+ All Categories
Home > Documents > Handgelenksarthrodese mit gefäßgestieltem Fibulasegment bei handgelenksnahen Unterarmtumoren;...

Handgelenksarthrodese mit gefäßgestieltem Fibulasegment bei handgelenksnahen Unterarmtumoren;...

Date post: 25-Aug-2016
Category:
Upload: f
View: 218 times
Download: 5 times
Share this document with a friend
10
Oper Orthop Traumatol 2012 · 24:186–195 DOI 10.1007/s00064-011-0102-2 Online publiziert: 4. Juli 2012 © Springer-Verlag 2012 B. Lehner 1  · M. Jung 2  · F. von Stillfried 1 1 Sektion Orthopädische Onkologie und Septische Orthopädische Chirurgie, Abteilung für Orthopädie und Unfallchirurgie, Universitätsklinik Heidelberg 2 Orthopädische Chirurgie München Handgelenksarthrodese mit  gefäßgestieltem Fibulasegment  bei handgelenksnahen  Unterarmtumoren Vorbemerkungen Der distale Radius stellt eine seltene Lo- kalisation für primäre Knochentumore dar. Osteosarkome und Ewing-Sarkome im Bereich der Hand und des Unterar- mes sind nur mit geringen Fallzahlen in der Literatur beschrieben. So liegen Langzeitdaten von 33 Pa- tienten der kooperativen Ewing-Sarkom- Studiengruppe vor. Mit 5-Jahres-Überle- bensraten von 84,1% und 10-Jahres-Über- lebensraten von 74,1% ergab sich für diese Patienten mit einem malignen Knochen- tumor eine sehr gute Überlebensrate. Die besten Ergebnisse wurden mit einer Kom- bination aus neoadjuvanter Chemothera- pie und extremitätenerhaltender Tumor- resektion mit anschließender Nachbe- strahlung erzielt. Die Amputation in Hö- he des Unterarms, die in den Jahren bis 1995 häufig durchgeführt wurde, zeigte keine besseren Überlebensraten [2]. Die Ergebnisse der kooperativen Os- teosarkom-Studiengruppe (COSS) zeig- ten bei 39 Patienten mit Osteosarkom im Bereich des Unterarms sowie der Hand ein 5-Jahres-Überleben von 86,2%. Auch hier zeigte die lokale Resektion im Ver- gleich zur Amputation keine Verschlech- terung des Gesamtüberlebens [3]. Die meisten Literaturberichte über Tu- more des distalen Radius liegen bei Rie- senzelltumoren vom Campanacci Grad 2 und 3 vor [5, 6, 7]. Zur Rekonstruktion des distalen Ra- dius besteht die Möglichkeit der Einbrin- gung eines gelenkerhaltenden osteoarti- kulären Allografts [8]. Hier liegt jedoch ein erhöhtes Risiko zur Fraktur und zur Ausbildung einer Sekundärarthrose vor. Alternativ kommt die Einbringung eines autologen Knochentransplantats in Frage. Sollte keine Infiltration des Radio- karpalgelenks vorliegen, kann eine freie mikrovaskuläre proximale Fibula als Er- satz des distalen Radius transplantiert werden. Die Form des Fibulaköpfchens entspricht zumeist gut der distalen Ra- diusgelenkfläche. Die Versorgung des Fi- bulaköpfchens erfolgt eher durch Antei- le der A. tibialis anterior als der Peronea- larterie. Dies sollte bei der Gefäßpräpara- tion berücksichtigt werden. Ohne mik- rovaskulären Gefäßanschluss besteht die Gefahr der Nekrose des Fibulaköpfchens. Der Gelenkersatz durch das Fibulaköpf- chen bietet die Möglichkeit einer guten Beweglichkeit im Radiokarpalgelenk. Es besteht jedoch gleichzeitig die Gefahr einer vermehrten Gelenkinstabilität. Bei möglicher Infiltration des Radio- karpalgelenks und zum sicheren Erhalt einer stabilen Versorgung kann daher die Handgelenksarthrodese mit Interposi- tion eines mikrovaskulären Fibulatrans- plantats durchgeführt werden. Dies ist mit einer geringen Entnahmemorbidität verbunden, da eine Segmentresektion der Fibula im mittleren Drittel unter Belas- sen eines mindestens 10 cm langen dista- len Anteils ohne wesentliche funktionelle Funktionsminderung möglich ist [4]. Operationsprinzip und -ziel En-bloc-Entfernung des Tumors ein- schließlich des Biopsiezugangs bei Knochentumoren. Die Resektion muss bei hochmalignen Knochentu- moren sicher im Gesunden erfolgen, um das onkologische Ergebnis nicht zu gefährden. Resektion des dista- len Radius einschließlich der proxi- malen Handwurzelreihe. Entnahme der Fibula entsprechend des entstan- denen Knochendefekts mit den ver- sorgenden peronealen Gefäßen. Sta- bilisierung mit 2 winkelstabilen Plat- ten (LCP) zur Osteosynthese zwischen proximalem Radiusstumpf und Fibu- la sowie von der Fibula auf das Os ca- pitatum und Metakarpale III. Ziel ist eine stabile schmerzfreie Handge- lenksarthrodese. Vorteile F Extremitätenerhalt F Keine Einschränkung des onkologi- schen Ergebnisses F Belastungsstabile Handgelenksarthro- dese F Verbesserte ossäre Heilung unter Ra- diochemotherapie durch körpereige- nes Transplantat mit mikrovaskulä- rem Anschluss F Standardisierte Transplantatentnah- me mit geringer Hebemorbidität F Keine Verlängerung der Operations- zeit bei paralleler Transplantatentnah- me durch zweites Operationsteam Nachteile F Verlust der Handgelenksbeweglich- keit Redaktion D.C. Wirtz, Bonn Zeichner R. Himmelhan, Heidelberg 186 | Operative Orthopädie und Traumatologie 3 · 2012 Operative Techniken
Transcript

