+ All Categories
Home > Documents > MARKT&MANAGEMENT UP-CYCLING -...

MARKT&MANAGEMENT UP-CYCLING -...

Date post: 10-Aug-2019
Category:
Upload: lytuyen
View: 215 times
Download: 0 times
Share this document with a friend
3
MARKT & MANAGEMENT 16 PROCESS 6-2015 MANAGEMENT INSTANDHALT. ÖL/GAS WASSER/ ABWASSER CHEMIE LEBENS- MITTEL PHARMA/ BIOTECH W enn die DBU ein Fluor- chemieprojekt fördere, wüsste man, dass es sich dabei um etwas außergewöhnli- ches handeln muss, erzählt Monika Willert-Porada. Die Professorin der Universität Bayreuth hat die For- schungsvorarbeit für die Up-Cy- cling-Anlage geleitet. Die Pilotan- lage im Industriepark Gendorf, hat mit den kleinen Versuchen im La- bor aber nur noch das Verfahren gemeinsam. Die Dimensionen sind ganz andere: 500 t perfluorierter Polymere kann die Anlage im Jahr up-cyclen. Die Investitionssumme für die Pilotanlagen in Burgkirchen betrug rund sechs Millionen Euro. Sogar das Bundesministerium für Umwelt hat das Projekt mit knapp einer Million Euro unterstützt. Fluorpolymere sind äußerst hit- zeresistent und werden unter an- derem als Dichtungs- und Be- schichtungsmaterial eingesetzt. Das Anwendungsspektrum reicht von der Bratpfanne über die Archi- tektur bis hin zum Astronautenan- zug. Hergestellt wird das Material aus dem wertvollen Rohstoff Fluss- spat. Neben weiteren Vorteilen, ist der positive Einfluss des neuen Verfahrens auf die Umwelt vielfäl- tig: Zum einen wird die natürliche Neue Anlage produziert Kunststoffe aus End-of-Li- fe-Produkten – Dyneon hat den Kreislauf geschlossen. Das Chemieunternehmen hat im bayerischen Burgkirchen eine Anlage in Betrieb genommen, mit der sich erstmals die Abfälle wertvoller Materialien aus Fluorpolymeren wiederauf- bereiten lassen. WOLFGANG ERNHOFER* Wolfgang Ernhofer, Redakteur [email protected] UP-CYCLING STATT DEPONIE Mit einer offiziellen Zeremonie wurde in Burgkirchen die weltweit erste Up-Cycling-Anlage für Fluorpolymere in Betrieb genommen. Bilder: Dyneon/3M; Foto Strauss Altötting
Transcript
Page 1: MARKT&MANAGEMENT UP-CYCLING - multimedia.3m.commultimedia.3m.com/mws/media/1104828O/2015-06-process-article-about-up... · markt&management 16 process 6-2015 management planung betrieb

MARKT & MANAGEMENT

16 PROCESS 6-2015

MANAGEMENT BETRIEB INSTANDHALT.PLANUNG

ÖL/GAS WASSER/ABWASSER

CHEMIE LEBENS-MITTEL

PHARMA/BIOTECH

Wenn die DBU ein Fluor-chemieprojekt fördere,wüsste man, dass es sich

dabei um etwas außergewöhnli-ches handeln muss, erzählt MonikaWillert-Porada. Die Professorin derUniversität Bayreuth hat die For-schungsvorarbeit für die Up-Cy-cling-Anlage geleitet. Die Pilotan-lage im Industriepark Gendorf, hatmit den kleinen Versuchen im La-bor aber nur noch das Verfahrengemeinsam. Die Dimensionen sindganz andere: 500t perfluorierterPolymere kann die Anlage im Jahrup-cyclen. Die Investitionssummefür die Pilotanlagen in Burgkirchenbetrug rund sechs Millionen Euro.Sogar das Bundesministerium fürUmwelt hat das Projekt mit knappeiner Million Euro unterstützt.Fluorpolymere sind äußerst hit-

zeresistent und werden unter an-derem als Dichtungs- und Be-schichtungsmaterial eingesetzt.Das Anwendungsspektrum reichtvon der Bratpfanne über die Archi-tektur bis hin zumAstronautenan-zug. Hergestellt wird das Materialaus demwertvollen Rohstoff Fluss-spat. Neben weiteren Vorteilen, istder positive Einfluss des neuenVerfahrens auf die Umwelt vielfäl-tig: Zum einen wird die natürliche

