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Diss 20071008 Nr1 - ETH Z · Summe der Intensitäten solcher Reflexe kann bestimmt werden, nicht...

Date post: 25-Jan-2020
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Research Collection Doctoral Thesis Kombination von Transmissionselektronenmikroskopie und Pulverbeugungsdaten zur Lösung von komplexen Zeolithstrukturen Author(s): Gramm, Fabian Publication Date: 2007 Permanent Link: https://doi.org/10.3929/ethz-a-005466842 Rights / License: In Copyright - Non-Commercial Use Permitted This page was generated automatically upon download from the ETH Zurich Research Collection . For more information please consult the Terms of use . ETH Library
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Research Collection

Doctoral Thesis

Kombination von Transmissionselektronenmikroskopieund Pulverbeugungsdaten zur Lösung von komplexenZeolithstrukturen

Author(s): Gramm, Fabian

Publication Date: 2007

Permanent Link: https://doi.org/10.3929/ethz-a-005466842

Rights / License: In Copyright - Non-Commercial Use Permitted

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ETH Library

DISS. ETH Nr. 17347

Kombination von Transmissionselektronenmikroskopie und Pulverbeugungsdaten

zur Lösung von komplexen Zeolithstrukturen

A B H A N D L U N G

zur Erlangung des Titels

DOKTOR DER WISSENSCHAFTEN

der

ETH Zürich

vorgelegt von

FABIAN GRAMM Dipl. natw. (ETH Zürich)

geboren am 14. März 1973

von Schaffhausen

Angenommen auf Antrag von

Prof. Dr. W. Steurer

Dr. Ch. Baerlocher

Dr. L.B. McCusker

Dr. M. Cantoni

2007

2

Abstract Structural information is fundamental to the understanding of the properties of materials.

However, industrially important and scientifically interesting materials are often

polycrystalline, and cannot be grown as single crystals. Deriving the crystal structure from

powder diffraction data is not a trivial matter: not only is the phase information lost in the

diffraction experiment but reflections with similar d-spacings, which are well separated in a

single-crystal measurement, overlap in a powder pattern. If the degree of overlap is too

high, conventional approaches for solving the structure will fail. Many different attempts

have been developed to overcome this problem, but all these methods have their limitations.

Electrons interact much more strongly with matter than do X-rays. Therefore even tiny

crystallites scatter strongly well enough to yield a single crystal diffraction pattern with an

electron beam. The aim of this project is to explore how electron microscopy can be used in

conjunction with powder diffraction to expand the limits of structure solution for

polycrystalline materials, in particular for zeolites.

To estimate the potential of such a combination, simulations with the the zeolite ZSM-5

were performed. It could be shown that electron and X-ray intensities are approximately

proportional to one another for silicates. This is a precondition for using electron scattering

intensities to repartition the overall intensity in a group of overlapping reflections in the

powder pattern. However, comparison of the calculated intensities with those obtained

experimentally from Selected Area Electron Diffraction (SAED)-measurements revealed

that kinematical conditions were rarely achieved in the experiment.

In contrast to diffraction experiments, High Resolution Transmission Electron Microscopy

(HRTEM)-imaging preserves the phases of the reflections contributing to the image. These

phases were extracted from the images in the hope that they could be used to facilitate

structure solution. They were used in conjunction with the program FOCUS, a zeolite-

specific structure determination program devised for powder diffraction data. To test of the

feasibility of this approach, simulated data for the most complex zeolite known (ITQ-22)

and experimental data for the zeolite ZSM-5 were used. The prospect of success for

FOCUS to find the correct solution was significantly increased in both cases.

i

4

In view of these promising results, the approach was applied to experimental data obtained

for the zeolite TNU-9 was performed. With just the intensities extracted from the very high

resolution synchrotron powder diffraction data FOCUS found no solution. Then 258 Phases

were extracted from HRTEM-images, taken along three different zone axes. Even though

not all of these phases were correct, by including them in the input to FOCUS, a complete

framework structure was found. The structure then was verified with a Rietveld refinement.

The structure contains 76 atoms (24 Si-atoms and 52 O-atoms) in the asymmetric unit, and

is by far the most complex zeolite known to date. For comparison, ITQ-22 has only 16

(Si,Ge)-atoms in the asymmetric unit.

By combining X-ray intensities extracted from high resolution synchrotron powder

diffraction data with phases from HRTEM images, the complexity limit for zeolite structure

solution has been extended significantly. This very straightforward combination of powder

diffraction data with electron microscopy information in the program FOCUS is applicable

to any polycrystalline zeolite. It should be possible extend this approach to non-zeolite

materials to yield a very general method for solving complex crystal structures of

polycrystalline materials.

ii

Zusammenfassung Um die Eigenschaften von Materialien zu verstehen, ist die Kenntnis der Kristallstruktur

unerlässlich. Viele industriell wichtige und wissenschaftlich interessante Materialien,

Zeolithe eingeschlossen, sind polykristallin und können nicht als Einkristalle gezüchtet

werden. Die Bestimmung der Kristallstruktur ist aber nicht trivial, wenn nur

Pulverdiffraktionsdaten vorliegen. Einerseits geht beim Beugungsexperiment die

Phaseninformation verloren und andererseits überlappen im Pulverdiffraktogramm Reflexe

die für Einkristalle räumlich getrennt sind. Ist der Überlappungsgrad im

Pulverdiffraktogramm zu hoch, versagen herkömmliche Strukturlösungsmethoden.

Verschiedene spezielle Methoden wurden entwickelt um diese Probleme zu umgehen. Ihre

Anwendbarkeit ist aber begrenzt.

Elektronen interagieren viel stärker mit Materie als Röntgenstrahlen. Deshalb genügen

kleinste Kristallite, um Beugungsexperimente mit Elektronen an einem Einkristall

durchzuführen. Das Ziel dieses Projektes war deshalb zu untersuchen, wie

Elektronenmikroskopie in Kombination mit Pulverdiffraktion die Grenzen der

Strukturbestimmung von polykristallinen Materialien, insbesondere von Zeolithen,

erweitern kann.

Um das Potential einer solchen Kombination abschätzen zu können, wurden Simulationen

mit dem Zeolithen ZSM-5 durchgeführt. Dabei konnte gezeigt werden, dass unter

kinematischen Bedingungen Elektronen- und Röntgenbeugungsintensitäten nahezu

proportional zueinander sind. Dies ist eine Voraussetzung dafür, dass die

Elektronenbeugungsintensitäten verwendet werden können, um die Gesamtintensität

überlappender Reflexe im Pulverdiagramm auf die einzelnen Reflexe aufzuteilen. Beim

Vergleich mit experimentellen SAED (Selected Area Electron Diffraction)-Daten wurde

aber leider auch deutlich, dass in den Experimenten keine kinematischen Bedingungen

erreicht werden konnten.

Im Unterschied zu den Beugungsexperimenten, bei welchen die Phaseninformation der

Strukturfaktoren verloren geht, bleibt diese in den HRTEM (High Resolution Electron

Microscopy)-Bildern erhalten. Deshalb kann die Phaseninformation aus den HRTEM-

Bildern extrahiert und für die Strukturlösung verwendet werden. Das zeolithspezifische

iii

6

Strukturlösungsprogramm FOCUS erlaubt es, solche Phasen einzusetzen. Dieser Ansatz

wurde mit den beiden bekannten Zeolithen ITQ-22 und ZSM-5 getestet. Für ITQ-22

wurden simulierte Daten verwendet, während für Zeolith ZSM-5 experimentelle Daten zur

Verfügung standen. Es zeigte sich, dass die Erfolgsaussichten für einen korrekten

Strukturvorschlag durch das Programm FOCUS in beiden Fällen wesentlich höher waren.

Nach diesen vielversprechenden Tests wurde ein Versuch mit experimentellen Daten des

unbekannten Zeolithen TNU-9 durchgeführt. In vorgängigen Versuchen konnte für TNU-9

mit FOCUS trotz hochaufgelöster Synchrotronpulverdaten kein Lösungsvorschlag

gefunden werden. Aus drei HRTEM-Bildern welche entlang unterschiedlicher Zonenachsen

aufgenommen wurden, konnten die Phasen von 258 Reflexen bestimmt werden. Obwohl

nicht alle dieser Phasen korrekt waren, fand FOCUS einen Lösungsvorschlag für die

Struktur von TNU-9, der dann anschliessend mit einer Rietveld-Verfeinerung bestätigt

werden konnte.

Die Kombination von Röntgenbeugungsintensitäten, extrahiert aus Synchrotron-

Pulverdaten, mit der Phaseninformation aus HRTEM-Bildern verhalf bei der

Strukturlösung von Zeolith TNU-9 zum Durchbruch. Damit konnte die grösste bis jetzt

bekannte Zeolithstruktur mit dieser neuen Methode gelöst werden. Diese hat 76 Atome in

der asymmetrischen Einheit und dürfte daher auch eine der grössten Strukturen sein, die mit

Pulverdaten bisher gelöst worden ist.

Die Komplexität wurde, verglichen mit ITQ-22 (16 Si,Ge-Atome) der bisher grössten

Zeolithstruktur, durch die Struktur von TNU-9 mit 24 Si-Atomen in der asymmetrischen

Einheit massiv erweitert. Damit konnte gezeigt werden, dass diese sehr direkte

Kombination von Röntgenpulverdaten mit Daten aus der Elektronenmikroskopie

erfolgreich auf die meist polykristallinen Zeolithe angewendet werden kann. Es ist zu

erwarten, dass diese Kombination auf andere nicht zeolithische Materialien erweitert

werden kann, womit dann eine allgemein anwendbare Methode zur Lösung von komplexen

polykristallinen Materialien mit Pulverdiffraktionsdaten zur Verfügung stehen wird.

iv

1 Ziel der Arbeit.................................................................................................... 1

2 Hintergrund und Methoden ............................................................................. 3

2.1 Zeolithe 3

2.2 Kristallstrukturbestimmung aus Röntgen-Pulverdaten 4

2.2.1 Überlappende Reflexe 5

2.2.2 Extraktion der Intensitäten 6

2.2.3 Einbezug chemischer Information 7

2.2.4 Das "Structure Envelope" 8

2.2.5 Experimentelle Methoden um das Peaküberlappungsproblem zu lösen 9

2.2.6 Kristallstrukturverfeinerung mittels Rietveldmethode 9

2.3 Elektronenkristallographie 10

2.4 SAED 11

2.4.1 Einführung 11

2.4.2 Kalibrierung 13

2.4.3 Einheitszelle bestimmen aus Kippserien 14

2.4.4 Mehrfachbeugung 16

2.4.5 Raumgruppenbestimmung aus SAED 18

2.5 Hochauflösungs-Transmissionselektronenmikroskopie 18

2.5.1 Einleitung 18

2.5.2 Die Abbildung in der Hochauflösungs-Transmissionselektronenmikroskopie

19

2.5.3 Die Schwaches-Phasenobjekt-Approximation 21

2.5.4 Die Kontrasttransferfunktion (CTF) 22

2.5.5 Der Scherzer-Defokus 22

2.5.6 Der Astigmatismus 25

2.5.7 Bestimmung des Defokus 26

2.5.8 Anwendung von Symmetrie 26

3 Probenpräparation ......................................................................................... 29

3.1 Ziele der Präparation 29

3.1.1 Probendicke 29

3.1.2 Vorzugsorientierung 29

3.1.3 Verteilung des Probenmaterials 30

3.2 Präparationsmethoden 30

v

8

3.2.1 Transferieren aus einer Suspension 30

3.2.2 Querschnittpräparationen mit Ionenätzung 32

3.2.3 Querschnittpräparation mit Ultramikrotomie 36

4 Testfall ZSM-5 ................................................................................................. 39

4.1 Elektronenbeugung an ZSM-5 39

4.1.1 Können Elektronenbeugungsintensitäten das Peaküberlappungsproblem im

Pulverdiagram lösen? 39

4.1.2 Experimentelle Elektronenbeugungsdaten für die Intensitätsaufteilung 45

5 Die Kombination von HRTEM-Phaseninformation mit Pulverdaten ......... 55

5.1 Das Konzept von FOCUS 55

5.2 Vorgeben von Phaseninformation in FOCUS 55

5.3 Was bringt die zusätzliche Information in FOCUS? 57

5.3.1 Vergleiche mit simulierten Einkristalldaten 57

5.3.2 Vergleiche an ITQ-22 mit simulierten Pulverdaten 66

5.3.3 Vergleiche mit experimentellen Röntgenbeugungsdaten 71

5.3.4 Qualität der Phaseninformation 76

6 TNU-9 ............................................................................................................... 81

6.1 Zeolith TNU-9 81

6.2 Indizierung TNU-9 81

6.3 Extraktion 84

6.4 Strukturbestimmung 84

6.5 Qualität der Phaseninformation 90

7 Zusammenfassung der Resultate ................................................................. 95

8 Ausblick ........................................................................................................... 97

Anhang A: Die Schwaches-Phasenobjekt-Approximation ................................ 99

Anhang B: TNU-9 Phasensatz ............................................................................ 101

Anhang C: Atomkoordinaten TNU-9-Struktur ................................................... 104

Referenzen ............................................................................................................ 105

vi

Liste der Symbole

A Blendenfunktion

α Halber Konvergenzwinkel des

Elektronenstrahls

B Abberationsfunktion

SC sphärische Abberationskonstante

χ Phasenverschiebung

d Netzebenenabstand, d-Wert

Kristd Kristalldicke

∆ Defokusstreubreite

E Dämpfungsfunktion

∆E Chromatischer Anteil von E

αE Strahlkonvergenzanteil von E

ε Defokus

Scherzerε Scherzerfokus

f Probenfunktion

F Fouriertransformierte von f

RÖF Röntgenbeugungs-Strukturfaktor

EMF Elektronenbeugungs-

Strukturfaktor

simF simulierter Strukturfaktor

EXTF Strukturfaktor extrahiert aus

Pulverdaten

EMSF Schätzwert für EMF

RÖSF Schätzwert für RÖF

Röf Röntgenstreufaktor

Elf Elektronenstreufaktor

fwhm Halbwertsbreite

g Bildfunktion im direkten Raum

G Foriertranformierte von g

h Abbildungsfunktion im direkten

Raum

hkl Reflexindices

k Gittervektor

ÜLK Überlappungsfaktor

H Fouriertransformierte von h

L Kameralänge

λ Wellenlänge

M Vergrösserung

n Zählvariable

P Fortpflanzungsfunktion der

Elektronenwelle im Mikroskop

ψ Elektronenwellenfunktion

Q projiziertes Potential

R Ringradius bei Pulverbeugung

RÖSEMSR − R-Wert für EMSF

RÖSEMR − R-Wert für EMF

ρ Elektronendichte

T Kontrasttransferfunktion

θ halber Beugungswinkel

U Spannung

u reziproker Gittervektor

vii

1

1

1 Ziel der Arbeit Um die Eigenschaften von Materialien zu verstehen ist die Strukturinformation

unerlässlich. Liegen die Materialien in Form von Einkristallen vor ist die

Kristallstrukturbestimmung fast immer problemlos. Etwas schwieriger ist dies, wenn nur

polykristalline Proben vorhanden sind. In diesem Fall werden Röntgen-

Pulverdiffraktionsmethoden angewendet um die Kristallstruktur zu bestimmen. Das

Hauptproblem dabei ist die Überlappung von Reflexen mit ähnlichen d-Werten. Nur die

Summe der Intensitäten solcher Reflexe kann bestimmt werden, nicht aber die Intensität der

einzelnen Reflexe. Mit speziell entwickelten Methoden ist es oft möglich das

Überlappungsproblem zu umgehen. Manchmal versagen aber diese Methoden, besonders

bei komplexen Kristallstrukturen. Für solche Fälle müssen andere Verfahren entwickelt

werden. Das Ziel dieser Arbeit ist es, dieses Überlappungsproblem mittels

elektronenmikroskopischer Methoden anzugehen.

Elektronen interagieren viel stärker mit Kristallen als Röntgenstrahlen. Deshalb ist es

möglich, einzelne Kristallite aus dem polykristallinen Material als Einkristalle für

Beugungsexperimente zu verwenden. Zwei Möglichkeiten werden als vielversprechend

angeschaut. Erstens könnten die Reflexintensitäten aus dem Einkristall-

Elektronenbeugungsexperiment verwendet werden. Zweitens könnten Bilder aus der

Hochauflösungstransmissionselektronenmikroskopie (HRTEM) zur Bestimmung von

Phasen der Strukturfaktoren gebraucht werden. Diese Phasen können entscheidend zur

erfolgreichen Strukturbestimmung beitragen.

Von besonderem Interesse für diese Arbeit sind die Zeolithe, deren vielseitigen

Eigenschaften eng mit ihrer Struktur verbunden sind. Die Zeolithe werden zum Beispiel als

Katalysatoren in der Petrochemie verwendet zur Spaltung der langkettigen

Kohlenwasserstoffe im Rohöl und zur Herstellung von Superbenzin durch Umformung und

Hydrierung der gespaltenen Moleküle. Sie werden auch als Wasserenthärter in

Waschmittel, und als Futterzusatz in der Schweinemast und in der Hühnerzucht gebraucht

und als Wirt für Gastspezies in "Advanced Materials".

2

Diese industriell wichtigen und wissenschaftlich sehr interessanten Materialien sind aber

oft nur in polykristalliner Form herstellbar. In diesem Projekt soll deshalb untersucht

werden, wie Elektronenmikroskopie in Kombination mit Pulverdiffraktionsdaten die

Grenzen der Strukturbestimmung von polykristallinen Materialien, insbesondere von

Zeolithen, erweitern kann.

3

2 Hintergrund und Methoden

2.1 Zeolithe

Zeolithe sind mikroporöse Materialien, aufgebaut aus einem dreidimensionalen, über alle

Ecken verknüpften TO4-Tetraeder Gerüst. Normalerweise ist ihre Zusammensetzung TO2,

wobei T ein 4-fach koordiniertes Atom (typischerweise Si, Al, Ga, P) ist. Jedes 4-fach

koordinierte T-Atom ist mit vier weiteren T-Atomen über eine Sauerstoffbrücke verbunden.

Das Gerüst kann neutral (z.B. SiO2 oder AlPO4) oder anionisch (z.B. AlSiO4) sein und

bildet Kanäle und Poren, welche mit Kationen, organische Molekülen und/oder Wasser

gefüllt sein können.

Abbildung 2-1: Kristallstruktur von Zeolith ZSM-5

Im Allgemeinen können die Kationen ausgetauscht und die Wassermoleküle durch Erhitzen

entfernt werden. Diese entscheidenden Eigenschaften von Zeolithen machen sie für

industrielle Anwendungen interessant als Ionenaustauscher, Molekularsiebe und

formselektive Katalysatoren. Zeolithe findet man aber auch in der Natur in Basalten und

Sedimentgesteinen. Für die meisten industriellen Anwendungen werden die Zeolithe

künstlich hergestellt. Ein solcher Zeolith mit relativ komplexer Struktur ist zum Beispiel

ZSM-5 (vgl. Abbildung 2-1). Der Zeolith IM-5, der vor ca. 10 Jahren erstmals synthetisiert

4

wurde, hat ebenfalls interessante katalytische Eigenschaften. welcher in der Petrochemie

verwendet wird. Seine Kristallstruktur konnte bis jetzt aber aus den Röntgenpulverdaten

nicht gelöst werden, lediglich ein vager Vorschlag für die Einheitszelle lag vor. Es bestand

die Hoffnung, dass Elektronenkristallographie hier weiterhelfen kann.

2.2 Kristallstrukturbestimmung aus Röntgen-Pulverdaten

Wenn Kristalle gross genug (ca. 50µm Kantenlänge) und in genügender Qualität gezüchtet

werden können, werden für die Kristallstrukturbestimmung sogenannte Einkristall-

methoden angewendet. Dabei werden die Phasen ( )hϕ der Strukturfaktoren ( )hF

( ) ( ) )(hhh ϕieFF ⋅= 2-1

rekonstruiert, damit eine Elektronendichte ( )rρ :

( ) ( )∑ −⋅=h

hh )(1 ϕρ ieFV

r 2-2

berechnet werden kann, wobei V das Volumen der Einheitszelle ist. Aus den

Röntgenbeugungsexperimenten können nur die Amplituden der Reflexe ( )hF bestimmt

werden und die Kunst der Kristallographie ist es, die richtigen Phasen zu bestimmen.

Dieses Phasenproblem wird heute meistens mit den so genannten Direkten Methoden

gelöst. Basierend auf statistischen Überlegungen, können Phasen aus der

Intensitätsinformation geschätzt werden. Heute existieren viele Computerprogramme,

welche die Direkten Methoden erfolgreich anwenden, sodass für Einkristalle die Lösung

des Phasenproblems in den meisten Fällen zur Routine geworden ist. Eine andere Methode

das Phasenproblem anzugehen ist Patterson-Methode, welche nicht direkt die Positionen

der Atome in der Elementarzelle liefert, sondern interatomare Vektoren. Sie wird bevorzugt

für Strukturen eingesetzt, welche aus wenigen Schweratomen und vielen Leichtatomen

bestehen.

Manchmal können aber keine Kristalle gezüchtet werden, die gross genug sind um

Einkristallmethoden anzuwenden. Insbesondere bei Zeolithen ist das der Normalfall. Die

kleinen Kristalle liegen dann zufallsorientiert im Pulver vor.

5

2.2.1 Überlappende Reflexe

Die Beugungsreflexe eines Einkristalls sind dreidimensional im Raum verteilt. Das

Beugungsbild einer Pulverprobe hingegen ist nur eindimensional. Es besteht aus der

Überlagerung von den Einkristallbeugungsbildern der einzelnen Kristallite im Pulver

(Abbildung 2-2) welche die charakteristischen Pulverringe bilden. Es fallen Reflexe,

welche beim Einkristallexperiment im reziproken Raum dreidimensional verteilt sind, im

Pulverexperiment aufeinander. Von der Überlappung betroffen sind die Reflexe, welche

den gleichen oder nahezu gleichen Abstand vom Ursprung (d.h. ähnliche d-Werte) haben.

Die Intensitäten der einzelnen überlappenden Reflexen können deshalb nicht aus dem

Pulverdiagramm bestimmt werden.

Auch die Indizierung eines Pulverdiagramms wird durch die Überlappungen oft erschwert.

Wenn zu viele Reflexe überlappen ist eine Strukturbestimmung sehr schwierig, wenn nicht

gar unmöglich.

In Pulverdiagrammen von grossen, komplexen Zeolithstrukturen wie TNU-9 (Gramm,

2006), ist die Peaküberlappung besonders gross. Das macht die Aufteilung der Intensitäten

überlappender Peaks schwierig. Trotzdem müssen die Reflexintensitäten, auch jene der

Abbildung 2-2: Kristallanordnung und entsprechendes Beugungsbild für (A) einen, (B) zwei und (C) viele Kristalle. In C) sind die typischen Ringe der Pulverdiffraktion und die vielen Reflexüberlagerungen sichtbar.

6

überlappenden Peaks, so gut wie möglich aus dem Pulverdiagramm extrahiert werden, denn

falsch bestimmte Reflexintensitäten können die Strukturbestimmung verunmöglichen. Je

kleiner die Halbwertsbreite der Peaks im Pulverdiagramm ist, desto weniger

Überlappungen wird es geben. Synchrotrondaten ermöglichen wegen der geringeren

Peakbreite eine bessere Extraktion der Reflexintensitäten.

