+ All Categories
Home > Documents > interview ersp 3 - Design made in Germany · 2010. 1. 22. · Harmonische (reine) Schwingungen mit...

interview ersp 3 - Design made in Germany · 2010. 1. 22. · Harmonische (reine) Schwingungen mit...

Date post: 28-Mar-2021
Category:
Upload: others
View: 1 times
Download: 0 times
Share this document with a friend
4
5 quin|te die; [lat. »die Fünfte«] a) fünfter Ton einer diatonischen Ton- leiter vom Grundton an; b) Intervall von fünf diatonischen Tonstufen schall der; [ahd. scal, zu scellan »tönen«, »lärmen«] mechanische Schwingungen und Wellen eines materiellen elastischen Mediums, insbesondere im Frequenzbereich des menschlichen Hörens. Harmonische (reine) Schwingungen mit Frequenzen zwischen etwa 16 und 20 000 Hz werden als Ton, periodische als Klang, unregelmäßig überlagerte als Geräusch empfunden. aus|sen|ohr das; [Auris externa] das äußere Ohr besteht aus der knorpeligen, mit Haut überzogenen Ohrmuschel und dem äußeren Gehör- gang. Der äußere Gehörgang leitet die Schallwellen zum Trommelfell. Die Berliner Philharmoniker gelten mit ihrer über 100 jährigen Geschichte als eines der besten Orchester der Welt. Dass klassische Musik und Moderne sich ideal miteinander verbinden lassen, wird am neuen Corporate Design der Berliner Philharmoniker deutlich. Bereits mit dem Antritt von Sir Simon Rattle als künstlerischer Leiter 2002 präsentierte sich die Marke »Berliner Philharmoniker« frischer und moderner. EdenSpiekerman hat sich erneut die Frage gestellt, wie die Philharmoniker in die Zukunft gehen wollen. Die Antwort auf diese Frage lautet »Vielfalt im Einklang« und ist das zentrale Element der neuen Markenpositionierung. Wir haben Erik Spiekermann persönlich zum Corporate Design befragt. fig.1 fig.2
Transcript
Page 1: interview ersp 3 - Design made in Germany · 2010. 1. 22. · Harmonische (reine) Schwingungen mit Frequenzen zwischen etwa 16 und 20 000 Hz werden als Ton, periodische als Klang,

5

qu

in|t

e d

ie; [

lat.

»di

e Fü

nft

e«]

a) fü

nft

er T

on e

iner

dia

ton

isch

en T

on-

leit

er v

om G

run

dton

an

; b) I

nte

rval

l vo

n fü

nf d

iato

nis

chen

Ton

stu

fen

sc

ha

ll

der

; [ah

d. s

cal,

zu s

cell

an

»tön

en«,

»lä

rmen

«] m

echa

nis

che

Schw

ingu

nge

n u

nd

Wel

len

ein

es

mat

erie

llen

ela

stis

chen

Med

ium

s,

insb

eson

dere

im F

requ

enzb

erei

ch d

es

men

schl

iche

n H

ören

s. H

arm

onis

che

(rei

ne)

Sch

win

gun

gen

mit

Fre

quen

zen

zwis

chen

etw

a 16

un

d 20

00

0 H

z w

erde

n al

s T

on, p

erio

disc

he a

ls

Kla

ng,

un

rege

lmäß

ig ü

berl

ager

te a

ls

Ger

äusc

h em

pfu

nde

n.

au

s|se

n|o

hr

da

s; [

Au

ris

exte

rna]

da

s äu

ßer

e O

hr b

este

ht a

us

der

knor

peli

gen

, mit

Hau

t ü

berz

ogen

en

Ohr

mu

sche

l un

d de

m ä

eren

Geh

ör-

gan

g. D

er ä

ere

Geh

örga

ng

leit

et d

ie

Scha

llw

elle

n zu

m T

rom

mel

fell

.

