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Kalevala Akseli Gallen-Kallela, Die Verteidigung des Sampo. Diese Kalevala-Illustration zeigt den Helden Väinämöinen und Louhi, die Herrscherin des Nordlandes Pohjola, im Kampf um den magischen Gegenstand Sampo. Das Kalevala [ˈkɑlɛʋɑlɑ] ist ein von Elias Lönnrot im 19. Jahrhundert auf der Grundlage von mündlich überliefer- ter finnischer Mythologie zusammengestelltes Epos. Es gilt als finnisches Nationalepos und zählt so zu den wich- tigsten literarischen Werken in finnischer Sprache. Das Kalevala trug maßgeblich zur Entwicklung des finnischen Nationalbewusstseins bei und hat auch über Finnland hin- aus Wirkung entfaltet. Die erste Fassung des Werkes er- schien im Jahr 1835. Der Titel ist abgeleitet von Kaleva, dem Namen des Urvaters des besungenen Helden, und bedeutet so viel wie „das Land Kalevas“. Der Standard- text des Kalevala besteht aus 22.795 Versen, die in fünf- zig Gesängen vorgestellt werden. 1 Inhalt 1.1 Überblick Das Kalevala ist eine Zusammenstellung verschiedener Überlieferungen und gibt ein breites Spektrum von Hel- densagen und Mythen wieder. Der hauptsächliche Er- zählstrang handelt zunächst vom Werben um die Toch- ter von Louhi, der Herrscherin des Nordlandes (Pohjola), und ist eingebettet in einen Konflikt zwischen dem Volk von Kalevala und dem von Pohjola um den Sampo, einen mythischen Gegenstand, der seinem Besitzer Wohlstand zu verschaffen verspricht. Pohjola kann mit Teilen von Lappland identifiziert werden. Für den Sampo, ein magi- sches Gerät, das Gold, Getreide und Salz herstellt, sind unterschiedliche Interpretationen vorgeschlagen worden. Daneben gibt es mehrere weitere Handlungsstränge, zum Beispiel die Sage von Kullervo, der unwissend seine eige- ne Schwester verführt, oder die christliche Legende von Marjatta, also der Jungfrau Maria. Zu den Überlieferun- gen im Kalevala gehören auch ein Mythos zur Schöpfung der Erde und weitere andere Entstehungsmythen, so der des Eisens. Der wichtigste Protagonist des Kalevala ist der alte und weise Sänger Väinämöinen. In ihm verbinden sich die Züge eines Sagenhelden, eines Schamanen und ei- ner mythischen Gottheit. Andere zentrale Figuren sind der Schmied Ilmarinen und der streitbare Frauenheld Lemminkäinen. Manche Inhalte des Kalevala weisen Parallelen zu My- then aus anderen Kulturräumen auf. So erinnert Kuller- vo an den griechischen Ödipus-Mythos. Die Geschichte des von seiner Mutter aus dem Fluss des Todes zurück ins Leben erweckten Lemminkäinen zeigt starke Paral- lelen zum ägyptischen Osiris-Mythos. Das Kalevala un- terscheidet sich von anderen Sagenzyklen durch seine auf das einfache Volk gerichtete Perspektive. Auch zeichnen sich die Helden des Kalevala weniger durch kriegerisches Geschick als durch Wissen und Sangeskunst aus. 1.2 Inhalt nach Gesängen 1.2.1 Erster Väinämöinen-Zyklus 1. bis 2. Gesang: Das Kalevala beginnt mit den Anfangs- worten des Dichters. Es folgt ein Schöpfungsmythos, in dem geschildert wird, wie die Welt aus dem Ei einer Tauchente entsteht, nachdem Ilmatar dieses zerbricht. Außerdem gebiert Ilmatar Väinämöinen. 3. bis 5. Gesang: Um sein Leben nach einem verlorenen Sangeswettkampf zu retten, verspricht Joukahainen Väin- ämöinen seine Schwester Aino als Frau. Aino, die sich von dem alten Mann abgestoßen fühlt, wehrt Väinämöi- nens Annäherungsversuche ab und ertränkt sich. 6. bis 10. Gesang: Väinämöinen reist ins Nordland (Pohjola), mit der Absicht, um die Nordlandstochter zu werben. Unterwegs erschießt Joukahainen aus Rache Väinämöinens Pferd und dieser stürzt ins Meer. Dort ret- tet ihn ein Adler und trägt ihn ins Nordland. Um nach 1
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Kalevala

Akseli Gallen-Kallela,Die Verteidigung des Sampo.Diese Kalevala-Illustration zeigt den Helden Väinämöinen undLouhi, die Herrscherin des Nordlandes Pohjola, im Kampf umden magischen Gegenstand Sampo.

DasKalevala [ˈkɑlɛʋɑlɑ] ist ein von Elias Lönnrot im 19.Jahrhundert auf der Grundlage von mündlich überliefer-ter finnischer Mythologie zusammengestelltes Epos. Esgilt als finnisches Nationalepos und zählt so zu den wich-tigsten literarischen Werken in finnischer Sprache. DasKalevala trug maßgeblich zur Entwicklung des finnischenNationalbewusstseins bei und hat auch über Finnland hin-aus Wirkung entfaltet. Die erste Fassung des Werkes er-schien im Jahr 1835. Der Titel ist abgeleitet von Kaleva,dem Namen des Urvaters des besungenen Helden, undbedeutet so viel wie „das Land Kalevas“. Der Standard-text des Kalevala besteht aus 22.795 Versen, die in fünf-zig Gesängen vorgestellt werden.

