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Die Photosynthehemmung pflanzlicher Protoplasten; Photosynthesis inhibition of protoplasts — An...

Date post: 24-Jan-2017
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Originalarbeiten Okotoxische Wirkung yon Regenwasser Die Photosynthehemmung - Ein Indikator fiir Luftimmissionen pflanzlicher Protoplasten Stephan Overmeyer1, Monica W/iber 2, Jiirgen Bausch-Weifl 3, Ludwig Peichl 2, Heide Schnabl 3 10XYTEC GmbH, Universit/itsstr. 142, D-44799 Bochum 2 Bayerisches Landesamt ffir Umweltschutz, Postfach 81 01 29, D-81901 Miinchen 3 Institut f6r Landwirtschaftliche Botanik der Universit/it Bonn, Meckenheimer Allee 176, D-53115 Bonn Zusammenfassung. Die 6kotoxische Wirkung yon Regenwas- ser auf die lichtabh~ingige, photosynthetische Sauerstoffproduktion suspendierter Protoplasten der Ackerbohne (Vicia faba L.) wurde zur Charakterisierung yon Luftimmissionen herangezogen. Der Protoplasten-Biotest zeigte bei Regenwasserproben, die yon M~irz bis Juli in einem landwirtschaftlich genutzten Gebiet enmommen wur- den, eine deutliche Hemmung der photosynthetischen Sauerstoffent- wicklung. Parallel wurden chemische Analysen auf einige Herbizid- wirkstoffe durchgefiihrt. Die ermittelten Konzentrationen konnten jedoch den analysierten Hemmwert der Sauerstoffproduktion nicht ausreichend erklfiren, so daft anzunehmen ist, dag nicht analysierte Substanzen sowie synergistische oder additive Effekte der Regenwas- serinhaltsstoffe die ermittelte Toxizitiit ergaben. Abstract. Photosynthesis Inhibition of Protoplasts - An Indicator for Air-Borne Immissions The ecotoxicological effect of rain water on the light-dependent,pho- tosynthetical oxygen production of suspended protoplasts from the bean species Viciafaba L. was used for the characterization of air- borne immissions. The protoplast-biotest - with rain water sam- ples taken in an agricultural area from March to July - showed a clear inhibition of the photosyntheticaloxygenproduction. Simul- taneously, chemical analyses on some herbicides were carried out. The concentrations determined, however, did not sufficiently ex- plain the measured inhibition of oxygen production; so, the toxi- city yielded was assumed to result from not-analyzed compounds as well as synergistic and additive effects of the rain water consti- tuents. 1 Einleitung und Problemstellung Pflanzenschutzmittel wurden neben einer Vielzahl anderer organischer Chemikalien (WINKELERet al., 1988) in letzter Zeit wiederholt im Regenwasser gefunden (LANDESAMT FOR WASSER UND ABFALL NRW 1992; BAYERISCHE LANDESAN- STALT FOR WASSERFORSCHUNG, 1990; BUSER, 1990; NATIONS and HALLBERG, 1992; SCHARF et al., 1992). So stellte das LANDESAMT FOR WASSER UND ABFALL NORDRHEIN- WESTFALEN (1992) bei 35 yon 54 untersuchten Regenwas- serproben eine Uberschreitung des Grenzwertes der Trink- wasserverordnung (0,1/ag/1 for Einzelsubstanzen) mit min- destens einem Wirkstoff fest. Spitzenwerte betrugen for Atra- zin 0,58/~g/1 und fOr