2.2.2 Extraktion der Intensitäten

Um die direkten Methoden anwenden zu können, müssen die einzelnen Intensitäten der

Reflexe bekannt sein. Durch ein Vollprofil-Fit können die Intensitäten der Reflexe aus

einem Pulverdiagramm extrahiert werden, aber die überlappenden Reflexe müssten

irgendwie aufgeteilt werden. Die einfachste Aufteilungsmethode ist die

Äquipartitionierung, bei der jeder Reflex der Gruppe den gleichen Anteil an Intensität

bekommt. Wenn also n Reflexe in einer Gruppe überlappen, wird jedem der Reflexe 1/n der

Gesamtintensität zugeordnet. Heute werden zum Bestimmen der Intensität vor allem zwei

Ansätze verwendet. Das sind einerseits die Extraktion nach Pawley (Pawley, 1981) und

andererseits diejenige nach LeBail (LeBail, 1988). Während beim LeBail-Algorithmus die

Reflexintensitäten in einem iterativen Prozess angenähert werden, wird beim Pawley-

Algorithmus die Methode der kleinsten Fehlerquadrate benutzt, um der Reflexintensitäten

zu verfeinern. Beide Algorithmen wurden in verschiednen Programmen implementiert. Der

LeBail-Algoritmus wird zum Beispiel in GSAS (von Dreele, 1990), FULLPROF

(Rodriguez-Carvajal 1990), und EXTRAC (Baerlocher, 1990) verwendet und der Pawley-

Algorithmus zum Beispiel in DASH (David und Shankerland, 1998), EXPOL (Prokic,

2004), TOPAS (Bruker AXS, 2007) und TOPAS academic (Coelho, 2006).

Mit zunehmendem Überlappungsgrad werden die eingeführten Fehler aber zu gross, und

die extrahierten Intensitäten genügen nicht mehr für eine erfolgreiche Anwendung der

Direkten Methoden. Deshalb wurden Methoden entwickelt welche die Aufteilung

verbessern. Sivia und David (1994) benutzten Bayesian-Statistik, um die Pawley-Extraktion

durch Vermeidung negativer Intensitäten zu verbessern. Ein Vorteil der Methode ist, dass

Standardabweichungen für die Intensität von jedem Reflex berechnet werden können. Eine

weitere Methode ist, die Information von anderen Reflexen im Datensatz zu verwenden, um

die Amplituden überlappender Reflexe abzuschätzen, wie zum Beispiel mit der Methode

7

„Maximum Entropie“ (Gilmore, 1996) oder über Ansätze der Direkten Methoden (Jansen,

Peschar und Schenk 1992, Cascarno, Favia und Giacovazzo, 1992, Dorset 1997). Bei der

"Fast Iterative Patterson Squaring" (FIPS)-Methode (Estermann und Gramlich, 1993),

werden die überlappenden Reflexe durch einen iterativen Prozess über eine

Pattersonsynthese neu aufgeteilt. Dabei wird die Pattersonkarte quadriert. Die

Fourierkoeffizienten dieser quadrierten Pattersonkarte werden dann benutzt um die

Intensitäten der überlappenden Reflexe neu aufzuteilen. Die nicht überlappenden Reflexe

bleiben unverändert und werden dazu benutzt die Güte der Neuaufteilung zu beurteilen.

2.2.3 Einbezug chemischer Information

Ein anderer Ansatz um das Problem überlappender Reflexe zu lösen, ist die Verwendung

von chemischer Information über die gesuchte Struktur. So können zum Beispiel die

Koordinationspolyeder der Atome bekannt sein (z.B. SiO4-Tetraeder in Zeolithen), aber

ihre Position und Orientierung nicht, oder das Molekül ist bekannt (z.B. in organischen

Verbindungen), aber seine Konformation und die Kenntnis seiner Lage und Orientierung in

der Einheitszelle fehlt. Für solche Fälle ist die Strukturlösung im direkten Raum besonders

geeignet. Aufgrund der chemischen Informationen können im direkten Raum verschiedene,

zufällige Strukturen generiert werden. Von diesen Strukturen kann das Pulverdiagramm

berechnet und mit dem experimentell gemessenen verglichen werden. Durch Anwendung

von Optimierungsmethoden werden die Parameter der Strukturen variiert bis das

gerechnete Pulverdiagramm der Struktur möglichst den experimentellen Daten entspricht.

Es existieren verschiedene Methoden um diese Parameter zu variieren. Dafür wurde eine

Vielzahl von Computerprogrammen entwickelt, die auf Zufallsalgorithmen basieren und

verschiedene Optimierungsmethoden anwenden. Deem und Newsam (1992) entwickelten

ein Programm, welches ein "Simulated Annealing"-Algorithmus anwendet um

Zeolithstrukturen mit Hilfe von Pseudo-Potentialen zu bestimmen. Dies wurde später von

Falconi und Deem (1999) mit einem "Parallel Tempering"-Algorithmus erweitert. Für

Molekularstrukturen verwendeten Kariuki, et al. (1999) genetische Algorithmen (EAGER),

während LeBail (2001) in ESPOIR, Pagola und Stephens (2000) in PSSP, David und

Shankland (2001) in DASH und Andreev et al. (1997,1998) MonteCarlo-Methoden

und/oder "Simulated Annealing"-Algorithmen benutzten. In ENDEAVOUR führt

Putz (1999) Energieminimierung als Zusatzinformation ein. Im Jahr 2002 schrieben Favre-

8

Nicolin und Černý das allgemein verwendbare Programm FOX, welches auf "Simulated

Annealing" mit "Parallel Tempering" basiert. Die immer schnelleren Computer

ermöglichen eine immens grössere Anzahl verschiedener Strukturen in kürzerer Zeit zu

würfeln und immer mehr Parametern zu variieren. Trotzdem können so nicht beliebig

grosse Strukturen gelöst werden, da die benötigte Rechenleistung exponentiell mit der

Anzahl freier Parametern steigt.

Einen anderen Ansatz verfolgt das Programm FOCUS (Grosse-Kunstleve et. al., 1997). Es

wurde speziell für Zeolithe entwickelt. Zu den extrahierten Intensitäten aus dem

Pulverdiagramm wird ein zufälliger Satz von Phasen generiert. Daraus wird eine

Elektronendichtekarte berechnet, deren Maxima als Siliziumatome interpretiert werden. In

den gefundenen Positionen werden Zeolithgerüste gesucht, welche gesetzten

Anforderungen (Bindungslänge, Bindungswinkel, Konnektivität etc.) genügen. Gefundene

Gerüste werden klassifiziert und abgespeichert. Es wird solange ein

Fourierrecyclingverfahren angewendet, bis die Phasen konvergieren. Ist dies der Fall wird

die gleiche Prozedur mit einem neu gewürfelten Phasensatz wieder von vorne gestartet.

Man erhält eine Liste von möglichen Zeolithstrukturen, wobei die korrekte Lösung

normalerweise am häufigsten auftritt.

2.2.4 Das "Structure Envelope"

Eine zusätzliche Möglichkeit, die Suche nach einer Struktur zu erleichtern, besteht darin,

mit einem "Structure Envelope" den Raum für die Struktur einzugrenzen. Um ein

"Structure Envelope" zu berechnen werden wenig (ca. 1-15) Reflexe mit grossen d -Werten

verwendet. Aus deren Strukturfaktoramplitude und den zugehörigen Phasen wird mittels

Fouriertransformation eine Dichteverteilung berechnet. Eine Isofläche um ρ=0 in dieser

Dichteverteilung definiert dann ein "Structure Envelope". Diese trennt die Bereiche hoher

Elektronendichte von jenen geringer Elektronendichte. In einem Strukturlösungsprozess im

direkten Raum muss dann nur noch in Bereichen hoher Elektronendichte nach Atomen

gesucht werden, was die Effizienz wesentlich erhöht, wie Brenner et al. (2002) an einigen

Beispielen zeigten.

9

2.2.5 Experimentelle Methoden um das Peaküberlappungsproblem zu lösen

Es gibt auch Ansätze das Peaküberlappungsproblem experimentell zu lösen. Hat eine Probe

anisotrope Eigenschaften, überlappen die Peaks bei unterschiedlichen Bedingungen

verschieden stark oder sind im besten Fall sogar einzeln aufgelöst. Werden mehrere

Pulverdiagramme unter verschiedenen Bedingungen aufgenommen, können aufgrund der

unterschiedlichen Überlappung in den Pulverdiagrammen Rückschlüsse auf die

Intensitätsverteilung der überlappenden Reflexe gezogen werden.

Eine Möglichkeit ist, die Pulverdiagramme bei unterschiedlicher Temperatur aufzunehmen,

sofern die Probe keine Phasenumwandlung durchmacht und die Elementarzelle anisotrope

Eigenschaften bezüglich der Temperatur aufweist. Dies nützte Zachariasen und Ellinger

(1963) als erste für die Bestimmung der Kristallstruktur von β-Plutonium aus. Weiter

Arbeiten folgten von Shankland, David und Sivia (1997) und Brunelli et al. (2003).

Eine andere Möglichkeit ist die Texturmethode. Die Kristalle in einer Pulverprobe werden

möglichst gut orientiert. Von der Probe werden dann in unterschiedlichen Orientierungen

Pulverdiagramme aufgenommen. Wegen der Vorzugsorientierung tragen je nach

Orientierung der Probe unterschiedlich viele Kristallite zur Intensität der Reflexe bei, was

bei der Extraktion der Reflexintensitäten ausgenutzt wird. Wessels (1999) führte mit solch

vorzugsorientierten Proben erste Messungen in Reflexionsgeometrie durch und konnte

zeigen, dass die Methode gut funktioniert. Baerlocher et al. (2004) erweiterten die Methode

auf die Transmissionsgeometrie. Durch das verwenden eines Flächendetektors konnte die

Messzeit wesentlich verkürzt werden.

2.2.6 Kristallstrukturverfeinerung mittels Rietveldmethode

Wenn ein grobes Modell der Kristallstruktur vorliegt, wird meistens die Rietveldmethode

(Rietveld, 1969) angewendet um aus dem Pulverdiagramm genauere Information über die

Atompositionen zu erhalten. Bei dieser Methode wird das Pulverdiagramm als Ganzes

berücksichtigt und nicht einzelne extrahierte Intensitäten, weshalb das Problem der

Peaküberlapppung umgangen werden kann. Anstatt Intensitäten von einzelnen

beobachteten Reflexen oder Reflexgruppen zu vergleichen wird das ganze berechnete

Pulverdiagramm mit dem gemessenen Pulverdiagramm verglichen. Die Aufteilung der

10

Intensität einer Gruppe von Reflexen wird gar nicht erst versucht. Mit der Rietveldmethode

können Strukturen erstaunlich gut verfeinert werden, sofern ein Startmodell vorhanden ist.

2.3 Elektronenkristallographie

Im Begriff Elektronenkristallographie sind verschiedene Elektronenmikroskopische

Methoden vereint, welche zusätzliche Information wie Reflexintensitäten oder gar Phasen

liefern können. Unter der Annahme kinematischer Bedingungen und damit, dass die

Elektronenbeugungsintensitäten direkt proportional zum Quadtrat der Strukturfaktor-

amplituden sind, löste Cowley (1953a, 1953b, 1953c und 1955) die ersten Strukturen

basierend auf Elektronenbeugungsintensitäten. Dorset und Hauptman (1976) wendeten

dann die direkten Methoden auch für Elektronendaten an. In aktuelleren Arbeiten zeigen

Zou et al. (2003) wie mit Hilfe von Reflexintensitäten aus der Elektronenbeugung (SAED)

und der Phaseninformation aus den Hochauflösungsbildern (HRTEM) eine

dreidimensionale Potentialverteilung rekonstruiert werden kann. Aus dieser

Potentialverteilung konnte die Struktur des Quasikristallapproximanten (ν-ALCrFe-Phase)

bestimmt werden. Damit wurde auch demonstriert welches Potential in den

elektronenkristallographischen Techniken steckt, auch für Strukturen mit grosser

Einheitszelle.

Sowohl mit HRTEM, wie auch mit SAED ist es möglich selbst bei Pulverproben mit sehr

kleinen Kristalliten, Beugungsbilder und Hochauflösungsbilder von einzelnen Kristallen zu

machen. Meistens ist es aber aus experimentellen Gründen (beschränkte Kippwinkel des

Probenhalters, Vorzugsorientierung in der Probe etc.) nicht möglich, einen kompletten

Datensatz zu sammeln, was wiederum hinderlich ist für eine ab initio Strukturbestimmung.

Diese Einkristalldaten könnten aber eine ideale Ergänzung sein für die Pulvermethoden.

Weil Elektronen geladene Teilchen sind, ist die Interaktion von Elektronen mit Materie

wesentlich stärker als diejenige von Röntgenstrahlung. Der Wirkungsquerschnitt für die

elastische Streuung von Elektronen ist wesentlich grösser als für Röntgenstrahlung.

Deshalb genügen viel kleinere Kristalle für Elektronenbeugung verglichen mit

Röntgenbeugung. Ein Einkristall für Röntgenbeugung mit Synchrotronstrahlung zum

Beispiel sollte ca. 10x10x10µm3 gross sein, während für Elektronenbeugung Kristalle nur

ca. 100x100x50nm3 (also rund 2 Millionen Mal kleiner) gross sein müssen. Für kleine

11

Kristallite, wie z.B. Zeolithe, die normalerweise als polykristallines Pulver vorliegen,

ermöglicht Elektronenbeugung deshalb Einkristalldaten von einzelnen Kristalliten des

Pulvers zu messen. Dafür müssen die Kristallite aber genügend transparent sein für

Elektronen, das bedeutet sie sollten dünner als 50nm sein.

Wenn in der Elektronenmikroskopie von Elektronenbeugung gesprochen wird, sind damit

vor allem zwei Techniken gemeint:

(1) SAED (Selected Area Electron Diffraction) und

(2) CBED (Convergent Beam Electron Diffraction)

Bei CBED wird, wie der Name schon sagt, mit einem konvergenten Elektronenstrahl

gearbeitet. Der Strahl wird mit den Kondensorlinsensystem des TEM (Transmissions

Elektronen Mikroskop) auf die Probe fokussiert. Für Zeolithe ist dies aber problematisch,

weil sie im Elektronenstrahl nicht stabil sind. Wird der ganze Elektronenstrahl auf einen

Punkt innerhalb der Probe fokussiert, ergibt das eine grosse Elektronenstromdichte in der

Probe, was dazu führt, dass die Probe innert kürzester Frist zerstört wird. CBED wäre

interessant, weil die Methode genaue Informationen über die Raumgruppe liefern kann,

aber für elektronenstrahlempfindliche Proben wie Zeolithe, ist CBED aufgrund der kurzen

Lebensdauer der Proben schlecht geeignet. Deshalb wird in dieser Arbeit für Elektronen-

beugungsexperimente ausschliesslich SAED verwendet.

2.4 SAED

2.4.1 Einführung

Bei der SAED-Methode (vgl. Abbildung 2-3) wird mit einer Blende sozusagen ein kleiner

Teil eines Kristalliten ausgewählt, um von diesem ein Elektronenbeugungsbild

aufzunehmen. Die Methode wird auch in verschiedenen Textbüchern (z.B. Williams und

Carter, 1996) beschrieben. Um im TEM ein SAED-Bild zu erzeugen wird die Probe mit

einem parallelen, kohärenten Elektronenstrahl beleuchtet. Weil in der Probenebene keine

Blende plaziert werden kann, wird ein Zwischenbild von der Probe erzeugt. In diesem

Zwischenbild wird mit der SAED-Blende das Gebiet ausgewählt, von welchem ein SAED-

Bild erzeugt wird. Mit der Zwischenlinse wird ein Beugungsbild vom ausgewählten

Bereich erzeugt und dieses mit der Projektionslinse auf den Bildschirm vergrössert.

12

Abbildung 2-3: Schematische Abbildung eines Elektronenmikroskops. links: Strahlengang für das Abbilden der Probe, rechts: Strahlengang für Elektronenbeugung. Die Pfeile symbolisieren die Probe und deren Abbildung. Als Symbol für das Beugungsbild sind Punktreihen eingezeichnet.

13

2.4.2 Kalibrierung

Beugungsbilder liefern Informationen über die Abmessung und die Form der Einheitszelle,

sowie die Symmetrieelemente in der Einheitszelle. Die Abmessung der Einheitszelle kann

durch die Abstände zwischen den Reflexen bestimmt werden.

Um die Abstände zwischen den Reflexen möglichst präzise bestimmen zu können, wird der

Abbildungsmassstab kalibriert. Dafür wird zum Beispiel ein Goldpulver verwendet, dessen

Gitterparameter bekannt sind. Diese Kalibrierung muss für jede Kameralänge (virtueller

Abstand zwischen Probe und Beugungsbild) separat durchgeführt werden.

Das Beugungsbild wird im Abstand L (Kameralänge) zur Probe aufgenommen. Durch die

Projektionslinse, wird es auch, um den Faktor M vergrössert. Die geometrischen

Verhältnisse zwischen reziprokem Raum und dem Beugungsbild sind in Abbildung 2-4

ersichtlich und können durch die folgende Gleichung beschrieben werden, wenn λ die

Wellenlänge der Elektronen und d der Abstand der Netzebenen im Kristall ist:

LMRd

⋅= :1:1λ

2-3

Was auch geschrieben werden kann als:

LMRd ⋅⋅=⋅ λ 2-4

Für Beugungsbilder die unter gleichen Bedingungen aufgenommen wurden, ist LM ⋅⋅λ

eine Konstante für alle Reflexe im Beugungsbild. Mit einem Material dessen d -Werte

bekannt sind, kann deshalb die MLλ -Konstante bestimmt werden. Die Konstante kann

dann verwendet werden um über die umgeformten Beziehung 2-4

RLMd ⋅⋅

2-5

die d-Werte von unbekannten Materialien zu berechnen.

14

2.4.3 Einheitszelle bestimmen aus Kippserien

SAED-Bilder liefern einen zweidimensionalen Schnitt durch den reziproken Raum.

Einsehbar ist jeweils nur die nullte Lauezone. Höhere Lauezonen können im Normalfall

nicht beobachtet werden. Um die Einheitszelle bestimmen zu können, benötigt man

Informationen aus allen drei Dimensionen des reziproken Raumes. Ein Beugungsbild

genügt deshalb nicht. Es müssen daher mehrere SAED-Bilder entlang unterschiedlicher

Richtungen aufgenommen werden, um einen dreidimensionalen Datensatz zu erhalten. Mit

einem Doppelkipphalter (Abbildung 2-5) ist es möglich, die Probe im TEM um zwei in der

Probenebene liegende, senkrecht zueinander stehende Achsen zu kippen. Damit kann ein

Kristallit um eine beliebige, in der Probenebene liegende Achse gekippt werden, sodass

Beugungsbilder verschiedener Orientierungen von der gleichen Stelle eines Kristalliten

Abbildung 2-4: Kalibrierung an einem Gold Pulverdiagramm. M ist die Vergrösserung, L die Kameralänge, R der Radius des Ringes mit d-Wert d.

15

aufgenommen werden können. Wenn die Kippwinkel α zwischen den Orientierungen

bekannt sind, kann der dreidimensionale reziproke Raum wie in Abbildung 2-6

rekonstruiert werden. Das wurde zum Beispiel von Zou et. al. (1993) für den Quasikristall

Approximanten ν-AlFeCr gezeigt.

Abbildung 2-5: Doppelkipphalter mit den zwei Kipprichtungen α und β.

Der Doppelkipphalter hat aus konstruktiven Gründen einen begrenzten Kippwinkel.

Deshalb kann nicht jede Orientierung des Kristalls beobachtet werden und daher auch nicht

der gesamte reziproke Raum aus Beugungsdaten von einem einzigen Kristallit rekonstruiert

werden. Haben die Kristalle in der Probe eine Vorzugsorientierung, können ebenfalls

einzelne Richtungen nicht beobachtet werden. Das ist zum Beispiel bei nadeligen

Kristalliten der Fall, da die Nadeln meistens flach liegen und nicht auf der Spitze stehen.

Um entlang der Nadel schauen zu können müsste die Nadel durch kippen der Probe

aufgestellt werden. Das ist aufgrund des eingeschränkten Kippwinkels normalerweise nicht

möglich. Zudem sind die Nadeln meistens viel zu lang (länger als 50nm), um entlang der

Längsrichtung noch elektronentransparent zu sein. Aber auch von einem unvollständigen

Datensatz kann meistens eine Elementarzelle ausfindig gemacht werden. Für die

Rekonstruktion des reziproken Raumes und dessen Visualisierung kann die Software

TRICE (Zou et. al., 2004) benutzt werden. Das Programm schlägt auch Einheitszellen für

die rekonstruierten Daten vor.

16

2.4.4 M

Mehrfac

Röntgen

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Röntgen

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16

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17

Für eine ab initio Strukturbestimmung werden aber Reflexintensitäten benötigt die unter

kinematischen Bedingungen aufgenommen wurden. Aus dynamischen

Elektronenbeugungsdaten können Kristallstrukturen nur bestimmt werden, wenn bereits ein

grobes Strukturmodell vorliegt. Ist ein solches vorhanden wäre eine Möglichkeit dieses so

zu verfeinern, dass die simulierten Daten möglichst die experimentellen widerspiegeln.

Zusätzlich zu den üblichen Parametern (Atompositionen, Skalenfaktor und Debye-Waller

Faktor usw.) einer klassischen Strukturverfeinerung müssen für den dynamischen Fall auch

die Kristalldicke und Absorptionsparameter verfeinert (Jansen et al., 1998) werden.

Eine andere Möglichkeit besteht darin, Bedingungen zu finden, unter welchen dynamische

Effekte und die Mehrfachstreuung vernachlässigbar klein sind, das heisst wo die

Beugungsbilder also quasikinematisch sind. Folgende Faktoren sind dabei in Betracht zu

ziehen:

Kristalldicke: Je dünner der Kristall ist, desto kleiner ist die Wahrscheinlichkeit für

Mehrfachbeugung. An einem Zeolithen zeigten Pan und Crozier (1993), mit 200Å dicken

ZSM-5 Kristalliten, dass bei 400kV Beschleunigungsspannung gemessene und simulierte

Elektronenbeugungsdaten gut übereinstimmen.

Beschleunigungsspannung: Je höher die Beschleunigungsspannung, desto kürzer ist die

Wellenlänge und desto weniger Mehrfachstreuung findet statt. Der Anteil an

Mehrfachbeugung wird zwar geringer bei hohen Beschleunigungsspannungen (z.B.

1000kV), verschwindet aber nicht gänzlich wie Honjo und Kitamura (1957) und Dorset

(1976) zeigten.

Kristallorientierung: Leichtes Wegkippen des Kristalls von der gesuchten Orientierung

kann verhindern, dass die Atome säulenartig, exakt übereinander liegen. Mehrfachbeugung

kann dadurch teilweise vermieden werden (Fultz und Howe, 2001).

Präzession des Elektronenstrahls: Auch durch Präzession des Elektronenstrahls (Vincent

und Midgley, 1994) kann Mehrfachbeugung reduziert werden, weil über verschiedene

Einstrahlrichtungen gemittelt wird. An einem Schwermetalloxid zeigten

Weirich et al. (2006), dass mit der Präzessionsmethode gemessene Reflexintensitäten

erfolgreich für die ab initio Strukturbestimmung eingesetzt werden können.

18

2.4.5 Raumgruppenbestimmung aus SAED

Durch Kippserien kann, wie in Abschnitt 2.4.3 beschrieben, der reziproke Raum

rekonstruiert werden. Aufgrund der ausgelöschten Reflexe kann auf die Raumgruppe

geschlossen werden. Mehrfachbeugung kann dabei aber Schwierigkeiten verursachen.

Durch Mehrfachbeugung können Reflexe, die eigentlich ausgelöscht sind, trotzdem

Intensität bekommen und im Elektronenbeugungsbild beobachtet werden. Werden im

SAED-Bild aber Auslöschungen gefunden, können damit Auslöschungsregeln definiert

werden. Es muss aber immer in Betracht gezogen werden, dass ausgelöschte Reflexe

aufgrund von Mehrfachbeugung oder dynamischen Effekten trotzdem vorhanden sein

können. Wie bei Röntgenbeugungsexperimenten kann aufgrund dieser Auslöschungsregeln

auf die Raumgruppe geschlossen werden.

