Höhere Fachprüfung für Marketingleiter mit eidg. Diplom Examen professionnel supérieur pour chefs de marketing avec diplôme fédéral Esame professionale superiore per capi di marketing diplomati
Prüfung 2018
Operatives Marketing
Erweiterte Realität –
Augmented Reality mit TARTT
Prüfungszeit: 4 Stunden
Aufgabe Punkte
1a-c 30
2 10
3a-c 35
4 10
5a-b 15
Total 100
Im Interesse der Lesbarkeit wurde darauf verzichtet, bei Personenbezeichnungen jedes Mal auch die weibliche Form aufzuführen. Diese Aufgabe umfasst 17 Seiten inklusive Deckblatt und Anhang (Glossar). Bitte kontrollieren Sie, ob Sie die Aufgabe vollständig erhalten haben. Bitte beachten: Es dürfen keine Lösungsblätter zusammengeheftet werden.
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Hintergrund: Die Entwicklung erweiterter Realitäten (Augmented Reality)
Wer sich ab und zu ein Fussballspiel im Fernsehen ansieht, kennt bestimmt die
eingeblendete Linie, mit der von Zeit zu Zeit überprüft wird, ob der Angreifer jetzt im
Abseits gestanden hat oder nicht. Dabei handelt es sich bereits um eine Form von
erweiterter Realität (Augmented Reality, AR). Bei AR werden digitale Daten in die echte
Welt integriert. Dieses Beispiel zeigt, dass es sich keineswegs um eine ganz neue
Technologie handelt, denn diese Hilfslinien werden bereits seit einigen Jahren eingesetzt
(Kamps 2017). Den grossen Durchbruch erlebte AR bei der Veröffentlichung des Spiels
Pokémon Go des japanischen Nintendo-Konzerns, das eine breitere Öffentlichkeit und
eine grosse Anzahl Nutzer erreichte.
Während Nutzer bei Virtual Reality (VR) mittels der entsprechenden Hardware in
vollständig virtuell gestaltete Umgebungen eintauchen – und die tatsächliche Umgebung
vollkommen ausblenden –, reichert AR die tatsächliche Umgebung mit virtuellen Inhalten
und digitalen Informationen an. Das bedeutet, dass auf den Smartphone-Displays die
Umwelt mit einer eingeblendeten «Realität» verschmilzt, die bei jedem anders aussehen
kann. Verschiedene Menschen können sich physisch im gleichen Raum befinden und
verschiedene Dinge bzw. Informationen sehen (GDI 2017). Während für VR-
Anwendungen eigenständige Hardware benötigt wird, können AR-Inhalte mit dem
Smartphone und entsprechenden Apps genutzt werden.
Eine zentrale Rolle bei der Darstellung von AR-Inhalten nimmt dementsprechend die
Kameralinse von Smartphones ein: Die reale Umgebung wird mittels der Smartphone-
Kamera aufgenommen und eine App blendet Objekte und Elemente direkt in das
Umgebungsbild ein. Der Nutzer kann auf dem Smartphone-Display die reale Umgebung
und die virtuellen Elemente sehen und mit ihnen interagieren. Damit sind mobile Geräte
die perfekten Verbreitungsinstrumente für AR-Inhalte und den beiden dominierenden
mobilen Plattformen (Android und iOS) fällt eine Schlüsselrolle bei der Bereitstellung der
AR-Infrastruktur zu.
In den letzten 3 Jahren hat die Entwicklung der erweiterten Realität grosse Fortschritte
erzielt. Eindrücklich war das im Sommer 2016 zu erkennen, als sich plötzlich
Menschenmassen an ungewöhnlichen Orten bildeten, weil es dort seltene Pokémon-Go-
Figuren in der Spielwelt einzufangen gab. Nachdem die Google Glass mit ihrer
Erweiterung der Realität noch scheiterte, war AR mit der Smartphone-App des
japanischen Nintendo-Konzerns plötzlich überall. Innerhalb weniger Wochen hatten sich
auch die Nicht-Nutzer dieser App daran gewöhnt, dass an manchen Plätzen mehr
Menschen als sonst auf ihr Smartphone starrten und ganz offensichtlich eine eigene Welt
erlebten (GDI 2017). Pokémon Go hat gezeigt, dass AR-Inhalte durchaus massenfähig
sind. Darüber hinaus hat Pokémon Go gezeigt, dass Marketing mit AR sehr gut
funktionieren kann (Steinbrenner 2018).