1 Inhalt

1.1 Überblick

Das Kalevala ist eine Zusammenstellung verschiedenerÜberlieferungen und gibt ein breites Spektrum von Hel-densagen und Mythen wieder. Der hauptsächliche Er-zählstrang handelt zunächst vom Werben um die Toch-ter von Louhi, der Herrscherin des Nordlandes (Pohjola),und ist eingebettet in einen Konflikt zwischen dem Volkvon Kalevala und dem von Pohjola um den Sampo, einen

mythischen Gegenstand, der seinem Besitzer Wohlstandzu verschaffen verspricht. Pohjola kann mit Teilen vonLappland identifiziert werden. Für den Sampo, ein magi-sches Gerät, das Gold, Getreide und Salz herstellt, sindunterschiedliche Interpretationen vorgeschlagen worden.Daneben gibt es mehrere weitere Handlungsstränge, zumBeispiel die Sage von Kullervo, der unwissend seine eige-ne Schwester verführt, oder die christliche Legende vonMarjatta, also der Jungfrau Maria. Zu den Überlieferun-gen im Kalevala gehören auch ein Mythos zur Schöpfungder Erde und weitere andere Entstehungsmythen, so derdes Eisens.Der wichtigste Protagonist des Kalevala ist der alteund weise Sänger Väinämöinen. In ihm verbinden sichdie Züge eines Sagenhelden, eines Schamanen und ei-ner mythischen Gottheit. Andere zentrale Figuren sindder Schmied Ilmarinen und der streitbare FrauenheldLemminkäinen.Manche Inhalte des Kalevala weisen Parallelen zu My-then aus anderen Kulturräumen auf. So erinnert Kuller-vo an den griechischen Ödipus-Mythos. Die Geschichtedes von seiner Mutter aus dem Fluss des Todes zurückins Leben erweckten Lemminkäinen zeigt starke Paral-lelen zum ägyptischen Osiris-Mythos. Das Kalevala un-terscheidet sich von anderen Sagenzyklen durch seine aufdas einfache Volk gerichtete Perspektive. Auch zeichnensich die Helden des Kalevala weniger durch kriegerischesGeschick als durch Wissen und Sangeskunst aus.

1.2 Inhalt nach Gesängen

1.2.1 Erster Väinämöinen-Zyklus

1. bis 2. Gesang: Das Kalevala beginnt mit den Anfangs-worten des Dichters. Es folgt ein Schöpfungsmythos, indem geschildert wird, wie die Welt aus dem Ei einerTauchente entsteht, nachdem Ilmatar dieses zerbricht.Außerdem gebiert Ilmatar Väinämöinen.3. bis 5. Gesang: Um sein Leben nach einem verlorenenSangeswettkampf zu retten, verspricht Joukahainen Väin-ämöinen seine Schwester Aino als Frau. Aino, die sichvon dem alten Mann abgestoßen fühlt, wehrt Väinämöi-nens Annäherungsversuche ab und ertränkt sich.6. bis 10. Gesang: Väinämöinen reist ins Nordland(Pohjola), mit der Absicht, um die Nordlandstochterzu werben. Unterwegs erschießt Joukahainen aus RacheVäinämöinens Pferd und dieser stürzt ins Meer. Dort ret-tet ihn ein Adler und trägt ihn ins Nordland. Um nach

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2 1 INHALT

Akseli Gallen-Kallela,Aino-TriptychonDargestellt ist die erste Begegnung von Väinämöinen und Aino,ihre Flucht vor Väinämöinens Annäherungsversuchen und Aino,als sie sich entscheidet, sich zu ertränken.

Akseli Gallen-Kallela, Das Schmieden des Sampo

Hause zu kommen, verspricht Väinämöinen Louhi, derHerrscherin des Nordlandes, der Schmied Ilmarinen wer-de ihr den Sampo schmieden. Als Belohnung wird demSchmied die Nordlandstochter versprochen. Nach seinerHeimkehr zaubert Väinämöinen Ilmarinen ins Nordland,wo er den Sampo schmiedet, aber er muss ohne die ver-sprochene Braut zurückkehren.

1.2.2 Erster Lemminkäinen-Zyklus

11. bis 15. Gesang: Lemminkäinen raubt Kyllikki von„der Insel“ (Saari) als seine Braut. Er verlässt Kyllikki,reist ins Nordland und bittet Louhi um die Hand ihrerTochter, worauf diese ihm drei Aufgaben aufträgt. Nach-dem er den Elch von Hiisi erlegt und den Hengst von Hi-isi aufgezäumt hat, soll er den Schwan auf dem Fluss des

Akseli Gallen-Kallela, Lemminkäinens Mutter.Die Mutter hat den toten Lemminkäinen soeben aus dem Flussdes Totenreichs geholt.

Totenreichs Tuonela erschießen. Am Fluss tötet ihn einHirte und wirft den zerstückelten Leichnam in den Fluss.Lemminkäinens Mutter erfährt durch ein Zeichen vomTod ihres Sohnes, fischt die Stücke seines Körpers miteiner Harke aus dem Fluss und erweckt ihn wieder zumLeben.

1.2.3 Zweiter Väinämöinen-Zyklus

16. bis 25. Gesang: Väinämöinen beginnt mit dem Baueines Bootes, um ins Nordland zu segeln und erneut dieNordlandstochter zu freien. Auf der Suche nach den dafürerforderlichen Zaubersprüchen besucht er erfolglos dasTotenreich und erfährt sie schließlich im Bauch des totenRiesen und Zauberers Antero Vipunen. Ilmarinen erfährtdurch seine Schwester Annikki von Väinämöinens Plä-nen und reist ebenfalls ins Nordland. Die Nordlandtoch-ter wählt Ilmarinen. Ilmarinen besteht mit ihrer Hilfe dieihm gestellten übernatürlichen Aufgaben: er pflügt denSchlangenacker, fängt den Bären von Tuoni, den Wolfvon Manala und den großen Hecht im Fluss des Toten-reiches. Ilmarinen heiratet die Nordlandtochter.

