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DIPLOMARBEIT / DIPLOMA THESIS -...

Date post: 26-Oct-2019
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DIPLOMARBEIT / DIPLOMA THESIS Titel der Diplomarbeit / Title of the Diploma Thesis „Literatur der bosnischen Muslime in der osmanischen Zeit (1463-1878)“ verfasst von / submitted by Sandra Bajramović Keranović angestrebter akademischer Grad / in partial fulfilment of the requirements for the degree of Magistra der Philosophie (Mag. phil.) Wien, 2016 / Vienna, 2016 Studienkennzahl lt. Studienblatt / degree programme code as it appears on the student record sheet: A 190 333 365 Studienrichtung lt. Studienblatt / degree programme as it appears on the student record sheet: Lehramtsstudium UF Deutsch, UF Bosnisch/Kroatisch/Serbisch Betreut von / Supervisor: Doz. Ao.Univ.-Prof. Dr. Katja Sturm-Schnabl
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DIPLOMARBEIT / DIPLOMA THESIS

Titel der Diplomarbeit / Title of the Diploma Thesis

„Literatur der bosnischen Muslime in der osmanischen Zeit

(1463-1878)“

verfasst von / submitted by

Sandra Bajramović Keranović

angestrebter akademischer Grad / in partial fulfilment of the requirements for the degree of

Magistra der Philosophie (Mag. phil.)

Wien, 2016 / Vienna, 2016

Studienkennzahl lt. Studienblatt /

degree programme code as it appears on

the student record sheet:

A 190 333 365

Studienrichtung lt. Studienblatt /

degree programme as it appears on

the student record sheet:

Lehramtsstudium UF Deutsch,

UF Bosnisch/Kroatisch/Serbisch

Betreut von / Supervisor:

Doz. Ao.Univ.-Prof. Dr. Katja Sturm-Schnabl

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Danksagung

Ein großer Dank geht an meine Betreuerin Doz. Ao. Univ.-Prof. Dr. Katja Sturm-Schnabl für

ihre fachliche und kompetente Unterstützung und die wertvolle Zeit, die sie sich für mich

genommen hat.

Ebenso möchte ich mich beim Personal der Schule „JU Medresa Džemaluddin ef. Čaušević“

in Cazin bedanken. Mein besonderer Dank gilt Prof. Izeta Veladžić, die mir mit ihren

wertvollen Ratschlägen geholfen hat.

Vielen Dank an meinen Ehemann für seine Geduld, Begeisterung und den Glauben an meine

Fähigkeiten.

Der allergrößte Dank gebührt meinen Eltern, die mich während meiner gesamten

Ausbildungszeit finanziell unterstützt und gefördert haben. Ich möchte ihnen für ihr

Verständnis und ihre Hilfe in jeder erdenklichen Form danken und ihnen als Dankeschön

diese Arbeit widmen.

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Dođe mi od tebe pismo, što dušu razgaljuje; kad je pročitano, metnuo sam ga na goruće srce.

Bojeći se da ga uzdah moga srca ne sprži – odmah sam ga uzeo i metnuo na plačne oči.

U strahu da ga suze mojih očiju ne saperu, skinuo sam ga s njih i metnuo u dušu…

Muhamed Nerkesija

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1 Inhaltsverzeichnis

1 Inhaltsverzeichnis ............................................................................................................... 5

2 Vorwort ............................................................................................................................... 7

3 Einleitung ............................................................................................................................ 9

3.1 Die Geschichte Bosniens und der bosnischen Muslime (1463-1878) ......................... 9

3.1.1 Islamisierung der bosnischen Bevölkerung .......................................................... 9

3.1.2 Kritik am Prozess der Islamisierung in Bosnien und Herzegowina ................... 11

3.1.3 Verwendung der Begriffe Patara, potur, Halbmuslime und balije in der

Gesellschaft und Literatur ................................................................................................. 13

3.1.4 Die Entstehung der bosnischen Städte und deren Bevölkerung ......................... 15

3.1.5 Wichtige bosnische Personen im osmanischen Reich ........................................ 18

3.1.6 Bildung und Literatur der bosnisch-muslimischen Bevölkerung ....................... 19

4 Literatur der bosnischen Muslime in der osmanischen Zeit (1463-1878) ........................ 23

4.1 Bosnisch-muslimische Autoren und ihre Werke in türkischer Sprache .................... 25

4.1.1 Die Biografie und das Wirken von Muhamed Nerkesija (1584 in Sarajevo

geboren – 1634 in Istanbul gestorben) .............................................................................. 25

4.1.2 Der mystische Dichter Husein Lamekanija (gestorben 1625) ........................... 29

4.1.3 Hasan Kaimija, der Tekke-Dichter ..................................................................... 31

4.1.4 Das Leben und Schaffen von Hasan Zijaija Mostarac (? in Mostar geboren -

1548/5 gestorben) .............................................................................................................. 32

4.2 Poetisches Werk von Muhamed (Mehmed?) Hevai Uskufi (1601 in Tuzla geboren –

1650 gestorben) .................................................................................................................... 39

4.2.1 Muhamed Hevai Uskufi: Bosnisch-türkisches Wörterbuch (Potur Šahidije)

(1631) 39

4.3 Literatur der bosnischen Muslime in persischer Sprache und ihre Vertreter ............ 42

4.3.1 Die Wirkung des sufischen weltlichen Dichters Mevlana Dželaludin Rumi auf

die Arbeit der bosnisch-muslimischen Autoren ................................................................ 42

4.3.2 Adni Mahmud paša Abogović (1420 in Kruševac geboren – 1474 gestorben) . 44

4.3.3 Derviš-paša Bajezidagić (im 16. Jahrhundert in Mostar geboren) ..................... 45

4.3.4 Fevzi Mostarac (1670 in Blagaj geboren – 1747 in Mostar gestorben) ............. 51

4.4 Bosnisch-muslimische Autoren und ihre Werke auf Arabisch ................................. 53

4.4.1 Ahmed Šemsudin Sarajlija und Hasan Kaimija (in der ersten Hälfte des 17.

Jahrhunderts in Sarajevo geboren – 1690 in Zvornik gestorben) ..................................... 54

4.4.2 Ali Dede Bošnjak (1540 in Mostar geboren – 1598 in Mekka gestorben) ........ 57

4.4.3 Hasan Kafija (el Akhisari) Pruščak (1544 in Prusac geboren -1615 gestorben) 58

5 Alhamijado-Literatur ........................................................................................................ 63

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5.1 Vertreter der Alhamijado-Literatur: Omer-ef. Humo (1808 in Mostar geboren -1880

in Sarajevo gestorben), Muhamed Velihodžić-Razija (18. Jh.), Umihana Čuvidina (1794 in

Sarajevo geboren – 1870 gestorben) .................................................................................... 65

5.2 Die Gedichtformen Ilahija und Kasside in der Alhamijado-Literatur....................... 73

5.2.1 Abdulvehab Ilhamija (1773 in Žepče geboren - 1821 in Travnik gestorben) .... 74

6 Zusammenfassung ............................................................................................................. 76

7 Književnost bosanskih muslimana u vrijeme Osmanskog carstva ................................... 78

(1463-1878) .............................................................................................................................. 78

8 Literaturverzeichnis .......................................................................................................... 84

[Text eingeben] Seite 7

2 Vorwort

Das Ziel meiner Diplomarbeit ist die Darstellung der Literatur der bosnischen Muslime in der

osmanischen Zeit, also im Zeitraum vom Anfang des 15. bis zur ersten Hälfte des 19.

Jahrhunderts. Mein Interesse gilt besonders den Veränderungen und der Entwicklung der

bosnischen Literatur während dieser Epoche. Am Anfang meiner Arbeit werde ich mich mit

der Geschichte Bosniens bzw. mit der Ankunft der Osmanen in Bosnien und mit der

Islamisierung der Bevölkerung befassen. Dies ist für mein Thema wichtig, weil die neue

Religion, der Islam, die bosnische Literatur beeinflusst hat. Anhand der Gedichte und Texte

der bosnisch-muslimischen Autoren wollte ich herausfinden, ob der Inhalt der Werke bzw.

die Meinungen der Autoren strikt religiös oder aufklärerisch sind. Hier spreche ich von der

umfangreichen Lyrik und Prosa verschiedener Autoren, die Gott, Liebe, Frau, Heimatland und

Sehnsucht zum Thema hatten. Diese Autoren waren gebildete Menschen, die in türkischer,

arabischer, persischer Sprache und in der bosnischen Volkssprache gedichtet haben. Als

gebildete Autoren haben sie für die gebildeten Leser geschrieben. Ihre Literatur war nicht für

die breite bosnische Bevölkerung gedacht.

Mit der Ankunft der Osmanen kam es zu vielen Veränderungen. Eine andere Kultur, Tradition

und Religion verbreiteten sich in ganz Bosnien. Für die Einheimischen entstand eine neue

Welt, an die sie sich anpassen mussten. Geist und Kultur der Osmanen waren anders als jene

der bosnischen Bevölkerung. Für mich ist es besonders wichtig, wie sich all das auf die

Sprache und Literatur ausgewirkt hat. Die türkische Sprache war zu dieser Zeit in Bosnien die

Sprache der Administration. Mit der neuen Religion kam noch die arabische Sprache als

Sprache der Religion und der Wissenschaft hinzu. Die persische Sprache war die Sprache der

Poesie. Man darf aber nicht vergessen, dass die bosnische Volkssprache und Volksliteratur

immer weiter bestanden. Manche Autoren haben sogar in ihren Gedichten zwischen dem

Türkischen und dem Bosnischen gewechselt. Alle diese Tatsachen sind das Besondere und

Interessante an der bosnischen Literatur und stellen sie als echte Herausforderung dar.

Auf Grund der Quellenlage habe ich die Texte der bosnisch-muslimischen Autoren in

orientalischen Sprachen in den jeweils bezeichneten Übersetzungen ins Bosnische verwendet.

Die Übersetzungen ins Deutsche wurden von mir verfasst.

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3 Einleitung

3.1 Die Geschichte Bosniens und der bosnischen Muslime (1463-1878)

3.1.1 Islamisierung der bosnischen Bevölkerung

Der Prozess der Islamisierung Bosniens, der eine wichtige Rolle in der Geschichte des Landes

hat, beginnt mit der Ankunft der Osmanen, im Jahr 1463. Vor der Eroberung durch die

Osmanen gab es in Bosnien drei Kirchen (die bosnische Kirche, die orthodoxe Kirche und die

katholische Kirche). Die staatliche Politik unterstützte keine davon. Nach Dominik Mandić

beteiligte sich der bosnische König Stjepan Tomaš 1459 an der Verfolgung der bosnischen

Christen, genannt Bogomilen. Einige mussten ihr Land verlassen und andere wurden zu

Katholiken, obwohl sie ihre alte Religion geheim weiter praktizierten.1 Die Bogomilen

akzeptierten also den Islam nicht aus dem Grund, dass ihr Glaube der Überzeugung der

Muslime am nächsten war, sondern aus politischen Gründen, weil sie das Ziel täglicher

Angriffe durch die Katholiken gewesen waren. Sie mussten sich entweder der Herrschaft des

osmanischen Reiches oder der katholischen Herrschaft unterwerfen. Deshalb kann davon

ausgegangen werden, dass die verfolgten bosnischen Christen im Jahr 1463 das Land

verrieten, ihre Städte den Osmanen übergaben und auf ihre Seite traten. Andere Einwohner,

einschließlich kleiner Grundbesitzer, flohen meist nach Dalmatien und Italien, wo sie sich als

Häretiker den Katholiken anpassten. Mustafa Imamović schreibt, dass unter einigen

Menschen, die bereits zum Islam konvertiert waren, Misstrauen aufgetreten war, und sie

stellten sich schon im Jahr 1463 auf die Seite des ungarischen Königs Matthias Corvinus,

nachdem dieser Jajce erobert hatte.2 Der Prozess der Islamisierung verlief im 15. und Anfang

des 16. Jahrhunderts langsamer. Dominik Mandić war der Meinung türkischer Forscher, die

behaupteten, dass die Osmanen die Religion der bosnischen Bevölkerung respektiert haben,

um die Sympathie der Menschen zu gewinnen.3 Während des Prozesses der Islamisierung

wurde tatsächlich keine religiöse Propaganda betrieben, sondern sobald sich die Bewohner

eines Orts zum Islam äußerten, fanden sich religiöse Menschen, die zum Lehren bereit waren.

Mustafa Imamović nannte als Hauptziel der Osmanen in Bosnien nicht die Islamisierung der

1 Mandić (1976), S. 135.

2 Imamović (1998), S.142.

3 Mandić (1976), S. 146.

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Bevölkerung, sondern die baldige Etablierung der politischen Macht.4 Die Islamisierung

brachte der Bevölkerung den Vorteil, dass sie mit der Akzeptanz der neuen Religion ihren

Besitz behalten durfte. Da die Politik des osmanischen Reiches die Menschen nicht

gezwungen hat, zum Islam zu konvertieren, sie jedoch als Muslime bessere Rechte hatten,

gaben viele der Bogomilen dem osmanischen Einfluss nach.

Die physische Vernichtung der alten Herrscher übten auch die Osmanen aus. Dieses

Phänomen hatte seine Wurzeln bei den Assyrern und Babyloniern, die die Meinung vertraten,

dass die Idee der alten Herrscher von einer Wiederherstellung des alten Staates sofort zerstört

werden muss. Hasan Kafija Pruščak (1544 in Prusac geboren – 1615 gestorben) schrieb dazu

in seinem Werk Temelji mudrosti o uređenju svijeta (Die Grundlagen der Weisheit über die

Weltordnung), in dem er den Osmanen den Rat gab, die alten Machthaber und ihre

Nachkommen zu vernichten, damit ihr Hass ebenfalls ausgelöscht wird.5 Auf diese Weise

wurden viele, auch der König Stjepan Tomašević liquidiert. Durch diese fließende

Islamisierung in Bosnien unterschied sich die bosnische Bevölkerung von anderer

Bevölkerung unter osmanischer Herrschaft. So wurden die bosnisch-muslimischen Kinder

nach Istanbul zur Ausbildung geschickt. Laut Svein Mønnesland hatten zusätzlich zu den

bosnischen Muslimen auch die albanischen Muslime Privilegien. Ihre Kinder wurden auch

eher zum Hofdienst als zum Militärdienst eingesetzt, allerdings unter der Bedingung, dass

sowohl die Kinder als auch die Eltern damit einverstanden waren.6 Die Bevölkerung anderer

Glaubensrichtungen wurde nicht unter Druck gesetzt oder vertrieben, musste aber Tribut

(harač) zahlen. Dominik Mandić schreibt, dass den Franziskanern Religionsfreiheit garantiert

wurde solange sie dem Sultan loyal waren.7 Nach Johann Rośkiewicz kamen die

Franziskanern 1233 nach Bosnien, wo sie die Patarenen (Bogomilen) bekämpften. Zur Zeit

der osmanischen Eroberung Bosniens besaßen sie über 30 Klöster.8 Viele Klöster sind uns

nicht bekannt, weil sie bei der häufigen Kriegsführung zerstört und beschädigt wurden.

Mustafa Imamović erwähnt in seinem Werk franziskanische Klöster in Foča, Jajce, Zvornik,

Srebrenica und Bihać, von denen einige verlassen waren und zu Moscheen umgewandelt

4 Imamović (1998), S. 147.

5 Pruščak (1983), S. 107.

6 Mønnesland (2005), S. 161.

7 Mandić (1976), S. 146.

8 Rośkiewicz (1868), S. 78-79.

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wurden.9 Zu dieser Zeit hatte auch die serbische Kirche Religionsfreiheit. Orthodoxe Klöster

waren Zentren des geistlichen Lebens sowie der literarischen Schöpfung. In denen entstanden

Kunstwerke und Niederschriften. Nach Katja Sturm-Schnabl ist die „Moravska škola

živopisi“ ein Beispiel für die freie Ausübung der Religion und Förderung der Literatur und

Künste im osmanischen Reich. „Moravska škola živopisi“ prosperierte unter dem Mezӓnat

der Sultanin Mara, die Frau des Sultans Murad II. und Tochter des Despoten Georg

Branković. Sie war eine hochgebildete Person, der die wichtigen Funktionen im osmanischen

Reich anvertraut wurden. Sie wurde von ihrem Stiefsohn respektiert und als Mitglied der

Sultansfamilie angesehen. Dies war der Grund, warum die Sultanin Mara eine Beschützerrolle

der orthodoxen Kirche im osmanischen Reich hatte. Auf diese Weise konnte sie sich an der

Kirchenpolitik beteiligen.10

Einige Klöster und Kirchen im osmanischen Reich kauften sogar

Druckmaschinen, um eigene liturgische Bücher drucken und verbreiten zu können. Die erste

Druckmaschine in Bosnien war die in Goražde im 16. Jahrhundert in der Kirche des heiligen

Đorđe.11

3.1.2 Kritik am Prozess der Islamisierung in Bosnien und Herzegowina

In der serbischen und kroatischen Geschichtsschreibung wird vielfach die These vertreten,

dass der Prozess der Islamisierung unter physischem und psychischem Zwang stattgefunden

habe. Diese These wurde vor allem im Buch Etnička povijest Bosne i Hercegovine (Ethnische

Geschichte von Bosnien und Herzegowina) von Dominik Mandić entwicklet. Darin behauptet

er, dass in ganz Bosnien seit dem Mittelalter ausschließlich identitӓtsbewusste Kroaten d.h.

Katholiken gelebt hätten.12

Vjekoslav Klaić war ebenfalls der Meinung, dass in Bosnien und

Herzegowina nur das kroatische Volk gelebt habe, das sich dann durch religiöse, politische

und soziale Gegebenheiten in drei Volksgruppen geteilt habe: Türken, Christen (Bogomilen)

und Katholiken. Er behauptet, dass in ganz Bosnien und Herzegowina nur eine Sprache

gesprochen wurde, nämlich das Kroatische. Die bosnischen Kroaten aber hätten dabei ihre

Muttersprache als Bosniakisch (bošnjački) oder auch als „unsere Sprache“ (naš jezik)

9 Imamović (1998), S. 143.

10

Sturm-Schnabl (1985)

11

Filipović (2010)a, S. 378.

12

Mandić (1976), S. 13.

[Text eingeben] Seite 12

bezeichnet, seltener Serbisch oder Kroatisch.13

Muhamed Filipović ist anderer Meinung. Ihm

zu Folge lebten in Bosnien auch vor der osmanischen Eroberung Orthodoxe.14

Gewisse

kroatische und serbische Historiker behaupten, dass den Islam nur sozial schwache,

verstoßene oder zum Tode verurteilte Menschen angenommen haben. Es werden sogar

Sklaven erwähnt, die sich von der feudalen Abhängigkeit befreien wollten und Kleinadelige,

die ihren sozialen Status beibehalten wollten. Gewisse Protagonisten in der serbischen und

kroatischen Geschichtsschreibung behaupten, dass das Beispiel der Zwangsexpansion des

Islams dank dem Phänomen danak u krvi so erfolgreich war. Unter dem Begriff danak u krvi

versteht man jene Knaben und junge Männer, im Alter von 8-12 Jahre, die in Gefangenschaft

genommen und zu den Janitscharen und hohen Offizieren erzogen wurden.15

Es gibt aber

keine Quellen, die von Zwangsübertritten zum Islam berichten. Mustafa Imamović findet

auch die Behauptungen bedeutungslos, dass der Islam von Knechten und Gesetzlosen, die

sich in eine bessere Position einbringen wollten, angenommen worden wäre. Die Annahme

des Islams bedeutete nicht, dass eine Person wohlhabend geworden wäre.16

Ein Beweis dafür

sind die vielen armen Menschen im osmanischen Reich, während dort zur gleichen Zeit

wohlhabende Kaufleute lebten und arbeiteten: Griechen, Serben, Walachen, Juden, die ihren

Glauben nie aufgegeben hatten. Ivan Franjo Jukić schrieb über die Islamisierung in seinem

Werk Zemljopis i povijestnica Bosne (Die Erdkunde und Geschichte Bosniens)wie folgt:

Ovi su postali u Bosni od zločestih hrstjanah, koji svoje gospodstvo ne znajući drugačije

uzdržati, poturčiše se, iznevjeriše se Bogu, i najveći neprijatelj postadoše svig naroda i svoje

jednokrvne braće, samo zato, da uzdrže svoja posjedovanja zemaljska.17

(Diese (Muslime) sind in Bosnien aus schlechten Christen entstanden, die ihr Vermögen nicht

anders zu behalten wussten, zu Türken wurden, ihren Gott verrieten, zum größten Feind ihres

Volks und ihrer Blutsbrüder, nur um ihr weltliches Vermögen zu behalten.)

Ähnlicher Meinung war der Schriftsteller Ivo Andrić (1892 in Travnik geboren – 1975 in

Belgrad gestorben), der in seiner Dissertation Razvoj duhovnog života u Bosni pod utjecajem 13

Klaić (1878), S. 74 - 75.

14

Filipović (2010)a, S. 374.

15

Mandić (1976), S. 138.

16

Imamović (1998), S. 147.

17

Jukić (1973), S. 187-188.

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turske vladavine (Entwicklung des spirituellen Lebens in Bosnien unter dem Einfluss der

osmanischen Herrschaft) schreibt, dass die bosnischen Adeligen die Religion der Eroberer

annahmen, um ihr Eigentum zu retten.18

Die Behauptung, dass die bosnischen Adeligen durch

die Annahme des Islams leichter ihren Besitz behalten durften, entspricht nicht der Wahrheit.

Um ein Recht darauf zu haben, mussten sie sich am Militärdienst beteiligen. Über die

Verbreitung des Islams schrieb auch der Historiker Vladislav Skarić (1869 geboren – 1943 in

Sarajevo gestorben) im Jahr 1940. Er argumentierte, dass es eine falsche Auffassung sei, dass

sich der Islam auf der Balkan-Halbinsel rasch und mit Gewalt ausgebreitet habe.19

3.1.3 Verwendung der Begriffe Patara, potur, Halbmuslime und balije in der

Gesellschaft und Literatur

Unter Patara versteht man bosnische Muslime, die zuvor einem anderen Glauben angehört

hatten und diesem nach der Annahme des Islams weiterhin verbunden blieben. Nur die

Ältesten des Hauses nahmen den Islam an, während alle anderen Mitglieder der Familie

Christen blieben. Diese Art der Ausübung des Islam war spezifisch für die nomadischen

Hirten. Poturica, Halbmuslime und balije sind Begriffe, die für die Bezeichnung solcher

Menschen ebenfalls verwendet wurden. Nach Mustafa Imamović existierten im 16. und 17.

Jahrhundert Kategorisierungen der Bevölkerung durch einen anonymen Verfasser. Dieser

teilte die Bevölkerung von Bosnien in drei Gruppen: die erste Gruppe umfasste die wahren

Muslime, zu der zweiten Gruppe gehörten die Christen und die dritte Gruppe waren die

sogenannten poturi. Er stellte potur als Halbmuslime dar. Seiner Meinung nach besuchten sie

sowohl Moscheen als auch Kirchen.20

Vjekoslav Klaić verwendet in seinem Werk die

Bezeichnung poturica für das kroatische Volk in Bosnien, das die Religion der Osmanen

angenommen hat, um seine Freiheit und seinen Besitz zu sichern. Diese Menschen gewannen

somit die Rechte und Macht im osmanischen Reich während ihre katholischen Brüder ohne

Rechte blieben.21

Wie Mustafa Imamović berichtet, hat der italienische Historiker

Montalbano Ende des 16. Jahrhunderts als erster in seiner Schrift Rerum Turcarum

18

Adrić (2009)a, S. 32.

19

Skarić (1985), S. 274.

20

Imamović (1998), S. 179.

21

Klaić (1878), S. 84.