Die Berliner Philharmoniker gelten mit ihrer über 100 jährigen Geschichte als eines der besten

Orchester der Welt. Dass klassische Musik und Moderne sich ideal miteinander verbinden lassen,

wird am neuen Corporate Design der Berliner Philharmoniker deutlich. Bereits mit dem Antritt von

Sir Simon Rattle als künstlerischer Leiter 2002 präsentierte sich die Marke »Berliner Philharmoniker«

frischer und moderner. EdenSpiekerman hat sich erneut die Frage gestellt, wie die Philharmoniker

in die Zukunft gehen wollen. Die Antwort auf diese Frage lautet »Vielfalt im Einklang« und ist das

zentrale Element der neuen Markenpositionierung. Wir haben Erik Spiekermann persönlich zum

Corporate Design befragt.

fi g.1

fi g.2

Page 2: interview ersp 3 - Design made in Germany · 2010. 1. 22. · Harmonische (reine) Schwingungen mit Frequenzen zwischen etwa 16 und 20 000 Hz werden als Ton, periodische als Klang,

Wie transportiert man eine »akustische« Marke ins

visuelle Medium?

Indem man versucht, die Emotion, die Musik

transportiert, in die Gestaltung zu bringen. Musik

ist reine Emotion.

Das bis zum Launch verwendete cd, das von Meta-

design entwickelt wurde, wurde erst 2002 eingeführt.

Warum und worin bestand der Bedarf nach einem

neuen Erscheinungsbild?

Das Orchester hat sich erstmals über seine

Positionierung Gedanken gemacht. Dabei haben

wir geholfen. Daraus ergab sich dann erst die

Notwendigkeit, auch das Corporate Design zu

hinterfragen und zu überarbeiten.

Das Logo mit den bekannten Pentagrammen ist seit

1963 als Markenzeichen in Verwendung. Die Bildmarke

wurde nur geringfügig verändert und durch einen

frischen Schriftzug ersetzt. Warum sollte oder darf

ein solches Markenzeichen im Zuge eines moderneren

Re-Designs nicht geändert werden?

Es darf durchaus geändert werden. Wir haben

das aber nicht getan, sondern das Zeichen etwas

weiter weg gestellt. Es ist nur noch eine Absender-

kennung, ein Hoheits zeichen, das keine Bedeutung

für das Erscheinungsbild hat. Vorher wurde das

Pentagramm auch als Untergrund und Gestaltungs-

element eingesetzt, obwohl es mit dem eigentli-

chen Kern der Marke »Berliner Philharmoniker«

nichts zu tun hat.

Das Gebäude (dessen Grundriss als Vorlage für

die Bildmarke dient, Anm. der Redaktion) ist nur in

Berlin wichtig, aber das Publikum für die Philhar-

moniker ist überall in der Welt.

Die fünf Stäbe sind das eigentliche Logo, das Wie-

dererkennung ohne immer gleiche Wiederholung

schaff t. Man wird den Auftritt in jedem Medium

auch ohne das alte Logo erkennen. Die fünf Stäbe

kommen aus dem Zeichenrepertoire der Musik

(Taktzeichen, Notenlinien, etc.) und im Gegensatz

zu einem statischen Bildzeichen haben die Stäbe

eine Funktion: sie gliedern jede Mitteilung. An

ihnen orientiert sich die Schrift. Damit eignen wir

uns jede Fläche an, und auch ein beliebiges Bild

wird zu einem Bild der Philharmoniker, wenn die

goldenen Stäbe es kennzeichnen.

Des

ign

Mag

azin

#0

01

Eden

Spie

kerm

ann/

Berl

iner

Phi

lhar

mon

iker

ww

w.d

esig

nmad

eing

erm

any.

de

mit

|te

l|o

hr

da

s; [

Au

ris

med

ia]

best

eht

vor

alle

m a

us

ein

em m

it L

uft

ge

füll

ten

Rau

m, d

er P

auke

nhö

hle,

im

Fel

sen

bein

des

Sch

ädel

s. D

ie

Pau

ken

höhl

e is

t m

it L

uft

gef

üll

t, d

amit

da

s T

rom

mel

fell

frei

sch

win

gen

kan

n,

wen

n es

du

rch

Scha

llw

elle

n in

Sch

win

-gu

ng

vers

etzt

wir

d.

In|n

en

|oh

r d

as;

[Au

ris

inte

rna]

be

steh

t au

s de

r Sc

hnec

ke (C

ochl

ea),

di

e da

s ei

gen

tlic

he H

öror

gan

, da

s C

orti

-Org

an m

it d

en S

inn

esre

zept

oren

, be

herb

ergt

, sow

ie d

en B

ogen

gän

gen

un

d de

m V

orho

f, in

den

en s

ich

die

Sin

nes

zell

en fü

r de

n G

leic

hgew

icht

s-si

nn

befi

nde

n. V

on d

er S

chn

ecke

führ

t de

r A

nte

il d

es V

III.