Oper Orthop Traumatol 2012 · 24:186–195DOI 10.1007/s00064-011-0102-2Online publiziert: 4. Juli 2012© Springer-Verlag 2012

B. Lehner1 · M. Jung2 · F. von Stillfried1

1 Sektion Orthopädische Onkologie und Septische Orthopädische Chirurgie, Abteilung für Orthopädie und Unfallchirurgie, Universitätsklinik Heidelberg

2 Orthopädische Chirurgie München

Handgelenksarthrodese mit gefäßgestieltem Fibulasegment bei handgelenksnahen Unterarmtumoren

Vorbemerkungen

Der distale Radius stellt eine seltene Lo-kalisation für primäre Knochentumore dar. Osteosarkome und Ewing-Sarkome im Bereich der Hand und des Unterar-mes sind nur mit geringen Fallzahlen in der Literatur beschrieben.

So liegen Langzeitdaten von 33 Pa-tienten der kooperativen Ewing-Sarkom-Studiengruppe vor. Mit 5-Jahres-Überle-bensraten von 84,1% und 10-Jahres-Über-lebensraten von 74,1% ergab sich für diese Patienten mit einem malignen Knochen-tumor eine sehr gute Überlebensrate. Die besten Ergebnisse wurden mit einer Kom-bination aus neoadjuvanter Chemothera-pie und extremitätenerhaltender Tumor-resektion mit anschließender Nachbe-strahlung erzielt. Die Amputation in Hö-he des Unterarms, die in den Jahren bis 1995 häufig durchgeführt wurde, zeigte keine besseren Überlebensraten [2].

Die Ergebnisse der kooperativen Os-teosarkom-Studiengruppe (COSS) zeig-ten bei 39 Patienten mit Osteosarkom im Bereich des Unterarms sowie der Hand ein 5-Jahres-Überleben von 86,2%. Auch hier zeigte die lokale Resektion im Ver-gleich zur Amputation keine Verschlech-terung des Gesamtüberlebens [3].

