BethAlpha eine zweihundertjhrige Geschichte durchlaufen hat.

    Wie wir gesehen haben, existiert jedoch weder eine lite-rarische noch eine bildliche Tradition aus dem sptantikenJudentum auch nicht in Dura Europos , wohl aber aus demfrhen Christentum.

    Aus der gleichen zeit wie Beth Alpha datiert etwa dasFresko in Bawit61 in gypten, das in seiner Apsis die Bin-dung des Isaak und in diesem Kontext links den an einenBusch oder einen Baum angebundenen Widder zeigt.

    Ein vergleichbares Beispiel bietet die aus dem 11. Jh. stam-mende Darstellung in der Handschrift des Kosmas Indikopleu-stes62, die jedoch auf eine Vorlage aus dem 6. Jh. zurckgeht.In beiden Fllen allerdings steht der Widder an den Busch bzw.den Baum gebunden, in Beth Alpha hingegen hngt er.

    Man knnte dieses Detail mit einer Nachligkeit erkl-ren, die zu dem auerordentlich provinziellen Eindruck pat,den die Darstellung insgesamt vermittelt.

    Interessanterweise findet sich hierfr kein Vergleichsbei-spiel in der sptantiken stlichen Kunst63, dagegen einigewenige im Westen, darunter auch der stadtrmische Mailn-der Stadttorsarkophag64, Das ist um so bemerkenswerter, alsAmbrosius etwa zur gleichen zeit dieses Detail in seinerSchrift De Abraham65 anspricht und es mit dem Hngen Jesuam Kreuz vergleicht. In dieselbe Richtung geht auch eineBemerkung bei Ephraim dem Syrer66 in seinem Kommentarzur Genesis: Weder war dort ein Widder, das bezeugt dieFrage des Isaak nach dem Opferlamm, noch befand sich dortein Baum, das beweist das Holz auf den Schultern des Isaak.Der Berg brachte den Baum hervor und der Baum den Wid-der, auf dass im Widder, der vom Baum herunterhing und anStelle von Abrahams Sohn als Opfer dargebracht wurde, derTag dessen versinnbildet werde, der am Holze hing wie derWidder und den Tod fr die ganze Welt verkosten sollte.

    Auch wenn der Befund hier in gebotener Krze prsen-tiert worden ist, ergibt sich dennoch ein wie ich meine recht eindeutiger Befund:

    1. Die Wiedergabe des vom Baum bzw. Gebsch herab-hngenden Widders im Bodenmosaik der Synagoge von BethAlpha findet mit Ausnahme des Targum Neophyti keine