2.5 Hochauflösungs-Transmissionselektronenmikroskopie

2.5.1 Einleitung

In Beugungsexperimenten geht die Phase des Strukturfaktors verloren. Diese Phasen

werden aber benötigt um die Elektronendichte bestimmen zu können. Ganz anders sieht das

bei der Hochauflösungs-Transmissionselektronenmikroskopie (HRTEM) aus. Im HRTEM-

Bild werden sowohl die Phasen, wie auch die Intensitäten von Reflexen übertragen und

können aus dem fouriertransformierten Bild unter bestimmten Voraussetzungen extrahiert

werden. Das Hochauflösungsbild stellt eine Projektion des Kristalls, respektive der

Kristallstruktur dar. Verschiedene Parameter beeinträchtigen aber das Hochauflösungsbild,

so dass es nicht direkt interpretierbar ist. Klug (1978) zeigte an einer Serie unterschiedlich

fokussierter Hochauflösungsbilder an einem anorganischen Kristall, dass aus jedem der

Bilder ein Abbild der korrekten Projektion des Kristalls berechnet werden kann, wenn die

Bilder mit der Kontrast-Transfer-Funktion korrigiert werden. Genau genommen ist das nur

für dünne Proben möglich. Voraussetzung ist, dass die Probe als schwaches Phasen-Objekt

(Anhang A) betrachtet werden kann.

19

2.5.2 Die Abbildung in der Hochauflösungs-Transmissionselektronenmikroskopie

Jeder Punkt von der Probe sollte im Idealfall im Hochauflösungsbild als Punkt abgebildet

werden. Aufgrund von Abbildungsfehlern der magnetischen Linsen und wegen mangelnder

Kohärenz des Elektronenstrahls ist die Abbildungsleistung aber beeinträchtigt. Ein Punkt in

der Probe wird deshalb nicht als Punkt abgebildet sondern als Kreisfläche, wobei die

Flächen im Bild überlappen. Wenn )(rf die Probe beschreibt so kann die Abbildung im

direkten Raum ( )(rg ) mit folgender Faltungsfunktion beschrieben werden:

)'()()( rrhrfrg −⊗= 2-6

Wobei )'( rrh − beschreibt, welcher Punkt wie stark zum Bild beiträgt. Wenn )(uG , )(uF

und )(uH die Fouriertransformierten von )(rg , )(rf und )(rh sind, wird mit:

)()()( uFuHuG ⋅= 2-7

die Abbildung im reziproken Raum beschrieben. Die Funktion )(uH wird durch Parameter

des Mikroskops bestimmt und kann in drei verschiedene Anteile ( )(),( uBuA und )(uE )

unterteilt werden. Die Bedeutung der drei Anteile wird in diesem Abschnitt kurz erklärt.

Mit der Objektivblende im Mikroskop werden in der rückwärtigen Brennebene die

gebeugten Elektronenstrahlen ausgewählt, welche zum Bild beitragen sollen. Die Wirkung

dieser Blende wird mit der Blendenfunktion )(uA beschrieben. Magnetische Linsen sind bei

weitem nicht perfekt, sie weisen Abbildungsfehler auf. Zum Beispiel wird der

Elektronenstrahl im Zentrum und in den Randbereichen der Linse nicht gleich stark

abgelenkt, was zur so genannten sphärischen Abberation führt. Auch Elektronen

unterschiedlicher Wellenlänge erfahren nicht die gleiche Ablenkung in der magnetischen

Linse, was als chromatische Abberation bezeichnet wird. Diese sphärische und die

chromatische Abberation werden durch die Abberationsfunktion )(uB ausgedrückt.

Weitere Effekte beeinflussen die Auflösung in Hochauflösungsbildern, wie zum Beispiel

die Kohärenz der Elektronenquelle. Diese Effekte werden in der umhüllenden

Dämpfungsfunktion )(uE zusammengefasst. Die Funktion )(uH kann unter

Berücksichtigung dieser Effekte wie folgt geschrieben werden:

20

)()()()( uEuBuAuH ⋅⋅= 2-8

Die drei Funktionen (Blendenfunktion, Aberrationsfunktion und umhüllende

Dämpfungsfunktion) werden im Folgenden kurz beschrieben. Die Blendenfunktion soll 0

sein dort wo die Strahlen durch die Blende ausgeblendet werden und 1, dort wo die

Strahlen durch das Loch der Blende durchtreten können:

=derBlendeausserhalbu wenn 0

Blendeder innerhalbu wenn 1)(uA 2-9

Die Abberationsfunktion )(uB wird (z.B. Williams und Carter, 1996) wie folgt beschrieben:

( ))(e)( uixpuB χ= 2-10

432

21)( uCuu sλππελχ += 2-11

)(uB ist demzufolge abhängig vom Defokus ε dem reziproken Gittervektor u , wie auch

von der Wellenlänge λ der Elektronen (d.h. von deren Beschleunigungsspannung), und der

sphärischen Abberationskonstante sC des Elektronenmikroskopes.

Inkohärenz der Elektronen führt zu geringerer Auflösung im Hochauflösungsbild. Es sind

vor allem die chromatische Abberation und die Konvergenz des Elektronenstrahls, welche

die Kohärenz des Elektronenstrahls beeinflussen und somit die Auflösung des

Elektronenmikroskops begrenzen. Die umhüllende Dämpfungsfunktion wird

dementsprechend in zwei Teile aufgeteilt:

( ) ( ) ( )uEuEuE α⋅= ∆ 2-12

wobei die Funktion ( )uE ∆ den Anteil der chromatischen Abberation beschreibt und ( )uEα

den Anteil der Konvergenz. Der Elektronenstrahl ist um so kohärenter, je kleiner die

Streubreite der Energie der emittierten Elektronen ist und je stabiler die Linsenströme sind.

Schwankungen des Linsenstromes führen dazu, dass sich die Brennebene der Linse

verschiebt. Elektronen mit unterschiedlicher Energie werden verschieden von den Linsen

im TEM abgelenkt. Für Elektronen mit höherer kinetischer Energie wird die Brennebene

21

näher bei der Linse liegen als für solche mit geringerer kinetischer Energie. Der Effekt

chromatischer Abberation kann deshalb durch Variation des Fokus der Objektivlinse

modelliert werden. Wenn ε der Defokus der Linse ist und die Fokuseinstellung im Bereich

∆−ε und ∆+ε variiert, ist

( )

∆−=∆

4222

21exp uuE λπ 2-13

Die Konvergenz des Elektronenstrahls kann durch den halben Konvergenzwinkel α des

Elektronenstrahls beschrieben werden.

Für die Dämpfungsfunktion aufgrund der Strahlkonvergenz ergibt sich folgende Beziehung:

( ) ( )( )222222exp uCuuE sλεαπα +−= 2-14

Um die Funktion )(uH beschreiben zu können müssen deshalb zusätzlich zu den

Parametern aus Gleichung 2-11, noch der halbe Konvergenzwinkel α und die

Defokusstreubreite ∆, bekannt sein.

2.5.3 Die Schwaches-Phasenobjekt-Approximation

Die Schwaches-Phasenobjekt-Approximation wird in verschiedenen Textbüchern

(Williams und Carter (1996), Spence (2003), Alexander (1997)) ausführlich beschrieben,

eine Zusammenfassung davon befindet sich im Anhang A. Damit die Schwaches-

Phasenobjekt-Approximation angewendet werden kann, muss einerseits ein Phasenobjekt

vorliegen und dessen projiziertes Potential muss klein sein, so dass das Potential der Probe

durch dessen Projektion ersetzt werden kann. Ein Phasenobjekt liegt vor, wenn keine

Absorption stattfindet, das heisst die Elektronenwelle läuft durch das Objekt, erfährt eine

Phasenverschiebung, aber die Amplitude bleibt unverändert. Beide Voraussetzungen für die

Schwaches-Phasenobjekt-Approximation können nur erfüllt werden, wenn die Probe sehr

dünn ist.

Wenn die Schwaches-Phasenobjekt-Approximation angewendet werden kann, besteht ein

linearer Zusammenhang zwischen dem projizierten Potential der Probe und der Amplitude

der Austrittswelle.

22

2.5.4 Die Kontrasttransferfunktion (CTF)

Wenn die Schwaches-Phasenobjekt-Approximation gilt, beschreibt die Funktion )(uH den

Zusammenhang, zwischen dem Bildkontrast und dem projizierten Potential der Probe.

Deshalb wird die Funktion )(uH in diesem Fall Kontrasttransferfunktion (CTF) )(uT

genannt und wird dann beschrieben durch:

( ) ( ) )(sin2)( uuEuAuT χ= 2-15

Die CTF beschreibt welche Frequenzen, ausgedrückt durch den reziproken Gittervektor u ,

auf welche Art ins Hochauflösungsbild übertragen werden. Die CTF ist abhängig von

optischen Parametern des Mikroskops (Abbildung 2-7 und Abbildung 2-8). Die

Informationsübertragung ist unterschiedlich für jede übertragene Frequenz je nach

Einstellung des Mikroskops (Beschleunigungsspannung, Defokus etc.). Ein Hoch-

auflösungsbild ist deshalb nicht direkt interpretierbar, sondern muss zuerst mit der CTF

korrigiert werden. Dies ist auch ersichtlich wenn die Bedeutung der CTF genauer betrachtet

wird. Ändert das Vorzeichen der CTF bedeutet das eine Umkehr des Kontrastes. Ist die

CTF gar 0 wird dieser Frequenzbereich gar nicht ins Hochauflösungsbild übertragen.

Aus dem Hochauflösungsbild kann aber das projizierte Potential der Probe dann

rekonstruiert werden, wenn die Schwaches-Phasenobjekt-Approximation erfüllt und die

CTF bekannt ist (Zou, 1995).

2.5.5 Der Scherzer-Defokus

Die CTF ist abhängig vom Defokus (Gleichung 2-13). Deshalb hängt auch der Kontrast im

HRTEM-Bild vom Defokus ab. Man kann sich nun fragen ob es einen optimalen

Defokuswert gibt, bei welchem der Kontrast im HRTEM-Bild besonders gut und das

HRTEM-Bild einfach interpretierbar ist. Dazu wird am besten von der CTF ausgegangen.

Damit ein Bild direkt interpretierbar wird, müsste die CTF am besten alle Frequenzen

gleich übertragen. Das ist der Fall wenn die CTF eine Konstante ist. Das ist aber mit keiner

Defokuseinstellung möglich. Es gibt aber eine Situation, bei welcher die CTF im Bereich

niedriger Frequenzen keine Nulldurchgänge hat und relativ konstant verläuft bis zum ersten

Nulldurchgang (Abbildung 2-9).

23

Diese Situation wird Scherzerfokus genannt und man findet ihn bei folgender

Fokuseinstellung:

λε sScherzer C2.1−= 2-16

Wird ein Hochauflösungsbild im Scherzerdefokus aufgenommen, kann es direkt

interpretiert werden. Ein weiterer Vorteil des Scherzerdefokus ist, dass die Doppelbeugung

von Elektronen nicht signifikant zum Hochauflösungsbild beiträgt (Zou, 1995).

Abbildung 2-7: Kontrasttransferfunktion T(u) mit der Umhüllenden E(u) und der Phasenverschiebungsfunktion χ(u), für Defokus ε = -100nm, U= 300kV, Cs=1.0mm, ∆=20nm, α=0.0045°.

u [Å-1]

E(u)

T(u)

χ(u)

24

Abbildung 2-9: Kontrasttransferfunktion T(u) für Scherzer-Defokus ( Scherzerε =53.26nm), für U= 300kV, Cs=1.0mm, ∆=20nm, α=0.0045°. Die Kontrasttranseferfunktion verläuft bis 4.2 Å-1 relativ konstant, ohne Nulldurchgang. Das HRTEM- Bild ist in diesem Fall direkt interpretierbar, weil alle Frequenzen gleich übertragen werden.

Abbildung 2-8: Kontrasttransferfunktion T(u) mit der Umhüllenden E(u) und der Phasenverschiebungsfunktion χ(u), für Defokus ε = -30nm, U= 300kV, Cs=1.0mm, ∆=20nm, α=0.0045°.

u [Å-1]

u [Å-1]

E(u)

T(u)

χ(u)

E(u)

T(u)

χ(u)

25

2.5.6 Der Astigmatismus

Wird der Elektronenstrahl im TEM von den elektromagnetischen Linsen nicht in allen

Richtungen gleich behandelt, so wird der Strahl verzerrt, es entsteht Astigmatismus. Das

Hochauflösungsbild wird dann ebenfalls verzerrt abgebildet. Am besten wird der

Astigmatismus am TEM selbst korrigiert. Es ist jedoch möglich den Astigmatismus auch

nachträglich zu korrigieren. Das Fouriertransformierte HRTEM-Bild (reziproker Raum) ist,

wie das HRTEM-Bild selbst, auch beeinträchtigt von der CTF. Weil bei den

Nulldurchgängen der CTF keine Information übertragen wird, erscheinen diese schwarz. Ist

das HRTEM-Bild frei von Astigmatismus ist auch die CTF in alle Richtungen gleich. Ist

hingegen Astigmatismus vorhanden, ist die CTF richtungsabhängig. Das bedeutet, dass im

astigmatismusfreien, fouriertransformierten Bild, die Nulldurchgänge der CTF als

konzentrische schwarze Kreise sichtbar werden. Ist Astigmatismus vorhanden sind die

Nulldurchgänge aber als Ellipsen oder Hyperbeln sichtbar (siehe Abbildung 2-10). Wird die

CTF in diesem Fall in Abhängigkeit der Richtung bestimmt und das HRTEM-Bild mit

dieser CTF korrigiert, dann ist auch der Astigmatismus im Bild korrigiert.

Abbildung 2-10: Fouriertransformation eines Bildes von amorphem Kohlestoff. Leichter Astigmatismus ist erkennbar an den elliptischen schwarzen Ringen (Defokus ε =-57.3nm).

26

2.5.7 Bestimmung des Defokus

Die Nulldurchgänge der CTF sind im fourier-transformierten Bild vom amorphen

Bereichen einer Probe besonders gut sichtbar. Die amorphen Bereiche werden als diffuser

Untergrund abgebildet, während bei den Nulldurchgängen der CTF natürlich auch hier

keine Information übertragen wird. Dies führt wiederum zu schwarzen Kreisen, Ellipsen

oder in speziellen Fällen auch zu Hyperbeln welche im weissen Untergrund sichtbar

werden. Aus den Nullpunkten der CTF kann der Defokus bestimmt werden (Krivanek,

1976). Ein Nulldurchgang der CTF liegt vor, wenn:

( ) ( ) 0)(sin2)( == uuEuAuT χ 2-17

was der Fall ist wenn:

221)( 432 πλππελχ ⋅=+= nuCuu s 2-18

wobei n=0, ±1, ±2, ist für den nullten, ersten und zweiten Nulldurchgang. Für jeden

sichtbaren Ring im Fourier-transformierten Bild kann u bestimmt werden. Sind λ und sC

bekannt, kann aus Gleichung 2-16 der Defokus ε berechnet werden:

222 uC

un

sλλε −= 2-19

Ist sC nicht bekannt, müssen zwei Nulldurchgänge sichtbar sein im Fourier-transformierten

Bild, damit mit Gleichung 2-16 sowohl ε , wie auch sC berechnet werden können.

2.5.8 Anwendung von Symmetrie

Das HRTEM-Bild kann weiter verbessert werden, wenn zusätzliche Information

eingebracht wird. Oft ist die Symmetrie einer Kristallstruktur bereits bekannt, auch wenn

die Struktur selbst noch nicht gelöst wurde. Ist dies nicht der Fall beschreibt Zou (1995) ein

Verfahren, wie Ursprung und Symmetrie bestimmt werden können. Dazu wird verglichen

wie gut die im HRTEM-Bild gefundenen Phasen der Strukturfaktoren die Vorgaben der

verschiedenen planaren Symmetrien erfüllen. Die Symmetrie bei welcher die Phasen am

27

wenigsten Abweichungen zur Vorgabe durch die Symmetrie aufweisen, wird dann als die

wahrscheinlichste Symmetrie betrachtet.

Ist die planare Symmetrie der Projektion bekannt, kann im Fourier-transformierten Bild

über die Amplituden symmetrieäquivalenter Strukturfaktoren gemittelt und durch

Rücktransformation ein HRTEM-Bild mit angewandter Symmetrie berechnet werden.

Fehler wie zum Beispiel kleine Fehlorientierungen des Kristalls können durch Anwendung

der Symmetrie teilweise korrigiert werden. Das rücktransformierte Bild entspricht dann

besser dem projizierten Potential.

28

29

3 Probenpräparation

3.1 Ziele der Präparation

Für ein Experiment im Elektronenmikroskop muss eine geeignete Probe vorbereitet (z.B.

zerkleinert) und auf den Probenträger transferiert werden. Als Probenträger wird ein

Kupfergitterchen mit 3mm Durchmesser verwendet, welches mit einer löchrigen

Kohlestoffolie überzogen wurde.

3.1.1 Probendicke

Wie anfangs erwähnt, ist es für HRTEM wie auch für SAED wichtig, dass die Kristallite

möglichst dünn sind. Nur mit dünnen Kristalliten können kinematische Bedingung in der

Elektronenbeugung überhaupt erreicht werden. Für HRTEM-Bilder sollte die Schwaches-

Phasenobjekt Näherung (Anhang A) erfüllt sein, um aus HRTEM-Bildern Amplituden und

Phasen der Strukturfaktoren berechnen zu können. Die Proben müssen

elektronentransparent sein, was normalerweise bedeutet, dass diese dünner als 100nm sind

und am besten so dünn wie möglich.

3.1.2 Vorzugsorientierung

Neben der Dicke der Probe spielt auch ihre Vorzugsorientierung eine wichtige Rolle. Um

den reziproken Raum aus SAED-Bildern so vollständig wie möglich rekonstruieren zu

können, ist es wichtig, dass in der Probe viele Orientierungen beobachtet werden können.

Aus den HRTEM-Bildern können Amplituden und Phasen der Strukturfaktoren berechnet

werden, so dass auch hier ein kompletter Phasensatz und damit Aufnahmen von möglichst

vielen Orientierungen erwünscht sind.

Oft liegt es in der Morphologie der Probe begründet, dass nur vorzugsorientierte Proben

präpariert werden können. Nadelige Kristalle werden zum Beispiel horizontal auf dem

Probenträger liegen und sich nicht senkrecht darauf stellen. Um die Blickrichtung entlang

der Nadeln einsehen zu können, müssen darum Querschnitte der Nadeln präpariert werden.

Für die Querschnittpräparation ist dann natürlich eine gute Vorzugsorientierung erwünscht,

damit im präparierten Querschnitt die gesuchte Orientierung (z.B. die Blickrichtung entlang

eines nadelförmigen Kristalls) oft angetroffen wird.

30

3.1.3 Verteilung des Probenmaterials

Ideal für SAED und HRTEM ist es, wenn die Kristalle einzeln auf dem Probenträger

liegen. Zeolithkristalle, die gern agglomerieren, werden daher bei der Präparation

dispergiert, um eine möglichst gute Separation der Kristalle zu erhalten. Beim Kippen der

Probe kann damit ein Überlappen der Nachbarkristalle vermieden werden. Um dünne, gut

dispergierte Kristalle mit möglichst vielen Orientierungen zu erhalten, können verschiedene

Methoden angewendet werden. Die benutzten Methoden werden im Folgenden vorgestellt.

3.2 Präparationsmethoden

3.2.1 Transferieren aus einer Suspension

Die Zeolithe liegen normalerweise als Pulverproben vor. Die Kristallite sind zwar klein,

aber meistens nicht klein genug, respektive nicht dünn genug, damit sie für SAED und

HRTEM direkt verwendet werden können. Um kleine, dünne Bruchstücke zu produzieren,

wurden die Proben deshalb zuerst in einem Achatmörser zermahlen. Für hartnäckige

Proben, deren Kristalle trotz ausgiebiger Mahlprozedur im Achatmörser nicht in

Bruchstücke zerfielen, wurden zwei spezielle Methoden verwendet.

Einerseits wurde mit dem Stössel auf die Proben eingehämmert (vgl. Abbildung 3-1-b)

anstatt gemahlen. Durch das Hämmern werden mehr und kleinere Splitter gebildet, als beim

Mahlen. Andererseits wurde ein besonders kleiner Mörser (Abbildung 3-1-c) mit sehr

glatter Oberfläche verwendet. Besonders Kristalle mit Durchmessern kleiner als 10µm,

liessen sich meistens nur in diesem kleinen Mörser in Bruchstücke weiter zersplittern.

Die Kristalle wurden trocken gemahlen oder "gehämmert" anschliessend mit Ethanol im

Mörser aufgeschlämmt. Diese Suspension wurde mit einer Pipette in ein Reagenzglas

transferiert und während 20-40 Sekunden im Ultraschallbad behandelt, um die Kristalle

möglichst gut zu dispergieren. Längere Ultraschallbehandlungen bewährten sich nicht, weil

die Kristalle nicht besser dispergierten und die Kristallstruktur der Proben bei langer

Ultraschallbehandlung (mehrere Minuten) zum Teil zerstört wurde.

31

Nach der Ultraschallbehandlung wurde das Reagenzglas mit der Suspension in einen Halter

gestellt, um die Suspension während 2-3 Minuten sedimentieren zu lassen. Anschliessend

wurde mit einer Pasteurpipette aus der oberen Hälfte der Suspension ein bis vier Tropfen

der Suspension auf ein TEM-Probenträger (Kohlestoffnetz mit Löchern) transferiert.

Danach wurde die Probe an der Luft getrocknet.

Bei dieser Präparation agglomerierten die Zeolithkristalle. Auch die Zugabe von

Detergenzien konnte die Bildung der Agglomerate nicht verhindern, sodass oft nur nach

langem Suchen und nur vereinzelt alleinstehende Kristallite in diesen Präparaten gefunden

werden konnten. Wenn trotz intensiven Suchens kein einzelner Kristallit gefunden werden

konnte, wurde versucht aus dem Agglomerat herausragende Kristallteile für die

Experimente zu benutzen. Das Einkippen dieser Kristalle ist aber schwierig, weil sie von

störenden Kristallen umgeben sind und die herausragenden Teile normalerweise klein

waren. Es ist deshalb grosse Erfahrung nötig, um trotzdem gute Resultate erzielen zu

können.

Die beschriebene Präparationsmethode ist einfach schnell und auch kostengünstig.

Nachteile treten vor allem bezüglich Vorzugsorientierung von nadel- und

Abbildung 3-1 Zerkleinern der Proben a) mahlen in einem Achatmörser b) hämmern in einem Achatmörser, führt zu kleineren Splittern c) mahlen im kleinen Achatmörser, ermöglicht auch von Körnern mit kleinem Durchmesser Bruchstücke zu erhalten.

32

plättchenförmigen Kristallen auf da diese wie erwähnt auf dem Kohlestoffnetz liegen und

nicht auf ihrer Spitze respektive ihrer Kante stehen.

Jedoch, auch ein unvollständiger Datensatz hilft weiter, insbesondere wenn die

Strukturfaktorphaseninformation aus dem Hochauflösungsbild genutzt werden soll. Jede

zusätzliche Phaseninformation verbessert die Erfolgschancen bei der Strukturlösung

(Kapitel 5.3). Damit die Intensitäten überlappender Reflexe im Pulverdiagramm neu

aufgeteilt werden können, ist aber ein vollständiger Datensatz von Vorteil.

Um einen möglichst vollständigen Datensatz zu erhalten, wurden deshalb von den

Zeolithkristallen zusätzlich mit zwei verschiedenen Methoden Querschnittpräparate

hergestellt.

3.2.2 Querschnittpräparationen mit Ionenätzung

Die Querschnittpräparation wurde gemacht, wie sie von Müller und Krumeich (2000)

beschrieben wurde. Das Probenmaterial wurde mit wenig G1 Epoxy Harz (Gatan)

vermischt und zwischen zwei Si-Wafer eingebettet.