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Pokémon Go wirbelte den Mobile-Gaming-Markt durch seinen AR-Ansatz auf und
avancierte zum bisher erfolgreichsten mobilen Spiel, Instagram und Snapchat überboten
sich gegenseitig mit neuen AR-Filtern, zahlreiche Stand-alone-Apps versuchten, sich ein
Stück vom Kuchen zu sichern, und Google und Apple haben neue AR-Plattformen für
Entwickler eingeführt.
Beispielhafte Anwendungsgebiete für AR zeigt Abbildung 1.
.
Abbildung 1: Anwendungsgebiete für AR-Lösungen
(Quelle: Digital Corporate Publishing, GDI 2017, S. 26)
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Wurde 2017 vor allem der Grundstein für die AR-Technologie gelegt, wird sie 2018/2019
allgegenwärtig sein. Nicht nur Facebook wird ein grosses Stück vom AR-Kuchen haben
wollen. Die Konkurrenz wird gross, die Möglichkeiten ebenfalls. Die Vermischung von
realer und virtueller Welt birgt bei der Kommunikation, aber insbesondere auch im Handel
grosses Potenzial (E-Commerce und stationär). Die AR-Technologie bietet heute schon
beeindruckende Möglichkeiten, beispielsweise um gedruckte Publikationen (z. B.
Prospekte) und auch Objekte im Raum mit Informationen zu ergänzen und anzureichern.
Über die Takondi AG und die Ausgründung der TARTT GmbH
Die Takondi AG ist seit ca. 2013 am Markt und versteht sich als Boutique-Digitalagentur,
d. h., die Takondi AG führt ein tiefes Sortiment im Bereich Web- und Mobile-Development.
Die Takondi AG versteht sich als Partner für Digital Business aufgrund ihres Know-hows in
den Bereichen Web- und Mobile-Development, SEO und SEM, AR, Online-Banner und
insbesondere Entwicklungsressourcen. Der Claim der Takondi AG lautet
dementsprechend: «Come and create your digital world with us» («Gestalten Sie mit uns
Ihre digitale Welt»).
Die Takondi AG führt 2 Geschäftsbereiche: eine Digitalagentur (ca. 75 % Umsatzbeitrag)
und den neuen Bereich Augmented Reality (ca. 25 % Umsatzbeitrag). Für den neuen
Bereich Augmented Reality hat Takondi 2017 ein Spin-off unter der Marke TARTT als
eigenständige GmbH gegründet. Die TARTT GmbH (TARTT) ist eine Technologiefirma,
die es Firmen ermöglicht, weiteres Marketingpotenzial durch AR bei ihren Zielgruppen zu
erschliessen. TARTT ist die Abkürzung für Takondi Augmented Reality Tagging Tool.
Einen Ausschnitt der Website von TARTT zeigt Abbildung 2.
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Die Ausgründung der TARTT GmbH aus der Takondi AG erlaubt es TARTT, unabhängig
und losgelöst vom Mutterhaus die eigene Entwicklung und Marktbearbeitung von Grund
auf zu gestalten.
Abbildung 2: Die Website von TARTT (www.tartt.io)
TARTT bietet eine Produktsuite bzw. eine Toolbox zur Entwicklung von AR-Erlebnissen.
Der Kern ist das TARTT-Content-Management-System. Die TARTT-Produkte sind einfach
anzuwenden, so dass sie sowohl KMU als auch grossen Unternehmen ermöglichen, alle
gewünschten AR-Erlebnisse eigenständig zu gestalten. TARTT-Kunden können sich somit
auf die Schaffung von AR-Inhalten konzentrieren und müssen sich nicht mit der
Technologieentwicklung befassen.