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    61 Speyart van Woerden, op.cit. (Anm. 17), 221 u. 228; vgl. auch M.zibawi, Bagawat. Peintures palochrtiennes dgypte, Paris 2005,Abb. 21 (Exodus-Kapelle) und Abb. 39 (Friedens-Kapelle).62 Vgl. K. Kominko, When Words are not Enough the Illustrated By-zantine Manuscipts of the Christian Topography, Bysantinska Slls-kapet 28 (2010), 5-25 (war mir nicht zugnglich); E. Revel-Neher,Some Remarks on the Iconographical Sources of the Christian Topo-graphy of Cosmas Indicopleustes, Kairos 32-33 (1990-1991), 78-97(sie postuliert jdische Quellen: ibid., 93); W. Wolska, La Topographiechrtienne de Cosmas Indicopleusts [SC 159], Paris 1970, Bd. 2, 148ff. (griechischer Text mit franzsischer bersetzung und Abbildung).63 Die Wiedergabe an der Auenseite der Heilig-Kreuz-Kirche vonAghtamar datiert aus dem 11. Jh. und mu daher hier unbercksich-tigt bleiben, steht aber vermutlich in einer syrisch-palstinenischenBild-Tradition; vgl. Anm. 21.64 Vgl. H.-U. von Schoenebeck, Der Mailnder Sarkophag und seineNachfolge, Freiburg 1935, 27ff. u. Abb. 7; Th. Ulbert J. Dresken-Wei-land, Repertorium der christlich-antiken Sarkophage, Bd. 2, Italienmit einem Nachtrag Rom und Ostia, Dalmatien, Museen der Welt:Bd. II, Mainz 1998, 56ff. (Kat. Nr. 150) u. Taf. 59, 3-8, 60,1-2; 61, 1-2;insbesondere: Nikolasch, op.cit. (Anm. 33), 218ff.; die geographischeNhe zwischen Sarkophag und Ambrosius ist allerdings nicht ur-sprnglich, da der Sarkophag wohl in Rom gearbeitet worden ist.65 77. Et respiciens Abraham uidit, et ecce aries unus haerens in uir-gulto. Qua ratione arietem? Quasi praestantem utique gregi. Qua rationesuspensum? Vt aduerteres hostiam illam non esse terrenam. Qua causacornibus suspensum, nisi quod carnem suam uirtute superiore a terrisleuaret? Iuxta quod scriptum est: Cuius principium super umeros eius.Quis utique significatur nisi ille de quo dictum est: Exaltauit cornu po-puli sui? Cornu nostrum Christus est, qui praestitit omnibus, sicut legi-mus: Speciosus forma prae filiis hominum, solus eleuatus et exaltatusa terris, quemadmodum ipse nos docet, cum loquitur: Ego non sum dehoc mundo, ego de supernis sum. Hunc uidit Abraham in isto sacrificio,huius passionem aspexit. Et ideo ipse ait dominus de eo: Abraham diemmeum uidit et gauisus est. 78. Vnde ait sciptura: Vocauit Abrahamnomen loci illius dominus uidit, ut hodie dicant: In monte dominusadparuit, hoc est quod adparuerit Abrahae reuelans futuram sui passio-nem corporis, qua mundum redemit, demonstrans etiam genus passio-nis, cum suspensum ostendit. Virgultum illud patibulum crucis, et inhoc ligno praestantissimus ductor gregis exaltatus omnia traxit ad se,ut ab omnibus cognosceretur. Vnde et ipse ait: Cum exaltaueritis filiumhominis, tunc cognoscetis quia ego sum. Vgl. Buch I, 88, 77f.: F. Gori,Opere esegetiche II/II. Abramo, Rom 1984, 110ff.66 bersetzung Nikolasch, op.cit. (Anm. 33), 220; Text: vgl. R.-M.Tonneau, Sancti Ephraem Syri In Genesim Et In Exodum, Louvain1965, 69: Non autem fuisse illic aretem, interrogans Isaac de agnotestis est; nec fuisse illic arborem, ligna super humeros Isaac pro certoconfirmant: Mons eruetavit arborem arborque arietem; ut in ariete,qui ex arbore pendebat et in sacrificium pro filio Abrahae factus est,figuraretur dies illius qui ex ligno, sicut aries, pependit, et mortem promundo universo gustaturus erat. Th. Kremer, Mundus primus: dieGeschichte der Welt und des Menschen von Adam bis Noach imGenesiskommentar Ephrms des Syrers, Louvain 2012.

  • Parallele in den zeitgenssischen jdischen Text- und Bild-Quellen. Erst im spten Mittelalter gibt es einen vereinzeltenHinweis, dem aber wegen seiner zeitstellung sowie wegenseines singulren Auftretens keine grere Bedeutung bei-gemessen werden darf. Erschwerend wiegt aber der Um-stand, da dieser Text nicht von einem Herabhngen desWidders spricht, sondern lediglich berichtet, da Abrahamdas Tier losgemacht habe. zudem fhrt der Vergleich mitdem einzigen zeitgleichen jdischen Denkmal, der Synagogevon Dura Europos, vor Augen, wie dieses Detail nach demhebrischen Genesis-Text umgesetzt werden kann.

    2. Das Herabhngen des Widders tritt vornehmlich in derwestlichen Kunst der Sptantike auf67, lt sich aber auch indem zitierten sptantiken Text des Ephraim des Syrers nach-weisen. Lt man zudem das Motiv des Herabhngens auerAcht und konzentriert sich alleine auf das Angebundenseindes Widders an das Gebsch bzw. den Baum, dann lassensich die christlichen Denkmler auch im Osten um einVielfaches vermehren.

    3. Es liegt also nahe, da es sich bei diesem Detail desangebundenen bzw. herabhngenden Widders um ein christ-liches Motiv handelt. Trotzdem zieht die westliche For-schung nicht den logischen Schlu aus diesem Befund;stattdessen betonen besonders Stemberger und Nikolaschden Einflu der jdischen auf die christliche Kultur undKunst, obwohl Nikolasch68 an einer Stelle zugesteht: Allegriechischen Schriftsteller kennen die Leseart der LXX undverwenden sie (..) ausschlielich. Whrend das Sptjuden-tum die Verwendung der LXX ablehnte sie war von denChristen bernommen worden (..), hat sich in der darstel-lenden Kunst - Dura-Europos und Beth Alpha beweisen es die Auffassung der LXX gehalten, die sicher auch auf dieAusbildung mancher jdischer Legenden eingewirkt hat.Auch Stemberger betont69 mit Blick auf die Bilder der Ka-takombe Via Latina in Rom den Einflu jdischer auf diechristliche Kunst.