1.2.4 Zweiter Lemminkäinen-Zyklus

26. bis 30. Gesang: Lemminkäinen ist erbost darüber,dass er nicht auf die Hochzeit eingeladen wurde, und reistins Nordland, wo er den Herrn des Nordlandes tötet. Ermuss fliehen und versteckt sich auf der Insel, wo er sichmit den Frauen vergnügt, bis die eifersüchtigen Männerihn vertreiben. Bei seiner Heimkehr findet er sein Hausniedergebrannt vor. Er begibt sich auf einen Rachezugins Nordland, muss aber unverrichteter Dinge nach Hau-se zurückkehren.

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Akseli Gallen-Kallela, Kullervos Fluch. Nach dem Unrecht, dasIlmarinens Frau ihm angetan hat, schwört Kullervo, sich an ihrzu rächen.

1.2.5 Kullervo-Zyklus

31. bis 36. Gesang: Untamo besiegt nach einem Streit sei-nen Bruder Kalervo und tötet dessen ganzes Geschlechtaußer einer schwangeren Frau, die Kullervo gebiert. Un-tamo verkauft Kullervo als Sklaven an Ilmarinen. Ilma-rinens Frau lässt ihn als Hirten arbeiten und behandeltihn schlecht. Aus Rache treibt Kullervo die Kühe in denSumpf und stattdessen eine Herde Raubtiere nach Hau-se. Ilmarinens Frau wird von den wilden Tieren getötet.Kullervo flieht aus demHaus des Ilmarinen und findet sei-ne totgeglaubten Eltern. Ohne sie zu erkennen, verführter unwissentlich seine Schwester. Als sie das erfährt, er-tränkt sich die Schwester in einer Stromschnelle. Kuller-vo zieht zum Haus des Untamo, um Rache zu nehmen.Er tötet dort alle und kehrt nach Hause zurück, wo keinermehr am Leben ist. Kullervo begeht Suizid, indem er sichin sein Schwert stürzt.

1.2.6 Ilmarinen-Zyklus

37. bis 38. Gesang: Ilmarinen trauert um seine tote Frauund schmiedet sich eine neue Frau aus Gold. Die gol-dene Braut ist aber kalt und Ilmarinen verwirft sie wie-der. Darauf wirbt er erfolglos um die jüngere Tochter desNordlands. Nach seiner Heimkehr erzählt er Väinämöi-nen über den Wohlstand, den der Sampo den Menschenim Nordland verschafft.

1.2.7 Dritter Väinämöinen-Zyklus

39. bis 43. Gesang: Väinämöinen, Ilmarinen und Lem-minkäinen segeln nach Nordland, um den Sampo zu rau-ben. Auf der Reise tötet Väinämöinen einen riesigenHecht und baut aus seinem Kiefer eine Kantele. Mit sei-nem Kantelespiel schläfert er die Nordländer ein. Väin-ämöinen und seine Gefährten fliehen mit dem Sampo.Nachdem sie erwacht ist, verwandelt sich Louhi in einenRiesenadler und macht sich mit ihrem Heer zur Verfol-gung auf. Beim Kampf zerbricht der Sampo.44. bis 49. Gesang: Louhi schickt Krankheiten und einenBären nach Kalevala; sie versteckt die Sterne und raubtdas Feuer. Väinämöinen und Ilmarinen erlangen die Ster-ne und das Feuer wieder zurück.

1.2.8 Marjatta-Zyklus

50. Gesang: In einer Abwandlung des Neuen Testa-ments wird geschildert, wie Marjatta (Maria) von einerPreiselbeere schwanger wird. Väinämöinen verurteilt dasvaterlose Kind zum Tode, aber das Kind setzt sich gegenVäinämöinen durch und wird zum König von Karelien.Väinämöinen reist mit seinem Boot ab. Das Epos endetmit den Schlussworten des Dichters.

2 Sprache und Stil

2.1 Versmaß

Das im Kalevala verwendete Versmaß fand bei allen Ar-ten der finnischen Volksdichtung sowie bei Sprichwörternu. Ä. Verwendung. Heute wird es gemeinhin als Kalevala-Versmaß bezeichnet. Ähnliche Versmaße findet man beiden Esten und anderen ostseefinnischen Völkern. Mangeht davon aus, dass es über 2000 Jahre alt ist. Seit Veröf-fentlichung des Kalevala kommt bis heute das Kalevala-Versmaß auch in der finnischen Kunstdichtung zum Ein-satz.Das Kalevala-Versmaß unterscheidet sich in vielerleiHinsicht von den Versmaßen der indogermanischen Spra-chen. Es handelt sich um einen trochäischen Tetrameter,d.h. jeder Vers besteht aus vier Trochäi, also insgesamtacht Silben. Dabei wird ein Trochäus als Abfolge von

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4 3 WERKGESCHICHTE

Hebung und Senkung aufgefasst. Die Grundregel desKalevala-Versmaßes besagt Folgendes:

• Die Anfangssilbe einesWortes muss lang sein, wennsie in der Hebung eines Versfußes steht. Im Beispiel-vers sind die betreffenden Silben fett gesetzt:

Vaka | vanha | Väinä|möinen

• In der Senkung muss die Anfangssilbe eines Worteskurz sein.

tietä|jä i|än i|kuinen

Ergänzend gelten vier Zusatzregeln:

• Im ersten Versfuß ist die Länge der Silben frei. Erkann auch manchmal (in rund 3 % der Verse desKalevala) aus drei oder selten sogar vier Silben be-stehen.

• Ein einsilbiges Wort darf nicht am Ende eines Ver-ses vorkommen.

• Ein viersilbiges Wort darf nicht in der Mitte ei-nes Verses stehen. (Gilt nicht für zusammengesetzteWörter.)

• Die letzte Silbe eines Verses darf keinen langenVokal enthalten.