Die meisten Literaturberichte über Tu-more des distalen Radius liegen bei Rie-senzelltumoren vom Campanacci Grad 2 und 3 vor [5, 6, 7].

Zur Rekonstruktion des distalen Ra-dius besteht die Möglichkeit der Einbrin-gung eines gelenkerhaltenden osteoarti-kulären Allografts [8]. Hier liegt jedoch

ein erhöhtes Risiko zur Fraktur und zur Ausbildung einer Sekundärarthrose vor.

Alternativ kommt die Einbringung eines autologen Knochentransplantats in Frage. Sollte keine Infiltration des Radio-karpalgelenks vorliegen, kann eine freie mikrovaskuläre proximale Fibula als Er-satz des distalen Radius transplantiert werden. Die Form des Fibulaköpfchens entspricht zumeist gut der distalen Ra-diusgelenkfläche. Die Versorgung des Fi-bulaköpfchens erfolgt eher durch Antei-le der A. tibialis anterior als der Peronea-larterie. Dies sollte bei der Gefäßpräpara-tion berücksichtigt werden. Ohne mik-rovaskulären Gefäßanschluss besteht die Gefahr der Nekrose des Fibulaköpfchens. Der Gelenkersatz durch das Fibulaköpf-chen bietet die Möglichkeit einer guten Beweglichkeit im Radiokarpalgelenk. Es besteht jedoch gleichzeitig die Gefahr einer vermehrten Gelenkinstabilität.

Bei möglicher Infiltration des Radio-karpalgelenks und zum sicheren Erhalt einer stabilen Versorgung kann daher die Handgelenksarthrodese mit Interposi-tion eines mikrovaskulären Fibulatrans-plantats durchgeführt werden. Dies ist mit einer geringen Entnahmemorbidität verbunden, da eine Segmentresektion der Fibula im mittleren Drittel unter Belas-sen eines mindestens 10 cm langen dista-len Anteils ohne wesentliche funktionelle Funktionsminderung möglich ist [4].

Operationsprinzip und -ziel

En-bloc-Entfernung des Tumors ein-schließlich des Biopsiezugangs bei

Knochentumoren. Die Resektion muss bei hochmalignen Knochentu-moren sicher im Gesunden erfolgen, um das onkologische Ergebnis nicht zu gefährden. Resektion des dista-len Radius einschließlich der proxi-malen Handwurzelreihe. Entnahme der Fibula entsprechend des entstan-denen Knochendefekts mit den ver-sorgenden peronealen Gefäßen. Sta-bilisierung mit 2 winkelstabilen Plat-ten (LCP) zur Osteosynthese zwischen proximalem Radiusstumpf und Fibu-la sowie von der Fibula auf das Os ca-pitatum und Metakarpale III. Ziel ist eine stabile schmerzfreie Handge-lenksarthrodese.

Vorteile

FExtremitätenerhaltFKeine Einschränkung des onkologi-

schen ErgebnissesFBelastungsstabile Handgelenksarthro-

deseFVerbesserte ossäre Heilung unter Ra-

diochemotherapie durch körpereige-nes Transplantat mit mikrovaskulä-rem Anschluss

FStandardisierte Transplantatentnah-me mit geringer Hebemorbidität

FKeine Verlängerung der Operations-zeit bei paralleler Transplantatentnah-me durch zweites Operationsteam

Nachteile

FVerlust der Handgelenksbeweglich-keit

RedaktionD.C. Wirtz, BonnZeichnerR. Himmelhan, Heidelberg

186 |  Operative Orthopädie und Traumatologie 3 · 2012

Operative Techniken

FZusätzlicher Extremitäteneingriff zur Hebung der Fibula

Indikationen

FAusgedehnte primäre Knochentumo-re des distalen Radius

Kontraindikationen

FInfiltration des Karpus durch den Tu-mor

FInfiltration neurovaskulärer Struktu-ren

FMöglichkeit zum Gelenkerhalt bei kleinen Tumoren mittels Fibulaköpf-chens vorhanden (relative Kontrain-dikation)