    Gerade angesichts des beraus provinziellen Charaktersder Darstellungen in Beth Alpha liegt es nahe, da Marianosund Aninas70, die das Mosaik ausgefhrt haben, sich einerVorlage bedienten, die mglicherweise der Darstellung inder Kosmas-Handschrift71 recht nahegekommen sein drfte.Auf diese Darstellung ist daher im zusammenhang mit BethAlpha immer wieder mit Recht verwiesen worden. Es istvielleicht nicht ohne Ironie, da ausgerechnet ein israeli-scher Forscher, Marc Bregman72, in letzter Konsequenznicht ausschlieen mchte, da Beth Alpha eine christliche

    Vorlage zugrunde liegt. Sein diesbezglicher Aufsatz ist1980 auf hebrisch erschienen, weshalb ihm noch nicht dieBeachtung geschenkt worden ist, die ihm gebhrt. Gut-mann73 ebenfalls Jude urteilt in seinem 1992 erschienenAufsatz Revisiting the Binding of Isaac zurckhalten-der, aber letztlich in vergleichbarem Sinne: In sum, it canbe stated that the Binding of Isaac mosaic at the Beth-Alphasynagogue is solidly rooted in well-known Christian motifsdating from the fourth to the thirteenth centuries. zuletzthat Fine74 ganz grundstzlich fr die Situation im sptanti-ken Israel festgestellt: As a minority, Jews were receiversof the art of the majority.

    Inzwischen hat sich die Ansicht allgemein durchgesetzt,da die frhchristliche Kunst Teil der sptantiken Kultur ge-wesen ist, bei der religise Schranken zumindest im Kunst-Betrieb offensichtlich kaum existierten75. Man wird das glei-che auch fr die Beziehung zwischen der jdischen und derchristlichen Kunst in der Sptantike annehmen drfen.

    Mit Blick auf die Darstellung der Bindung des Isaak inBeth Alpha bedeutet dies, da es keinem berlegenheitsan-spruch gleichkommt, wenn zumindest fr das Motiv des amBaum hngenden Widders eine christliche Vorlage ange-nommen wird. Dies zu akzeptieren scheint der jngsten is-raelischen Forschung weniger Probleme zu bereiten als derwestlichen.

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    DIE BINDUNG DES ISAAK IN DER FRHCHRISTLICHEN, JDISCHEN UND ByzANTINISCHEN IKONOGRAPHIE

    67 Ein prominentes Beispiel in der stlichen Kunst bietet Aghtamar(vgl. Anm. 21).68 Vgl. Nikolasch, op.cit. (Anm. 33), 215.69 Vgl. Stemberger, op.cit. (Anm. 33), 78.70 Sie haben brigens auch die Synagoge A von Beth Shean gestaltet;vgl. Fine, op.cit. (Anm. 39), 195.71 Fr diese wiederum reklamiert Revel-Neher, Some Remarks,op.cit. (Anm. 62), jdische Vorlagen.72 Vgl. M. Bregman, The Depiction of the Ram in the Aqedah Mo-saic at Beth Alpha, Tarbis 51 (1980), 306-309 (auf Hebrisch); ichdanke Daniel Stein Kokin fr die bersetzung des Textes.73 Gutmann, Revisiting the Binding of Isaac, op.cit. (Anm. 45),82; vgl. auch J. Gutmann, The Sacrifice of Isaac. Variations on aTheme in Early Jewish and Christian Art, Sacred Images. Studiesin Jewish Art from Antiquity to the Middle Ages, Northampton1989, 120.74 Fine, op.cit. (Anm. 39), 187.75 Ibid., 197.

  • III.3) Prothesis (Abb. 3)

    Damit komme ich zu meinem dritten Beispiel.Wie bereits zuvor erwhnt, fehlen in dem umfangreichen

    Katalog von Isabel Speyart van Woerden einige Darstellun-gen der Isaak-Bindung aus der byzantinischen Kunst. Aufzwei von ihnen mchte ich im folgenden nher eingehen; eshandelt sich zum einen um die Hg. Pelagia in Ano Biannos76,die durch eine Inschrift in das Jahr 1360 zu datieren ist, undzum anderen um die Panagia in Roustika77, die ebenfalls in-schriftlich 1390/91 datiert werden kann.

    Beide Bauten weisen die Raum-Dispositionen der Ein-raumkirchen auf78, bei denen der Altar in der innen und auenhalbrunden Apsis steht, whrend der sogenannte zursttisch,auf dem die eucharistischen Gaben fr die Riten auf demHauptaltar vorbereitet werden, an der Nordost-Ecke an derStelle des Kirchenraumes steht, wo das Halbrund der Apsisansetzt. Dadurch wird der Tisch an zwei Seiten von Wand-flchen eingefat, die sich fr die Anbringung von Bildernanbieten. zudem gehrt zu dieser Einrichtung in der Regeleine kleine Nische, die sich in unmittelbarer Nhe zum zu-rsttisch an der Nordwand befindet, wie dies auch in den bei-den genannten Kirchen der Fall ist.