[Text eingeben] Seite 14

Comentarius (Kommentare über türkische Angelegenheiten) und in seinem Werk Turci

Imperii Status (Die Situation des Türkischen Reiches) über das Phänomen der Halbmuslime

geschrieben. Er beschrieb die Halbmuslime als Menschen, die in Bosnien lebten und weder

Christen noch Türken waren. Sie ließen sich beschneiden und wurden als die schlimmsten

Gläubigen dargestellt. Er behauptete, dass in Bosnien Ende des 16. Jahrhunderts eine Menge

Menschen lebte, die teilweise Muslime und teilweise Christen waren, obwohl sie keine dieser

Religionen richtig praktizierten. Wahre Muslime und wahre Christen haben die Halbmuslime

nicht als Gläubige angesehen. Sie betrachteten sie als raue und unanständige Bauern.22

Das

Wort potur hatte durch die Jahrhunderte verschiedene Bedeutungen bei den Autoren

unterschiedlicher Nationalitäten. So sehen wir z.B., dass dieses Wort bei den christlichen

Autoren meistens eine negative Bedeutung hatte, während es bei den muslimischen Autoren

und Persönlichkeiten positiv konnotiert war, was noch heute Geltung hat. Was mit den

Halbmuslimen geschah, wurde nie richtig erläutert. Bereits im 17. Jahrhundert wird dieser

Name weniger verwendet. Als im 17. Jahrhundert das Wort potur bzw. Halbmuslime seltener

verwendet wurde, entstand das neue Wort balije. Nach Mustafa Imamović verwendete

Daniele Farlati im seinem, im Jahre 1751 entstandenem Werk Illyricum Sacrum nicht mehr

das Wort potur, sondern das Wort balije. Balije lebten seinen Schriften zufolge angeblich in

der Gegend von Podveležje und entlang des Ufers des Flusses Neretva und im Gebiet von

Konjic und Jablanica.23

Es wird gesagt, dass balije dieselbe Religion wie die Halbmuslime

praktizierten. Der Grund für diesen Weg des Glaubens war vielleicht der, dass es zu der Zeit

nur wenige Imame gab. Es gab nur jeweils einen Imam in größeren Städten. Ein wenig später

wurden auch in ländlichen muslimischen Dörfern und Gemeinden Moscheen und islamische

Schulen erbaut. Auf diese Weise bekam die Bevölkerung eine Chance, ihre Religion besser

ausüben zu können.

22

Imamović (1998), S. 172.

23

Imamović (1998), S. 174.

[Text eingeben] Seite 15

3.1.4 Die Entstehung der bosnischen Städte und deren Bevölkerung

Nach Mustafa Imamović ging die Entwicklung der bosnischen Städte sozusagen in drei

Entwicklungsphasen vor sich. Die erste Phase war gleich zu Beginn der Eroberung von

Bosnien. Die zweite Phase begann mit dem Prozess der Islamisierung der Bevölkerung und

die dritte Phase begann im 16. Jahrhundert und dauerte bis zum Ende der osmanischen

Herrschaft. In der letzten Phase bekamen die bosnischen Städte ihren erkennbaren und

unverwechselbaren Charakter. Das Ziel der Osmanen war die Expansion des Raumes, die

Wiederherstellung und Errichtung von neuen Städten. Sie arbeiteten an der Förderung der

Landwirtschaft, des Handwerks, des Baus von Bewässerungskanälen und des Baus von

Straßen und Brücken. Der Entwicklung des Handels wurde eine zusätzliche Aufmerksamkeit

geschenkt. Deshalb bemühte man sich um eine bessere Straßenkommunikation. Auf diese

Weise entwickelten sich in Bosnien drei Arten von Städten. Die erste war das Zentrum der

Produktion und Kultur. Die zweite Art waren größere Städte mit administrativem und

gerichtlichem Sitz. Die dritte Art waren die Städte mit entwickeltem Bergbau.24

Evlija Čelebi

(1611 in Istanbul geboren – 1679 gestorben) besuchte Bosnien im Jahr 1660 und schrieb, dass

Sarajevo eine kleine Stadt mit schönen Häusern ist und einem Fluss (Miljacka), der durch die

Stadt fließt. Jedes Haus hat klares Wasser. Menschen sind davon überzeugt, dass es in

Sarajevo insgesamt 1060 Wasserquellen gibt. In der Stadt befinden sich 77 Moscheen und

viele Medresen. Von allen Medresen ist die Gazi Husrev-beg Medrese die Schönste. An ihrem

Eingang sind folgende Worte zu lesen: Stjecište dobročinitelja, dom savršenih. (Ort des

Wohltäters, Heimat der Vollkommenheit.) Weiter schrieb er, dass die Menschen in Sarajevo

gesund und glücklich sind, weil es auf allen Seiten Wiesen und einen Überfluss an klarem

Wasser gibt. Es waren sogar mehr als tausend ältere Menschen, die das 70. Jahr erlebt

hatten.25

Die Entstehung und Entwicklung der Städte haben die Osmanen auch als ihre religiösen und

menschlichen Pflichten der Bevölkerung gegenüber angesehen. Für ihre Bedürfnisse wurden

Moscheen, Medresen, Krankenhäuser, Wasserwerke, Brücken und öffentliche Küchen gebaut.

Neben diesen Einrichtungen wurden auch Bäder, Basare mit Geschäften, Bäckereien und

kleine Lokale errichtet. Die städtischen Armen, Schüler der Medrese, Reisende und gewisse

24

Imamović (1998), S. 183.

25

Čelebi (1996), S. 102-117.

[Text eingeben] Seite 16

Beamte hatten in den Suppenküchen zwei kostenlose Mahlzeiten am Tag. So funktionierte das

Gazi Husrev-begs imaret in Sarajevo. Diese Anlage wurde im Jahr 1531 gegründet und übte

ihre Funktion bis zum zweiten Weltkrieg aus.

Die muslimische Landbevölkerung migrierte in den ausgebauten Städten. Nach Nedim

Filipović waren die Städte die Zentren des Handwerkes und geistigen Lebens, in ihnen lebten

ausschließlich Muslime. Stadtbewohner hatten einige Vorteile. So mussten sie keine Steuern

zahlen und wurden als „freie“ Menschen behandelt.26

Einige der religiösen Verbote, die man

in den Städten zwar respektierte, jedoch nicht so sehr ernst nahm, war der Konsum von

alkoholischen Getränken. Nach Vjekoslav Klaić war der Konsum vom Alkohol das Einzige,

was die bosnischen Muslime nicht ernst genommen haben. Sie tranken šljivovica (ein

Nationalgetränk der Bosniaken), taten dies jedoch nicht in der Öffentlichkeit.27

Man könnte

sagen, dass in den Städten die religiösen Gesetze konsequent durchgeführt wurden, während

in den Dörfern eine heterogene religiöse Praxis herrschte. Mit jedem nachfolgenden Bau einer

neuen Siedlung wurde auch eine Moschee gebaut. Die Anzahl der muslimischen Bevölkerung

in Bosnien und Herzegowina wuchs rasant. Bis zum zweiten Weltkrieg bildeten die Muslime

d. h. Bosniaken den größten Bevölkerungsanteil. Jahrhunderte lang blieben die Bosniaken in

Bosnien und Herzegowina die zahlenmäßig stärkste Bevölkerung. Bis zum ersten Weltkrieg

lebten zwei Drittel der Bosniaken auf dem Land. Laut Srećko Džaja gab es in den Steuerlisten

aus dem Jahr 1468/69 in Bosnien und Herzegowina nur 332 muslimische und 37.125

christliche Haushalte.28

In Steuerlisten aus dem Jahr 1485 waren 4134 muslimische und

30.552 christliche Haushalte verzeichnet.29

Seitdem wird ein stetiges Wachstum der

muslimischen Bevölkerung registriert.

Als Hauptunterschied der bosnischen Bevölkerung zu Beginn der osmanischen Herrschaft in

Bosnien nennt Noel Malcolm die Teilung in Osmanen und raja. Der Begriff raja kommt aus

dem Arabischen und bezeichnete alle Personen, die unter der osmanischen Herrschaft waren,

auch die Muslime.30

Leften Stavrijanos schrieb, dass die Osmanen einen Klassenunterschied

hatten, den man in ihrem Verständnis der Begriffe Osmanlija und Turčin erkennt.

26

Filipović (2007)a, S. 337.

27

Klaić (1878), S. 87.

28

Džaja (1978), S. 72.

29

Džaja (1978), S. 74.

30

Malcolm (2011), S. 118.

[Text eingeben] Seite 17

Osmanlija charakterisierte eine gebildete Person mit unterschiedlichen Interessen, die eine

schöne Sprache sprach und persische und arabische Wörter verwendete. Der Begriff Turčin

bezeichnete den ungebildeten Mann, der die türkische Sprache sprach.31

Evlija Čelebi war ein

Beispiel für einen Osmanlija. Er lebte im 17. Jahrhundert und war ein Autor und

Reiseberichterstatter. Seine Interessen waren Kunst und Musik. Vjekoslav Klaić machte

keinen Unterschied zwischen den Begriffen Osmanlija und Turčin, da er in seinem Buch

folgendes schrieb: Pravih Osmanlija (Turaka) ima u Bosni veoma malo. (Echte Osmanen

(Türken) gibt es in Bosnien nur ganz wenige.) Er sagt, dass sich die bosnischen Muslime und

Osmanen (Türken) nicht vertragen konnten, obwohl sie derselben Religion angehörten.

Osmanen nannten die bosnischen Muslime poturice.32

Man merkte auch den Unterschied bei

der muslimischen und nicht muslimischen Bevölkerung. Nichtmuslime mussten sich von

Muslimen irgendwie unterscheiden. Nichtmuslimen war es verboten, Gewehr zu tragen und

Pferde zu reiten. Um sich besser von Muslimen zu unterscheiden, mussten sie sich anders

kleiden. Sie durften keine Kirchen bauen und die Kirchenglocke durften sie nur mit einer

Genehmigung verwenden.33

Zu Beginn der osmanischen Herrschaft in Bosnien wurde die feudale Ordnung eingeführt. Es

gab zwei Arten von Eigentum, welches ein spahija34

vom Staat bekommen konnte: zijamet

und timar. Dieses System wurde timarski sistem genannt und war streng militärisch-feudal.

Diejenigen, die auf diese Art etwas besaßen, mussten auf jede Aufforderung zum

Militärdienst reagieren. Da die Grundbesitzer bis zu neun Monate im Militärdienst

verbrachten, wurden ihre Felder von Bauern (Muslimen und Christen) bearbeitet. Ein Zehntel

des Gewinns mussten die Bauern dem Grundbesitzer übergeben und ihm harač bezahlen. Mit

der Zeit änderte sich auch dieses System. Die Bevölkerung machte Druck auf den

osmanischen Staat, es sollte erreicht werden, dass timari in čifluk geändert wird. Muhamed

Filipović bezeichnet den neuen Begriff čifluk als Privatgrundstück, das man den Bauern auf

eine begrenzte Zeit geben konnte.35

Durch die Änderung des Gesetzes bekam der Bauer

weniger Rechte. Mit dem neuen Gesetz lebten die bosnischen Bauern am Rande ihrer

31

Stavrijanos (2005), S. 92.

32

Klaić (1878), S. 115-116.

33

Stavrijanos (2005), S. 102.

34

spahija - der Soldat

35

Filipović (2004)b, S. 38.

[Text eingeben] Seite 18

Existenz. Vjekoslav Klaić beschreibt das bosnisch-muslimische Bauernhaus als kleines

Lehmhaus mit Strohdach. Im Haus gab es ein Zimmer mit Feuerstelle in der Mitte, wo das

Essen zubereitet wurde, und mehrere kleine Zimmer.36

Die Bauern lebten zu dieser Zeit unter

schwierigen Bedingungen. Nach Noel Malcolm änderten sich mit der Zeit das feudale System

und die Eigentumsverhältnisse. Es entstand das sogenannte agaluk. Die Eigentümer eines

agaluk hießen age. Die Besitztümer auf unbeschränkte Zeit hießen begluci und ihre Besitzer

waren begovi. Ab dem 15. Jahrhundert arbeiteten auf solchen Besitzungen muslimische und

christliche Bauern. Im 19. Jahrhundert waren alle Privatbesitzer Muslime und die Mehrheit

der christlichen Bauern ohne Besitz.37

3.1.5 Wichtige bosnische Personen im osmanischen Reich

Eine wichtige Rolle im osmanischen Reich hatte der bosnische Wesir Rüstem Pascha (Hrvat)

Opuković (1544). Safvet beg Bašagić (1870 in Nevesinje geboren – 1934 in Sarajevo

gestorben) behauptete, dass Rüstem Pascha aus Dalmatien stammte.38

Nach Mustafa

Imamović kam der Venezianer F. Navagero der Wahrheit am nächsten, dass nämlich Rüstem

Pascha ursprünglich aus einem Dorf in der Nähe von Sarajevo stammte.39

Rüstem Pascha war

ein fähiger Mann, der schnell im Dienst vorankam. Der Sultan Süleyman I. der Prächtige

(1494 in der Türkei geboren – 1566 in Siget gefallen) schätze ihn so sehr, dass er ihm die

Hand seiner Tochter Mihrimah gab. Im Jahr 1544 wurde er zum Großwesir ernannt und hatte

diese Position bis zum seinen Tod (1561). Er war ein wohlhabender Mann, der während

seines Lebens Moscheen, Medresen und Bibliotheken baute. In Sarajevo baute er das Brusa

Bezistan (1551) und eine Brücke in Ilidža. Viele seiner Gebäude wurden von mimar Sinan,

dem größten osmanischen Architekten, erbaut.

Mehmed Pascha Sokolović (1505 in Višegrad geboren – 1579 in Istanbul gestorben) lebte in

der Zeit von Süleyman I. dem Prächtigen. Mehmed Pascha Sokolović wurde in Istanbul

ausgebildet und bald mit wichtigen Aufgaben am Hof betraut. Am 28.06.1565 wurde er zum

Großwesir ernannt. Ein Jahr später starb Süleyman I. der Prächtige in der Schlacht von Siget.

36

Klaić (1878), S. 79.

37

Malcolm (2011), S. 184-185.

38

Bašagić (1994)a, S. 65.

39

Imamović (1998), S. 157.

[Text eingeben] Seite 19

In dieser Schlacht starben alle Verteidiger der Stadt, die vom kroatischen Ban Nikola Šubić

Zrinski (um 1508 oder 1518 auf Burg Zrin geboren – 1566 in Siget gefallen) geführt wurden,

der schließlich auch fiel. Dušan Baranin schreibt, dass Mehmed Pascha Sokolović den Tod

des Sultans geheim gehalten hat und zu diesem Zwecke das gesamte Gefolge des Sultans

töten ließ und ein neues Gefolge einstellte. Dies waren alle Bosniaken.40

Nach Safvet beg

Bašagić war Mehmed Pascha Sokolović auf der Funktion des Großwesirs 15 Jahre lang. Dies

umfasste die Herrschaft der Sultane Süleyman I. des Prächtigen, Selim II. und Murat III.41

Mehmed Pascha Sokolović verlor seine Position im Reich während der Herrschaft Sultans

Murat III. Er wurde im Jahre 1579 als Verschwörer hingerichtet. Es wird angenommen, dass

er von einem Derwisch aus Bosnien getötet wurde. Safvet beg Bašagić schreibt, dass Mehmed

Pascha Sokolović derjenige war, der in Wahrheit nach dem Tod von Süleyman I. des

Prächtigen das Reich führte. Schwächen des osmanischen Reichs merkte man nicht seit dem

Sultans Tod sondern seit dem Tod von Mehmed Pascha Sokolović. Dieser Mann hat in seiner

bosnischen Heimat viel zu der Entwicklung beigetragen. In seinem Heimatdorf, in der Nähe

von Rudo, ließ er eine Moschee erbauen sowie Wasserversorgungen errichten und Brücken

bauen. Die bekanntesten sind die Brücke über den Fluss Drina in Višegrad, die Arslanagić

Brücke in Trebinje und die „Ziegenbrücke“ (Kozija ćuprija) in Sarajevo.42

Es gibt keine

Daten darüber, dass er außer Moscheen noch andere religiöse Gebäude errichtet hätte. Osman

Pascha Bošnjak (gestorben im Jahr 1845) hingegen ließ laut Mustafa Imamović in seinem

Heimatdorf Kazanci eine Moschee mit Medrese und eine christliche Kirche erbauen.43

3.1.6 Bildung und Literatur der bosnisch-muslimischen Bevölkerung

Nach Werner Lehfeldt gab es in Bosnien und Herzegowina während der osmanischen

Herrschaft drei Schulstufen: die Grundschule (mekteb), die Mittelschule (medresa) und die

juristische Schule (viša medresa). In die Grundschule wurden die Kinder schon mit 5 Jahren

geschickt. Das Ziel des Unterrichts war, die Schüler in die Vorschriften des Islams

einzuführen und sie in die Lage zu versetzen, den Koran und andere islamische Bücher im

40

Baranin (1967), S. 239.

41

Bašagić (1994)a, S. 48.

42

Bašagić (1994)a, S. 48-49.

43 Imamović (1998), S. 161.

[Text eingeben] Seite 20

Original, also in arabischer Sprache, zu zitieren. Höhere islamische Schulen hatten zusätzlich

die Aufgabe, die Schüler mit den orientalischen Sprachen bekannt zu machen.44

Diejenigen,

die die Mittelschule (medresa) abgeschlossen hatten, konnten in Grundschulen unterrichten

und religiöse Pflichten leiten. Diejenigen, die die juristische Schule (viša medresa)

abgeschlossen hatten, waren Professoren oder in der Justiz als Richter tätig.45

Leften

Stavrijanos schreibt, dass die Männer mit abgeschlossener juristischer Schule in der

Gesellschaft respektiert wurden. Ein solcher Mann war mimar Sinan. Er wurde im Jahr 1489

in einer armen griechischen Familie geboren. Als Junge wurde er zu den Janitscharen

gebracht. Dank seines Talentes für Design gewann er schnell den Respekt des Sultans. Er

zeichnete sich durch den Bau von Brücken und Moscheen aus. Er war mit seiner Arbeit

erfolgreich und war auch in anderen Ländern, außerhalb der Grenzen des osmanischen

Reiches, bekannt. Sein Spitzname war "der türkische Michelangelo". Bis zu seinem Tod

erbaute er 334 Gebäude, meistens Moscheen. Seine Arbeitsweise war deutlich osmanisch.46

Die türkische Sprache hatte einen starken Einfluss auf die Balkansprachen. Nach Franz

Miklosich verlief der Prozess der Wirkung der türkischen Sprache auf die Sprache der Slawen

in drei Etappen. Die erste Periode fing in den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung. Bei

den Slawen, die Türken als Nachbarn hatten, vermischten sich die türkischen Wörter mit den

Wörtern der slawischen Sprachen, zum Beispiel das Wort klobuk. Dieses Wort kommt aus

dem Türkischen und bedeutet „Mütze“. Die nächste Phase begann in der zweiten Hälfte des

siebten Jahrhunderts und die letzte in der Mitte des 14 Jahrhunderts. In der letzten Periode

wurden die meisten türkischen Wörter entlehnt.47

Während der osmanischen Herrschaft in

Bosnien wurden die Bücher in türkischer und arabischer Sprache gedruckt. Eine kleine

Anzahl von Büchern wurde in anderen Sprachen gedruckt. Gleichzeitig entwickelte sich die

mündliche Literatur der Bosnier weiter. Diese Werke waren meist anonym, in der

Volkssprache und wurden mündlich von Generation zu Generation weitergegeben. Auf diese

Weise entstanden zahlreiche Volkslieder. Während der osmanischen Herrschaft verwendeten

Adelige als Schrift die sogenannte Bosančica. Diese kursive kyrillische Schrift (Bosančica)

spielte eine wichtige Rolle bei der Erhaltung des slawisch geschriebenen Wortes. Bosnische

44

Lehfeldt (1969), S. 52.

45

Stavrijanos (2005), S. 87.

46

Stavrijanos (2005), S. 90.

47

Miklosich (1884), S. 3-4.

[Text eingeben] Seite 21

Adelige haben eine lange Zeit in der Bosančica, in Übereinstimmung mit der Republik

Dubrovnik und anderen Nachbarländern korrespondiert. Diese Schrift hieß auch Begovica.

Einige türkische Texte wurden in der Bosančica geschrieben.

Ein Teil der bosnischen Literaturschöpfung dieser Zeit entstand in bosnischer Sprache. Noel

Malcolm schreibt, dass Mavro Orbini im 16 Jahrhundert die bosnische Sprache schöner und

eleganter als die restlichen Sprachen der slawischen Bevölkerung fand: Od svih naroda koji

govore slavenski, Bosanci imaju najglađi i najelegantniji jezik; i diče se činjenicom da jedini

oni dan-danas paze na čistotu slavenskoga jezika.48

(Von allen Menschen, die eine slawische Sprache sprechen, haben Bosnier die glatteste und

eleganteste Sprache; und sie sind stolz auf die Tatsache, dass nur sie auch heute noch auf die

Reinheit der slawischen Sprache achten.)

Viele bosnisch muslimische Autoren begannen ihre Karriere außerhalb der Grenzen Bosniens,

am häufigsten in Istanbul. Manche Autoren wurden dort ausgebildet und kamen zurück nach

Bosnien, um hier ihre literarische Werke zu schaffen oder im Staatsdienst zu arbeiten. Die

Werke der bosnischen Muslime dieser Epoche entstanden in türkischer, arabischer und

persischer Sprache. Die Gründe dafür waren unterschiedlich. Manche Autoren befassten sich

mit Themen der Philosophie aus der arabischen Welt. Da es schwieriger war diese

Terminologie ins Bosnische zu übersetzen, blieben die Autoren bei der arabischen Sprache.

Die bosnische Literatur in orientalischen Sprachen wurde zuerst von Safvet-beg Bašagić

erforscht. In seinem Werk Bošnjaci i Hercegovci u Islamskoj književnosti (Bosniaken und

Herzegowiner in der islamischen Literatur) hat er die Poesie bosnisch-muslimischer Autoren

in orientalischen Sprachen mit bosnischer Übersetzung ediert. Nach Muhsin Rizvić bestand

die osmanische Literatur bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts hauptsächlich aus Poesie, die in

der Bevölkerung populär war. Als solche war sie ein unverzichtbarer Bestandteil des

gesellschaftlichen Lebens. Das Zitieren persischer Dichtung war geschätzt, und jemand der

Gedichte schreiben konnte, wurde von der Gesellschaft respektiert und als intelligente Person

angesehen. Die Hauptmotive der Poesie waren Liebe, Schönheit und Mystik. Die türkischen

Dichter übernahmen die Mystik aus dem Persischen. Diese Art von Dichtung hat folgende

Bedeutung: Der Mann hat eine doppelte Natur, "sein und nicht-sein", "gut und böse", "real

und irreal", die er in sich trägt. Der Mensch sehnt sich danach, sich mit Gott zu vereinen und

dies kann nur durch Liebe erreicht werden. Diese Art von Poesie wird auch sufijska poezija

48

Malcolm (2011), S. 199.

[Text eingeben] Seite 22

genannt49

Muhsin Rizvić ist ziemlich sicher, dass die türkischen mystischen Dichter diese Art

von Poesie von den weltlichen Dichtern übernommen hatten. Innerhalb der mystischen Poesie

wurden Gesänge von der Liebe zu Gott von jenen zu Frau unterschieden. Einige Forscher

waren verwirrt als sie diese Lieder übersetzten, weil das Türkische und Persische kein

Geschlecht kennen und das gleiche Wort für Mann und Frau gebrauchen.50

Das Hauptmotiv

dieser Dichtung war schließlich die Liebe zu Gott und die Suche nach ihm, also eine

geistliche Reise. Dies unterscheidet sich von der islamischen Tradition, weshalb die

mystischen Dichter, welche meist Derwische waren, als Ungläubige angesehen wurden. In

vielerlei Hinsicht hoben sich diese Dichter vom traditionellen Verständnis des Korans ab.