Die Verse teilt man in „normale“ Verse, in denen dieWortbetonungen (die im Finnischen stets auf der An-fangssilbe eines Wortes liegen) und Vershebungen zu-sammenfallen, und „gebrochene“ Verse, bei denen min-destens eine betonte Silbe in einer Senkung steht. Et-wa die Hälfte der Kalevala-Verse sind gebrochen. DieserKontrapunkt zwischen Wort- und Versrhythmus ist cha-rakteristisch für das Kalevala-Versmaß. Normale Verseweisen eine Mittelzäsur auf. Lange Wörter tendieren da-zu, am Ende des Verses zu stehen.Bei der Übertragung des Kalevala ins Deutsche oder an-dere Akzentsprachen wird das auf Längen und Kürzenberuhende System durch ein akzentuierendes Versmaßersetzt. Dabei besteht ein Trochäus aus einer Folge voneiner betonten und einer unbetonten Silbe (Beispiel: Väi-nä|möinen | alt und | weise || er, der | ew'ge | Zau-ber|sprecher[1]).

2.2 Stilmittel

Die beiden wichtigsten Stilmittel des Kalevala sindAlliteration (Stabreim) und Parallelismus. Beide entstan-den aus der Notwendigkeit, die mündlich übermittelteDichtung leicht erinnerbar zu machen.

Alliteration bedeutet, dass zwei oder mehr Wörter einesVerses mit demselben Laut anfangen (Beispiel Vaka van-ha Väinämöinen „Väinämöinen alt und weise“[1]). Manunterscheidet „schwache“ Alliteration, bei der zwei Wör-ter mit demselben Konsonanten oder beidemit einemVo-kal anlauten, und „starke“ Alliteration, bei der zwei Wör-ter mit derselben Folge von Konsonant und Vokal odermit demselben Vokal beginnen. Dieses Stilmittel kommtim Kalevala äußerst oft vor: Über die Hälfte der Verseweist eine starke, rund ein Fünftel eine schwache Allite-ration auf. Endreime gibt es dagegen nicht.Der Parallelismus kann in verschiedenen Formen auftre-ten. Meist wird der Inhalt eines vorangegangenen Ver-ses im Nachvers mit anderen Worten wiederholt. Da-bei hat jedes Wort des Nachverses eine Entsprechungim vorangehenden Vers. Diese Entsprechung kann syn-onym (gleichbedeutend), analog (gleichartig) oder auchantithetisch (gegensätzlich) sein. Der Parallelismus kannauch innerhalb eines Verses vorkommen, teils umfasst eraber auch längere, nach demselben Schema aufgebautePassagen. Im Kalevala kommt der Parallelismus in nochgrößerem Maße zum Einsatz als in der Volksdichtung,was wohl mit Elias Lönnrots Wunsch zusammenhängt,einen möglichst großen Teil des von ihm gesammeltenMaterials zu verwerten.Beispiele für den Parallelismus[1]:

• Lähe miekan mittelöhön, / käypä kalvan katselohon„Lass die Schwerter uns beschauen, / lass uns jetztdie Klingen messen“ (synonym)

• Kulki kuusisna hakona, / petäjäisnä pehkiönä „Wan-dert wie ein Zweig der Fichte, / treibt wie dürres Reisder Tanne“ (analog)

• Siitä läksi, ei totellut „Gehet dennoch, nichts beach-tend“ (antithetisch)

2.3 Textbeispiel

Anfangsverse des Kalevala (1:1–9)[1]

3 Werkgeschichte

Das Kalevala geht auf die uralte mündlich tradierte finni-sche Volksdichtung zurück. Die Zusammenstellung derLieder zu einem zusammenhängenden Epos stammt je-doch aus dem 19. Jahrhundert und ist ein Kunstproduktvon Elias Lönnrot. Lönnrot selbst war ausgehend vonFriedrich August Wolfs Theorie zur Homerischen Fra-ge von der (inzwischen obsoleten) Ansicht überzeugt,dass die vielen Einzellieder, die er auf seinen Reisen inKarelien aufgezeichnet hatte, einst ein zusammenhängen-des Epos gebildet hatten, das es zu rekonstruieren gelte.Er fügte die von ihm gesammelten Lieder zusammen undveränderte teilweise die Zusammenhänge, um sie zu einer

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3.2 Entstehung des Epos 5

logischen Handlung zu verknüpfen. 33 % der Verse desKalevala sind wörtlich aus den gesammelten Aufzeich-nungen übernommen, 50 % sind geringfügig von Lönnrotbearbeitet, 14% der Verse schrieb er selbst analog zu vor-handenen Versen und 3 % erfand er frei. Insgesamt kannman das Kalevala als sein magnum opus bezeichnen.

3.1 Finnische Volksdichtung

Runensänger in Uhtua, 1894

Die gemeinsame Tradition der mündlich überliefertenVolksdichtung findet sich im gesamten ostseefinnischenSprachraum, also in Finnland, Karelien, Estland und demIngermanland. Man geht davon aus, dass diese Art derDichtung bereits vor 2500 bis 3000 Jahren entstand. Die„Runen“ (finnisch runo) genannten Lieder wurden nachbestimmten, recht einfachen Melodien gesungen, teilwei-se begleitet von einer Kantele. In Gegenden, in denen dieTradition der Volksdichtung noch lebendig war, kanntedieMehrzahl derMenschen zumindest einige Lieder. Da-neben gab es wandernde Runensänger, die ein großes Re-pertoire an Runen auswendig vortragen konnten.Die Volksdichtung war bis ins 16. Jahrhundert in ganzFinnland verbreitet. Nach der Reformation verbot dielutherische Kirche die „heidnischen“ Runen, und die Tra-dition versiegte nach und nach in West- und Mittelfinn-land. Im orthodoxen, zu Russland gehörigen Ostkarelienkonnte sich die Volksdichtung länger halten. Die Tradi-tion blieb bis ins frühe 20. Jahrhundert lebendig, heutegibt es nur noch wenige alte Menschen, die die alten Lie-der beherrschen.Die finnische Volksdichtung wird in drei Hauptzwei-ge eingeteilt: Epik, Lyrik und Beschwörungen. DieEpik umfasst unterschiedlich alte Schichten. Die ältesteSchicht sind mythische Runen, die etwa die Schöpfungder Erde behandeln. Entstehungsmythen wie die Entste-hung des Eisens haben ihren Ursprung im Schamanismusder vorchristlichen Periode, d.h. der Zeit vor dem12. Jahrhundert. Während des Mittelalters entstand dieHeldendichtung und Balladen sowie – nach der Bekeh-rung der Finnen – Legenden mit christlicher Thematik.

