Vorlesung im WS 2011/12
Motivation, Volition, Handeln
Aktivationstheoretische Ansätze
Prof. Dr. Thomas Goschke
Professur für
Allgemeine Psychologie
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Überblick
Aktivationskonzept
Retikuläres aktivierendes System und kortikale Aktivation
Autonomes Nervensystem
Hypothese des optimalen Aktivationsniveaus
Aktivation und Leistung: Das Yerkes-Dodson-“Gesetz“
Aktivation, Neugiermotivation und „kollative Variablen“
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Alltagsbeispiele
Kontinuum der Konzentriertheit (z.B. Konzertpianist; free climber)
Kontinuum der „Energetisierung“ (z.B. Höchstleistungen im Sport)
Koma – Schlaf – Wachheit – konzentrierte Aufmerksamkeit – Stress
• Kontinuum der Wachheit
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Definitionen von Aktivation / Erregung (arousal)
„Arousal refers to the mobilization or activation of this energy that occurs in preparation or during actual behavior“ (Deckers, 2001)
„Arousal is the activation of the brain and the body. When we are aroused, body and brain are in a state of readiness, so that we are prepared to engage in adaptive behavior“ (Franken, 2002)
5
Forschungsfragen
Welchen Einfluss hat das Aktivationsniveau des Organismus auf das Verhalten?
Welche Beziehung besteht zwischen Aktivation, Motivation und Leistung?
Welche Hirnsysteme regulieren das Aktivationsniveau?
Welche Reizmerkmale beeinflussen das Aktivationsniveau?
6
Aspekte der Aktivation: Subjektive Erregung
Subjektives Gefühl der Erregung oder Energetisierung
Energetische Erregung: positive affektive Tönung
• z.B. mittags hoch, frühmorgens und nachts niedrig / wird durch Koffein verstärkt
Angespannte Erregung: negative affektive Tönung
• z.B. bei Bewertungsangst während Prüfungen, Sportwettkämpfen oder in sozialen Situationen
Messung über Ratingskalen (z.B. Schimmack & Reisenzein, 2002, Emotion)
• schläfrig = 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 = wach
• entpannt = 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 = nervös
7
Aspekte der Aktivation: Physiologische Erregung
Aktivierung des sympathetischen Nervensystems
8
Erhöhung der Herzrate und Konstriktion der Blutgefäße Erhöhte Durchblutung
Leber setzt Glukose frei erhöhte Energieversorgung
Erhöhte Ausschüttung roter Blutkörperchen mehr Sauerstoff
Verdauung wird gestoppt
Fett wird in Blutstrom gelassen mehr Energie
Erhöhte Atemfrequenz bessere Kühlung bei Anstrengung
Erhöhte Muskelspannung
Verbesserte Sinneswahrnehmung
Aspekte der Aktivation Zentralnervöse Prozesse
Aktivierte Hirnregionen verbrauchen mehr Energie erhöhte
Durchblutung und Zufuhr von Glukose und Sauerstoff
Messbar mittels Positronen-Emission-Tomografie (PET) und funktionelle Magnetresonanztomografie (fMRT)
10
PET fMRT
Retikulärformation
Gruppe von Nervenzellen im
Kern des Hirnstamms, die sich
von der Ebene der Medulla
bis zum Thalamus erstreckt
16
Evidenz für ein Retikuläres Aktivationssystem (RAS)
1. Moruzzi & Magoun (1949): Elektrische Stimulation des RAS führt zu Veränderungen der elektrischen Aktivität des Neokortex -> Wach-EEG
17
Elektroenzephalogramm (EEG) in verschiedenen Bewusstseinszuständen
Erhöhte Aktivation / Aufmerksamkeit
-> kleinere Amplitude -> Höhere Frequenz (Alpha-Desynchronisation; Beta-Wellen)
Elektrische Reizung der
Retikulärformation von
anästhesierten Katzen
bewirkt Wechsel vom