Die Si-Wafer wurden gegeneinander verschoben, so dass sich die nadeligen Kristallite

parallel zu Oberfläche der Si-Wafer und parallel zur Verschiebungsrichtung der Si-Wafer

ausrichten (Abbildung 3-2B). Eine andere Möglichkeit ist, die Si-Wafer einfach

zusammenzupressen (Abbildung 3-2C), wobei sich die Kristalle radial ausrichten. Dieses

"Sandwich" (Si- Wafer - Epoxyharz mit Probe – Si-Wafer) wurde mit dem G1 Epoxy Harz

Abbildung 3-2: Präparation von Vorzugsorientierten Proben mit Sandwich-Technik. Durch verschieben (mitte) oder gegeneinander drücken zweier Platen soll sich die Probe ausrichten.

33

in ein Kupferröhrchen eingebettet (Abbildung 3-3). Dieses Röhrchen soll der Probe im

anschliessenden Schleifprozess mehr Stabilität verleihen.

Aus dem entstandenen Kupferrohrzylinder wurden mit einer Diamantdrahtsäge Scheibchen

von 250µm Dicke abgeschnitten. Diese Scheibchen wurden auf einer Schleifscheibe bis auf

100 µm hinunter geschliffen. In der Mitte dieser 100µm-dicken Scheibe wurde

anschliessend mit einem Schleifrächen ein kleines Grübchen geschliffen, so dass die Probe

an der dünnsten Stelle gerade noch 20 µm dick war. Diese Stelle wurde beidseitig mit Ar-

Ionen gedünnt bis ein kleines Loch in der Probenmitte entstand. Für diese Ionenätzung

wurde ein PIPS (precision ion milling system) von Gatan verwendet. Der Winkel zwischen

Probenoberfläche und Ar-Ionen Strahl wurde auf 2° eingestellt. Durch den kleinen Winkel

verringert sich die Eindringtiefe der Argonionen. Das ist für die strahlempfindlichen

Zeolithe wichtig, damit diese bei dieser Prozedur möglichst nicht zerstört werden. Weil

durch das flache einfallen des Ar-Strahls weniger Material abgetragen wird, verlängert sich

aber die Ätzzeit. So wurden Ätzzeiten zwischen 24 und 72 Stunden benötigt bis zum

Durchbruch des Argon-Strahls.

Eine solche Querschnittpräparation mit Ionenätzung wurde mit dem Zeolithen IM-5,

durchgeführt. In aus Suspension transferierten Proben von IM-5 konnten nur Aufnahmen

entlang der Zonenachse [1 0 0] und von einigen schiefen Richtungen gemacht werden. Ziel

war es den Elektronenbeugungsdatensatz mit Informationen aus mindestens einer der

Zonen [ 0 1 0 ] und [ 0 0 1 ], zu ergänzen.

Abbildung 3-3: Probenvorbereitung für die Ionenätzung. Das Sandwich (vgl. Abbildung 3-2) wird in ein Kupferröhrchen eingebettet. Ein Scheibe von dem Kupferrohr mit Sandwich wird abgesägt. In diese Scheibe wird eine Grübchen geschliffen. Mit dem Ar-Ionenstrahl wird im Grübchen geätzt bis zum Durchbruch.

34

Bei der Präparation von IM-5 tauchten verschiedene Probleme auf. Die IM-5 Kristalle

agglomerieren stark. Wird viel Probenmaterial eingebettet liegt dieses nur in Form von

Agglomeraten vor. Damit einzeln liegende Kristalle überhaupt vorlagen, musste die

Probenmenge reduziert werden, was wiederum dazu führte, dass nur wenige Kristalle im

elektronentransparenten Bereich der Probe zu finden waren.

Abbildung 3-4 IM-5 -Kristalle querschnittpräpariert mit Ionenätzung (A) Einzelner IM-5 Kristall mit (B) zugehörigem Elektronenbeugungsbild. Die relativ schwachen Reflexe und auf dem starken, diffusen Untergrund lassen vermuten, dass der Kristall bereits durch den Argonstrahl teilweise amorphisiert wurde. (C) Agglomerat von IM-5 Kristallen. Die Dicke der Probe nimmt im Bild von rechts nach links schnell zu, erkennbar an der kontinuierlichen, deutlichen Abnahme der Helligkeit. (D) Die Dicke der Probe nimmt von unten nach oben massiv zu. Die Kristalle liegen zwar einzeln, aber im dicken Bereich der Probe.

35

Es war schwierig in der eingebetteten querschnittpräparierten Probe einzeln liegende

Kristalle zu finden, welche gut eingekippt werden konnten. In Abbildung 3-4C ist am

Helligkeitsverlauf vom hellen rechten Bildrand zum dunklen linken Bildrand erkennbar,

dass die Probendicke massiv zunimmt. Es bleibt nur ein Bereich von ca. 1µm Breite, der für

Elektronenbeugungs- und Hochauflösungsaufnahmen, aufgrund dessen Dicke überhaupt in

Frage kommt. Einzeln liegende Kristalle wie in Abbildung 3-4D, wurden nur bei geringer

Probenmenge gefunden. Im nur 0.5-1µm breiten Bereich, welcher dünn genug ist konnten

jeweils nur einzelne, im Normalfall ein bis zwei, Kristalle gefunden werden die

Elektronenbeugungsexperimente überhaupt zuliessen.

Das Hauptproblem in der Präparation liegt aber in der Empfindlichkeit der Zeolithe

bezüglich des Ionenstrahls. Trotz des sehr flach einfallenden Ar-Ionenstrahls beim

Ionenätzen wurden die Kristallstruktur der meisten Kristalle zerstört.

Nur bei wenigen Kristallen waren auf den Elektronenbeugungsbildern überhaupt schwache

Reflexe auf diffusem Untergrund erkennbar wie sie im in Abbildung 3-4B gezeigt werden.

Der diffuse Untergrund im Elektronenbeugungsbild zeigt, dass ein Teil der Probe bereits

amorphisiert wurde. Ob die gewünschte Vorzugsorientierung der Probe vorlag kann nicht

gesagt werden, weil aufgrund der geringen Ausbeute zu wenige Kristalle untersucht werden

konnten. Jedenfalls konnte in den einzelnen nicht zerstörten Kristallen, keine

Beugungsbilder entlang der Zoneachse [0 1 0] gefunden wurden. Auch andere

Blickrichtungen, welche bisher nicht einsehbar waren konnten keine gefunden werden.

36

3.2.3 Querschnittpräparation mit Ultramikrotomie

Als Alternative zur oben beschriebenen Ionenätzung, wurde für die Querschnittpräparation

auch Ultramikrotomie probiert. Für die Ultramikrotomie werden die Proben in ein

Epoxyharz eingebettet und mit einem Glas- oder einem Diamantmesser sehr dünn

geschnitten. Der Vorteil von Ultramikrotomie ist, dass die Proben im Vergleich zur

Ionenätzung keiner Strahlenbelastung ausgesetzt sind, welche die Kristallstruktur zerstören

könnte.

Abbildung 3-5: Mit Ultramikrotomie präparierte Proben von Zeolith IM-5. links: Hellfeldbild der in Polystyrol eingebetteten Kristalle. Rechts: SAED-Aufnahme eine Kristalliten. Schwache Reflexe sind kaum erkennbar, aufgrund des hohen Anteils diffuser Intesität.

Die Proben wurden mit starker Vorzugsorientierung in Polystyrol eingebettet. Um beim

Einbetten gute Vorzugsorientierung zu erhalten, wurde ein Gemisch von Kristallen und

Polystyrol gelöst in Tetrahydrofuran auf einen Glasobjektträger aufgetropft und mit einem

zweiten Glasobjektträger zugedeckt. Dieses Sandwich wurde dann langsam

zusammengepresst und mit einer Schraubzwinge während 12 Stunden fixiert. Durch das

Zusammendrücken des Polymers fliesst das Polystyrol vom aufgetragenen Tropfen aus in

radialer Richtung davon und bildet eine dünne Schicht zwischen den Glassplatten. Durch

das Fliessen des Polymers richten sich die nadeligen Kristallite entlang der Fliessrichtung

aus. Nach dem Trocknen der Polymerschicht wurde diese in flüssigem Stickstoff vom

Glasträger getrennt. Aus der Polymerschicht wurde ein Stück herausgeschnitten und mit

geeigneter Orientierung in einen zylindrischen Polymerblock eingebettet. Dieser Block

37

wurde angespitzt und von der Spitze wurden mit einem Diamantmesser dünne

Probestückchen abgeschnitten, welche eine Dicke von etwa 60-80nm aufweisen sollten.

Auf den TEM-Bildern ist am Kontrast zu erkennen, dass die Proben relativ dick waren.

Eine Vorzugsorientierung war nicht erkennbar. Die eingebetteten Kristalle bildeten

Agglomerate. Die IM-5 Zeolithkristalle sind relativ klein (250-500nm lang). Aufgrund der

Agglomeratbildung und der Grösse der Kristalle war es sehr schwierig und zum Teil auch

unmöglich die eingebetteten Kristalle für ein Beugungsexperiment zu orientieren. Wegen

der Polymermatrix und der Dicke der Probe enthielten die SAED-Bilder grosse Anteile an

diffuser Intensität, so dass die schwachen Reflexe kaum mehr sichtbar waren. Das

erschwerte das Einkippen der Kristalle zusätzlich. SAED-Bilder entlang einer vorher nicht

einsehbaren Zonenachse konnten in diesen Präparaten, keine gefunden werden.

Eine weitere Möglichkeit orientierte Querschnitte zu präparieren wäre die Kristalle

einzubetten und mit "Focused Ion Beam" (FIB) eine Lamelle herauszuschneiden

(Liu, 2005). Diese Methode stand hier allerdings nicht zur Verfügung.

38

39

4 Testfall ZSM-5

4.1 Elektronenbeugung an ZSM-5

4.1.1 Können Elektronenbeugungsintensitäten das Peaküberlappungsproblem im

Pulverdiagram lösen?

Wie bereits erwähnt, ist das Hauptproblem bei der Strukturbestimmung aus

Pulverdiffraktionsdaten die Überlappung der Reflexe im Pulverdiagramm. Deshalb wurde

untersucht, ob Elektronenbeugungsexperimente an einzelnen Kristalliten des Pulvers die

relativen Intensitäten solcher überlappenden Reflexe liefern können.

Bei zu hoher Elektronendosis wird die Kristallstruktur zerstört und sie wird amorph. Die

stabilsten Zeolithe sind diejenigen mit hohen Si/Al Verhältnissen. Deshalb werden für die

folgenden Untersuchungen der Zeolith ZSM-5 mit praktisch SiO2 Zusammensetzung

verwendet.

Die Einheitszelle von ZSM-5 ist orthorhombisch mit den Zellkonstanten a=20.060Å,

b=19.936Å und c=13.407Å und kann in der Raumgruppe Pnma beschrieben werden.

Ausgewählt wurde ZSM-5 für diesen Vergleich, weil die Struktur mit 12 T-Atomen in der

asymmetrischen Einheit relativ kompliziert ist. Die Elementarzelle ist relativ gross und

zudem sind die Gitterparameter a und b der Einheitszelle fast identisch. Beides führt zu

überlappenden Reflexen im Pulverdiagramm. Mit dem Überlappungsfaktor ÜLK wird

definiert wie stark die Reflexe überlappen müssen, damit sie als überlappend bezeichnet

werden.

Als überlappend werden zwei Reflexe mit den Indizes hkl respektive ''' lkh betrachtet

wenn:

( ) '''''' 2221

lkhhkllkhhklÜL fwhmfwhmK θθ −>+⋅⋅ 4-1

wobei für den Reflex mit den Indizes hkl , hklθ dessen Beugungswinkel ist und hklfwhm

dessen Halbwertsbreite. Dementsprechend sind ''' lkhθ und ''' lkhfwhm Beugungswinkel und

Halbwertsbreite des Reflexes ''' lkh .

40

Die Intensitäten von Röntgen- und Elektronenbeugungsexperimenten sind nicht direkt

vergleichbar weil die atomaren Streufaktoren für Röntgen- und Elektronenstrahlung

unterschiedlich sind. Ein Vergleich der Silizium- und der Sauerstoffstreufaktoren

(Abbildung 4-1) zeigt, dass der Streufaktor von Sauerstoff mit zunehmendem sin(θ)/λ

langsamer abnimmt als der von Silizium. Das Verhältnis von Röntgen- zu

Elektronenstreufaktoren .f/f ElRö wird grösser mit zunehmendem sin(θ)/λ (vgl. Abbildung

4-2). Dabei liegt kein einfacher Zusammenhang vor zwischen dem Verhältnis .f/f ElRö und

sin(θ)/λ. Um trotzdem verifizieren zu können, ob und wie gut Intensitäten aus

Röntgenbeugungsexperimenten mit denjenigen aus der Elektronenbeugung vergleichbar

sind, wurden von der bekannten ZSM-5 Zeolithstruktur Strukturfaktoramplituden, sowohl

mit Elektronenstreufaktoren, wie auch mit Röntgenstreufaktoren berechnet und diese

verglichen.

Abbildung 4-1: Vergleich der Streufaktoren von Silizium und Sauerstoff für Röntgen- und Elektronenstrahlung

41

Werden für die ZSM-5 Zeolithstruktur Reflexe bis zu einer Auflösung von 1.3Å betrachtet,

überlappen im Pulverdiagramm, bei hoch aufgelösten Synchrotrondaten ( )θ205.0~ ⋅fwhm

728 von 1343 vorhandenen Reflexen. Diese überlappenden Reflexe ( )3.0=ÜLK bilden 361

Reflexgruppen. Mit dem Programm XRS-82 wurden für ZSM-5 als erstes die

Reflexintensitäten sowohl für Röntgenbeugung, wie auch für Elektronenbeugung

berechnet, und die entsprechenden Pulverdiagramme simuliert (Abbildung 4-3). Bereits aus

den Pulverdiagrammen ist zu erkennen, dass die Differenzen der Reflexintensitäten eher

klein sind. Nach dieser eher qualitativen Betrachtung sollen nun die

Strukturfaktoramplituden einer genaueren quantitativen Betrachtung unterzogen werden.

Simulierte Strukturfaktoramplituden wurden wie bereits die Reflexintensitäten zuvor mit

dem Programm XRS berechnet.

Abbildung 4-2: Verhältnis Elektronen- und Röntgenstreufaktoren in Abhängigkeit von sin(θ)/λ für Sauerstoff und Siliziumatome.

42

Es wurden die Strukturfaktoramplituden für Elektronenbeugung EMF , sowie die

Strukturfaktoren für Röntgenbeugung RÖF berechnet und die experimentellen, aus dem

Pulverdiagramm extrahierten Strukturfaktoren EXTF bestimmt. Die Reflexe wurden in

Gruppen aufgeteilt, wobei überlappende Reflexe ( )3.0=ÜLK jeweils eine Gruppe bilden.

Die Aufteilung der im Pulverdiagramm gemessen Gesamtintensität einer Gruppe

überlappender Reflexe ist dann möglich, wenn die Verhältnisse der Intensitäten, respektive

der Strukturfaktoramplituden für Röntgenbeugung und für Elektronenbeugung gleich oder

sehr ähnlich sind. Der Anteil )(hklV , eines Reflexes an der Summe der

Strukturfaktoramplitude einer Reflexgruppe, wurde aus der extrahierten Gesamtintensität

und dem simulierten Strukturfaktor )(hklFsim sowohl für Röntgenbeugung wie auch

Elektronenbeugung berechnet:

∑=

Gruppesim

sim

hklFhklF

hklV)(

)()( 4-2

Abbildung 4-3: Simuliertes Pulverdiagramm (FWHM=0.05) für Röntgen- und Elektronenstrahlung von Zeolith ZSM-5 für λ=1.10126Å und in einem Streuwinkelbereich 2θ von 5 bis 25°.

43

Abbildung 4-4: Ausschnitt mit überlappenden Reflexen aus einem Pulverdiagramm von Zeolith ZSM-5 aufgenommen mit Wellenlänge λ=1.10176Å. Die Strukturfaktoramplituden für Röntgen- und Elektronenstrahlung sind in grau und schwarz eingetragen.

Abbildung 4-5: Tabelle der simulierten Strukturfaktoramplituden (

EMSF ,RÖSF ) aus Abbildung 4-4, der

Reflexe hkl, mit Beugungswinkel 2θ. Die 15 Reflexe bilden 6 Reflexgruppen (ÜLK =0.3).

44

Um einen guten Schätzwert für die Strukturfaktoramplitude im Röntgenbeugungs-

experiment zu erhalten, wurde die aus dem Pulverdiffraktogramm extrahierte

Gesamtamplitude jeder Gruppe ∑Gruppe

EXTF bestimmt. Diese Gesamtamplitude wurde auf die

einzelnen Reflexe der Gruppe aufgeteilt, gemäss den Verhältnissen )(hklV der simulierten

Strukturfaktoramplituden EMF für Elektronenbeugung, respektive der RÖF für

Röntgenbeugung.

∑=

GruppeEXT

S hklFhklVhklF

)()()( 4-3

Diese auf die extrahierte Gesamtintensität der Gruppe normierten F-Werte werden mit

einem zusätzlichen S (für Schätzwert) als SF , respektive als EMSF für Elektronenbeugung

und als RÖSF für Röntgenbeugung bezeichnet.

Als Beispiel ist in Abbildung 4-4 ein Ausschnitt des simulierten Pulverdiagramm von

Zeolith ZSM-5 gezeigt. Die Sturkturfaktoramplituden der Reflexe sind sowohl für Röntgen-

wie auch für Elektronenbeugung angegeben. Auffallend ist in diesem Ausschnitt, dass die

Strukturfaktoramplituden für Röntgen- und Elektronenbeugung fast identisch sind. In

Abbildung 4-5 sind diese Strukturfaktoramplituden in tabellarischer Form angegeben.

Für den Zeolithen ZSM-5 zeigt Abbildung 4-6, dass die Differenzen von )(hklVEMS und

)(hklVRÖS klein sind für überlappende Reflexe. Das bedeutet, dass die Verhältnisse der

Strukturfaktoren innerhalb einer Gruppe überlappender Reflexe für Röntgenbeugung und

Elektronenbeugung sehr ähnlich sind. SAED-Intensitäten können deshalb verwendet

werden für die Aufteilung der Röntgenintensitäten überlappender Reflexe, sofern das

SAED-Bild unter kinematischen Bedingungen aufgenommen werden kann.

45

Abbildung 4-6: Differenz )()( hklVhklV RÖSEMS − der überlappenden ( ÜLK =0.3) Reflexe des Zeolithen ZSM-5.

4.1.2 Experimentelle Elektronenbeugungsdaten für die Intensitätsaufteilung

Um kinematische SAED-Bilder aufnehmen zu können, sollten diese an möglichst dünnen

Stellen der Probe aufgenommen werden. Die Dicke des Kristalls kann im TEM aber nicht

einfach bestimmt werden.

Die ZSM-5 Kristalle sind plättchenförmig und deshalb dünn in einer Richtung. Dass der

Kristall in Abbildung 4-7 relativ dünn ist, ist daran zu erkennen, dass der Probenträger

durch den Kristall hindurch schimmert. In der unteren Kristallhälfte ist am weissen Saum

zu erkennen, dass der Kristall nicht flach auf dem Probenträger liegt und deshalb in diesem

Bereich nicht im Fokus liegt. Für das Beugungsbild wurde deshalb mit der SAED-Blende

ein kleiner Bereich aus dem oberen Kristallteil ausgewählt.

46

AbbildunProbenprä

AbbildunKamera eB: Besser

g 4-7: Dünnäparation entst

g 4-8: Elektroneines Phillips Cres SAED-Bild

ner ZSM-5 tanden. Der Kr

nenbeugungsbCM30, bei 300d mit unterschie

Kristall mit reis zeigt die G

ilder der Zone0kV. A: das schedlichen Intens

Bruchstücken

Grösse der SAE

e [ 1 0 1 ] von Zhlechtere SAEsitäten,

n welche beED-Blende.

Zeolith ZSM-5 ED-Bild mit un

eim Mörsern

aufgenommenniformer Intens

während de

n mit der CCDsitätsverteilung

er

-g.

47

Eine kleine SAED-Blende mit 80nm Durchmesser wurde eingesetzt um die SAED-Bilder

zu erzeugen. Dadurch sollten weniger dynamische Anteile das SAED-Bild beeinflussen.

Zum Beurteilen, ob das SAED-Bild von Mehrfachbeugung betroffen ist kann die Probe im

TEM leicht hin und her gekippt werden. Dadurch werden die Atomsäulen leicht verkippt,

was bereits genügt um Mehrfachbeugung zu vermeiden. War Mehrfachbeugung vorhanden,

werden sich durch das leichte verkippen die Intensitäten verändern. Erfahrungsgemäss sind

SAED-Bilder mit uniformen Reflexintensitäten wesentlich stärker von dynamischen

Effekten und Mehrfachbeugung beeinflusst als die SAED-Bilder mit sehr unterschiedlichen

Reflexintensitäten (Abbildung 4-8).

In Kapitel 4.1.1 wurde gezeigt, SAED-Intensitäten im kinematischen Fall verwendet

werden können um die Gesamtintensität überlappender Reflexe korrekt auf die einzelnen

Reflexe aufzuteilen. Nun muss überprüft werden, ob die Anteile an Mehrfachbeugung und

die dynamischen Anteile der experimentellen SAED-Intensitäten klein genug sind, um

diese als kinematisch betrachten zu dürfen. Dazu wurden in mehreren SAED-Bildern mit

der Software CRISP die Reflexintensitäten extrahiert und die Strukturfaktoren berechnet.

Diese experimentellen Strukturfaktoren wurden mit den simulierten

Röntgenbeugungsstrukturfaktoren von ZSM-5 verglichen. Abbildung 4-8 zeigt die zwei

SAED-Bilder der Zone [ 1 0 1 ] welche für den Vergleich verwendet wurden. Während im

linken Bild die Gesamtintensität uniform über die Reflexe verteilt ist, unterscheiden sich

die Reflexintensitäten im rechten SAED-Bild deutlich. Der Einfacheit halber wird vorerst

einmal angenommen, dass die oben erwähnte Erfahrung stimmt und Abbildung 4-8A

schlechtere Intensitäten für die Strukturbestimmung liefert, als Abbildung 4-8B. Deshalb

wird im folgenden Abbildung 4-8A als 'schlechteres' SAED-Bild benannt und Abbildung

4-8-B als 'besseres' SAED-Bild.

Um die Differenzen zwischen den Strukturfaktoren zu quantifizieren wurden R-Werte

berechnet:

∑∑ −

=− )()()(

hklFhklFhklF

RRÖS

RÖSEMSRÖSEMS 4-4

48

Abbildung 4-9: Normierte Differenz simulierter und experimenteller bestimmter Strukturfaktoramplituden für Zeolith ZSM-5, bestimmt aus Abbildung 4-8-A. Dargestellt sind die 63 Reflexe, welche im Pulverdiagramm überlappen und deren Intensität aus dem SAED-Bild bestimmt werden konnte.

Abbildung 4-10: Simulierte Strukturfaktoramplituden für Röntgenstrahlung (schwarz) und für Elektronenstrahlung (dunkelgrau), sowie experimentell aus Abbildung 4-8-A ('schlechteres' SAED-Bild) bestimmte Strukturfaktoramplituden (hellgrau), welche mit dem Faktor 0.22 skaliert wurden. Zwecks besserer Übersicht wird nur der 2θ-Bereich zwischen 10° und 20° gezeigt.

49

Abbildung 4-11: Normierte Differenz simulierter und experimenteller bestimmter Strukturfaktoramplituden für Zeolith ZSM-5, bestimmt aus Abbildung 4-8-B. Dargestellt sind die 71 Reflexe, welche im Pulverdiagramm überlappen und deren Intensität aus dem SAED-Bild bestimmt werden konnte.

Abbildung 4-12: Simulierte Sturkturfaktoramplituden für Röntgenstrahlung (schwarz) und für Elektronenstrahlung (dunkelgrau), sowie experimentell aus Abbildung 4-8-B ('besseres' SAED-Bild) bestimmte Strukturfaktoramplituden (hellgrau), welche mit dem Faktor 0.20 skaliert wurden. Zwecks besserer Übersicht wird nur der 2θ-Bereich zwischen 10° und 20° gezeigt.