    In der Panagia von Roustika ist direkt oberhalb des zu-rsttisches und ber einem Register mit Heiligen-Figurendeutlich die Bindung des Isaak zu erkennen: links im Bildder brennende Scheiterhaufen, mittig der zu einer von obenherabfliegenden Engel-Gestalt zurckblickende Abraham,der mit der Rechten ein Messer an den Hals des gefesseltenIsaak ansetzt. Rechts im Bild ist der Baum mit dem darunterstehenden Widder zu sehen. In Ano Biannos befindet sich dieDarstellung noch unmittelbarer am zursttisch und weist die-selben Elemente auf; lediglich der Widder ist in den Bereichhinter den Rcken des Abraham gerckt.

    Da diese Nhe nicht zufllig, sondern absichtsvoll ge-whlt ist, beweist die Tatsache, da die Bindung des Isaak inzwei weiteren kretischen Kirchen im Bereich des zurstti-sches auftritt: In der Nikolaos-Kirche in Xydas79 (1. H. 14.Jh.) befindet sie sich oberhalb der bereits angesprochenen Ni-sche, und im Nordschiff der Phanourios-Kirche bei Balsamo-nero80 (um 1400) umrahmt das Bild diese Nische fast voll-stndig. Der Befund auf Kreta ist allerdings nicht singulr,vielmehr tritt das Thema der Bindung auch in groen Kir-chen, die ber einen eigenen zurstraum, die sogenannte Pro-thesis, verfgen, in eben diesem Raum hufiger auf. Ich be-schrnke mich bei meinen Beispielen auf die Soteras-Kirche

    in Megara81 (12. Jh.), wo die Darstellung an der Ostwand derProthesis auftritt. In der Metamorphosis-Kirche in Thala-mas82 (1. V. 14. Jh.) begegnet es an der Sd-Hlfte des Pro-thesis-Gewlbes. Diese Verbindung zwischen dem Bild derBindung und dem Prothesis-Raum setzt sich auch in nachby-zantinischer zeit fort, wie die Klosterkirchen von Koutlou-mousiou83 (1540) und Laura84 (1535) auf dem Athos und Ni-kolaos Anapausas85 (1527) bei Meteora beweisen.

    Es stellt sich daher die Frage nach dem zusammenhangzwischen Bild und Raum, zumal wir gewhnt sind, die Bin-dung des Isaak in westlichen Kirchen im Bereich des Haupt-altares anzutreffen. Nicht nur die bereits erwhnte SdtirolerJakob-Kirche in Grissian aus der zeit um 1210 bietet diesenBezug, sondern bereits in der Sptantike die Kirche San Vitalein Ravenna, wo sich die Bindung des Isaak im Bogenfeld ober-halb der Sulen an der Nordseite des Sanktuarium befindet86,sowie in der Kirche San Apollinare in Classe bei Ravenna, wodie Darstellung auf der Sdseite des Altarraumes87 begegnet.

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    76 Spatharakis, op.cit. (Anm. 22), 111ff.77 Ibid., 137ff.78 Bei der Panagia von Roustika handelt es sich dabei um die Nord-kirche der Doppelkirchenanlage.79 M. Chatzedakes, , 6(1952), 67; T. Velmans, La peinture murale byzantine la fin dumoyen ge, Paris 1977, 196.80 K. Gallas K. Wessel M. Borboudakis, Byzantinisches Kreta,Mnchen 1983, 316; Chatzedakes, op.cit. (Anm. 79), 72-75; Velmans,op.cit. (Anm. 79), 250.81 K. M. Skawran, The Development of Middle Byzantine FrescoPainting, Pretoria 1982, 175 und Abb. 322. I. Stouphe-Poulemenou, , Athen 2007, warVerf. nicht zugnglich.82 D. Eliopoulou-Rogan, Mani. History and Monuments, Athen1973, 123.83 G. Millet, Monuments de lAthos, I. Les peintures, Paris 1927, Pl.160, Fig. 3 und Pl. 161, Fig. 2; E. Amand de Mendieta, Lart au Mont-Athos, Thessaloniki 1977, 142.84 J. D. Stefanescu, Lillustration des Liturgies dans lart de Byzanceet de lOrient, Brssel 1936, 53; Millet, op.cit. (Anm. 83), Pl. 121,Fig. 6; Amand de Mendieta, op.cit. (Anm. 83), 142.85 M. Panayotidi, Les glises des Mtores, CorsiRav 22 (1975),324.86 Vgl. F. W. Deichmann, Frhchristliche Bauten und Mosaiken vonRavenna, Wiesbaden 1995, Abb. 315; Id., Ravenna. Geschichte undMonumente, Wiesbaden 1969, 234ff.87 Vgl. Deichmann, Bauten, op.cit. (Anm. 86), Abb. 407; Id.,Ravenna, op.cit. (Anm. 86), 261ff.