Isoproturon 0,6/~g/1. Die BAYERISCHE LANDESANSTALT FOR WASSERFORSCHUNG (1990) ermittelte sogar Atrazinkonzentrationen bis zu 2,2/~g/1 im Regenwas- ser. Pestizide ktnnen durch Abdrift wiihrend der Ausbrin- gung, durch Verdampfung oder an Bodenteilchen gebunden in die Atmosph~ire gelangen und mit dem Niederschlag aus- gewaschen werden (HURLE et al. 1987). Nach Schfitzwerten wurden alleine in Bayern im Mittel der Jahre 1987 - 1989 j~ihrlich 5 t Atrazin und 6 t Lindan dutch Niederschliige ein- und ausgetragen (BAYERISCHE LANDESANSTALT FOR WASSER- FORSCHUNG, 1990). Auf diese Weise gelangen Pflanzen- schutzmittel auch auf unbehandelte Fliichen wie Naturschutz- und Wasserschutzgebiete. Eine Aussage fiber die tatsfichliche 6kotoxische Wirkung von Regenwasser ist nur nach einem Monitoring mit einem Bio- test m6glich. Bei einem Biotest handelt es sich um ein Sy- stem zum Schadstoffnachweis mit Hilfe biologischer Mel~- fohler. Meist werden Organismen oder deren Untereinhei- ten verwendet. Im Gegensatz zu chemischen Nachweisme- thoden, die verschiedene Substanzen qualitativ und quantitativ erfassen, werden bei einem Biotest auch additive und synergistische Effekte der vorhandenen Inhaltsstoffe re- gistriert (SCHNABL, 1991; PEICHL et al. 1990). Der Protoplasten-Biotest verwendet zellwandlose, pflanzli- che Zellen (Protoplasten) als biologische Einheit (LINDNER et al., 1992; OVERMEYER et. al., 1992; SCHNABL, 1991). Durch die Entfernung der Zellwand wird das Eindringen yon Schadstoffen erleichtert und somit die Empfindlichkeit for einwirkende Substanzen erhtht. Unter dem Einflu~ von Pho- tosynthesehemmstoffen wird die lichtabhfingige Sauerstoff- entwicklung der Protoplasten gehemmt. Diese kann folg- lich als Met~parameter for die Bestimmung der Kontamina- tion eines Gew~issers herangezogen werden. Vor allem Her- bizide k6nnen wegen ihrer spezifischen Wirkung auf die Photosynthese pflanzlicher Organismen mit dem Pro- toplasten-Biotest erfa~t werden. Die Eignung des Protoplasten-Biotests zur Erfassung von Herbizidwirkstoffen, die unmittelbar in den photosyntheti- schen Elektronentransport eingreifen, wurde bereits yon LINDNER et al. (1992) und OVERMEYER et. al. (1992) nach- gewiesen. Unter dem Einflut~ yon Atrazin, Terbuthylazin, Diuron oder Isoproturon war bereits bei 6,25/zg/1 eine Wir- kung auf die photosynthetische Sauerstoffproduktion der Protoplasten feststellbar. 2 Material und Methoden 2.1 Regenwassersammlung Die Probenahme des Regenwassers erfolgte mit wet-only- Sammlern, die im Niederschlagsmeflnetz des Bayerischen Landesamts fOr Umweltschutz eingesetzt werden (BAYERI- SCHES LANDESAMT FOR UMWELTSCHUTZ, 1992). Die Ger~ite 6ffnen den Trichterverschlufl mittels Sensorsteuerung nur bei UWSF- Z.Umweltchem. Okotox. 6 (1) 5 - 8 (1994) 9 ecomed verlagsgesellschaftAG & Co.KG Landsberg 5
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Page 1: Die Photosynthehemmung pflanzlicher Protoplasten; Photosynthesis inhibition of protoplasts — An Indicator for air-borne immissions;