Neue Anlage produziertKunststoffe aus End-of-Li-fe-Produkten – Dyneon hatden Kreislauf geschlossen. DasChemieunternehmen hat imbayerischen Burgkirchen eineAnlage in Betrieb genommen,mit der sich erstmals dieAbfälle wertvoller Materialienaus Fluorpolymeren wiederauf-bereiten lassen.

W O L F G A N G E R N H O F E R *

Wolfgang Ernhofer,[email protected]

UP-CYCLINGSTATT DEPONIE

Mit einer offiziellenZeremonie wurde inBurgkirchen dieweltweit ersteUp-Cycling-Anlagefür Fluorpolymere inBetrieb genommen.

Bilder:Dyneon/3M

;FotoStraussAltötting

document7417956986818030668.indd 16 20.05.2015 16:13:57

Page 2: MARKT&MANAGEMENT UP-CYCLING - multimedia.3m.commultimedia.3m.com/mws/media/1104828O/2015-06-process-article-about-up... · markt&management 16 process 6-2015 management planung betrieb

6-2015 PROCESS 17

Ressource Flussspat gespart, wasu.a. zu weniger Bergbau, Schwer-transporten und Einsatz von Che-mikalien führt. Zum anderen spa-ren Hersteller von Fluorpoly-mer-Materialien Energiekosten.Die Umweltbelastung sinke zu-dem, weil die Materialien künftignicht mehr verbrannt oder depo-niert werden müssen.Die neue Pilotanlage integriert

sich in die bestehenden Fluorpoly-mer-Produktionslinien von Dyneonund setzt Pyrolyse zur Zersetzungder perfluorierten Polymere ein.Dabei werden gasförmige Mono-mere zurückgewonnen, welchezunächst aufgereinigt und dannder Produktion zur Herstellungneuer Materialien zugeführt wer-den. In der ersten Phase wird dieAnlage vollfluorierte Polymere, wiez.B. PTFE, PFA, FEP, verarbeiten,und in der zweiten Phase zusätz-lich PTFE-Compounds, die Füll-stoffe enthalten.

Der Prozessablauf

Bislang gab es keine Möglich-keit, die Werkstoffe wiederzuver-werten. Sie wurden nach Gebrauchverbrannt oder deponiert. Künftigwird das 3M-Tochterunternehmen

Dyneon bis zu 500t Fluorpolymer-abfälle pro Jahr nahezu vollständigwiederaufbereiten. Fachleute spre-chen von „Up-Cycling“: Im Gegen-satz zum klassischen Recyclingkann das Chemieunternehmenmitseiner Anlage die wertvollenGrundstoffe zur Herstellung neuerFluorpolymere in hoher Ausbeuteund entsprechender Reinheit ge-winnen. In der Fluorpolymerweltwerden diese Neustoffe, die nochkeinen Verarbeitungsprozessdurchlaufen haben, auch als ‚virgi-nales‘ PTFE, PFA oder FEP be-zeichnet.In dem neuen Hochtempera-

tur-Recyclingverfahren werden dievollfluorierten Polymere, bevor-zugt Produkte nach dem Ende ih-res Lebenszyklus, nach Durchlau-fen einer Zerkleinerungsstufe beiTemperaturen über 600°C in ihreMonomere zurückgespalten. Diessind dieselben chemischen Bau-steine, aus denen die Polymere beiihrer Herstellung produziert wor-den sind. Hauptsächlich entstehenbei der Pyrolyse Tetrafluorethylen(TFE) und Hexafluorpropylen(HFP), wobei die Wiedergewin-nungsrate 90 bis 95% beträgt. Die-ses Gasgemisch wird dann in denReinigungstrakt der Monomeran-