Die folgenden Beispiele bereits umgesetzter AR-Anwendungen verdeutlichen die
Leistungen von TARTT.
Anreicherung von statischem Print-Werbematerial mit digitalem Content: Für ein
Schweizer Detailhandelsunternehmen hat TARTT die App des Unternehmens derart
weiterentwickelt, dass Kunden Zusatzinformationen zu den im Prospekt abgebildeten
Artikeln erhalten können, wenn sie die Artikel mit der App des Handelsunternehmens
scannen. Betrachter können das Werbematerial scannen und weitere Inhalte interaktiv
nutzen (z. B. Videos, 3D-Modelle, Mini-Games, Weblinks auf weiterführende Websites,
Bildergalerien, Registrierungsformulare usw.).
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Im Rahmen der letzten Fussball-Europameisterschaft hat TARTT eine Souvenirfoto-App
für die UEFA* entwickelt. Besucher der Austragungsorte in Frankreich konnten mit der
App beispielsweise Maskottchen oder Team-Symbole in ihre Umgebung einblenden, um
Fotos von sich beim Besuch einer EM*-Veranstaltung aufzunehmen. Die UEFA konnte mit
dieser Massnahme ihren Kunden einmalige Motive zur Verfügung stellen, die emotional
und dauerhaft wirken (Abbildung 3).
Abbildung 3: Von TARTT umgesetzte AR-Lösung für die UEFA
Die Vision von TARTT ist es, zum «ersten tatsächlichen Standard für integriertes
Augmented-Reality-Content-Management» zu werden. Das bedeutet, TARTT möchte
aufgrund der einfachen und intuitiven Anwendbarkeit ihrer Produkte den Standard für die
Ersteller erweiterter Inhalte bzw. App-Entwickler setzen. So wie ein Blog-Betreiber für die
Nutzung von Wordpress keine Entwicklerkenntnisse benötigt, so sollen die TARTT-
Produkte reine Anwender ansprechen, die über keine Entwicklerkenntnisse verfügen.
Neben den reinen Applikationen bietet TARTT zudem die gesamte Bearbeitung von AR-
Projekten an. D. h., ausgehend von der anfänglichen Idee entwickelt TARTT mit Kunden
gemeinsam eine in eine neue oder bereits bestehende App integrierte AR-Strategie, die
die Bedürfnisse der Kunden sowie ihrer Zielgruppen berücksichtigt (Abbildung 4).
* UEFA = Union of European Football Associations = Union Europäischer Fussballverbände * EM = Europameisterschaft
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Die Zielgruppen von TARTT sind sowohl marketingtreibende Unternehmen, die entweder
bereits über eine eigene App verfügen oder neue Apps planen, als auch Wiederverkäufer,
(z. B. Digital-Agenturen, Website-Dienstleister), die die TARTT-Produkte weiterverwenden,
um AR-Inhalte wiederum für ihre Kunden zu erstellen.
Derzeit erzielt TARTT mit der App mehr als CHF 0,5 Mio. Umsatz und verzeichnet
zunehmend Anfragen aus der ganzen Welt aufgrund optimaler
Suchmaschinenergebnisse.
Unsere Leistungen
Bei der Umsetzung von Augmented Reality (AR) Projekten bieten wir Ihnen das 360�-Full-Service-Paket von der Konzeption bis
zur Programmieren der AR-Welten und Integration in Ihre Bestehende oder neue mobile App.
Konzeption Design Entwicklung Apps
Mobile Commerce Analytics Wartung Hosting
Wir beraten Sie, was bei
AR für Ihre Bedürfnisse
wirklich sinnvoll ist, damit
Ihr Projekt erfolgreich
wird.
Wir erstellen für Sie mit
unseren Partnern
individuelle und
emotionale Grafiken und
animierte 3D-Objekte.
Wir programmieren die
AR-Welt mit der
Technologie von
führenden Herstellern wie
Wikitude.