Woknawolok, eines der von Lönnrot besuchten Dörfer, im Jahr2005

In späterer Zeit handelten die Epen über historische Er-eignisse wie den Mord am Bischof Heinrich von Upp-sala, der als Schutzpatron Finnlands Kernbestandteil derfinnischen Nationalmythologie ist, oder die Kriege zwi-schen dem Schwedischen Reich und Russland. Zur Ly-rik gehören Runen zu besonderen Anlässen (z.B. Hoch-zeit, Erlegung eines Bären), Lieder, die im Alltag (z.B.bei der Feldarbeit) gesungen wurden, Liebeslyrik undElegien. Die Beschwörungslieder stammen aus der vor-christlichen Magie. Durch Zaubersprüche versuchte manetwa die Heilung von Krankheiten oder Jagdglück zu be-schwören. Die Handlung des Kalevala beruht auf einerZusammenstellung verschiedener epischer Themen, da-neben sind an passenden Stellen lyrische oder magischeRunen eingearbeitet.

3.2 Entstehung des Epos

Bereits im 17. Jahrhundert waren vereinzelte Lieder auf-gezeichnet worden, aber ein wirkliches wissenschaftli-ches Interesse an der finnischen Volksdichtung entstanderst Ende des 18. Jahrhunderts. Unter anderem HenrikGabriel Porthan, der bedeutendste finnische Humanistseiner Zeit, zeichnete Volkslieder auf und veröffentlichte1766–1778 das Werk De Poësi Fennica („Über die fin-nische Dichtung“). Den Gedanken, aus den aufgezeich-neten Runen ein Epos nach dem Vorbild der Ilias undOdyssee oder dem Nibelungenlied zu schaffen, formu-lierte 1817 als Erster der Fennomane Carl Axel Gottlund(ähnlich schon 1808 August Thieme). Die Erfüllung die-ser Aufgabe sollte schließlich dem Philologen und ArztElias Lönnrot zukommen. Zwischen den Jahren 1828 und1844 unternahm er insgesamt elf Reisen hauptsächlichnach Karelien, um Quellenmaterial zu sammeln. Dabeizeichnete er große Mengen an Material von Runensän-gern wie Arhippa Perttunen auf. Die Dörfer, die Lönn-rot besuchte, (u.a. das 1963 in Kalewala umbenannteUchta (Uhtua) sowie Woknawolok (Vuokkiniemi) undLadwaosero (Latvajärvi)) gehörten damals wie heute zuRussland.

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6 4 BEDEUTUNG

Titelblatt der Kalevala-Erstausgabe

1834 veröffentlichte Lönnrot anhand des von ihm gesam-melten Materials das aus 5052 Versen bestehende Ru-nokokous Väinämöisestä („Runensammlung über Väin-ämöinen“), eine Art „Proto-Kalevala“. Es markiert einenWendepunkt in Lönnrots Werk. Während er sich zuvorwissenschaftlich-textkritisch mit dem Material auseinan-dergesetzt hatte, stand nun erstmals die künstlerische In-tention im Vordergrund. 1835–1836 veröffentlichte Eli-as Lönnrot die sogenannte „Alte Kalevala“, die 32 Ru-nen mit 12.078 Versen umfasste. Die durch zahlreichesMaterial ergänzte, mit 50 Runen und 22.795 Versen fastdoppelt so lange „Neue Kalevala“ erschien im Jahre 1849und gilt heute als Standardtext.Als „Schwesterwerk“ des Kalevala gilt die Gedichts-sammlung Kanteletar. Sie wurde 1840 von Elias Lönnrotauf Grundlage desselben Quellenmaterials veröffentlicht,aus dem er auch das Kalevala zusammengestellt hatte.

3.3 Ausgaben

Die erste Version von Lönnrots Kalevala erschien 1835–1836 in zwei Bänden unter dem Titel Kalewala, taik-

ka Wanhoja Karjalan Runoja Suomen kansan muinoi-sista ajoista („Kalevala, oder alte Runen Kareliens überaltertümliche Zeiten des finnischen Volkes“). Als „Ge-burtstag“ des Epos gilt der 28. Februar 1835, der Tag,an dem Elias Lönnrot das Vorwort des ersten Bandesunterzeichnete. Am 28. Februar wird heute in Finn-land der Kalevala-Tag gefeiert. Das „neue Kalevala“ er-schien 1849 mit dem schlichten Titel Kalevala. Seitdemist das Epos in dutzenden verschiedenen finnischspra-chigen Ausgaben erschienen. Daneben wurden zahlrei-che Kurzfassungen, Versionen für den Schulunterricht,Prosa-Nacherzählungen und Adaptionen für Kinder her-ausgegeben. Das Kalevala ist in 51 Sprachen, darunterauch so exotische wie Plattdeutsch, Latein oder Fulani,übersetzt worden.