  • Die Erklrung fr die abweichende88 Anbringung desBildes in dem nrdlich des Sanktuariums gelegenen Raumbyzantinischer Kirchen mu in dessen Funktion liegen.

    Es ist hier nicht der Platz, um die Proskomide89, alsoden liturgischen Vollzug in diesem Raum bzw. am zurst-tisch zu beschreiben, weshalb ich mich mit einer kurzenSkizzierung begngen werde: In der Hauptsache geht esdarum, die Merides, d.h. die Brotstcke, von den darge-brachten Prosphoren, den Broten, herauszutrennen und frden Vollzug am Hauptaltar zuzursten. Dabei stellen dieBrotstcke nach einer Formulierung des Basileios des Gro-en90 typoi dar, die nach ihrer Wandlung am Hauptaltarzu anti-typoi ihrer selbst werden. In gleicher Weise sind

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    DIE BINDUNG DES ISAAK IN DER FRHCHRISTLICHEN, JDISCHEN UND ByzANTINISCHEN IKONOGRAPHIE

    88 Der Grund fr die direkte Verbindung von Altar und Bindung desIsaak im Westen drfte zum einen darin liegen, da der Ordo Romanusden Opfer-Willen des Abraham in besonderer Weise hervorhebt, undzum anderen darin, da bei der Weihung des Altares an das Opfer Abra-hams erinnert wird; vgl. dazu: J. Hennig, zur Stellung Abrahams inder Liturgie, Archiv fr Liturgiewissenschaft 9 (1966), 351 u. 360.89 Vgl. T. Pott, Byzantine Liturgical Reform: a Study of LiturgicalChange in the Byzantine Tradition (Ubers. P. Meyendorf), Crest -wood 2010; und: M. Mandal, La protesi della liturgia nel rito bi-zantino-greco, Grottaferrata 1935.90 Vgl. M. Jugie, Lpiclse et le mot antitype de la messe de saintBasile, O 9 (1906), 193-198.91 Vgl. C. A. Swainson, The Greek Liturgies Chiefly from OriginalAuthorities, Oxford 19712, 104; A. Kallis, Liturgie. Die GttlicheLiturgie der Orthodoxen Kirche, Bonn 1989, 21: .92 Ikonen und ostkirchliches Kultgert aus rheinischem Privatbe-sitz. Katalog zur Ausstellung im Schntgen-Museum, Kln 1990,Kat. nr. 297-299.93 Vgl. Swainson, op.cit. (Anm. 91), 104; Kallis, op.cit. (Anm. 91),21: .94 Vgl. Swainson, op.cit. (Anm. 91), 105; Kallis, op.cit. (Anm. 91),23: , .95 Vgl. Swainson, op.cit. (Anm. 91), 105; Kallis, op.cit. (Anm. 91),23: .

    bb. 3. Die Darstellung der Isaak-Bindung im Bereich des Zurstti-

    sches in den byzantinischen Kirchen bezieht sich auf den vorberei-

    tenden Ritus der Zurstung, die sogenannte Prokomide. Ihr liegt mehr

    eine christologische bzw. liturgische als eine typologische Deutung

    zugrunde.

    auch die Riten am zursttisch im Sinne der typoi undjene am Hauptaltar im Sinne der anti-typoi zu verstehen.So gesehen findet auf dem Hauptaltar eine Duplizierung derVorgnge am zursttisch statt. Gleich zu Beginn der Pro-skomide zitiert der Priester Jes 53,7: Wie ein Schaf wurdeer zum Schlachten gefhrt91. und stt dabei mit einemlanzen-frmigen Messer92 in die rechte Seite des mit demSiegel versehenen Mittelstckes des Brotes. Anschlieendfhrt er mit dem Jesaja-zitat fort: Und wie ein unschuldi-ges Lamm vor seinem Scherer verstummt, so tat er seinenMund nicht auf93; daraufhin stt er das Messer in dielinke Seite des Brotes. Sodann schneidet der Priester kreuz-frmig von der Unterseite in das Brot und zitiert dabei Joh1,29: Geschlachtet wird das Lamm Gottes, das die Sndeder Welt hinwegnimmt, fr das Leben und das Heil derWelt94. Danach dreht er das Brot, so da seine Oberseiteoben liegt und stt das Messer in die rechte Seite des Bro-tes; dazu zitiert er Joh 19,34: Einer der Soldaten stie mitder Lanze in seine Seite, und sogleich flo Blut und Wasserheraus95. Anschlieend bereitet der Priester ein weiteresBrot fr Maria, eines fr die Heiligen, eines fr die Leben-den und ein fnftes fr die Entschlafenen. Danach werden