Originalarbeiten Okotoxische Wirkung yon Regenwasser

Die Photosynthehemmung - E i n I n d i k a t o r fiir L u f t i m m i s s i o n e n

pflanzlicher Protoplasten

Stephan Overmeyer 1, Monica W/iber 2, Jiirgen Bausch-Weifl 3, Ludwig Peichl 2, Heide Schnabl 3

10XYTEC GmbH, Universit/itsstr. 142, D-44799 Bochum

2 Bayerisches Landesamt ffir Umweltschutz, Postfach 81 01 29, D-81901 Miinchen

3 Institut f6r Landwirtschaftliche Botanik der Universit/it Bonn, Meckenheimer Allee 176, D-53115 Bonn

Zusammenfassung. Die 6kotoxische Wirkung yon Regenwas- ser auf die lichtabh~ingige, photosynthetische Sauerstoffproduktion suspendierter Protoplasten der Ackerbohne (Vicia faba L.) wurde zur Charakterisierung yon Luftimmissionen herangezogen. Der Protoplasten-Biotest zeigte bei Regenwasserproben, die yon M~irz bis Juli in einem landwirtschaftlich genutzten Gebiet enmommen wur- den, eine deutliche Hemmung der photosynthetischen Sauerstoffent- wicklung. Parallel wurden chemische Analysen auf einige Herbizid- wirkstoffe durchgefiihrt. Die ermittelten Konzentrationen konnten jedoch den analysierten Hemmwert der Sauerstoffproduktion nicht ausreichend erklfiren, so daft anzunehmen ist, dag nicht analysierte Substanzen sowie synergistische oder additive Effekte der Regenwas- serinhaltsstoffe die ermittelte Toxizitiit ergaben.

Abstract. Photosynthesis Inhibition of Protoplasts - An Indicator for Air-Borne Immissions The ecotoxicological effect of rain water on the light-dependent, pho- tosynthetical oxygen production of suspended protoplasts from the bean species Viciafaba L. was used for the characterization of air- borne immissions. The protoplast-biotest - with rain water sam- ples taken in an agricultural area from March to July - showed a clear inhibition of the photosynthetical oxygen production. Simul- taneously, chemical analyses on some herbicides were carried out. The concentrations determined, however, did not sufficiently ex- plain the measured inhibition of oxygen production; so, the toxi- city yielded was assumed to result from not-analyzed compounds as well as synergistic and additive effects of the rain water consti- tuents.

1 Ein le i tung und P r o b l e m s t e l l u n g

Pflanzenschutzmittel wurden neben einer Vielzahl anderer organischer Chemikalien (WINKELER et al., 1988) in letzter Zeit wiederholt im Regenwasser gefunden (LANDESAMT FOR WASSER UND ABFALL NRW 1992; BAYERISCHE LANDESAN- STALT FOR WASSERFORSCHUNG, 1990; BUSER, 1990; NATIONS and HALLBERG, 1992; SCHARF et al., 1992). So stellte das LANDESAMT FOR WASSER UND ABFALL NORDRHEIN- WESTFALEN (1992) bei 35 yon 54 untersuchten Regenwas- serproben eine Uberschreitung des Grenzwertes der Trink- wasserverordnung (0,1/ag/1 for Einzelsubstanzen) mit min- destens einem Wirkstoff fest. Spitzenwerte betrugen for Atra- zin 0,58/~g/1 und fOr Isoproturon 0,6/~g/1. Die BAYERISCHE LANDESANSTALT FOR WASSERFORSCHUNG (1990) ermittelte sogar Atrazinkonzentrationen bis zu 2,2/~g/1 im Regenwas- ser. Pestizide ktnnen durch Abdrift wiihrend der Ausbrin- gung, durch Verdampfung oder an Bodenteilchen gebunden in die Atmosph~ire gelangen und mit dem Niederschlag aus- gewaschen werden (HURLE et al. 1987). Nach Schfitzwerten

wurden alleine in Bayern im Mittel der Jahre 1987 - 1989 j~ihrlich 5 t Atrazin und 6 t Lindan dutch Niederschliige ein- und ausgetragen (BAYERISCHE LANDESANSTALT FOR WASSER- FORSCHUNG, 1990). Auf diese Weise gelangen Pflanzen- schutzmittel auch auf unbehandelte Fliichen wie Naturschutz- und Wasserschutzgebiete.