4 Bedeutung

4.1 Als nationales Symbol

Die Bedeutung, die das Kalevala für die finnische Kulturund das Nationalgefühl der Finnen gehabt hat, ist ungleichgrößer als bei den meisten anderen Nationalepen. Die po-litische Dimension des Kalevala wird teils so hoch einge-schätzt, dass behauptet wird, Finnland sei gerade durchdas Kalevala zu einer selbstständigen Nation geworden.Zum Erscheinungszeitpunkt des Kalevala war in Finn-land, angefacht durch die in Europa aufgekommene Ideedes Nationalismus, eine neue finnische Identität im Ent-stehen. Das Kalevala trug maßgeblich zu deren Entwick-lung bei. Eine eigenständige finnische Schriftkultur hattees bis dahin nicht gegeben, doch mit der Existenz einesNationalepos im Range von Edda, Nibelungenlied oderIlias sahen sich die Finnen in die Schar der Kulturvölkeraufgenommen. Bestärkt wurde diese Ansicht durch dieAufmerksamkeit, die dem Kalevala auch im Auslandzuteilwurde. Die finnische Nationalbewegung wollte diefehlende Geschichte des Landes ausgleichen, indem siedas Kalevala als historisches Zeugnis über die „Urzeitdes finnischen Volkes“ zu interpretieren versuchte. Zu-gleich stärkte die Veröffentlichung des Kalevala die Rolleder finnischen Sprache, die zuvor nicht als Literaturspra-che verwendet worden war. 1902 wurde sie neben demSchwedischen als Amtssprache eingeführt. Das „natio-nale Erwachen“ Finnlands hatte seinerseits einen Anteilan der Erlangung der staatlichen Unabhängigkeit im Jahr1917.

4.2 Im heutigen Finnland

Bis heute ist der Einfluss des Kalevala im finnischen Ge-sellschaftsleben spürbar. Bekannte Abschnitte des Kale-vala werden oft zitiert; so kann eine schwere Aufgabein Anspielung auf die Taten des Ilmarinen als „Pflügendes Schlangenackers“ bezeichnet werden. Vornamen wieVäinö, Ilmari, Tapio oder Aino gehen auf die Charakte-

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5.2 Bildende Kunst 7

Filiale der Sampo-Bank im Zentrum von Turku

re des Epos zurück. Zahlreiche Unternehmen haben Na-menmit einem Bezug zur Kalevala-Thematik gewählt: Sogibt es ein Finanzunternehmen „Sampo“, ein Versiche-rungsunternehmen „Pohjola“ und eine Eiscrememarke„Aino“. Die Firma Kalevala Koru, einer der bekanntes-ten Schmuckhersteller Finnlands, verdankt Namen undExistenz dem Epos; mit dem Erlös eines Vereines der„Kalevala-Frauen“, aus dem der Schmuckhersteller her-vorging, sollte ein Denkmal für die im Kalevala erwähn-ten Frauen finanziert werden. Neubaugebiete wie Kalevain Tampere oder Tapiola in Espoo wurden nach Begriffenaus dem Kalevala benannt.

5 Rezeption

Das Kalevala hat die finnische Kultur in nicht zu unter-schätzender Weise geprägt und wurde zur Inspiration fürzahlreiche Künstler. Dass die wichtigstenWerke zumKa-levala erst Ende des 19. Jahrhunderts, also viele Jahrzehn-te nach Erscheinen des Epos, entstanden, hängt damit zu-sammen, dass die Kunst in Finnland zu Zeiten Lönnrotsnoch in den Kinderschuhen steckte. Die zwei Jahrzehntezwischen 1890 und 1910 gelten als „goldenes Zeitalter“der finnischen Kunst. Während dieser Zeit entstand dieals Karelianismus bekannte Begeisterung für das Kaleva-la und ihren Ursprungsort Karelien. Fast alle bedeutendenfinnischen Künstler dieser Epoche unternahmen Reisennach Karelien und ließen sich vom Kalevala inspirieren.

5.1 Literatur

Der im Kalevala-Versmaß geschriebene GedichtzyklusHelkavirsiä (1903–1916) von Eino Leino verbindet

den Karelianismus mit dem europäischen Symbolismus.Auch der Schriftsteller Juhani Aho beschäftigte sich u.a.in seinem Roman Panu (1879) mit dem Kalevala. AleksisKivi schrieb das Theaterstück Kullervo, das 1885 ur-aufgeführt wurde. Ebenfalls eine Theater-Adaption desKullervo-Zyklus ist Paavo Haavikkos Kullervon tarina(1982).Auch außerhalb Finnlands hat das Epos Einfluss ausge-übt. In Estland sammelte Friedrich Reinhold KreutzwaldVolksdichtung und schuf nach dem Vorbild des Kale-vala das estnische Nationalepos Kalevipoeg. Der Ameri-kaner Henry Wadsworth Longfellow übernahm für seinauf indianischen Legenden beruhendes episches GedichtSong of Hiawatha das Kalevala-Versmaß. J. R. R. Tolki-en verarbeitete in seinem Werk zahlreiche Einflüsse ausdem Kalevala.

5.2 Bildende Kunst

R.W. Ekman, Väinämöinen

Väinämöinen befestigt die Saiten an seiner Kantele (1851)des Schweden Johan Blackstadius ist das erste Kalevala-Gemälde. In der Folgezeit beschäftigte sich R. W. Ek-man, der führende finnische Künstler seiner Zeit, mitder Thematik. Für die nächsten Jahrzehnte versiegte aberdie Kalevala-Kunst. Erst in den 1880er Jahren erlebtesie mit dem Entstehen einer neuen Künstlergenerationund dem Aufkommen des Karelianismus eine Renais-sance. Die bekanntesten Gemälde zum Kalevala stam-men von Akseli Gallen-Kallela. Seine Illustrationen ge-nießen in Finnland einen hohen Bekanntheitsgrad undprägen die Vorstellung von dem Nationalepos. Währendsein Anfangswerk dem Realismus zuzurechnen ist, wur-de er später vom Symbolismus und Jugendstil beeinflusst.