  • 96 Vgl. Kultgert, op.cit. (Anm. 92), Kat. nr. 278, 280, 282.97 Vgl. Kallis, op.cit. (Anm. 91), 38.98 Vgl. Kultgert, op.cit. (Anm. 92), Kat. nr. 279, 281, 283.99 Vgl. Altripp, op.cit. (Anm. 16), 56.100 Vor diesem Hintergrund ist es auffllig, da neben der weiter untenerwhnten Homilie des Origenes sechs weitere ostkirchliche Theolo-gen Predigten [Vgl. M. Moskhos, Romanos Hymn on the Sacrificeof Abraham: a Discussion of the Sources and a Translation, Byz 44(1974) 311 (dort auch die Text-Nachweise)] ber Abraham verfathaben. Dies sind Gregorios von Nyssa (zw. 335 u. 340-vor 400) [ : E.Rhein, Sermones, pars III (Gregorii Nysseni Opera Bd. 10,2), Leiden1996, 117ff. (Text) u. Th. Mahlmann, Gregor von Nyssa: Isaaks Opfer-ung (Gen 22), Isaaks Opferung (Gen 22) in den Konfessionen undMedien der frhen Neuzeit (Hrsg. J. A. Steiger U. Heinen), Berlin2006, 773-780 (bers.)], Ephraim der Syrer (um 306-373) [ : S. J. Mercati, S. Ephraem Syri Opera Bd.1, Rom 1915, 43ff.; vgl. darber hinaus zum Genesis-Kommentar des Ephraim: R.-M. Tonneau, Sancti Ephraem Syri In Genesim EtIn Exodum, Louvain 1965, 69f. (Text) u. E. Mathews J. Amar Kathleen McVey (Hrsg.), St. Ephrem the Syrian. Selected ProseWorks: Commentary on Genesis; Commentary on Exodus; Homilyon our Lord; Letter to Publius, Washington 1994, 57ff. (bers.); Th.Kremer, Mundus primus: die Geschichte der Welt und des Men-schen von Adam bis Noach im Genesiskommentar Ephrms desSyrers, Louvain 2012], Basileios von Seleukeia (gest. nach 468) [ (PG 85, 101-112); vgl. B. Marx, Der homiletischeNachlass des Basileios von Seleukeia, OCP 7 (1941), 329-369],Kyrillos von Alexandreia [ (PG69, 137-148)] (gest. 444), Johannes Chrysostomos (wohl 349-407)[ (PG 56, 541-554); , , . (PG 48, 1017-1026); (PG 50, 737-746); , , (PG 54, 428-434); bers.: P.Max - H. zu Sachsen, Des hl. Johannes Chrysostomus Homilien berdie Genesis, Band I, Paderborn 1913], sowie Romanos o Melodos (um485-nach 555) [ : J. Grosdidier de Matons, Ro-manos le Mlode. Hymnes [SC 99], Paris 1964, 138ff. (Text); J.Koder, Romanos Melodos. Die Hymnen [Bibliothek der griechis-chen Literatur 62], Bd. 1, Stuttgart 2005, 305ff. (bers.)]. Hiermitwird eine gewisse liturgische Prsenz des Abraham dokumentiert,wobei festzuhalten ist, da die Geschichte der Bindung des Isaak nurselten fester Bestandteil der liturgischen Texte selbst geworden ist. Sowird etwa der Text von Genesis 22,1-18 am Freitag der fnften Fas-tenwoche [V. Boha M. Kunzler O. Petrynko A. A. Thiermeyer(Hrsg.), Apostolos. Die biblischen Lesungen, Troparien und Kon-dakien, Antiphonen und alle anderen liturgischen Texte, Paderborn2005, 280; vgl. A. Rahlfs, Die alttestamentlichen Lektionen dergriechischen Kirche, Nachrichten von der kniglichen Gesellschaftder Wissenschaften zu Gttingen. Philologisch-historische Klasse,Berlin 1915, 28-136] sowie am Groen Samstag, d.h. am Ostersams-tag (Boha u.a., op.cit., 337) verlesen. Am hufigsten wird das OpferAbrahams in der sptantiken und frhbyzantinischen zeit whrendder Anaphora in der Liturgie des Basileios des Groen (um 330-379)

    die Gaben auf dem Diskos96 genannten Teller nach einerfestgelegten Ordnung gruppiert97. Darber wird sodann einkreuzfrmiges Gestell plaziert, das wegen des an seinerOberseite angebrachten Sternes Asteriskos98 genanntwird. Seine Funktion ist es, das Tuch zu tragen, ohne dadieses die Brotstcke berhrt. Weil dieser Stern auf jenenvon Bethlehem99 verweist, ergibt sich eine Geburtssymbo-lik, die im starken Kontrast zur dominierenden Passions-symbolik steht.