UMWELTENTLASTUNG PRO 1000 tRÜCKGEWONNENES TFE

ReduzierteUm

weltbelastung

Gips

H2 SO

4

CaF2

CO2

Chlor

Säuren

-5.000 t

-10.000 t -10.000 t

-1.000 t-2.000 t

-3.000 t

5000 t Chlor können pro 1000 t rückgewonnenesTFE eingespart werden.

Quelle:3

M/Dyneon,Grafik:PROCESS

document7417956986818030668.indd 17 20.05.2015 16:14:00

Page 3: MARKT&MANAGEMENT UP-CYCLING - multimedia.3m.commultimedia.3m.com/mws/media/1104828O/2015-06-process-article-about-up... · markt&management 16 process 6-2015 management planung betrieb

MARKT & MANAGEMENT

18 PROCESS 6-2015

lage eingespeist und zusammenmit dem Rohgas der Monomerpro-duktion destillativ aufgereinigt.

Das Hauptprodukt der Monomer-synthese, TFE, wird dabei mit ei-ner 6-Neuner-Reinheit gewonnen,es enthält 99,9999% TFE. Daherunterscheiden sich die Folgepro-dukte, unabhängig ob es sich hier-bei um PTFE-Produkte, Fluorther-moplaste oder Elastomere handelt,in keiner Weise von den Ausgangs-werkstoffen. Ein Novum in diesemBereich: Produkte nach dem Errei-chen des Endes ihres Lebenszyk-lus werden in Neuprodukte über-führt.Ein weiterer Schritt ist das

Up-Cycling von PTFE-Compounds.Dafür gab es bis jetzt keine sinn-volle oder technisch machbare Lö-sung. Sie sind Werkstoffe, bei de-nen die Fluorkunststoffe noch zu-sätzlich Füllstoffe enthalten. Typi-sche Füllstoffe in diesem Bereich

sind Glasfasern, Glaskugeln, Koh-le, Graphit und Ruß. Auch in denFällen, in denen bisher technischein Recycling möglich wäre, schei-terte zumeist die Umsetzung ander fehlenden Möglichkeit, Recy-clate – mit den bekannten Nachtei-len – wegen fehlender Akzeptanzwieder in den Markt zurückzufüh-ren. Das nächste Projekt in Burg-kirchen ist die Aufbereitung dieserCompounds.

Hand in Hand

„Wir sind der Universität Bay-reuth und Invertec für die hervor-ragende Zusammenarbeit, die an-wendungsorientierte Forschungund das außergewöhnliche En-gagement sehr dankbar. Außer-dem wissen wir die finanzielleUnterstützung des Bundesministe-riums für Umwelt und der Deut-schen Bundesstiftung Umwelt sehr

zu schätzen. Ohne diese Hilfe wä-re ein Projekt dieser Dimension amStandort Burgkirchen niemalsmöglich gewesen”, erklärt Burk-hard Anders, Geschäftsführer vonDyneon. Er verrät, dass es die Ideedazu schon seit 25 Jahren gibt undsein Vorgänger Dr. Günther Kämpfdiese vorangetrieben habe: „GuteIdeen brauchen ein gutes Manage-ment, die sie vorantreiben.“„Die Anlage und der dazugehö-

rige Prozess werden das Denkenund Handeln von uns allen ändern.Was einst als ein nutzloser Abfall-strom betrachtet wurde oder allen-falls als Nebenprodukt mit gerin-gemNutzen, ist nun ein wertvollesMaterial”, sagt Dr. Klaus Hintzer,Corporate Scientist bei 3M und Ide-engeber des Verfahrens. „Ich binüberzeugt davon, dass auch da-durch Fluorpolymer-Materialienweiter an Bedeutung gewinnenwerden.“

Nachgefragt bei Dr. Thorsten Schwalm, Projektleiter Up-Cycling bei Dyneon in Burgkirchen

ZIEL IS T E INE GROSS T ECHNISCHE PRODUK T IONSANL AGE

? Wie lange hat es gedauert ein funktionierendes Verfahrenzu entwickeln?

