Date post: | 30-Mar-2019 |
Category: |
Documents |
Upload: | nguyendang |
View: | 215 times |
Download: | 0 times |
- I -
MASTERs THESIS
Die Passung in der KommunikationDas Konzept der Passung zur Vergrerung gemeinsamer Verstndnisrume in
Coaching und lsungsorientiertem Management
zur Erlangung des akademischen Grades
Master in Coaching
im Studiengang
Coaching und lsungsorientiertes Management
an der PEF Privatuniversitt fr Management
Autor: Michael Herdlitzka
Betreuer: Univ.-Prof. (PEF) Mag. Dr. Gnter Lueger
................................................. ...............................................
Univ.-Prof. (PEF) Dr. Peter Heimerl
Ort und Tag der Abgabe Wissenschaftliche Leitung
- II -
Name: Michael Herdlitzka, MBA, MAS, MTD
Geburtsdatum: 31. Mai 1957
Eidesstattliche Erklrung
Ich versichere hiermit,
1. dass ich die vorliegende Masters Thesis selbststndig verfasst, andere als die
angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt und mich auch sonst keiner
unerlaubten Hilfe bedient habe, und
2. dass ich diese Masters Thesis bisher weder im Inland noch im Ausland in ir-
gendeiner Form als Prfungsarbeit vorgelegt habe.
3. dass dieses Exemplar mit der beurteilten Arbeit bereinstimmt.
_____________________ ________________________
Ort, Datum Unterschrift
- III -
Kurzzusammenfassung:Die Passung in der Kommunikation ist auf den gemeinsamen Zugewinn einer hheren Ebene des gegenseitigen Verstndnisses aller Gesprchspartner ausge-richtet. Basierend auf einer ganzen Reihe fhrender Theorien und Modelle der Kommunikation kann man erwarten, dass dieser Verstndnis-Zugewinn am bes-ten durch das Konzept HAUE (Haltung der Wertschtzung Aktives Zuhren Unterschiede herausarbeiten und fr Erlebbarkeit derselben sorgen) erreicht werden kann. Kommunikationsangebote aller Art sollten nicht vorgefertigt ange-boten werden, weil dadurch eine bestimmte Interpretation durch den Gesprchs-partner vorweg genommen wird. Statt dessen ist es hilfreicher, sich der Passung des jeweiligen Kommunikationsangebotes zu versichern, welche sich aus der un-voreingenommenen Interpretation durch den Gesprchspartner ergibt. Dies gilt auch fr bestimmte Methoden professioneller Kommunikation (wie z.B. Skalierun-gen im Coaching).
Schlagworte (mind. 3, max. 6):Kommunikation, Verstndnis, Passung, Coaching, Skalierungen
Abstract:The Fit in Communications aims at the common gain of a higher level of mutual understanding of all communicating parties. Based on a whole range of leading theories and models of communication this gain can be best expected through the concept of ELDE (attitude of esteem active listening compiling differences and translate them into a sensual experience). Communicative offers should never be made in a prefabricated way as this presumes a certain interpretation by the other party. It turns out more helpful to assure the fitting of the offer in-stead. Then one can expect a more unprejudiced interpretation by the other party. This applies also to certain methods in professional communication, e.g. scaling questions in coaching.
Keywords (at least 3, max. 6):communication, understanding, fit, coaching, scaling
- IV -
Inhaltsverzeichnis
1 THEMENSTELLUNG 1
1.1 AUSGANGSSITUATION 1
1.2 FORSCHUNGSFRAGE(N) 2
1.3 BASIS DES GEGENWRTIGEN WISSENSSTANDES 4
2 GRUNDLAGEN DER KOMMUNIKATION 6
2.1 AUSGANGSSITUATION 6
2.2 EIN GESAMTMODELL DER KOMMUNIKATION 9
2.2.1 Das Modell im berblick 10
2.2.2 TA - Transaktionsanalyse 12
2.2.3 NLP Neuro-linguistisches Programmieren 15
2.2.4 4 S / 4 O Vier Seiten / Vier Ohren 17
2.2.5 SCM The Strategic Communication Model 19
2.2.6 5 PA Die fnf pragmatischen Axiome 21
2.2.7 GFK Gewaltfreie Kommunikation 23
2.3 BESONDERE ANWENDUNGSFLLE BZW. SITUATIONEN 25
2.3.1 Kommunikation in Gruppen: TZI Themenzentrierte Interaktion 26
2.3.2 Verhandlung und Konflikt: HK Harvard-Konzept 30
2.3.3 Strukturierte Konfliktbehandlung: Mediation 32
2.3.4 Kommunikation im Kundengesprch: Verkaufstechnik 35
2.4 ZUSAMMENFASSUNG 39
- V -
3 PROFESSIONELLE KOMMUNIKATION 44
3.1 MEDIEN UND JOURNALISTEN 44
3.2 WERBUNG UND MARKTKOMMUNIKATION 47
3.3 PUBLIC RELATIONS 48
3.4 FHRUNGSKRFTE 49
3.5 PROFESSIONELLE HILFE 51
3.5.1 Die Be-rater, Advisors oder Bindestrich-Coaches 52
3.5.2 Counselors und Coaches 53
3.5.2.1 Vorgehensweise im Coaching 54
3.5.2.2 Ausgewhlte Methoden im Coaching 59
4 DAS KONZEPT DER PASSUNG 64
4.1 VON DEN EIGENSCHAFTEN ZUM VERHALTEN 65
4.2 VOM FHRUNGSSTIL ZU FHRUNGSROLLEN 66
4.3 VON DER EVOLUTION ZUM WIRTSCHAFTSKONTEXT 69
4.4 IMPLIKATIONEN FR DEN COACH 75
5 EXPERTEN-INTERVIEWS 77
5.1 VORGEHENSWEISE 79
5.2 AUSWERTUNG 81
5.2.1 Einsatz von Skalierungen 82
5.2.2 Spezielle Anlsse und Zielsetzungen 82
5.2.3 Nutzen fr die Klienten 83
5.2.4 Nutzen fr den Coach 84
- VI -
5.2.5 Ungewhnliche Reaktionen 84
5.2.6 Verstndnisprobleme fr die Aufgabenstellung 85
5.2.7 Interventionen zur Verstndnissicherung 86
5.2.8 Sonstige Verstndnisprobleme 87
5.3 DISKUSSION 88
5.3.1 Kommunikationsregeln 89
5.3.2 Fit fr den Gesprchspartner und die Situation 90
5.3.3 Skalierungen sind (oft) hilfreich 90
5.3.4 Schluss 91
ABBILDUNGSVERZEICHNIS 92
LITERATURVERZEICHNIS 93
INTERNETQUELLEN 97
ANHANG 1 98
ANHANG 2 99
- VII -
VORWORT:
Vieles zum Thema passender Kommunikation hat sich im Laufe meiner bisheri-
gen Ausbildung und beruflichen Stationen angesammelt, um sich irgendwann in
gesammelter Schriftform zu entladen. Dankbar fr die Gelegenheit ist die ge-
genstndliche Arbeit keine bloe Pflichterfllung sondern mehr als je zuvor
ambitionierte Aufgabe mit wesentlich mehr subjektiver Bedeutung als dem bloen
Bestehen einer Prfung.
Aus Grnden der besseren Lesbarkeit und zugegebenermaen aus persnli-
cher Abneigung gegen allzu viel political correctness verwende ich im laufenden
Text nur die jeweils mnnliche Form und unterlasse smtliche sprachlichen Ver-
renkungen mit diversen Klammer-, Schrgstrich- und / oder Bindestrichorgien
ebenso wie die noch viel schlimmeren Grobuchstaben mitten im Wort. Der
mnnlichen Form gebe ich aus alter Gewohnheit und der zumeist greren Prg-
nanz den Vorzug, keinesfalls aus Missachtung des Weiblichen, dessen seien alle
potenziellen LeserInnen versichert.
DANKSAGUNG:
Allen bedeutenden Lehrern der Kommunikation, vor allem jenen, welchen ich per-
snlich begegnen durfte wie Paul Watzlawick, Marshall Rosenberg und John
Grinder danke ich fr die beflgelnde Inspiration, welche sie durch ihre Werke,
vor allem aber durch ihre beeindruckend Persnlichkeit ausstrahlen. In diese
Reihe mchte ich auch meinen Betreuer, Gnter Lueger aufnehmen, welcher ei-
nen einzigartigen Lehrgang und eine beeindruckende Bewegung ins Leben geru-
fen hat. Dadurch durfte ich weitere herausragende Experten persnlich kennen
lernen, stellvertretend mchte ich hier anfhren Gunther Schmidt, Heinz Stahl,
Peter Szabo, Matthias Varga von Kibed und nicht zuletzt Insoo Kim Berg.
- 1 -
1 Themenstellung
1.1 Ausgangssituation
In der (sozialwissenschaftlich definierten) Kommunikation geht man vom Mini-
malerfordernis fr einen gelungenen, passenden Kommunikationsvorgang
von einem geschlossenen Kreislauf (welcher im ersten theoretischen Teil noch
detailliert errtert werden wird) zwischen Sender und Empfnger, so dass es zu
einem Feedback und damit erhhtem Verstndnis zwischen beiden kommen
kann, aus. Dieses Feedback bewirkt gegenseitig bessere Kenntnis des jewei-
ligen Kommunikationskontextes. Die scheinbar so objektive Aussage drauen
hat es heute 20 Grad ist zwar physikalisch berprfbar, sagt aber noch nichts
ber subjektive Befindlichkeiten. Die (nach dem Modell der GFK bereits ge-
waltttige) Aussage drauen ist es heute warm ist zwar vollkommen subjek-
tiv, erscheint aber auf den ersten Blick genau so objektiv konstruiert wie die
vorige.
Ein (speziell in Coaching- oder anderen professionellen Kommunikationssitu-
ationen) Mittel zur Verknpfung objektiver (besser: intersubjektiver1) und sub-
jektiver Wirklichkeiten ist die Einfhrung einer Skala. Auch wenn diese Skalie-
rung auf die subjektive Empfindung des Gegenbers eingeht (Wie warm emp-
finden Sie es heute auf einer Skala zwischen 1 und 10?), so entsteht doch
eine Art von Schein-Objektivitt. Dass 1 wenig und 10 viel bedeutet, dass
die Abstnde zwischen den Skalenwerten gleich sind und einiges mehr wird
(manchmal) unreflektiert als gegeben und von allen gleich interpretiert ange-
nommen. Hinzu kommt eine mglicherweise kulturell oder individuell prfor-
mierte Einstellung ein nicht leicht zu entdeckendes, mglicherweise auf
Coach- wie auf Klientenseite vorhandenes Vorurteil gegenber dem gewhl-
ten Skalentypus. Im oben genannten Beispiel mit den 20 Grad wird noch
keine Rcksicht darauf genommen, dass ein Kommunikationsteilnehmer mgli-
1 http://de.wikipedia.org/wiki/Intersubjektivit%C3%A4t ,06-2007
http://de.wikipedia.org/wiki/intersubjektivit%c3%a4t
- 2 -
cherweise in Celsius, der andere aber in Fahrenheit (oder Kelvin oder einer
auch gnzlich ungelufigen Skala) denkt, oder noch schlimmer, fhlt. Ein
Einverstndnis ber Art und Eigenschaften der verwendeten Skala sollte also,
zumindest in heiklen Fllen, hergestellt werden.
Hier kommt das Konzept der Passung zur Anwendung. Es erfolgt die Nach-
frage und wie passt das fr Sie?, worauf man erst ein gltiges Feedback
darber erhlt, wie viel an relativer Wrme als subjektiv passend, also ange-
nehm empfunden wird. Wie ntig die erhhte Sensibilitt gegenber solchen
Fits und noch mehr gegenber mglichen Misfits ist, zeigt das folgende Bei-
spiel aus der Praxis. Eine beraus erfahrene und kommunikativ ebenso gebil-
dete wie einfhlsame Mediatorin pflegt ihren Klienten routinemig (sic!) eine
100-teilige Skala anzubieten, weil sie ihrer Erfahrung nach mit den Prozentan-
gaben der Klienten die treffgenauesten Schtzungen erhlt. In betrieblichen
Kontexten gehrt es zu ihren Methoden, vor und nach Interventionen nach der
Betriebstemperatur der betreffenden organisatorischen Einheit zu fragen.