Eine Aussage fiber die tatsfichliche 6kotoxische Wirkung von Regenwasser ist nur nach einem Monitoring mit einem Bio- test m6glich. Bei einem Biotest handelt es sich um ein Sy- stem zum Schadstoffnachweis mit Hilfe biologischer Mel~- fohler. Meist werden Organismen oder deren Untereinhei- ten verwendet. Im Gegensatz zu chemischen Nachweisme- thoden, die verschiedene Substanzen qualitativ und quantitativ erfassen, werden bei einem Biotest auch additive und synergistische Effekte der vorhandenen Inhaltsstoffe re- gistriert (SCHNABL, 1991; PEICHL et al. 1990).

Der Protoplasten-Biotest verwendet zellwandlose, pflanzli- che Zellen (Protoplasten) als biologische Einheit (LINDNER et al., 1992; OVERMEYER et. al., 1992; SCHNABL, 1991). Durch die Entfernung der Zellwand wird das Eindringen yon Schadstoffen erleichtert und somit die Empfindlichkeit for einwirkende Substanzen erhtht. Unter dem Einflu~ von Pho- tosynthesehemmstoffen wird die lichtabhfingige Sauerstoff- entwicklung der Protoplasten gehemmt. Diese kann folg- lich als Met~parameter for die Bestimmung der Kontamina- tion eines Gew~issers herangezogen werden. Vor allem Her- bizide k6nnen wegen ihrer spezifischen Wirkung auf die Photosynthese pflanzlicher Organismen mit dem Pro- toplasten-Biotest erfa~t werden.

Die Eignung des Protoplasten-Biotests zur Erfassung von Herbizidwirkstoffen, die unmittelbar in den photosyntheti- schen Elektronentransport eingreifen, wurde bereits yon LINDNER et al. (1992) und OVERMEYER et. al. (1992) nach- gewiesen. Unter dem Einflut~ yon Atrazin, Terbuthylazin, Diuron oder Isoproturon war bereits bei 6,25/zg/1 eine Wir- kung auf die photosynthetische Sauerstoffproduktion der Protoplasten feststellbar.

2 Mater ia l und Me thoden

2.1 Regenwassersammlung

Die Probenahme des Regenwassers erfolgte mit wet-only- Sammlern, die im Niederschlagsmeflnetz des Bayerischen Landesamts fOr Umweltschutz eingesetzt werden (BAYERI- SCHES LANDESAMT FOR UMWELTSCHUTZ, 1992). Die Ger~ite 6ffnen den Trichterverschlufl mittels Sensorsteuerung nur bei

UWSF - Z.Umweltchem. Okotox. 6 (1) 5 - 8 (1994) �9 ecomed verlagsgesellschaft AG & Co.KG Landsberg 5

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~)kotoxische Wirkung yon Regenwasser Originalarbeiten

Regen und Schneefall, so daft nut die nasse Deposition ge- sammelt wird. Das Wasser wird mit einem Glastrichter mit ca. 24 cm Durchmesser aufgefangen und fiber einen Teflon- schlauch in eine 10-Liter-Glasflasche geleitet. Die Proben wurden im Abstand yon 4 Wochen enmommen. Um che- mische Ver~inderungen der Wasserinhaltsstoffe weitgehendst zu vermeiden, wird die Glasflasche im dunklen Sammlerge- h~iuse auf 1 ~ bis 6 ~ temperiert.

Die Sammelstandorte und -zeitriiume waren:

1) N/ihe Ismaning bei Mfinchen: Februar - November 1992 2) Effnerplatz (Mfinchen): Mai - November 1992 3) Luise-Kiesselbach-Platz (Mfinchen): Mai - November

1992

2.2 Gewinnung der Protoplasten

Die Methode der Protoplastenisolierung geht auf Arbeiten von SCHNABL et al. (1980) und DNDNER (1990) zurfick. Als Ausgangsmaterial der Mesophyllprotoplasten dienten Bl~it- ter drei Wochen alter Bohnenpflanzen (Vicia faba L.). Die Isolierung der Protoplasten erfolgte in zwei Schritten. Nach dem enzymatischen Herausl6sen aus dem Zellverband wur- den sie durch einen diskontinuierlichen Mannit-Saccharose- Dichtegradienten gereinigt.