50

∑∑ −

=− )()()(

hklFhklFhklF

RRÖS

RÖSEMRÖSEM 4-5

Wobei RÖSEMSR − der R-Wert für die berechneten Strukturfaktoren und RÖSEMR − für diejenigen

aus dem SAED-Experiment bestimmten Strukturfaktoren ist.

In Abbildung 4-9 und Abbildung 4-11 sind die normierten Differenzen von Elektronen- und

Röntgenstrukturfaktoren aufgezeichnet. Verglichen werden die normierten Differenzen von

experimentell aus SAED-Bildern ermittelten EMF mit den entsprechenden Differenzen der

simulierten EMSF . Normiert wird bezüglich der simulierten Strukturfaktoramplitude für

Röntgenbeugung. Die Differenzen sind sehr gross. Dies ist auch in Abbildung 4-10 und

Abbildung 4-12 ersichtlich, wo ein Teil der simulierten und experimentell bestimmten

Strukturfaktoramplituden aufgezeichnet sind.

Die Qualität der experimentell bestimmten Elektronenstrukturfaktoren kann auch anhand

der berechneten R-Werte, RÖSEMSR − für die simulierten EMSF und RÖSEMR − für die

experimentell bestimmten EMF , beurteilt werden. Für die EMF aus dem 'schlechteren'

SAED-Bild ist 052.2=−RÖSEMR und für diejenigen aus dem 'besseren' SAED-Bild ist

914.0=−RÖSEMR . Für die entsprechenden simulierten Strukturfaktoramplituden ( RÖSF ) ist

der R-Wert ( RÖSEMSR − ) 0.057 für die Reflexe im 'schlechteren', respektive 0.084 für die

Reflexe aus dem 'besseren' SAED-Bild, wobei sich besser und schlechter auf Qualität des

zugehörigen SAED-Bildes bezieht. Der Strahlfänger deckt unterschiedliche Reflexe in den

SAED-Bildern ab. Deshalb sind nicht in beiden Bildern dieselben Reflexe vorhanden. Das

erklärt, weshalb die R-Werte der simulierten RÖSF unterschiedlich ausfallen. Diese R-Werte

bestätigen, die anfangs genannte Erfahrung, dass SAED-Bilder mit uniformer

Intensitätsverteilung schlechtere Intensitäten liefern für die Strukturbestimmung, als SAED-

bilder mit unterschiedlichen Intensitäten. Die grosse Differenz zwischen RÖSEMSR − und

RÖSEMR − unterstreicht, was bereits visuell in Abbildung 4-9 und Abbildung 4-11 deutlich

sichtbar ist. Die experimentell bestimmten EMF , weichen oft um ein Vielfaches von den

simulier

erheblic

Struktur

Zusätzli

entlang

und Abb

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(kinema

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Abbildunmit der C

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ch. Für d

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lith ZSM-5 au300kV.

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51

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er Zone [ ]1 0 1

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1

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d

,

0]

52

Abbildung 4-15: Simulierte Sturkturfaktoramplituden für Röntgenstrahlung (schwarz) und für Elektronenstrahlung (dunkelgrau), sowie experimentell aus Abbildung 4-13 bestimmte

Abbildung 4-14: Normierte Differenz simulierter und experimentell bestimmter Strukturfaktoren (aus Abbildung 4-13) für Zeolith ZSM-5. Sichtbar sind die 62 Reflexe, welche im Pulverdiagramm überlappen und deren Intensität aus dem SAED-Bild bestimmt werden konnte.

51

53

Strukturfakoramplituden (hellgrau), welche mit dem Faktor 0.09 skaliert wurden. Zwecks besserer Übersicht wird nur der 2θ-Bereich zwischen 10° und 20° gezeigt.

Die grossen Differenzen zwischen simulierten und experimentellen Strukturfaktoren sind

vermutlich auf Mehrfachbeugung und dynamische Effekte in den SAED-Bildern

zurückzuführen, was sich offensichtlich auch bei guten Aufnahmebedingungen (dünne

Probe, kleine Blende, etc.) nicht vermeiden lässt. Solch grosse Abweichungen

verunmöglichen eine gute Aufteilung der Intensität im Pulverdiagramm auf die

überlappenden Reflexe.

Aus einem SAED-Bild kann nur ein Bruchteil aller Reflex bestimmt werden. Weil einige

Richtungen nicht einsehbar sind aufgrund der Vorzugsorientierung der Probe kann kein

vollständiger Datensatz aufgenommen werden. Deshalb fehlt in einer Gruppe

überlappender Reflexe oft die Information zu einzelnen Reflexen. Eine gute Aufteilung der

Gesamtintensität auf die Reflexe anhand der gemessenen SAED-Intensitäten ist in solchen

Fällen nicht möglich. Anhand der beobachteten Intensitätsverhältnisse könnte aber

abgeschätzt werden welche Reflexe stark, mittel oder schwach sind. Die Intensitäten der

nicht überlappenden Reflexe im Pulverdiagramm könnten mit den im SAED-Bild

gemessenen Intensitäten verglichen werden, um die Qualität des SAED-Bildes zu

beurteilen.

54

55

5 Die Kombination von HRTEM-Phaseninformation mit Pulverdaten

5.1 Das Konzept von FOCUS

FOCUS (Grosse-Kunstleve R.W., 1997 & 1999) ist ein Programm, welches für die

Strukturlösung von komplexen Zeolithstrukturen mittels Pulverdaten entwickelt wurde.

FOCUS startet mit aus dem Pulverdiffraktionsexperiment extrahierten Strukturfaktoren. In

Abbildung 5-1 ist der Ablauf von FOCUS schematisch dargestellt. Den extrahierten

Strukturfaktoren weist das Programm zufällige Phasen zu, wobei diese konsistent mit der

Symmetrie sind. Aus diesem Datensatz wird eine Elektronendichtekarte berechnet. Zur

Interpretation dieser (zufälligen) Elektronendichtekarte werden strukturelle und chemische

Information verwendet. Für Gerüstsilikate wird zum Beispiel nach einem dreidimensional

verknüpften Netzwerk gesucht, indem die Siliziumatome vierfach mit ihren benachbarten

Siliziumatomen verknüpft sind. Die zwischen den Siliziumatomen liegenden

Sauerstoffatome werden nicht gesucht. Findet FOCUS Teile eines sinnvollen

(Bindungslängen, Verknüpfung) Netzwerkes wird dieses verwendet um einen neuen

Phasensatz zu den Strukturfaktoramplituden zu berechnen. Damit wird wiederum die

Elektronendichtekarte berechnet und erneut nach einem sinnvollen Netzwerk gesucht.

Dieses "Fourierrecycling" wird mehrmals (typischerweise 5 bis 15-mal) wiederholt. Findet

FOCUS ein sinnvolles, vollständiges Netzwerk wird dieses klassifiziert und in die

Ausgabedatei geschrieben. Egal ob während dieses gesamten Zyklus ein komplettes

Netzwerk gefunden wurde oder nicht, wird ein neuer Zyklus mit einem neuen zufälligen

Phasensatz gestartet. Das am häufigsten gefundene Netzwerk ist meistens die richtige

Lösung. FOCUS arbeitet sowohl im direkten (Modellsuche) wie auch im reziproken

(Phasenzuweisung) Raum. Zusätzliche Informationen können deshalb in beiden Räumen

sehr einfach integriert werden.

5.2 Vorgeben von Phaseninformation in FOCUS

Aus den HRTEM-Bildern können Phasen der Strukturfaktoren berechnet werden. Diese

Information kann in FOCUS als Startphasen anstatt der gewürfelten Phasen vorgegeben

werden. FOCUS würfelt dann nur noch für die nicht bekannten Phasen einen Startwert.

56

Beim "Fourierrecycling" werden die vorgegebenen Phasen aber nicht festgehalten, sondern

auch entsprechend dem gefundenen Modell neu zugeteilt.

Mit der vorgegebenen Phaseninformation wird lediglich ermöglicht, einen Startphasensatz

zu berechnen, welcher besser ist als ein zufällig generierter Phasensatz. Dass die

vorgegebenen Phasen auch falsche Phasen enthalten können ist aber kein Problem, weil die

Abbildung 5-1: Flussdiagramm von FOCUS

57

vorgegebenen Phasen beim "Fourierrecycling" verändert werden können. Damit ist FOCUS

im Prinzip in der Lage falsche Phaseninformation zu korrigieren.

5.3 Was bringt die zusätzliche Information in FOCUS?

Um diese Frage zu beantworten wurden Tests mit den Zeolithstrukturen ITQ-22 (Corma, et

al., 2003) und ZSM-5 gemacht. ITQ-22 (16 T-Atome) und ZSM-5 (12 T-Atome) wurden

ausgewählt, weil beide relativ grosse, komplexe Zeolithstrukturen sind. In beiden

Einheitszellen sind zudem zwei Gitterkonstanten fast gleich gross, was zu massiven

Peaküberlappungen im Pulverdiagramm führt und die Strukturlösung mit Pulverdaten

erschwert. Mit den Tests sollten optimale Parameter gefunden werden für die

Strukturbestimmung mit FOCUS. Vor allem wurde auch getestet was ein "Structure

Envelope" für die Strukturbestimmung bringt und wie stark das Vorgeben von Phasen

Vorteile bringt.

5.3.1 Vergleiche mit simulierten Einkristalldaten

Für den Vergleich, welche Zusatzinformationen wie viel Erfolg bringen können bei der

Strukturlösung von komplexen Zeolithstrukturen, wurde zuerst ITQ-22 verwendet. Mit dem

Programm CrystalDiffract wurden von der Struktur (Abbildung 5-2) die Amplituden und

Phasen der Strukturfaktoren berechnet. Zur Simulation von Pulverdaten wurden die

Intensitäten überlappender Reflexe äquipartitioniert ( 3.0=ÜLK ).

Je grösser die Zeolithstruktur ist, desto mehr Versuche muss FOCUS rechnen, bis eine

korrekte Lösung gefunden wird. Um den Erfolg von FOCUS quantifizieren zu können,

kann zum Beispiel angegeben werden, wie viele korrekte Lösungen FOCUS in einer

vorgegebenen Zeit oder einer vorgegebenen Anzahl Versuche findet. Für ITQ-22 benötigte

FOCUS mit den simulierten Pulverdaten (ohne zusätzliche Information) zum Beispiel 31

Tage, um 1 korrekte Lösung zu finden. Es ist natürlich vom Zufall abhängig, wann FOCUS

eine Lösung findet. Deshalb muss eine minimale Anzahl Versuche gerechnet werden, um

die Erfolgsaussichten quantifizieren zu können. Es muss solange gerechnet werden bis die

Anzahl gefundener Lösungen pro Zeit oder pro Versuche nicht mehr ändert. Für ITQ-22

dauert das zu lange.

Um trotzdem testen zu können, unter welchen Bedingungen gute Erfolgsausssichten

bestehen, wurden für die ersten Tests simulierte Einkristalldaten anstatt der simulierten

58

Pulverdaten verwendet. Mit den Einkristalldaten findet FOCUS wesentlich mehr Lösungen

pro Versuch als mit äquipartitionierten Reflexintensitäten.

Erste Erfahrungen mit HRTEM-Bildern der Zeolithstrutkur ZSM-5 zeigten, dass jeweils die

Phasen der 13 Reflexe mit der grössten Strukturfaktoramplitude aus diesen Bildern korrekt

bestimmt werden konnten. Die Phasen der schwächeren Reflexe waren teilweise falsch. Es

wurde angenommen, dass sich dies auch für andere Strukturen ähnlich verhält. Deshalb

wurden im folgenden Vergleich jeweils 12 Phasen als zusätzliche Information für FOCUS

verwendet.

Mit den simulierten Einkristalldaten für ITQ-22 wurde verglichen wie sich die Vorgabe

eines "Structure Envelopes" und die Vorgabe von Phasen auf die Erfolgsaussichten von

FOCUS auswirken.

Abbildung 5-2: Stereoabbildung der Kristallstruktur von Zeolith ITQ-22. Dargestellt ist das Netwerk der Si-Atome. Die O-Atome wurden weggelassen zwecks besserer Übersicht.

59

Title ITQ-22 F's calculated with CrystalDiffract SpaceGroup Pbam UnitCell 41.6908 12.7128 12.7114 AtomType + Node Si 112 AtomType + NodeBridge O 224 Chemistry MinDistance Node Si Node Si 2.6 Chemistry MinDistance Node Si NodeBridge O 1.4 Chemistry MinDistance NodeBridge O NodeBridge O 2.3 MaxPotentialAtoms 168 MaxRecycledAtoms 168 FwSearchMethod FwTracking MaxPeaksFwSearch 336 MaxPeaksFwFragmentSearch 336 MinNodeDistance 2.6 MaxNodeDistance 3.6 MinSymNodes 0 MaxSymNodes 168 NodeType 4 * -6 -3 -1 4 6 MinLoopSize 3 MaxLoopSize 24 EvenLoopSizesOnly Off Check3DimConnectivity On IdealT_NodeDistance 3.1 CheckTetrahedralGeometry Normal RandomInitialization 1129646940 FeedBackCycles 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 FeedBackBreakIf PhaseDiff < 5.00 % and DeltaR < 3.00 % Grid_xyz 140 40 40 eDensityCutOff 1 % MinPfI 17 CatchDistance 0.5 eD_PeaksSortElement Grid_eD Lambda 1.54056 FobsMin_d 1.3 FobsScale 1.00 SigmaCutOff 0 OverlapFactor 0.15 OverlapAction EqualMF2 ReflectionUsage 65 % # h k l F_cal sigma fwhm 0 0 1 765.94 * 0.05 4 0 0 769.84 * 0.05 2 0 0 249.18 * 0.05 2 1 0 359.1 * 0.05 … … …

Abbildung 5-3: FOCUS Eingabedatei für Zeolith ITQ-22.

60

Um vergleichbare Resultate zu erhalten wurde der Einfluss von einzelnen Parametern

getestet. Grosse-Kunstleve (1996) beschreibt die Schlüsselwörter in der FOCUS

Eingabedatei ausführlich.

Für die Tests mit ITQ-22 wurden einige Parameter so gewählt, dass später auch mit anderen

Strukturen vergleichbare Rechnungen durchgeführt werden können. In der Eingabedatei

werden mit verschiedenen Schlüsselwörtern diese Parameter definiert. Die wichtigsten

Parameter welche für die folgenden Rechnungen benutzt wurden werden hier kurz

beschrieben. Mit AtomType wird angegeben, wie viele Atome von welchem Typ die

Einheitszelle enthält. Dabei wird unterschieden zwischen Knotenpunkten im Netzwerk,

welche mit Node bezeichnet werden (z.B. vierfachverknüpftes Si) und Brückenatomen

zwischen den Knotenpunkten, welche mit NodeBridge bezeichnet werden (z.B.

Sauerstoffbrücken zwischen den Si-Atomen). MaxPotentialAtoms bezeichnet die

maximale Anzahl Peaks aus der Elektronendichtekarte, welche berücksichtigt werden im

Zuordnungsalgorithmus. MaxPotentialAtoms wurde jeweils 1.5-mal grösser gewählt

als die erwartete Anzahl Siliziumatome in der Einheitszelle (112 x 1.5=168 für ITQ-22).

MaxRecyledAtoms gibt die maximale Anzahl Peaks in der Einheitszelle an, welche für

das Recycling benutzt werden und wurde für die folgenden Tests jeweils gleich gross wie

MaxPotentialAtoms gewählt. MaxPeaksFwSearch bestimmt die maximale Anzahl

Maxima aus der Einheitszelle, welche für das Fourierrecycling verwendet werden. Die

maximale Anzahl Knotenpunkte bei der Suche nach einem Netzwerk wird durch

MaxSymNodes begrenzt. MaxSymNodes wurde ebenfalls 1.5-mal grösser als die

erwartete Anzahl Siliziumatome in der Einheitszelle gewählt. Welche Reflexe FOCUS,

benützt wird in Prozent der Gesamtintensität angegeben mit dem Schlüsselwort

ReflectionUsage. Zum Beispiel für ReflectionUsage 65%, wählt FOCUS

beginnend beim stärksten Reflex, Reflexe aus bis deren aufsummierte Intensität 65% der

Gesamtintensität aller Reflexe erreicht.

Abbildung 5-4: Die Tabelle gibt an bei welchem Prozentsatz der Gesamtintensität, wie viele Reflexe verwendet werden aus dem Einkristalldatensatz ( mind =1.3Å) von ITQ-22..

61

In Abbildung 5-3 ist eine Eingabedatei für FOCUS zu sehen, wie sie verwendet wurde in

den folgenden Tests. Wie sich der ReflectionUsage-Parameter auf die Anzahl

benutzter Reflexe auswirkte wird in Abbildung 5-4 gezeigt.

Es wurden folgende 9 FOCUS-Tests mit simulierten ITQ-22 Einkristalldaten durchgeführt:

(1) nur Reflexamplituden, ohne Zusatzinformation

(2) Phasen der 12 Reflexe mit der grössten Strukturfaktoramplitude (Abbildung 5-5)

(3) Phasen der 12 hk0-Reflexe mit der grössten Strukturfaktoramplitude (Abbildung 5-6)

(4) Phasen von 12 niedrig indizierten Reflexen mit grosser Strukturfaktor-

amplitude (Abbildung 5-9)

(5) Phasen von 12 niedrig indizierten hk0-Reflexe mit grosser

Strukturfaktoramplitude (Abbildung 5-10)

(6) "Structure Envelope" aus den 12 Reflexen mit den grössten Strukturfaktor-

amplituden (Abbildung 5-7)

(7) "Structure Envelope" aus den 12 hk0-Reflexen mit der grössten

Strukturfaktoramplitude (Abbildung 5-8)

(8) "Structure Envelope" generiert aus 12 niedrig indizierten Reflexen mit der grosser

Strukturfaktoramplitude (Abbildung 5-11)

(9) "Structure Envelope" generiert aus 12 niedrig indizierten hk0-Reflexen mit der

grosser Strukturfaktoramplitude (Abbildung 5-12)

Die Vorgabe von Phasen von hk0-Reflexen, soll zeigen ob es besonders wichtig ist, einen

dreidimensionalen Phasensatz vorzugeben, oder ob ein zweidimensionaler Phasensatz mit

Phasen von Reflexen aus einer reziproken Ebene auch genügen könnten. Für einen

zweidimensionalen Phasensatz genügt ein HRTEM-Bild um die Phaseninformation zu

berechnen. Für einen dreidimensionalen Phasensatz werden mehrere HRTEM-Bilder von

unterschiedlichen Blickrichtungen benötigt. Besonders bei vorzugsorientierten Proben sind

die zusätzlichen Blickrichtungen nur schwer oder zum Teil gar nicht zugänglich. Alle Tests

wurden als Funktion der "ReflectionUsage" von 25% bis 75% in Schritten von 10%

durchgeführt.

62

Test 2 h k l Phase 0 0 6 0° 4 0 0 180° 0 0 1 180° 0 0 10 0° 2 1 3 0° 0 0 4 180° 9 1 0 180° 8 2 0 0° 30 0 0 180° 6 3 8 0° 4 0 3 0° 10 2 0 180°

Test 3

h k l Phase 4 0 0 180° 9 1 0 180° 8 2 0 0° 30 0 0 180° 10 2 0 180° 14 7 0 180° 26 2 0 0° 1 4 0 180° 6 2 0 0° 13 1 0 0° 28 1 0 180° 14 8 0 180°

Abbildung 5-5: ITQ-22 Phasensatz mit den 12 stärksten (Strukturfaktoramplitude) Reflexen.

Abbildung 5-6: ITQ-22 Phasensatz mit den 12 stärksten (Strukturfaktoramplitude) hk0-Reflexen.

Test 6

Test 7

Abbildung 5-7: ITQ-22 Struktur mit "Structure Envelope" aus den 12 Reflexen mit der stärksten Strukturfaktoramplitude.

Abbildung 5-8: ITQ-22 Struktur mit "Structure Envelope" aus den 12 hk0-Reflexen mit der stärksten Strukturfaktoramplitude.

63

Test 4 h k l Phase 2 0 0 180° 0 0 1 180° 1 1 0 0° 2 1 0 180° 4 0 0 180° 3 1 0 0° 2 1 1 180° 3 1 1 180° 1 2 0 0° 3 2 0 180° 2 1 2 180° 4 2 0 180°

Test 5 h k l Phase 4 0 0 180° 9 1 0 180° 8 2 0 0° 30 0 0 180° 10 2 0 180° 14 7 0 180° 26 2 0 0° 1 4 0 180° 6 2 0 0° 13 1 0 0° 28 1 0 180° 14 8 0 180°

Abbildung 5-9: ITQ-22 Phasensatz mit den 12 niedrig indizierten, starken Reflexen.

Abbildung 5-10: ITQ-22 Phasensatz mit den 12 niedrig indizierten, starken hk0-Reflexen.

Test 8

Test 9

Abbildung 5-11: ITQ-22 Struktur mit einem "Structure Envelope" aus den 12 niedrig indizierten starken Reflexen .

Abbildung 5-12: ITQ-22 Struktur mit einem "Structure Envelope" aus 12 niedrig indizierten starken hk0-Reflexen

64

Der Erfolg von FOCUS wird mit der Anzahl gefundener ITQ-22 Lösungen pro 10'000

Versuche angegeben. Diese Grösse ist unabhängig von der Geschwindigkeit des Rechners.

Mindestens so wichtig ist aber die Anzahl gefundener ITQ-22 Lösungen pro Zeit. Dies ist

zwar von der Rechnergeschwindigkeit abhängig, aber es ist die entscheidende Grösse, ist es

doch das Ziel, in möglichst kurzer Zeit eine Lösung zu finden. Weil alle Rechnungen auf

einem MAC G5 X-Serve ausgeführt wurden, sollte die Rechnergeschwindigkeit für den

Vergleich keine Rolle spielen. Deshalb wurden die Erfolgsaussichten von FOCUS für diese

Tests anhand der gefundenen Lösungen pro Zeit beurteilt.

Die Erfolgsaussicht in Abhängigkeit von "ReflectionUsage" ist in Abbildung 5-13

aufgezeichnet. Am meisten ITQ-22 Lösungen werden gefunden, wenn diese verwendeten

Reflexe 45%, 50% oder 55% der Gesamtintensität ausmacht, unabhängig von der

verwendeten Zusatzinformation.

Am erfolgreichsten war FOCUS (vgl. Abbildung 5-13), bei der Vorgabe der Phasen der 12

stärksten Reflexe (Test 2 und 3), wobei die Vorgabe der 12 stärksten hk0-Reflexe sogar

besser abschnitt, als diejenige der stärksten hkl-Reflexe. Die Vorgabe von 12 Phasen von

niedrig indizierten Reflexen (Test 4) bringt nur minimal mehr Erfolg. Bei Vorgabe von

hk0-Reflexen sind die Erfolgsaussichten leicht erhöht, wenn die Reflexe mit 50%-55% der

Gesamtintensität verwendet werden. Leichte Vorteile können auch bei der Vorgabe eines

"Structure Envelopes" ausgemacht werden. Das "Structure Envelope" aus 12 hk0-Reflexen

(Test 7) ermöglicht FOCUS 1.8 bis 2.4 mal mehr Lösungen pro Stunde zu finden,

verglichen mit einem FOCUS-Prozess ohne zusätzliche Vorgaben. Das "Structure

Envelope" aus 12 hkl-Reflexen (Test 6) bringt nur Vorteile, wenn mehr als 50% der

Reflexe verwendet werden. Dann ist FOCUS 1.2x bis 1.4x schneller. Die Vorgaben von

niedrig indizierten Reflexen in Form von Phaseninformation oder als "Structure Envelope"

bringen nur einen geringen Geschwindigkeitsgewinn. Das "Structure Envelope", welches

aus 12 starken, niedrig indizierten Reflexen berechnet wurde führt sogar zu einem leichten

Geschwindigkeitsverlust.