Schlaf-EEG zum Wach-EEG
Entspannte Ruhe
-> synchrone Aktivität
-> Alpha-Wellen
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Evidenz für ein Retikuläres Aktivationssystem (RAS)
2. Wird Neokortex nicht hinreichend durch RAS aktiviert, werden sensorische Signale nicht adäquat verarbeitet
• Fuster (1958): Rhesusaffen lernten schneller, zwei kurz dargebotene Objekte zu diskriminieren, wenn das RAS über eine implantierte Elektrode stimuliert wurde
3. Läsion des RAS führt zu Koma
1. Elektrische Stimulation des RAS führt zu Veränderungen der
elektrischen Aktivität des Neokortex (gemessen über das EEG)
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Evidenz für ein Retikuläres Aktivationssystem (RAS)
Dauerschlaf
Normaler
Schlaf-Wach-
Zyklus
Durchtrennung des Hirnstamms zwischen Medulla u. Rückenmark (bei Katzen)
(= Unterbrechung afferenter sensorischer Bahnen)
-> Direktreizung des RAS führt noch zu Wach-EEG
-> aktivierender Effekt ist nicht über spezifische sensorische Bahnen vermittelt
Durchtrennung des Hirnstamms direkt hinter dem RAS
(= Unterbrechung der Bahnen vom RAS zum Kortex)
-> Direktreizung führt nicht mehr zu Wach-EEG
(Zur Illustration der Operationen
Ist hier ein menschliches
Gehirn dargestellt; die Untersuchungen
wurden an Katzen durchgeführt!) 21
Evidenz für ein Retikuläres Aktivationssystem (RAS)
Führte zur Hypothese, dass das RAS beteiligt ist an
• Erzeugung eines tonischen (anhaltenden) Wachheitszustandes
• Erzeugung einer tonischen Muskelspannung / erhöhten Verhaltensbereitschaft
• Verstärkung oder Abschwächung der Aufnahme und Weiterleitung sensorischer und motorischer Impulse
23
Rezeptoren der Sinnesorganen sind
über spezifische afferente Bahnen mit
sensorischen Arealen im Neokortex
verbunden
Retikulärformation wird über Kollateralen
aktiviert, die von spezifischen afferenten
sensorischen Bahnen abzweigen
Keine Verarbeitung spezifischer
Reizmerkmale, sondern unspezifische
und großflächige Aktivierung des
Neokortex
RAS wird auch durch vom Kortex
absteigende Bahnen aktiviert -> kortikale
Kontrolle der Aufmerksamkeitssteuerung
(erhöhte RAS-Aktivierung, wenn Person
sich auf Reize konzentriert)
Aktivationstheoretische Ansätze:
Retikuläres Aktivationssystem (RAS)
24
Die Hypothese des optimalen Aktivationsniveaus
Das zentrale motivationspsychologische Postulat aktivationstheoretischer Ansätze ist die Annahme eines optimalen Aktivationsniveaus
Zu niedrige oder zu hohe Aktivation wird als aversiv erlebt
Organismen sind bestrebt, mittleres Aktivationsniveau zu erreichen oder aufrecht zu erhalten
29
Die Aktivationstheorie von Donald O. Hebb (1904-1985)
Abstrakte Neurophysiologie („conceptual nervous system“)
psychische Prozesse (Gedanken, Vorstellungen) beruhen darauf, dass Neuronenverbände in geordneter Abfolge erregt werden (sog. Phasensequenzen)
Reizinput hat zwei Effekte:
• aktivierende Funktion (arousal function)
• steuernde Funktion (cue function)
steuernde Funktion setzt minimales unspezifisches Aktivationsniveau voraus (Hulls „Drive“ wird zur RAS-Aktivität)
Zu hohes Aktivationsniveau Zusammenbruch von
„Phasensequenzen“ und des geordneten Denkablaufs
Hebb, D. (1955): Drives and the CNS (conceptual
nervous system). Psychological Review, 62, 243-254 30
Die Aktivationstheorie von Donald O. Hebb
Hebb, D.O. (1955). Drive and the C.N.S. (Conceptual
nervous system). Psychological Review, 62, 243-254.