Wir integrieren die AR-
Welt in Ihre bestehende
App oder entwickeln eine
eigenständige AR-App.
Wir entwerfen emotionale
AR-Welten, die Ihre
Mobile-Commerce-
Aktivitäten unterstützen.
Wir tracken und
analysieren den Erfolg
Ihrer AR-Welten – für
einen langfristigen Erfolg.
Wir stellen sicher, dass Ihre
AR-Welten durchgängig
verfügbar sind und fehlerfrei
funktionieren.
Wir verwalten die für Ihre AR-
Welten notwendigen Dateien
und stellen deren lückenlose
Verfügbarkeit sicher.
Abbildung 4: Dienstleistungen von TARTT für AR-Projekte (www.tartt.io)
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Markteinschätzung und -entwicklungen für AR-Anwendungen
Im Jahr 2015 wurden mit dem AR-Geschäft Umsätze von ca. USD 1,2 Mrd. weltweit erzielt
und es wird erwartet, dass sich diese Umsätze 2019 verdoppeln. Das geschätzte
Marktwachstum im Bereich AR beträgt über 30 % pro Jahr (vgl. Abbildung 5).
Abbildung 5: Schätzung der Marktentwicklung (Quelle: TARTT GmbH 2018)
Auf der einen Seite wächst der weltweite Markt rasch, und TARTT erhält bereits heute
Anfragen aus der ganzen Welt aufgrund des guten Rankings in den Suchmaschinen –
zugleich steht TARTT damit in einem globalen Wettbewerb.
Auf der anderen Seite stellt TARTT fest, dass sich der Markt Schweiz nur langsam
entwickelt. Eine rasche Durchdringung neuer Technologien gestaltet sich grundsätzlich
schwierig. Die Entscheidungen der Schweizer Kunden sind schwerfällig und es sind hohe
Einstiegshürden zu überwinden. Es zeigt sich, dass Schweizer Unternehmen oftmals
abwarten, bis sich neue Technologien definitiv durchgesetzt haben.
Der Markt kann grundsätzlich in ein B2B- und ein B2C-Segment unterteilt werden. TARTT
bedient derzeit ausschliesslich das B2B-Segment, denn im B2C-Segment befinden sich
Wettbewerber wie Facebook und Snapchat, die sich bereits gut etabliert haben.
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Das B2B-Geschäft lässt sich wiederum unterteilen in das Lizenzgeschäft für die TARTT-
Anwendung und das Projektgeschäft für die Planung und Umsetzung von AR-
Anwendungen und -Erlebnissen für Firmenkunden.
Mitbewerber von TARTT
Die Marktsituation ist derzeit dadurch gekennzeichnet, dass eine gute und fundierte AR-
Beratung sowie Know-how in Bezug auf die Umsetzung momentan noch ein knappes Gut
sind. Derzeit bieten nur einige wenige Firmen in Europa ein vollständiges Leistungs-
spektrum für die Umsetzung von AR-Lösungen an.
Im Markt für AR-Dienstleistungen und -Technologien sind bereits einige Wettbewerber
vertreten (vgl. Abbildung 6). Erstens steht TARTT im Wettbewerb mit Full-Service-
Agenturen, die AR-Inhalte entwickeln und anbieten können (Beispiele sind Vidinoti, Layar,
Plattar – dies sind Agenturen, die globale AR-Projekte entwickeln und umsetzen können),
zweitens konkurriert TARTT mit Digital- und Grafikagenturen, die AR-Inhalte erstellen
können, und drittens mit Technologiefirmen, die die entsprechenden AR-Plattformen selbst
entwickeln. Zur letzten Gruppe zählen auch global tätige Konzerne wie Google und Apple.