Auch dabei bietet sie die Prozentskala an (!), in ihrer Logik (welche den Klien-
ten natrlich mitgeteilt wird) versteht sie dabei niedrige Werte als unange-
nehm und konfliktreich, hohe Werte als angenehm und konfliktarm. Obwohl
die meisten Klienten der gewohnten Prozentlogik vermutlich ohne weiteres
folgen knnen, ist es leicht vorzustellen, dass fr manche eine hohe Betriebs-
temperatur als keinesfalls angenehm aufzufassen ist. Es liegt sogar auf der
Hand, dass oftmals die gegenteilige Vorstellung hoher Wert = hei = konflikt-
beladen berwiegen wird. Auch von erfahrenen, professionellen Kommunika-
toren werden also manchmal gemeinsame Verstndnisrume vorausgesetzt,
wo sie definitiv (noch) nicht vorhanden sind.
1.2 Forschungsfrage(n)
Im Rahmen dieser Arbeit soll dargestellt werden, welche Auswirkungen (in
Form vermehrten gemeinsamen, bzw. gegenseitigen Verstndnisgewinns) von
- 3 -
der Anwendung des Konzepts der Passung im Rahmen von unterschiedlichen
Kommunikationssituationen, vor allem in typischen Coachinggesprchen, vor
allem an Hand von Skalierungsfragen zu erwarten sind. Dazu ist eine relativ
breit angelegte theoretische Analyse der Basisliteratur zu den Grundlagen der
Kommunikation, dem bevorzugt untersuchten Setting Coaching und dem be-
vorzugt untersuchten Instrument Skalierung, sowie eine eingehendere Be-
trachtung des Konzepts der Passung notwendig. Dies alles wird im Hinblick auf
einen wirtschaftlichen Bezugsrahmen, auf die Bedrfnisse von Organisationen
und der darin arbeitenden Menschen, untersucht. Allfllige Unterscheidungs-
merkmale, vor allem aber die verbindenden Gemeinsamkeiten fhrender Theo-
rien und Modelle zur Kommunikation sind zu erheben. Die wesentlichen Theo-
rieaspekte, welche zum Gelingen eines Kommunikationsvorgangs beitragen,
sind theoretisch zu erarbeiten und Anhaltspunkte fr die Rolle der Passung in
gelungenen Kommunikationsvorgngen sind festzuhalten.
Eine Abgrenzung, was im Sinne der gegenstndlichen Arbeit unter professio-
neller Kommunikation (Coaching und lsungsorientiertes Management) zu
verstehen ist und was nicht, ist zu treffen. Empirisch untersttzt soll durch die
Arbeit geklrt werden, ob und inwieweit die Anwendung des Konzepts der Pas-
sung zu verbessertem Rapport fhrt, zu erhhtem gegenseitigem Verstndnis
und damit zu einem insgesamt hheren Niveau an gelungener Kommunika-
tion. Wobei wir unter gelungener Kommunikation das Entstehen eines im
Vergleich zu vorher vergrerten gemeinsamen Verstndnisraums verstehen
wollen. (Indem beispielsweise das Missverstndnis Celsius Fahrenheit aus-
gerumt wurde)
Besonders interessant ist es zu erheben, ob erfahrene Coaches diese erhhte
Sensibilitt fr die Passung ohnehin bereits besitzen, oder ob auch diesen
Missverstndisse durchaus gelufig sind. Dazu wird eine (kleine) qualitative
Studie mittels halb-standardisierter Experten-Interviews bei erfahrenen Coa-
ches durchgefhrt, um deren praktische Anwendungserfahrungen als weitere
Informationsquelle zu erschlieen. Da in der qualitativen Datenerhebung selbst
- 4 -
das Konzept der Passung (vom erfahrenen Interviewer sind die Fragen dem
Verstndnis des Respondenten und dem Gesprchsverlauf stndig anzupas-
sen!) eine wesentliche Rolle2 spielt, ergibt sich die Wahl dieser Methode quasi
von selbst. Ein sekundrer Nutzen wrde sich aus der Abgrenzung ergeben,
ob und unter welchen Umstnden (k)ein erhhter Nutzen im Sinne zustzlichen
Informationsgewinns durch die Anwendung des Konzepts der Passung ent-
steht. Gerade die Sammlung anekdotischer Berichte wie das o.a. Beispiel von
der Betriebstemperatur wrde aber aufzeigen, wann und unter welchen Um-
stnden die Gefahr eines Misfits besteht und eine zustzliche Passungsab-
frage angezeigt wre.
1.3 Basis des gegenwrtigen Wissensstandes
Als State of the Art wird die Standardliteratur zur Kommunikation angesehen.
Insbesondere soll das Modell der sektoralen Spezialisierung des Autors als
Ausgangspunkt dienen. Demnach knnen zur Erklrung der Phnomene im
Kommunikationskreislauf in bestimmten Sektoren bestimmte Theorien und Mo-
delle den am besten passenden Nutzen stiften. Namentlich geht es dabei um:
5 pragmatische Axiome nach Watzlawick
GFK (Gewaltfreie Kommunikation)nach Rosenberg
TA (Transaktionsanalyse) nach Harris & Berne
NLP (Neuro-linguistisches Programmieren) nach Bandler & Grinder
4 Seiten der Nachricht / 4 Ohren des Empfngers nach Schulz v. Thun
SCM (Strategic Communication Model) nach OHair & Friedrich
Des weiteren werden spezielle Kommunikationssituationen kurz beleuchtet:
2 Bortz, Jrgen & Dring, Nicola: Forschungsmethoden und Evaluation fr Human- und Sozialwissenschafter; Springer, Berlin 2002
- 5 -
Spezialfall Kommunikation in Gruppen: TZI (Themenzentrierte Interak-
tion) nach Cohn
Spezialfall Kommunikation in Verhandlungen: HK (Harvard-Konzept)
nach Fisher
Spezialfall Kommunikation im Konflikt: Mediation
Spezialfall Kommunikation im Kundengesprch: Verkaufstechnik (z.B.
SE 4 nach Herdlitzka)
Nicht bercksichtigt sind die zahlreichen aus der Philosophie und Soziologie
stammenden Kommunikationstheorien, aus welchen sich aber nach unserer
Auffassung kaum alltagstaugliche Handlungsanleitungen herleiten lassen.
Zur nheren Definition des eigentlichen Untersuchungsgegenstands dient aus-
gewhlte Standardliteratur bezglich Coaching, besonders die Darstellung des
lsungsfokussierten Kurzzeitcoachings nach de Shazer.
Als Basis fr die zu untersuchende Methodik nach dem Konzept der Passung
dient ausgewhlte Literatur zum Fit-Konzept nach Lueger.
- 6 -
2 Grundlagen der Kommunikation
2.1 Ausgangssituation
Die Kommunikationsforschung stammt ursprnglich aus der physikalischen In-
formationstheorie. Die Zielsetzung war dort, die Phnomene technischer ber-
tragung von Information genau genommen von Daten - zu untersuchen. Das
daraus entwickelte Regelkreismodell (Sender-Empfnger-Modell) wurde spter
fr die Sozialwissenschaften angepasst.
In jedem Kommunikationsvorgang gibt es einen Sender, der einen bestimmten
Inhalt codiert, also in eine bertragungsfhige Form bringt. Dieser Inhalt wird
dann auf einem bestimmten Weg zu einem Empfnger bertragen, der den In-
halt wieder decodiert, das heit in eine fr ihn lesbare Form bringt. In umge-
kehrter Richtung erfolgt dann die Rckmeldung, und erst wenn durch den
Schluss des Kreises ein gegenseitiges Verstndnis hergestellt wurde, spricht
man von erfolgreicher Kommunikation. Das bloe Absenden einer Nachricht ist
also noch keine Kommunikation im eigentlichen Sinne.
Das tatschlich vergrerte oder gar neue gemeinsame Verstndnis bedarf
des in der Kommunikationspsychologie so genannten dialogischen Drei-
schritts3.
Dabei wird zunchst vom Sender eine uerung das Interpretan-
dum unterbreitet.
Diese wird vom Empfnger interpretiert und paraphrasierend zurckge-
spiegelt.
Diese Interpretation wird nun vom ursprnglichen Sender in der Weise
qualifiziert, dass sie entweder angenommen (Verstndnis) oder abge-
3 Galliker, Mark & Weimer, Daniel: Psychologie der Verstndigung, Eine Einfhrung in die kommunikative Praxis; Kohlhammer, Stuttgart 2006
- 7 -
wiesen (kein Verstndnis) wird. Auch die Abweisung stellt jedoch eine
Vergrerung des gemeinsamen Verstndnisraumes dar die neue Er-
kenntnis lautet ja zumindest so nicht.
Die folgende Abbildung zeigt schematisch den Ablauf des Dreischrittes und
das durch die spiralige Anordnung symbolisierte gemeinsame Fortschreiten
zu immer hheren Niveaus des Verstndnisses.
Abb. 1: Der dialogische Dreischritt, aus Galliker & Weimer 2006
Dieser Dreischritt wird in realen Kommunikationssituationen selten vollstndig
ausgefhrt. Die rein verbal bermittelten Inhalte werden zumindest in face-to-
face Situationen durch paralinguale (z.B. stimmliche) und non-verbale Zu-
- 8 -
satzinformationen wesentlich angereichert. Dadurch kann ber weite Strecken
eines Gesprchs eine gegenseitige Sicherung des Verstndnisses (der Rap-
port) hergestellt werden, ohne dass die drei Schritte erkennbar und vollstndig
ausgefhrt werden. Sollte jedoch eine unklare Situation eintreten, empfiehlt
sich die bewusste, ein- oder mehrmalige komplette Ausfhrung des dialogi-
schen Dreischritts um wieder auf eine gemeinsame Pace einschwenken zu
knnen.
Dazu ist eine Verstndigung auf zwei Ebenen notwendig:
Es muss eine Verstndigung ber die Bedeutung hergestellt werden.
Der ursprngliche Sender muss sicherstellen, dass der Empfnger die
Bedeutung der Aussage in gleicher oder zumindest sehr hnlicher
Weise verstanden hat wie er selbst.
Dann erst kann eine Verstndigung ber den Sinn entstehen. Der
Empfnger gibt zu verstehen, ob er das mit den Worten eigentlich Ge-
meinte akzeptieren kann oder will. Diese Aussage ist selbst wiederum
ein Interpretandum, welches vom ursprnglichen Sender dem nun-
mehrigen Empfnger zu interpretieren und zurckzuspiegeln ist. Erst
die Qualifikation des Rckgespiegelten durch den neuen Sender gibt
Auskunft ber das wirkliche Gelingen des Kommunikationsvorgangs.
Alleine die Komplexitt des bisher Dargelegten lsst das Zustandekommen
gelungener Kommunikation als eher seltenen Ausnahmefall erscheinen. Dabei
sind noch gar nicht smtliche Phnomene, welche durch die im folgenden dar-
gelegten Theorien und Modelle zur Kommunikation aufgezeigt werden, berck-
sichtigt. Die daher nur allzu verstndliche tgliche Praxis des aneinander-vor-
bei-Redens und -Schreibens wird bestens illustriert durch die Aussage von
Steve de Shazer: Verstndnis gibt es nicht. Es gibt nur ntzliche und weniger
ntzliche Missverstndnisse.
- 9 -
Durch die Betrachtung der Rckkoppelung zwischen Sender und Empfnger ist
die Kommunikationswissenschaft prinzipiell systemisch. Durch den Begrnder
der Systemtheorie Niklas Luhmann selbst wurden Kommunikationen - nicht
Gruppen oder Individuen - als die kleinsten, unteilbaren Elemente von Syste-
men bezeichnet.
Die Sozialwissenschaften haben zahlreiche Theorien und Modelle zur Kommu-
nikation entwickelt. Die meisten davon stammen aus Anstzen der Psychothe-
rapie und sind daher mehr oder weniger auf bestimmte Einsatzgebiete speziali-
siert. Erst ganz wenige Konzepte beschftigen sich auf wissenschaftlicher Ba-
sis mit den Phnomenen der betrieblichen (=internen) und der Unternehmens-
kommunikation (=externe). Das folgende Modell der sektoralen Spezialisie-
rung nach Herdlitzka versucht, einen Gesamtberblick ber die in der Kommu-
nikationsforschung wesentlichen Theorien und Modelle zu geben.