Patientenaufklärung

FAufgehobene Beweglichkeit des Handgelenks

FSchmerzfreiheit nicht garantiertFAusbildung einer Pseudarthrose mit

möglichen NachoperationenFVerletzung von Nerven und Gefäßen

an Handgelenk und UnterschenkelFChronisches regionales Schmerzsyn-

drom (CRPS)FIntraoperative Entscheidung zur Am-

putation falls Tumorresektion nicht im Gesunden möglich

FEingeschränkte Funktion der Finger möglich, falls Sehen- oder Muskelre-sektion im Rahmen der Tumorentfer-nung erforderlich

Operationsvorbereitungen

FRöntgenaufnahmen von Handge-lenk, Unterarm und Unterschenkel in 2 Ebenen

FAktuelle Kernspintomographie mit Kontrastmittel des gesamten Unter-arms einschließlich der Hand

FKlinische Kontrolle der Durchblu-tung von Hand und Unterschenkel einschließlich Dopplersonographie

Instrumentarium

FWeichteilsiebFKnochensiebFHandchirurgisches InstrumentariumFMikrochirurgisches Instrumentarium

FGefäßclipsF3,5-mm-LCP-Platten (Fa. Synthes)

inkl. SchränkeisenFLupenbrille und Operationsmikros-

kopFHeparinlösung 1:100

Anästhesie und Lagerung

FAllgemeine AnästhesieFRückenlagerungFAuslagerung des Arms auf HandtischFOberarmblutsperre (kein Auswickeln

des Arms)

Zusammenfassung · Abstract

Oper Orthop Traumatol 2012 · 24:186–195 DOI 10.1007/s00064-011-0102-2© Springer-Verlag 2012

B. Lehner · M. Jung · F. von Stillfried

Handgelenksarthrodese mit gefäßgestieltem Fibulasegment bei handgelenksnahen Unterarmtumoren

ZusammenfassungOperationsziel. Vollständige Entfernung des Knochentumors und Rekonstruktion der De-fektstrecke durch Interposition eines freien Fibulaspanes und stabilisierende Handge-lenksarthrodese.Indikationen. Primäre Knochentumore des distalen Radius mit Ausdehnung bis an die chondrale Grenze des Radiokarpalgelenks.Kontraindikationen. Ausgedehnte Tumor-infiltration des Karpus oder Infiltration der Hauptgefäßnervenbahnen.Operationstechnik. Unter Mitnahme des Probeentnahmezugangs En-bloc-Resektion des Tumors. Entnahme des Fibulasegments unter Mitnahme der versorgenden Peroneal-gefäße. Interposition der Fibula in den knö-chernen Defekt und überbrückende winkel-stabile Osteosynthese mit Arthrodese des Handgelenks. Fakultative Anlagerung von Spongiosa an die knöchernen Osteotomien. Mikrochirurgische Gefäßanastomose.Weiterbehandlung. Bewegungsübungen der Finger postoperativ möglich, Ruhigstel-

lung des Handgelenks in einer Unterarmgips-schiene für 6 Wochen. Abwarten der knö-chernen Konsolidierung. Diese ist innerhalb von 8–12 Wochen zu erwarten. Danach zu-nehmende Aufbelastung.Ergebnisse. Eine Möglichkeit der extremitä-tenerhaltenden Operationstechnik bei aus-gedehnten primären Knochentumoren am distalen Radius wurde in der beschriebenen Art in unserer Klinik seit 2009 bei 2 Patienten durchgeführt. Nachuntersuchungen mit tu-morfreiem Befund und schmerzfreier Hand-funktion erfolgten nach 2,5 Jahren. Es zeigte sich eine freie Fingerbeweglichkeit und erhal-tene Sensomotorik. Ein MSTS-Score („Muscu-loskeletal Tumour Society“) nach Enneking von 80% bzw. 70% konnte erhoben werden.