2.3 Bestimmung der photosynthetischen Sauerstoffentwicklung

Die Sauerstoffentwicklung im Licht (Photosynthese) bzw. der Sauerstoffverbrauch im Dunkeln (Atmung) wurde polarogra- phisch mit Hilfe von Clark-Elektroden gemessen (DELIEU and WALKER, 1972). Jede .~nderung des Sauerstoffpartial- drucks in der Mefkammer ffihrt hierbei zu einer .~nderung des Stromflusses. Ffir die Messungen wurde eine Apparatur mit vier Oz-Mefkammern verwendet (Fa. OXYTEC, Bo- chum). Als Lichtquelle diente eine 150-W-Halogen-Lampe mit vorgeschaltetem UV-Filter (Fa. Streppel, Wermelskir- chen). Mit 4 Lichtleitern aus Glasfasern in ungeordneter An- ordnung wurden alle 4 Mefkfivetten in der gleichen Licht- st~irke (S~ittigungsbereich) belichtet. Zur Konstanthaltung der Temperatur (20 ~ waren die Mefkfivetten an einen Wasser-Thermostaten angeschlossen.

Die Dauer eines Mefintervalles betrug 30 Minuten. Durch die Addition von Atmung und Sauerstoffproduktion ergab sich die gesamte Photosyntheseleistung der Protoplasten. Hierbei wurde zunfichst die Atmung in einer 10minfitigen Dunkelphase gemessen. Die Ermittlung der Sauerstoffpro- duktion erfolgte in der folgenden, 20miniitigen Lichtphase.

2.4 Regenwasseruntersuchungen

Die Regenwasserproben wurden bis zu ihrer Analyse in Glas- gef/ifen bei 4 ~ im Kfihlschrank gelagert. Ffir die Messun- gen wurde das Regenwasser mit einem Photosynthesepuffer (3,2 M Saccharose; 80 mM HEPES; 16 mM MgCI2; 4 mM CaCI2; pH 8,2) im Verhfiltnis 3 : 1 verdfinnt. In den Kon- trollen wurde synthetisches Verdfinnungswasser aus dem Daphnientest eingesetzt (DIN 38412, L 30). Ms Kohlenstoff- quelle diente 10 mM NaHCO3.

Das Gesamtvolumen der Mefkammer betrug 2,5 ml, die sich wie folgt zusammensetzten:

- 100/al Protoplastensuspension (entspricht ca. 25/ag Chlorophyll; Chlorophyllbestimmung nach ARNON, 1494)

- 120/A NaHCO 3 - 570/al Photosynthesepuffer - 1 710/al Regenwasser oder I 710/al synthetisches Ver-

dfinnungswasser in den Kontrollmessungen

Jede Regenwasserprobe wurde mit 8 Mefwiederholungen ge- gen 8 Kontrollen getestet. Um festzustellen, ob zwischen den Mittelwerten der Kontrollen und den Ansfitzen mit Regen- wasser ein statistischer Unterschied besteht, wurde der Mittelwert-t-Test mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit von 5 % angewendet.

2.5 Chemische Analyse der Regenwasserproben Neben dem biologischen Test wurden in einigen F~illen Re- genwasserproben auf die Herbizide Isoproturon, Atrazin, Si- mazin, Terbuthylazin, Metribuzin und Propazin untersucht.