Nach Fehim Nametak ist der Wein in dieser Poesie ein Symbol der Ekstase und das Wirtshaus

symbolisiert das menschliche Leben auf dieser Welt.51

Für die breite bosnische Bevölkerung

war diese Poesie unverständlich und wurde als solche nicht rezipiert. Einer der Gründe,

warum diese Poesie bei den Menschen nicht gut ankam, war die Sprache. Die unteren Klassen

konnten die türkische und persische Sprache nicht, somit war ihnen diese Poesie

unverständlich. Am Ende verminderte sich der Kreis der Bewunderer der mystischen Poesie

auf wenige Mystiker und deren Anhänger. Menschen, die diese Poesie emotional und poetisch

erfassten, konnten Mystiker verstehen. Diese Poesie der bosnischen Muslime in orientalischen

Sprachen ist ein Beispiel der Wahrnehmung und Übertragung poetischer Werke von einem

sprachlichen Milieu in ein anderes und von einer Zeit in eine andere.

49

Rizvić (1994), S. 76-79.

50

Rizvić (1994), S. 80.

51

Nametak (1998)a, S. 503.

[Text eingeben] Seite 23

4 Literatur der bosnischen Muslime in der osmanischen Zeit (1463-1878)

Einige Wissenschaftler behaupten, dass die bosnische Literatur in orientalischen Sprachen ein

Teil der osmanisch-türkischen Literatur sei. Hazim Šabanović ist anderer Meinung. Er

argumentiert, dass nicht nur Türken eine osmanisch-türkische Literatur schufen, sondern alle

Autoren, die in den Grenzen des osmanischen Reiches lebten. Deshalb stellt die Literatur, die

von den bosnischen Muslimen auf bosnischem Boden geschaffen wurde, das kulturelle Erbe

Bosniens dar.52

Nach Hazim Šabanović wurden Notizen einiger bosnischer Autoren im

Zeitraum von 1859-1884 veröffentlicht, die über die Literatur der bosnischen Muslime in den

orientalischen Sprachen schrieben. Einer dieser Autoren war Ibrahim beg Bašagić (1841-

1902), der auch selbst Gedichte auf Türkisch schrieb. Ibrahim beg Bašagić veröffentlichte

Biographien der 14 wichtigsten bosnischen Autoren, die auf Arabisch, Türkisch und Persisch

geschrieben haben. Etwas später tat auch Hafiz Mehmed Tevfik Okić (1870-1933) dasselbe.

Beide wurden in Sarajevo in der Fachzeitschrift Vatan (Mutterland) in türkischer Sprache

veröffentlicht.53

Diese Informationen waren für einen engen Kreis der bosnisch-muslimischen

Intellektuellen zugänglich, die auch das Türkische beherrschten. Der Wiener Orientalist

Joseph von Hammer-Purgstall (1774 in Graz geboren – 1856 in Wien gestorben)

veröffentlichte im Werk Die Geschichte der Osmanischen Dichtkunst eine Liste von

bosnischen Dichtern, die in orientalischen Sprachen geschrieben haben.54

Er ist der erste

Wissenschaftler, der der europäischen Öffentlichkeit diese Art von Literatur präsentierte. Das

Wirken seiner Vorfahren hat Safvet-beg Bašagić detailliert studiert. Jahrelang sammelte und

studierte er Manuskripte, Quellen und Werke, die in orientalischen Sprachen geschrieben

waren. Sein Bemühen führte zu seiner Dissertation über die islamischen Sprachen an der

Universität Wien im Jahr 1910. Zwei Jahre später veröffentlichte er seine Dissertation in

bosnischer Sprache unter dem Titel Bošnjaci i Hercegovci u islamskoj književnosti (Bosniaken

und Herzegowiner in der islamischen Literatur). In dieser Arbeit präsentierte er das Leben

und Wirken von 120 Personen aus Bosnien und den Nachbarländern, die in orientalischen

Sprachen geschrieben haben, und deren Werke im Original.55

52

Šabanović (1998)a, S. 214.

53

Šabanović (1998)a, S. 215.

54

Hammer-Purgstall (1837)a

55 Bašagić (2007)b

[Text eingeben] Seite 24

Nach Nedim Filipović steht die Poesie im Mittelpunkt der islamischen Literatur, während

Prosa ein Instrument der Wissenschaft und des Glaubens darstellt. Die Poesie hat zwei

Bereiche, den epischen und lyrischen. Ihm zufolge beschreibt Epos die Vision der

geschichtlichen Welt, und das Lyrische drückt das Wesen des Menschen und seine Sicht der

Welt aus. Doch obwohl es zwei völlig verschiedene Bereiche sind, findet man im Epos

Elemente der Lyrik. In der epischen Dichtung betrachtet der Mensch die Welt und präsentiert

sie so in seinen Werken, während in der Lyrik der Dichter eine andere Rolle hat.56

Lyriker

betrachten die Welt nicht, sondern zeigen diese auf ihre Weise aus den Erfahrungen, die sie

gemacht haben. Sie durchqueren die Grenzen von Realität und Wirklichkeit und drücken sich

in Metaphern aus. Beide Arten von Poesie fanden ihren Platz in der bosnisch-islamischen

Literatur, geschrieben in türkischer, arabischer und persischer Sprache. Die wichtigsten

poetischen Zentren waren in Sarajevo und Mostar. Nach Hazim Šabanović schufen die

Dichter, die ihre Gedichte auf Bosnisch schrieben, eine Verbindung zwischen der islamischen

und der bosnischen Literatur. Alle diese Umstände haben dazu geführt, dass sich die Dichtung

in der Volkssprache auf die mündliche Literatur reduzierte, d. h. auf die Heldenlieder und die

lyrischen Volkslieder und Balladen.57

Die meisten Werke wurden in türkischer Sprache

geschrieben und zählen zur Diwan Literatur. Fehim Nametak definiert den Begriff diwan als

die Gedichtsammlung eines Autors, der im Geiste der Volksdichtung dichtete. Elemente

dieser Art von Literatur wurden aus der arabischen und persischen Literatur übernommen.

Ihren Höhepunkt in Bosnien und Herzegowina erlebte sie im 17. Jahrhundert. Weiter schreibt

er, dass die Diwan Literatur vor allem für gebildete Menschen geschaffen und durch

Metaphern gekennzeichnet wurde.58

Die Basis der Diwan Poesie ist bejt59

, und zwar deshalb,

weil sie eine Einheit repräsentiert, auch ein eigenes Gedicht sein kann. In jedem Gedicht in

der Diwan Literatur stellt bejt eine Grundeinheit des Gedichtes dar, d. h. das Fundament der

Diwan Poesie. Ohne bejt hat das Gedicht kein Reimschema.60

Neben der Diwan Poesie gibt

es auch Diwan Prosa, die sich in die „gewöhnliche“ und „verzierte“ teilt. Die „gewöhnliche“

Diwan Prosa stellt eine Auslegung des Koran und der Tradition dar, und in der verzierten

56

Filipović (1998)b, S. 152-153.

57 Šabanović (1998)a, S. 213.

58 Nametak (1989)b, S. 23-24.

59 bejit bzw. bejt – das Couplet

60

Nametak (1998)c, S. 470.

[Text eingeben] Seite 25

wurden Texte in hohem Stil geschrieben. Der wichtigste Schriftsteller der Diwan Prosa ist

Muhamed Nerkesija.61

4.1 Bosnisch-muslimische Autoren und ihre Werke in türkischer Sprache

Die ersten literarischen Werke der bosnischen Muslime in türkischer Sprache entstanden

bereits in der Anfangsphase der Islamisierung in Bosnien und Herzegowina. Es handelt sich

hier um die Autoren, die unter den ersten nach Istanbul gebracht wurden. Die literarischen

Werke bosnischer Muslime in türkischer Sprache können nicht nach dem Standard der

modernen europäischen Literatur gemessen werden, weil sie nicht nach ihren Regeln

geschrieben wurden. Nach Ivo Andrić sind aber die besten Autoren die, die in ihrer Zeit für

Menschen ihrer Zeit und ihrem Verständnis schreiben können.62

4.1.1 Die Biografie und das Wirken von Muhamed Nerkesija (1584 in Sarajevo

geboren – 1634 in Istanbul gestorben)

Muhamed Nerkesija galt für einen Modernisten seiner Zeit. Er wird als der wichtigste Autor

der verzierten Diwan Prosa sowohl in Bosnien als auch im gesamten osmanischen Reich

betrachtet. Er hat in Sarajevo die Gazi Husrev-beg Medrese abgeschlossen. Die Hochschule

besuchte er in Istanbul. Zunächst arbeitete er als Professor und später als Richter in Mostar,

Novi Pazar und Banja Luka. Während seines Aufenthaltes in Banja Luka schrieb er 1629 ein

Werk über Murtez Pascha (?). Murtez Pascha war lange Zeit Gouverneur von Bosnien und

hinterließ schöne Erinnerungen bei den Menschen, diese hat Muhamed Nerkesija in seinem

Werk beschrieben. Er beschreibt Murtez Pascha als gutes Oberhaupt der Provinz und somit

gibt er Ratschläge, wie man das Land führen sollte. Dieses Werk besteht aus fünf

Beschreibungen:

61

Nametak (1989)b, S. 24.

62 Andrić (1986)b, S. 234.

[Text eingeben] Seite 26

I. o pobožnosti i skromnosti vezira, o ponašanju njegovu prema učenjacima, podanicima,

sirotinji itd.

II. o junaštvu, hrabrosti, pravednosti, viteškom ponašanju, mudroj upravi i drugim vrlinama.

III. o uklonjenju nepravde, uvođenju reda i mira, o podizanju i popravljanju kula i gradova

itd.

IV. o upadanju njegovu u neprijateljske zemlje, gdje prije nije islamska noga doprla i o

zimovanju među neprijateljima.

V. o energičnom radu dotičnog vezira da prisili neprijatelja da sklopi mir i na taj način

uspostavi red i poredak na granici.63

(I. über die Frömmigkeit und Bescheidenheit des Wesirs, über sein Verhalten gegenüber

Wissenschaftlern, Untertanen, Armen etc.

II. über das Heldentum, den Mut, die Gerechtigkeit, das ritterliche Verhalten, die umsichtige

Verwaltung und andere Tugenden.

III. über die Beseitigung der verbleibenden Ungerechtigkeiten, Einführung von Ordnung und

Frieden, über die Errichtung und Aufrechterhaltung von Türmen und Städten usw.

IV. über sein Eindringen in Länder der Feinde, wo früher kein islamischer Fuß gesetzt wurde

und über die Überwinterung unter den Feinden.

V. über die energische Arbeit des betreffenden Wesirs, um den Feind zu zwingen Frieden

herzustellen, und auf diese Art und Weise, Recht und Ordnung an der Grenze herzustellen.)

Sein Werk Vrt grana (Nihalistan) ist eine Geschichtensammlung, die in fünf Zweigen

unterteilt ist. In dem ersten Zweig sind Geschichten über Wohltätigkeit und Großzügigkeit.

Der zweite Zweig enthält Geschichten über Liebesereignisse und der dritte Geschichten über

das Schicksal. Der vierte Zweig ist den Geschichten über die Gastfreundschaft und der fünfte

den Geschichten über die Buße gewidmet. Nevolje zaljubljenih (Mašakk al`-uššak) ist eine

Liebeslyriksammlung, die mit Poesie beginnt und mit Prosa endet. Das Werk Vojne

Meslemine (Gazavat-i Maslama) ist ein Text in Prosa, der von historischen Ereignissen

ausgeht. Dieses Werk ist die überarbeitete Übersetzung des Werkes aus dem Arabischen von

63

Bašagić (2007)b, S. 183-184.

[Text eingeben] Seite 27

Muhyī d-Dīn Ibn ʿArabī (1165 in Spanien geboren – 1240 in Syrien gestorben). Alle

genannten Werke wurden in einem Sammelband in Istanbul und Kairo gedruckt.

Nach Fehim Nametak kann man Gedichte von Muhamed Nerkesija mit den Gedichten der

klassischen und postklassischen Zeit in der osmanischen Literatur vergleichen. Muhamed

Nerkesija war ein Dichter, bei dem man den Einfluss slawischer Elemente in der Poesie

bemerken kann. Charakteristisch für seine Poesie ist der sprachliche Ausdruck, der

verständlich ist. Ghasele sind „flüssig“ und „leicht“.64

Seinen Status in der Gesellschaft

drückte Muhamed Nerkesija durch die Poesie, wie folgt, aus:

Nek u loptu zatvorenu

metnu jednog malog mrava,

pa je onda zavaljaju

preko polja i dubrava.

U tom vječnom prevrtanju

samrt mu je žiće pravo.

A gle, ja sam mrav bijedni

a ta lopta nebo plavo…65

In einen geschlossenen Ball

legen sie eine kleine Ameise,

und sie rollen diesen Ball dann

über Felder und Wälder.

In diesem ewigen Rollen

ist der Tod sein Lebensrecht.

Und siehe, ich bin eine arme Ameise,

und dieser Ball ist der blaue Himmel…

Er war der Meinung, dass die gelehrten und gebildeten Menschen in der Gesellschaft nicht

genug respektiert wurden. Er dachte sogar, dass auch er nicht genug respektiert wurde, wie er

es verdient hätte. Darüber hat er öffentlich geredet:

Sad rastuženom Nerkesiji ne znaju vrijednost, ali će kasnije anlaisati: Koliko je vrijedio

bijedni siromah.66

(Sie sind sich jetzt den richtigen Wert von Nerkesije nicht bewusst, aber sie werden später

begreifen, wie wert dieser Arme war.)

64

Nametak (1989)b, S. 100.

65 Nametak (1989)b, S. 101.

66 Bašagić (2007)b, S. 175.

[Text eingeben] Seite 28

Sein folgendes Gedicht spricht über unerfüllte Liebe und Lebensfreude:

O nebesa gdje je smilovanje?

Dokle će još progonstvo trajati?

Zar nikada samrtnik ne može

svoje svjetske grijehe okajati?

Moje žiće ko bujica prođe.

Kako da se sada zatalasa?

Gorke suze već su presahnule

Od ljubavi meni nema spasa!

Zar nikada o sastanku neće

piritˈ zefir u mog srca gaju?

Zar će uvijek noć rastanka kriti

mene u svom crnom zagrljaju?

Kolˈko puta sam u pjesmi, prozi

ocrtao šta mi srce peče

A te iskre, a ti plamenovi

moje tajne boli ne liječe,

O ne zbori o molbi i strahu

o sastanku i rastanku s dragom

Za verigam takovijeh misli

Nerkesije nemoj ići tragom.67

O du Himmel, wo ist die Gnade?

Wie lange soll Verbannung noch dauern?

Sollte der Sterbliche niemals

seine Sünden büßen?

Mein Leben geht wie eine Flut vorbei.

Wie soll es weiter fluten?

Bittere Tränen sind schon getrocknet

Ich kann mich vor der Liebe nicht retten!

Wird der Wind niemals über dem Treffen

in meines Herzens Wald wehen?

Wird mich immer die Nacht des Abschieds

in ihrer schwarzen Umarmung verbergen?

Wie oft habe ich in Poesie und Prosa

gezeichnet, was mein Herz verbrennt

Und diese Funken und Flammen

können meine heimlichen Schmerzen nicht

heilen

O, rede mir nicht von Bitten und Angst,

von der Begegnung und dem Abschied

meiner Liebsten

Nerkesije, gehe nicht auf den Spuren

solcher Gedanke.

Nicht alle seine Gedichte haben diesen Charakter. Er schrieb auch „fröhliche“ Verse, die von

Liebe und Wein handeln. Sein schönstes Gedicht widmete er der Stadt Sarajevo und durch

dieses kann man die damalige Situation in Sarajevo erleben:

67

Nametak (1989)b, S. 101-102.

[Text eingeben] Seite 29

Na moju je dušu djelovala briga što se rastajem sa Sarajevom, ranu mi je načinio rastanak sa

prijateljima u Sarajevu.

Tu se čovjeku čini da može dugo živjeti, jer na hiljadu mjesta po Sarajevu teku česme iz vrela

neumrlosti.

Po toplim sobama jatomice sastaju se ozbiljni starci i mladići iako je zimi studeno u Sarajevu.

Ali kad dođe doba Nevroza i behara, pretvori se u raj sredina đulistana u Sarajevu.

Do nebesa digne se galama pjanaca, a svijet napuni vika sarajevskih bekrija.

Kad to doba (proljeće) dođe, ljepotice izlaze na šetnju, njihovim društvima okiti se svaka

strana Sarajeva…68

(Auf meine Seele wirkte der Kummer, weil ich von Sarajevo Abschied nahm. Die Wunde

verursachte die Trennung von den Freunden in Sarajevo.

Hier scheint es dem Menschen, dass man lange leben kann, denn in tausend Stellen in

Sarajevo fließen Brunnen aus der Quelle der Unsterblichkeit.

In warmen Zimmern treffen sich ältere und junge Männer, weil es im Winter in Sarajevo sehr

kalt ist.

Aber sobald die Zeit des "Nevroza" und der Blumen kommt, verwandelt sich Sarajevo in ein

Rosenparadies.

Der Lärm der Säufer langt bis in den Himmel, und die Welt ist voller Menschengeschrei.

Wenn diese Jahreszeit (der Frühling) kommt, kommen die Schönen zum Spaziergang, sie

schmücken alle Seiten von Sarajevo...)

4.1.2 Der mystische Dichter Husein Lamekanija (gestorben 1625)

Über diesen Autor weiß man nicht, ob er wirklich in Bosnien geboren ist. Eine Handschrift in

der Gazi Husrev-beg Bibliothek in Sarajevo besagt, dass er ein Rumi war, d. h. vom Balkan

kam. Nach seiner Ausbildung entschied er sich für den Derwisch-Orden, wo er eine andere

Art von Poesie entwickelte. Er versuchte, auf den Weg der Erkenntnis Gottes und der

Reinigung des Herzens hinzuweisen. Der Gründer dieser Philosophie in der Poesie war Ibn

68

Bašagić (2007)b, S. 190-191.

[Text eingeben] Seite 30

Arabi. Im Verständnis dieser Philosophie ist jeder Mensch und alles was ihn umgibt von

einem höheren Wesen. Gott ist absolut und ohne seine Gesetze würde man aufhören zu

existieren. Die Verse dieser Dichtung kann man auch als das Interesse des Menschen an

seiner eigenen Existenz und seinem eigenen Schicksal verstehen.

Kad si Ti sve, kad je sve zakon

Šta je ovaj svijet:

Suncokreta cvijet ilˈ mjehurov let?

Tragao sam dugo i učio mnogo

Alˈ ne nađoh ništa osim Tebe.

Šta je briga, šta li strah?

Dokle ide misao koja nemir stvara?

Sve je prah, sve je dah

Prolaznost što svemir razara.

U varljivosti ovoj, pitam ja,

Čovjeku gdje je mjesto?

Bez Njega, bez zakona čitam ja

„I čovjek bi postojati presto“.69

Wenn du alles bist, und alles ist Gesetz

Was ist diese Welt:

Die Blüte der Sonnenblume oder der Flug

der Pusteblume?

Ich habe lange gesucht und viel gelernt

Aber ich habe außer dich nichts gefunden.

Was ist der Kummer, und was ist die Angst?

Wohin geht der Gedanke, der die Unruhe

verursacht?

Alles ist Staub, alles ist Atem

Die Vergänglichkeit, die das Universum

zerstört

Bei dieser Täuschung, frage ich mich,

Wo ist der Platz des Menschen?

Ohne Ihn, ohne Gesetz, lese ich

”Und der Mensch würde aufhören zu

bestehen“.

Husein Lamekanija will mit diesen Versen den Menschen zeigen, dass er ein vorübergehendes

Wesen ist und die menschliche Existenz auf dieser Welt von kurzer Dauer. Durch dieses

Wissen kommt der Mensch näher zum höheren Wesen. Auf der anderen Seite möchte er, dass

der Mensch alles was existiert auslöscht und alles als ein Spiegelbild Gottes betrachtet. Das

Problem beim Verständnis dieser Poesie ist ihre Zweideutigkeit. Auf der einen Seite kann es

als ein Liebeslied, welches einem besonderen Menschen gewidmet ist, verstanden werden,

während der Mystiker dies als die Liebe Gottes verstehen wird.

69

Nametak (1989)b, S. 73-74.

[Text eingeben] Seite 31

4.1.3 Hasan Kaimija, der Tekke-Dichter

Hasan Kaimija wurde in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts in Sarajevo geboren, wo er

seine Grundschulbildung vollendete. Die vollständige Ausbildung hat er in Sofia erworben,

wo er Mitglied des Derwisch-Orden wurde. Nach Sarajevo kehrte er als Scheich der Sinan

Tekke zurück. In Sarajevo geriet er wegen seiner Gedichte, mit denen er die Ereignisse

prophezeien konnte, in einen Konflikt mit der Ulama70

. Deshalb wurde er aus Sarajevo nach

Zvornik vertrieben, wo er den Rest seines Lebens verbrachte. Er starb im Jahr 1691 und

wurde auf einem Friedhof in Zvornik begraben. In seinen Gedichten ging es meistens um

„Wahrsagereien“, diese wurden von Derwischen interpretiert. Neben den Prophezeiungen in

seinen Gedichten schrieb er auch über tatsächliche Ereignisse. Hasan Kaimija war mit seinen

türkischen Gedichten bekannt, aber er schrieb auch Bosnisch. Er hat oft in seinen Gedichten

bosnische Wörter oder Ausdrücke verwendet, sofern er keine adäquaten Ausdrücke im

Türkischen finden konnte. Folgendes interessantes Gedicht möchte ich als Beispiel

verwenden:

Bujrumuštur gospodar

Ustente se tutuna

Kim isterse Božji dar

Nek se odvada tutuna.

Zločesta je rabota

Pušit ga je sramota

Jer je vrlo grehota

Ostante se tutuna.

Frenkler buna satarlar

Suduk ičre tutarlar

Bak ne zekih jutarlar

Ostante se tutuna!71

70

Ulama – islamische Funktionäre

71

Nametak (1989)b, S. 121.

[Text eingeben] Seite 32

In anderen Gedichten, die in den historischen Archiven von Sarajevo erhalten sind, waren die

bosnischen Wörter, um aufzufallen, in roter Tinte geschrieben. Nach der Art, in der er

schreibt, wird er von den Wissenschaftlern mehr zu den Tekke-Dichtern als zu den Diwan-

Dichtern gerechnet. Safvet beg Bašagić hat keine gute Meinung von Hasan Kaimija, und

schätzt ihn nicht als Dichter. Er ist der Meinung, dass Hasan Kaimija es nicht verdient hat,

dass seine vielen Handschriften erhalten werden und es mehr von seinen als von allen anderen

Handschriften gibt. Hazim Šabanović weist darauf hin, dass es eine traurige Tatsache sei, dass

Hasan Kaimija am Ende des 17. Jahrhunderts zu der populärsten Figur im europäischen Teil

des osmanischen Reiches geworden sei. Beide, Safvet beg Bašagić und Hazim Šabanović,

argumentieren, dass die Poetik von Hasan Kaimija nicht mit der Poetik von Derviš paša

Bajezidagić, Husein Lamekanija und Muhamed Nerkesija gemessen werden kann. Die Poetik

der genannten Autoren war stark stilisiert und schwer zu verstehen, und Hasan Kaimija war

einer breiteren Masse verfügbar und leichter zu verstehen. Er war bei den Menschen sehr

beliebt, und mit ihm sind viele Legenden verbunden. Es war die Rede davon, dass er sein

Haus in Sarajevo in eine Tekke verwandelte, und dann die Brücke über Miljecka baute, die

nach ihm Šejhánija benannt wurde. Dieser Name wurde dann später von den Menschen auf

šejtanija (teuflisch) geändert. Viele Dichter aus der osmanischen Zeit respektierten ihn, und

haben ihm auch einige Gedichte gewidmet. Mehmed Mejlija widmete ihm im Jahr 1761 ein

Gedicht, und im Jahre 1827 widmete ihm Mohammed Šakir Muidović eines seiner Gedichte

in persischer Sprache. Auf diese Art wollten sie ihm als Dichter und Führer der Derwische

ihren Respekt erweisen. Hasan Kaimijas Ruhm erhielt sich bis zum Ende des 19.