31
Die Aktivationstheorie von Donald O. Hebb: Unterschiede zu Hulls Triebtheorie
Kurvilineare Beziehung zwischen Aktivation und Leistung
• statt monotoner Beziehung zwischen Triebstärke und Reaktionspotential wie bei Hull
Optimales mittleres Aktivationsniveau
• statt eines möglichst niedrigen Triebzustands wie bei Hull
Aktivation hängt von Merkmalen des Reizeinstroms ab
• statt von einem endogen Trieb
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Die Aktivationstheorie von Donald O. Hebb: Annahme eines optimalen Aktivationsniveaus
Leichte Abweichungen vom optimalen Aktivationsniveau (mäßige Inkongruenz, Neuheit oder Komplexität)
wird als angenehm erlebt
Neugier, Interesse, Exploration
Stimulation weit oberhalb des optimalen Niveaus (sehr unerwartete, diskrepante oder intensive Reize)
wird als unangenehm erlebt
motiviert Vermeidungsverhalten
Extreme Erregung führt zu Desintegration des Verhaltens (z.B. Panik bei Katastrophen)
Stimulation weit unterhalb des optimalen Niveaus
wird als unangnehm empfunden
motiviert Suche nach externer Stimulation
! Entscheidend für Aktivationsniveau ist nicht primär physikalische Reizintensität, sondern Informationsgehalt, Komplexität und Diskrepanz zum Erwarteten oder Vertrauten
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Sensorische Deprivation: Beobachtungen
Nach längerer Zeit zeigten Probanden Halluzinationen und Beeinträchtigungen intellektueller Fähigkeiten
An sich eher langweilige Informationen wie Börsenberichte oder Auszüge aus Telefonbuch wurden begierig aufgenommen
Ein großer Teil der Studenten brach Versuch trotz hoher Bezahlung nach 2. oder 3. Tag ab
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Überblick
Aktivationskonzept
Retikuläres aktivierendes System und kortikale Aktivation
Hypothese des optimalen Aktivationsniveaus
Sensorische Deprivation
Aktivation und Leistung: Das Yerkes-Dodson-“Gesetz“
Neugiermotivation und „kollative Variablen“
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Aktivationsniveau und Leistungsfähigkeit Das Yerkes-Dodson-”Gesetz” (1908)
Annahme 1: Leistungsfähigkeit ist am besten bei mittlerem Aktivationsniveau
Annahme 2: optimales Aktivationsniveau hängt von der Schwierigkeit der Aufgabe ab (bei leichten Aufgaben liegt es höher)!
38
Aktivation und Leistung Das Yerkes-Dodson-”Gesetz” (1908)
Aktivation
Suboptimal
Optimal
Supraoptimal
Dösig Entspannt Aufmerksam Erregt
Kontrollverlust
Disorganisation
des Verhaltens
Furcht / Stress
effizientes
Problemlösen
und schnelle
Adaptive Reaktionen
Le
istu
ng
39
Aktivation und Leistung Das Yerkes-Dodson-”Gesetz” (1908)
Aktivation
Le
istu
ng
Schwierige Aufgabe Leichte Aufgabe
40
niedrig hoch
hoch
niedrig
Aktivation und Leistung Das Yerkes-Dodson-”Gesetz” (1908)
41 Zimbardo & Gerrig, 2006
© Pearson Studium 2004
Experimentelle Belege
In verschiedenen Experimenten wurde variiert:
• Aktivationsniveau (z.B. Stärke elektrischer Schocks)
• Aufgabenschwierigkeit (z.B. unterschiedlich schwierige visuelle Diskriminationsaufgabe, durch die Schock beendet werden konnte)
• AV: Anzahl korrekter Lösungen
Ergebnis:
• bei leichter Aufgabe Anstieg richtiger Lösungen mit zunehmender Aktivation
• bei schweren Aufgaben zuerst Anstieg, dann Abfall
optimales Aktivationsniveau lag niedriger
42
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
leichte Liste Schwierige Liste
Mit
tle
re F
eh
lerz
ah
l
hoch ängstlich
niedrig ängstlich
Angst und Leistung
43
Spence, Taylor & Ketchel, 1956
Theoretische Erklärungen des Yerkes-Dodson-Gesetzes I
Hulls Triebtheorie
Ängstlichkeit (erhöhtes Triebniveau) erhöht die Stärke aller Reiz-Reaktions-Assoziationen (Habits)
Leichte Aufgaben:
• korrekte Reaktion ist stärker als falsche Reaktionen
• erhöhtes Triebniveau verstärkt diesen Unterschied bessere
Leistung
Komplexe Aufgaben
• korrekte Reaktion ist schwächer oder nur wenig stärker als falsche Reaktionen
• erhöhtes Triebniveau erhöht die Wahrscheinlichkeit falscher Reaktionen
Theoretische Erklärungen des Yerkes-Dodson-Gesetzes II
Cue Utilization (Easterbrook, 1959)
Aufmerksamkeitstheoretische Erklärung