65

Abbildung 5-13: Erfolgsaussicht von FOCUS in Abhängigkeit der verwendeten Reflexe (in % der Gesamtintensität) für die Strukturlösung von ITQ-22 mit simulierten Einkristalldaten. Die Erfolgsaussicht wird angegeben in Anzahl Lösungen pro 10'000 Zyklen, rsp. pro Stunde Rechenzeit. Die Datensätze sind beschriftet mit (fo) für FOCUS ohne Zusatzinformation. Für die übrigen Datensätze wurde folgende Zusatzinformation verwendet: (12sF) Phasenvorgabe der 12 stärksten Reflexe, (12sF_hk0) Phasenvorgabe der 12 stärksten hk0-Reflexe, (surf_12sF) Vorgabe eines "Structure Envelope" generiert aus den Phasen der 12 stärksten Reflexe, (surf_12sF_hk0) Vorgabe eines "Structure Envelope" generiert aus den Phasen der 12 stärksten hk0-Reflexe. Analog sind die Bezeichnungen mit (..hd..) wobei bei diesen Datensätzen nur niedrig indizierte Reflexe, verwendet wurden.

66

5.3.2 Vergleiche an ITQ-22 mit simulierten Pulverdaten

Nach dieser ersten Übersicht mit Einkristalldaten wurden weitere Tests mit simulierten

Pulverdaten gemacht. Dazu wurden die Einkristalldaten äquipartitioniert. Als

Zusatzinformation wurden die Phasen der stärksten (grösste Strukturfaktoramplitude)

Reflexe vorgegeben. FOCUS rechnete jeweils 100'000 Versuche mit 124, 62 und 31

vorgegebenen Phasen. Ohne vorgegebene Phasen und mit 31 vorgegebenen Phasen mussten

mehr als 100'000 Versuche gerechnet werden um überhaupt eine ITQ-22 Lösung zu finden.

Je mehr Phasen vorgegeben wurden, desto mehr korrekte Lösungen wurden pro Versuch

und pro Zeit gefunden.

ITQ-22

#vorgegebener Phasen von

hkl-Reflexen 0 31 62 124

Anzahl ITQ-22 Netzwerke 6 2 49 2248

Anzahl Zyklen 11989317 400000 100000 100000

Rechenzeit [h] 1294.3 44.3 10.8 12.2 Anzahl ITQ-22 / (1000 Versuche) 0.0005 0.0575 0.17 22.5 Anzahl ITQ-22 / Zeit [1/h] 0.0046 0.52 1.58 183.8

Abbildung 5-14: Erfolg von FOCUS mit 124, 62, 31 vorgegebenen Phasen und von FOCUS ohne Zusatzinformation für simulierte Pulverdaten.

Die ITQ-22 Struktur konnte auch ohne vorgegebene Phasen gelöst werden, der Zeitgewinn

durch Vorgabe von Phasen ist jedoch markant. Die ITQ-22 Struktur wurde bei Vorgabe von

31 Phasen 113-mal öfter gefunden pro Zeiteinheit, als ohne Phasenvorgabe, mit Vorgabe

von 62 Phasen wurde ITQ-22 sogar 343-mal öfter gefunden und bei 124 vorgegebenen

Phasen 40000-mal öfter.

Wie bereits für die Einkristalldaten, sollten auch für Pulverdaten weitere Tests zeigen wie

viel Reflexe verwendetet werden sollen, um die grössten Erfolgsaussichten zu haben. Es

wurde auch getestet ob die Erfolgsaussichten durch vorgeben eines "Structure Envelopes"

oder durch vorgeben von Phasen besser sind.

67

Abbildung 5-15: Erfolgsaussicht in Abhängigkeit der verwendeten Reflexe ("ReflectionUsage") für die Strukturlösung von ITQ-22 mit simulierten Pulverdaten (äquipartitionierte Einkristalldaten). Der Erfolg wird angegeben in Anzahl Lösungen pro 100'000 Zyklen, rsp. pro Stunde Rechenzeit. Die Datensätze sind beschriftet mit (fo) FOCUS ohne Zusatzinformation, (62sF) Phasenvorgabe der 62 stärksten Reflexe, (surf) Vorgabe eines "Structure Envelope" generiert aus den Phasen der 62 stärksten Reflexe, (surf & 62sF) der Phasen der 62 stärksten Reflexe und zusätzlich auch Vorgabe des "Structure Envelopes", welches aus diesen Reflexen erzeugt wurde.

68

Für diese Tests wurden die Phasen der 62 stärksten Reflexe vorgegeben, respektive aus

diesen Reflexen mit ihren Phasen ein "Structure Envelope" erzeugt. Die simulierten

Einkristalldaten wurden äquipartitioniert und Reflexe mit einem d-Wert kleiner als 1.3 Å

wurden verwendet.

Jeweils 100'000 Versuche wurden gerechnet. Innerhalb dieser 100'000 Versuche konnte

ohne zusätzliche Vorgaben keine Lösung von ITQ-22 gefunden werden (vgl. Abbildung

5-15). Auch mit Vorgabe des "Structure Envelopes" wurde keine ITQ-22 Lösung gefunden

innerhalb der 100'000 Versuche. Erst nach über 4 Millionen Versuchen (entspricht ca. 1

Monat Rechenzeit) konnte eine ITQ-22-Lösung gefunden werden. Am meisten Lösungen

wurden gefunden mit den 62 vorgegeben Phasen. Das sind 982-mal mehr Lösungen

verglichen mit den Versuchen ohne Zusatzinformation. Am erfolgreichsten war aber die

Kombination von "Structure Envelope" und Vorgabe der 62 Phasen der stärksten Reflexe.

Die Erfolgsaussicht war mit ReflectionUsage 75%, sowohl bei der Vorgabe der

Phasen wie auch bei der Kombination von Phasen und "Structure Envelope" am grössten.

Mit dieser Kombination von Zusatzinformationen fand FOCUS 3415-mal mehr Lösungen

pro Zeiteinheit, verglichen mit FOCUS ohne Zusatzinformation. Bereits mit

ReflectionUsage 35% liefert FOCUS gute Resultate, während mit

ReflectionUsage 45% eine leichte Verschlechterung zu verzeichnen war, arbeitet

FOCUS mit ReflectionUsage 55% bis 75% kontinuierlich besser.

Verschiedenste Parameter von FOCUS haben Einfluss auf die Laufzeit von einem Versuch.

Interessant wäre die Laufzeit für einen Versuch zu verkürzen, ohne den Erfolg von FOCUS

wesentlich zu beeinträchtigen. Besonders Zeitaufwändig ist die Suche eines Netzwerkes in

der Elektronendichtekarte. FOCUS liest dazu aus der Elektronendichtekarte, welche aus

den verwendeten Reflexen und deren Phasen berechnet wurden, die lokalen Maxima

heraus. In der Eingabedatei für FOCUS kann bestimmt werden wie viele lokale Maxima,

beginnend beim grössten Maximum, FOCUS aus der Elektronendichtekarte heraus liest, als

potentielle Atompositionen für das Gerüst des Netzwerkes. Je mehr Positionen

herausgelesen werden, desto mehr Abstände und Winkel zwischen all diesen möglichen

Atompositionen muss FOCUS berechnen, um ein mögliches Netzwerk oder ein mögliches

Fragment davon zu finden.

69

Abbildung 5-16: Erfolg von FOCUS in Abhängigkeit der Anzahl verwendeten Maxima aus der Elektronendichtekarte am Beispiel von ITQ-22. Der Erfolg wird ausgedrückt in der gefundenen Anzahl ITQ-22 Lösungen pro Stunde, respektive die gefundene Anzahl pro 100'000 Zyklen, immer unter Vorgabe der Phasen der 62 stärksten Reflexe, mit Reflexen mit d-Werten bis zu 1.3Å, unter Verwendung der stärksten Reflexe, welche 65% der Gesamtintensität ausmachen.

Abbildung 5-17: Erfolgsaussichten in Abhängigkeit der Auflösung der Pulverdaten. Der Erfolg wird ausgedrückt in der gefundenen Anzahl ITQ-22 Lösungen pro Stunde, respektive die gefundene Anzahl pro 100'000 Zyklen, immer unter Vorgabe der Phasen der 62 stärksten Reflexe, unter Verwendung der stärksten Reflexe, welche 65% der Gesamtintensität ausmachen.

70

Das wird extrem zeitaufwändig, wenn viele Atompositionen vorliegen. Deshalb wurde

getestet, wie die Erfolgsausichten aussehen in Abhängigkeit der Anzahl Maxima welche

aus der Elektronendichtekarte herausgelesenen werden.

In Abbildung 5-16 ist zu erkennen, dass wenn mehr Maxima für die Netzwerksuche

verwendet wurden, auch mehr ITQ-22 Lösungen pro Versuch gefunden wurden. Die

Laufzeit pro Versuch nimmt aber gleichzeitig massiv zu. Um den Erfolg zu beurteilen

wurde deshalb wieder die Anzahl gefundener ITQ-22 Lösungen pro Zeit betrachtet. Mit

2.41 ITQ-22 Lösungen pro Stunde, bei 270 verwendeten Maxima aus der

Elektronendichtekarte war FOCUS am erfolgreichsten. ITQ-22 hat in der Einheitszelle 112

T-Atome. Die 270 verwendeten Maxima sind demzufolge das 2.4-fache der vorhandenen

T-Atome.

Ebenfalls getestet wurde wie hoch die Auflösung der Pulverdaten sein sollte, damit FOCUS

erfolgreich ist. Dazu wurden in FOCUS aus dem simulierten Pulverdatensatz nur Reflexe

bis zu einem bestimmten minimalen d-Wert ( mind ) für die Struktursuche zugelassen. Je

höher die Auflösung der Pulverdaten war desto mehr Lösungen wurden gefunden bei den

100'000 Versuchen. Erst ab 1.3 Å Auflösung konnte FOCUS überhaupt ITQ-22 Lösungen

finden. Die Erfolgsaussichten sind am grössten mit 1 Å und 1.1 Å Auflösung. Für diese

Auflösung wurden je 19.9 ITQ-22 Lösungen pro Stunde gefunden, während mit einer

Auflösung von 1.2 Å noch 3.9 und mit 1.3 Å noch 1.6 Lösungen pro Stunde gefunden

wurden.

71

5.3.3 Vergleiche mit experimentellen Röntgenbeugungsdaten

Nach den Tests mit den simulierten Einkristall und Röntgendaten Daten folgt nun der Test

mit experimentellen Daten. Für diesen Test wurde die Zeolithstruktur ZSM-5 ausgewählt,

weil einerseits Röntgenbeugungsdaten (Abbildung 5-18) von einer Synchrotronmessung

vorlagen und andererseits, weil ZSM-5 mit 12 T-Atomen in der asymmetrischen Einheit

auch eine grössere Zeolithstruktur ist, welche aber trotzdem kleiner ist als ITQ-22 mit

16 T-Atomen. ZSM-5 ist eine Zeolithstruktur welche 1998, mit den damaligen Computer

Rechengeschwindigkeiten, von FOCUS gerade noch lösbar war. Für die Strukturlösung von

ZSM-5 mit FOCUS wurden mit XRS-82 (Baerlocher, 1982) extrahierte Synchrotron-

pulverdaten verwendet. Die extrahierten Daten wurden mit der FIPS-Methode (Estermann

und Gramlich, 1993) behandelt, um eine bessere Intensitätsverteilung überlappender Peaks

zu bekommen.

Abbildung 5-18: Teil des Pulverdiagramm von Zeolith ZSM-5, gemessen an der SNBL (Swiss Norwegian Beamline) am ESRF in Grenoble (Frankreich). Die Reflexpositionen sind mit senkrechten Strichen unter dem Pulverdiagramm angegeben.

Von dem ZSM-5 Kristall in Abbildung 5-19 wurden HRTEM-Bilder aufgenommen. Aus

dem HRTEM-Bild in Abbildung 5-20A wurde von 11 starken Reflexen mit dem Programm

CRISP die Phasen bestimmt. Der Defokus von -650Å des Bildes wurde anhand von

amorphen Anteilen des fouriertransformierten Bildes berechnet. Das HRTEM-Bild wurde

CTF korrigiert und über die planare Symmetrie pgg gemittelt (Abbildung 5-20C). Ein

Vergleich des korrigierten HRTEM-Bildes mit dem simulierten Bild (Abbildung 5-20D)

zeigt, dass die Hauptmerkmale gut übereinstimmen.

72

Abbildung 5-19: Sehr dünner (Randbereich ca. 10nm dick) ZSM-5 Kristall auf einer Kohlestoffolie mit Löchern.

Abbildung 5-20: (A) HRTEM-Bild eines ZSM-5 Zeolithkristallites entlang der Zoneachse [0 1 0 ], aufgenommen, (B) SAED-Bild von ZSM-5, (C) HRTEM-Bild korrigiert mit CTF (Cs=1.4mm, ∆f=70nm, α=1.0mrad) und symmetriegemittelt, (D) simuliertes HRTEM-Bild für Probendicke 10nm und Defokus -65nm.

73

Neben dem Vergleich mit der Simulation zeigt auch die Überlagerung der ZSM-5 Struktur

mit dem HRTEM Bild (Abbildung 5-22), dass das korrigierte HRTEM-Bild die

Hauptmerkmale, wie die Kanäle und die Schmetterlingsstruktur korrekt wiedergibt und

deshalb gut verwendet werden kann um die Phasen zumindest der starken Reflexe zu

berechnen.

Der Phasensatz mit den 11 Reflexen wurde durch einen ursprungsbestimmenden Reflex

ergänzt. Dazu wurde der 011-Reflex mit der willkürlichen Phase 180° ausgewählt. Dieser

Phasensatz mit 12 Reflexen (Abbildung 5-23) wurde vorgegeben. Aus denselben 12

Reflexen wurde auch ein "Structure Envelope" berechnet. Das "Structure Envelope" wurde

mit dem Programm SayPerm (Brenner, 1999): erzeugt. Um das "Structure Envelope"

(Abbildung 5-24) zu erzeugen, wurden sowohl die Reflexamplitude, wie auch die

Phaseninformation aus dem Hochauflösungsbild verwendet. Dagegen wurden für die

Strukturlösung, die aus den Pulverdiffraktionsdaten extrahierten Reflexintensitäten

verwendet.

Die FOCUS-Bedingungen für gute Erfolgsaussichten bei der Strukturlösung, mit den

experimentellen Daten von ZSM-5 (vgl. Abbildung 5-25) unterschieden sich von

denjenigen für die simulierten Daten von ITQ-22 (Kapitel 5.3.2). Mit den experimentellen

Daten wurden am meisten ZSM-5 Lösungen gefunden, wenn die stärksten Reflexe

verwendet wurden, welche zusammen 35% der Gesamtintensität ausmachen. Für ITQ-22

war dies mit 75% der Reflexe der Fall. Noch unterschiedlicher fällt der Vergleich aus,

wenn die Erfolgsaussichten anhand der Anzahl gefundenen Lösungen pro Zeit betrachtet

werden. Bei ZSM-5 werden am meisten Lösungen gefunden, wenn nur die stärksten

Reflexe mit total nur 15% der Gesamtintensität verwendet wurden.Das ist reproduzierbar

und unabhängig Startwert des Zufallsgenerators. Werden weniger Reflexe verwendet

rechnet FOCUS wesentlich schneller. Werden weniger Reflexe als die 35% benutzt sind die

Erfolgsaussichten pro Versuch zwar kleiner, dies wird aber durch die Geschwindigkeit

kompensiert, sodass die Erfolgsaussicht gemessen an der Rechenzeit trotzdem grösser ist.

Abbildung 5-21: Die Tabelle gibt an bei welchem Prozentsatz der Gesamtintensität (ReflectionUsage), wie viele Reflexe verwendet werden Datensatz von ZSM-5. Bei Daten mit einer Auflösung ( mind ) von 1.3Å.

74

Abbildung 5-22: Projektion der ZSM-5 Struktur in Blickrichtung [010] über dem CTF-korrigierten und symmetriegemittelten HRTEM-Bild.

h k l Phase 0 1 1 180° 1 0 2 180° 1 0 1 0° 2 0 0 180° 0 0 2 180° 3 0 1 0° 5 0 1 180° 4 0 0 180° 2 0 2 180° 6 0 0 180° 3 0 3 180° 8 0 0 180°

Abbildung 5-23: ZSM-5 Phasensatz mit den 11 stärksten aus dem HRTEM Bild der Orientierung (0 1 0), zusätzlichen mit dem ursprungs-bestimmenden 0 1 1 – Reflex ergänzt.

Abbildung 5-24: ZSM-5 Struktur mit "Structure Envelope" berechnet aus 12 Phasen, welche in Abbildung 5-23 aufgelistet sind.

75

Abbildung 5-25: Erfolgsaussicht von FOCUS in Abhängigkeit der verwendeten Reflexe (ReflectionUsage) für die Strukturlösung von ZSM-5 mit experimentellen Pulverdaten. Der Erfolg wird angegeben in Anzahl Lösungen pro 100'000 Versuchen, rsp. pro Stunde Rechenzeit. Die Datensätze sind beschriftet mit (fo) FOCUS ohne Zusatzinformation, (12sF) Phasenvorgabe der 12 stärksten Reflexe, (surf) Vorgabe eines "Structure Envelope" generiert aus den Phasen der 12 stärksten Reflexe, (surf & 12sF) der Phasen der 12 stärksten Reflexe und zusätzlich auch Vorgabe des "Structure Envelopes", welches aus diesen Reflexen erzeugt wurde.

76

Die Erfolgsausichten sind höher, wenn weniger Reflexe verwendet werden. Eine Erklärung

dafür könnte sein, dass die Struktur von ZSM-5 wesentlich kleiner und damit auch

einfacher zu lösen ist als diejenige von ITQ-22. Für die etwas einfachere Struktur von

ZSM-5 genügen offenbar die stärksten Reflexe um die Struktur zu lösen, während für

komplexere Strukturen mehr Reflexe benötigt werden.

Werden auch Reflexe geringerer Intensität verwendet, sind das meist auch höher indizierte

Reflexe. Damit steht auch Information mit höherer Auflösung zur Verfügung.

Im Fall von ZSM-5 schneiden das "Structure Envelope, welches aus den Phasen der 12

stärksten Reflexe berechnet wurde und das "Structure Envelope" in Kombination mit der

Vorgabe der Phasen dieser 12 Reflexe am besten ab. Werden die Reflexe mit 15% der

Gesamtintensität verwendet, ist die Erfolgsaussicht bei der Vorgabe der 12 Phasen 1.26-mal

höher als ohne Zusatzinformation.

Die Kombination von "Structure Envelope" und Vorgabe der Phasen bringt FOCUS eine

1.16-fachen Geschwindigkeitsgewinn. Die Zusatzinformationen bringen also weit weniger

als bei der komplexeren ITQ-22 Struktur.

5.3.4 Qualität der Phaseninformation

Die Phaseninformation, die hier als Vorgabe verwendet wurde, stammt aus einem HRTEM-

Bild. Ein Teil dieser Phasen kann auch falsch sein. Am Beispiel des HRTEM-Bildes von

ZSM-5 konnten festgestellt werden, dass die Phasen der 11 stärksten Reflexe korrekt

waren. Mit den simulierten Röntgenbeugungsdaten von ITQ-22 wurde deshalb auch

getestet, welchen Einfluss falsche Phaseninformation auf die Erfolgsaussichten von

FOCUS hat. Im vorgegebenen Phasensatz mit 124 Phasen, wurden gezielt falsche Phasen

eingefügt. Weil die Phasen der starken Reflexe in der Regel eher korrekt sind, wurden die

falschen Phasen vor allem den schwachen Reflexen zugeordnet. Für welche der 124

Reflexe, falsche Phasen gesetzt werden, wurde deshalb mit einer gewichteten Zufallszahl

ausgewählt. Das Gewicht für den Reflex mit den Indizes hkl wurde aus der

Strukturfaktoramplitude ( )hklF , der Strukturfaktoramplitude des stärksten Reflexes

( )hklFmax und der Strukturfaktoramplitude des schwächsten Reflexes ( )hklFmin der 124

Reflexe, wie folgt bestimmt:

77

( )( )( )( )

21

max

min

max

1

1

−=

hklFhklFhklF

hklF

w 5-1

Mit diesem Modell (Abbildung 5-26) wurden Datensätze mit 10%, 20%, 25 % und 30%

falschen Phasen erzeugt. Es wurden für jeden Prozentsatz vier Datensätze erzeugt. In jedem

Datensatz wurden die Reflexe deren Phase falsch gesetzt wurde, mit dieser Gewichtung

(Gleichung 5-1) zufällig ausgewählt. In jedem der Datensätze waren demzufolge andere

Reflexe mit falschen Phasen versehen. Mit diesen Phasensätzen wurde in FOCUS jeweils

100'000 Versuche gerechnet. Dazu wurden die stärksten Reflexe verwendet, welche 65%

der Gesamtintensität ausmachen und Reflexe bis zu einem d-Wert von 1.3Å. Über die

Resultate der vier Datensätze mit gleichem Prozentsatz falscher Reflexe wurde am Ende

gemittelt.

Abbildung 5-26: Gewichtung in Abhängigkeit der Strukturfaktoramplitude: Gewichtung der Zufallszahl für die falsch zu setzenden Reflexe im Phasensatz der 124 vorgegebenen Reflexe. Die Phase des stärksten Reflexes wird mit der Gewichtung 0, also nie falsch gesetzt werden, während die Phasen der schwachen Reflexe mit zunehmender Wahrscheinlichkeit falsch sein können.

78

Abbildung 5-27: Erfolg von FOCUS mit Phasensätzen unterschiedlicher Qualität (unterschiedlicher Anteil der 124vorgegebenen Phasen ist falsch) am Beispiel von ITQ-22.

Abbildung 5-28: Zeitgewinn von FOCUS bei Verwendung von Phaseninformation unterschiedlicher Qualität. Mit dem Zeitgewinn wird ausgedrückt wievielmal schneller die ITQ-22 findet, wenn 0, 10, 20, 25 und 30% der 124 vorgegeben Phasen falsch sind, im Vergleich zur Verwendung von FOCUS ohne Phaseninformation.

79

Die Resultate in Abbildung 5-27 zeigen, dass wie erwartet, falsche Phasen die

Erfolgsaussichten wesentlich beeinträchtigen. Bereits mit 10% falscher Phaseninformation,

wurden bei 100'000 Versuchen nur noch 227 richtige Lösungen gefunden. Mit einem

Phasensatz ohne falsche Phaseninformation wären dies mit 2248 Lösungen immerhin fast

10-mal mehr. Mit 20% falscher Phaseninformation wurden noch 14 und mit 30% nur noch

3 Lösungen gefunden. Betrachtet man den Erfolg in Abhängigkeit der Zeit, dann sieht das

ganz ähnlich aus. Mit 10% falschen Phasen wurden 20 Lösungen pro Stunde gefunden, mit

20% noch 1.2 und mit 30% noch 0.045. FOCUS ist demzufolge 9-mal langsamer mit 10%

falschen Phasen, 151-mal langsamer mit 20% falschen Phasen und sogar 4122-mal

langsamer mit 30% falschen Phasen.

Vergleicht man jedoch diese Resultate mit denjenigen ohne Verwendung von vorgegebenen

Phasen, so ist FOCUS auch mit 30% falschen Phasen immer noch 10-mal schneller

(vgl. Abbildung 5-28). Mit anderen Worten, auch mit etwas "zweifelhaften" Phasen, wie

man sie von einem HRTEM-Bild erhalten kann, erhöhen sich die Chancen für eine Lösung

dramatisch.