Bei der Vorstellung von iOS 11 hat Apple sein neues ARKit vorgestellt, mit dem Entwickler
ganz neue Möglichkeiten für die Integration erweiterter Realität in ihre Apps erhalten. Die
grosse Popularität von Apple wird dafür sorgen, dass die Reichweite von AR-Inhalten
automatisch steigt. Google setzt dem ARKit seinen ARCore entgegen, der mit Android
verzahnt ist und eine zum Teil noch grössere Funktionalität bietet. So kann Googles
System neben horizontalen auch vertikale Ebenen erkennen und bietet die Möglichkeit,
echte 3D-Objekte zu implementieren.
Abbildung 6: Die relevanten Wettbewerbergruppen von TARTT
direkter Wettbewerb Indirekter Wettbewerb versteckter Wettbewerb
Full Service AR-Anbieter
(inklusive Content
Management System,
Dienstleistungen, Software-
Entwicklung, Apps, usw.)
Dienstleister Technologieanbieter
TARTT
Produktgruppeverschiedene
Digital- und
Grafikagenturen
Hardware- und
Technolgieanbieter
App ja ja nein ja
White Label App
ja ja nein nein
Custom App ja ja ja ja
Software Entwicklungs Kit ja ja nein ja
Content Management System ja ja nein ja
Lösung für TARTT-Wiederverkäufer ja nein nein ja
Lösung für white-label-Wiederverkäufer ja nein nein nein
GeschäftsmodellAbonnement und
Dienstleistungen
Abonnement und
DienstleistungenDienstleistungen Abonnements
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Natürlich tüfteln auch andere Unternehmen an eigenen AR-Lösungen: Vor allem
Facebook und Snapchat wollen das lukrative Feld keineswegs Google und Apple
überlassen. Snapchat hat sich mit der Veröffentlichung seiner Spectacles-Brille bereits in
die Hardware-Richtung vorgewagt. Die Brille ist jedoch nicht selbst augmented-reality-
fähig, sondern empfängt Inhalte von der Smartphone-App. Die Facebook-Kamera als Teil
der Facebook-App bietet hingegen momentan vor allem Gesichtsfilter und andere kleinere
AR-Effekte und wird kontinuierlich weiterentwickelt.
Die TARTT-Produktsuite
TARTT ist eine Toolbox, die grundsätzlich alle Bedürfnisse im Rahmen der Erstellung von
AR-Erlebnissen abdeckt. Oftmals scheitern AR-Projektvorhaben bei Firmen aufgrund einer
unzureichenden Erschliessung des Massenmarktes. TARTT bietet dafür einen
Standardansatz auf Basis einer integrativen Lösung, d. h., TARTT-Kunden können die
Technologie in eigene, bestehende Applikationen und Apps einbinden und somit ihre
bestehenden Nutzer erreichen.
Der Kern des Produktes TARTT ist das Content-Management-System (CMS), das es dem
Entwickler ermöglicht, die entsprechenden AR-Inhalte zu erstellen. Zur Speicherung der
Inhalte bietet TARTT die dazugehörige Speicherlösung (Cloud-Speicher) und für die
Nutzung der AR-Inhalte die entsprechende App, die Kunden individualisieren können. Für
Kunden, die bereits eigene Apps entwickelt haben, bietet TARTT das so genannte
TARTT-Software-Development-Kit (SDK), mit dem Kunden die AR-Technologie von
TARTT in ihre eigenen Apps einbinden können (Abbildung 7).
Mit den Produkten der TARTT-Familie ist es möglich, innerhalb weniger Minuten AR-
Inhalte zu erstellen. Im Rahmen des Lizenzmodells erweitert TARTT kontinuierlich den
Funktionsumfang und fügt weitere Funktionalitäten hinzu, wie beispielsweise die
automatische und modulare Erstellung von AR-Inhalten.
Es existiert zum einen eine standardisierte TARTT-Anwendung (TARTT-App) und zum
anderen bietet TARTT die Möglichkeit, diese App als so genannte «White-Label-App»
kundenindividuell anzupassen (vgl. Abbildung 6). Die White-Label-App ist eine Kopie der
ursprünglichen TARTT-App im «Look» des Kunden, d. h., Startbildschirm, Icon, Name und
Eintrag im App Store bzw. in Google Play sind personalisiert.