Die Substanzen wurden mittels Festphasenextraktion aus dem Regenwasser extrahiert. Die Messung erfolgte mit GC/MS bei einer Bestimmungsgrenze von 0,020/~g/1. Die Quantifi- zierung von Atrazin erfolgte fiber einen isotopenmarkierten, internen Standard nach der Isotopenverdfinnungsmethode. Die anderen Verbindungen wurden ebenfalls mit diesem Standard quantifiziert und anschliefend mit Responsefak- toren korrigiert.

3 Ergebnisse

3.1 Jahresdarstellung der Regenwasseruntersuchungen

Die Ver~inderungen der Sauerstoffproduktion einer Proto- plastensuspension durch den Einfluf der Regenwasserpro- ben sind in Abb. 1 ffir die drei Probenahmestellen dargestellt. (Bei der Probe aus Ismaning vom 15.6. handelt es sich um eine 6-Wochen-Mischprobe).

Die untersuchten Regenwasserproben vom Effnerplatz und Luise-Kiesselbach-Platz hatten wfihrend des gesamten Un- tersuchungszeitraumes keinen signifikanten Einfluf auf die Sauerstoffproduktion der Protoplasten. Ffir den Standort Ismaning konnten die ermittelten Hemmungen vom 21.4. (15 ,1%), vom 18.5. (.14,3 %), vom 15.6. und vom 13.7. (15,8 %) statistisch abgesichert werden. Im Monat Novem- ber war bei allen Standorten eine geringffigige, nicht signifi- kante, stimulierende Wirkung durch das Regenwasser fest- zustellen.

3.2 Ergebnis der chemischen Analyse

Die in den Regenwasser-Mischproben gefundenen Herbizid- Konzentrationen sind in Tabelle 1 aufgeRihrt. Es handelt sich bei allen untersuchten Proben um 4-Wochen-Mischproben, ausschliefllich der aus Ismaning vom 15.6. (6 Wochen).

Die Substanzen Metribuzin, Propazin und Simazin konnten in keiner Probe oberhalb der Bestimmungsgrenze von 0,020/~g/1 gefunden werden, weshalb diese drei Stoffe in Ta-

6 UWSF-Z.Umweltchem. Okotox. 6 (1) 1994

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Originalarbeiten C)kotoxische Wirkung yon Regenwasser

Ver~inderung der Sauerstoffproduktion [%] 20

Abb. 1: Einflug von Regenwasserproben aus Ismaning, Effnerplatz und Luise- Kiesselbach-Platz auf die Vitalit/it ei- net Protoplastensuspension; gegen- fiber den Kontrollen statistisch abge- sicherte Hemmungen sind mit einem ,,*" gekennzeichnet (n = 8 ) ; , - " be- deutet, daft keine Proben vorlagen. In Ismaning wurde nicht am 15.6. sondern am 25.06. 1992 eine Probe enmommen (6-Wochen-Mischprobe)

10

-10

-20 I I I I I I I I I I r

24.2. 23.3. 21.4. 18.5. 15.6. 13.7. 10.8. 7.9. 5.10. 2.11. 30.11.

Datum der Probe (1992)

~lsmaning ~Effnerplatz ~Luise-Kiesselbach-PI.

belle 1 nicht berficksichtigt wurden. Auff/illig ist, daf Herbizidwirkstoff-Konzentrationen oberhalb der Nachweis- grenze von 0,020/~g/1 nur im Zeitraum Mai - Juli gefun- den wurden. Konzentrationen, die oberhalb des Grenzwer- tes der Trinkwasserverordnung von 0,1/ag/1 lagen, wurden ffir Terbuthylazin (0,208/~g/1) und Atrazin (0,113/~g/1) am 15.6. in Ismaning ermittelt. Die Regenwasserproben vom Eft- nerplatz (0,197/ag/1) und Luise-Kiesselbach-Platz (0,180/ag/1) vom 15.6. wiesen ffir Terbuthylazin ebenfalls Konzentratio- nen oberhalb dieses Grenzwertes auf. Obwohl die Anwen- dung von Atrazin verboten ist, wurde es in den Monaten Mai und Juni in allen Regenwasserproben gefunden. Die Proben aus Ismaning (15.6.) und vom Effnerplatz (18.5.) enthiel- ten 0,048/~g/1 bzw. 0,076/ag/1 Isoproturon.