• In jeder Situation ist Aufmerksamkeit auf einige Reize gerichtet, während andere ignoriert werden
• Aktivationsniveau beeinflusst, wie viele Reize in den Fokus der Aufmerksamkeit kommen
• Je höher Aktivation, umso enger der Aufmerksamkeitsfokus
Interaktion mit Aufgabenschwierigkeit
• Solange erhöhte Aktivation zur Fokussierung der Aufmerksamkeit auf relevante Reize führt bessere Leistung (da irrelevante Reize
ausgeblendet werden)
• Zu hohe Aktivation schlechtere Leistung (da auch relevante Reize
ausgeblendet werden)
• Je schwieriger Aufgabe, umso mehr Reize müssen berücksichtigt werden umso niedriger liegt das optimale Aktivationsniveau
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Theoretische Erklärungen des Yerkes-Dodson-Gesetzes III
Informationsverarbeitungsmodell von Humphreys & Revelle (1984)
Zwei grundlegende Prozesse der Informationsverarbeitung:
• Sustained information transfer (SIT): automatische
Reizverarbeitung und Auslösung assoziierter Reaktionen
• Short-term memory (STM): aktive Aufrechterhaltung von
relevanter Information, so dass diese verfügbar für
Problemlösen ist
Leichte (geübte) Aufgaben erfordern in erster Linie SIT
Schwierige Aufgaben beanspruchen STM
Erhöhung des Erregungsniveaus
• verbessert SIT
• verschlechtert STM
49
Theoretische Erklärungen des Yerkes-Dodson-Gesetzes II Informationsverarbeitungsmodell (Humphreys & Revelle, 1984)
Sustained
Information
transfer
Short-term
memory
Arousal
Low High
Effic
iency
of pro
cessin
g
Poor
Good
50
Probleme des unspezifischen Aktivationskonzepts
Wenn verschiedene Indikatoren für Aktivation Manifestationen eines unspezifischen Erregungssystems sind, sollten sie hoch korreliert sein
• Subjektive erlebte Erregung
• Herzfrequenz
• Hautleitfähigkeit / elektrodermale Reaktion
• Hirnelektrische Aktivität: EEG (z.B. relative Power im Bereich der Alphafrequenz)
• Elektromyogramm (Anspannung des Stirnmuskels)
• Lidschlag (Anzahl)
Tatsächlich korrelieren verschiedene Aktivationsindikatoren häufig nicht
• Lacey (1967): Reaktionsspezifität (s.a. Neiss, 1988)
• Mitunter verhalten sich Aktivationsindikatoren sogar gegenläufig
- Konzentration / gespannte Erwartung eines Reizes erhöhte Herzrate
- erschreckende oder aversive Reize reduzierte Herzrate
Verschiedene Personen zeigen individuell unterschiedliche Muster psychophysiologischer Reaktionen
52
Probleme des unspezifischen Aktivationskonzepts
Zustände erhöhter Aktivation sind oft mit anderen Veränderungen korreliert, die Verhalten beeinflussen
• Aufmerksamkeitsfokussierung / Konzentration
• Emotionen (Angst, Schreck, Überraschung, Freude)
• Kognitionen (z.B. störende Gedanken, die um gefürchteten Misserfolg kreisen)
Aktivation ist besser als multidimensionales theoretisches Konstrukt aufzufassen, das verschiedene (physiologische und affektive) Aspekte umfasst
multiple neuromodulatorische Systeme im Hirnstamm, die kortikale Erregbarkeit und Informationsverarbeitung modulieren
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Multiple Aktivierungssysteme
diverse Zellgruppen im Hirnstamm sind an der Regulation des kortikalen Erregungsniveaus beteiligt
diese sind mit spezifischen Neurotransmittern (u.a. Noradrenalin, Serotonin, Acetylcolin) assoziiert und projizieren weitflächig in viele kortikale Regionen
haben unterschiedliche Funktionen
Wirkungen hängen zudem davon ab, (a) in welche Hirnregionen die Systeme projizieren, (b) welche Rezeptoren beteiligt sind, (c) ob Aktivität tonisch oder phasisch ist
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Noradrenerges System
Neurotransmitter: Noradrenalin
Ursprungsort: Locus coeruleus
Projektionen in viele kortikale Regionen
Stimulation führt zu erhöhter kortikaler Erregung ( Aufmerksamkeit und
Vigilanz / verbesserter Signal-Rausch-Abstand)
LC-Neurone sind besonders aktiv, wenn Organismus wach ist oder wenn Stressreize verarbeitet werden; inaktiv im Schlaf
NA-Agonisten (z.B. Amphetamin) führen zu Erregtheit u. Schlaflosigkeit
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Serotonerges System
Neurotransmitter: Serotonin
Ursprung: Raphé-Kerne im RAS (Projektionen in viele kortikale Regionen)