Jahrhunderts, seine Gedichte aber wurden auch später interpretiert und gesungen.

4.1.4 Das Leben und Schaffen von Hasan Zijaija Mostarac (? in Mostar geboren -

1548/5 gestorben)

Hasan Zijaija Mostarac ist einer der ersten Autoren der Diwan Poesie. Über sein Leben

berichten am besten seine Manuskriptbeispiele, die in Edirne, Istanbul, London, Mostar und

Zagreb aufbewahrt werden. Einige Wissenschaftler behaupten, dass er ein Mitglied des

Derwich-Ordens kalendrija war. Die Gründe dafür sind, dass sein Name das Wort Ziya

beinhaltet, was in der Übersetzung „der Lichttragende“ bedeutet, und die Mitglieder von

kalendrija nannten sich işik, was in der Übersetzung "Licht" bedeutet. Ein weiterer Grund ist,

dass er in seinen Versen über kalendrija schreibt. Er sagt, dass er seine Augenbrauen rasiert

[Text eingeben] Seite 33

hat und zu einem wahnsinnigen und kahlköpfigen Kalendrija wurde. Dies könnte kein

vollkommener Beweis dafür sein, welche Sympathie Hasan Zijaija Mostarac gegenüber

kalendrija hatte und ob er überhaupt einer von denen war. Er genoss in der Gesellschaft einen

großen Respekt und Derwische wurden von der Bevölkerung wegen deren Aussehens und

deren poetischen Wirkens nicht akzeptiert. Dies ist vielleicht ein Beweis dafür, dass er zu

dieser Gesellschaft und Art der Dichtung nicht gehörte. Die Derwische haben viel mehr in

Mazedonien, Bulgarien und Albanien gewirkt und in der Zeit, in der Hasan Zijaija Mostarac

lebte, gab es in Mostar keinen Ort, wo sich Derwische versammelten. Aus seinen Werken

erfahren die Leser, dass er ein Muslim war und in einem muslimischen Umfeld in Mostar

aufwuchs. Er hatte einen Sohn, der wie sein Vater ein Dichter war. Darüber wird auch in

seinen erhaltenen Handschriften gesprochen:

Kada je umro Zijaija, ostao mu je sin po imenu Ubejdi-efendija. I on je također pjesnik.72

(Als Zijaija starb, hinterließ er einen Sohn namens Ubejdi-efendija. Auch er war Dichter.)

Hasan Zijaija Mostarac schrieb am meisten Kasside und Ghasele. Vier seiner Kasside sind

Hasan-Beg, zwei Mehmed-Beg und jeweils eine Mustafa-Beg, Osman-Beg und Sinan-Beg

gewidmet. Da er über die Sultane und Wesire nicht geschrieben hat, könnte man nur

vermuten, dass er vielleicht gar nicht in Istanbul gewesen war, und dass er die meiste Zeit

seines Lebens in Bosnien verbrachte. Über sein Leben erfahren wir mehr durch eine

Gedichtform namens tarih, die auf dem Chronogramm gedruckt wurde. Auf den

Chronogrammen wurden die Jahre eines wichtigen Ereignisses eingraviert. Sein erstes tarih

wurde auf dem Chronogramm über der Tür von Sinan-Begs-Moschee in Čajniče geschnitzt,

es bezieht sich auf die Jahre 1564/65, und lautet:

Svoju domovinu Sinan-beg preporodi;

načinivši ovu džamiju, učini dobro djelo

Razmišljajući, sastavim joj hronogram:

Lijepa je i dolična zgrada gdje će se slaviti Svemilostivi.73

72

Ebd. 14.

73

Ebd. 17.

[Text eingeben] Seite 34

(Sinan-beg erneuerte seine Heimat;

Mit dem Bau dieser Moschee, hat er eine gute Tat erfüllt,

daran denkend, verfasste ich ein Chronogramm:

Schön und würdig ist das Haus, in dem man den Gnadenvollen preisen wird.)

Erstes terih in seinem Diwan ist Tarih o mostarskom mostu, d. h. der Bau der Alten Brücke in

Mostar in den Jahren 1566/67. Diese Inschrift und die nächsten beiden sind mit den

Ereignissen in Mostar verbunden. Seine Inschriften können in der Regel mit Ereignissen

verknüpft werden, die nur in Mostar stattgefunden haben. Dies zeigt wiederum, dass er nicht

weit weg von seiner Heimatstadt gekommen ist.

Durch seine Werke erfahren wir auch etwas über seine Ausbildung. Er hat sich oft im

Türkischen ausgedrückt. Die Kenntnis der persischen Sprache sieht man in seiner

Transkription des Werkes Sunbulistan, in den Kassiden, Ghaselen und in der Geschichte

Priča o Šejhu Abdurezak (Geschichte über Scheich Abdurezak). Er schrieb keine Poesie in

arabischer Sprache, jedoch hat er häufig Zitate aus dem Koran verwendet, was über seine

islamische Erziehung spricht. In den folgenden gefundenen Versen schrieb Hasan Zijaija

Mostarac über sich selbst, dass er keinen Beruf und kein Handwerk hat, welche er ausüben

konnte, aber auch kein Geld:

Novca nemam da trgujem

Zanata nemam da poslujem

Da sam bar od kovača ili kožara

Da sam crna lica bojadžija.74

Ich habe kein Geld, um zu handeln

Ich habe kein Handwerk, um zu arbeiten

Wenn ich wenigstens ein Schmied oder ein

Gerber wäre

Wenn ich wenigstens ein Färber mit

schwarzen Gesicht wäre.

Seine kreative Arbeit besteht aus zwei literarischen Werken: Gedichtsammlung Diwan und

Priča o Šejhu Abdurezaku. In der orientalischen Literatur beginnt ein Diwan in der Regel mit

dem Lob Gottes und seines Propheten Mohammed. Nach diesem Vorwort kommen dann die

Kasside und Ghasele. In einigen klassischen Gedichtsammlungen findet man auch kürzere

74

Ebd. 24.

[Text eingeben] Seite 35

Genres wie rubajia und tarih. Nicht jeder Diwan konnte alle Gattungen der Poesie beinhalten,

so dominieren in einigen Kassiden und in anderen Ghasele. Es hing alles vom Charakter der

Poesie des Dichters ab. Hasan Zijaija Mostaracs Diwan beginnt auch mit einem Vorwort.

Das Vorwort in Diwan war wichtig für das Verständnis der Motive, die den Dichter dazu

brachten, die Gedichtsammlung zu schreiben. Diesen Teil des Diwans beginnt er mit

folgenden Wörtern: Mladost je dio ludila. (Die Jugend ist ein Teil des Wahnsinns.) Das

Vorwort wird durch die Zitate aus dem Koran in arabischer und persischer

Sprache unterstützt und in Prosa geschrieben. Hier spricht er über seine Jugend, in der er in

einer Welt der Liebe, Trauer und des Schmerzes war. Er dachte, dass diejenigen, die

seinen Diwan lesen werden, ihm dann seine Mängel und Fehler vergeben würden. Er

sagte über sich selbst, dass er ein Mann ohne gesunden Menschenverstand ist und dass man

von einer solchen Person keine weisen Worte erwarten kann. Seine Mängel in dem Werk

versuchte er durch sein hartes Leben zu erklären. Er meinte, dass seine Verse der Ausdruck

seines schlimmen Schicksals wären. Unmittelbar nach dem Vorwort kommen 11 Kassiden in

türkischer Sprache und eine in persischer Sprache. Kasside stammt aus der arabischen

Literatur und kam in die türkische über die persische Literatur. Der Begriff Kasside hat in der

arabischen Sprache folgende Bedeutung: ono što se ima za cilj, što vodi cilju (das, was man

als Ziel hat bzw. was zum Ziel führt)

Der bosnische Autor Fehim Nametak schreibt in seinem Werk Divanska poezija XVI i XVII

stoljeća folgende Definition: Kasida je pjesma koja se pjevala s određenim ciljem, što joj i

samo ime govori; često je njen autor tražio namještenje, ili kakvu drugu uslugu od onoga

kome posvećuje pjesmu.75

(Kasside ist ein Lied, das zu einem bestimmten Zweck gesungen wird, was auch der Name

schon sagt; Ihr Autor bat um eine Anstellung oder um einen anderen Gefallen die Person, der

das Gedicht gewidmet war.)

Kassiden lassen sich am besten mit dem deutschen Begriff "Zwecksgedichte" vergleichen. In

der bosnischen Alhamijado Literatur sprechen Kassiden darüber, wie alles mit realen

Ereignissen miteinander verbunden ist. Die Gemeinsamkeit der Kassiden in der bosnischen

und arabischen Literatur ist der Einfluss auf die soziale und moralische Haltung des Einzelnen

und der Gesellschaft sowie die Kritik und Beratung der Gesellschaft.

75

Nametak (1991)d, Uvod.

[Text eingeben] Seite 36

Der erste Teil der Kasside ist nesîb, d. h. die Einleitung. In diesem Abschnitt der Kasside wird

am häufigsten die Natur, der Beginn des Frühlings, der Winter, Bajram und die Kriegsführung

beschrieben. Kassiden bekamen ihren Namen von dem, über was sie erzählten. Im Diwan

findet man Kasside, die den Frühling, Winter, Herbst, die Sonne, den Wind, das Meer, aber

auch den Zustand des Dichters, zum Thema hat. Wenn man sich die Thematik der Kassiden

im Diwan von Hasan Zijaija Mostarac anschaut, sieht man, dass diese verschiedene Motive

beinhalten. In seinen Kassiden wird häufig die stilistische Figur der Vergleich verwendet, mit

dem er die Natur so beschreibt, wie sie nicht in der Realität aussieht, wie z. B. in der

Beschreibung der Sonne:

Kao da je berberska radionica kupola

pa je na njoj sunce rastvorilo svoja sjajna ogledala

Svaki dan na nebu ispisuje suru „Nur“ sunce

Kao da uči napamet ajete sure „Furkan“ sunce

Ponovo je na nebu glavu podigao vladar istoka

Kao da je svojim lijepim konjem mejdan zauzelo sunce.76

(Als ob die Barbierstube eine Kuppel wäre

und die Sonne auf ihr klappte ihre glänzenden Spiegel auf

Jeden Tag schreibt die Sonne am Himmel die Sure „Nur“

Als ob sie die Sure „Furkan“ auswendig lernte

Und wieder erhob der Herrscher des Ostens sein Haupt,

als ob mejdan77

mit seinem schönen Pferd die Sonne eingenommen hätte.)

Die Eigenschaften, die in diesen Versen die Sonne beschreiben, die uns aber in der Regel

vertraut sind, sind die Pracht und Schönheit der Sonne. Die Verwendung der stilistischen

Figuren wird gern gebraucht, um die Dinge weit weg von der Realität unterzubringen. Einen

ähnlichen Schreibstil kann man auch in den Versen über Herbst sehen. In diesen schreibt

Hasan Zijaija Mostarac, wie mit der Ankunft des Herbstes und dem Schneefall im

menschlichen Körper etwas entsteht, was zur Melancholie führt:

76

Ćatović (2010), S. 34.

77 mejdan – der große leere Raum

[Text eingeben] Seite 37

Eto na dušu tuge i sjete, a na svijet jeseni

Zemlju zimski snijeg, a dušu jad i čemer plijeni.78

(So kommt die Trauer und Wehmut in die Seele, und der Herbst auf die Welt

Die Erde wird vom Schnee und die Seele von Kummer und Weh erobert.)

Diese Art von Verständnis und Wissen über die Welt ist charakteristisch für fast alle

osmanischen Dichter und Gelehrten bzw. bosnisch-muslimischen Autoren. In der 9. und 11.

Kasside schreibt Hasan Zijaija Mostarac nicht über eine Persönlichkeit, sondern beschwert

sich über die Armut, in der er lebt. In Kasida razrušenoj kući (Die Kasside dem zerstörten

Haus) beschreibt er seine zerstörte Heimat und entfernt sich damit von dem, was Kassiden

eigentlich sagen wollen. Jedoch dominiert in dieser Kasside der Sarkasmus.

Medhiye ist ein Teil der Kasside, in dem ein Mensch gelobt wird. Dieser Teil der Kasside ist

reich an poetischen Figuren und aus diesem Grund kann das Lob nicht als die reale Tatsache

der Persönlichkeit gesehen werden. Die Persönlichkeit in der Kasside wird oft mit

historischen und mythischen Persönlichkeiten verglichen. Jedoch finden wir bei Hasan Zijaija

Mostarac selten solche Vergleiche mit historischen oder mythischen Persönlichkeiten. Eines

dieser seltenen Beispiele fand ich in der Kasside, die dem Mustafa Beg gewidmet wurde. In

folgenden Versen vergleicht Hasan Zijaija Mostarac den Beg Mustafa mit den Kalifen Omer

und Kisr:

Ni Kisra mu nije ravan u časnosti

Poslije Poslanika, jednak je Omeru u pravednosti79

(Nicht einmal Kisr gleicht ihm an Ehre

Nach dem Propheten gleicht er Gerechtigkeit dem Omer)

Generell ist medhiye als Teil der Kasside bei Sprachforschern wegen der Lobhudelei und

Übertreibung des Dichters hinsichtlich der Persönlichkeiten, über die er schreibt, nicht

anerkannt.

78

Ebd. 35.

79 Ebd. 39.

[Text eingeben] Seite 38

Dua oder dova (das Gebet) ist der letzte Teil der Kasside, in dem der Dichter Gott um das

Wohlbefinden einer Person bittet. Dova ist bei Hasan Zijaija Mostarac in allen Kassiden

vorhanden, außer in Kasida razrušenoj kući. In den Gebeten bittet er Gott um ein langes

Leben und eine erfolgreiche Herrschaft des Begs, dem die Kasside gewidmet ist. Im

folgenden Beispiel wollte ich dies zum Ausdruck bringen:

Neka mu Gospodar svjetova uvijek podari što mu srce želi

Sve dok sunce obasipa svjetlošću svojom svijet cijeli

Neka taj vladar neprestano u svijetu blagostanja uživa

Dok tlo zemlje sjajno sunce obasjava.80

(Der Herrscher aller Welten soll ihm immer geben, was ihm sein Herz begehrt

Solange die Sonne mit ihrem Licht die ganze Welt überflutet,

soll dieser Herrscher allezeit die Welt des Wohlstands genießen

Solange die Sonne über Boden der Erde scheint.)

Im Diwan von Hasan Zijaija Mostarac dominieren Ghasele, von denen es 496 im Türkischen

und 14 im Persischen gibt. Ghasele waren auch bei anderen Dichtern in großer Zahl, aber

nicht so viel wie bei ihm. Mit dieser Tatsache kann er als Dichter der Ghasele betrachtet

werden. Ein Ghasel ist in die türkische Literatur aus dem Persischen gekommen, so wie die

meiste Diwan Poesie. Der Begriff Ghasel bedeutet Flirt. Es kann als Poesie definiert werden,

die über die Liebe und den Wein spricht. Das Ghasel wurde in der osmanischen Gesellschaft

oft mit dem Musikinstrument Saz interpretiert. So wurde es auch gesungen und nicht nur

rezitiert.

Eine spezifische Gattung der Diwan Literatur sind Chronogramme, die über Ereignisse

sprechen. In Hasan Zijaija Mostaracs Diwan gibt es insgesamt 14 davon, die in

chronologischer Reihenfolge geschrieben sind. Hronogram smrti muftije hodže Čelebije (Der

Chronogramm über Čelebijas Tod) ist komplett in Arabisch geschrieben.

Zusammenfassend könnte ich sagen, dass man durch seine Gedichte Vieles erschließen kann.

Sowohl über die Zeit in der er lebte, als auch über sein Leben. In einem seiner Gedichte, das

in türkischer Sprache geschrieben ist, analysiert er seine psychische Verfassung, seine

80

Ebd. 44.

[Text eingeben] Seite 39

Vorzüge und Nachteile und spricht davon, wie ein Mensch ein Wesen ist, das zum Guten und

Bösen geneigt ist. Jedoch sprechen seine Gedichte auch über die unglückliche Liebe zu einer

Frau, die unerreichbar ist. Der Dichter betrachtet sie aus der Ferne, bewundert sie und hat

nicht die Kraft, sich ihr zu nähern. Er wagt sich aber nicht, mit ihr über seine Liebe zu

sprechen. In dem Augenblick, als er ihr von seiner Liebe erzählen will, wird er machtlos, und

kann seine Gedanken nicht ausdrücken.

4.2 Poetisches Werk von Muhamed (Mehmed?) Hevai Uskufi (1601 in Tuzla geboren

– 1650 gestorben)

Über das Leben von Muhamed Hevai Uskufi ist nur wenig bekannt. Man kann auch nicht

sicher sagen, ob sein wirklicher Name Muhamed oder Mehmed war. Er war ein guter Kenner

der türkischen, arabischen und persischen Sprache, insbesondere zeigte er eine große Liebe zu

seiner Muttersprache, dem Bosnischen. Überall erzählte er stolz über seine bosnische

Herkunft und dichtete oft in bosnischer Sprache:

Bosanski da vam besidim, bratani,

da slušaju prijatelji i dobrotelji i znani,

vi moji virni drugovi.81

Ich rede mit euch Bosnisch, meine Brüder,

damit mich Freunde, Wohltäter und

Bekannte hören,

ihr, meine treue Freunde.

4.2.1 Muhamed Hevai Uskufi: Bosnisch-türkisches Wörterbuch (Potur Šahidije) (1631)

Die ursprüngliche Ausgabe dieses Wörterbuches wurde immer noch nicht gefunden, aber

dafür gibt es einige seiner Abschriften. Einige Abschriften befinden sich in der Gazi Husrev-

beg Bibliothek in Sarajevo und eine Abschrift befindet sich in der schwedischen Stadt

81

Huković u. a. (1990), S. 78.

[Text eingeben] Seite 40

Uppsala in der Universitätsbibliothek. Es ist möglich, dass es auch Niederschriften in Istanbul

gibt, weil Muhamed Hevai Uskufi einige Zeit in Istanbul verbracht hatte. Da sich die

Abschriften untereinander unterscheiden, ist es schwierig, sichere Schlussfolgerungen auf das

Original zu ziehen. Das Wörterbuch von Muhamed Hevai Uskufi wurde als erstes von dem

türkischen Reiseberichterstatter Evlija Čelebi im Jahre 1660 in seinem Reisebericht

"Seyahatname" erwähnt. Evlija Čelebi nennt hier nicht den Namen des Autors und seines

Werkes, sagt aber, dass učenjaci i pjesnici šeher-Sarajeva napisali jedan rječnik na

bosanskom jeziku u stihovima po uzoru na persijsku knjigu Šāhidī.82

(…, dass Wissenschaftler

und Dichter von Sarajevo ein Wörterbuch der bosnischen Sprache in Versen, inspiriert vom

persischen Buch Šāhidī, geschrieben haben.)

Otto Blau, Konsul in Sarajevo von 1864-1872, arbeitete an einer detaillierteren Untersuchung

des Wörterbuches. Im Werk Bosnisch-türkische Sprachdenkmäler schreibt Otto Blau, dass

sich der Autor des Bosnisch-türkischen Wörterbuchs zweimal im Vorwort und am Ende des

siebten Kapitels Uskufi nennt. Angesichts der Zeit, in der das Wörterbuch entstand, sagt Otto

Blau, dass Muhamed Hevai Uskufi sein Wörterbuch dem Sultan Murad Chan widmete, der

von 1621-1640 herrschte.83

In der Einleitung seines Wörterbuchs spricht Muhamed Hevai Uskufi von Schwierigkeiten,

mit denen sich Autoren der Volkssprache konfrontiert sahen:

Naumio sam da sačinim jednu knjižicu

Kakvu prije niko nije ni zamislio,

Ali nema na svijetu riječi koja nije već rečena

Kazano je sve, dobro i zlo.

Udubivši se u nauku razmišljao sam

Te se u taj mah dosjetih

Da skupim jedan rječnik na bosanskom jeziku

Nek i on, prema sebi, bude jedna svjetiljka.

Kako je Bošnjak krupna stasa

Znaj da su im tako i riječi krupne,

Pa ih onda dovest na metrum

To je gvozden luk koji nije moguće nategnuti.

82

Čelebi (1996), S. 121.

83 Blau (1868), S. 50-51.

[Text eingeben] Seite 41

Hvala Bogu, po pravilima retorike

Izražavah se, nek bude trag svijetao od zrâkā

Načinio sam tečnim i pisao jasan srok84

(Ich habe vor, ein Büchlein zu schreiben

wie es vorher niemand eingedacht hat,

Aber auf der Welt gibt es kein Wort, das nicht schon gesagt wurde.

Es wurde alles gesagt, das Gute und Böse.

Ich habe überlegt,

und im selben Moment beschlossen,

dass ich ein Wörterbuch in bosnischer Sprache verfasse,

das eine Leuchte werden sollte.

So wie der Bosnieake von kräftigem Körperbau ist

Wisse, dass auch Worte kräftig sind,

Dann sind sie ins Metrum zu bringen

Das ist ein eiserner Bogen, den man nicht anspannen kann.

Gott sei Dank, ich habe mich nach den Rhetorikregeln

ausgedrückt,

die Spur soll lufthell sein, flüssig und ich schreibe einen klaren Reim.)

Der Originaltitel des Wörterbuches ist Maqbūli 'ārif und bedeutet ono što se sviđa učenu i

razumnu čovjeku.85

(…dass, was dem vernünftigen und gebildeten Menschen gefällt.) Ein

anderer Name des Wörterbuches ist Potur-Šāhidī und niemand weiß, wer ihm diesen Namen

gab und warum. Das Wörterbuch hat drei Teile: Vorwort, Vokabular und Nachwort. Alle

Teile des Wörterbuches wurden in Versen geschrieben, in der arabischen Metrik. Das

Vorwort besteht aus 102 Versen und spricht darüber, warum Muhamed Hevai Uskufi sein

Wörterbuch geschrieben hat. Das Nachwort hat 14 Verse und ist in keiner Handschrift als

Ganzes erhalten. Das Wörterbuch bzw. Vokabular hat 300 Verse, in denen 700 der

bosnischen Wörter aus dem Türkischen bzw. türkische Wörter aus dem Bosnischen

interpretiert werden.86

Dieser Teil seines Wörterbuchs besteht aus 13 Kapiteln und am Ende

84

Uskufi (2011), S. 66-68.

85 Huković u. a. (1990), S. 120.

86 Uskufi (2011)

[Text eingeben] Seite 42

jeden Kapitels schreibt Muhamed Hevai Uskufi einen Spruch in bosnischer Sprache mit

türkischer Übersetzung.