SchlüsselwörterHandgelenk · Arthrodese · Freies Fibulainterponat · Knochenneoplasien · Extremitätenerhalt

Total wrist fusion with vascularized fibula graft after tumor resection of the distal radius

AbstractObjective. Total tumor resection and defect resconstruction by vascularized fibula graft and total wrist fusion.Indications. Primary extended bone tumors of the distal radius.Contraindications. Tumor infiltration of the whole carpus or of the neurovascular struc-tures.Surgical technique. En bloc resection of the tumor including the biopsy scar. Raising of a microvascular fibula graft including the pero-neal vessels. Defect reconstruction using the fibula and stabilization of the total wrist fu-sion with a locking compression plate (LCP).Postoperative management. Function-al therapy of the fingers is possible, below el-

bow cast for 6 weeks. Weight bearing after 12 weeks according to bone healing.Results. The operation technique described for preservation of the extremity in prima-ry extended bone tumors of the distal radius was performed in our clinic in 2 patients since 2009. Tumor-free and pain-free hand function was found at the 2.5-year follow-up examina-tions. The patients had free range of motion of the fingers and preserved sensorimotor func-tion. The MSTS (Musculoskeletal Tumour Soci-ety) scores by Enneking were 80% and 70%.

KeywordsWrist joint · Arthrodesis · Vascularized fibula graft · Bone neoplasms · Limb salvage

187Operative Orthopädie und Traumatologie 3 · 2012  | 

Operationstechnik

(.Abb. 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13)

Abb. 1 9 Ewing-Sar-kom distaler Radius rechts mit reizloser PE-Narbe dorsalseitig

Biopsienarbe

Radius

R. superficialis N. radialis

Sehne des M. brachioradialis

Os capitatum

Os hamatum

Abb. 2 9 En-bloc-Resektion des Tumors ein-schließlich des Zugangs zur Probebiopsie. Be-lassen einer intakten Weichteilmanschette um den Tumor herum. Abhängig von der Tumoraus-dehnung verbleiben entsprechende Muskeln und Sehnen am Präparat. Darstellung und Mar-kierung von Gefäß- und Nervenverläufen. Hier sichtbar der R. superficialis des N. radialis. Freile-gen der mediokarpalen Gelenklinie; in dieser er-folgt die distale Absetzung unter Mitnahme des distalen radioulnaren Gelenks und des Discus triangularis. Nach nochmaliger Überprüfung an-hand der präoperativen Planung und intraope-rativer Durchleuchtung erfolgt die proximale Absetzung mit der oszillierenden Säge unter Kühlung mittels Spülung

188 |  Operative Orthopädie und Traumatologie 3 · 2012

Operative Techniken

Os hamatum

Os triquetrum

Os lunatum

UlnaRadius

Os capitatum

Os scaphoideum

Abb. 3 9 Distale Ab-setzungslinie im Me-diokarpalgelenk

Os triquetrum

Os lunatum

Radius

M. abductor pollicis long.M. extensor pollicis long. et brevis

M. extensor carpi radialis long. et brevis

Os scaphoideumAbb. 4 9 Operationspräparat von radial mit auf dem Resektat verbliebenen Sehnen des 1., 2. und 3. Stecksehnenfachs (Abduktor pollicis lon-gus, Extensor pollicis brevis, Extensor carpi ra-dialis longus und brevis, Extensor pollicis lon-gus)