4 Diskussion

Proben aus dem ackerbaulich genutzten Gebiet bei Ismaning reduzierten im Zeitraum von Ende M~irz bis Mitte Juli sig- nifikant die Photosyntheseleistung einer Protoplastensuspen- sion (-~ Abb. 1). In diesem Zeitraum des Jahres werden all- gemein die meisten Pflanzenschutzmittel ausgebracht.

Von der BAYERISCHEN LANDESANSTALT FOR WASSERFOR- SCHUNG (t990), HURLE et al. (1987), NATIONS and HALL- BERG (1992), SCHA~ et al. (1992), BUSER (1990), SiEBERS et al. (1991) und OBERWALDER et al. (1991) wird ebenfalls fiber einen Zusammenhang zwischen der Hauptanwendungs- zeit von Pestiziden und ihrem Vorkommen im Regenwasser berichtet. Grfinde dafiir sind - neben der direkten Abdrift w/ihrend der Ausbringung - auch die in der w/irmeren Jah- reszeit erh6hte Evaporation und Winderosion des Bodens (BusER, 1990). Die Vermutung, daft die ermittelten Hem- mungen durch einzelne Herbizide oder dutch das Zusammen- wirken von Herbizid-Wirkstoffen hervorgerufen wurde, liegt wegen der spezifischen Empfindlichkeit der Protoplasten ge- genfiber diesen Stoffen nahe, kann jedoch durch die Ergeb- nisse der chemischen Analytik nicht verifiziert werden.

FOr den Standort Ismaning liegt ffir den Zeitraum, in dem Regenwasserproben einen signifikanten Einfluf auf die Pro- toplasten ausfibten, nur ffir die 6-Wochen-Mischprobe vom 15.6. eine chemische Analyse vor (-~ Tabelle 1). Es wurden Atrazin, Isoproturon und Terbuthylazin gefunden. Die er- mittelte Gesamtkonzentration lag bei 0,369/~g/1. Mit die- ser Wirkstoffmenge 1/ift sich eine signifikante Beeintriichti- gung der Photosyntheseleistung der Protoplasten nicht erkl~i- ren. Durch Herbizide hervorgerufene Hemmungen der lich- tabh/ingigen, pflanzlichen Sauerstoffproduktion liegen erst im Bereich von einigen ppb (LINDNER et al., 1992, OVERME- YER et al., 1992). Es kann jedoch angenommen werden, daft sich in der 6-Wochen-Mischprobe noch andere, nicht unter- suchte Herbizide oder deren Abbauprodukte befunden ha- ben. Von den ca. 100 in Deutschland angemeldeten Herbi- zidwirkstoffen (HoLZMANN und CARGANICO, 1991) wurden nut sechs untersucht.

Tabelle 1: Herbizidwirkstoff-Konzentrationen Lug/l] der chemisch analysierten Regenwasser-Mischproben der Standorte Is- maning (I). Effnerplatz (E) und Luise-Kiesselbach-Platz (L) im Jahre 1992

Probenahme Wirkstoff

Datum (Ort(e)) Isoproturon Atrazin Terbuthylazin

18.05. (E) 0,076 0,089 < 0,020

15.06. (E) < 0,020 0,072 0,197

15.06. (L) < 0,020 0,066 0,180

25.06. (I) 0,048 0,113 0,208

13.07. (E) < 0,020 < 0,020 0,033

13.07. (L) < 0,020 < 0,020 0,030

10. 08. (I, E, L) < 0,020 < 0,020 < 0,020

7. 09. (I, E, L) < 0,020 < 0,020 < 0,020

5. 10. (I, E, L) < 0,020 < 0,020 < 0,020

UWSF-Z.Umweltchem. Okotox. 6 (1) 1994 7

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Okotoxische Wirkung yon Regenwasser Originalarbeiten