2.2 Ein Gesamtmodell der Kommunikation
Im Modell der sektoralen Spezialisierung4 wird versucht, die wesentlichsten
Theorien, Modelle und Konzepte hinsichtlich ihres Spezialisierungsgrades den
Abschnitten (=Sektoren) des Kommunikationsregelkreises (=sozusagen ein
Spiralumgang des dialogischen Dreischrittes) zur besseren bersicht und zum
leichteren Verstndnis zuzuordnen. Dies bedeutet nicht, dass die genannten
Konzepte nicht auch bedeutsame Erklrungen zu anderen Abschnitten des
Regelkreises liefern knnen. Im Gegenteil, smtliche der vorgestellten Modelle
stellen in gewisser Weise mehr oder weniger Universalittsansprche. Diese
mgen groteils auch durchaus zurecht bestehen. Trotzdem oder gerade des-
halb ist der Autor berzeugt, dass von manchen Modellen an bestimmten Stel-
len im Kommunikationsregelkreis ein besonders hoher Erklrungswert fr die
4 Herdlitzka, Michael R.: Seminarskriptum Grundlagen der Kommunikation; verum GMBH Selbstverlag, Klagenfurt 2004; bzw. Grundlagen der Kommunikation Verstndnisfragen zwischen den Geschlechtern; Projektarbeit -Seminardesign, Management Akademie der Universitt Salzburg 2001
- 10 -
mglichen Strungen und deren Behebung ausgeht. Nur dieser als besonders
hoch eingeschtzte Erklrungswert wird fr den berblick verwendet. Es muss
bewusst sein, dass daher alle zitierten Modelle nur auszugsweise und damit
stark verkrzt wiedergegeben werden.
2.2.1 Das Modell im berblick
Die folgende Abbildung zeigt einen grafischen Gesamtberblick ber die Zu-
ordnung der einzelnen Kommunikationsmodelle zu den Sektoren des Kommu-
nikationsregelkreises.
Abb. 2: Das Modell der sektoralen Spezialisierung, aus Herdlitzka 2004
- 11 -
Legende die Kurzbezeichnungen der Kommunikationsmodelle und deren
spezialisierte, sektorale Bedeutung im Uhrzeigersinn:
TA = Transaktionsanalyse nach Berne & Harris, zur Erklrung der
psychodynamischen Struktur bei Sender und Empfnger und der da-
durch bedingten Kommunikationsmuster
NLP = Neuro-linguistisches Programmieren nach Bandler & Grinder, zur
Erluterung der Codierung von Botschaften im Vokabular der bevorzug-
ten Sinneskanle
4 S = Die vier Seiten einer Nachricht nach Schulz von Thun, zur
Verdeutlichung der nicht-inhaltlichen Aspekte in Nachrichten
SCM = Strategic Communication Model nach OHair & Friedrich, zur
Sensibilisierung fr die Wahl des situativ optimal geeigneten bertra-
gungskanals
4 O = Die vier Ohren des Empfngers nach Schulz von Thun, zum
Bewusstmachen der fr die einzelnen Nachrichtenaspekte inter- und
intraindividuell unterschiedlichen Sensibilitt des Empfngers
Legende die im Zentrum des Regelkreises stehenden, quasi bergeordne-
ten (im Sinne von berall relevanten) Kurzbezeichnungen der Kommunikati-
onsmodelle und deren Erklrungsanteil
5 PA = Die fnf pragmatischen Axiome nach Watzlawick, zum besseren
Verstndnis, wie leicht und wie oft es zum Rauschen in Kommunikati-
onsvorgngen kommen kann und ressourcenorientiert gedacht wie
einfach es wre, durch Bercksichtigung einiger einfacher Grundregeln
deutlich rauschrmere Kommunikation zu erhalten
GFK = Gewaltfreie Kommunikation nach Rosenberg, zum Verstndnis
der wichtigsten Verhaltensweisen, um zum Gelingen des erfolgreichen
Schlieens der Feedbackschleifen beizutragen
- 12 -
Diesen Komplett-Regelkreis mit den angefhrten Erklrungsmodellen, bzw.
den entsprechenden Ausschnitten daraus, kann man sich situationsspezifisch
eingebettet in bestimmte Kommunikationskontexte mit besonderen Eigen-
schaften vorstellen. Wie bereits eingangs erwhnt, werden auch einige dieser
besonderen Situationen welche aber im betrieblichen Alltag hufig und auch
aus dem privaten Alltag nicht wegzudenken sind beschrieben und mit zustz-
lichen erklrungsrelevanten Informationen aus diesbezglich noch weiterge-
hend spezialisierten Kommunikationsmodellen versehen. Nochmals im Spe-
ziellen:
Spezialfall Kommunikation in Gruppen: TZI (Themenzentrierte Interak-
tion) nach Cohn
Spezialfall Kommunikation in Verhandlungen: HK (Harvard-Konzept)
nach Fisher
Spezialfall Kommunikation im Konflikt: Mediation
Spezialfall Kommunikation im Kundengesprch: Verkaufstechnik (z.B.
SE 4 nach Herdlitzka)
2.2.2 TA - Transaktionsanalyse
Ein gutes Modell fr das Verstndnis der Struktur eines Senders und / oder
Empfngers bietet die von Eric Berne und Thomas Harris begrndete Transak-
tionsanalyse5. Diese psychoanalytisch fundierte (wer wrde nicht Sigmund
Freuds innere Zustnde ber-Ich, Ich und Es wieder erkennen?), aber trotz-
dem systemisch orientierte Theorie6 (denn im Mittelpunkt stehen nicht die
Individuen und deren Strukturen, sondern die Transaktionen zwischen den
Individuen, bzw. deren jeweiligen Ich-Zustnden) geht von einer dreigeteilten
Persnlichkeitsstruktur aus:
Eltern Ich
5 Harris, Thomas A.: Ich bin o.k. Du bist o.k., Eine Einfhrung in die Transaktionsanalyse; Rowohlt, Hamburg 1975
6 Berne, Eric: Die Spiele der Erwachsenen, Psychologie der menschlichen Beziehungen; Rowohlt, Hamburg 1970
- 13 -
Erwachsenen Ich
Kind Ich
Im Eltern-Ich sind die erlernten, durch die jeweilige Gesellschaft vorgegeben
Ansichten und Einstellungen reprsentiert. Im Kind-Ich drcken sich die unmit-
telbaren, persnlichen Bedrfnisse des Einzelnen aus. Das Erwachsenen-Ich
schafft den aktuellen Ausgleich aller Einflsse und whlt die adquate Reak-
tion situationsspezifisch aus. Die drei Ich-Zustnde variieren in ihrer Auspr-
gung inter- und intraindividuell laufend, eine erfolgreiche Kommunikation
kann auf Dauer im Sinne des Modells (symmetrisch) nur zwischen zwei
gleichberechtigten Erwachsenen-Ichs stattfinden (Ich bin o.k., Du bist o.k.).
Auch komplementre Kommunikationsmuster (z.B. zwischen Eltern- und Kind-
Ich) knnen von Dauer sein, fhren aber bei lang andauernder Verfestigung
wegen der Asymmetrie zu psycho- (patho-) logischen Symptomen. Selbstver-
stndlich hat wie der Therapeut auch der Coach auf sich verfestigende, kom-
plementre Kommunikationsmuster wie sie bei bertragungsphnomenen
typisch sind zu achten. Solche knnen nicht nur zur vom Klienten mitge-
brachten Symptomatik gehren, sondern sich auch nur allzu leicht zwischen
Coach und Klient ausprgen. Im Hinblick auf den Untersuchungsgegenstand
knnte ein Coach, welcher besonders selbstbewusst die richtige Skala an-
bietet, bereits deshalb leicht in die Position des Eltern-Ich (aus Sicht des
Klienten) geraten.
Noch weitaus eher alltagsrelevant sind aber gekreuzte Kommunikationsmus-
ter. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn der Sender seiner Auffassung nach eine
Botschaft von Erwachsenem-Ich zu Erwachsenem-Ich abschickt, beim Emp-
fnger jedoch eine asymmetrische Empfindung auslst und eine Reaktion von
dessen Kind-Ich zum Erwachsenen-Ich des Senders erfolgt. Das besonders
Tckische an solchen gekreuzten Reaktionen besteht darin, dass sich die Ver-
stndigung inhaltlich (der Bedeutung nach) ber lngere Zeit auf durchaus ho-
- 14 -
hem Niveau abspielen kann, die Verstndigung auf der Beziehungsebene (dem
Sinn nach) aber von Anfang an gestrt verluft. Die schematische Darstellung
smtlicher mglicher Kommunikationsmuster erscheint auf den ersten Blick
wenig bersichtlich, verhilft aber nach etwas Eingewhnungszeit oft zu einem
raschen und treffgenauen berblick in der Realitt der konkreten Situation.
Abb. 3: Das komplette Beziehungs-Geflecht, aus Berne 1970
Legende:
EL = Eltern Ich
- 15 -
ER = Erwachsenen Ich
K = Kind Ich
2.2.3 NLP Neuro-linguistisches Programmieren
Ebenfalls aus ursprnglich therapeutischer Richtung stammt das von Richard
Bandler und John Grinder entwickelte Konzept des Neurolinguistischen Pro-
grammierens7. Darin wird unter anderem wohl begrndet postuliert, dass es
individuell unterschiedliche Bevorzugungen bestimmter Sinneskanle gibt.
Diese Bevorzugungen wirken sich nicht nur in der Wahrnehmung, sondern
auch notwendigerweise im Kommunikationsverhalten8 aus. In diesem Wissen
kann man sich fr die Ausdrucksweisen sensibilisieren, welche Indikatoren fr
die Bevorzugung einzelner Sinneskanle darstellen, und damit zu einem erfolg-
reicheren Kommunikator werden, vor allem, was die Codierung der eigenen
Botschaften betrifft.
Denn wenn einem bewusst ist, auf welchen Sinneskanlen der Gesprchspart-
ner bevorzugt kommuniziert und daher auch in aller Regel schneller verstnd-
nisbereit ist, kann man ihm besonders bedeutungsvolle Inhalte zumindest
zustzlich in der Sprache dieses Sinneskanals (z.B. das sieht man doch,
man muss nur genau hinhren, packen wirs an, da konnte man den Braten
doch riechen) anbieten oder diese untermauern. Die Vorstellung, dass fr ei-
nen ganz stark den akustischen Sinneskanal bevorzugenden Klienten vielleicht
eine Tonleiter die ideale Skala darstellen knnte, sollte zumindest eine ber-
legung wert sein.
7 Grinder, John & Bostic St. Clair, Carmen: Seminar Handout + DVD Intensive Training, Summer Workshop; Quantum Leap, Scotts Valley 2004
8 Sawizki, Egon R.: NLP im Alltag, Einfhrung, Technik, bungen; Gabal, Offenbach 1996
- 16 -
Natrlich besteht auch hier die Gefahr aller Typologien. Kaum jemals wird man
auf ein Individuum treffen, welches ausschlielich oder auch nur ganz stark
berwiegend auf einen der Sinneskanle
visuell / optisch
akustisch / auditiv
kinsthetisch / motorisch
olfaktorisch
gustatorisch
sozusagen fixiert ist. In der realen Praxis werden Menschen wohl immer
Mischtypen sein und mal den einen, mal den anderen Sinneskanal nutzen
oder verstrkt einsetzen. Speziell als Coach sollte man aber in der Lage sein,
mglichst bewusst auf derartige Phnomene zu achten und sich vor allem auch
der eigenen Prferenzen bewusst sein, um diese gegebenenfalls vorberge-
hend aufgeben zu knnen, wenn die Situation es erfordert.
Auch aus der Lerntheorie9 besser: den Lerntheorien ergibt sich, dass Ler-
nen, anders ausgedrckt, Vernderung durch Kommunikation, freudvoller er-
lebt wird und wirksamer ist, wenn mglichst viele Sinneskanle angesprochen
werden und auf die individuellen Eigenarten der Lern- und Vernderungsbe-
reitschaft eingegangen wird. Dies erscheint umso wichtiger, als in Vernde-
rungsprozessen immer mit Widerstnden zu rechnen ist. Daher ist dem im
Coaching, welches ja stets Vernderungsarbeit bedeutet, besonderer Stellen-
wert einzurumen. Die Lern-, sprich Vernderungsarbeit wirkt am besten, wenn
der Prozess Spa macht und primr nicht als Arbeit bzw. nicht mit dem er-
forderlichen Aufwand verbunden erlebt wird.