189Operative Orthopädie und Traumatologie 3 · 2012  | 

Abb. 5 8 Entnahme des Fibulasegments einschließlich der versorgenden Peronealgefäße. Für die Entnahme durch das zweite Opera-tionsteam wird eine eigene sterile Operationsabdeckung sowie ein separates Operationsinstrumentarium einschließlich Elektrokau-ter und Sauger verwendet. a Anzeichnen der geplanten Hautinzision entsprechend der geplanten Entnahmelänge der Fibula (gestri-chelte Linie). b Darstellen der Muskelfaszie sowie zwischen M. soleus und Peronealmuskulatur Längsinzision der Faszie vor dem Sep-tum. Nun Abschieben der Peronealmuskulatur von der Vorderfläche der Fibula unter Belassen des Periosts auf der Fibula. Bei Ausdeh-nung der Fibularesektion nach proximal, Darstellen des N. peroneus superficialis und Schonung desselben. c Ablösen der Zehenstre-cker von der Fibula extraperiostal und nach Inzision der Membrana interossea Einsetzen von kleinen Hohmann-Hebeln und Durch-trennung mit der oszillierenden Säge unter Kühlung. Gleiches Vorgehen proximal. Unter Außenrotation des Fibulasegments, Darstel-len der Membrana interossea. Schrittweises Darstellen des Gefäßbündels nach proximal. Nach Identifikation des Gefäßstiels extrape-riostales Ablösen des M. flexorum hallucis sowie M. tibialis posterior von der Fibula. Absetzen des M. soleus von der Rückfläche der Fi-bula. Dann Unterbindung und Durchtrennung des distalen Gefäßendes, Ligatur nach proximal und Abtrennen des Gefäßstiels. Nach Entnahme des Präparats Spülung mit verdünnter Heparinlösung über den Gefäßstiel. Zuvor durchtrennte kleine Gefäßseitenäste wer-den mit Gefäßclips verschlossen

M. extensor hallucis long.

M. soleus

M. extensor digitorum long.

M. �exor hallucis long.

M. peronaeuslong. et brevis

A. peronea mit Begleitvenen

A. peronea mit Begleitvenen

M. peronaeus long. et brevis

M. soleus

Fibula

a

b

c

190 |  Operative Orthopädie und Traumatologie 3 · 2012

Operative Techniken

proximaler Radiusstumpf

Fibulatransplantat

Peroneale Gefäßenach proximal radial

Abb. 6 8 Nach Zurichten der erforderlichen Länge wird die Kontaktfläche treppenförmig ausgearbeitet. Damit wird eine grö-ßere ossäre Anbindung erreicht. Die Ausrichtung des peronealen Gefäßes wird beachtet und erfolgt nach proximal-radial, wo sich die A. radialis als späterer Gefäßanschluss anbietet. Die Osteosynthese mit winkelstabiler Platte erfolgt zunächst proxi-mal, dann distal und vor dem mikrochirurgischen Anschluss. Bei der Bohrung und Schraubenbesetzung ist darauf zu achten, den Gefäßstiel der Fibula nicht zu verletzen

M. extensor digitorum

Fibula

M. �exor carpi radialis

M. abductor pollicis long.M. extensor pollicis long. et brevisM. extensor carpi radialis long. et brevis

Abb. 7 8 Distal ist die Kontaktfläche des Fibulatransplantats zum Os capitatum nach Entknorpelung ebenfalls treppenförmig ausgearbeitet. Die winkelstabile Platte wird sparsam an den Situs anmodelliert und wird distal im Metakarpale III mit 3 bikor-tikalen Schrauben und im Os capitatum mit 1–2 Schrauben fixiert. Auf Höhe der treppenförmigen Auflage wird jeweils eine Zugschraube zur besseren Kompression eingebracht. Die Stabilität der distalen Ulna wird geprüft und ggf. mit transfixieren-den Nähten in Richtung des Transplantats gezügelt