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Firmen, die bereits über eigene Apps verfügen, können das TARTT-Software-
Entwicklungs-Kit erwerben, das sie in ihre eigenen Apps einbinden.
Abbildung 7: Die Elemente der TARTT-Produktsuite (Quelle: TARTT)
Für die Umsetzung von AR-Projekten bietet TARTT zudem ein umfassendes Service-
Paket, das von der Konzeption bis zur Programmierung und Integration der AR-Welten in
bereits existierende oder neue mobile Apps alles umfasst.
Die aktuellen Kennzahlen sowie eine Absatzplanung zu TARTT zeigt die Übersicht in
Abbildung 8.
2017 2018 2019 2020 2021
Abonnemente 155 330 2'500 5'000 10'000
Wiederverkäufer 2 5 13 45 80
Umsatz duch Abonnemente 294'500 577'500 4'000'000 8'000'000 16'000'000
Umsatz von AR-Projekten und Lizenzeinrichtungen
300'000 620'000 1'250'000 2'000'000 5'000'000
Gesamtumsatz 594'500 1'197'500 5'250'000 10'000'000 21'000'000
Abbildung 8: Absatzplanung und Kennzahlen für TARTT (USD)
Preispolitik
Aufgrund der strategischen Vorgabe, rasch eine breite Nutzerbasis aufzubauen, ist die
Preispolitik von TARTT als aggressiv einzustufen. Gegenüber den Konkurrenten sind die
Produkte eher im günstigen Bereich angesiedelt, um Einstiegshürden zu überwinden und
rasch neue Kunden zu gewinnen.
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Für das Lizenzgeschäft hat TARTT ein Lizenzmodell entwickelt, das die Bedürfnisse von
grossen Firmen, KMU, Wiederverkäufern (White Label) und Agenturen gleichermassen
berücksichtigt. Das standardisierte Lizenzmodell ermöglicht es, TARTT rasch zu skalieren,
d. h., Multiplikationseffekte im Massenmarkt durch Wiederverkäufer zu erzielen und so
rasch einen sehr hohen Absatz zu erzielen. Für TARTT sichert das Lizenzmodell
kontinuierliche Einnahmen und für Kunden bietet sich der Vorteil der Preistransparenz,
d. h., Kunden wissen, mit welchen Kosten sie kalkulieren müssen. Das Lizenzmodell zeigt
Abbildung 9.
Neben dem Verkauf von Firmennutzerlizenzen, Wiederverkäuferlizenzen (White Label)
und des Software-Development-Toolkits (SDK) kann TARTT weitere Umsätze mit
Projektgeschäften generieren, indem sie Projekte bei den Lizenzverwendern durchführt
und begleitet.
Das Projektgeschäft ist zugleich ein zentraler Teil der Marketingaktivitäten von TARTT, da
über die Projekte bei Verwendern rasch zahlreiche neue Anwendungen entstehen, die
wiederum die Bekanntheit von TARTT erhöhen, so dass ein Multiplikationseffekt entsteht.
Das Projektgeschäft verursacht einen hohen Aufwand, es ermöglicht jedoch auch höhere
Margen als der reine Verkauf von Lizenzen.