9 Herdlitzka, Michael R.: Lernen Last oder Lust?, Betriebliche Bildung zwischen lebenslnglichem Druck und freudvoller Entwicklung persnlicher Potenziale; Masters Thesis Diplomarbeit, University of Salzburg Management Business School, 2005
- 17 -
2.2.4 4 S / 4 O Die vier Seiten einer Nachricht / Die vier Ohren des
Empfngers
Friedemann Schulz von Thun10 hat berzeugend dargelegt, dass jeder
Kommunikationsinhalt mindestens vier Aspekte, die vier Seiten einer Nachricht
in unterschiedlicher Ausprgung in sich trgt:
Sachaspekt
Selbstoffenbarungsaspekt
Appellaspekt
Beziehungsaspekt
Das inzwischen weltberhmte Beispiel da vorne ist grn zeigt nicht nur, son-
dern lsst einen sehr gut Situationen aus eigenem Erleben nachempfinden,
was eine so simple und harmlose Botschaft auslsen kann, je nachdem, wel-
cher Aspekt der Botschaft im Vordergrund steht.
Der inhaltlich-sachliche Aspekt bezieht sich auf den Sachgehalt der Botschaft
im engeren Sinne. Der Aspekt der Selbstoffenbarung gibt Auskunft ber die
Befindlichkeit des Senders. Der Aufforderungs- oder Appellaspekt soll eine Re-
aktion auf Empfngerseite auslsen. Der Beziehungsaspekt definiert, in wel-
cher Beziehungsdynamik Sender und Empfnger aus Sendersicht (!) sich be-
finden. Der Empfnger hat hingegen unterschiedlich weit geffnete vier Oh-
ren, welche auf einzelne Nachrichtenaspekte mehr oder weniger sensibel rea-
gieren. Auch dieses Modell ist sehr stark psychologisch ausgerichtet und zeigt
analog zu den Sinneskanlen im NLP die inter- und intraindividuell wech-
selnde Bevorzugung bestimmter Aspekte der wahrgenommenen Botschaft.
Die folgende Abbildung verdeutlicht die Zusammenhnge und unterschiedli-
chen Aspekte der vier Seiten.
10 Schulz von Thun, Friedemann: Miteinander reden, Allgemeine Psychologie der Kommunikation, Band 1 3; Rowohlt, Hamburg 1981
- 18 -
Abb. 4: Die vier Aspekte einer Nachricht, aus Schulz von Thun 1981
Die folgende Abbildung verdeutlicht das Konzept der vier Ohren.
Abb. 5: Die vier Ohren des Empfngers, aus Schulz von Thun 1981
- 19 -
Auch fr die Coachingsituation besteht hohe Relevanz. Die Analogie zu den
bevorzugten Sinneskanlen des NLP-Modells erklrt sich zu einem guten Teil
selbst. Der erfolgreiche Coach wird sich die intrinsische Schieflage jeder
Kommunikation stets vergegenwrtigen. Als quasi Weiterentwicklung des
zweiten Axioms von Paul Watzlawick fhren uns die Modelle Schulz von Thuns
vor Augen, dass drei Aspekte der Nachricht, bzw. deren Empfang die Bezie-
hungsebene definieren, whrend nur ein Aspekt sich mit dem eigentlichen
Inhalt beschftigt.
2.2.5 SCM The Strategic Communication Model
Das strategische Kommunikationsmodell von Dan OHair und Gustav W. Fried-
rich ist eines der wenigen Modelle, welche sich speziell mit Kommunikations-
vorgngen in Organisationen11 beschftigen. Darin wird besonders auf die
Frage der Wahl des dem Kommunikationsziel optimal angepassten bertra-
gungskanals eingegangen. Es soll immer jener Kanal eingesetzt werden, wel-
cher das Angstniveau auf Empfngerseite zu reduzieren vermag. Dazu muss
zuerst ein solches Ziel klar ausformuliert sein, eine umfassende Kenntnis der
situationalen Rahmenbedingungen (sowohl auf Sender, als auch auf Empfn-
gerseite und im relevanten Umfeld) sollte gegeben sein und die sozialen Kom-
petenzen der Kommunikatoren mssen entsprechend hoch entwickelt sein. Im
realen Kommunikationsalltag der meisten Organisationen ist das Angst erzeu-
gende Potential gerade der wichtigen Kommunikationsvorgnge nicht einmal
bewusst ein untrgliches Zeichen fr mangelnden Dialog. Ein zielgerichteter,
konstruktiver Umgang damit ist dadurch von vorne herein ausgeschlossen.
Manchmal wird aber noch schlimmer die Angst erzeugende Wirkung be-
wusst eingesetzt, entweder um der eigenen Position mehr durchsetzende Wir-
kung zu verleihen oder um schlicht Ruhe zu haben.
11 OHair, Dan & Friedrich, Gustav W.: Strategic Communication in Business and the Professions; Houghton Mifflin, Boston 1992
- 20 -
Die folgende Abbildung stellt die schematische bersicht ber die Wirkungs-
weise des Modells der strategischen Kommunikation und die Einbettung in den
betrieblichen Kontext dar.
Abb. 6: Das strategische Kommunikationsmodell, aus OHair & Friedrich 1992
Es ist davon auszugehen, dass die Angstreduktion auch in auerbetrieblichen
Situationen in erheblichem Mae zu positiverer Kommunikation beitragen
- 21 -
knnte. Dass dies auch im Coaching der Fall ist, kann mit Sicherheit ange-
nommen werden. Dieses Bewusstsein darf aber bei Coaches und anderen
professionellen Kommunikatoren vorausgesetzt werden.
ber die Wahlmglichkeit zwischen verschiedenen bertragungskanlen
nachzudenken, deren Unterschiede (!) zu reflektieren, sich die jeweiligen Aus-
wirkungen auf die Empfnger und die Gesamtsituation vorzustellen brchte
einen ein gutes Stck weiter auf dem Weg zur Verwirklichung professioneller
Unternehmenskommunikation.
2.2.6 5 PA Die fnf pragmatischen Axiome
In Europa, besonders im deutschen Sprachraum, erlebte das Thema Kommu-
nikation eine signifikante Aktualitt durch die fnf pragmatischen Axiome12 von
Paul Watzlawick.
Man kann nicht nicht kommunizieren
Jede Kommunikation verluft auf einer Inhalts- und einer Beziehungs-
ebene
Der Inhalt wird individuell interpunktiert
Es gibt digitale und analoge Kommunikationsformen
Es gibt symmetrische und komplementre Kommunikationsformen
Das erste davon besagt, dass jedwedes Verhalten einen Kommunikationsvor-
gang auslst. Das zweite Axiom postuliert wie schon von Schulz von Thun be-
kannt, dass der Sachaspekt nur einen kleinen Teil der Kommunikation
ausmacht. Der berwiegende Teil bezieht sich auf den Beziehungsaspekt und
wird nonverbal bertragen. Der Satz von der subjektiven Interpunktion zeigt
auf, dass der objektiv gleiche Sachverhalt von Sender und Empfnger ganz
12 Watzlawick, Paul & Beavin, Janet D. & Jackson, Don D.: Menschliche Kommunikation, Formen, Strungen, Paradoxien; Huber, Bern 2000
- 22 -
unterschiedlich interpretiert werden kann. Der Ausdruck Interpunktion, also
Zeichensetzung, bedeutet, dass die Ursache solch unterschiedlicher Interpre-
tationen auf verschiedenes Erleben des Zeitverlaufes (Henne Ei) zurck-
zufhren ist. Das Axiom ber digitale und analoge Kommunikationsformen zeigt
den umgangssprachlich leicht nachvollziehbaren Unterschied zwischen
Schwarz-Wei-Malerei und zahlreichen Schattierungen auf. Der Lehrsatz
ber symmetrische und komplementre Kommunikation zeigt, dass gleichartige
Verhaltensmuster gesucht und als unkompliziert empfunden werden. Gerade
Unterschiede und Gegenstze schaffen aber Ergnzungen, welche im kon-
struktiven Zusammenwirken ein greres Ganzes ergeben. Eine bewegliche,
anpassungsfhige Organisation sollte also gezielt ein ausgewogenes Ma an
unbequemer komplementrer Kommunikation anstreben. Alle fnf Axiome
bieten, vor allem, wo deren Bedeutung nicht beachtet wird, wunderbare Erkl-
rungen fr das so verbreitete Rauschen, also die Strungen in der Kommuni-
kation und stammen wiederum aus der Psychotherapie.
Im Coaching muss man natrlich an mglichst rauscharmer Kommunikation
interessiert sein. Die Fhigkeit dazu darf man wiederum bei den meisten Coa-
ches voraussetzen. Trotzdem kann man von Watzlawick auch im Coaching
sehr viel lernen. Die Weitergabe der kommunikativen Fhigkeiten an den
Klienten knnte an Hand der pragmatischen Axiome am leichtesten gelingen.
Das erste Axiom macht deutlich, dass Kommunikation nicht verweigert wer-
den kann. Das zweite Axiom, welches sich auf die Zweigleisigkeit der Kom-
munikation auf Inhalts- und Beziehungsebene bezieht, wirkt simpler als die ver-
gleichbaren, davon abgeleiteten Konzepte und sollten daher fr Laien leichter
nachvollziehbar sein. Das dritte Axiom von der Interpunktion legt elegant den
Grundstein fr zahlreiche, einleuchtende Beispiele der tglichen Praxis, wo ein
und derselbe Satz durch verschiedene Setzung der Satzzeichen unterschiedli-
che Bedeutungen bekommen kann. Die Axiome vier und fnf sind mglicher-
weise fr Laien schon wieder etwas komplex, aber alleine durch die Lenkung
erhhter Aufmerksamkeit auf die drei vorgenannten wird sich das Kommunika-
tionsverhalten durchschnittlicher Klienten signifikant verbessern lassen. Die
- 23 -
vom vierten Axiom nahe gelegte Unterschiedsbildung (viele Grauwerte statt nur
schwarz oder wei) ist Basis einer der entscheidendsten Eckpfeiler unseres
spter dargelegten Basismodells der Kommunikation und speziell im profes-
sionellen Kontext besonders wichtig. Sowohl in der Coach-Klientenbeziehung,
als auch in der Weitergabe der Fhigkeit zur Unterschiedsbildung an das
Klientensystem drfte mehr analoge als digitale Kommunikation zu den wich-
tigsten Wirkfaktoren gelungener Kommunikation gehren. Auch im fnften
Axiom geht es um Unterschiede um die mglichen Bereicherungen und damit
Ressourcen (!), welche durch komplementre Kommunikation im Vergleich zur
bequemen parallelen erlebt und gefunden werden knnen. Die Anleitung
zum Unglcklichsein13 sollte Pflichtlektre fr jeden Coach und vor allem
Klienten sein. Die paradoxe Intervention14 ist in erfahrenen Hnden ein
machtvolles Instrument, gehrt aber nur am Rande zu unserem Thema. Nicht
zuletzt lassen sich auf Watzlawicks Grundlagen hervorragende Anleitungen
darin gewinnen, den Klienten in der Konstruktion neuer, passenderer (!) Wirk-
lichkeiten15 zu untersttzen.
2.2.7 GFK Gewaltfreie Kommunikation
Die gelungene Rckkopplung, welche nicht nur inhaltlich, sondern auch hin-
sichtlich der Beziehung positiv glckt, ist am besten durch die gewaltfreie
Kommunikation16 nach Marshall Rosenberg zu erreichen. Dieses ebenfalls psy-
chotherapeutisch fundierte Modell wird neuerdings treffender als einfhlende,
noch besser als wertschtzende Kommunikation bezeichnet. Gefordert wird die
Trennung und separate Ansprache von
Beobachtungen (und Bewertungen)
13 Watzlawick, Paul: Anleitung zum Unglcklichsein; Piper, Mnchen 1992
14 Watzlawick, Paul & Weakland, John W. & Fisch, Richard: Lsungen, Zur Theorie und Praxis menschlichen Wandels; Hans Huber, Bern 1979
15 Watzlawick, Paul: Wie wirklich ist die Wirklichkeit?, Wahn, Tuschung, Verstehen; Piper, Mnchen 1986
16 Rosenberg, Marshall B.: Gewaltfreie Kommunikation, Aufrichtig und einfhlsam miteinander sprechen, Neue Wege in der Mediation und im Umgang mit Konflikten; Junfermann, Paderborn 2003
- 24 -
Befindlichkeiten
Bedrfnissen
Bitten
Von diesem Modell mit den Forderungen, von sich selbst, den eigenen Befind-
lichkeiten und Bedrfnissen zu sprechen, stammt auch die auch aus der bellet-
ristischen Ratgeber-Literatur bekannte Formel der Ich-Botschaften anstelle
von Du-Botschaften. Diesen Grundsatz sollte man besonders bei der Formu-
lierung von den Bitten beachten, um nicht den vorher erzielten Teilerfolg (durch
die getrennte Behandlung von Beobachtungen, Befindlichen und Bedrfnissen)
im letzten Schritt unwirksam zu machen oder gar ins Gegenteil zu verkehren.