S C H W A L M : Insgesamt hat es 25 Jahre gedauert. Eineerste Patentanmeldung erfolgte 1993. Erste Baumaßnahmeneiner Recycling-Anlage fandenwenige Jahre später statt, wur-den aber aufgrund neuer Prioritäten mit einer anderen Ziel-richtung fortgeführt. Ein weiterer Meilenstein des Projekts wardie Kooperation mit einem südafrikanischen Unternehmen um

die Jahrtausendwende. Diese führte zu wichti-gen Erkenntnissen hinsichtlich des Verfah-rens sowie zu weiteren Patentanmeldun-gen.

? Mit welchen weiteren externenPartnern hat Dyneon zusammengear-beitet?

S C H W A L M : Die Zusammenarbeitmit der Universität Bayreuth sowie dem

Non-Profit-Forschungsinstitut Invertec be-gann im Jahr 2005 undwar sehr entscheidend

für das Gelingen des Projekts. Auch die Förderung derDeutschen Bundesstiftung Umwelt in allen Projektphasen bis2010 war ausschlaggebend. Denn bei einem Projekt dieserGröße benötigte Dyneon Mitstreiter, die die Vision teilen. Dazuzählt auch das Bundesumweltministerium, das den Bau derAnlage mit knapp einer Million Euro unterstützte. Heute ar-beitet die Up-Cycling Anlage nicht nur nachhaltig, sondern

auchwirtschaftlich, weil sich mit ihr der Rohstoff Flussspat undEnergiekosten einsparen lassen.

? Ist es geplant, weitere, bzw. größere Up-Cycling-Anlagenzu bauen?

S C H W A L M : Die Pilotanlage kann bis zu 500 Tonnen jähr-lich verarbeiten. Ziel ist es, mit den aus dem Betrieb der Pilot-anlage gewonnenen Erkenntnissen eine großtechnische Pro-duktionsanlage zu konzipieren und zu bauen. Das wird nocheinige Jahre dauern.

? Wo soll diese entstehen und was sind dabei die größtenHerausforderungen?

S C H W A L M : Die Anlage wird auch am Standort Burgkir-chen im Industriepark Werk Gendorf gebaut werden. Die größ-ten Herausforderungen sind zum einen die technische Umset-zung sowie das Scale-Up in den größeren Maßstab und zumanderen muss ein funktionierendes Netzwerk für das Sammelnund die Logistik von vollfluorierten Polymerabfällen mit demZiel vorhanden sein, dass diese nicht mehr deponiert oderverbrannt werden.

? Was ist ihr Ziel für die Zukunft des Verfahrens?

S C H W A L M : Ziel ist es, alle vollfluorierten Polymerabfälleinklusive der entsprechenden Compounds up-cyclen zu könnenund das etablierte Verfahren dann auf teilfluorierte Polymer-abfälle zu übertragen.

• Besuchen Sie die Up-cycling- und Werk-stoff-Experten vonDyneon auf der Achemain Halle 9.0, Stand E36und erfahren Sie mehrüber das Verfahrenund weitere Produkte,wie z.B. Dichtungen.

PROCESS-Tipp

document7417956986818030668.indd 18 20.05.2015 16:14:02

MMaurer
Textfeld
Der Beitrag ist urheberrechtlich geschützt. Bei Fragen zu Nutzungsrechten wenden Sie sich bitte an [email protected]

Recommended