4.3 Literatur der bosnischen Muslime in persischer Sprache und ihre

Vertreter

4.3.1 Die Wirkung des sufischen weltlichen Dichters Mevlana Dželaludin Rumi auf die

Arbeit der bosnisch-muslimischen Autoren

Die Literatur der bosnischen Autoren in persischer Sprache hat ihre Wurzeln bereits im

Manichäismus, auf dem das Bogomilentum beruhte. Die Bosnier waren mit dieser Art von

Literatur schon lange bevor die Osmanen Bosnien einnahmen, bekannt. Großen Einfluss

darauf hatten die Manichäer. Bećir Džaka schließt sich der wissenschaftlichen Meinung, dass

Mani in der Mitte des 3. Jahrhunderts nach Persien gekommen war. Mani wollte eine

universelle Religion in die Welt einführen. Seine Lehre bestand darin, dass die materielle

Welt bzw. das Leben auf dieser Welt nicht auf dem Grundsatz des Guten, also von einem

guten geschaffenen Gott, sondern auf dem Grundsatz des Bösen, aufbaut. Die Idee seiner

Bewegung war, dass die Seele von ihrer göttlichen Quelle getrennt ist und dass, das Leben in

dieser Welt dazu dient, den göttlichen Funken von den Fesseln der Materie zu befreien. Nach

dem Tode Manies verbreitete sich seine Bewegung, der Manichäismus, über die Grenzen des

Irans hinaus.87

Die Literatur der bosnischen Muslime in persischer Sprache weist auf den Sufismus, der sich

in der iranischen Tradition unter dem Einfluss der manichäischen Lehre entwickelte. Die

Gemeinsamkeit der bosnischen und persischen sufischen Literatur ist die Auffassung der

Trennung der menschlichen Seele von ihrer göttlichen Quelle und ihre ständige Suche nach

dieser göttlichen Quelle. Auch hier folgt Bećir Džaka der allgemeinen Diktion.88

Charakteristisch für die mystische Poesie ist die Schwierigkeit der Unterscheidung zwischen

87

Džaka (1998), S. 373-374.

88 Džaka (1998), S. 375.

[Text eingeben] Seite 43

dem Allegorischen und Realistischen. Einer der größten mystischen Dichter der Weltliteratur

Mevlana Dželaludin Rumi (1207 in Afghanistan geboren – 1273 in der Türkei gestorben)

hatte einen starken Einfluss auf die Ausbreitung des philosophischen mystischen Denkens in

bosnischer Tradition. Mesnevija89

ist sein wichtiges Werk. In seinen Versen spricht er vom

Kampf, den die Menschen führen, engagiert sich für Freundschaft und Einheit unter den

Menschen. Mevlana Dželaludin Rumi fand die Inspiration für das Schreiben dieses Werk

auch im Koran. Der bosnische Dichter Ahmed Vahdeti, der Einzigartige, (16. Jh.) war stark

von dieser Literaturart beeinflusst. Durch seine Poesie betont er seinen Glauben an das

Göttliche. Sein Denken ähnelt der Lehre der Bogomilen, in der alles aus einer einzigen Quelle

entstanden ist. Ahmed Vahdeti kritisierte Theologen, die theologische und philosophische

Erklärungen formal interpretieren. Er glaubt, dass sie nicht in die Essenz der Bedeutung

eindringen, somit nicht verstehen und auch nicht erklären können:

Jedinstvo bića i jedinstvo Njegovih svojstava

otkud zna onaj neznalica koji gleda u riječ i doziva značenje

Fizičko oko ne vidi suštinu i svojstva istine.90

(Die Einheit des Wesens und die Einheit Seiner Eigenschaften,

Wie kann ein Unwissender, der ein Wort ansieht und seine Bedeutung herbeiruft, wissen

Das physische Auge sieht die Wirklichkeit und die Eigenheit der Wahrheit nicht.)

Der Schriftsteller Husein Lamekani ist auch ein Vertreter dieser Art des Lernens. Er schrieb

das Werk Vahdetnamu (Buch der Einheit). In seinen Gedichten verwendet er manchmal den

Spitznamen Lazemani (zeitlose), da er von dieser Welt in die andere Welt übergehen wollte,

um sich dort mit dem grenzenlosen Wesen zu vereinigen. Der Dichter Muhamed Nerkesija

schrieb Gedichte in türkischer und persischer Sprache. In seinen Gedichten sieht man den

Unterschied im Schreibstil und im Verständnis des Inhalts der Gedichte. Seine Gedichte

können im Persischen ohne Schwierigkeiten verstanden werden. Die Schönheit seiner

poetischen Gedanken und den perfekten Schreibstil fand ich in den Versen geschrieben in

persischer Sprache:

89

Mevlana Dželaludin Rumi (2010).

90

Džaka (1998), S. 383.

[Text eingeben] Seite 44

Dođe mi od tebe pismo, što dušu razgaljuje; kad je pročitano, metnuo sam ga na goruće srce.

Bojeći se da ga uzdah moga srca ne sprži – odmah sam ga uzeo i metnuo na plačne oči.

U strahu da ga suze mojih očiju ne saperu, skinuo sam ga s njih i metnuo u dušu...91

(Ich bekam einen Brief von dir, der die Seele erquickte; nach dem er gelesen wurde, legte ich

ihn auf das brennende Herz.

Ich hatte Angst, dass der Seufzer meines Herzens ihn verbrenne - ich nahm ihn und legte ihn

auf die weinenden Augen. Aus Angst, dass die Tränen meiner Augen ihn wegwischen, nahm

ich ihn und legte ihn in meine Seele…)

4.3.2 Adni Mahmud paša Abogović (1420 in Kruševac geboren – 1474 gestorben)

Ein wichtiger Vertreter der persischen Literatur ist Adni Mahmud paša Abogović. Als Junge

wurde er nach Edirne gebracht, wo er zum Islam konvertierte. Es wird behauptet, dass sein

Vater ein Grieche und seine Mutter eine Serbin war. Er wird in der bosnischen Literatur, in

den orientalischen Sprachen, erwähnt, da sein Wirken zwanzig Jahre mit dem Gebiet von

Bosnien und Herzegowina verbunden war.92

Adni Mahmud paša Abogović spielte eine

wichtige Rolle im osmanischen Reich als Staatsmann, Gesetzgeber und Militärführer. Alle

großen Staatsmänner hatten ihre Feinde, so auch er. Sein Feind war ein schlauer Grieche.

Seine Gegner haben es versucht, ihn beim Sultan als bösartige Person darzustellen. Es gelingt

ihnen, ihn wegen des Mordes an Sohn des Sultans zu beschuldigen, in Jedikule einzusperren

und nach achtzehn Tagen Haft zu ermorden.93

Seine Schuld blieb unklar. Wie sehr Adni

Mahmud paša Abogović eine wichtige Person im osmanischen Reich und ein vorragender

Dichter war, zeigt die Inschrift, die über der Tür des Grabmals angebracht wurde:

91

Bašagić (2007)b, S. 192.

92 Džaka (1998), S. 385.

93 Ebd. 81-82.

[Text eingeben] Seite 45

Osnovatelj zadužbine, hvaljen radi vrlina, izvor dobrota, slavljen radi savršenstva (od

Kemala slavljeni)

Iskreni prijatelj sultanov, Mahmud plemeniti otišao je kao čovjek, kojem je zulum učinjen, u

kuću blagodati (raj)

Umro je blagoslovljen, a hronogram mu izađe:

Umro je slavljen kao šehit [mučenik] i asketa.94

(Der Begründer der Stiftung, die Quelle der Güte, gefeiert wegen seiner Vollkommenheit (von

Kemal gefeiert)

Ein wahrer Freund des Sultans, der edle Mahmud ging als ein Mensch, dem Unrecht getan

wurde, ins Haus des Segens (das Paradies)

Er starb gesegnet, und sein Chronogramm lautet:

Er starb als ein Šehit (Märtyrer) und Asket)

Mahmud paša Abogović hat in allen drei Sprachen geschrieben, seine vollkommensten Werke

sind aber auf Persisch geschrieben. Seine Poesiesammlung bzw. Diwan ist in der

Universitätsbibliothek in Istanbul erhalten. Dieser Diwan beinhaltet eine Kasside, 98 Ghasele

in türkischer Sprache, 45 Ghasele in persischer Sprache, 21 Verse in persischer Sprache und

einige Artikel in Prosa.95

Er hinterließ auch eine Dissertation über die Qibla, d.h. die

Anleitung, wie ein Muslim in einer unbekannten Gegend die Richtung findet, wie er beten

soll.

4.3.3 Derviš-paša Bajezidagić (im 16. Jahrhundert in Mostar geboren)

Derviš-paša Bajezidagić ist der wichtigste bosnische Dichter, der in türkischer und persischer

Sprache geschrieben hat. Über sein Leben und Wirken hat am besten Safvet beg Bašagić

geschrieben. Die Grundschulbildung absolvierte Derviš-paša Bajezidagić in Istanbul. Über die

Ankunft in Istanbul erzählt er selbst im Vorwort seines Werkes Muradnama:

94

Ebd. 83.

95

Džaka (1998), S. 385-386.

[Text eingeben] Seite 46

Kao dijete došao sam u Carigrad i stupio u Atmejdan-saraje, a to se dogodilo u vrijeme

Selima II.96

(Als Kind kam ich nach Istanbul und trat in die Atmejdan-saraje ein, dies geschah in der Zeit

von Selim II.).

Muradnama ist kein Originalwerk, sondern eine Übersetzung des Werkes Sehaname. Nach

dem Wunsch von Sultan Murad III. hatte Derviš-paša Bajezidagić es aus dem Persischen ins

Türkische übersetzt. Nur die Einführung entspricht dem Original sowie zwei Gedichte am

Ende. Ein von diesen zwei Gedichten präsentiert seine Reflexion über das ganze Werk, und

im zweiten Gedicht erzählt uns der Übersetzter, weshalb er sein Werk Muradnama genannt

hat.

Fevzi Mostarac erzählt im Werk Bulbulistan über Derviš-paša Bajezidagić und seine Werke:

Derviš-paša spada među učene i hrabre ljude. Pjesme su mu pune duha i alegorije. On je

autor dva divana pjesama - jedan na perzijskom, drugi na turskom jeziku. Poezija u oba

divana je lijepa, puna elegancije, smisla i suptilnosti. Dvaput je bio namjesnik u Bosni i

nekoliko puta guverner u Egri. Smatraju da je bio evlija. Po ugledu na Mesneviju

Dželaluddina Rumija počeo je da piše naziru (imitaciju) i napisao je oko dva sveska, ali jedne

noći vidje u snu Rumiju koji mu reče: - Dervišu, moje djelo nije moguće podražavati! Okani

se te zanesenosti! On je tada odustao. Vidio sam ona dva toma koja je napisao. Puni su

ljepote i smisla. Mislim da među vezirima nije bilo tako savršena i učena čovjeka.97

(Derviš-Pascha zählt zu den gebildeten und mutigen Menschen. Seine Gedichte sind voll von

Weisheit und Allegorie. Er ist der Autor von zwei Gedichtsammlungen: einen persischen und

einen türkischen. Beide sind wunderschön und voller Eleganz, Gedanke. Er war zweimal der

Vize in Bosnien und mehrere Jahre Gouverneur in Egri. Nach dem Vorbild von „Mesnevija“

von Mevlana Dželaludin Rumi begann er mit einer Imitation, die dann auf zwei Bände

heranwuchs; eines Nachts sieht er im Traum Mevlana Dželaludin Rumi, der zu ihm sagte: "O

Derviš, mein Werke kann man nicht nachmachen! Befreie dich von diesem Überschwang!

Und er gab dann auf. Ich sah die zwei Bände, die er geschrieben hat. Sie sind voller

96

Bajezidagić (2008), Uvod.

97 Mostarac (2003), S. 122.

[Text eingeben] Seite 47

Schönheit und Sinn. Ich denke, dass es unter den Wesiren keinen so perfekten und gebildeten

Menschen gegeben hat.)

Derviš-paša Bajezidagić war beim Sultan Murat III. bis zu dessen Tod beliebt. Er war sogar

sein persönlicher Berater. Nach dem Tode des Sultans wurde er vom Hof entfernt und nach

Bosnien zurückgeschickt. In Sarajevo schrieb er Gedichte über diese Stadt und über Mostar.

Ein Gedicht über Sarajevo hat Mehmed Handžić (1906 in Sarajevo geboren – 1944 in

Sarajevo gestorben) gefunden und übersetzt, ohne aber zu wissen, dass es von Derviš-paša

Bajezidagić stammte. Dies erkannte später Omer Mušić:

Pohvalnica gradu Sarajevu

Ako želiš, srce, vidjeti sliku raja

Potrudi se da vidiš Sarajevo, odmah idi.

Ovaj lijepi grad je Ćaba, kojoj streme zaljubljeni

To su rekli oni koji su do svojih želja stigli.

Njegov prijatni zrak i voda daju život i krijepe dušu

Tekuća mu voda nije ništa drugo nego rajski Selsebil.

Svaki kutak njegov vrvi ljepoticama

Okitio se hurijama i mladićima poput raja.98

(Lob der Stadt Sarajevo

Wenn du, mein Herz, ein Bild vom Paradies sehen willst

Bemühe dich, Sarajevo zu sehen, gehe sofort hin.

Diese schöne Stadt ist die Kaaba, zu der die Verliebten streben

Dies sagten jene, denen sich ihre Wünsche erfüllten.

Ihre angenehme Luft und das Wasser schenken Leben und stärken die Seele

Ihr fließendes Wasser ist nichts anderes als die Paradiesesquelle.

98

Nametak (1989)b, S. 63.

[Text eingeben] Seite 48

Jeder ihrer Winkel geht über von Schönheiten.

Sie schmückte sich mit Jungfrauen und Männern wie im Paradies.)

Derviš-paša Bajezidagić baute in Mostar wichtige Gebäude, wie Moscheen und Medressen. In

der Bibliothek hinterließ er seine wertvollen Handschriften: Mesnevi von Mevlana Dželaludin

Rumi, Divan von Hafiz, Sadijevs Gulistan. Er zeigte in seiner Poesie die Liebe und Hingabe

zu seiner Heimatstadt. Dies ist ein schönes Gedicht, das die damalige Situation in Mostar

widerspiegelt:

Ko bi mogo opjevati redom

Sve ljepote divnoga Mostara

Zar se čudiš, srce, što ga ljubim

Sa ljubavlju sinovskoga žara?

O, ne ima na ovom svijetu

Ako nema sred bajnoga raja,

Bistre vode i svježega zraka

Što čovjeka sa zdravljem opaja!

S dvije kule velika ćuprija

Pružila se preko rijeke čarne

I sa svojim veličajnim lukom

Pričinja se poput duge šarne.

Tu je gnijezdo slavnijeh junaka

I na peru i na bojnom maču

Ko od vazda i sada iz njega

S dana na dan velikani skaču.99

Wer könnte sie alle besingen,

die Schönheiten von Mostar

Wunderst du dich, mein Herz, da ich sie liebe

Mit der Liebe und Glut eines Sohnes?

O, es gibt nichts auf dieser Welt

außer in diesem märchenhaften Paradies,

Klares Wasser und frische Luft

die den Menschen mit Gesundheit laben!

Die große Brücke mit ihren zwei Türmen

reicht über den verzauberten Fluss

Mit ihrem herrlichen Bogen

erscheint sie einem bunten Regenbogen

gleich.

Das ist der Horst berühmter Helden

der Feder und des Schwertes

Wie seit jeher so auch jetzt

bringt sie Tag für Tag Helden hervor.

99

Nametak (1989)b, S. 65.

[Text eingeben] Seite 49

In seinen Versen sehen wir seine persönliche Einstellung der Stadt gegenüber sowie die

damalige Situation in der Stadt. Einerseits erzählt er in den ersten Versen des Gedichts wie

groß seine Liebe zu Mostar ist, sie könne nicht mit Worten beschrieben werden. Anderseits

zeigt er uns ein Bild von Mostar. Wie er selbst schön sagt, ist Mostar eine saubere Stadt, mit

klarem Wasser und einer Brücke über den Fluss. Wichtiger ist noch das, was er uns in der

letzten Strophe mitteilen will, dass Mostar die Stadt ist, in der berühmte Helden geboren

wurden. Im Vers I na peru i na bojnom maču, erfahren wir, dass es sich nicht nur um Krieger,

sondern auch um Autoren handelt, d.h. über Personen, die durch ihre Lyrik bekannt sind.

Der Inhalt seiner Poesie ist unterschiedlich. Dies sehen wir an der Tatsache, dass er gerne

über die Liebe zu einer Frau geschrieben hat. In den folgenden Versen habe ich ein Beispiel

gefunden, wo Derviš-paša Bajezidagić von einer schönen Frau erzählt:

Ako ona ljepotica čempresova stasa počasti nam kuću dolaskom svojim

U čast njene ljepote žrtvovaću sve ovoga i budućeg svijeta.

Žeđ ljubavi u srcu žednoga ugasiti se neće

Ako na dušak popije vode svih sedam mora…100

(Wenn jene Schönheit mit Zypressengestalt unser Haus mit ihrem Besuch beehrt

Ihrer Schönheit zu Ehren will ich alles auf dieser und jener Welt opfern.

Der Liebesdurst des Durstigen wird im Herzen nicht erlöschen

auch wenn er das Wasser aller sieben Meere trinkt...)

Seine Vorbilder waren persische Dichter, und er war einer von vielen Autoren, der einen

direkten Kontakt mit der persischen Literatur hatte. Als guter Kenner der persischen Sprache

und Literatur sind seine Gedichte voller persischer Begriffe und Phrasen. Sein Wissen über

die persische Literatur hat er dem berühmten Lehrer Sudiji zu danken. Sudiji war einer der

besten Experten auf dem Gebiet der persischen Klassik. Derviš-paša Bajezidagić schrieb oft

in seinen Gedichten über den Einfluss östlicher Dichter auf ihn und er war Gott dankbar, dass

Er ihm eine poetische Gabe geschenkt hatte. Folgendes Gedicht ist ein Beispiel seiner

Schöpfung in persischer Sprache:

100

Nametak (1989)b, S. 66.

[Text eingeben] Seite 50

Imam grijeha, možda više već što ima kapi kiše;

Od stida sam pogo glavu, ne smijem je dići više!

Dok glas dođe o Dervišu, ne plaši se, sve je lako,

Po zasluzi i po grijehu nagrađen će biti svako.

Bože, sa dobrotom Tvojom baci pogled svemilosti

Na Derviša iznemogla, koji pati, trpi dosti.

Koliko ti svemoć hoće, smilovanje daj mu Tvoje;

Nemoj na mene gledati, već na dobro gledaj Svoje!101

(Ich habe Sünden, mehr vielleicht als es Regentröpfe gibt;

Vor Scham habe ich den Kopf gesenkt, und darf ihn nicht mehr heben!

Solange du die Stimme Derviš hörst, habe keine Angst, alles ist gut,

Jeder wird nach seinen Taten und Sünden gerichtet werden.

Gott, mit Deiner Güte wirft einen gnädigen Blick

auf deinen erschöpften Derviš, der leidet, viel duldet.

Solange es deine Allmacht will, gib ihm Dein Erbarmen;

Schaue nicht auf mich, sondern auf Dein eigenes Wohl!)

Andere Schriftsteller liebten es Wörter und Phrasen zu verwenden, die nicht oder schwer zu

verstehen waren. Derviš-paša Bajezidagić tat genau das Gegenteil. Er schrieb seine Gedichte

nicht, damit sie nur die ausgewählten Leser verstehen können, sondern auch das gewöhnliche

Volk. Er ist ein großartiger Dichter, dank der Leichtigkeit seiner Sprache und der richtigen

Auswahl von Phrasen und Gedanken.

101

Bašagić (2007)b, S. 150.

[Text eingeben] Seite 51

4.3.4 Fevzi Mostarac (1670 in Blagaj geboren – 1747 in Mostar gestorben)

Fevzi Mostarac gehört zu den letzten wichtigen Vertretern der Literatur in orientalischen

Sprachen. Nach der Ausbildung in seiner Heimatstadt Mostar studierte er in Istanbul weiter.

Das Hauptwerk von Fevzi Mostarac, Bulbulistan, war auf Persisch geschrieben. Er sah die

Werke der persischen Literatur als unerreichbar an und sagte, dass keines seiner Werke diese

Vorbilder erreichen könne. Nach Bećir Džaka ist die Fevzi Mostaracs Poesie dualistisch:

positive und negative Poesie bzw. positiver und negativer Sufismus. Positiver Sufismus

basiert auf der Liebe zum Schöpfer. Die Literaturforschung zeigt, dass es sich bei dem

positiven Sufismus um die Liebe zu den Menschen und zur Welt handelt. Anhänger dieser Art

des Lernens trennen die Welt nicht von Gott. Sie dienen den Menschen aus Liebe und

Mitgefühl und erledigen so ihre Menschenpflicht. Der negative Sufismus vergisst alles andere

außer Gott, verachtet diese Welt und alles in ihr.102

Der positive Sufismus ist jedoch der

Ansicht, dass alles in der Welt ein Spiegel Gottes ist und dass man sich auch

dementsprechend liebevoll verhalten soll. Mevlana Dželaludin Rumi, der ein Vertreter des

positiven Sufismus war, hatte einen großen Einfluss auf Fevzi Mostarac und sein Werk. Fevzi

Mostarac befindet sich in seinen Gedichten und im Werk Bulbulistan zwischen positivem und

negativem Sufismus. Er verachtete in seinen Werken manchmal alles, was weltlich und nicht

spirituell war. Weltlichen Dingen gibt er nicht viel Bedeutung:

Ako ga (Boga) zaista voliš, ukrasi i raskoš ovog svijeta neće ti nanijeti nikakvu štetu, kao što

nisu ni poslaniku Sulejmanu.103

(Wenn du ihn (Gott) wirklich liebst, so wird dir all der Schmuck und der Glanz dieser Welt

keinen Schaden zufügen, wie er es auch dem Propheten Sulejman nicht tat.)

Ich finde es interessant, dass er Liebe und Gott in einem Kloster oder in einer Moschee sucht.

Darum geht es in folgenden Versen:

To što tražih pokraj Ka'be i što dušom želih - to si bio ti, san i cilj žuđeni! Pagoda i Ka'ba u

dasima vrelim izlike su samo da bismo se sreli! Hodočasnik ide Mekki, ti moj vid naseli; kuću

traži, ja vlasnika da mi udijeli! 104

102

Džaka (1998), S. 389-390.

103 Mostarac (2003), S. 62.

104

Ebd. S. 125.

[Text eingeben] Seite 52

Was ich außer der Kaaba suchte und mit meiner Seele wünschte – das warst du, Traum und

begehrtes Ziel! Eine Pagode und Kaaba sind nur eine Ausrede damit wir uns treffen können!

Der Pilger besucht Mekka, du sollst in meinem Augenlicht verweilen; suche du das Haus, und

ich den Besitzer damit er mir beschert!

In seinen Ghaselen bemerkt man das Fehlen von starken Leidenschaften und Gefühlen. Er

bleibt immer in einer Höhe, auf einer ethischen Ebene. Die Liebe, die in ihnen zum Ausdruck

kommt, ist nie an eine bestimmte Person gerichtet. Seine Ghasele sind das Produkt seiner

Jugend, voller Rhythmus und Melodie. Im Gegensatz zu den Ghaselen schrieb er sein Werk

Bulbulistan im Erwachsenenalter, welches in Prosaform geschrieben wurde. Das Werk ist in

sechs Kapiteln unterteilt: šejhovi; mudrost i pokajanje; pravednost i iskrenost; kratka

antologija poezije; dosjetke; priča o darežljivosti.105

(Die Scheichs; die Weisheit und Reue; die Gerechtigkeit und Ehrlichkeit; eine kurze

Anthologie der Poesie; die Anekdoten; die Geschichte über die Großzügigkeit.)