80

81

6 TNU-9

6.1 Zeolith TNU-9, als echter Test des Verfahrens

Die Synthese von TNU-9 wurde von Hong et al. (2004) mit Hilfe des Templates 1,4-bis(N-

methypyrrolidinum)butan gemacht. Nach der Kalzinierung ist TNU-9 ein Zeolith mit der

Zusammensetzung [ ]384182.79.39.3 OSiAlH . Hochaufgelöste Pulverdaten wurden von

Paul A. Wright (School of Chemistry, University of St. Andrew, UK) von "as synthesized"

TNU-9 am ESRF in Grenoble gemessen. Die Daten wurden aufgenommen mit einer

Wellenlänge von 0.80124Å und gemessen wurde der 2θ-Bereich von 1 bis 50° ( mind

=0.95Å) mit extrem hoher Auflösung (fwhm=0.0083°). Als Ergänzung zu den

Pulverdiffraktionsdaten wurden von Zheng Liu, Tetsu Ohsuna und Osamu Terasaki vom

Arrhenius Labor der Universität Stockholm (Schweden) mit einem JEM-3010

Transmissionselektronenmikroskop Hochauflösungsbilder und die entsprechenden SAED-

Bilder aufgenommen.

6.2 Indizierung TNU-9

In Pulverdiagrammen von der Zeolithstruktur TNU-9, ist die Peaküberlappung besonders

gross. Das macht die Aufteilung der Intensitäten überlappender Peaks schwierig. Trotzdem

müssen die Reflexintensitäten, auch jene der überlappenden Peaks, so gut wie möglich aus

dem Pulverdiagramm extrahiert werden, denn falsch bestimmte Reflexintensitäten können

die Strukturbestimmung verunmöglichen.

Je kleiner die Halbwertsbreite der Peaks im Pulverdiagramm ist, desto weniger

Überlappungen wird es geben. Synchrotrondaten ermöglichen wegen der geringeren

Peaküberlappungen eine bessere Extraktion der Reflexintensitäten. Eine Indizierung anhand

der Pulverdaten von TNU-9 alleine war zunächst trotz hoher Auflösung nicht eindeutig

möglich. Bei jedem Einheitszellenvorschlag waren einige klar sichtbare Peaks nicht

indizierbar. Wie sich später herausstellte stammten diese Peaks aus einer Verunreinigung.

Zur Verifizierung der Indizierung des Pulverdiagramms und für die Bestimmung der

Symmetrie wurden daher die SAED-Aufnahmen zu Hilfe genommen. Aus dem SAED-Bild

in Abbildung 6-2 konnten die Gitterkonstanten a=28.2 Å und b=20.0Å und deren

Zwischenwinkel γ zu 90° ermittelt werden. In der SAED-Aufnahme von Abbildung 6-3

kommt wiederum der Gittervektor *ar

vor.

82

Abbildung 6-1: Pulverdiagramm von Zeolith TNU-9, aufgenommen von P.A. Wright (School of Chemistry, University of St. Andrew, UK), am ESRF in Grenoble bei einer Wellenlänge von 0.80124Å. Der 2θ-Bereich zwischen 20° und 50° wurde mit Faktor vier skaliert, um die Details besser sichtbar zu machen.

Abbildung 6-2: (A) HRTEM-Bild entlang der Zonenachse [0 0 1] eines TNU-9 Zeolithkristallites (B) SAED-Bild von TNU-9 (C) HRTEM-Bild korrigiert mit CTF (Cs=0.6mm, ∆f=90nm, α=0.5mrad) und symmetriegemittelt, (D) simuliertes HRTEM-Bild für die Probendicke 27nm und von 60nm Unterfokus. Die experimentellen Aufnahmen stammen von O. Terasaki.

83

Eine nahe liegende Möglichkeit war, die Richtung, welche auf der SAED-Aufnahme mit

dem Gittervektor *ar

einen Zwischenwinkel von 88° bildet, als dritten Gittervektor *cr zur

Komplettierung der Einheitszelle zu verwenden. In der SAED-Aufnahme der Zone [0 0 1]

ist eine Auslöschung für die Reflexe mit h+k=2n+1 erkennbar, was auf eine C-Zentrierung

schliessen lässt. Im HRTEM-Bild welches entlang der Zonenachse [0 0 1] aufgenommen

wurde sind zudem zwei Spiegelebenen (planare Raumgruppe C2mm) zu erkennen. Im

HRTEM-Bild welches entlang der Zoneachse [0 1 0] aufgenommen wurde ist eine

zweizählige Achse (planare Raumgruppe p2) erkennbar. Diese Symmetrieelemente (in den

Projektionen) kommen im monoklinen Kristallsystem zusammen nur in der Raumgruppe

C2/m vor. Mit der so gewählten Einheitszelle konnte die vermutete Zelle eindeutig bestätigt

und das Pulverdiagramm mit relativ grosser Sicherheit in der Raumgruppe C2/m indiziert

werden.

Abbildung 6-3: (A) HRTEM-Bild entlang der Zonenachse [0 1 0 ] eines TNU-9 Zeolithkristallites (B) SAED-Bild von TNU-9 (C) HRTEM-Bild korrigiert mit CTF (Cs=0.6mm, ∆f=90nm, α=0.5mrad) und symmetriegemittelt, (D) simuliertes HRTEM-Bild für Probendicke 8nm und 46nm Unterfokus. Die experimentellen Aufnahmen stammen von O. Terasaki.

84

6.3 Extraktion

Das Pulverdiagramm wurde danach auch verwendet, um die Einheitszelle zu verfeinern.

Die Gitterkonstanten der verfeinerten Einheitszelle vor der Strukturbestimmung waren

a=28.216Å, b=20.009Å, c=19.489Å und β=92.320Å. Die Gitterparameter sind eng

verwandt miteinander, so ist ba 2~ und cb ~ . Das führt dazu, dass auch Reflexe ohne

symmetriebedingte Abhängigkeit sehr ähnliche d-Werte aufweisen. Deshalb überlappen

( )3.0=ÜLK von den 3705 Reflexen ( mind =1.17Å) 3154 Reflexe, trotz des sehr gut

aufgelösten Synchrotrondatensatzes. Die 3154 überlappenden Reflexe bilden dann 637

Gruppen.

Mit dem Programm EXPOL (Prokić, S. 1999) wurden 1482 Reflexeintensitäten ( =mind1.3Å) extrahiert. EXPOL verwendet einen Pawley-Algorithmus für die Extraktion der

Intensitäten, was die extrahierten Intensitäten weniger empfindlich bezüglich der

Verunreinigung macht. Um möglichst gute Reflexintensitäten zu bekommen wurden die

Intensitäten mit der FIPS (fast iterative Patterson squaring)-Methode (Estermann, M.A. und

Gramlich, V., 1993) neu aufgeteilt.

Die gefundene Einheitszelle hat ein Volumen von 10993.6ų. Da in Zeolithen

typischerweise zirka 16 T-Atome pro 1000ų vorkommen, wurden in der Raumgruppe

C2/m, 24 T-Atome pro asymmetrische Einheit erwartet. Bisher war noch keine solch

komplexe Zeolithstruktur bekannt. Die komplexeste war ITQ-22 mit 16 T-Atomen in der

asymmetrischen Einheit.

6.4 Strukturbestimmung

Für die Strukturbestimmung von ITQ-22, hätte FOCUS ohne zusätzliche Information 31

Tage benötigt bis eine erste Lösung gefunden worden wäre. Das zeigt, dass für grössere

Strukturen die Strukturlösung mit FOCUS, basierend auf Pulverdaten in vernünftiger Zeit

kaum machbar ist.

Die beiden SAED-Aufnahmen, welche entlang der Zonenachse [0 1 0] und [0 0 1]

aufgenommen wurden (Abbildung 6-2 und Abbildung 6-3), wurden bereits für die

Indizierung zu Hilfe genommen. Die dritte SAED-Aufnahme konnte mit der Software

85

CRISP (Zou, X.D et al. ,1996), basierend auf der obigen Einheitszelle eindeutig indiziert

und der Zone [−1 1 0] zugeordnet werden (Abbildung 6-4).

Für diese Hochauflösungsbilder wurde die CTF berechnet und die Bilder entsprechend

korrigiert. Zusätzlich wurde die planare Symmetrie in das CTF-korrigierte Bild

implementiert, indem über die Intensitäten der symmetrieäquivalenten Reflexe gemittelt

wurde. Für all diese Schritte wurde die Software CRISP verwendet.

Für jede der drei Zonen konnte auf diese Weise ein Phasensatz ermittelt werden.

Abbildung 6-4: A) HRTEM-Bild entlang der Zonenachse [-1 1 0] eines TNU-9 Zeolithkristallites B) zugehörige SAED-Aufnahme ebenfalls C) HRTEM-Bild korrigiert mit CTF (Cs=0.6mm, ∆f=90nm, α=0.5mrad) und symmetriegemittelt, D) simuliertes HRTEM-Bild für Probendicke 10nm und 50nm Unterfokus. Die experimentellen Aufnahmen stammen von O. Terasaki.

Symmetriebedingt ausgelöschte Reflexe, welche in der Elektronenbeugung auf Grund von

Mehrfachbeugung trotzdem Intensität erhalten können, wurden aus dem Phasensatz

entfernt.

Aus diesen bereinigten Phaseninformationen wurden vorerst fünf verschiedene

Phasensätze (1)-(5) zusammengestellt und mit FOCUS für die Strukturlösung verwendet.

86

(1) Aus Abbildung 6-2extrahierte Phaseninformation.

(2) Aus Abbildung 6-3 extrahierte Phaseninformation.

(3) Aus Abbildung 6-4 extrahierte Phaseninformation.

Damit die Phasensätze zusammengesetzt werden konnten wurde der passende Ursprung

anhand der Phasen der gemeinsamen Reflexe aus zwei SAED-Bildern bestimmt. Der dritte

Phasensatz würde dann auf den Ursprung der ersten beiden Phasensätze angepasst, sofern

nötig.

(4) Aus jedem HRTEM-Bild die acht stärksten Reflexe ausgewählt, weil angenommen

wurde dass vor allem die Phasen der starken Reflexe korrekt bestimmt werden

können. Deren Phasen wurden zu einem Phasensatz kombiniert, sodass ein

Phasensatz aus 24 Reflexen entstand.

(5) Die Phasen von Reflexen mit grossen d-Werten sollte ebenfalls sicherer bestimmt

werden können als jene von Reflexen mit kleinem d-Wert.Deshalb wurde ein

Phasensatz mit der Phaseninformation von den 111 Reflexen mit dem grössten d-

Wert erstellt.

Mit jedem dieser Phasensätze rechnete FOCUS mindestens 5 Millionen Versuche

(entspricht ca. 1 Monat Rechenzeit auf einem Mac G5 X-Serve). Auch die Parameter in

FOCUS wurden variiert (ReflectionUsage 50% und 65%, und dmin 1.2Å und 1.3 Å). Mit all

diesen verschiedenen Vorgaben konnte aber keine Strukturlösungsvorschlag gefunden

werden. Um nun möglichst viel Phaseninformation zu verwenden, anstatt auf die Qualität

der Phaseninformation zu achten, wurden nun die drei Phasensätze die aus den drei

HRTEM-Bildern resultierten zu einem Satz zusammengeführt. Dieser Phasensatz enthielt

nun Phasen von 258 Reflexen aus den drei Zonen (siehe Anhang C) mit d-Werten von

19.497Å bis zu 1.810Å.

Ein spezieller Datensatz, welcher nur die in FOCUS aktiven Reflexe enthielt (basieren auf

ReflectionUsage 65%) wurde für FOCUS zusammengestellt. Zu diesem Datensatz

wurden alle Reflexe aus dem Phasensatz hinzugefügt und ReflectionUsage auf 100%

gesetzt. So wurden alle vorhandenen Phasen verwendet (auch diejenigen von schwachen

Reflexen), ohne andere schwache Reflexe mit unbestimmten Phasen einzubeziehen.

87

Mit diesen Vorgaben und den Parametern, wie sie in Abbildung 6-5 in der Eingabedatei

aufgelistet sind, war FOCUS nach 2.4 Millionen Zyklen (ca. 16 Tage Rechenzeit auf einem

Mac G5 X-Serve) erfolgreich. Ein vollständiges Netzwerk von vierfachverknüpften

Silizium mit 24 Si-Atomen in der asymmetrischen Einheit wurde gefunden. Dieses

Title TNU9, synchrotron data measured by P.A. Wright at ESRF in Grenoble extrated with Expol, ETHZ Zürich SpaceGroup C 2/m UnitCell 28.2139 20.0094 19.4894 90.000 92.320 90.000 AtomType + Node Si 192 AtomType - NodeBridge O 384 Chemistry MinDistance Node Si Node Si 2.6 Chemistry MinDistance Node Si NodeBridge O 1.4 Chemistry MinDistance NodeBridge O NodeBridge O 2.3 MaxPotentialAtoms 288 MaxRecycledAtoms 192 FwSearchMethod FwTracking MaxPeaksFwSearch 422 MaxPeaksFwFragmentSearch 422 MinNodeDistance 2.6 MaxNodeDistance 3.6 MinSymNodes 0 MaxSymNodes 350 NodeType 4 * -6 -3 -1 4 6 MinLoopSize 3 MaxLoopSize 24 Check3DimConnectivity Off IdealT_NodeDistance 3.1 CheckTetrahedralGeometry Normal RandomInitialization Time FeedBackCycles 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 FeedBackBreakIf PhaseDiff < 5.00 % and DeltaR < 3.00 % Grid_xyz 96 68 68 eDensityCutOff 1% MinPfI 17 CatchDistance 0.5 eD_PeaksSortElement Grid_eD Lambda 0.80124 FobsMin_d 1.2 FobsScale 1.00 SigmaCutOff 0 OverlapFactor 0.15 OverlapAction NoAction ReflectionUsage 100% # h k l Fobs Sigma HalfWd -2 0 1 370.41 0.03 0.015 -1 1 2 132.88 0.07 0.017 ... ... End

Abbildung 6-5: FOCUS Eingabedatei für Zeolith TNU-9, die Eingabeparameter sind beschrieben in Grosse-Kunstleve, R.W. (1996).

88

Siliziumgerüst wurde mit den Sauerstoffbrücken zwischen den Siliziumatomen

vervollständigt.

Als Test, ob es die zusätzliche Phaseninformation war, welche es ermöglichte die Struktur

zu lösen, wurden unter denselben Bedingungen FOCUS ohne zusätzliche Information und

FOCUS mit einem "Structure Envelope" gestartet, wobei das aussergewöhnliche

"Structure Envelope" mit den 258 Reflexen aus dem Phasensatz generiert wurde, welcher

zur erfolgreichen Lösung führte. Nach 10 Mio. Zyklen (ca. 160 Tage auf einem Mac G5 X-

Serve) in FOCUS brachte weder FOCUS alleine noch FOCUS mit dem "Structure

Envelope" eine korrekte Lösung hervor.

Die vorgeschlagene Struktur von TNU-9 wurde von Lynne McCusker durch eine

Rietveldverfeinerung bestätigt. Für die Rietveldverfeinerung (Abbildung 6-6) wurden

Puvlerdiffraktionsdaten von einer kalzinierten Probe verwendet, welche am Synchrotron in

Daresbury durch Paul A. Wright aufgenommen wurden.

Die R-Werte konvergierten zu FR =0.057 und wpR =0.156. Die grösseren Differenzen

zwischen dem berechneten Pulverdiagramm der verfeinerten Struktur und dem gemessenen

Pulverdiagramm werden durch eine Verunreinigung verursacht, welche später als NU-87

identifiziert wurde. Die Atomkoordinaten der TNU-9 Struktur sind in Anhang C aufgelistet.

Mit den verfeinerten TNU-9-Strukturdaten wurden die HRTEM-Bilder mit dem Programm

JEMS (Stadelmann A., 1987) simuliert (Abbildung 6-2 bis Abbildung 6-4). Die simulierten

Bilder zeigen zwar mehr Details als das HRTEM-Bild, aber die Hauptmerkmale stimmen

jeweils überein. Im HRTEM-Bild der Zone [0 1 0] scheint die Probe leicht verkippt

aufgenommen worden zu sein, weshalb die grossen runden Kanäle in elliptischer Form

abgebildet wurden. Dass die simulierten HRTEM-Bilder mit den experimentellen gut

übereinstimmen ist ein zusätzlicher Hinweis für die Richtigkeit der verfeinerten

TNU-9 Struktur.

89

Abbildung 6-7: Stereoskopisches Bildpaar einer Schicht der TNU-9-Struktur. Zur besseren Übersicht wurden die Sauerstoffatome weggelassen. Die beiden Typen von Kanälen entlang der [0 1 0]-Richtung sind mit A und B gekennzeichnet und in Abbildung 6-8A respektive Abbildung 6-8B grösser zu sehen. Ein zusätzlicher Kanal (schwarz markiert) verläuft in der xz-Ebene

Abbildung 6-6: Rietveldverfeinerung von TNU-9. Um die Details besser erkennen zu können wurde der 2θ-Bereich zwischen 20-50° mit Faktor vier skaliert und der 2θ-Bereich von 10°-20°, in welchem die Peaks der Verunreinigung gut zu erkennen (grosse Differenz) sind, wurde herausgeschnitten und vergrössert. In dunkelgrau ist das beobachtete, in hellgrau das berechnete Pulverdiagramm und in schwarz deren Differenz dargestellt.

90

Abbildung 6-8: Stereoskopisches Bild der beiden Kanaltypen entlang der [0 1 0]-Richtung. Die Bildbezeichnung A und B entspricht den Markierungen in Abbildung 6-7.

Die Projektion entlang [0 1 0] (Abbildung 6-7) ist jener von ZSM-5 (MFI Gerüsttyp) sehr

ähnlich, die Projektionen entlang [1 0 0] und [0 0 1] sind aber offensichtlich unterschiedlich

zu denjenigen von ZSM-5. Die Struktur weist ein dreidimensionales Kanalsystem auf. Zwei

Typen von gerade durchgehenden Kanälen (Typ A und Typ B in Abbildung 6-7), welche

durch Ringe aus 10 T-Atomen gebildet werden, verlaufen entlang der [0 1 0 ]-Richtung.

Die beiden Kanaltypen sind in Abbildung 6-8 separat gezeichnet. Ein weiterer Kanal

verläuft im Zick-Zack (dunkel markiert in Abbildung 6-7), innerhalb der in Abbildung 6-7

gezeigten Schicht von TNU-9.

6.5 Qualität der Phaseninformation

Viele Faktoren (Linsenfehler, Probendrift, Probendicke, Instabilität von Zeolithen im

Elektronenstrahl, etc.) können die Qualität der Phaseninformation beeinträchtigen. Die

Phasen welche aus den HRTEM-Bildern berechnet wurden, werden deshalb nur teilweise

korrekt sein.

Weil die Phaseninformation wesentlich zur erfolgreichen Strukturlösung beitrug, ist es

interessant zu wissen wie gut die Qualität der Phaseninformation war. Anhand der

Atomkoordinaten der verfeinerten Struktur wurden deshalb mit dem Programm

CrystalDiffract die Amplituden und Phasen der Strukturfaktoren berechnet und mit den

91

Phasen aus den HRTEM-Bildern (vgl. Abbildung 6-9) verglichen. Dazu wurden die

Reflexe anhand des Streuwinkels 2θ in Klassen von jeweils 2.5° eingeteilt. Die Klasse 2.5°

enthält demzufolge die Reflexe mit 0°<2θ<=2.5°, die Klasse 5° jene Reflexe mit

2.5°<2θ<=5° und so weiter. Für die Beugungswinkel 2θ kleiner als 12.5° waren in jeder

Klasse mehr als 75% der Phasen korrekt, in den Klassen bei grösseren Streuwinkeln (2θ >

12.5°) waren nur noch zwischen 55% und 67% der Phasen korrekt.

Werden nur die Daten bis zu einem maximalen Streuwinkel betrachtet, wird im Folgenden

von einem limitierten Datensatz gesprochen. Ein limitierter Datensatz mit maximalem

Streuwinkel von 10° würde also nur die Reflexe zwischen 0° und 10° enthalten. In einem

limitierten Datensatz mit Streuwinkeln 2θ kleiner als 12.5° waren noch 78.9% der Phasen

korrekt. Wurden alle Phaseninformation aus den HRTEM-Bildern berücksichtigt waren nur

noch 65.1% der Phasen korrekt, wobei die Streuwinkel 2θ kleiner als 30° waren für alle

Reflexe von denen Phaseninformation vorlag.

Abbildung 6-9: Qualität der Phasen in Abhängigkeit des Beugungswinkels (λ=0.80124Å).

92

Die Qualität der Phasen wurde auch in Abhängigkeit der Röntgenstrukturfaktoramplitude

betrachtet. Die Phasen der 12 stärksten Reflexe waren korrekt. Die F -limitierten

Datensätze, in welchem nur die starken Reflexe, bis zu einem vorgegebenen Grenzwert

vorkommen, zeigen ein eindeutiges Bild (Abbildung 6-10). Werden nur die Reflexe mit

Strukturfaktoramplituden über 900 einbezogen sind noch alle Phasen der Reflexe korrekt.

Wird die Limite bei einer Strukturfaktoramplitude von 500 gesetzt sind noch 82.1% der

Phasen korrekt und wenn alle Reflexe des Phasensatzes einbezogen werden sind noch

65.1% der Phasen korrekt.

Es sind also die starken Reflexe von welchen korrekte Phaseninformation vorlag. Obwohl

35% der Phasen falsch waren, hat die Phaseninformation wohl entscheidend zur

Strukturlösung beigetragen.

Klassen Fberechnet

Anzahl falsche Phasen

Anzahl richtige Phasen

Anzahl Phasen

korrekte Phasen in der Klasse

[%]

korrekte limitierten Datensatz

>1600 0 0 0 1600 0 1 1 100.0 100.0 1500 0 2 2 100.0 100.0 1400 0 0 0 - 100.0 1300 0 1 1 100.0 100.0 1200 0 0 0 - 100.0 1100 0 3 3 100.0 100.0 1000 0 2 2 100.0 100.0 900 0 3 3 100.0 100.0 800 3 7 10 70.0 86.4 700 1 4 5 80.0 85.2 600 1 1 2 50.0 82.8 500 2 8 10 80.0 82.1 400 5 14 19 73.7 79.3 300 14 23 37 62.2 72.6 200 16 42 58 72.4 72.5 100 48 57 105 54.3 65.1

0 0 0 0

Abbildung 6-10: Qualität (korrekt/falsch) der Phaseninformation in Abhängigkeit von der

Strukturfaktoramplitude simF

93

Eine bessere Übersicht über die Qualität der Phasen vermittelt Abbildung 6-11. Visuell ist

gut zu erkennen in welchen Bereichen die Phasen relativ sicher bestimmt werden können.

Es ist dies bei Beugungswinkeln 2θ kleiner als 15° (λ=0.80124Å) und für

Strukturfaktoramplituden grösser als 300.

Überprüft wurde auch welches HRTEM-Bild die beste Phaseninformation lieferte. Aus dem

HRTEM-Bild entlang der Zonenachse[0 1 0] (Abbildung 6-3) waren 78.8% der bestimmten

138 Phasen korrekt, während von den Phasen aus dem HRTEM-Bild entlang der

Zonenachse [0 0 1] noch 64.5% und von jenem entlang der Zonenachse [ 1 1 0] nur noch

57.9% der bestimmten Phasen korrekt waren.

Abbildung 6-11: Qualität der Phasen in Abhängigkeit des Streuwinkels 2 Theta und der Strukturfaktoramplitude berF .

Möglicherweise würde FOCUS bessere Resultate liefern, wenn nur qualitativ gute

Phaseninformation, z.B. nur Phasen von Reflexen bei niedrigem Beugungswinkel oder nur

Phasen von starken Reflexen, vorgegeben würden. Um dies zu testen, wurde Datensätze

solcher Phaseninformation zusammengestellt. Als starke Reflexe wurden diejenigen mit

94

Strukturfaktoramplituden grösser als 300 und für einen zweiten Test, diejenigen mit

Strukturfaktoramplituden grösser als 400 ausgewählt.

Aus dem gesamten Phasensatz mit 258 Reflexen blieben somit noch 58 und 39 Reflexe

übrig, von welchen 79.5% respektive 72.6% der Phasen korrekt sind. Als Reflexe bei

niedrigem Beugungswinkel wurden Reflexe mit Beugungswinkeln 2θ kleiner als 15°

ausgewählt. So entstand ein Phasensatz mit 78 Reflexen von welchen 81.5% korrekte

Phasen aufwiesen.