Die Ergebnisse haben jedoch gezeigt, dat~ der Protoplasten- Biotest Riickschliisse auf das Vorhandensein phytotoxischer Stoffe im Regenwasser zul~iflt. Unter Einbeziehung s~imtli- cher additiver und synergistischer Effekte wird die Wirkung aller im Wasser befindlichen, die Photosynthese hemmenden Substanzen erfaflt. Dazu sind neben Pflanzenschutzmitteln auch andere Substanzen wie z.B. Phenole und polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe, wie sie von WINKELER et al. (1988) im Regenwasser nachgewiesen wurden, zu rechnen. SCHMIDT u n d SCHNABL (1988) sowie SCHNABL u n d YOUNG- MAN (1987) bewiesen bereits die Eignung pflanzlicher Pro- toplasten yon Ficia faba L. zum Nachweis yon Phenolen.

Diese Tatsache ist auch im Zusammenhang mit der komple- xen Ursachenforschung der neuartigen Waldsch~iden zu se- hen. Ob jedoch die Erkennmisse, dal~ die Photosyntheselei- stung einer Protoplastensuspension durch Regenwasser ver- ringert wird, auch auf intakte Pflanzen fibertragen werden kann, muff in der Zukunft untersucht werden.

D a n k s a g u n g

Die Untersuchungen wurden mit finanziellen Mitteln des Bayerischen Staatsministeriums for Landesentwicklung und Umweltfragen unter- stiitzt.

5 Literatur

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Eingegangen: 13. Juli 1993 Akzeptiert: 30. August 1993

Obersicht kommender Beitr/ige Benzol: Modellrechnungen zum Verhahen in der Umwelt H. BEHRENDT; R. BROGGEMANN

Okologische Situation der Region Leipzig-Halle I: Immissionsmuster luftgetragener Schwermetalle und Bioelemente L. WEI~EOG; K. WmNHOED; K.-D. WENZEL; G. SCH00RMANN lI: Modellierung der Partikelgr6t~e der Flugst/iube L. WEI~LOG; W. ROLLE; K.-D. WENZEL; R. K~HNE; G. SCHI~0RMANN IIl: Okotoxikologische Charakterisierung der Schwermetall-lmmissionsmuster G. SCH00RMANN; K.-D. WENZEL; L. WEIflFLOG; K. WIENHOLD; E. Mt)LLER

Die Wirkung yon Photooxidantien auf Sommerweizen - Gaswechselmessungen w~ihrend der Begasung mit Ozon, PAN und H202

im Labor J. MAGUHN; H. SELINGER; A. ZIEGLER-JONS; D, KNOPPIK

Flechten als Bioindikatoren einer lmmissionsbelastung - M6glichkeiten ffir die kommunale Luftreinhaltestrategie

H. BARTNOLMESS; R. BOEMER; G. ROSSLER; G. SCHOBER; W. NOBEL; U. ARNDT

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t e r dem Einflut~ eines synthetischen Huminstoffes T. MEINELT; G. STAAKS; A. STI~IBER Nematoden (FadenwOrmer) in der 6kotoxikologischen Forschung - Pl~idoyer f/ir eine vemachl~issigte, jedoch sehr aussagekr~iftige Tiergruppe

W. TRAUNSPURGER; C. STEINBERG; T. BONGERS Platin in KI/~rschlammasche und an Gr~isern E. HELMERS; R. BARCHET Bestimmung von Mineral61kohlenstoffen im Boden - Bodenstandards und Ringanalysen

H. FISCHER; H.-J. KRETZSCHMAR; G. CHRISTOPH; V. NEYEN

8 UWSF-Z.Umweltchem. Okotox. 6 (1) 1994


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