Abbildung 9: Das Lizenzmodell von TARTT (Quelle: TARTT 2017)
muss mit der TARTT-App verwendet werden
STARTER PLUS White LabelSOFTWARE
DEVELOPMENT KITFIRMEN
Kanal TARTT App TARTT App White Label App Eigene AppWhite Label App /
kundenindividuelle
App / eigene App
Kunden-Bilderkennung ja ja ja jaja, oder Cloud-
Erkennung
Anzahl TARTT CMS-Nutzer* 1 1 1 1 1
Cloud Speicherung 1 GB unbegrenzt** unbegrenzt** unbegrenzt** unbegrenzt**
App Ansichten 2´500 App Ansichten unbegrenzt** unbegrenzt** unbegrenzt** unbegrenzt**
Support Standard *** Standard *** Standard *** Standard *** erweitert ****
Service Level keiner keiner auf Anfrage auf Anfrage auf Anfrage
Monatliche Rate 89 EUR 149 EUR 599 EUR 599 EUR ab 2´000 EUR
Einrichtungsgebühr keine keine 4´490 EUR 1´490 EUR ab 2´490
* CMS = Content Management System
* zus. Kosten pro Monat für jeden zus. TARTT CMS-Nutzer
** bei fairer Nutzung; bei Limit-Überschreitung wird ein variabler Kostenplan angewendet
*** Standard Support: E-Mail
**** Erweiterter Support: Telefonisch
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Weitere Informationen zu Kommunikation und Vertrieb
Die Produkte werden primär online verkauft – dies ist in der Regel problemlos möglich, da
die Anwendungen über gute Dokumentationen verfügen und von Webentwicklern auch
weitestgehend intuitiv angewendet werden können. Für die Gewinnung neuer Projekt-
geschäfte hingegen sind in der Regel ausführlichere Kundenbesuche erforderlich. Dafür
hat TARTT ein eigenes kleines Verkaufsteam mit 2 Mitarbeitern aufgebaut, die für die
Akquise und Kundenbetreuung insbesondere in der Schweiz verantwortlich sind.
Insgesamt beschäftigt TARTT derzeit 12 Mitarbeiter am Standort in Zürich, überwiegend
Software-Entwickler.
In den Auslandsmärkten werden die TARTT-Produkte teilweise indirekt über
Wiederverkäufer (Reseller) abgesetzt. Diese Wiederverkäufer erhalten für jeden
erfolgreichen Verkauf eine Provision. Wiederverkäufer sind bislang nur in Deutschland
verfügbar.
Da die TARTT-Produkte noch vollkommen neu sind, ist bislang keine eigenständige
Kommunikationsplanung für TARTT vorgesehen. Vielmehr haben sich die
Kommunikationsaktivitäten auf den Aufbau und die Betreuung der TARTT-Website
beschränkt.
In Bezug auf die strategische Stossrichtung ist die Vision von TARTT – gemäss
Businessplan –, sich vergleichbar wie die Adobe Creative Suite zu positionieren, d. h.,
TARTT soll als Branchenstandard für AR-Applikationen positioniert werden.
Sie besetzen seit 2 Wochen die Stelle des TARTT-Marketingleiters. Ihr Vorgesetzter
erwartet konkrete Vorschläge hinsichtlich der
1. Markterschliessung und -bearbeitung DACH-Region1/Europa sowie der
2. Kommunikation für die TARTT-Produkte
Für die Markterschliessung sind insbesondere die Zusammenarbeit mit internationalen
Partnern und die Weiterentwicklung des Lizenzmodells zu betrachten.
1 DACH-Region: Deutschland, Österreich, Schweiz.
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Aufgaben
Alle Antworten/Lösungen sind systematisch und strukturiert darzustellen und zu
begründen. Die vorgegebenen Informationen im Fall sind verbindlich. Fehlende Angaben
sind mit Annahmen zu füllen, die Sie als solche bezeichnen und die begründet werden
müssen.
Aufgabe 1: Grundlagen
Im Rahmen Ihrer neuen Stelle als Marketingleiter von TARTT erscheint es sinnvoll, dass
Sie sich zunächst mit den Grundlagen von TARTT vertraut machen.
Aufgabe 1a – SWOT-Analyse 15 Punkte
Erstellen Sie eine SWOT-Analyse für TARTT und ihre Produkte.
Was ist aus Ihrer Sicht das Marketingproblem von TARTT? Begründen Sie Ihre Antwort.
Aufgabe 1b – Marktsegmentierung 5 Punkte
Arbeiten Sie heraus, für welche Branchen und Kunden sich die TARTT-Anwendungen
besonders gut eignen. Begründen Sie Ihre Antwort.