191Operative Orthopädie und Traumatologie 3 · 2012  | 

M. extensor indicis

FibulaA. radialis

M. flexor carpi radialisM.-extensor-pollicis-long.-Sehne

Distale Platte

Proximale Platte

Abb. 8 8 Rekonstruktion der in diesem Fall resezierten Extensor-pollicis-longus-Sehne mittels Extensor-indicis-Plastik. Die Sehnen des 1. Strecksehnenfachs können mit Hilfe der Flexor-carpi-radialis-Sehne in ihrer Funktion wiederhergestellt werden. Eine weichteilige Deckung des Transplantats und der Osteosyntheseplatten mit vitalem Muskelgewebe sollte angestrebt wer-den

Fibula

A. radialis

Mikrochirurgische Anastomose

Distale Platte Proximale Platte

Abb. 9 8 Mikrochirurgische Anastomose. Einsatz des Operationsmikroskops zur Darstellung der A. radialis als Anschlussge-fäß. Intraoperativer Allen-Test zur Sicherstellung einer ausreichenden Durchblutung über die A. ulnaris

192 |  Operative Orthopädie und Traumatologie 3 · 2012

Operative Techniken

End-zu-Seit-Anastomose

Abb. 10 8 Anastomose des peronealen Gefäßstiels an die A. radialis und eine Begleitvene. Verwendet wird ein Ethilon-Faden der Stärke 8–0. Bei intakten Anastomosen Einlage von Silikondrainagen, Sub-kutannaht, Hautnaht mit Ethilon 4–0. Steriler Kompressenverband, leichte Wattewicklung und Anlage einer Oberarmschiene für 2 Tage

Abb. 11 8 Röntgenbild Unterschenkel a.-p. nach Entnahme der Fibula

193Operative Orthopädie und Traumatologie 3 · 2012  | 

Abb. 12 8 Röngtenbild Unterarm a.-p. präope-rativ

Abb. 13 9 a Röntgen-bild Unterarm seitlich, 4 Wochen postope-rativ. b Röntgenbild Unterarm a.-p., 6 Wo-chen postoperativ

194 |  Operative Orthopädie und Traumatologie 3 · 2012

Operative Techniken

Postoperative Behandlung

FHochlagerung, Clexane 2-mal 40 mg s.c. (wegen Gefäßanastomose), An-algetika, Nikotinkarenz.

FVerbandwechsel und Drainagenent-nahme nach 2 Tagen. Röntgenauf-nahme des Handgelenks in 2 Ebenen ohne Schiene, Röntgenaufnahme des Unterschenkels nur a.-p

FNach 1. Verbandwechsel Anlage eines zirkulären Unterarmgipses für 6 Wo-chen. Gipswechsel alle 2–3 Wochen, Fadenzug bei 1. Gipswechsel

FBei Sehnenrekonstruktion funktio-nelle Nachbehandlung wie bei einer Verletzung auf entsprechender Höhe

FPhysiotherapeutische Beübung zur Mobilisation der Finger und mehr-fach tägliche Selbstbeübung in den Faustschluss und Fingerextension. Röntgenkontrolle nach 6 Wochen und vor Aufbelastung

FWeitere radiologische Kontrollen mit MRT und Röntgen entsprechend der Tumornachsorge. Eine Metallentfer-nung sollte nur bei störenden Implan-taten und frühestens nach 2 Jahren erfolgen.

Fehler, Gefahren, Komplikationen

FHämatom bei Anastomoseninsuffi-zienz: frühzeitige Revision

FUnvollständige Tumorresektion: Tu-mornachresektion, Amputation

FAusbildung einer Pseudarthrose: Re-vision mit Spongiosatransplantation

FInstabilität der distalen Ulna nach dorsal: Versuch der weichteiligen Raf-fung oder Zügelung auch unter Ver-wendung von Fadenankern und transossären Nähten