In diesem Werk erkennt man eindeutig seinen Blick auf das Leben und die Welt. Er möchte

eine Botschaft an die Menschen senden, sie warnen und zurück in den Schoß der

Gotteszufriedenheit bringen. Wegen seiner allegorischen Ausdrücke ist es schwer sein Werk

zu interpretieren. Dies war eine Zeit, in der mehr auf die Form als auf den Inhalt geachtet

wurde. Die Sprache ist voller Metaphern und Übertreibungen, weshalb sie sehr unklar ist,

aber nicht wie die Sprache anderer Schriftsteller seiner Zeit. Dieses Werk ist von großer

Bedeutung, weil wir darin nicht nur auf die Verherrlichung Gottes und der Religion stoßen,

sondern auch auf die sozialen Probleme. Es wird sowohl das Leben der Bevölkerung als auch

der Derwische beschrieben. Derwische waren für ihn positive Charaktere der Menschen, sie

besaßen keinen Reichtum, wurden aber von ihren Tugenden geschmückt. Ein Derwisch ist für

ihn jemand, der positive Eigenschaften in sich trägt, während die Reichen die Träger der

negativen Eigenschaften sind. Kaiser sind mächtig, aber gewalttätig und Fevzi Mostarac

möchte nicht in deren Gesellschaft sein:

Kako uman može ikad u životu pouzdat se u silnih careva dobrotu, kad im je dobrota spojena

s nasiljem, jedno drugo vežu s istovrsnim ciljem?

105

Ebd. S. 5-7.

[Text eingeben] Seite 53

Od opake vlasti spasa ako ima, naći ćeš ga samo s Božijim milostima!106

(Wie kann ein kluger Mensch in seinem Leben der Güte der Kaiser vertrauen, wenn ihre Güte

und Gewalt miteinander verbunden sind, beide verbindet ein gemeinsames Ziel.)

Die Rettung vor Grausamkeit der Regierung, wenn sie überhaupt möglich ist, kann nur durch

die Gnade Gottes erreicht werden!)

4.4 Bosnisch-muslimische Autoren und ihre Werke auf Arabisch

Die bosnisch-muslimische Literatur in arabischer Sprache ist weniger umfangreich als die

Literatur in türkischer Sprache. Es gab aber mehr bosnisch-muslimische Autoren in arabischer

Sprache als Autoren in persischer Sprache. Die wichtigsten und interessantesten Formen der

Literatur in arabischer Sprache sind Diskussionen. Mit diesen versuchten die Autoren, die

Welt und die Menschen in ihr zu verändern. Die Themen der Diskussionen waren

unterschiedlich, beginnend mit dem Verhältnis der Herrscher zu ihren Untertanen bis zur

persönlichen Kultur und Hygiene. Eine andere Form der Literatur in arabischer Sprache ist

der Kommentar. Der Kommentar war in solchem Maß vertreten, dass bestimmte Schriftsteller

auch ihre eigenen Werke kommentierten. Das Ziel dieser Werke bzw. Kommentare, war es,

den Text, über den ein Kommentar geschrieben wurde, zu erklären. Als Beispiel eines solchen

wird der Kommentar von Pruščak genannt: No, ono (djelo na koje se oslanja, S.G.) ipak nije

lišeno izvjesnih oprečnih i spornih mjesta koja zaokupljaju i opterećuju učenike željne

znjanja. Zato sam iz spomenutog djela izvukao osnovna pravila i stvarna značenja, navodeći

najpristupačnije primjere i odgovarajuće dokaze, skratio sam ga na mjeru korisnu za one koji

počinju, da im bude jasno i bez dosade, da im bude siguran priručnik i posrednik koji neće

dovoditi u zabludu, bez nedostatka a sa potrebnim podacima za najvažnija pitanja.107

(Aber es (das Werk, auf das er sich stützt, S.G.) ist nicht frei von gewissen und umstrittenen

Stellen, die die wissbegierigen Schüler belasten. Deshalb nahm ich aus dem erwähnten Werk

die Grundregeln und die wirklichen Bedeutungen, führte die Grundbeispiele und realen

106

Ebd. S. 35.

107

Grozdanić (1982)a, S. 94.

[Text eingeben] Seite 54

Bedeutungen an, verkürzte es auf ein Maß, das für Anfänger nützlich war, damit sie Klarheit

ohne Langeweile finden, und einen sicheren Leitfaden und Vermittler haben, der nicht in die

Irre führt, keine Mängel hat aber die notwendigen Unterlagen zu den wichtigsten Fragen

liefert.)

Bosnisch-muslimische Autoren in arabischer Sprache gab es nur wenige im Vergleich zu

denen, die in türkischer Sprache geschrieben haben. Da die meisten bosnischen Autoren in

allen drei orientalischen Sprachen geschrieben haben, schuf man ein Kriterium, nach dem

Autoren als Autoren im Türkischen, im Arabischen oder im Persischen angesehen wurden.

Ein Autor wurde als bosnisch-muslimischer Autor im Türkischen klassifiziert, wenn die

Anzahl seiner Werke überwiegend im Türkisch geschrieben war. Die gleiche Regel galt auch

für die arabische und persische Sprache. Nach diesem Kriterium gab es zwischen 40 und 50

Autoren, die in arabischer Sprache geschrieben haben.

4.4.1 Ahmed Šemsudin Sarajlija und Hasan Kaimija (in der ersten Hälfte des 17.

Jahrhunderts in Sarajevo geboren – 1690 in Zvornik gestorben)

Ahmed Šemsudin Sarajlija wurde Dank seinem Talent und seiner Ausbildung im Alter von 30

Jahren Professor an der Medrese in Istanbul und dann in Brusa, wo er 1575 starb. Er gilt als

Kenner der arabischen Sprache und Literatur. Mit seiner Leistungsfähigkeit fiel es ihm

einfach, sich in den Kreisen der Ulama von Istanbul zurechtzufinden und sie betrachteten ihn

als einen der Wenigen, der die Fähigkeit zur perfekten Sprache besaß und eine schöne

Handschrift hatte. Leider gibt es sehr wenige Informationen über ihn, auch Autoren, die über

ihn schrieben, haben keine weiteren Informationen außer Lob. Sein verfrühter Tod zerstörte

alle Hoffnungen und Erwartungen, die seine Schüler und Freunde in ihn gesetzt hatten. Er war

vielversprechend und man erwartete viel von ihm. Sein perfekter arabischer Schreibstil wird

an seinen Abhandlungen o peru und o sablji aufgezeigt:

(Iz knjige o peru)

To je jedno stablo koje izlazi iz brda Sinaj; korijen mu čvrsto stoji (u zemlji), a ogranci su mu

u nebu. Kad pane na njega voda, makne se, a kad dođe na rod, donese nove plodove. To je

Jusuf, koga su zagrlila braća zagrljajem ljubavi i složila se da ga metnu na dno čatrnje.

Košulja mu je razdrta bez da je zaveden, bačen je u tamnicu, a niko mu nije neprijatelj. Sad

[Text eingeben] Seite 55

ga vidiš gdje pruža ruke vodi da dopre do vrela (usta), sad ga opet zatečeš gdje ko ptica leti

na krilima strmoglavice. Lijep je, usna mu je tamnocrvena, a on je kestenastosmeđ. Goloput

je, koji se ne može spasiti od klevetnika, a mora uvijek šutjeti; prednji zubi su mu rijetki, prsti

okniveni, plemenite je sastavnine, ruke su mu pružene. Katkada sjedi na obali rijeke, pa

opruži u nju noge, a kad ustane, govori i krv mu teče iz usta. To je svijetnjak, koji se odmara u

sumračju.108

(Aus dem Buch über die Feder)

(Dies ist ein Stamm, der aus dem Berg Sinai wächst; seine Wurzeln sitzen fest (in der Erde)

und seine Zweige sind im Himmel. Wenn Wasser auf ihn fällt, weicht er zurück, und wenn es

zur Geburt kommt, bringt er neue Früchte. Dies ist Jusuf, den die Brüder voller Liebe

umarmten, und entschieden, ihn auf den Grund des Brunnens zu werfen. Sein Hemd war

zerrissen, ohne dass er verführt wurde, er wurde ins Gefängnis geworfen, und niemand war

sein Feind. Jetzt siehst du ihn, wie er die Hände zum Wasser streckt, um zur Urquelle zu

gelangen (zum Mund), jetzt erwischst du ihn wieder, wie er wie ein Vogel auf den Flügeln im

Sturzflug fliegt. Er ist schön, seine Lippen sind dunkelrot, und er ist kastanienbraun. Er ist

nackt und kann sich nicht vor Verleumdern retten, und muss immer schweigen; Seine Zähne

stehen auseinander, seine Finger mit Henna bemalt, er ist von edlem Stamm, seine Hände

sind ausgestreckt. Manchmal sitzt er am Ufer des Flusses und streckt seine Beine aus, und

wenn er aufsteht, spricht er und Blut fließt aus seinem Munde. Es ist ein Leuchtturm, der in

der Dämmerung ruht.)

Poslanice bzw. Briefe über die Feder oder das Schwert treten häufig in orientalischen

Literaturen auf und viele Autoren reflektierten über diese. Ahmed Šemsudin Sarajlija schrieb

seine Briefe in einem schönen Stil und sprach in ihnen über die Stärken und Schwächen der

Feder bzw. des Schwertes. Über die Feder schreibt er wie über einen heiligen Baum, welcher

immer frisches Obst trägt, aber vergleicht sie auch mit einem Mann, der im Gefängnis endet.

Nach Sulejman Grozdanić sieht Ahmed Šemsudin Sarajlija das Schwert als Hilfe für Freunde

108

Bašagić (2007)b, S. 112.

[Text eingeben] Seite 56

und Schrecken für Feinde. Wenn es urteilt, besitzt das Schwert eine „scharfe Zunge“ und wird

daher geschätzt.109

Briefe kommen wieder in der Alhamijado-Literatur vor und zwar als Anschuldigungen und

Drohungen. Dem Inhalt entsprechend sind es Briefe, in denen es keine freundschaftlichen

Botschaften gibt. Die Briefe in der Alhamijado-Literatur wurden auch an Nichtmuslime

geschrieben, sie enthalten keine religiöse Intoleranz. Ein Beispiel sind die Gedichte von

Muhamed Hevaji Uskufi Poziv na vjeru (Der Ruf nach Glauben) und von Hasan Kaimija O

osvojenju Kandije (Über die Eroberung von Kandija). Hasan Kaimija war ein Dichter, der

sich gegen die Behörden und ihre politischen Aktivitäten wehrte. Wie schon Abdulvehab

Ilhamija unterstütze auch Hasan Kaimija die Aufstände und stand selber an der Spitze eines

Aufstands. Aufgrund seiner Tätigkeiten wurde er nach Zvornik abgeschoben, wo er im Jahre

1691 oder 1692 starb. Hasan Kaimija schrieb zwei Gedichte in bosnischer Sprache: O

osvojenju Kandije und O štetnosti pušenja (Über die Schädlichkeit vom Rauchen). Das

Gedicht O osvojenju Kandije entstand in den Jahren des türkisch-venezianischen Krieges, der

von 1645 bis 1669 geführt wurde. Mit seinem Gedicht lobt Hasan Kaimija die Türken. Er

drückt in seinem Gedicht die Unzufriedenheit mit den Venezianern aus und hat Mitgefühl mit

den christlichen Landsleuten, welche die Venezianer unterdrücken:

Nemojte se klatiti

I Hrvatom mlatiti

Zlatom ćete platiti

Kad vam ode Kandija.110

Ihr sollt euch nicht herumtreiben

Und Kroaten schlagen

Mit Gold werdet ihr zahlen

Wenn Kandija verloren ist.

109

Grozdanić (1998)b, S. 298.

110

Nametak (1981), S. 202.

[Text eingeben] Seite 57

4.4.2 Ali Dede Bošnjak (1540 in Mostar geboren – 1598 in Mekka gestorben)

Nach Ismet Kasumović lautet sein richtiger Name Ali, Sohn von Mustafa Bošnjak. Er wurde

auch unter seinen Spitznamen Sigetvaranin und Scheich der Türbe111

bekannt, weil er einen

großen Teil seines Lebens die Grabstätte des Sultans bewachte und ein Haupt der Tekke in

der Nähe von Siget war. Der Spitzname Dede stellt den Lehrer der Tekke dar. Wegen seiner

Lehre blieb er in der Tekke und schrieb seine großen Werke. Selten verließ er seine Tekke,

bis auf die Pilgerfahrt nach Mekka. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er in Mekka.112

Ali

Dede Bošnjak ist einer der ersten Autoren, die in arabischer Sprache geschrieben haben. Er

wurde in Mostar geboren, wo er die Grundschule besuchte, die höhere Schulausbildung

beendete er jedoch in Istanbul. Sulejman Grozdanić schreibt über ihn als über einen werten

Gelehrten und Theologen, den auch Sultan Murat III. schätzte. Der Sultan beauftragte ihn, die

Reparaturen der Gebäude in Mekka zu überwachen, worüber Ali Dede Bošnjak ein

besonderes Werk schrieb. Wie weise Ali Dede Bošnjak sprach und schrieb, ergibt sich aus

den Aufzeichnungen eines Historikers, der in seiner Zeit lebte. Die Aufzeichnung enthält die

Worte von Ali Dede Bošnjak über einen erfolglosen Militärführer:

Taj čovjek ima četiri mahane – oholost, ispraznost, samovolju i samoljublje, a ko od ta četiri

hrđava svojstva ima samo jedno, nikada neće svidjeti posla, niti će se obradovati kakvom

uspjehu.113

(Dieser Mann hat vier Fehler - Hochmut, Eitelkeit, Eigenwillen und Selbstliebe, und wer von

diesen vier rostigen Eigenschaften nur eine hat, wird nie eine Arbeit finden, und sich nie über

Erfolg freuen.)

Ali Dede Bošnjaks Werk ist von islamischer Mystik durchdrungen. Seine wichtigsten Werke

wurden in arabischer Sprache veröffentlicht. Sein Werk Predavanja o prvim događajima i o

potonjim zbivanjima (Die Lehre über die ersten Ereignisse und Geschehnisse) wurde in zwei

Ausgaben in Kairo im Jahre 1892 und 1893 veröffentlicht. Nach Sulejman Grozdanić schrieb

Ali Dede Bošnjak dieses Werk zur Zeit seiner Ausbildung in Istanbul und beendete es in der

Tekke im Jahre 1589. Dieses Werk behandelt Themen aus Wissenschaft, Kultur und

111 die Türbe - muslimisches Mausoleum

112 Kasumović (1998), S. 317.

113 Grozdanić (1998)b, S. 298.

[Text eingeben] Seite 58

Tradition. Ein Teil dieses Werkes bezieht sich auf die Geschichte des Staates und der

Monarchen. Im zweiten Werk Pečati mudrosti (Zeichen der Weisheit) 1896 in Kairo

veröffentlicht, wird über Mystik diskutiert.114

Nach dem Vorbild von Ibn Arabi schreibt Ali

Dede Bošnjak über den Geist oder die Seele des Menschen als ein wesentliches Element,

dessen Ursprung aus einer höheren, geistigen Welt stammt. Er betont das Konzept der Seele,

in dem eine Unterscheidung zwischen Geist und Seele gemacht wird. Die Seele ist angeblich

sündhaft und damit sie auf eine höhere spirituelle Ebene kommen kann, ist es notwendig, dass

sie die Katharsis erlebt.115

4.4.3 Hasan Kafija (el Akhisari) Pruščak (1544 in Prusac geboren -1615 gestorben)

Die Türken nannten Hasan Kafija Pruščak auch Akhisar. Über sein Leben erzählt das

folgende Zitat, das Safvet beg Bašagić veröffentlichte116

:

Pradjed mu je bio nastanjen u selu Vukovo, koje pripada prusačkom kotaru, a ime mu je bilo

Jakov. Kad je sultan Fatih Bosnu osvojio, (1463.) u stotoj godini života prešao je na islam.

Umro je u sto dvadeset i sedmoj godini u svome zavičaju ostavivši iza sebe sina Davuda, koji

je poginuo u Ugarskoj. Iza Davuda ostao je sin Turhan, koji je umro u rodnom mjestu. Naš

Kafija je sin Turhanov.

(Sein Urgroßvater bewohnte das Dorf Vukovo, welches zum Bezirk Prusac gehörte, und sein

Name war Jakov. Als der Sultan Fatih Bosnien eroberte, (1463) konvertierte er im 100.

Lebensjahr zum Islam. Er starb mit 127 Jahren in seinem Heimatort und hinterließ einen

Sohn namens Davud, der in Ungarn ums Leben gekommen war. Davud hinterließ einen Sohn

namens Turhan, der in seinem Heimatort starb. Unser Kafi ist der Sohn des Turhan.)

Ljubović Amir und Nametak Fehim schreiben in ihrem Buch, dass Jakov aus Skadar ins Dorf

Zib in der Nähe von Prusac umzog. Aber es ist unmöglich, dass dies in der Zeit von Sultan

Fatih passierte, da Prusac erst später von den Osmanen erobert wurde. 1516 waren in diesem

114

Grozdanić (1998)b, S. 298-299.

115 Kasumović (1998), S. 321.

116

Bašagić (2007)b, S. 160-161.

[Text eingeben] Seite 59

Dorf drei muslimische und sechs katholische Haushalte verzeichnet und 1540 waren dort

sechs muslimische und neun katholische Haushalte. In keinem von diesen Haushalten gab es

einen Mann namens Jakov.117

Hasan Kafija Pruščak beendete die Schule in Bosnien und wurde dann in die Reihen der

bosnischen Richter aufgenommen. Obwohl er in Istanbul Wissenschaft studierte, kehrte er

wieder zu seinem Beruf als Richter zurück. Diese Funktion übte er in mehreren Städten auf

dem Balkan aus. Er war überall beliebt, beschloss aber, sich als lebenslanger Richter in seiner

Geburtsstadt nieder zu lassen. Die Funktion des Richters in seiner Heimatstadt übte er mehr

als zwei Jahrzehnte aus. Gleichzeitig beschäftigte er sich mit Literatur, er schuf belehrende

und kritische Werke. Das folgende Zitat erzählt uns über seine Lebensart:

Trideset je godina postio redovito, a kroz dvadeset godina svaki treći dan mrsio je jedanput i

držao ‘saomi Davud’ (Davidov post). Mjesto košulje nosio je džoku od kostrijeti i na taj način

provodio život kao pravedan sudija i pobožan asketa. Savremene šejhove je prezirao,

ponizivao ih šerijatskim dokazima i predbacivao im opsjenjivanje prostote govoreći: ‘Da se

‘keramet’ (tvorenje čudesa) moze postići pobožnošću i asketstvom, ja bih ga postigao!118

(Dreißig Jahre lang fastete er regelmäßig und in zwanzig Jahren aß er jeden dritten Tag

einmal und hielt 'saomi Davud' (Davuds Fastenzeit). Anstatt Hemden trug er Schotten aus

Tierfell und verbrachte auf diese Weise sein Leben als gerechter Richter und frommer Asket.

Zeitgenössische Scheichs verachtete er, setzte sie mit Beweisen aus der Scharia herab und

warf ihnen Folgendes vor: Wenn ´keramet´ (Entwicklung von Wunder) durch Frömmigkeit

und Askese erreicht werden könnte, würde ich es erreichen!)

Neben seinen literarischen Werken hinterließ er noch verschiedene Denkmäler, die bis heute

erhalten sind. In der Nähe von Prusac baute er eine Moschee, eine Tekke und eine Medresse.

Bekannt in Bosnien ist Ajvatovica, wo Ajvaz-Dede begraben wurde. Ajvaz-Dede hat viele

gute Taten vollbracht, weswegen Hasan Kafija Pruščak eine Türbe für ihn erbaute, und die

Menschen an seine Verdienste erinnerte. Jedes Jahr sammeln sich Menschen in Bosnien an

diesem Ort und feiern auf eine schöne Art und Weise den Tag von Ajvatovica.

Das Interesse an Hasan Kafija Pruščak und seinem Werk kam in der Europäischen

Orientalistik vor allem wegen seines Werkes Temelji mudrosti o uređenju svijeta auf, als es

117

Ljubović u.a. (1983), S. 18.

118

Bašagić (2007)b, S. 161-162.

[Text eingeben] Seite 60

ins Französische übersetzt wurde. Für dieses Werk bekam er eine Auszeichnung vom Sultan.

Seine weiteren Werke sind Kafijin kompendijum iz logike (Kafijas Kompendium aus der

Logik), Traktat o izrazu ”Čelebi” (Der Traktat über den Ausdruck „Čelebi“), Rajske bašče ili

o temeljima islamskog vjerovanja (Gartenparadies oder über Grundlagen des islamischen

Glaubens), Mač kadije ili o kažnjavanju (Das Schwert des Richters oder über die Bestrafung)

und Niz učenjaka do posljednjeg poslanika (Die Gelehrtenreihe bis zum letzten Propheten). In

seinen Werken befasst sich Hasan Kafija Pruščak mit verschiedenen Themen, mit

gesellschaftlichen und politischen Fragen, mit Recht und Geschichte. Doch ein gemeinsamer

Gedanke in all seinen Werken ist die Verpflichtung der Gesellschaft zu einem organisierten

Leben und das Engagement der Bevölkerung für Bildung und Wissenschaft. Aus diesen

Werken kann man schließen, dass Hasan Kafija Pruščak kein Schriftsteller der

”unterhaltsamen” Prosa war, sondern ein Wissenschaftler, der über die Philosophie,

Rechtswissenschaft, Logik, Politik und Linguistik diskutierte. Als Professor, Richter und

politischer Schriftsteller schloss er sich dem osmanischen System an, in seinen Werken

kämpfte er für seine Festigung. Er war ein Rationalist und fand die Lösung aller Probleme in

der Vernunft. In seinem Werk Temelji mudrosti o uređenju svijeta betont er Folgendes:

Moć vladara je u pravdi. Stabilnost države vezana je za pravdu.119

(Die Macht des Herrschers liegt in seiner Gerechtigkeit. Die Stabilität des Staates ist mit der

Gerechtigkeit verbunden.)

Seiner Ansicht nach soll sich die Verwaltung des Staates nicht auf die traditionellen Träger

der Politik (Dynastien, Aristokraten) verlassen, sondern auf gebildete, talentierte und weise

Menschen:

Najbolji je vladar onaj koji sjedi u društvu s učenjacima, a najgori učenjak je koji sjedi u

društvu sa vladarima.120

(Der beste Herrscher ist der, der in der Gesellschaft von Gelehrten sitzt, und der schlimmste

Gelehrte ist der, der in der Gesellschaft von Herrschern sitzt.)

Hasan Kafija Pruščak engagierte sich für die unparteiische und gleiche Anwendung der

Gesetze für alle sozialen Schichten. Charakteristisch für seine Werke sind die historischen,

wirtschaftlichen und politischen Ereignisse. Sein Werk Temelji mudrosti o uređenju svijeta 119

Pruščak (1983), S. 95.

120 Ebd. 98.

[Text eingeben] Seite 61

behandelt die Krise der osmanischen Gesellschaft und aus ihm erfahren wir die wirkliche

Situation, in der sich die osmanische Gesellschaft befand. Am meisten wird über die Armee,

die Wirtschaft, die Beziehung zwischen höheren und niedrigeren sozialen Schichten und die

Unmoral gesprochen:

Nasilje među muslimanskim vojnicima u evropskoj Turskoj pojavilo se prije tri godine (od

1004. godine). Mnogi od njih su se odmetnuli po pokrajini i čine nered: prljaju čast

muslimana, obesčašćuju njihove žene i djecu, otimaju od raje namirnice i nanose nepravdu

ubogim i slabim. Ovo se naročito odnosi na carski odred. 121

(Zur Gewalt unter den muslimischen Soldaten in der europäischen Türkei kam es vor drei

Jahren [seit 1004 (1595)]. Viele von ihnen marodieren durch die Provinz und machten

Chaos: beschmutzten die Ehre der Muslime, entehrten ihre Frauen und Kinder, raubten

Lebensmittel von Menschen und fügten den Armen und Schwachen Ungerechtigkeit zu. Dies

gilt insbesondere für die kaiserliche Truppe.)