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8 5 REZEPTION

Seine wichtigsten Werke sind Die Verteidigung des Sam-po (1895), Joukahainens Rache, Lemminkäinens Mutter(beide 1897) und Kullervos Fluch (1899). Auch PekkaHalonen, ein weiterer bedeutender Vertreter des Karelia-nismus, beschäftigte sich mit dem Kalevala, wenn auchnur am Rande. Emil Wikström nimmt im Bereich derBildhauerei eine ähnliche Rolle ein wie Gallen-Kallela inder Malerei.

Das 1901 erbaute Pohjola-Haus an der Aleksanterinkatu inHelsinki: Beispiel für Kalevala-Einflüsse in der Architektur

Der Architekt Eliel Saarinen entwarf für dieWeltausstellung 1900 in Paris den finnischen Pavil-lon, den Gallen-Kallela mit Deckenfresken mit Szenenaus dem Kalevala ausgestaltete. Das Nationalmuseum(1911) und der Hauptbahnhof (1919) in Helsinki, beideebenfalls von Saarinen entworfen, sind Beispiele für dienationalromantische, vom Kalevala inspirierte finnischeArchitektur jener Epoche. Saarinen plante auch einKalevala-Haus, das als eine Art Stätte des finnischenKulturerbes gedacht war, aber nie realisiert wurde.Der Fotograf I. K. Inha bereiste 1894 Karelien, um aufElias Lönnrots Spuren das Leben in den Dörfern, indenen das Kalevala entstanden war, zu dokumentieren.Seine Porträt- und Landschaftsaufnahmen sind in vie-len Veröffentlichungen zur finnischen Volksdichtung ver-wendet worden. Die erste Kalevala-Verfilmung war diefinnisch-sowjetische Koproduktion Sampo (1959). 1982entstand der vierteilige Fernsehfilm Rauta-aika.

5.3 Musik

Die ersten bedeutenden Orchesterwerke zum Thema Ka-levala komponierte in den 1880er-Jahren Robert Kaja-nus. Der Komponist Jean Sibelius wurde durch Kajanus’Einfluss zum Karelianismus geführt. 1892 komponierteer nach einer Karelien-Reise die Sinfonie Kullervo. Zwi-schen 1893 und 1895 folgte die Lemminkäinen-Suite, inder die sinfonische Dichtung Der Schwan von Tuonelaenthalten ist. Weitere bekannte Kalevala-Werke von Si-belius sind die sinfonischen Dichtungen Pohjolas Tochter(1906) und Tapiola (1926). Leevi Madetoja schuf 1913die sinfonische Dichtung Kullervo op. 15.Von den zeitgenössischen finnischen Komponisten hatunter anderem Einojuhani Rautavaara in seinem WerkDer Raub des Sampo (1982) die Kalevala-Thematik auf-gegriffen. 1992 wurde die Oper Kullervo von Aulis Sal-linen in Los Angeles uraufgeführt.Die finnischeMetal-Band Amorphis veröffentlichte meh-rere erfolgreiche Alben, deren Texte auf dem Kalevalaberuhen: Tales from the Thousand Lakes (1994), Eclipse(2006), worin der Kullervo-Zyklus vertont wird, SilentWaters (2007), das den ersten Lemminkäinen-Zyklus er-zählt, Skyforger (2009), sowie The Beginning of Times(2011). Ebenfalls beschäftigen sich die finnischen FolkMetal-Bands Ensiferum und Turisas mit diesem Thema.

5.4 Film

1959 erschien als finnisch-sowjetische Koproduktion derFilm „Sampo“ (dt. Fassung: „Das gestohlene Glück“).Der Film erzählt mit dem damals üblichen Pathos undNaivität den Kampf der Kalevala-Helden gegen die HexeLouhi. Die eingesetzten filmischen Stilmittel erinnern ansowjetische Filme „zur moralischen Nachbereitung“ desKrieges (Großer Vaterländischer Krieg) wie Ilja Muro-mez (Mosfilm 1956). Insofern gibt der Film mehr Aus-kunft über die Verhältnisse zu seiner Entstehungszeit alsüber das Kalevala-Epos, macht den Zuschauer jedochgut mit den Personen bekannt. „Jade-Krieger“ (deutscherTitel, finnisch: „Jade Soturi“) ist eine 2008 erschienenefinnisch-chinesische Produktion, die auf der Mythologiedes Kalevala aufbaut.

5.5 Populärkultur

Der amerikanische Comiczeichner Don Rosa veröffent-lichte 1999 den Donald-Duck-Comic The Quest for Ka-levala (deutscher Titel Die Jagd nach der Goldmühle), indem Dagobert Duck versucht, den Sampo zu finden unddabei zahlreichen Figuren des Kalevala (u.a. Väinämöi-nen und Louhi) begegnet. Eine Bilderbuch-Adaptionfür Kinder ist die 1992 erschienene Koirien Kalevala(„Hunde-Kalevala“) des finnischen Kinderbuch-AutorenMauri Kunnas. In beidenWerken werden Szenen aus Ak-seli Gallen-Kallelas Kalevala-Illustrationen nachgezeich-

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net.

6 Quellen[1] Deutsche Übersetzung nach Anton Schiefner und Martin

Buber

7 Literatur• Tilman Spreckelsen: Kalevala. Eine Sage aus demNorden, nacherzählt von T. S. und illustriert von KatMenschik. Verlag Galiani Berlin, Berlin 2014, ISBN978-3-86971-099-0.

• Christian Niedling: Zur Bedeutung von Nationalepenim 19. Jahrhundert. Das Beispiel von Kalevala undNibelungenlied. Köln 2007, ISBN 978-3-939060-05-5.

• Kalevala. Das finnische Epos des Elias Lönnrot. Ausdem finn. Urtext übertr. von Lore Fromm und HansFromm. Mit einem Nachw. von Hans Fromm. Ma-rix Verlag, Wiesbaden 2005, ISBN 3-86539-013-7.

