Date post: | 09-Mar-2016 |
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Gestaltung: pol, B
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eiten ungeheftet, 29 cm x 40 cm
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Text von Trmasan B
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Auflage 500, IS
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: 978-3-033-02314-7
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Lieber Paul
Kürzlich habe ich Warschau entfernte Verwandte besucht, ein älteres und schon gebrechliches Ehepaar, die in einem der Hochhausquartiere an der stetig sich ausdehnenden Stadtgrenze wohnen. Ich fuhr mit der Metro bequem und rasch von der Stadtmitte hinaus in die Neubauzone und verirrte mich, kaum war ich an der Oberfläche angekommen, in den sich gleichenden Strassen und weitläufigen Plätzen. Da ich genügend Zeit hatte, liess ich mich treiben. Bis ein Haus in der um-
gebenden grauen Einheitsbauweise mei ne Aufmerk samkeit auf sich zog. Der zwei-stöckige Zie gelbau mit Satteldach schien gut erhalten, schwierig zu sagen, aus welcher Epoche er stammen mochte, bestimmt aus einer Zeit, als hier noch Dorf und die Stadt weit war. Das Beson-dere jedoch wa ren die vermauerten Fens-ter und Türen. Jemand hatte mit beson-derer Sorgfalt alle Öffnungen mit grauem Gasbetonsteinen unter Ver wen dung von hellem Mörtel zugemauert, was in reiz-vollem Kontrast zur roten Ziegelmauer stand. Mein erster Gedanke war, einem Kunstobjekt gegenüberzustehen. Dem
war aber nicht so. Es gab jedenfalls nir-gends – wie sonst bei solchen Projekten üblich – einen verwertba ren Hinweis. Wie ich um dieses Haus, das ich nur mehr als Objekt las, herumging, erinnerte ich mich an ein Gespräch mit einem Sammlerpaar aus Zürich, die mir bei einem Abendes-sen erzählten, wie sie nach Bern gefah-ren seien, um eine Ausstellung in einer befreundeten Galerie in der unteren Alt-stadt zu besuchen. Dort angekommen fanden sie die Fenster der Galerie mit grossen Brettern vernagelt vor. Etwas konsterniert hätten sie in einem Stras-sencafé gegenüber erst einen Espresso zu sich genommen und seien dann un-verrichteter Dinge wieder nach Hause zurückgekehrt. Erst das nachfolgende Telefongespräch mit dem Galeristen hätte Klärung gebracht: die Bretter, so der Ga-lerist, seien Teil der Ausstellung. Und die Galerie sei nicht etwa leer, nein, aber das lasse sich am Telefon nur schlecht erklä-ren, das müsse man sehen, denn alles sei präzis gesetzt und mache Sinn im Zusammenhang mit den ebenfalls dort ausgestellten Drohbriefen an die Berner Kunstinstitutionen. Droh brie fe? Ich be-schloss, am folgenden Tag auf meiner Reise von Zürich nach Genf in Bern Halt zu machen und mir diese Ausstellung anzusehen. Du kennst ja Bern, also brau-che ich Dir die Lage nicht lange zu erklä-ren. Wenn man auf der linken Gassen-seite durch die Lauben zum Bärengraben hinuntergeht, kann man die vernagelte Galerie nicht verfehlen, wobei «verna-gelt» nicht zutrifft, denn die mächtigen Bretter sind weder genagelt noch ver-schraubt. Sie werden von aussen nicht sichtbaren Kräften an Ort und Stelle ge-
halten. Die Bretter sind zudem nicht ein-fach Bretter. Bei genauerem Hinsehen und Anfassen wird klar, dass die kreuz und quer überein ander angebrachten Bretter vor den Fenstern jeweils aus ei-nem massiven Stück Holz gesägt wor-den sind; die oberen und die unteren Bretter stammen aus ein und demselben Stamm. Ich setzte mich auf ei ne Bank gegenüber und beobachtete die Passan-ten, wie sie auf den doch ganz imposan-ten Eingriff in die gemütliche Berner Alt-stadt reagierten. Die meisten blieben kurz stehen, spähten zwischen den Brettern hindurch, befühlten die Hölzer und wenn sie den «Trick» durchschauten, schritten sie mit einem anerkennenden Nicken weiter (wobei mir nicht ganz klar war, ob sie sich über ihre eigene Schlauheit oder jene der Künstler freuten); die Touristen machten in der Regel Fotos. Durch die geöffnete Tür zu gehen getrauten sich hingegen die wenigsten. Während ich in den dunkel gehaltenen ersten Galerie-raum ging, wo die vor den geöffneten Fens tern befestigten Bretter scharf vor dem Tageslicht sich abzeichneten, wäre ich fast mit dem Kopf in einen der vielen Drähte gerannt, die von der rückwärtigen Wand quer durch den sonst leeren Raum zu den Brettern spannten und diese durch schiere Zugkraft vor den Fens terrahmen festhielten. In einem zwei ten helleren Raum waren die erwähnten Drohbriefe aus gestellt, 25 an der Zahl, fein gerahmt. Die im Tondo gehaltenen, überaus detail-lierten Pigmentstiftzeichnungen zeigen Berner Kunstinstitutionen, von der Kunst-halle über die Galerienszene bis zum Zen trum Paul Klee, im Zustand nach oder während eines gewaltsamen Aktes der
Zerstörung durch Was ser, Feuer, Torna-dos, Lawinen, Erdbeben, Sprengstoff, Ver-kehrsunfälle und was man sich derglei-chen mehr vorstellen kann. Ein Fest für die Augen, man kann sich kaum satt se-hen – wenn nicht unter jeder Zeichnung in Prägeschrift stehen würde:
ASSHOLE! ARTSUCKER! ARTISTFUCKER!!!WARNING!! THIS IS NOT A DRAWING!!
THIS IS A PREVIEW AND WILL BECOME REALIF YOU D’ONT
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Hier steht für einmal die klassische Frage ausser Frage, was uns der Künstler bzw. die Künstlerin damit sagen wollte. Die Message ist glasklar: zeig uns, kauf uns, verkauf uns, sonst passiert, was auf dem Bild gezeichnet vorweggenommen wird! Hier schlagen Rudolf Steiner und Barbara Meyer Cesta aka Haus am Gern gleich drei Fliegen auf einen Streich: erstens verwei-sen sie auf den magischen Charakter der Zeichnung, der schon in den Höhlen von Altamira das Wild beschwor; gleichzeitig nehmen sie Bezug auf sich selbst als Künstler, die den Zauber umsetzen. Und drittens führen sie vor, wer Kunst vorführt und warum. Das ging mir durch den Kopf, als ich im kalten Warschauer Vorort um dieses seltsame Hausobjekt herumging auf der Suche nach einer Erklärung. Ge-funden habe ich keine.
Auf ein baldiges Wiedersehen!
Trmasan Bruialesi