Was Hasan Kafija Pruščak so außergewöhnlich macht, ist sein Mut zu schreiben, und auf die

Probleme, in denen sich die Verwaltung des Staates befindet, hinzuweisen. Er kritisiert

deutlich die herrschende Klasse, wobei er den Sultan auch nicht ausschließt. Temelji mudrosti

o uređenju svijeta ist voll von Empfehlungen, Lösungen und Weisheiten, die er aus seinen

Lebenserfahrungen und seiner Vernunft zog. Dies versuche ich durch die von mir

ausgewählten Beispiele zu dokumentieren:

Nema vodiča kao što je razum, čuvara kao što je pravda, mača kao što je istina, niti pomoći

kao što je iskrenost.122

(Es gibt keinen besseren Führer als die Vernunft, Hüter als die Gerechtigkeit, kein Schwert

wie die Wahrheit, und auch keine Hilfe wie die Ehrlichkeit.

Čudim se onome koji kupuje robove za novac, a ne kupuje slobodne ljude svojim velikim

djelima!

Najvrednije zakopano blago je ljubav u srcima ljudi.123

(Ich wundere mich über die Menschen, die Sklaven um Geld kaufen, und nicht freie Menschen

mit ihren großen Taten.

121

Ebd. 109.

122

Ebd. 95.

123

Ebd. 98.

[Text eingeben] Seite 62

Der wertvollste versteckte Schatz ist die Liebe in den Herzen der Menschen.)

Svoju tajnu povjeri jednome, a savjetuj se sa hiljadu.

Razmišljanje oštri tupu sablju, a sablja ne oštri tupu misao.124

(Vertraue deine Geheimnisse nur einer Person an, aber lass dich von Tausenden beraten.

Denken schärft das stumpfe Schwert, das Schwert schärft nicht die dumpfen Gedanken.)

Strpljenje su stube: ko se uz njih penje doseže do zadovoljstva.

Junak je drag čak i svom neprijatelju, a kukavica je mrzak čak i svojoj majci.

Ne potcjenjuj onog protiv koga ratuješ, jer ako ga pobijediš, nećeš zaslužiti pohvalu, a ako ne

budeš u stanju pobijediti, nećeš se opravdati.125

(Die Geduld ist eine Treppe: wer sie besteigt, erreicht die Zufriedenheit.

Der Held ist sogar seinem Feind teuer, ein Feigling sogar seiner Mutter zuwider.

Unterschätze nie deinen Feind, denn, wenn du ihn besiegst, wirst du kein Lob verdienen, und

wenn du verlierst, wirst du dich nicht rechtfertigen können.)

Bog je nebesa okitio s troje: Suncem, Mjesecom i zvijezdama, a zemlju je ukrasio učenjacima,

kišom i pravednim vladarima.126

(Gott hat den Himmel mit der Sonne, dem Mond und den Sternen geschmückt und die Erde

mit den Gelehrten, dem Regen und gerechten Herrschern.)

An den oben angeführten Beispielen sehen wir die Größe dieses Autors, dessen Wissen sich

weit über den Rahmen des osmanischen Reiches erstreckte und in welchen ich einen großen

aufklärerischen Geist sehe.

Nach Sulejman Grozdanić sind seine Werke nicht nur auf die islamische Tradition beschränkt,

sondern auch auf die nichtislamische, griechische und ägyptische, sie sind aber als Teil der

islamischen Kultur entstanden.127

124

Ebd. 102-103

125

Ebd. 106.107.

126 Ebd. 94.

127 Grozdanić (1998)b, S. 332.

[Text eingeben] Seite 63

5 Alhamijado-Literatur

Der Begriff Alhamijado geht zurück auf das Wort al-adžemìjje und bedeutet fremd, nicht

arabisch. Die Alhamijado-Literatur ist eine Literatur in der Volkssprache, die mit der arebica

geschrieben wird. Das arabische Sprachsystem hat im Gegensatz zum Bosnischen nur drei

Vokale (a, i, u). Das Bosnische hat 30 und das Arabische 28 Laute. Nur 15 arabische

Konsonanten sind phonetisch gleich, wie in bosnischer Sprache. Damit sich das arabische

Alphabet dem bosnischen Lautsystem anpassen konnte, war es notwendig, neue Zeichen für

die Laute, die im Arabischen nicht vorhanden waren, einzuführen, solche sind z.B.: c, č, ć, dž,

g, lj, nj, p, v, ž und die Vokale e und o. Dieses ergänzte arabische Alphabet wird arebica

genannt. An der Anpassung der arebica haben Omer Humo und Ibrahim Berbić

teilgenommen, jedoch ohne großen Erfolg. Die besten Ergebnisse erzielte Mehmed

Džemaludin Čaušević.

Die bosnische Alhamijado-Literatur, geschrieben mit der arebica, war in Bosnien fast drei

Jahrhunderte in Gebrauch. Erst in den letzten Jahren gibt es viele Forscher der Alhamijado-

Literatur. Diese Literatur umfasste Poesie und Prosa, dabei wurde der Poesie mehr

Aufmerksamkeit geschenkt. Einer der umfassendsten Prosatexte in der Alhamijado-Literatur

ist in mehreren Handschriften aus verschiedenen Epochen erhalten. Der Autor des Textes

bleibt unbekannt. Der Text ist unter dem Titel Šejtannáma128

bekannt. In dieser Geschichte

geht es um die Diskussion zwischen dem Propheten Mohammed und dem Teufel. Der Teufel

wurde von Gott geschickt, um dem Propheten Mohamed alle seine Fragen zu beantworten:

Još ga Pejgamber upita:

- Ja mèl-ūn129

! Koga još ne miluješ?

Šejtan reče:

- Koji čovik ima blaga, pak šućur130

čini i sadàku i zèćāt131

daje i na Ćabu iđe, onoga

čovika ni mrve ne milujem.

Pejgamber reče:

128

Šejtannáma – die Geschichte über den Teufel

129

mèl-ūn – der Verfluchter

130

šućur – der Dank

131

sadàka, zèćāt – das Almosen, die Spende

[Text eingeben] Seite 64

- Ja mèl-ūn! Kad moj ùmmet132

nàmāz klanja i ibádet čini, ondar kako ti je?

Šejtan reče:

- Ja Muhammed! Mene ondar jedna muka uzima, vas je ondar kô kad me groznica ufati

dršćem.

Opet ga Pejgamber upita:

- Ja mèl-ūn! Kad moj ùmmet posti, onda kakva tebi muka bude?

Šejtan reče:

- Ja sam ondar svezan! Do(k)god oni čovik posti, ja sam u habsu133

. I kad je tvoj ùmmet

na Ćábu pođe, i ondar sam ja u hàbsu.134

(Dennoch fragte der Prophet ihn:

- O Verfluchter, wen noch magst du nicht?

Der Teufel sagt:

- Den Mann, der Vermögen hat, und dafür dankbar ist, Almosen und Spenden verteilt,

und die Kaaba besucht, diesen Mann mag ich überhaupt nicht.

Der Prophet sagt:

- O Verfluchter! Wenn meine Anhänger zu Gott beten, wie geht es dir dann?

Der Teufel sagt:

- O Mohammed, mir wird übel, ich zittere dann als ob ich hohes Fieber hӓtte.

Wieder fragte ihn der Prophet:

- O Verfluchter! Wenn meine Anhänger fasten, wie schlecht fühlst du dich dann?

Der Teufel sagt:

- Ich bin dann gefesselt. Solange der Mensch fastet, bin ich im Gefängnis. Und wenn

deine Anhänger die Kaaba besuchen, bin ich wieder im Gefängnis.)

Das Gespräch zwischen Mohammed und dem Teufel erfolgt in einer normalen Umgebung.

Der Prophet beendet das Gespräch durch folgende Worte:

Ja šejtan! Hodi ti tóbe135

učiniti od zálā da ja, kad budemo na ahiretde136

na božijem

divánu137

za te ćefil138

budem, da budeš ehli džènnet139

.

132

ùmmet – die Anhänger

133

habs – das Gefängnis

134

Mehmed Velihodža (Razi) hat wahrscheinlich als Erster den Text ins Bosnische übersetzt. Die ganze

Geschichte ist bei Abdurahman Nametak in seinem Werk Hrestomatija bošnjačke književnosti (Sarajevo, 1981,

S. 315) ediert.

[Text eingeben] Seite 65

(O Du Teufel! Bereue deine Sünde, damit ich und wenn wir im Jenseits sein werden, beim

göttlichen Gespräch, dein Bürge sein werde, und du ein Bewohner des Paradieses werden

kannst.)

5.1 Vertreter der Alhamijado-Literatur: Omer-ef. Humo (1808 in Mostar geboren -

1880 in Sarajevo gestorben), Muhamed Velihodžić-Razija (18. Jh.), Umihana

Čuvidina (1794 in Sarajevo geboren – 1870 gestorben)

Die Hauptmotive der Alhamijado-Literatur bei den bosnisch-muslimischen Autoren waren die

moralische und soziale Kritik des gesellschaftlichen und politischen Lebens in Bosnien. Die

Schöpfer der Alhamijado-Literatur bemühten sich um den Erhalt ihrer Muttersprache, welche

sie meist die bosnische Sprache nannten. Autor des ersten Buches, das im Jahr 1875 in

arabischer Schrift (arebica) in Sarajevo gedruckt wurde, war Omer-ef. Humo. Er kämpfte für

die Einführung der bosnischen Sprache in den Schulen. Die Liebe zur Muttersprache bringt er

auch in seinen Versen zum Ausdruck:

Brez šubhe140

je babin jezik najlašnji,

svatko njime vama vikom besidi.

Slatka braćo Bošnjaci,

hak141

vam Omer govori! 142

(Ohne Zweifel ist die Muttersprache die leichteste,

alle sprechen mit ihr seit Jahrhunderten

135

tóbe – die Reue

136

ahiretde – das Jenseits

137

diván – das Gespräch

138

ćefi – der Bürge

139

ehli džènnet – die Bewohner des Paradieses

140

šubha – der Zweifel

141 hak – die Wahrheit

142

Huković (1997), S. 137.

[Text eingeben] Seite 66

Süße Brüder Bosniaken

Omer sagt euch die Wahrheit!)

Omer ef. Humo gilt als ein bosnischer Aufklärer, der für ein religiöses und gebildetes Leben

der Bosniaken kämpfte. Als Dokumentation wählte ich folgendes Zitat aus:

Dobro znadi, svakom insanu svoj jezik od sviju jezika odveće lakši je. Nama Bošnjacima naš

jezik veoma je lagahan, da se opiše arapskim resmi-hat-tom [arapskim načinom pisanja,

M.R] i jazijom [pismom] kao sto je u Musafu [Kur’anu]. Ko umije „elif i bir-noktu“ i

hedželejisat [ko poznaje pismena arapske abecede i umije ih čitati povezano] ovaj kitab i

gornje razumiće. 143

(Du sollst wissen, für jeden Menschen ist seine Sprache von allen Sprachen die leichteste.

Unsere Sprache ist für uns Bosniaken leicht, so dass man sie mit ”resmi-hat-tom” ausdrücken

[die arabische Schreibweise, MR] und ”jazija” [die Schrift] wie es im Buch [im Koran]ist,

beschreiben kann. Wer das arabische Alphabet kennt und es zusammenhängend lesen kann,

das Buch beherrscht, wird auch das Obige begreifen.)

Das Zitat ist aus seinem Werk Sehletul-vusul. In diesem Werk schreibt Omer Humo über die

Religion bzw. den Glauben. Außerdem schreibt er auch über aktuelle Themen und Probleme

der Menschen seiner Zeit. Er interessierte sich besonders für das Schulsystem und engagierte

sich für die Einführung der bosnischen Sprache in den Schulen. All das führte ihn zum

Schreiben seines Werks Sehletul-vusul in bosnischer Sprache. Häufig verwendete er für seine

Muttersprache auch die Bezeichnung babin jezik, womit er zu der Reihe der Menschen zählt,

die die bosnische Identität förderten.

Sowie Omer Humo war auch Muhamed Velihodžić-Razija ein Alhamijado-Autor und kämpfte

für die Einführung der bosnischen Sprache in den religiösen Grundschulen. In Bosnien ist er

besonders durch sein Gedicht Čujte, dico, svikoli144

bekannt:

143

Humo (1875), Uvod.

144 Huković (1997), S. 138.

[Text eingeben] Seite 67

Čujte, dico, svikoli:

pravim putem iđite!

Moji dragi sokoli

pravim putem iđite!

Ustajte na sabah,

dohodite na sabah,

jer vas veće ne fatah,

pravim putem iđite!

Slušaj oca, matere,

da te Bog ne satere,

kad ne miluješ vatre,

pravim putem iđite!

Hört ihr Kinder all:

geht den richtigen Weg!

Ihr meine teuren Falken

geht den richtigen Weg!

Steht in der Frühe auf,

kommt zum Gebet,

damit es euch nicht fehlt,

geht den richtigen Weg!

Höre auf Vater, Mutter,

damit Dich Gott nicht vernichtet,

wenn Du das Feuer nicht hütest,

geht den richtigen Weg!

Dieses Gedicht ist eine Kasside und hat eine zweifache Bedeutung. Einerseits will Muhamed

Velihodžić-Razija mit seinem Gedicht erreichen, dass die Kinder fleißig sind und sich

ausbilden. Er will ihnen den richtigen Weg zeigen, so dass sie bessere Menschen werden.

Anderseits lehrt er die Kinder schönes Verhalten und moralische Prinzipien.

Der älteste Alhamijado-Text ist Kasida Ajvaz-Dede (Die Kasside von Ajvaz-Dede) von Prusac.

Nach Sulejman Grozdanić gibt es Forscher, die behaupten, dass das Gedicht 1480 entstanden

ist und über den Einfall der Ungarn in Bosnien spricht.145

Nach Abdurahman Nametak hingegen entstand das Gedicht zu Beginn des 18. Jahrhunderts,

nach dem Einfall der österreichischen Armee 1697 in Bosnien unter der Führung von Prinz

Eugen von Savoyen.146

Dieses Gedicht wurde mündlich übertragen und sein Inhalt ist unklar.

Der Autor des Gedichtes ist Ajvaz Dede. Dies wissen wir, da einige muslimische Autoren am

Ende ihres Gedichtes ihren Namen erwähnen und um ihr Seelenheil bitten. Das macht auch

Ajvaz Dede am Ende seines Gedichtes:

145

Grozdanić (1982)a, S. 113-114. 146

Nametak (1981), S. 18.

[Text eingeben] Seite 68

Što sam Dedo vama zbori,

Jer mu srce za tim gori.

Neće Ajvaz dočekati,

Niti dotle doživjeti.147

(Was euch Dedo erzählt,

ist was in seinem Herzen brennt.

Ajvaz wird das nicht erwarten

Und auch nicht erleben.)

Über Avajz Dede gibt es keine anderen Informationen. Wegen des Dilemmas über den

zeitlichen Ursprung seines Gedichtes wird ein Gedicht von Mehmed Erdeljac Hirvat Türkisi,

entstanden 1588/1589, als der älteste Alhamijado-Text angenommen. Mehmed Erdeljac war

deutscher Abstammung, konvertierte zum Islam und lebte in der Gegend von Sedmograđe

(Siebenbürgen). In diesem Gedicht bittet der Dichter seine Geliebte um Verzeihung und um

eine Antwort auf seine Liebe. Aus dem Text des Gedichtes kann abgeleitet werden, dass das

Mädchen ihm gegenüber kalt, stolz und zornig ist, aber niemand weiß warum:

AH, NEVISTA, DUŠA MOJA

Ah, nevista, duša moja,

daj mi se da obveselim,

doklem ne izišlo duša

daj mi se da poveselim!

Kad te vide oči moje,

veseli se srce moje,

ja sam tvoje, ti si moje,

daj mi se da obveselim!

O, BRAUT, DU MEINE SEELE

O, Braut, du meine Seele

lass dass ich mich freue,

solange ich lebe

lass dass ich mich freue!

Wenn dich meine Augen sehen,

freut sich mein Herz,

ich bin dein, du bist mein,

lass dass ich mich freue!

147

Ebd. 200.

[Text eingeben] Seite 69

Ovo svit je kako no cvit,

nećemo dugo mi živit,

ne bud svagda tako srdit,

daj mi se da poveselim!

Ne mori me, prosim tebe,

izgubil sam ja sam sebe,

obden, obnoć molim tebe

daj mi se da obveselim!

Iz srca ja tebe jubim,

hoć li biti jošt da te grlim?

Od žalosti ne znam što činim,

daj mi se da poveselim!

Gizdava si, gizdav budi,

što ću istom, zdrav mi budi!

Ovu pesmu Mehmed zgodi,

daj mi se da obveselim!148

Diese Welt ist wie eine Blume,

wir werden nicht lange leben,

sei nicht immer so aufgebracht,

lass dass ich mich freue!

Sei nicht so mühsam, ich bitte dich,

ich habe mich selbst verloren,

bei Tag und Nacht bitte ich dich

lass dass ich mich freue!

Ich liebe dich aus dem Herzen,

könnte ich dich noch umarmen?

Wegen der Trauer weiß ich nicht, was ich tue

lass dass ich mich freue!

Prächtig bist du, und prächtig bleibe,

bleib gesund!

Dieses Gedicht schrieb Mehmed,

lass dass ich mich freue!

Interessanterweise stoßen wir im Gedicht auf ikavische und ekavische Wörter, wie: cvit, živit,

pesma, aber auch auf Wörter, die charakteristisch für das kajkavische sind: izgubil sam und

prosim tebe.

Obwohl es in der orientalischen Literatur auch Liebesmotive gab, war in Bosnien die

Liebesdichtung meist nicht im Fokus der gebildeten Menschen. Jene Autoren, die über die

Liebe schrieben, waren meist zweisprachig und ihre Gedichte glichen eher Liebesgedichten in

türkischer Sprache. Ein solches Gedicht ist Čok severim, džânum seni149

:

148

Ebd. 58-59.

149 Ebd. 63.

[Text eingeben] Seite 70

Čok severim, džânum, seni

Gèdže150

gündiz151

ráhat nisam

Sabur etmek kábil dejil152

Džânum jàndi tákat153

nesta,

Gedže, gündiz ja ne spavam

Nerede kàldi154

da ne ludim.

Ich liebe dich so sehr mein Schatz

Bei Tag und Nacht bin ich nicht ruhig

Ich habe keine Geduld

Meine Seele brennt weiter,

Bei Tag und Nacht kann ich nicht schlafen

Wo bist du geblieben, ich werde verrückt.

.

Das Manuskript des Gedichtes befindet sich im Orientalischen Institut in Sarajevo, über den

Autor des Gedichtes gibt es keine Informationen.

Nach Sulejman Grozdanić weist die Alhamijado Liebespoesie auf die Volksdichtung hin, was

wir bei der einzigen Autorin der Alhamijado Poesie in Bosnien, Umihana Čuvidina, sehen.155

Ihr Gedicht Čamdži Mujo i lijepa Uma156

(Čamdži Mujo und schöne Uma) spricht über die

Beteiligung der osmanischen Armee aus Bosnien im Kampf gegen serbische Rebellen.

Umihana Čuvidina will mit ihrem Gedicht eine Botschaft des Friedens und von der

Sinnlosigkeit des Krieges und des Tötens vermitteln. Ein weiteres Motiv in ihrem Gedicht ist

ihr Glaube an die ewige Liebe:

150 gedže – die Nacht

151 gündüz - der Tag

152 sabur etmek kábil dejil - ungeduldig

153 džânum jàndi tákat - meine Seele brennt

154 nerede kàldi - wo bist du geblieben?

155 Grozdanić (1982)a, S. 117.

156

Nametak (1981), S. 76.

[Text eingeben] Seite 71

Vino piju age Sarajlije,

vino piju, Zasavicu biju,

ranjenici mladi podvikuju.

Svaki veli: “Jallah157

, moja majko!”

Čamdži Mujo: “Jallah, moja Umo!”

Čamdži Mujo družini govori:

“Ah, družino, moja braćo draga!

Kada meni suđen danak dođe,

suđen danak i umrli sahat,

ufat’te mi konja lastavicu,

i na konju zelenu dolamu158

!

U dolami u džepu desnome,

u njemu je prsten i jabuka,

u zadžepku mrko ogledalo,

podajte ga mojoj Umihani,

nek s’ ogleda, a mene ne gleda,

nek s’ udaje, a mene ne čeka,

a ja ću se junak oženiti,

crnom zemljom i zelenom travom.

Age Sarajlije trinken den Wein,

sie trinken den Wein, führen den Krieg,

die jungen Verwundeten schreien.

Jeder ruft: ”Jallah”, meine Mutter!”

Čamdži Mujo: ”Jallah, meine Umo!”

Čamdži Mujo spricht zu seinen Freunden:

”Ah, meine Freunde, meine liebe Brüder!

Wenn für mich das letzte Gericht kommt,

das Weltgericht und die Todesstunde,

fangt einen Pferd,

und auf dem Pferd einen Mantel!

In der rechten Manteltasche,

in ihr ist ein Ring und ein Apfel,

u in der zweiten Manteltasche ist

der dunkle Spiegel,

ihr gebt ihn meiner Umihana,

sie soll sich selbst sehen, und nicht mich,

sie soll heiraten, auf mich nicht warten,

ich aber, der Held, werde die

schwarze Erde und das grüne Gras heiraten.

Aus Protest wegen der ums Leben gekommenen Soldaten schneidet Umihana Čuvidina ihr

Haar ab und hängt es an das Tor der Stadt:

157

Jallah! - O Gott!

158

dolama – der Mantel

[Text eingeben] Seite 72

Rusu159

kosu rukom odrezala,

pa je šalje daji160

na kapiju.

Pa je meće gradu na kapiju,

Ko prohodi da joj kosu žali

Ova kosa u devletu rasla

U golemu jadu odrezana.161

Sie hat ihre roten Locken abgeschnitten,

und sie hat sie dem Onkel geschickt.

Er hängt sie an das Stadttor,

Wer vorbeigeht, soll ihr Haar betrauern

Dieses Haar ist lange herangewachsen

Aus großem Schmerz wurde es

abgeschnitten.

Durch diesen Akt zeigt sie ihre Treue zu ihrem Geliebten, der sein Leben auf dem

Schlachtfeld lässt und verzichtet auf die Freuden des Lebens. Auch ihr zweites Gedicht

Sarajlije iđu na vojsku protiv Srbije (Sarajlije kämpfen gegen Serbien) ist im Stil der

Volksdichtung. Beide Gedichte zählen zu den erfolgreichsten Schöpfungen der Alhamijado-

Literatur, noch dazu war ihr Autor eine Frau.

Das schönste und originellste Alhamijado Liebesgedicht ist Ašiklijski èlif-bê162

von Fejzo

Softa163

(Ende des 18. Jahrhunderts). Dieses Gedicht wurde nur mündlich übertragen und

bekannt unter dem Titel seoska rič (Das Bauernwort). Über den Autor wissen wir nur dass er

Fejzo heißt und ein Schüler der Medresse war. Im Gedicht geht es um das Erlernen des

arabischen Alphabets und die Liebe. Um seiner Geliebten das arabische Alphabet

beizubringen, vergleicht er die Form der Buchstaben mit vertrauten Dingen. Während er ihr

die Buchstaben erklärt, überschüttet er seine Geliebte mit Komplimenten:

159

rusa kosa – rotes und lockiges Haar

160

dajo – der Onkel

161 Nametak (1981), S. 77.

162 Huković (1997), S. 33.

163

softa - der Schüler einer Medresse

[Text eingeben] Seite 73

tê – ت

„Te“, tebi je ime Fata,

u tebe su prsi zlatne,

prsi tvoje, „te“ je moje,

da ih meni ko ukrade,

dao bih mu altun164

sade.165

tê – ت

„Te“, dein Name ist Fata,

deine Brüste sind aus Gold,

deine Brüste, „te“ gehört mir,

wenn jemand sie von mir stehlen sollte,

würde ich ihm das echte Gold geben.