Unter diesen Vorgaben rechnete FOCUS je 2 Millionen Zyklen (ca. 32 Tage). Mit keiner

der Vorgaben fand FOCUS ein Lösungsvorschlag für TNU-9. Auch mit Kombinationen

dieser Vorgaben war FOCUS nicht erfolgreich. So wurde zum Beispiel ein Phasensatz der

sowohl die Phasen der Reflexe mit Beugungswinkel 2θ kleiner als 25° wie auch die

Phaseninformation von den Reflexen mit Sturkurfaktoramplitude kleiner als 400

zusammengestellt.

Diese Tests mit TNU-9 zeigen, dass es in diesem Fall besser ist, Phaseninformation

niedrigerer Qualität von vielen Reflexen vorzugeben, als qualitativ gute Phaseninformation

von wenigen Reflexen.

95

Zusammenfassung der Resultate Ziel dieser Arbeit war es, zu untersuchen, wie Elektronenmikroskopie in Kombination mit

Pulverröntgenbeugung die Strukturlösung polykristalliner Materialien unterstützen kann.

Die Elektronenbeugungssimulation für Zeolith ZSM-5 zeigte, dass Elektronenbeugungs-

intensitäten anstelle von Röntgenbeugungsintensitäten verwendet werden können für die

Strukturlösung, sofern diese nicht von Mehrfachbeugung oder dynamischen Effekten

beeinflusst sind. Dass im Experiment die Anteile an Mehrfachbeugung und der

dynamischen Effekte zu gross sind, um die Elektronenbeugungsintensitäten für die

Strukturbestimmung einsetzen zu können, war anhand der SAED-Experimente klar

sichtbar.

Mit den ersten Experimenten stellten sich auch heraus, dass die Probenpräparation noch

ein Problem ist. Die Zeolithkristalle bildeten Agglomerate. Nur vereinzelt konnten frei

liegende Kristallite gefunden werden. Wurden diese in die gewünschte Orientierung

gedreht, wurden sie meist von benachbarten Kristallen überlagert. Einzelne Versuche mit

Detergenzien konnten die Zeolithkristalle nicht dispergieren.

Um einen vollständigen Datensatz von Reflexintensitäten zu erhalten, müssten Aufnahmen

aus allen Richtungen gemacht werden. Dazu sind, besonders für nadelige Kristallite,

Querschnittpräparationen notwendig. Diese wiederum konnten mit den Zeolithkristallen

nicht erfolgreich ausgeführt werden. Weil die Kristalle härter waren als die Matrix brachen

sie beim Schneiden zum Teile aus der Matrix aus oder wurden beim Ionenätzen durch den

Ionenstrahl zerstört. Es war daher nicht möglich einen vollständigen oder zumindest nahezu

vollständigen Datensatz aufzunehmen.

Trotzdem sind die SAED Experimente sehr nützlich. Die Raumgruppe für die

Strukturlösung von Zeolith TNU-9 konnte nur mit Hilfe der SAED-Bilder entlang

verschiedener Blickrichtungen eindeutig bestimmt werden. Mit den Pulverdaten konnte die

Einheitszelle bestätigt und verfeinert werden.

Mit Zeolith ITQ-22 konnte anhand simulierter Röntgenbeugungsdaten und simulierter

Strukturfaktorphaseninformation gezeigt werden, dass Phaseninformation bei der

Strukturlösung mit FOCUS die Erfolgschancen wesentlich erhöht. Dabei kann die

Phaseninformation als Phasenvorgabe, als "Structure Envelope" oder als deren

Kombination eingesetzt werden.

96

Was die Simulationen von Zeolith ITQ-22 bereits andeuteten, konnte anhand

experimenteller Daten von Zeolith TNU-9 bestätigt werden. Die Kombination von

Röntgenbeugungsintensitäten, extrahiert aus Synchrotron-Pulverdaten, mit der

Phaseninformation aus HRTEM-Bildern verhalf bei der Strukturlösung von Zeolith TNU-9

zum Durchbruch. Die grösste bis jetzt bekannte Zeolithstruktur konnte mit dieser neuen

Methode gelöst werden (Gramm et al, 2006).

Es dürfte das erste Mal sein, dass Röntgenpulverdaten an polykristallinem Material mit

Daten aus der Elektronenmikroskopie so direkt zur Lösung einer komplexen

Kristallstruktur kombiniert wurden. Damit konnte gezeigt werden, dass diese Kombination

mit Erfolg angewendet werden kann. Einer Erweiterung dieser Methode auf nicht-

zeolithische Materialien sollte problemlos möglich sein.

97

7 Ausblick In dieser Arbeit konnte Elektronenbeugung nur für die Einheitszellen und

Raumgruppenbestimmung eingesetzt werden. Die simulierten Daten zeigten aber deutlich,

dass Elektronenbeugungsintensitäten grundsätzlich für die Strukturlösung verwendbar sind,

wenn diese unter kinematischen Bedingungen aufgenommen werden können. Für Zeolith

ZSM-5 war es daher leider nicht möglich SAED-Bilder unter nahezu kinematischen

Bedingungen zu erhalten. Bei der neu entwickelten Präzessionsmethode, beschreibt der

Elektronenstrahl über der Probe, fokussiert oder in paralleler Beleuchtung, eine

kegelförmige Präzessionsbewegung. Diese Präzessionsbewegung wird unterhalb der Probe

wieder dekompensiert. Diese Methode führt einerseits zu kinematischeren

Elektronenbeugungsintensitäten und zusätzlich können Reflexe bei höheren

Beugungswinkeln (höhere Auflösung) beobachtet werden. Ob die so gemessenen

Beugungsintensitäten vergleichbar mit kinematischen Beugungsintensitäten sind, müsste

überprüft werden. Die Präzessionseinrichtung wurde jedoch erst vor kurzem installiert und

deshalb konnte die Methode in dieser Arbeit nicht benutzt werden. Sollte diese Methode

bessere Reflexintensitäten liefern können, besteht die Hoffnung, dass eine Aufteilung der

Intensität überlappender Reflexe im Pulverdiagramm durch die gemessenen

Elektronenbeugungsintensitäten möglich wird. Auch die Bestimmung eines (beschränkten)

Startmodells direkt aus den mit der Präzessionsmethode gemessenen Reflexintensitäten

würde für die Strukturlösung weiter helfen.

Die HRTEM-Bilder liefern für die Strukturlösung komplexer Zeolithstrukturen wichtige

Phaseninformation. Es wurde aufgezeigt, dass die Strukturlösung umso effizienter verläuft,

je korrekter die Phaseninformation ist. Für die Strukturlösung von TNU-9 wurde ein

Teilphasensatz verwendet, welcher 35% falsche Phaseninformation enthielt. Wenn es

gelingt bessere und/oder grössere Phasensätze zu bekommen, würde dies die Strukturlösung

natürlich wesentlich erleichtern.

Die Phaseninformation wurde in Verbindung mit FOCUS eingesetzt, welches ein für

Zeolithe spezifisches Strukturlösungsprogramm ist. Die Kombination von

Phaseninformation und Pulverbeugungsintensitäten für die Strukturlösung zu benutzen ist

aber auf andere Materialien in Verbindung mit anderen Strukturlösungsprogrammen

98

übertragbar, wie dies zum Beispiel mit der ChargeFlipping-Methode und Zeolith IM-5

(Baerlocher, 2007) gemacht wurde.

99

Anhang A: Die Schwaches-Phasenobjekt-Approximation Die Schwaches-Phasenobjekt-Approximation wird in verschiedenen Textbüchern

(Williams und Carter (1996), Spence (2003), Alexander (1997)) ausführlich beschrieben.

Der Effekt der Probe auf eine eintretende Elektronenwelle, kann durch eine Funktion, die

sogenannte Probentransmissions-Funktion beschrieben werden:

)),(exp(),(),( yxiyxAyxf φ−= 0-1

wobei ),( yxA die Amplitude und ),( yxφ die von der Objektdicke abhängige Phase ist. Die

Phasenänderung eines Elektrons das durch die Probe fliegt hängt nur vom Potential der

Probe ab, welches das Elektron beim passieren der Probe sieht (van Dyck, 1992). Für dünne

Proben der Dicke t, kann das projizierte Potential ),( yxV der Probe betrachtet werden:

∫=t

dzzyxVyxV0

),,(),( 0-2

Bei dünnen Proben kann angenommen werden, dass die Absorption gering ist. Wird die

Absorption gar vernachlässigt, ändert nur die Phase einer Welle und nicht die Amplitude.

Diese Näherung ist bekannt als Phasenobjekt-Approximation, weil die Probe als

„Phasenobjekt“ betrachtet wird. Die Probentransfer-Funktion für ein Phasenobjekt

(Williams und Carter, 1996) wird dann beschrieben durch:

( )),(exp),( yxViyxf tσ−= 0-3

Wobei σ die Interaktionskonstante, ein Mass für den Anteil elastischer Interaktionen, ist.

Für sehr dünne Proben kann noch einen Schritt weiter gegangen werden und das projizierte

Potential ),( yxVt als <<1 angenommen werden. Wird für diesen Fall die Probentransfer-

Funktion in eine Potenzreihe entwickelt und linearisiert wird daraus:

),(1),( yxViyxf tσ−= 0-4

100

Diese Näherung ist als Schwaches-Phasenobjekt-Approximation bekannt. Unter diesen

Voraussetzungen besteht ein linearer Zusammenhang zwischen dem projizierten Potential

der Probe und der Amplitude der Welle, welche die Probe durchlaufen hat.

101

Anhang B: TNU-9 Phasensatz Phasensatz TNU9, berechnet aus dem HRTEM-Bild in Abbildung 6-4 h k l Phase h k l Phase h k l Phase h k l Phase -8 8 1 0.5 -3 3 4 0.5 1 1 5 0.5 5 5 7 0.5-8 8 2 0.5 -3 3 5 0.5 1 1 6 0 5 5 8 0.5-8 8 3 0 -3 3 6 0.5 1 1 7 0 6 6 1 0.5-8 8 4 0.5 -3 3 7 0 1 1 8 0.5 6 6 2 0-7 7 0 0 -3 3 8 0.5 1 1 9 0 6 6 3 0-7 7 1 0.5 -3 3 9 0.5 1 1 10 0 6 6 4 0-7 7 2 0.5 -3 3 10 0 2 2 1 0.5 6 6 5 0.5-7 7 3 0 -2 2 0 0 2 2 2 0 6 6 6 0.5-7 7 4 0.5 -2 2 1 0.5 2 2 3 0.5 6 6 7 0-7 7 5 0 -2 2 2 0 2 2 4 0 7 7 1 0.5-6 6 1 0.5 -2 2 3 0.5 2 2 5 0 7 7 2 0.5-6 6 2 0 -2 2 4 0 2 2 6 0 7 7 3 0-6 6 3 0 -2 2 5 0 2 2 8 0 7 7 4 0.5-6 6 4 0 -2 2 6 0 2 2 9 0 7 7 5 0-6 6 5 0.5 -2 2 8 0 2 2 10 0 8 8 1 0.5-6 6 6 0.5 -2 2 9 0 3 3 1 0.5 8 8 2 0.5-6 6 7 0 -2 2 10 0 3 3 2 0 8 8 3 0-5 5 0 0.5 -1 1 0 0.5 3 3 3 0.5 8 8 4 0.5-5 5 1 0.5 -1 1 1 0.5 3 3 4 0.5-5 5 2 0.5 -1 1 2 0.5 3 3 5 0.5-5 5 3 0 -1 1 3 0 3 3 6 0.5-5 5 4 0 -1 1 4 0.5 3 3 7 0-5 5 5 0 -1 1 5 0.5 3 3 8 0.5-5 5 6 0.5 -1 1 6 0 3 3 9 0.5-5 5 7 0.5 -1 1 7 0 3 3 10 0-5 5 8 0.5 -1 1 8 0.5 4 4 1 0-4 4 0 0.5 -1 1 9 0 4 4 2 0-4 4 1 0 -1 1 10 0 4 4 3 0-4 4 2 0 0 0 1 0 4 4 4 0-4 4 3 0 0 0 2 0.5 4 4 5 0-4 4 4 0 0 0 3 0.5 4 4 6 0-4 4 5 0 0 0 4 0.5 4 4 7 0.5-4 4 6 0 0 0 5 0 4 4 8 0.5-4 4 7 0.5 0 0 6 0.5 4 4 9 0-4 4 8 0.5 0 0 7 0 5 5 1 0.5-4 4 9 0 0 0 8 0 5 5 2 0.5-3 3 0 0.5 1 1 1 0.5 5 5 3 0-3 3 1 0.5 1 1 2 0.5 5 5 4 0-3 3 2 0 1 1 3 0 5 5 5 0-3 3 3 0.5 1 1 4 0.5 5 5 6 0.5

102

Phasensatz TNU9, berechnet aus dem HRTEM-Bild in Abbildung 6-3

h k l Phase h k l Phase h k l Phase 0 0 1 0 -2 0 0 0.5 10 0 3 0 0 0 2 0.5 -2 0 1 0 10 0 4 0.5 0 0 3 0.5 -2 0 2 0.5 10 0 5 0.5 0 0 4 0.5 -2 0 3 0 12 0 1 0.5 0 0 5 0 -2 0 4 0 12 0 2 0 0 0 6 0.5 -2 0 5 0.50 0 7 0 -2 0 6 00 0 8 0 -2 0 7 0.5

-12 0 1 0.5 -2 0 8 0.5-12 0 2 0 2 0 1 0-10 0 0 0.5 2 0 2 0.5-10 0 1 0 2 0 3 0-10 0 2 0.5 2 0 4 0-10 0 3 0 2 0 5 0.5-10 0 4 0.5 2 0 6 0-10 0 5 0.5 2 0 7 0.5-8 0 0 0 2 0 8 0.5-8 0 1 0 4 0 1 0.5-8 0 2 0.5 4 0 2 0.5-8 0 3 0.5 4 0 3 0.5-8 0 4 0 4 0 4 0.5-8 0 5 0.5 4 0 5 0-8 0 6 0 4 0 6 0-6 0 0 0 4 0 7 0-6 0 1 0.5 4 0 8 0-6 0 2 0.5 6 0 1 0.5-6 0 3 0.5 6 0 2 0.5-6 0 4 0.5 6 0 3 0.5-6 0 5 0 6 0 4 0.5-6 0 6 0 6 0 5 0-6 0 7 0 6 0 6 0-4 0 0 0.5 6 0 7 0-4 0 1 0.5 8 0 1 0-4 0 2 0.5 8 0 2 0.5-4 0 3 0.5 8 0 3 0.5-4 0 4 0.5 8 0 4 0-4 0 5 0 8 0 5 0.5-4 0 6 0 8 0 6 0-4 0 7 0 10 0 1 0-4 0 8 0 10 0 2 0.5

103

Phasensatz TNU9, berechnet aus dem HRTEM-Bild in Abbildung 6-2

h k l Phase h k l Phase-10 0 0 0.5 -3 7 0 0.5

-8 0 0 0 -3 9 0 0-6 0 0 0 -2 4 0 0-4 0 0 0.5 -2 6 0 0-2 0 0 0.5 -2 8 0 0.5-5 5 0 0.5 -1 3 0 0.5-4 4 0 0.5 -1 5 0 0-3 3 0 0.5 -1 7 0 0.5-2 2 0 0 -1 9 0 0.5-1 1 0 0.5 0 2 0 0.5

-13 1 0 0.5 0 4 0 0.5-12 0 0 0.5 0 6 0 0.5-12 2 0 0 0 8 0 0.5-12 4 0 0 -11 1 0 0 -11 3 0 0 -11 5 0 0 -10 2 0 0 -10 6 0 0.5

-9 1 0 0 -9 3 0 0 -9 5 0 0.5 -8 2 0 0.5 -8 4 0 0 -8 6 0 0.5 -7 1 0 0.5 -7 3 0 0.5 -7 5 0 0.5 -6 2 0 0 -6 4 0 0 -6 6 0 0 -6 8 0 0 -5 1 0 0.5 -5 3 0 0.5 -5 7 0 0 -4 2 0 0 -4 6 0 0.5 -4 8 0 0.5 -3 1 0 0 -3 5 0 0.5

104

Anhang C: Atomkoordinaten TNU-9-Struktur

Raumgruppe: C2/m Einheitszelle: a=2.82219nm b=2.00123nm c=1.94926nm, β=92.33°

Siliziumpositionen TNU9 Fortsetzung Sauerstoffpositionen TNU9 (Temperaturfaktor u=0.018)

Atom x y z Atom x y z O11 0.1377(9) 0.118(1) 0.127(1) Si01 0.1057(5) 0.1895(8) 0.7052(7) O12 0.1997(6) 0.093(1) 0.808(1) Si02 0.0037(5) 0.3059(8) 0.1448(7) O13 0.134(1) 0.0000 0.797(2) Si03 0.1505(5) 0.1869(8) 0.1668(7) O14 0.1221(9) 0.308(1) 0.874(1) Si04 0.0903(5) 0.1217(7) 0.9281(7) O15 0.1056(9) 0.306(2) 0.0019(8)Si05 0.1060(5) 0.3068(8) 0.0843(7) O16 0.0353(7) 0.306(2) 0.917(1) Si06 0.0030(5) 0.0777(5) 0.1430(7) O17 0.2065(6) 0.189(1) 0.187(1) Si07 0.1028(5) 0.4253(6) 0.7126(8) O18 0.3000(6) 0.191(2) 0.190(1) Si08 0.1510(5) 0.4229(6) 0.1722(8) O19 0.251(1) 0.197(2) 0.3024(8)Si09 0.1009(5) 0.0767(6) 0.0780(7) O20 0.2554(9) 0.2983(8) 0.223(1) Si10 0.2532(5) 0.3783(8) 0.2245(7) O21 0.0534(6) 0.294(2) 0.110(1) Si11 0.1445(6) 0.0786(5) 0.7995(7) O22 0.994(1) 0.247(1) 0.198(1) Si12 0.1645(5) 0.3773(7) 0.4393(7) O23 0.000(1) 0.377(1) 0.183(1) Si13 0.1000(5) 0.3797(8) 0.3085(8) O24 0.1387(9) 0.247(1) 0.114(1) Si14 0.2392(5) 0.0775(5) 0.6200(7) O25 0.1254(9) 0.189(1) 0.240(1) Si15 0.0004(5) 0.4233(6) 0.2498(8) O26 0.127(1) 0.378(1) 0.111(1) Si16 0.9979(5) 0.1880(8) 0.2534(7) O27 0.002(2) 0.0000 0.161(2) Si17 0.2358(5) 0.3101(8) 0.6180(7) O28 0.001(1) 0.118(1) 0.214(1) Si18 0.1436(5) 0.3084(8) 0.8004(7) O29 0.1234(8) 0.413(2) 0.639(1) Si19 0.1655(5) 0.2182(7) 0.4331(8) O30 0.0470(6) 0.409(2) 0.709(1) Si20 0.1002(5) 0.2215(8) 0.3047(7) O31 0.130(1) 0.379(1) 0.767(1) Si21 0.1641(5) 0.4237(6) 0.5858(8) O32 0.114(1) 0.5000 0.740(2) Si22 0.0875(5) 0.2788(7) 0.9289(7) O33 0.129(1) 0.411(1) 0.247(1)Si23 0.1672(5) 0.1911(8) 0.5794(7) O34 0.145(2) 0.5000 0.149(2) Si24 0.2534(5) 0.2186(8) 0.2244(7) O35 0.2073(6) 0.407(1) 0.181(1)

O36 0.248(1) 0.400(1) 0.3028(8)O37 0.1725(9) 0.2975(8) 0.440(1) O38 0.2152(7) 0.409(1) 0.424(1)

Sauerstoffpositionen TNU9 O39 0.1453(8) 0.403(1) 0.5104(9)(Temperaturfaktor u=0.022) O40 0.1238(9) 0.397(1) 0.383(1)

O41 0.0457(7) 0.407(1) 0.301(1) Atom x y z O42 0.1027(9) 0.3006(8) 0.296(1)O01 0.0401(7) 0.091(1) 0.910(1) O43 0.1945(8) 0.121(1) 0.593(2) O02 0.0883(9) 0.2001(7) 0.936(1) O44 0.225(1) 0.0000 0.615(2) O03 0.1247(9) 0.106(1) 0.869(1) O45 0.009(2) 0.5000 0.224(2) O04 0.1097(9) 0.089(1) -0.001(8) O46 0.0456(6) 0.197(2) 0.301(1) O05 0.1259(8) 0.205(2) 0.631(1) O47 0.2080(8) 0.379(1) 0.611(1) O06 0.125(1) 0.247(1) 0.755(1) O48 0.2852(6) 0.318(1) 0.581(1)O07 0.125(1) 0.119(1) 0.733(1) O49 0.2039(9) 0.252(1) 0.584(1) O08 0.0484(5) 0.190(2) 0.701(1) O50 0.1447(8) 0.191(2) 0.5028(8)O09 0.0477(6) 0.095(1) 0.098(1) O51 0.1255(8) 0.199(1) 0.376(1) O10 0.113(1) 0.0000 0.095(2) O52 0.182(1) 0.5000 0.585(2)

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Curriculum Vitae

Geboren

am 14. März 1973 in Schaffhausen (Schweiz)

Staatsangehörigkeit

Schweizer

Zivilstand

ledig

Ausbildung

1980 – 1986 Primarschule in Schaffhausen

1986 – 1988 Sekundarschule in Schaffhausen

1988 - 1993 Maturitätsschule in Schaffhausen

1993 Maturität Typus C

1993 – 1996 Biochemiestudium an der ETH Zürich

1996 – 2001 Erdwissenschaftsstudium an der ETH Zürich

2001 Diplom mit Hauptvertiefungsrichtung Kristallographie

2001 Start dieser Doktorarbeit an der ETH Zürich

im Labor für Kristallographie

109

Dank

Zum Abschluss dieser Arbeit möchte ich mich bei allen bedanken die zum Gelingen dieser

Arbeit beigetragen haben. Besondere den Mitgliedern des Laboratoriums für

Kristallographie der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich möchte ich mich

für die Unterstützung und die angenehme Arbeitsatmosphäre bedanken, insbesondere bei

Dr. Lynne McCusker und Dr. Christian Baerlocher dafür, dass sie jederzeit mit ihrer

geduldigen fortwährenden und inspiriernden Betreuung die ganze Arbeit unterstützten,

Prof . Dr. Walter Steurer, meinem Doktorvater und Gutachter der Dissertation,

Dr. Marco Cantoni, für das Begutachten der Dissertation,

Dr. Elisabeth Müller-Gubler für die guten Ratschläge und die Unterstützung in allen

Lebenslagen rund um das Elektronenmikroskop,

Roland Wessiken für die geduldige Vermittlung der Grundlagen am Transmissions-

elektronenmikroskop und den immer prompten Instandstellung des Elektronenmikroskops

wenn mal wieder etwas schief lief,

Dr. Xiaodong Zou für das zur Verfügung stellen der Software CRISP und die vielen Tips

im Umgang mit dem Programm,

Dr. Sinisa Prokic, Lars Kocher, Dr. Miroslav Kobas für die angenehmen, unterhaltsamen

und lustigen Momente im gemeinsamen Büro,

Dr. Ralf Grosse-Kunstleve für die ausführliche Beratung und die Tricks im Umgang mit

dem Programm FOCUS,

Dr. Conradin Beeli für den Einstieg in die Elektronenmikroskopie,

Prof. Dr. Osamu Tersaki, für die hervorragenden HRTEM-Bilder von Zeolith TNU-9,

Prof. Paul A. Wright für das zur Verfügung stellen der Daten von Zeolith TNU-9,

Meiner Familie und meinen Freunden, welche mir den notwendigen Rückhalt lieferten.

Diese Arbeit wurde vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) unterstützt.

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