Ergebnisse

Aufgrund der Seltenheit des Auftretens primärer maligner Knochentumoren im Bereich des distalen Radius führten wir seit 2009 2 Handgelenksarthrodesen mit gestieltem Fibulasegment bei 2 jungen Männern durch. Hierbei handelt es sich um einen 18-jährigen Mann mit Ewing-Sarkom und einen 20-jährigen Mann mit einem Osteosarkom. In beiden Fällen

konnte ein extremitätenerhaltender Ein-griff durchgeführt werden. Die histopa-thologische Aufarbeitung der Resektate ergab in beiden Fällen eine Resektion im Gesunden. Die vollständige ossäre Durch-bauung war nach 6 Monaten abgeschlos-sen. Eine Pseudarthrose konnte in keinem Fall beobachtet werden. Die in einem Fall erforderliche Sehnenrekonstruktion zeig-te eine sehr gute Funktionalität und er-möglichte dem Patienten im Verlauf wie-der das Klavier spielen. Bei einem Pa-tienten zeigte sich im Verlauf eine leich-te Instabilität der distalen Ulna mit ent-sprechender Prominenz nach dorsal. Eine Nachuntersuchung jeweils 2,5 Jah-re postoperativ zeigte die Tumorfreiheit. Der MSTS-Enneking-Score mit Erfassung von Schmerzen, Funktion und subjektiver Zufriedenheit ergab sehr gute Werte von 80% bzw. 70%. Komplikationen traten im Rahmen der relativ kurzen Nachbehand-lung nicht auf.

In der Literatur wird weiterhin die Möglichkeit einer Teilarthrodese (fibu-loskapholunäre Arthrodese) mit Erhalt der mediokarpalen Gelenklinie und des 3. karpometakarpalen Gelenks beschrie-ben [1, 5]. Diese zeigt eine bessere Rest-beweglichkeit im Vergleich zu einer voll-ständigen Arthrodese.

Korrespondenzadresse

Dr. B. LehnerSektion Orthopädische Onkologie und Septische Orthopädische Chirurgie, Abteilung für Orthopädie und Unfallchirurgie, Universitätsklinik HeidelbergSchlierbacher Landstr. 200a, 69118 [email protected]

Interessenkonflikt. Der korrespondierende Autor gibt für sich und seine Koautoren an, dass kein Interes-senkonflikt besteht.

Literatur

1. Bickert B, Heitmann C, Germann G (2002) Fibulo-scapho-lunate arthrodesis as a motion-preserving procedure after tumour resection of the distal ra-dius. J Hand Surg 27:573–576

2. Daecke W, Ahrens S, Juergens H et al (2005) Ewing’s sarcoma and primitive neuroectodermal tumor of hand and forearm. Experience of the Co-operative Ewing’s Sarcoma Study Group. J Cancer Res Clin Oncol 131:219–225

3. Daecke W, Bielack S, Martini AK et al (2005) Osteo-sarcoma of the hand and forearm: experience of the Cooperative Osteosarcoma Study Group. Ann Surg Oncol 12:322–331

4. Eisenschenk A, Lehnert M, Weber U (1994) Die freie, gefäßgestielte Fibulatransplantation zur Überbrückung von Knochendefekten. Operative Orthopadie und Traumatologie 6:12

5. Jaminet P, Rahmanian-Schwarz A, Pfau M et al (2012) Fibulo-scapho-lunate arthrodesis after re-section of the distal radius for giant-cell tumor of the bone. Microsurgery (in press) DOI:10.1002/micr.21971

6. Mays CJ, Steeg KV, Chowdhry S et al (2010) Wrist joint reconstruction with a vascularized fibula free flap following giant cell tumor excision in the dis-tal radius. Eplasty 10:e38

7. Saini R, Bali K, Bachhal V et al (2011) En bloc excisi-on and autogenous fibular reconstruction for ag-gressive giant cell tumor of distal radius: a report of 12 cases and review of literature. J Orthop Surg Res 6:14

8. Scoccianti G, Campanacci DA, Beltrami G et al (2010) The use of osteo-articular allografts for re-construction after resection of the distal radius for tumour. J Bone Joint Surg Br 92:1690–1694

195Operative Orthopädie und Traumatologie 3 · 2012  | 


Recommended