Die beste Beschreibung des Mädchens gibt Fejzo Softa in der Strophe, die dem Laut m

gewidmet ist (mim):

„Mim“ je sličan punoglavcu,

a čemu je Fata slična:

u kosi joj sadžmakovi,166

viš đulova crne oči,

tamo dragi kamenovi,

iz njih biju plamenovi,

kuda sižu, sve isprže.

„Mim“ ähnelt der Kaulquappe,

und wem ähnelt Fata:

in ihrem Haar sind Strähnen.

wie Blumen dunkle Augen,

dort die Edelsteine,

aus denen Flammen schlagen,

was sie erreichen, verbrennen sie.

5.2 Die Gedichtformen Ilahija und Kasside in der Alhamijado-Literatur

Die Ilahija und die Kasside zählen auch zu den Formen der Alhamijado-Literatur. Die Ilahija

ist ein religiöses Gedicht, das zum Ziel die Verherrlichung und Gnade Gottes hat. Neben

diesem Hauptziel dient sie als Anleitung für die Art und Weise des Lebens, den Wert der

164 altun – das Gold

165 Nametak (1981), S. 65.

166 sadžmak - die Strähne

[Text eingeben] Seite 74

religiösen Pflichten und den Glauben an sie. Ilahijas wurden genau wie Volkslieder mündlich

übertragen und waren dabei in einem stӓndigen Wandlungsprozess. Bože jedini, ti nas ne kinji

(Gott, quäle uns nicht); Molimo se tebi, Bože (Wir beten zu Gott) und Višnjem Bogu

(Gehobenem Gott) sind religiöse Gedichte von Muhamed Hevai Uskufi. Sie sprechen über die

Unfӓhigkeit des Menschen, seine religiösen Verpflichtungen zu erfüllen und über die

grenzenlose Gnade Gottes. Charakteristisch für seine Gedichte ist die Verwendung von

türkischen Wörtern und Archaismen. Die Tatsache, dass nicht alle religiösen Gedichte

poetische Schönheit besaßen, beruhte darauf, dass in ihnen viele unbekannte und

unverständliche Wörter waren. Daher waren diese Gedichte schwer zu memorieren. Ein

Beispiel einer solchen Ilahija ist tice letu, zićîr čine (Die Vogel fliegen, und verherrlichen).

Die einzige Kopie dieses Lieds befindet sich in der Gazi Husrev-beg Bibliothek in Sarajevo.

Eine andere Art von religiösen Gedichten sind Lieder, die daran erinnern, was alle Gläubige

haben müssen, um Gott näher zu kommen. Solche waren die Lieder von Abdulvehab Ilhamija

Dervišluk je čudan rahar und Ako me pitaš za derviše svijeta (Wenn du mich nach

Derwischen fragst).

5.2.1 Abdulvehab Ilhamija (1773 in Žepče geboren - 1821 in Travnik gestorben)

Wenn man über das Leben von Abdulvehab Ilhamija spricht, kommen viele Legenden auf. Er

soll eine Revolte gegen die Türken in Bosnien vorbereitet haben, und als die Behörden dies

entdeckten, wurde er zum Tode verurteilt.167

Er zählt zu den produktivsten Schriftstellern der

bosnischen Alhamijado-Literatur. Außerdem hat er viele Gedichte in türkischer Sprache

geschrieben, in bosnischer Sprache schrieb er Ilmihal in Prosa, d. h. ein Lehrbuch über den

Islam und seine Praxis. Er gehörte zum Derwisch-Orden und daher verherrlichte er ihn oft. Er

glaubte, dass der Mensch durch richtige Lebensweise und Erfüllung der religiösen Pflichten

zur Erkenntnis Gottes und in das Paradies kommen könnte. Er postuliert, dass man vor

niemandem außer Gott Angst haben muss, und dass der Mensch mit seinen guten Taten den

ewigen Frieden und Segen verdient.

Čudan zeman168

nastade169

ist ein Gedicht, das über die schwierige Situation in Bosnien zu

Beginn des 19. Jahrhunderts erzählt, als Bosnien unter dem ständigen Druck von Seiten der

167

Huković u.a. (1990), S. 45.

168 zeman - die Zeit

[Text eingeben] Seite 75

Pforte war, die die Aufstände in Bosnien im osmanischen Reich zu unterdrücken suchte. Die

Bevölkerung in Bosnien war damals mit den Behörden unzufrieden. Dies bezeugt auch die

erste Strophe von Abdulvehab Ilhamijas Kasside:

Čudan zeman nastade

Sve zlikovac postade.

(Es entstand eine seltsame Zeit

Alle werden Verbrecher.)

Im Gedicht Čudan zeman nastade... schreibt er über die Ungerechtigkeiten der herrschenden

Gesellschaft, über unfaire Gerichtsverfahren und Streitigkeiten mit den Behörden. Einige

Autoren vergleichen dieses Gedicht mit der Kasside, obwohl sie nicht dieser Art von Literatur

entsprach. Abdulvehab Ilhamija führt mehrere Faktoren und politische Probleme an, die die

schwierigen sozialen Bedingungen verursachten. Der Dichter will aus seiner Kritik

niemanden ausschließen, auch nicht den Sultan. Besonders ärgerte er sich über die

Religionsvertreter, die bedauerlicherweise mit ihrem Wissen nur Ruhm und Geld erwerben

wollten. Seine Ehrlichkeit und Kritik an den wahren Schuldigen des instabilen,

gesellschaftlichen und politischen Lebens in Bosnien haben ihn sein Leben gekostet.

169

Nametak (1981), S. 156.

[Text eingeben] Seite 76

6 Zusammenfassung

Mit der Ankunft der Osmanen auf dem Boden von Bosnien und Herzegowina im Jahre 1463

kommt es zu enormen Veränderungen im gesamten Sozialsystem. Auf der einen Seite

bedeutet die Ankunft der Osmanen das Verschwinden des mittelalterlichen bosnischen

Staates, und auf der anderen Seite fließt der Prozess der Islamisierung ungehindert und

beschleunigt weiter. Die Islamisierung wirkt sich auf die Entwicklung der Muttersprache

dadurch aus, dass es Innovationen in die bosnische Sprache aus der Türkischen und

Arabischen einbringt. Dieser Prozess stellt gleichzeitig die Grundlage dar, auf der eine

literarische Tradition der bosnischen Muslime aufgebaut wurde. Eines der wichtigsten

Merkmale der orientalischen literarischen Tradition in Bosnien sieht man in der arabischen

Schrift (arebica). Arebica ist das arabische Alphabet, mit dem die Werke in der Volkssprache

aufgezeichnet wurden. Diese Art von Literatur ist als Alhamijado-Literatur bekannt. Motive

der Alhamijado-Literatur waren die Liebe Gottes, Kritik der Regierung, das Loben einer

bestimmten Person… Die Gedichte der einzigen Dichterin der Alhamijado-Literatur,

Umihana Čuvidna, gehören zu den vollkommensten Werken von Liebeslyrik in der

Alhamijado-Literatur.

Die Literatur der bosnischen Muslime in orientalischen Sprachen hat Safvet beg Bašagić am

besten untersucht. Die Werke der bosnisch-muslimischen Autoren im Türkischen sind am

häufigsten, während es in der arabischen und persischen Sprache weniger waren. Einige

Autoren haben in allen drei der genannten Sprachen geschrieben, was ein hohes

Bildungsniveau und eine gute Kenntnis der Philosophie, der Philosophie des Islams und der

Geschichte erforderte. Bereits im 15. Jahrhundert wurden die ersten Spuren des Schaffens der

bosnisch-muslimischen Autoren in orientalischen Sprachen gefunden. Obwohl diese Literatur

in fremden Sprachen geschrieben wurde, und nicht auf Bosnisch, gehört sie trotzdem zur

bosnischen literarischen Tradition, weil sie von bosnisch-muslimischen Autoren erstellt

wurde. Hauptmotive der Poesie in orientalischen Sprachen sind Mystik, Liebe und Schönheit.

Die meisten Werke, die in türkischer Sprache geschrieben wurden, gehören zu der Diwan-

Literatur. Das Wort diwan bedeutet eine Gedichtsammlung eines Autors. Diwan-Literatur

wurde durch die Hand von gebildeten Autoren für die gebildete, soziale Schicht der

Bevölkerung erzeugt. Die bekanntesten Diwane in der türkischen Sprache sind von bosnisch-

muslimischen Dichtern Hasan Zijaija Mostarac und Muhamed Nerkesija.

[Text eingeben] Seite 77

Die Literatur im Persischen in Bosnien hat ihre Wurzeln bereits im 16. Jahrhundert. Diese

Literatur ist mit Mystik erfüllt. Einer der weltweit bekannten Dichter der Mystik ist Mevlan

Dzelaluddin Rumi. Viele bosnische mystische Dichter nahmen ihn als Vorbild, so auch die

Dichter Vahdeti und Fevzi Mostarac.

Die negativen Folgen des Schaffens der bosnischen Autoren in orientalischen Sprachen, war

eine Verzögerung in der Entwicklung der Muttersprache. Es sind nur wenige Autoren, die ihre

Werke in bosnischer Sprache geschrieben haben, und nur wenige, die für die Bewahrung ihrer

Sprache gekämpft haben. Wenn es um die Erhaltung der Muttersprache geht, ist es

notwendig, Autoren wie Muhamed Hevai Uskufi, Hasan Kaimija und Omer ef. Humo zu

erwähnen. Omer Humo war ein Befürworter der Einführung der bosnischen Sprache in der

Grundschule. Die Wichtigkeit des Autors Muhamed Hevai Uskufi für die Entwicklung der

bosnischen Sprache spiegelt sich in seinem Schreiben über die bosnische Sprache und seinem

Türkisch-bosnischen Wörterbuch aus dem Jahre 1631 wider.

[Text eingeben] Seite 78

7 Književnost bosanskih muslimana u vrijeme Osmanskog carstva

(1463-1878)

Proces islamizacije bosanskih muslimana nije najbolje objašnjen, odnosno ne zna se tačan

razlog zbog kojeg su bosanski krstjani u velikom broju i kratkom vremenu prihvatali vjeru

Osmanlija. Teorije o nasilnom prevođenju bosanskog stanovništva na islam ili masovnom

prelasku na islam zbog očuvanja imanja su odbačene od strane velikih historičara. Od 16.

stoljeća muslimansko stanovništvo u Bosni i Hercegovini dobrovoljno je davalo svoju djecu

kako bi služili više dvorskoj nego vojnoj službi. Po zapisima Benedikta Kuripešića (1490-?)

osmanski su „janjičari i najbolje sluge, činovnici i kapetani, Bosanci. Turci ih smatraju

najboljim, najpobožnijim i najvjernijim ljudima, koji vole da se drže pravim Turcima, i time

se ponose; zato se njima više vjeruje nego pravim Turcima. I doista, oni se razlikuju od

ostalih Turaka okretnošću i ljepotom svojom. A ljepše se i nose nego Turci.170

Bosna i

Hercegovina je Osmanskom carstvu podarila velike ljude, autore i heroje. Iako su bosanski

muslimanski autori često izbivali duži vremenski period izvan svog rodnog kraja, najčešće

zbog obrazovanja u Istanbulu, oni su ipak osjećali veliku ljubav prema svom porijeklu. To su

izražavali kroz različite načine, pjesmom ili arhitekturom. Nerijetko su to bile džamije,

mostovi, mektebi i medrese. Takav je bio Derviš-paša Bajezidagić koji je pored tih zasluga

pjesnik poznatog tariha o izgradnji mosta u Mostaru (1566):

Ćupriju podiže koja podsjeća na luk duge

Allahu moj! Ima l’ na svijetu po ljepoti drúgē?

Jedan je Derviš zaljubljen stao i rekao riječi:

Ostavit ćemo ćupriju, a mi ćemo proći.171

Književnost muslimana u Bosni i Hercegovini u vrijeme osmanske vladavine može se

podijeliti u 3 pravca. Prvi je književnost pisana na narodnom jeziku i bosančici, drugi je

stvaralaštvo na turskom, arapskom i perzijskom jeziku, a zadnji pravac je alhamijado

književnost. Bosančica je imala bitnu ulogu kod muslimanskog stanovništva jer se njome

očuvala slavenska pisana riječ. Ona se nazivala još i begovim pismom jer su se bosanski

begovi u Osmanskom carstvu dugo vremena koristili njome u prepiskama sa Dubrovačkom

170

Kuripešić 1950, 36.

171 Mønnesland 2005, 162.

[Text eingeben] Seite 79

Republikom i drugim zemljama.172

Iako je književnost bosanskih muslimanskih autora

stvarana na orijentalnim jezicima, ona je ipak ostavila duboke i trajne tragove u bosanskoj

književnosti. Bosanski muslimanski autori pisali su na sva tri jezika. Turskim jezikom se

najviše pisalo, iako se on nije masovno koristio u govoru.173

Dževad Jahić tvrdi da Osmanlije

nisu bili zainteresirani da turski jezik postane zvanični jezik u Bosni, te su dozvoljavali pravo

postojanja narodnog jezika i nisu pokušavali stanovništvu nametnuti svoj jezik. Pored

bosanskih muslimanskih autora bilo je i „običnih“ ljudi koji su dobro poznavali turski. U

stanovništvu se javila veća želja za učenjem arapskog jezika jer je to jezik vjere tj. arapskim

jezikom se pričalo u školi na satu vjeronauke.174

Arapsko pismo bilo je uveliko

rasprostranjeno u Bosni, što dokazuje upotreba arebice, pisanja arapskom grafijom na

maternjem jeziku. Neki autori pokazali su interesovanje za svoj maternji jezik, pa su se

najčešće bavili temom poređenja bosanskog jezika sa orijentalnim jezicima. Vrijedan pomena

je Tursko-bosanski rječnik iz 1631. godine, autora Muhameda Hevaia Uskufia. Ovo je jedan

od najstarijih rječnika jezika Slavena. Rječnik je pisan u stihovima i njime je očuvana građa

maternjeg jezika. Od velikog značaja je i Bosansko-turski učitelj, tj. prva dvojezična tursko-

bosanska gramatika, pisca I. E. Berbića, koja je objavljena mnogo kasnije, 1893. godine. Ovo

djelo namjenjeno je bosanskom stanovništvu kako bi lakše stekli znanje u turskom jeziku.

Književno stvaralaštvo na orijentalnim jezicima nastalo je upravo na temeljima islamske

kulture i tradicije. U ovoj književosti dominira „divanska poezija“ koja nije obuhvatala samo

bosansku muslimansku književnost već i šira područja. Korijeni ove poezije polaze od Iranaca

i Arapa. Njeni autori morali su biti dobri poznavaoci filozofije, islama, historije i što je

najbitnije savršeno poznavati arapski i perzijski jezik. Bosanski muslimanski autori ove vrste

poezije često su se obrazovali van granica Bosne i Hercegovine, najviše u Istanbulu. Prvi

pjesnici divanske poezije javljaju se već u 15. stoljeću, u tekijama. Tekije su bila mjesta u

kojima su se vodile rasprave o tesavvufskoj poeziji, povodom nekog filozofskog ili

pjesničkog djela. Tekija Isa-bega sadržavala je tri kuće, dvorište i sporedni prostor. Tu se

nalazila dvorana za obrede, prostorija za razgovor i prostorije za boravište derviša. Običaj je

172

Jahić 1999a, 19-20.

173 Jahić 1991b, 18.

174 Jahić 1999c, 23.

[Text eingeben] Seite 80

bio da tekija posjeduje prostoriju za putnika koji je tu mogao besplatno boraviti tri dana. Isa-

begova tekija izgorjela je 1697. godine, kada je Eugen Savojski zapalio Sarajevo.175

Za divansku poeziju se kaže da je stvarana od visoko obrazovanih ljudi za obrazovane ljude.

Razlog je što ta poezija sadrži mnogo arapskih i perzijskih fraza. Zbirka ove poezije je Divan.

Tevhid ili uvod u djelo je obavezan u svakom divanu. U tom dijelu autor pjeva u slavu Boga i

iznosi svoje mišljenje o postojanju svijeta i ljudi. Kasida je pjesma koja teži ka nekom cilju,

kao što je npr. pohvala neke ličnosti. Njome je opjevana gradnja nekog objekta, rođenje u

obitelji ili vojna pobjeda. Gazel potječe iz perzijske književnosti, a njime se pjeva o ljubavi,

duševnom stanju. Rubaija je također preuzeta iz perzijske književnosti. Njome autor sa malo

riječi izražava filozofsku misao, ljubav i uživanje u vinu. Osoba kojoj se izražava ljubav je

skrivena, a vino znači opijenost. Što je opijenost veća, to je ljubav i predanost jača. Dio

divana ponekad je mesnevija odnosno vjerska pjesma čiji je sadržaj iz Kur’ana i hadisa.

Njome se opisuje život i smrt Poslanika Muhammeda. Najpoznatiju mesneviju napisao je

čuveni pjesnik, filozof i mistik Mevlana Dželaludin Rumi. Veliki broj bosanskih

muslimanskih autora ugledao se na njega. Derviš-paša Bajezidagić spjevao je svoje djelo

Murad-nāme po uzoru na stil Mevlana Dželaludina Rumija.176

Česta tema bosanskih muslimanskih autora u divanu je čežnja i opis rodnog zavičaja. Oko

desetak pjesama napisano je o Sarajevu i pet o Mostaru. Pjesme o zavičaju su uglavnom

nastajale kada je autor bivao daleko od rodnog grada. Zbog toga autor osjeća čežnju i svoj

rodni kraj doživljava kao rajsku baštu sa lijepim i obrazovanim ljudima. Uvodni dio pjesme

koju je Ahmed Čelebija napisao o svom voljenom Sarajevu govori upravo o tome:

Kazuj lahore o mom zavičaju, kako je?

Izloži mi njegove prilike, kako je onaj privlačni šeher?

Je li Sarajevo kao raj ukrašeno ljepoticama?

Kako je ono legendarno mjesto koje svojim sjajem obzor obasjava?

Kako da ga hvalim kad mu je malo ravnih na svijetu;

Da reknem da je drugi raj, ne bih slagao.

Žubore li na sve strane potoci?

Izviru li hladna vrela?

175

Hadžiosmanović / Memija 1995, 13.

176 Nametak 1998e, 475.

[Text eingeben] Seite 81

Pije li se rujno vino boje jorgovana?

Kako zdravlje služi prijatelje?

Žive li braća u ljubavi?

Kako su age i begovi?

Kako je sirotinja bijedna?

...177

Lijepu pjesmu o stanju Sarajeva prije nego je grad spaljen upadom Eugena Savojskog u

Sarajevo, napisao je Mehmed Rešid:

Bješe najprijatniji grad na svijetu

Bio je najljepša rajska kuća.

U raju su samo četiri vrela.

A izvora života u Sarajevu je hiljada.

Sredinom teče rijeka života

Bistro vrelo – to je slatka i pitka voda

Pričinja se poput rastopljenog biljura

To nije voda, nego svjetlo koje teče

Putevi bijahu čisti kao Poslanikov šerijat

I svijetli kao pravi put

Svaki taj put popločan je sitnim kamenjem

Koje se sjalo kao Kumova slama na nebu.

Sa svježim beharom zeleno lišće

Poput smaragdnog tanjira nakićenog biserom izgleda

Svježi lahor daje život duši

Produljuje život kao životni dasi

Ukratko, svaka ljepota u Sarajevu bila je kao vječnost

Po ljepoti bio je jednak raju.178

Druga vrsta divanske književnosti koja je bila rasprostranjena među pjesnicima je tarih.

Tarihom se obilježavaju bitni historijski događaji i kroz njega saznajemo puno o historiji

Bosne i Hercegovine, kao što je Derviš Jakub-paša Bošnjak opisao tok Krbavske bitke

177

Nametak 1998a, 528.

178

Nametak 1998a, 530.

[Text eingeben] Seite 82

(1493.). Ovi stihovi su veoma dragocjeni jer oni ne predstavljaju samo pjesnikovo subjektivno

gledanje tadašnjih događaja već su često i jedini zapis nekog događaja.

Cjelokupna divanska poezija može se podijeliti na sufijsku i laičku. Sufijska poezija je

prisutnija u divanskoj književnosti, a ona je nastala na temeljima islamske filozofije –

tesavvufa. Ovaj filozofski pravac razvio se zatim do misticizma. Pripadnici ovog pravca se

nazivaju sufijama.179

Pojavom sufizma formiraju se „derviški redovi“, koji se vezuju za ime

osnivača tj. velikog šejha. Jedan takav derviški red je „mevlevijski“, kojeg je osnovao

Mevlana Dželaludin Rumi. Za razliku od ostalih redova, mevlevijski red je prakticirao obred

praćen muzikom i plesom. Sufijska poezija ima duboko zančenje, da bi se shvatio njen

smisao, potrebno je otkriti i razumjeti njenu drugu stranu, onu koja nam nije očita. Neke

pjesme izgledaju kao da su ljubavne, erotske, jer su prisutne karakteristike ljubavne poezije

kao što su patnja za dragom, tugovanje zbog rastanka, opis drage. Žena u ovoj vrsti poezije

predstavlja simbol, a ljubav je upućena nekom odnosno nečem drugom:

U vel’ko me čudo meće

Vitkost tvoga sevli stasa:

Fina kretnja, nazli šetnja

I tančina tvoga pâsa.

Šta mi ludo srce gori,

To su krive tvoje kose,

Tanki soluf, pletenice –

Što mi duša, pamet nose.180

Za sufijsku divansku poeziju karakteristično je da pisci sufije predstavljaju vidljivu sliku

nevidljivog svijeta. Sufijskom filozofijom bavili su se mnogi pisci, a naručito motivom

iskazivanja pripadnosti i sjedinjenja sa Bogom. Posebno su se u ovom isticali bosanski

muslimanski pjesnici Husein Lamekanije, Ahmed Vahdeti i Abdurahman Sirri.

Poseban oblik književnosti na orijentalnim jezicima je alhamijado književnost koja je pisana

narodnim jezikom i arebicom. Reformatori arebice bili su Omer Humo, Ibrahim Bebić, a

najviše uspjeha u tome imao je Mehmed Džemaludin Čaušević. Ova vrsta književnosti bliska

je narodnoj, a njeni autori bili su obrazovaniji od ostalog stanovništva. Mnoga djela

179

Hadžiosmanović / Memija 1995, 11-12.

180 Hadžiosmanović / Memija 1995, 17.

[Text eingeben] Seite 83

alhamijado književnosti imala su za temu vjeru.181

Ljubav je također bitan motiv u ovoj

književnosti jer su njome inspirisani mnogi alhamijado pjesnici. Takav je bio Fejzo Softa. On

ljubav prema dragoj izražava kroz pjesmu na originalan način. Dok joj se udvara i opisuje

njenu ljepotu, on je podučava arapskom pismu. Kroz pjesmu se provlače i neke riječi

orijentalnog porijekla, ali uglavnom je ostatak teksta u čistom narodnom bosanskom govoru.

Najljepše ljubavne alhamijado pjesme potječu od jedine bosanske alhamijado pjesnikinje,

Umihane Čuvidine. U svojim pjesmama ona oplakuje dragog, kojeg je zadesila smrt na

bojnom polju, te govori o besmislenosti rata. Alhamijado djela u prozi su malobrojna,

najpotpunije takvo djelo je Šejtanama, dijalog između Poslanika Muhammeda i šejtana, u

kojem šejtan gubi bitku.

Alhamijado književnost se nastavila i u XX stoljeću, u obliku tariha na mezarima Mehmed-

bega Kapetanović Ljubušak i reis-uleme Džemaludin Čaušević. Alhamijado književnost je

pravi primjer raznolikosti u bosanskom jeziku, ali i stanja bosanskog društva kroz stoljeća

vladavine Osmanskog carstva.

181 Idrizbegović 2003, 78.

[Text eingeben] Seite 84

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