Die grundlegende Fhigkeit zum reinen Beobachten, ohne die Beobachtung
gleich erklren, also bewerten zu wollen, ist eine der grundlegendsten Basis-
qualifikationen erfolgreicher Kommunikatoren. Die Verwechslung und / oder
Vermischung von der Beobachtung eines Verhaltens und der Erklrung / Inter-
pretation / Bewertung davon ist eine der hufigsten und auch schwerwie-
gendsten Quellen fr Missverstndnisse. Die Fhigkeit ist in der Ethologie es-
sentiell, ebenso in der vergleichenden Anthropologie und auch Ethnologie,
aber in den Sozialwissenschaften vergleichsweise unterreprsentiert. Erst ganz
wenige Autoren, wie etwa Fritz Simon, weisen auf die besondere Wichtigkeit
hin.
Wenn Gefhle oder Bedrfnisse so bedeutend sind, dass sie erhebliche Ener-
gien binden, sollen sie in konkrete Bitten zur Verbesserung der Bedrfnissitua-
tion umformuliert werden. Entscheidend ist, dass alle Kommunikationsteilneh-
mer die ausgesprochene Verantwortung fr die eigenen Wahrnehmungen und
Befindlichkeiten bernehmen. Dadurch knnen Projektionen (im psychologi-
schen Sinne) weitgehend vermieden werden und die Sachaspekte werden
durch verdeckte Motive weniger berlagert. Durch einfhlendes Kommunikati-
onsverhalten entsteht eine wesentlich tragfhigere Vertrauensbasis und die
darauf aufbauende Beziehungsqualitt ermglicht es allen Beteiligten, sich of-
fener und freier einzubringen.
- 25 -
Voraussetzung dafr ist natrlich, dass a priori keine gewaltttigen Kommuni-
kationsangebote gemacht werden. Wie im bereits eingangs erwhnten Beispiel
gezeigt, ist die an sich harmlose uerung heute ist es warm drauen poten-
ziell gewaltttig im Rosenbergschen Sinne, weil eine Interpretation durch den
Empfnger bereits vorweg genommen und diesem in den Mund gelegt wird. Ist
die Angelegenheit wichtig genug, kann mit Widerstand und einer Zurckwei-
sung gerechnet werden (20 Grad ist doch nicht warm!) immerhin. Wird die
Angelegenheit als nicht so wichtig eingeschtzt oder ist der Gesprchspartner
sehr zurckhaltend, besteht das Missverstndnis oder gar Missverhltnis fort.
Fr den Coach wre natrlich die Unterbreitung gewaltttiger Kommunikations-
angebote fatal, daher kann in gerade dieser Profession die Bedeutung der GFK
nicht hoch genug eingeschtzt werden. Im Hinblick auf unseren Untersu-
chungsgegenstand halten wir die Mglichkeit, dass ein unreflektiertes Skalie-
rungsangebot bereits im Rosenbergschen Sinne gewaltttig sein kann,
nochmals fest. Gewaltttige Kommunikation schafft immer ein quasi Faktum,
etwas Unvernderliches, beseitigt also (Quellen fr) Unterschiede und fhrt
somit zum Gegenteil dessen, was durch die professionelle Kommunikation
angestrebt wird.
2.3 Besondere Anwendungsflle bzw. Situationen
Es folgt ein berblick ber einige Modelle, welche mehr oder weniger auf den
vorgenannten Theorien und Konzepten aufbauen, d.h. diese gewissermaen
voraussetzen, und sich mit der Kommunikation in jeweils besonderen Situati-
onen befassen. Im Sinne unseres Gesamtmodells verfahren wir analog. Wir
setzen die grundstzliche Gltigkeit, bzw. Anwendbarkeit des Vorgenannten
voraus und weisen im Folgenden nur auf gewisse zustzliche oder abwei-
chende Aspekte hin, welche durch die besonderen Umstnde der betreffenden
Situation bedingt werden.
- 26 -
Viele Hinweise, welche sich aus diesen Modellen ergeben, sind im Hinblick auf
unser Gesamtmodell durchaus auf andere Situationen bertragbar. Es scheint
im Wesen der Entwicklung von Modellen der Kommunikation zu liegen, dass
man sinnvolle und generalisierbare Erkenntnisse generiert, dabei aber vor dem
Hintergrund ganz bestimmter Voraussetzungen zu einem oft etwas einge-
schrnkten Blickwinkel gelangt. Die anschlieenden Generalisierungen fallen
dann manches Mal etwas gar zu universell aus. Wir hoffen, mit unserer quasi
vorweg genommenen Generalisierung einen partiellen Ausgleich zu dieser
Tendenz schaffen zu knnen.
2.3.1 Kommunikation in Gruppen: TZI Themenzentrierte Interaktion
Dieses von Ruth Cohn entwickelte Modell der themenzentrierten Interaktion17
ist fr den Spezialfall Gruppe besonders gut geeignet. Das Dreieck Ich (als
Individuum) Wir (die Gruppe mit allen Beziehungsdynamiken) Es (das ver-
bindende Gruppenthema) stellt im situationalen Kontext (Globe) die Basis
fr die Betrachtung der Kommunikationsvorgnge innerhalb einer Gruppe dar.
Fr die Betrachtung und dem professionellen Kommunikator zur Steuerung
der Kommunikation in Gruppen ist besonders das Wissen hilfreich, dass ja je-
des Individuum der Gruppe ber diese drei Pole verfgt. Je nachdem, mit wel-
cher Intensitt die Individuen den einen oder anderen Pol ins Zentrum des
gemeinsamen Gruppen-Globes rcken, ergeben sich vllig unterschiedliche
Arten von Gruppen mit jeweils adquaten Kommunikationsmustern. Dem Un-
bedarften mag das Verhalten in Gruppen als gnzlich undurchschaubar er-
scheinen. Dem TZI-Sensibilisierten wird vieles schnell verstndlich, wenn er
erkennt, dass er im einen Fall eine blo zufllige Menge (bei allen Individuen
der Ich-Pol oder ein jeweils anderer im Zentrum), im anderen Fall eine Gemein-
17 Cohn, Ruth: Von der Psychoanalyse zur themenzentrierten Interaktion: Von der Behandlung einzelner zu einer Pdagogik fr alle; Klett-Cotta., Stuttgart 1991
- 27 -
schaft (bei allen Individuen der Wir-Pol im Zentrum) oder im dritten Fall ein
Team (bei allen Individuen der Sach-Pol im Zentrum) vor sich hat.
Die folgende Abbildung zeigt schematisch das TZI-Dreieck:
Abb. 7: Sach-, Ich-, und Wir- Pol des TZI-Dreiecks, aus Stangls Arbeitsbltter
Sollte der Coach was in der betrieblichen Praxis oft der Fall sein wird mit
der Aufgabe konfrontiert sein, ein Team zu formen, findet er auf diese Weise
schnell Anhaltspunkte, wie die Gruppenmitglieder am besten untersttzt wer-
den knnen, ihren Sach-Pol ins Zentrum zu rcken.
Die psychotherapeutische Verwurzelung zeigt sich in den Kommunikationsre-
geln, welche auf eine Strkung des Selbst abzielen (Sei Dein eigener Chair-
- 28 -
man). Bei einigen der im folgenden weitgehend wrtlich wiedergegebenen
Kommunikationsregeln18 wird relativ rasch die Verwandtschaft zu den Re-
geln der bereits im vorigen vorgestellten Kommunikationsmodelle deutlich. An-
dere dieser Regeln wirken bereits derart allgemein bekannt und gepflegten
Umgangsformen zuzurechnen, dass sie eher dem Elmayer als der TZI ent-
nommen zu sein scheinen.
Sei Dein eigener Chairman. Dies bedeutet soviel wie "bernimm die
Verantwortung fr Dich selbst". Bestimme wann und was Du sagen willst
und bestimme Dein eigenes Vorgehen im Blick auf die Arbeit, die
Gruppe und alles, was fr Dich wichtig ist. Nimm Deine Ideen, Gedan-
ken, Wnsche und Gefhle wichtig und whle aus, was Du den anderen
anbieten kannst und um was Du bitten mchtest.
Strungen angemessen Raum geben. Schmerzen, Abneigung oder
Vorurteile knnen unter Umstnden der aktuellen Mitarbeit in der Grup-
pen ebenso im Wege stehen wie groe Freude, denn sie schwchen
unterschwellig die Konzentration auf das eigentliche Vorhaben. Deshalb:
Unterbrich das Gesprch, wenn Du nicht wirklich teilnehmen kannst,
wenn Du gelangweilt, rgerlich oder aus einem anderen Grund unkon-
zentriert bist. Die Gruppe wei dann, was in Dir vorgeht und welchen
Anteil sie daran hat. Werden Strungen nicht beachtet, so kann dies
schwerwiegende Folgen haben, weil das Lernen oder die Arbeit be- oder
sogar verhindert werden. Die Gruppe kann Strungen zwar ignorieren,
wirksam sind sie trotzdem. Eine Gruppe, die die Strungen ihrer Mitglie-
der bearbeitet, gewinnt die scheinbar verlorene Zeit durch intensivere
und konzentriertere Arbeit zurck.
Vertritt Dich selbst in Deinen Aussagen: Sprich per "ich" und nicht
per "man" oder per "wir". Die verallgemeinernden Redewendungen
wie z.B. "jeder wei", "man sagt", "wir alle wollen" usw. sind hufig per-
snliche Versteckspiele; der Sprecher bernimmt nicht die volle Verant-
18 http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/KOMMUNIKATION/TZIRegeln.shtml ,06-2007
http://arbeitsblaetter.stangl
- 29 -
wortung fr das, was er sagt. Er versteckt sich hinter der ffentlichen
Meinung oder einer behaupteten Mehrheit um sich und andere zu ber-
zeugen.
Stelle mglichst nur Informationsfragen. Informationsfragen sind n-
tig, um etwas zu verstehen. Fragen, die kein wirkliches Verlangen nach
Information ausdrcken, sind unecht. Ausweichende Antworten oder
Gegenfragen sind die Folge, es kommt zum Interview, statt zum Dialog.
Wenn anstelle von Fragen Aussagen treten, inspiriert das zu weiteren
Interaktionen. Versuche also, eigene Erfahrungen und Gedanken anzu-
sprechen.
Seitengesprche haben Vorrang. Sie stren und sind zugleich meist
wichtig, sonst wrden sie nicht geschehen. Wenn Teilnehmer Seitenge-
sprche fhren, so sind sie mit groer Wahrscheinlichkeit stark beteiligt
oder gar nicht. Es kann sein, dass ein Gruppenmitglied etwas sagen will,
was ihm wichtig ist, aber gegen schnellere Sprecher nicht ankommt und
Hilfe braucht, um sich in der Gruppe zu exponieren.
Nur einer zur gleichen Zeit. Niemand kann mehr als einer uerung
zur gleichen Zeit zuhren. Damit man sich auf verbale Interaktionen
konzentrieren kann, mssen sie nacheinander erfolgen. Sofern mehr als
einer gleichzeitig reden wollen, verstndigt man sich in Stichworten ber
das, was gesagt werden soll, und ber die Reihenfolge der Sprecher.