• Kalewala. Das finnische Epos von Elias Lönnrot.Übers. und mit einem Nachw. von Gisbert Jäni-cke. Jung und Jung, Salzburg/Wien 2004, ISBN 3-902144-68-8 (neue Übersetzung).

• Kalewala. Markus Hering liest aus dem finni-schen Epos von Elias Lönnrot. Jung und Jung,Wien 2005, ISBN 3-200-00474-6 (Hörbuchnach der Übersetzung von Gisbert Jänicke;Musikzusammenstellung von Peter Kislinger;4 Audio CDs).

• Kalevala. Das Nationalepos der Finnen. Hinstorff,Rostock 2001, ISBN 3-356-00792-0 (Teilausgabe).

• Pertti Anttonen, Matti Kuusi: Kalevala-lipas. Suo-malaisen Kirjallisuuden Seura, Helsinki 1999, ISBN951-746-045-7.

• Harald Falck-Ytter: Kalevala. Erdenmythos undMenschheitszukunft. Mellinger Verlag, Stuttgart1993, ISBN 3-88069-301-3.

• Kalevala. Das finnische Epos des Elias Lönnrot. Re-clam, Stuttgart 1989, ISBN 3-15-010332-0 (deut-sche Ausgabe).

• Elemér Bakó: Elias Lönnrot and his Kalevala, 1985,Bibliography, Library of Congress.

• Inge Ott: Kalevala. Die Taten von Väinämöinen, Il-marinen und Lemminkäinen. Neu erzählt von IngeOtt. Mit Illustrationen von Herbert Holzing. Ver-lag Freies Geistesleben, Stuttgart 1978, 1981, 1989,ISBN 3-7725-0697-6 (Prosa-Nacherzählung).

• Kalewala, das National-Epos der Finnen, nach derzweitenAusgabe insDeutsche übertragen vonAntonSchiefner. J. C. Frenckell & Sohn, Helsingfors 1852.

8 Weblinks

Commons: Kalevala – Album mit Bildern, Videosund Audiodateien

Wikisource: Kalewala, das National-Epos derFinnen – Quellen und Volltexte

• Volltext des Kalevala in der Originalsprache Fin-nisch

• Volltext des Kalevala in englischer Übersetzung

• Finnische Literaturgesellschaft – Informationen aufDeutsch

• Library of Congress – Hörbeispiel (Kalevala40:221-264) vorgetragen von John Soininen 1939 inBerkley, Kalifornien

• Online-Filmdatenbank:Das gestohlene Glück (Sam-po)

Normdaten (Werk): GND: 4029297-6 | LCCN:n79056738 | VIAF: 183875184

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10 9 TEXT- UND BILDQUELLEN, AUTOREN UND LIZENZEN

9 Text- und Bildquellen, Autoren und Lizenzen

9.1 Text• Kalevala Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Kalevala?oldid=133678609 Autoren: LA2, RobertLechner, DaB., Aka, Stefan Kühn, Ul-rich.fuchs, Magnus, Hagbard, Longamp, Echoray, Mathias Schindler, Steffen Löwe Gera, Plasmagunman, Aglarech, Baldhur, Sigune,Southpark, Karl-Henner, HaSee, Micgot, Terabyte, RoBri, Voyager, Geos, Lley, Janneman, °, Plenz, Kirjakauppa-de, Pfalzfrank, J. 'mach'wust, Slomox, Kam Solusar, Polarlys, Phi, Cecil, Bierdimpfl, Jossi2, Gabor, Cherubino, Florian.Keßler, FlaBot, Flominator, Liesel, Elly-wa, Primordial, Kresspahl, Chobot, Jeanyfan, Wingman, Hydro, RobotQuistnix, Bota47, €pa, YurikBot, Löschfix, Zhyniq, BishkekRocks,Lemzwerg, Eskimbot, Bodenseemann, FordPrefect42, ThePeter, BlueCücü, Manec, Enyavar, Hyperboreios, Florib, Darev, Alexscho, Thi-js!bot, HilmarHansWerner, JAnDbot, Fingertier, Gudrun Meyer, Changchang, DodekBot, VolkovBot, Codeispoetry, Rei-bot, Burghard-Richter, Hirsch01640, Amurtiger, Tobias1983, Loveless, Felix.Lange, Pymouss, JanBrietlingen, STBot, WikiBotas, Jesi, Freigut, Toe-Peu.bot, Sonopt, Poisend-Ivy, Lönnrot, Ute Erb, Bertramz, Stäudle, BodhisattvaBot, Purbo T, Wikijens, LinkFA-Bot, Wildtierreservat,SamatBot, Amirobot, Wikinger08, MystBot, Luckas-bot, KamikazeBot, Xqbot, Enst38, Praeceptor, LucienBOT, Hiko, R*elation, Let-demsay, Flyingfischer, Sukarnobhumibol, MerlIwBot, UltraRainbows, BendelacBOT, Charles Corvis, Dexbot, Addbot, Wasserhund undAnonyme: 56

9.2 Bilder• Datei:Commons-logo.svg Quelle: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/4/4a/Commons-logo.svg Lizenz: Public domain Au-toren: This version created by Pumbaa, using a proper partial circle and SVG geometry features. (Former versions used to be slightlywarped.) Originalkünstler: SVG version was created by User:Grunt and cleaned up by 3247, based on the earlier PNG version, created byReidab.

• Datei:Disambig-dark.svg Quelle: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/e/ea/Disambig-dark.svg Lizenz: CC-BY-SA-3.0 Au-toren: Original Commons upload as Logo Begriffsklärung.png by Baumst on 2005-02-15 Originalkünstler: Stephan Baum

• Datei:Ekman_Vainamoinen.jpg Quelle: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/1/13/Ekman_Vainamoinen.jpg Lizenz: Pu-blic domain Autoren: http://www.bifrost.it/FINNI/Museo/Ekman.html Originalkünstler: Robert Wilhelm Ekman

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9.3 Inhaltslizenz• Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0


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