u.a. beteiligt an
• Emotionsregulation
• Responsivität für negative emotionale Reize
• Verhaltenshemmung vs. Impulsivität
• Angstverarbeitung
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Dopaminerges System
Nigrostriatales System: Substantia nigra
dorsales Striatum (Regulation motorischer Funktionen; beeinträchtigt bei Parkinson-Krankheit)
Mesolimbisches System: Ventrales Tegmentum (Mittelhirn)
Vorderhirn/limbisches System (Amygdala, Hippokampus, Nucleus accumbens); involviert in Anreizmotivation u. Belohnungseffekte
Mesokortikales System: Ventrales Tegmentum präfrontaler Kortex; spielt
Rolle bei kognitiven Kontrollfunktionen (z.B. Aufrechterhaltung von Zielen)
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D.E. Berlyne (1924-1976)
War beeinflusst durch die neurophysiologischen Entdeckungen (RAS, Belohnungssysteme), Hebbs theoretische Neurophysiologie und Hulls Neo-Assoziationismus
Frage nach Reizmerkmalen, die Aktivationsniveau bestimmen
Frage nach motivationalen Wirkungen unterschiedlicher Aktivationsniveaus
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D.E. Berlyne: Kollative Variablen und Anregungspotenzial
Aktivationsniveau beruht auf Vergleich von Reizinformation mit gespeicherten Gedächtnisinhalten führt zu unterschiedlich starker
Inkongruenz mit dem Vertrauten oder Erwarteten
kollative („vergleichende“) Reizvariablen:
• Neuigkeit und Veränderung
• Ungewissheit und Konflikt
• Komplexität
• Überraschungsgehalt
Ebenfalls aktivierend wirkende Reize:
• Emotionale Reize
• Sehr intensive Reize
• Reize, die durch innere Bedürfniszuständen erzeugt werden
Zusammen bestimmten kollative Variablen das Anregungspotenzial (arousal potential) eines Reizes
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D.E. Berlyne: Auswirkungen des Anregungspotenzials
Anregungspotenzial Aktivationsniveau
• zu niedriges oder zu hohes Anregungspotenzial hohe Aktivation
• Mittleres Anregungspotenzial niedrige Aktivation
Anregungsspotenzial Affekt
• zu niedriges oder zu hohes Anregungspotenzial = aversiv
• mittleres Anregungspotenzial = angenehm
Aktivationsniveau Motivation
• Organismen streben ein optimales (niedriges) Aktivationsniveau an und präferieren daher Stimulation mit mittlerem Anregungspotenzial
• Erhöhung eines zu niedrigen oder Verringerung eines zu hohen Anregungspotenzials wirkt verstärkend
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Vergleich der Postulate von Berlyne und Hebb zur Beziehung von Anregungspotenzial, Aktivation und Affekt
Anregungspotenzial Aktivationsniveau
Aktivation
Att
raktivität
____ Hebb
____ Berlyne
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Berlyne: Zwei Arten von Explorationsverhalten
Zu hohes Anregungspotenzial spezifische Exploration
• Auslöser: kollative Variablen / Diskrepanzen / Reizüberflutung
• Suche nach spezifischer Stimulation + Erkundung der Reizinformation
• Ziel: Vertrautheit oder Verständnis zu erhöhen
Zu niedriges Anregungspotenzial diversive Exploration
• Auslöser: Mangel an Stimulation („Langeweile“)
• Suche nach mehr Reizvariation, Spannung, Neuigkeit
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Spezifisches Neugierverhalten und Neuigkeit
Berlyne & Crozier (1971): Probanden wählten aus unterschiedlich komplexen Reizmustern dasjenige aus, das ihnen am besten gefiel
Probanden, die zuvor einem reizarmen Dämmerlicht ausgesetzt wurden, bevorzugten komplexere Muster (= diversive Exploration)
Probanden, die zuvor sehr komplexe (= anregende) Reize zu betrachten hatten, bevorzugten weniger informationshaltige Muster
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Spezifisches Neugierverhalten: Zweideutigkeit und Komplexität
Zweideutige Reize enthalten widersprüchliche Informationen
Komplexität ist nach Berlyne eine Funktion der Vielfältigkeit und Verschiedenartigkeit der Teile eines Ganzen
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Spezifisches Neugierverhalten: Komplexität
Unregelmäßigkeit
der Anordnung Materialmenge Heterogenität
der Elemente
Unregelmäßigkeit
der Form Unstimmigkeit
Unvereinbare
Zusammen-
stellungen
Aus: D.E. Berlyne (1960).