Sei authentisch und selektiv in Deiner Kommunikation. Mache Dir
bewusst, was Du denkst und fhlst, und whle aus, was Du sagst
und tust. Authentisch sein heit, Kontakt zu den eigenen Gedanken
und Gefhlen zu haben, die Auskunft darber geben, was ich jetzt brau-
che, wnsche oder tun sollte. Whle aus, was Du davon den anderen
sagen oder zumuten willst. Alles, was Du sagst, sollte wahr sein, aber
nicht alles, was wahr ist, muss gesagt werden.
Beachte die Signale Deines Krpers und achte auf solche Signale
auch bei den Anderen. Wer die Sprache seines Krpers kennt, ver-
steht, wie Gedanken und Aussagen von bestimmten Krpergefhlen be-
- 30 -
gleitet werden und wie diese ihrerseits eine Aussage machen. Auf die
Sprache des Krpers zu achten, verschafft wichtige zustzliche Informa-
tionen ber das Gesprochene und Gehrte hinaus. Krpersprache sig-
nalisiert Emotionen sehr deutlich und in der Regel eher als sie ausge-
sprochen werden.
Sprich Deine persnlichen Reaktionen aus und stelle Interpretatio-
nen so lange wie mglich zurck. Sind Interpretationen inadquat
ausgedrckt, so erregen sie Abwehr und verlangsamen oder unterbre-
chen den Gruppenprozess. Direkte persnliche Reaktionen aber, also
Gedanken und Gefhle, die das Gehrte bei Dir auslsen, fhren immer
zu weiteren Aktivitten und frdern die spontane Interaktion.
2.3.2 Kommunikation in Verhandlung und Konflikt: HK Harvard-Konzept
Ein wichtiges Kommunikationskonzept, speziell fr Verhandlungssituationen
und generell schwierige Situationen mit hohem Konfliktpotenzial, ist das von
Roger Fisher publizierte Harvard-Konzept19. Im Konfliktmanagement bildet es
die Grundlage fr eine Reihe von Methoden der Mediation und anderer Kon-
fliktbewltigungsstrategien. Die sehr bersichtlich und leicht nachvollziehbar
empfohlene Vorgehensweise beruht auf grundlegenden und daher besonders
wichtigen, zahlreiche positive Nebenwirkungen nach sich ziehende Unter-
schiedsbildungen.
Das sehr einfache Basiskonzept beruht auf vier Verhaltensregeln20, welche in
der folgenden Abbildung bersichtlich dargestellt sind.
19 Fisher, Roger & Ury, William & Patton, Bruce: Getting To Yes, Negotiating an agreement without giving in: The secret to successful negotiation; Random House, London 2004
20 http://www.iemw.tuwien.ac.at/schawarz/Harvard_Verhandeln/sld002.htm ,06-2007
http://www.iemw.tuwien.ac.at/schawarz/harvard_verhandeln/sld002.htm
- 31 -
Abb. 8: Die vier Grundprinzipien des Harvard-Konzepts, aus Schawarz
Aus diesem Verhalten kann man erfolgreiches Verhandeln sowohl fr den
Teilnehmer, als auch fr den vermittelnden Moderator / Mediator ableiten.
Wiederum zeigt sich die Verwandtschaft zu bereits Bekanntem, bzw. erkennt
man sehr leicht die Grundlage, wie wir gleich zeigen werden, fr das noch
deutlich strukturierte Verfahren zur Konfliktbearbeitung, der Mediation. Auch im
Coaching haben sich die Vorgehensweisen Trennen von Sachthemen und
persnlichen Emotionen, Trennen von Positionen und Interessen sowie
Entwickeln von Optionen etabliert. Eine Skalierung knnte demnach ebenfalls
als Versuch der Einfhrung neutraler, bzw. leichter nachvollziehbarer Beurtei-
lungskriterien interpretiert werden.
- 32 -
2.3.3 Strukturierte Konfliktbehandlung: Mediation
Die strukturierteste Form der Konfliktbehandlung, zum Teil auch gesetzlich ge-
regelt und deshalb mglicherweise zu konkreten, juristisch relevanten Ergeb-
nissen fhrend, ist die Mediation21. Dabei handelt es sich im wesentlichen um
salopp gesprochen das gleichzeitige Coaching der am Konfliktgeschehen
beteiligten Parteien. Die Verwandtschaft zum Coaching ist deshalb besonders
ausgeprgt und die gesetzlichen Regelungen verlangen einen expliziten Bezug
zum theoretischen Unterbau. Aus diesem Bezug werden die Verweise auf (fast)
alle der im vorigen erluterten Theorien, Konzepte und Modelle der Kommuni-
kation ersichtlich, zum Teil in grerer Deutlichkeit, als dies in der reinen
Coachingliteratur oft der Fall ist. Ein zustzliches theoretisches Fundament be-
steht im Modell der Konflikteskalation22 nach Glasl, welches eine gute Unter-
scheidbarkeit zwischen mediierbaren und nicht mehr mediierbaren Konflikten
bietet. Diese Unterscheidbarkeit, sowie die Einteilung der neun Eskalations-
stufen bezieht sich zwar auf diverse Kommunikationsphnomene, bietet aber
wenig bis gar keine konkreten Handlungsempfehlungen in Bezug auf die Kom-
munikation und wird daher auch von uns nicht als Kommunikationsmodell im
engeren Sinne angesehen.
Die Methodenvielfalt ist ebenso gro und thematisch sehr hnlich wie im Coa-
ching, der logisch und zeitlich strukturierte Ablauf zu welchem der Mediator,
wenn er im Rahmen eines gesetzlich geregelten Auftrages handelt, verpflichtet
ist bildet jedoch die Grundlage fr eine insgesamt weitaus grere hnlich-
keit der Arbeitsweise unter den Mediatoren, als dies unter den Coaches ver-
mutlich je der Fall sein wird. Den besten und am leichtesten merkbaren ber-
21 http://de.wikipedia.org/wiki/Mediation ,06-2007
22 Glasl, Friedrich: Konfliktmanagement. Ein Handbuch fr Fhrungskrfte und Berater. Haupt, Bern und Freies Geistesleben, Stuttgart 1997
http://de.wikipedia.org/wiki/
- 33 -
blick ber den strukturellen Aufbau einer Mediation liefert das Modell
ALPHA23. Dieses besteht aus den folgenden Phasen:
Auftragsklrung: Zunchst werden die Parteien ber das
Mediationsverfahren, die Rolle und Haltung des Mediators informiert, fr
die Konfliktvermittlung wird eine Mediationsvereinbarung abgeschlossen
und das weitere Vorgehen miteinander abgestimmt. Besagte Me-
diationsvereinbarung ist der so genannte uere Auftrag, welcher den
rechtlichen Rahmen und nicht zuletzt die Bezahlung des Mediators ab-
steckt. Mit den konkret an der Mediation teilnehmenden Personen ist
aber auch der innere Auftrag zu klren und in Form einer Zielvereinba-
rung festzuhalten.
Liste der Themen: Zu Beginn der zweiten Phase stellen die Parteien
ihre Streitpunkte und Anliegen im Zusammenhang dar, sodass die The-
men und Konfliktfelder gesammelt und fr die weitere Bearbeitung
strukturiert werden knnen. Im Idealfall entsteht in dieser Phase bereits
eine zeitlich und mglicherweise sogar inhaltlich priorisierte Themen-
liste.
Positionen verflssigen und Interessen erkunden: In der Exploration
genannten dritten, zeitlich umfangreichsten Phase wird den Konfliktpar-
teien die Mglichkeit gegeben, ihre Sicht des Konflikts zu jedem The-
menpunkt umfassend darzustellen. Informationen, Daten und Wahrneh-
mungen werden ausgetauscht, bevor auf die unterschiedlichen und ge-
meinsamen Wnsche, Bedrfnisse und Interessen der Parteien vertieft
eingegangen und damit der Konflikt umfassend erhellt werden kann.
Dabei kommen neben den Positionen der Konfliktparteien deren Hinter-
grnde, Ziele, Interessen, und je nach Ausrichtung und Ausbildung
des Mediators Emotionen und Identittsaspekte (Rollen, Selbstbild)
zum Vorschein. Speziell in dieser Phase wird die Abhngigkeit der Er-
folgswahrscheinlichkeit von der Coachingkompetenz des Mediators evi-
23 v. Hertel, Anita: Professionelle Konfliktlsung. Fhren mit Mediationskompetenz. Campus Verlag, Frankfurt am Main 2003
- 34 -
dent. Verstndnis (mit allen von de Shazer verdeutlichten Einschrn-
kungen) der Bedeutung und dem Sinn nach ist nicht nur zwischen dem
Mediator und allen Konfliktparteien, sondern sukzessive auch zwischen
letzteren herzustellen. Unter diesem Gesichtspunkt knnte man die Me-
diation sogar als die hohe Schule der Kommunikationskompetenz ver-
stehen.
Heureka Lsungsoptionen suchen und finden: Es beginnt eine
kreative Phase der Ideenfindung, um unterschiedliche Lsungsoptionen
(Brainstorming) zu entwickeln. In diese Phase gehrt auch die
Bewertung der Optionen, die Entscheidung im Wege von Konsens sowie
die Vorbereitung einer verbindlichen Abschlussvereinbarung, in welcher
Win-Win-Ergebnisse konkretisiert und formuliert werden. Manche Auto-
ren empfehlen zudem Manahmen, um den Praxistransfer wahrscheinli-
cher zu machen und damit 'Rckflle' in konfliktuse Situationen gerin-
gere Folgen nach sich ziehen. Auch diese Phase zeigt wegen der aus-
geprgten Ressourcenorientierung und dem Erffnen weiterer Hand-
lungsoptionen in kleinen Schritten eine auerordentlich hohe Affinitt
zum Coaching.
Abschlussvereinbarung: Hierbei regeln die Konfliktparteien unter der
moderierenden Anleitung des Mediators in einer (am besten schriftli-
chen) Abschlussvereinbarung die zuknftigen Modalitten der Koopera-
tion oder zumindest der weiter bestehenden Berhrungspunkte. So wer-
den im Laufe einer Mediation aus den Konfliktparteien eventuell Perso-
nen, die wieder kooperativer miteinander umgehen knnen. Ohne zu-
mindest ansatzweise gemeinsame Interessen ist aber das Unterfangen
einer Mediation weitgehend aussichtslos. Auch hierin besteht eine Ana-
logie zum Coaching, wo ja ohne eigenes Entwicklungsziel des Klienten
und einem daraus resultierenden inneren Auftrag fr den Coach
ebenfalls kein Ergebnis erwartet werden kann.
- 35 -
Es gibt zahlreiche andere Grundstrukturen der Mediation, auch solche mit mehr
oder anders bezeichneten Phasen, im wesentlichen ist die fnf-Phasen-Struk-
tur aber immer erkennbar.
Der enge Verwandtschaftsgrad zum Coaching hinsichtlich des theoretischen
Unterbaus wie auch der Methodik lassen den Schluss zu, dass Beispiele wie
anfangs bezglich der Skalierung analog verwendet werden knnen, ja mit-
unter sogar ohne weiteres bertragbar sein drften. Dass neben all dem bisher
Gesagten auch berlegungen zur Gestaltung des Settings24 ein signifikantes
Erfolgskriterium sind, liegt auf der Hand.
2.3.4 Kommunikation im Kundengesprch: Verkaufstechnik
Die direkte Kundenkommunikation stellt einen Spezialfall dar und unterliegt ei-
genen Gesetzmigkeiten. Das Modell der situativen Strukturierung des Kun-
dengesprchs25 bietet eine Orientierungshilfe fr solche Situationen, stellt
aber natrlich nur ein Beispiel fr die zahllosen Konzepte in der Verkaufstech-
nik dar. Trotz unzhliger Unterschiede und Abweichungen finden sich doch
einige wesentliche Grundannahmen bei einer qualifizierten Mehrheit solcher
Konzepte.
Fr den Coach ist die Beschftigung mit diesem Thema doppelt interessant.