    Der zurstritus stellt also zunchst das blutige Opferdar, ohne es tatschlich zu vollziehen; dieser Vorgang istden Riten am Hauptaltar vorbehalten100.

    Die Schnittstelle zu der in den beiden Kirchen im Be-reich des zursttisches dargestellten Bindung Isaaks bietetdas neunte Fragment des Melito von Sardes101 (2. Jh.), indem es heit: Denn wie ein Widder wurde er gebunden so sagt man von unserm Herrn Jesus Christus aus und wieein Lamm wurde er geschoren und wie ein Schaf wurde erzur Schlachtung gefhrt und wie ein Lamm wurde er gekreu-zigt; und er trug das Holz auf seinen Schultern, zur Schlach-tung abgefhrt wie Isaak von seinem Vater. Christus aber litt,Isaak dagegen litt nicht; denn er war ein Typus des knftigenLeidens Christi ( ). Melitos Fragment nimmt fast wrtlich vorweg,was whrend der Proskomide rezitiert wird, und bezieht dar-ber hinaus auch das Typoi-Anti-Typoi-Motiv ein, das dieKirchenvter immer wieder mit Verweis auf die sptere Li-turgie des Basileios des Groen102 (um 330-379) erwhnen.Durch dieses Fragment wird deutlich, worum es im zurst -ritus geht: es geht nicht um das tatschlich vollzogene Opferam Hauptaltar, sondern es handelt sich um jenes Opfer, daseben nicht am Sohn Abrahams vollzogen worden ist undvollzogen wird.

    Damit wird evident, da hinter beiden Plazierungen einunterschiedlicher Interpretationsansatz steht: Die unmittel-bare Nhe der Darstellung von Abraham und Isaak zumHauptaltar in den beiden genannten Kirchen Ravennas unter-streicht, da das alttestamentliche Opfer als wahres Opferdemjenigen Jesu an die Seite gestellt wird. Die kretischenKirchen dagegen betonen das nicht vollzogene Opfer, dessenDarbringung erst am Hauptaltar realisiert wird.

    Origenes hat hierzu im neunten Abschnitt seiner achtenHomilie zur Genesis Grundlegendes formuliert: Er interpre-tiert nmlich das Opfer Abrahams nicht typologisch alsVorschattung des Opfers Jesu, sondern fat es christolo-gisch auf. Demnach entspricht Isaak der nicht leidensfhi-

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    MICHAEL ALTRIPP

  • gen gttlichen Natur Christi, whrend der Widder fr denleidensfhigen Leib Jesu steht: Gerade eben haben wirmeines Wissens gesagt, lsaak verkrpere das Abbild Christi(Isaac formam gereret Christi)? Nicht minder scheint aberauch dieser Widder das Abbild Christi zu verkrpern. Doches lohnt der Mhe zu klren, wie jeder von beiden zu Chri-stus in Beziehung steht - Isaak, der nicht gettet wurde, wieauch der Widder, der gettet wurde. Christus ist das WortGottes, doch das Wort ist Fleisch geworden (Joh 1,14).Ein Teil Christi entstammt also den oberen Sphren, der an-dere ging aus der menschlichen Natur und aus dem jung-frulichen Scho hervor. Christus leidet also, jedoch imFleisch; und er hat den Tod erfahren, jedoch sein Fleisch,dessen Abbild dieser Widder verkrpert. So sagte auch Jo-hannes: Siehe, das Lamm Gottes, das hinwegnimmt dieSnde der Welt (Joh 1,29)103.

    Theodoret104 (gest. ca. 466) bringt den originistischen Ge-danken zusammenfassend auf die Kurzformel: .- Denn Isaak ist der Typos im Hinblick auf die Gttlichkeit,der Widder aber ist es mit Bezug auf die Menschlichkeit.

    Diese Deutung hat den Vorzug, da es nicht zu einer un-statthaften Gleichsetzung von Abraham und Gott-Vaterkommt, die sich jedoch aus der im Westen blichen Typolo-gisierung105 zwangslufig ergibt.