Conflict, arousal, and curiosity.
New York: McGraw-Hill.
77
Spezifisches Neugierverhalten: Komplexität
Komplexität und Informationsgehalt eines Reizes ist nur relativ zu den Vorerfahrungen und zum Wissen des wahrnehmenden Lebewesens zu bestimmen
Empirische Befunde sprechen dafür, dass Lebewesen Reize bevorzugen, die etwas komplexer sind als die, an die sie gewöhnt sind (Befundlage ist aber nicht einheitlich: s. Überblick bei Schneider & Schmalt, 2000)
79
Spezifisches Neugierverhalten: Komplexität
0,5
0,7
0,9
1,1
1,3
1,5
4 6 9 13 19 27 40
Komplexität
Zeit
(lo
g s
ec)
2 Jahre
4-7 Jahre
Nach Switzky et al., 1974
Dauer der Beschäftigung mit unterschiedlich komplexen
Objekten (Kunststoffkörper)
80
Spezifisches Neugierverhalten: Unsicherheit und Überraschung
Unsichere oder unerwartete Ereignisse lösen Überraschung aus und motivieren spezifische Exploration (Wissenssuche, Erklärungsversuche)
Shannon & Weaver (1949): entwickelten quantitatives Maß für den Informationsgehalt einer Informationsquelle
• Informationsgehalt eines Ereignisses ist maximal, wenn die Wahrscheinlichkeiten aller möglichen Ereignisse gleich verteilt sind = maximale Unsicherheit (z.B. Würfel)
• Je wahrscheinlicher ein Ereignis wird, umso geringer ist sein Informationsgehalt = umso weniger Unsicherheit wird durch das Ereignis reduziert
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Fazit
Neue, zweideutige, komplexe, unerwartete Reize haben gemeinsam, dass sie im Organismus subjektive Unsicherheit auslösen
Neugierverhalten hat die Funktion, Unsicherheit zu reduzieren, indem neues Wissen erworben wird, so dass überraschende oder diskrepante Reize in bestehende kognitive Schemata integriert werden können
Reduktion von Unsicherheit durch Wissenserwerb Lernen wirkt positiv verstärkend
• neuere Studien: Lernerfolg und neue Einsichten aktivieren Belohnungssysteme im Gehirn
82
Aktivationstheoretische Erklärung einiger alltäglicher Beobachtungen
Erworbene Präferenzen für zunächst als aversiv / diskrepant empfundene Dinge
• z.B. exotisches Essen; Bier; Kaffee)
Ästhetische Urteile
• Je mehr Expertise/Erfahrung, umso höherer Grad von Komplexität wird als angenehm erlebt (z.B. abstrakte Malerei, atonale Musik, komplexe intellektuelle Probleme)
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Subjektive Komplexität und Präferenzurteile für populäre Musik
84
A. C. North and D. J. Hargreaves, 1995,
Psychomusicology, 14, p. 82
Interindividuelle Unterschiede im Explorationsverhalten und der Erregbarkeit
Explorationsverhalten wird durch individuelle persönliche Dispositionen beeinflusst unterschiedliche Ausprägungen des Neugiermotivs und der Erregbarkeit
wichtige Ansätze:
• Eysenck: Extraversion/Introversion
• Gray: Behavioral inhibition und activation system
• Zuckermann / Cloninger: Sensation seeking / novelty seeking
85
Aktivationstheoretische Ansätze: Zentrale Merkmale
Fokus auf Intensitätsaspekt von Verhalten (Parallele zu Triebkonzept)
Neurophysiologische Orientierung: Entdeckung aktivierender Systeme im Hirnstamm
Aktivation / Erregung (arousal) löste als Konstrukt das unspezifische Triebkonzept ab (statt biologischen Bedürfnissen jetzt Fokus auf „zentralnervöse Stimulation“)
Annahme eines optimalen (mittleren) Aktivierungsniveaus: Umgekehrt U-förmige Beziehung zwischen Aktivation und Leistung
Erforschung der Reizmerkmale, die Erregungsniveau beeinflussen (z.B. Neuartigkeit, Erwartungsdiskrepanz)
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