Zum einen ist es branchenblich und wird auch von kompetenter Seite26 den
Verkufern empfohlen, nicht nur regelmig zu trainieren, sondern sich auch
im Sinne greren Kommunikationserfolges gezielt coachen zu lassen. Dabei
wird Coaching zwar durchaus kontroversiell verstanden, dass die Kommuni-
24 Ernst, Johannes & Herdlitzka, Michael R.: Mediation in der Betriebsbergabe. Ein Anwendungsbeispiel; Abschlussarbeit Lehrgang Wirtschaftsmediation; incite Institute for Consultants and IT Experts, Wien 2007
25 Herdlitzka, Michael R.: SE 4, Trainingsmodell zur situativen Strukturierung des Kundengesprches; verum GMBH Selbstverlag, Klagenfurt 1990
26 Heiman, Stephen E. & Sanchez, Diane: The New Strategic Selling. The unique sales system proven successful by the words best companies; Warner, New York 1998
- 36 -
kationsfhigkeit aber im Vordergrund zu stehen hat, ist unbestritten. Zum ande-
ren bietet das Kundengesprch einen mit wenigen Ausnahmen intrinsi-
schen Gradmesser fr den Erfolg der stattgefundenen Kommunikation: den
gettigten Abschluss. Es ist allerdings zu beachten, dass dieser Gradmesser
immer mittelbarer und schwieriger interpretierbar wird, je komplexer (etwa im
Anlagenbau) oder je immaterieller (in der Dienstleistung) der Gegenstand der
Kundenbeziehung ist.
Ein Kundengesprch verluft in vier klar unterscheidbaren Phasen, welche je-
doch Schleifen oder Verzweigungen bilden knnen und nicht immer in streng
derselben Reihenfolge ablaufen. Schleifen und / oder Verzweigungen knnen
durchaus mehrmals hintereinander auftreten, Rcksprnge treten manchmal
spontan auf, sind aber gelegentlich auch auf eine ganz wesentliche, absichts-
volle Intervention zurckzufhren. Dennoch lassen sich die Phasen relativ
deutlich voneinander unterscheiden, und zwar an Hand bestimmter typischer
Kommunikationsmuster. Dem Verkufer fllt es dann, wenn er eine gut
abgesicherte Annahme darber treffen kann, in welcher Phase sich das Ge-
sprch gerade befindet, wesentlich leichter, die passenden Interventionen
auszusuchen. Die gleiche Intervention kann in einer nicht passenden Phase
nichts oder gar Widerstand bewirken, whrend sie in der passenden Phase
positiv zu einem erfolgreichen Gesprchsverlauf beitrgt.
Die Begriffe sind zwar im Verkauf nicht blich, es ist aber offensichtlich, dass
ein Verkufer umso erfolgreicher agieren kann, je besser er Rapport zum
Kunden herstellen und das Gesprch durch Pacing und Leading gestaltend
steuern kann.
Daher darf man die folgende Abbildung keinesfalls im Sinne einer unumstli-
chen Regel auffassen.
- 37 -
Abb. 9: Die vier Phasen des Kundengesprches, aus Herdlitzka 1990
In der Erffnungsphase geht es um die Herstellung einer tragfhigen Kommu-
nikationsbeziehung, dies alleine verlangt eigentlich danach, dass Verkufer
bestens ausgebildete, professionelle Kommunikatoren sein mssten. In der
Erkennensphase sollen die wahren Kundenbedrfnisse erhoben und die
Kundenreaktionen27 sicher klassifiziert werden. Nur dann kann man auf diese
auch adquat reagieren. Viele Verkufer bilden geradezu hervorragende Stu-
dienobjekte, sind sie doch zumindest in der weniger gut ausgebildeten
Masse wahre Meister im gewaltttigen Kommunizieren und im Vorausset-
zen eines gemeinsamen Verstndnisses, ohne auch nur den Versuch zu star-
ten, sich des Kundenverstndnisses zu versichern.
27 Heiman, Stephen E. & Sanchez, Diane: The New Conceptual Selling. The most effective and proven method for face-to-face sales planning; Warner, New York 1999
- 38 -
In der folgenden Abbildung sind einige Zusammenhnge und Klassifikations-
kriterien fr die wichtigsten Kundenreaktionen zu sehen.
Abb. 10: Die Klassifikation der wichtigsten Kundenreaktionen, aus Herdlitzka
1990
Alleine die Unterscheidung der Kundenbefindlichkeit in den Dimensionen Inte-
resse und Verstndnis zeigt die Verwandtschaft zu den im materiellen
Sinne weniger zielorientierten Kommunikationsmodellen. Interesse bezeich-
net in diesem Zusammenhang das Ausma der auch (!) emotionalen Aufmerk-
samkeit, welche der Kunde dem Gegenstand entgegen bringt. Verstndnis
bedeutet in diesem Kontext, in welchem Ausma der Kunde auch (!) ber fach-
liche, inhaltliche Expertise verfgt. Wie bereits erwhnt, in der passenden Ein-
stellung auf den Kunden scheidet sich die Spreu vom Weizen.
- 39 -
In der Erklrungsphase findet der Abgleich zwischen angebotenen Leistungen
und nachgefragten Bedrfnissen, ein Verkaufsgesprch im engeren Sinne,
statt. Der Erfolg in dieser Phase hngt in vielen Fllen von Vorbereitungsarbei-
ten, welche lange vor dem Gesprch durchgefhrt werden mussten, ab. Ge-
nauso entscheidend ist das adquate Eingehen auf die Kundenreaktionen. Die
Phase Erledigen dient der Herstellung einer konkreten Vereinbarung und der
Einhaltung derselben.
2.4 Zusammenfassung
Von einer Dame wurde ich einmal whrend eines Seminars darauf angespro-
chen, ob ich sozusagen an einer Weltformel der Kommunikation arbeite. Wis-
send, dass dieser Anspruch natrlich gerade unter einem wissenschaftlichen
Blickwinkel betrachtet nicht erfllt werden kann, geht es doch um eine Art Ge-
samtbild der Kommunikation(-swissenschaft) und die davon abzuleitenden Er-
kenntnisse fr die Praxis, z.B. im Coaching bzw. in jeder Art der professione-
len Kommunikation, aber auch dort, wo das Gelingen gemeinsamen Verstnd-
nisgewinns im Vordergrund steht. Dem Hl. Benedikt wird als Succus seiner
umfangreichen Ordensregel die folgende Konzentration auf das Wesentliche
zugeschrieben.
Man muss zuhren knnen
Man muss unterscheiden knnen
Man muss dienen wollen
Diese einfachen Forderungen erfllen meiner Meinung nach recht weitgehend
die Ansprche an die Weltformel. Nicht zufllig wird die Benediktusregel
auch heute noch immer wieder in Managementseminaren28 als teilweise, die
vollstndige Ordensregel umfasst immerhin 75 Kapitel durchaus nachah-
28 http://www.mc-kaernten.at/nachlese_15012004.html ,06-2007
http://
- 40 -
menswert zitiert. In dieser Zusammenfassung wollen wir kurz versuchen, die
wesentlichen Gemeinsamkeiten der vorgenannten Theorien, Konzepte und
Modelle herauszufiltern und diese dann, wenn schon nicht als Weltformel, so
doch als unser Basiskonzept der Kommunikation auffassen.
Das zuhren Knnen steckt als wichtige soziale Grundkompetenz in allen Mo-
dellen, wenn vielleicht auch nicht immer so explizit ersichtlich wie beispiels-
weise bei Ruth Cohn. Dass man mit Oberflchlichkeit nicht weit kommen wird,
wenn es um das Gelingen von Kommunikationsvorgngen geht, liegt auf der
Hand. Im nachfolgenden Teil, welcher sich wesentlich detaillierter mit Coaching
auseinandersetzt, wird davon noch die Rede sein.
Noch offensichtlicher findet sich das dienen Wollen als wertschtzende
Grundhaltung in allen wesentlichen Modellen, speziell wo sie von Carl Ro-
gers29 inspiriert sind. Dass man jemandem schwer helfen kann, wenn man nicht
aufrichtig an seinem Wohlergehen interessiert ist, leuchtet unmittelbar ein.
Auch von der wertschtzenden Grundhaltung wird im speziellen Coaching-Teil
noch vieles zu lesen sein.
An dieser Stelle wollen wir daher mit etwas mehr Tiefgang das unterscheiden
Knnen beleuchten. Diese zutiefst lsungs- weil unterschiedsorientierte Fhig-
keit scheint tatschlich eine der entscheidenden Fhigkeiten auf dem Weg zu
erfolgreicher Kommunikation zu sein. Nicht nur Gregory Bateson hat uns auf
den Unterschied, der einen Unterschied macht hingewiesen. Angefangen bei
Paul Watzlawick, welcher zumindest das unterscheiden Knnen von Inhalts-
und Beziehungsebene und die unterschiedliche Interpunktion objektiv glei-
cher Sachverhalte durch verschieden Personen, sowie die unterschiedsreiche,
analoge gegenber der digitalen Kommunikationsform nahe legt, werden wir
bei Friedemann Schulz von Thun zu noch feinerer Unterscheidung der vier
29 Rogers, Carl R.: Therapeut und Klient. Grundlagen der Gesprchspsychotherapie; Kindler, Mnchen 1981
- 41 -
Nachrichtenaspekte, und dies sowohl auf Sender- wie auf Empfngerseite an-
geregt. Die Transaktionsanalyse zeigt uns, dass in vielen Fllen die Unter-
scheidung zwischen den drei Ich-Zustnden beraus hilfreich sein kann, ja
notwendig ist. In NLP-Trainings wird uns die Sensibilitt beigebracht, zwischen
den individuell zur Codierung und Decodierung bevorzugten Sinneskanlen
bzw. deren Sprache zu unterscheiden. Das strategische Kommunikationsmo-
dell mahnt uns, je nach Zielsetzung und Angstniveau (!) der Empfnger zwi-
schen geeigneten und weniger geeigneten bertragungswegen zu unterschei-
den. Marshall Rosenberg zeigt uns die Wichtigkeit, zwischen Beobachtungen
und den dadurch in uns ausgelsten Befindlichkeiten zu unterscheiden. Roger
Fisher fordert, Menschen (bzw. deren emotionale Bedrfnisse, gleichzeitig ein
weiterer Beleg fr die Wichtigkeit des zuhren Knnens) von Sachthemen,
und noch deutlicher Positionen von den dahinter liegenden Interessen zu
unterscheiden. Im Kundengesprch sind wir gefordert, Kundenreaktionen klar
voneinander unterscheiden und klar zuordnen zu knnen. Nicht nur im Kun-
dengesprch wird die Unterscheidung der Merkmale Interesse (an der Sache)
und Verstndnis (fr die Sache) hilfreich sein knnen. Und in der Mediation
besteht die zeitlich meist umfangreichste Phase ganz klar vom Harvard-Kon-
zept abgeleitet in der Unterscheidung von Positionen und Interessen, sowie
von emotionalen und Sachthemen.
Nicht zu vernachlssigen sind auch die zahlreichen Unterschiede zwischen
weiblicher und mnnlicher Kommunikation30. Bei Mnnern sind hufig die
nicht-sachlichen Aspekte von Mitteilungen subjektiv deutlich geringer gewichtet
und sind daher auch wesentlich schwieriger bewusst zu machen. Bei Frauen
kann man oft ein sehr viel sensibleres Beziehungs-Ohr in der Decodierung
von Mitteilungen feststellen. Damit haben wir nur zwei relativ rasch auffallende
Unterscheidungsmerkmale genannt, es kann daher oft sinnvoll sein, eine Un-
terscheidung zu treffen, je nachdem, ob eine Mitteilung von Mann zu Mann, von
Mann zu Frau, von Frau zu Frau oder von Frau zu Mann ergeht. Letztlich nicht
30 Herdlitzka, 2001
- 42 -
vergessen werden darf der schon ganz grundstzliche Unterschied zwischen
dem Bedeutungs- und dem Sinnverstndnis.
Zum Abschluss des ersten Teils halten wir fest, dass wir uns in unserem Basis-
konzept der Kommunikation ruhigen Gewissens dem Hl. Benedikt anschlieen
knnen. Ich versteige mich nicht dazu, die vielen Arten mglicher oder notwen-
diger, in jedem Fall hilfreicher Unterschiedsbildungen in eine Art Rangreihe
nach Wichtigkeit bringen zu wollen. Welche Unterschiedsbildung man in der
jeweiligen Situation aufgreift, mag in vielerlei Hinsicht eine Frage der jeweiligen
Methodik und vor allem der intuitiven Sensibilitt sein. Ich bin zutiefst davon
berzeugt, dass jedes Gesprch, ob professionell oder nicht, klrender, hilf-
reicher und somit erfolgreicher verluft, wenn man nur irgendwo (!) beginnt,
an den Unterschieden zu arbeiten und diese als Ressource begreift.