Hir

nn

ervs

weg

, der

r di

e W

eite

rlei

tun

g de

r H

örim

puls

e zu

stän

dig

ist.

Hör|nerv

01

02

03

fi g.3

fi g.4

Page 3: interview ersp 3 - Design made in Germany · 2010. 1. 22. · Harmonische (reine) Schwingungen mit Frequenzen zwischen etwa 16 und 20 000 Hz werden als Ton, periodische als Klang,

Zentrales Element der Gestaltung sind die gelben

Stäbe, die wie der Rhythmus der Musik variabel

eingesetzt werden und einen hohen Wiedererken-

nungswert besitzen, was durch Goldgelb als Farbe

unterstützt wird. Gelb war auch im vorhergehenden

cd die Hauptfarbe. Warum Gelb?

Gelb wäre eigentlich Gold, wenn wir uns den

Druck in Sonderfarbe leisten könnten. Welche

Farbe kann die Musik eines der weltbesten

Orchester besser symbolisieren? Der Kontrast zum

allgemein dunklen Konzertsaal ist toll und das

Gebäude glänzt auch golden (diese Anspielung ist

subtiler als den Grundriss im Logo zu zitieren).

Und warum muss man alles ändern, wenn eine

Marke mit der Zeit geht?

Klassische Musik hat für die Youtube und MySpace-

Generation eher etwas mit Vergangenheit zu tun. Das

neue cd setzt aber genau dort an und fragt sich, wie

die Zukunft klassischer Musik und damit der Berliner

Philharmoniker aussehen kann. Das ist mit der

sehr modernen Website, die gerade mit dem Webby-

Award ausgezeichnet wurde, hervorragend gelungen.

Warum sind digitale Medien (wie es in modernen

Musikrichtungen schon lange der Fall ist) auch für

dieses Medium so wichtig?

Weil mit der Digital Concert Hall weltweit jeder

zuhören kann. Der Saal ist immer ausverkauft,

wie sonst kämen neue Leute zum Orchester?

Außerdem erhält man jetzt besseren und leichteren

Zugang zum Gebäude und zum Orchester.

Die Zielgruppe der Berliner Philharmoniker ist wahr-

scheinlich in der Generation 45plus zu fi nden, die

klassische Musik zu schätzen weiß. Wurde darauf in

der Gestaltung Rücksicht genommen, was Schrift-

größen, -arten etc. betriff t? Was ist das Besondere an

der exklusiv für die Philharmoniker entworfenen

Schrift?

Es gibt leider keine exklusive Schrift, aber eine

klassische Antiqua (Minion) anstelle der Akzidenz

Grotesk (die auch von 1898 ist).

Die Antiqua-Schriftfamilie bietet einerseits

stärkere Möglichkeiten der Auszeichnung und

Hierarchisierung (richtige Kursive, Kapitälchen

etc.), andererseits brauchen wir den Kontrast

zwischen modernen Bildern und klassischer

Typografi e. Auf jeden Fall sind alle Drucksachen

04

05

06

hir

n|s

ta

mm

da

s; [T

run

cus

cere

bri]

be

steh

t au

s de

m Z

wis

chen

hirn

, dem

M

itte

lhir

n u

nd

dem

ver

län

gert

en M

ark.

H

ier

nde

n di

e K

lan

gin

form

atio

nen

vo

m H

örn

erv.

lim

|bis

ch

es

ze

n|t

ru

m d

as;

da

s li

mbi

sche

Sys

tem

ist

Ran

dgeb

iet

zwis

chen

Gro

ßhir

n u

. Geh

irn

stam

m,

das

die

horm

onal

e St

euer

un

g u

nd

das

vege

tati

ve N

erve

nsy

stem

bee

infl

uss

t u

nd

von

dem

gef

ühl

smäß

ige

Rea

k-ti

onen

au

f Um

wel

trei

ze a

usg

ehen

. D

ie h

ier

ein

treff

en

den

Sign

ale

löse

n kö

rper

lich

e R

eakt

ion

en a

uf M

usi

k au

s w

ie W

ein

en o

der

Gän

seha

ut.

fi g.5

Page 4: interview ersp 3 - Design made in Germany · 2010. 1. 22. · Harmonische (reine) Schwingungen mit Frequenzen zwischen etwa 16 und 20 000 Hz werden als Ton, periodische als Klang,

jetzt erheblich lesbarer, weil stärker gegliedert

und kontrastreicher gestaltet. Leider sind unsere

Bildideen noch nicht umgesetzt, weil noch Motive

eingesetzt werden, die schon im vorigen Jahr

angekauft wurden.