    Auch Klemens von Alexandrien (140/150 - ca. 220) rela-tiviert die Vorbildhaftigkeit des Isaak, wenn er im 23. Kapiteldes ersten Buches seines Paidagogos (I, 23)106 schreibt:Wiederum ist Isaak (..) ein Vorbild des Herrn ( () ), ein Knabe wie der Sohn (denn er war SohnAbrahams wie Christus Gottes) und ein Opfer wie der Herr.Aber er ist nicht wirklich geopfert worden wie der Herr, son-dern trug nur das Holz fr die Opferhandlung, wie der Herrdas Kreuz. (..) Isaak litt aber nicht, indem er nicht nur (..) denVorrang des Leidens dem Logos einrumte, sondern auchdadurch, da er nicht gettet wurde, auf die Gttlichkeit desHerrn hinwies; denn Jesus erstand nach dem Begrbnis, alshtte er nicht gelitten (..), ebenso wie Isaak vom Opfertodverschont blieb.

    Der zusammenhang zwischen der Darstellung der Bindungdes Isaak und der Proskomide dem zurstritus wird durchdiese Texte evident: so wie Isaak nicht geopfert worden ist,so wird auch an den eucharistischen Gaben whrend derProskomide der Opfer-Ritus noch nicht vollzogen. Dies istden Riten am Hauptaltar vorbehalten. Daher stnde eineDarstellung der Bindung des Isaak im Altarraum im Wider-

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    DIE BINDUNG DES ISAAK IN DER FRHCHRISTLICHEN, JDISCHEN UND ByzANTINISCHEN IKONOGRAPHIE

    spruch zur Liturgie. Aus diesem Grund ist auch anzunehmen,da die entsprechende Wiedergabe im Sanktuarium der Peri-bleptos-Kirche107 (zw. 1360-1370) sowie der Demetrios-Kirche108 (2. H. 13. Jh.) in Mystras auf westlichen Einfluzurckgeht, der durch die lange zeit der Franken-Herrschaftauf der Peloponnes gut bezeugt ist.

    [F. E. Brightman, Liturgies. Eastern and Western, Oxford 1856, 320;Kallis, op.cit. (Anm. 91), 205; zur Basileios-Liturgie vgl. H. Paprocki, Le mystre de leucharistie. Gense et interprtation de la liturgieeucharistique byzantine, Paris 1993, 80ff.] und des Apostels Jakobos(Brightman, op.cit., 32; zur Jakobos-Liturgie vgl. Paprocki, op.cit.,89ff.) genannt, wenn auch nur in einer Reihe mit den brigen alttes-tamentlichen Opfern [Hier sind zu nennen: das Opfer Abels (Gen 4,4)sowie Aarons (Lev 8ff.); das Friedensopfer des Samuel (1. Sam11,15); die Opfer-Anweisungen fr Mose (Lev 1ff.)]. Bei Basileiosheit es etwa: Schau auf uns herab, Gott, und blicke auf diesen un-seren Gottesdienst und nimm ihn an, wie du die Gaben Abels, dieOpfer Noahs, die Ganzopfer Abrahams, die priesterlichen DiensteMoses und Aarons, die Friedensopfer Samuels angenommen hast.[Vgl. Brightman, op.cit., 320; Kallis op.cit. (Anm. 91), 205; zurBasileios-Liturgie vgl. Paprocki, op.cit., 80ff.].101 Vgl. O. Perler, Mliton de Sardes. Sur la pque et fragments [SC123], Paris 1966, 234 (Text); D. Lerch, Isaaks Opferung christlichgedeutet, Tbingen 1950, 29 (bers.).102 Vgl. hierzu M. Jugie, Lpiclse et le mot antitype de la messe desaint Basile, EO 9 (1906-1907), 193-198.103 Habermehl Frst Markschies, op.cit. (Anm. 1), 176-178 (Text)u. 177-199 (bers.) sowie de Lubac Doutreleau, op.cit. (Anm. 1), 231. 104 73 (PG 80, 86A). 105 Vgl. S. Schrenk, Typos und Antitypos in der frhchristlichenKunst [JbAC 21], Mnster 1995.106 H.-R. Marrou M. Harl, Clment dAlexandrie. Le pdagogue[SC 70], Livre I, Paris 1983, 150 (griech. Text); O. Sthlin, Des Cle-mens von Alexandreia Mahnrede an die Heiden. Der Erzieher,Buch I, Mnchen 1934, 224 (deutsche bers.).107 S. Dufrenne, Les programmes iconographiques des glises byzan-tines de Mistra, Paris 1970, P. 29 (Nr. 37).108 Ibid., P. 6 (Nr. 7); die Identifikation ist hypothetisch.

    Abbildungsnachweis

    Abb. 1, 3: Michael Altripp. Abb. 2: Mit freundlicher Genehmigung vonhttp://manar-al-athar.ox.ac.uk (berarbeitet).

  • Michael Altripp

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    48 (2015), 35-48

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    apl. Prof. Dr.phil. Dr.theol.habil.,

    , Greifswald,

    [email protected]


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