Meinem Verstndnis nach wrde ich versuchen, den Unterschied zwischen In-
halts- und Beziehungsebene in die Haltung weitgehend zu verinnerlichen und
in der Praxis vor allem die Unterscheidung von Positionen und eigentlichen
Interessen mit besonderer Gewichtung zu betrachten. Vor allem sehe ich aber
die Notwendigkeit, die Fhigkeit zu trainieren, Beobachtungen von Bewertun-
gen sicher zu trennen. Vielleicht, aber dies ist eine Hypothese, welche in einer
anderen Studie zu errtern wre, steigt der Bedarf an professioneller, unter-
schiedsorientierter Kommunikation so merklich an, weil in unserer Gesellschaft
durch finstere wenn auch manchmal ungewollte Komplizenschaft von Politik
und Medien Unterschiede systematisch in ihrer Bedeutung herabgesetzt, ver-
heimlicht oder verleugnet werden. Umso wichtiger scheint es zu werden, dass
zumindest Therapeuten, Coaches, Mediatoren, Supervisoren, Berater und
Trainer Unterschiede erkennen und vor allem erlebbar machen. Dieses
erlebbar machen mchte ich daher als einzige Ergnzung dem Modell des Hl.
Benedikt hinzufgen und im Hinblick auf unseren engeren Untersuchungsge-
genstand darauf verweisen, dass Skalierungen in den obgenannten Settings
beraus probate Instrumente zu eben diesem Vorhaben darstellen.
- 43 -
Abschlieend sei hier nochmals unser Basiskonzept der (professionellen)
Kommunikation, Kommunikation, die passt, zusammengefasst:
Eine wertschtzende Grundhaltung, welche den Gesprchspartner als
wertvollen, mit zahlreichen Ressourcen ausgestatteten Menschen be-
greift, dem Respekt und Anerkennung zu erweisen ist und dem Hilfe-
stellung am besten nicht durch autoritre Ratschlge, sondern durch
empathische Hilfe zur Selbsthilfe geleistet wird.
Die Fhigkeit und Geduld (!) zum aktiven Zuhren, um Ansatzpunkte
fr mgliche Unterschiedsbildungen, Bedrfnisse und Interessen entde-
cken zu knnen.
Die methodische Vielfalt, mglichst zahlreiche Unterschiedsbildungen
herausarbeiten zu knnen, vorrangig solche
o zwischen sachlicher und emotionaler Ebene
o zwischen Beobachtungen und Interpretationen
o zwischen Positionen und Interessen
Die Fhigkeit und das Einfhlungsvermgen, die Unterschiede auch in
eine erlebbare Form bersetzen zu knnen.
Zur besseren Merkbarkeit mge uns eine vielleicht auch hier hilfreiche para-
doxe Intervention in Form des folgenden Anagramms dienen:
H Haltung der Wertschtzung
A aktives Zuhren
U Unterschiede bilden und
E erlebbar machen
- 44 -
3 Professionelle Kommunikation
Zahlreiche Berufsgruppen heften sich ihre Professionalitt in der Kommunika-
tion auf die Fahnen. Schon aus dem vorigen Kapitel ist deutlich geworden,
dass wir uns vorrangig mit dialogisch (und unterschieds-) orientierten, an der
Vergrerung gemeinsamer Verstndnisrume interessierten Kommunikati-
onsformen beschftigen. Zur bersicht und auch zur Abgrenzung betrachten
wir im folgenden aber auch andere, professionelle Kommunikatoren.
3.1 Medien und Journalisten
Das Fach, welches die Vertreter dieser Berufsgruppen zumeist als ihre Be-
rufsausbildung betrachten, nennt sich Publizistik und Kommunikationswissen-
schaft. In den praktischen Auswirkungen der Berufsausbung sehen wir uns
aber aus unserer Sicht mit nur sehr wenig professionellen Kommunikati-
onsanteilen konfrontiert. Zeitungsartikel, Radio- und Fernsehsendungen sind
per se nicht dialogisch orientiert, sondern werden dem Publikum vorgesetzt,
dessen Reaktionen werden gar nicht oder sehr versptet (in Form von Leser-,
Hrer- bzw. Seherbefragungen) erhoben. Es existieren zwar auch hier unter-
schiedsbasierte Handlungsanleitungen31, (z.B. Trennung von Informationen
und Meinungen) diese werden aber zusehends weniger beachtet. Der Exis-
tenzkampf zwischen diesen zumeist als Wirtschaftsbetrieben organisierten Ein-
heiten scheint so stark zu sein, dass ethische, moralische und im kommunikati-
ven Sinn hygienische Verhaltensweisen unter die Rder kommen.
Daher erlebt man zumeist keinen dialogischen Verstndnisaufbau, sondern
den Empfngern wird ganz und gar nicht gewaltfrei ein fertiges Konzept
dessen vorgesetzt, was diese zu verstehen haben. Wird dieser Vorgang oft
genug und von gengend Gleichgesinnten wiederholt, wird infolge sozialen
31 http://de.wikipedia.org/wiki/Journalismus ,06-2007
http://de.wikipedia.or
- 45 -
Drucks32 das gewnschte Ergebnis tatschlich erzielt. In der Folge kann
man solch globalisierte Massenphnomene wie die Bestrebungen zum Klima-
schutz, deren objektive Grundlagen zweifelhaft (es ist das Wetter nicht auf
drei Tage bestimmt vorhersagbar, wie soll das Klima auf fnfzig Jahre und
mehr beeinflusst werden?) bis offenkundig unsinnig (etwa die CO2-Debatte)
sind, beobachten. Auf diese Weise entsteht tatschlich ein Hchstma an ge-
meinsamen Verstndnisrumen, welche allerdings auf ganz und gar nicht dia-
logische, nicht wertschtzende, nicht gewaltfreie und letztlich auf Empfnger-
seite nicht kognitive Art erzeugt werden. Das Gespenstische daran ist, dass
auch Wissenschaftler (div. Klimaforscher) nicht vor der Wirkung dieser Me-
chanismen gefeit sind und zu willfhrigen Verstrkern des Phnomens ge-
macht werden.
Dort wo die dialogischen Voraussetzungen weit besser wren, etwa in Inter-
views, werden die daraus erwachsenden Chancen immer fter nicht nur nicht
genutzt, sondern sogar gezielt missachtet. Das Aufdecken, das an-die-ffent-
lichkeit-Zerren bringt offensichtlich mehr Quoten als das Verfgbarmachen
von Information33, welche erst aus gemeinsamem Verstndnis ber Daten her-
vorgeht. Der Aufdecker wei schon im vorhinein, welche Daten (nicht Informa-
tionen!) die richtigen wren und legt seine Gesprchsfhrung so an, dass
eben jene zu Tage treten. Man ist dem Gesprchsergebnis gegenber nicht
offen, sondern kennt bereits die Ecke, in welche das Opfer, der Interviewpart-
ner, zu drngen ist. Persnlichkeiten, welche dieses Spiel durchschauen und
vielleicht sogar selbst die noch begabteren Manipulatoren sind, werden zu-
nchst unverhohlen bewundert, bald aber (aus Sicherheitsgrnden?) dmoni-
siert und spter totgeschwiegen. Die sterreichische Auenministerin Ursula
Plassnik wurde whrend der sterreichischen EU-Ratsprsidentschaft mit dem
unverhohlenen Ziel interviewt, aufzudecken, dass der Ratsvorsitz zu keinerlei
Ergebnissen gefhrt habe. Sie blieb vllig sachlich und versuchte durch Ge-
32 http://de.wikipedia.org/wiki/Einstellung_(Psychologie) ,06-2007
33 Stahl, Heinz K.: Erkenntnistheorie, Skriptum zum Lehrgang Master in Coaching; PEF Privatuniversitt fr Management, Wien 2006
http://de.wikipedia.org/wiki/einstellung_(psychologie
- 46 -
genfragen (!) in einen Dialog darber einzutreten, wie es denn aus Sicht der
Interviewer anders oder besser gewesen wre, vorzugehen. Die Journalisten
waren verblfft, ja entsetzt und wiesen dieses emprende Ansinnen zurck mit
dem Hinweis, dass es ihre Aufgabe nicht sei, sich Gedanken zu machen. Die
ihrerseits entlarvten Mchtegern-Entlarver vermieden daraufhin viele Monate
lang so gut wie jede Berichterstattung ber die Auenministerin.
Natrlich gibt es auch serise Journalisten, aber diese bilden nur eine
(schrumpfende) Minderheit und sie werden wegen ihrer geringen Lautstrke
immer weniger gehrt. Die politisch auerdem hchst erwnschte Gleich-
schaltung in den Einstellungen und im Denken durch die genau genommen
totalitre Macht der Medien ist auch eines der zentralen Themen unserer der-
zeitigen Gesellschaftsordnung. Wie Umberto Eco es richtig erwhnt, wre die
Wiederbelebung unseres zentralen gesellschaftlichen Erbes, der Fhigkeit zur
Unterscheidung34 (!), von allerhchster Dringlichkeit. Diese Fhigkeit, soweit
berhaupt noch vorhanden, wird aber aufs heftigste bekmpft. Das uns ver-
sprochene Paradies hat politisch korrekt eines der Gleichheit, der Unter-
schiedslosigkeit zu sein. Das ist besonders schade, weil uns die Geschichte
lehrt, dass uns die Geschichte nichts lehrt, wie schon Mahatma Gandhi fest-
stellen musste und weil die Massen eben nicht zum Edlen taugen. Der Ge-
meine strebt nach Gleichheit, nur der Edle strebt nach Harmonie htte uns
Konfuzius lehren knnen.
Aus dieser Ecke werden wir also keine Untersttzung unserer Anliegen zu er-
warten haben. Aus unserer Sicht beobachten wir dort Manipulation in Reinkul-
tur, das Gegenteil gelungener Kommunikation, wie wir sie verstehen wollen.
Wie bereits erwhnt liegt in der Zunahme solcher Erscheinungen mglicher-
weise die Ursache fr den steigenden Bedarf an professioneller Kommunika-
tion in unserem Sinne.
34 Eco, Umberto: Im Krebsgang voran. Heie Kriege und medialer Populismus; Hanser, Mnchen 2007
- 47 -
3.2 Werbung und Marktkommunikation
Werbefachleute bezeichnen sich blicherweise sehr gerne als Kommunikati-
onsprofis. Im Gegensatz zu den Journalisten sind sie sich der Notwendigkeit
des Dialogaufbaus immerhin bewusst. Auch wo der Dialog nicht oder nur
schwierig herzustellen ist, wird er zumindest gesucht. Direct Marketing35 heit
das Schlagwort, wo dem Konsumenten durch eine ganze Kaskade verschiede-
ner Kommunikationsmittel zumindest teilweise eine annhernd gleichberech-
tigte Meinungsuerung ermglicht, ja nahe gelegt wird. Sogar vor der eigentli-
chen Bewerbung findet insofern bereits eine Art Dialog statt, als ja ein einzel-
ner Konsument persnlich und namentlich anzusprechen ist. Natrlich ist auch
hier die ursprngliche Absicht nicht ergebnisoffen, das eigene Produkt soll ja
gekauft werden. Aber im Gegensatz zu den Medien ist dem Konsumenten dies
zumindest zum Teil bewusst und er glaubt der Werbung merklich weniger als
der Politik oder den Redakteuren.
Der wachsende Wettbewerbsdruck sorgt auch fr die immer strker ausge-
prgte Notwendigkeit, sich zu unterscheiden. In der Fachsprache bedeutet
Segmentierung36, dass den Konsumenten gezielt unterschiedsorientierte (!)
Daten angeboten werden. Durchaus zweischneidig, denn die Absicht ist auch
hier nicht ergebnisoffen, die Konsumenten innerhalb eines Segments sollen
sich ja (aus Kostengrnden) mglichst nicht unterscheiden, aber sie werden
doch in erheblichem Mae dazu angeregt, wenigstens auf Unterscheidungs-
merkmale gegenber den Konkurrenzprodukten zu achten.
Solcherart befinden wir die professionelle Kommunikation zu Werbezwecken
in unserem Sinne auch nicht als professionell, immerhin entdecken wir bedeut-
same hnlichkeiten und Parallelen. Auf Grund des ffentlichkeitswirksamen
Gewichts der Werbemechanismen knnte man optimistisch von einem gew