Wie waren die Reaktionen der Website-Nutzer auf

das neue Design? Wie wurde das neue cd allgemein

aufgenommen?

Ich weiß nur, dass die Website emsig benutzt

wird und es jetzt viel einfacher ist ein Konzert zu

fi nden, Karten zu kaufen und sich über den Ort

und das Orchester zu informieren. Die Philharmo-

niker haben eine eigene Abteilung für die Umset-

zung von Website und Drucksachen, die eher wie

eine Abteilung im öff entlichen Dienst arbeitet,

also nicht sehr risikofreudig und mitteilsam.

Das bedeutet, dass wir wenig über die Reaktionen

erfahren.

Was ratet Ihr Studenten und jungen Kreativen, die

sich mit ci beschäftigen? Gibt es ein paar Grundregeln,

die man beachten kann oder vielleicht sogar so etwas

wie ein Rezept für eine gute Corporate Identity?

Das sind alles Allgemeinplätze: es muss zum Auf-

traggeber passen, echt sein. Wenn dann aber die

Umsetzung nicht den Zielsetzungen und Erwar-

tungen der eigentlichen Auftraggeber entspricht,

weil die internen Leute nicht so weit springen

wollen, wie das Konzept angedacht war, hilft auch

die tollste Gestaltung nicht. Wir müssen trotzdem

soweit zielen wie möglich und hoff en, dass die

Kultur beim Auftraggeber ankommt.

Wenn der Unterschied zwischen Anspruch

und Wirklichkeit zu groß wird (wie bei vielen

bekannten Marken), dann geht ein anspruchsvoller

Auftritt nach hinten los und verspielt Vertrauen.

Dazu fällt mir immer die Telekom ein, die ein

tolles cd hat, das weit entfernt ist von der Leistung

im Alltag. Eine gute Agentur kann jeder nehmen,

aber die eigene Kultur zu ändern ist schwieriger.

07

08

gr

oss

|hir

n d

as;

[Tel

ence

phal

on]

fun

gier

t al

s ob

erst

es Z

entr

um

des

G

ehir

ns.

Es

wöl

bt s

ich

übe

r di

e an

dere

n G

ehir

nab

schn

itte

. In

der

Gro

ßhir

n-ri

nde

, die

da

s ge

sam

te G

roßh

irn

bis

zu e

iner

Tie

fe v

on d

rei M

illi

met

er

bede

ckt,

befi

nde

t si

ch d

er G

roßt

eil

alle

r N

erve

nze

llen

des

Geh

irn

s u

nd

die

Scha

ltze

ntr

ale

des

Hör

ens.

Im

Hör

zen

tru

m d

es G

roßh

irn

s w

erde

n di

e N

erve

nim

puls

e in

Ger

äusc

he, T

öne

un

d K

län

ge »

rück

übe

rset

zt«.

Gen

erel

l w

erde

n R

hyth

men

in d

er li

nke

n H

irn

hälf

te v

erar

beit

et, K

lan

gfar

ben

un

d T

onhö

hen

in d

er r

echt

en. W

eite

re

Are

ale

sin

d fü

r de

n M

usi

kges

chm

ack

zust

ändi

g. H

ier

wec

hse

lt s

ich

die

Akt

ivit

ät d

er G

ehir

nhä

lfte

n n

ach

dem

G

efal

len

der

Mu

sik

ab (

posi

tiv:

lin

ks,

neg

ativ

: rec

hts)

.

fi g.6fi g.6

Interview: Nadine Roßa Gestaltung: Katharina Mönkemöller, nodesign.comQuellen: Brockhaus, Duden, Meyer’s Lexikon

Des

ign

Mag

azin

#0

01

Eden

Spie

kerm

ann/

Berl

iner

Phi

lhar

mon

iker

ww

w.d

esig

nmad

eing

erm

any.

de


Recommended