Aufgabe 1c – Use-Cases, Anwendungsfall 10 Punkte
Erarbeiten Sie für 2 ausgewählte Branchen jeweils 1 konkreten Use-Case, d. h. AR-
Anwendungsfall, der mit TARTT erstellt werden kann. Zeigen Sie dabei insbesondere
den Nutzen für die Endanwender auf.
Aufgabe 2: Marketingmassnahmen DACH-Region 10 Punkte
Um die Absatzziele gemäss Businessplan zu erreichen, erscheint es sinnvoll, die
Marktbearbeitung auf ausländische Märkte auszuweiten, insbesondere in der DACH-
Region.
Erarbeiten Sie 3 Marketingmassnahmen aus verschiedenen Marketingmix-Bereichen zur
Erschliessung der DACH-Region. Begründen Sie die erarbeiteten Massnahmen.
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Aufgabe 3: Integrierte Kommunikation
Zur Erreichung der Positionierungsziele ist die Bekanntheit von TARTT bei den relevanten
Zielgruppen zu steigern. Sie haben dafür ein Marketingbudget von CHF 300’000 zur
Verfügung.
Aufgabe 3a – Konzeptentwicklung 15 Punkte
Erarbeiten Sie ein integriertes Kommunikationskonzept für TARTT, mit dem dieses Ziel
optimal erreicht werden kann – exklusive Online-Kommunikationsmassnahmen.
Aufgabe 3b – Online-Kommunikationsmassnahmen 10 Punkte
Ihrem Vorgesetzten erscheinen klassische Massnahmen nicht gut geeignet zur
Erreichung der Bekanntheitsziele. Deshalb planen Sie, die Zielgruppe der
«europäischen Digital-Agenturen» mit einem Mix aus abgestimmten Online-
Massnahmen anzusprechen.
Welche Online-Marketingmassnahmen schlagen Sie vor? Nennen Sie die Massnahmen
und beschreiben Sie diese ausführlich. Formulieren Sie je 1 messbares Ziel pro
Massnahme, budgetieren Sie die Massnahmen und definieren Sie den zeitlichen
Einsatz.
Welche Messgrössen kontrollieren Sie regelmässig, um quantitative Abweichungen zur
Zielerreichung frühzeitig festzustellen?
Aufgabe 3c – Kommunikationsinstrument Fachmessen 10 Punkte
Für die nächsten Fachmessen 2019, d. h. die Digitalmesse dmexco 2019 (Köln), die
d:Pulse (Zürich) sowie die Internet World Expo (München), bereiten Sie die Konzeption
vor und definieren die Messeziele.
Mit dem Messeauftritt sprechen Sie die Hauptzielgruppen an: Betreiber von Websites
und Digitalagenturen.
Formulieren Sie für die beiden Zielgruppen je 1 quantitatives und 1 qualitatives
Messeziel.
Erarbeiten Sie jeweils 1 Massnahme für vor, während und nach der Messe, um die
oben formulierten Ziele bei den jeweiligen Zielgruppen zu erreichen. Begründen Sie die
Massnahmen mit Fallbezug und schlagen Sie ein realistisches Budget vor.
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Aufgabe 4: Pricing 10 Punkte
2 Jahre nach der Markteinführung ist das Preismodell für die TARTT-Lizenzen zu
überprüfen. Aufgrund neuer Wettbewerber im Markt soll das Pricing die Bindung
bestehender Kunden erhöhen und zusätzlich neue Lizenzverwender bringen.
Entwickeln Sie ein Rabattmodell für die TARTT-Produktsuite. Dieses sollte insbesondere
die Ziele Absatz und Kundenbindung unterstützen. Begründen Sie Ihre Lösung.
Aufgabe 5: Vertriebspolitik
Der Markt für AR-Anwendungen wächst schnell und ebenso entwickelt sich der
Wettbewerb in diesem Markt. Dementsprechend ist es für TARTT von grosser Bedeutung,
die Produktsuite rasch im Markt zu etablieren.
Aufgabe 5a – Vertriebsmassnahmen B2B 9 Punkte
Erarbeiten Sie 3 konkrete Vertriebsmassnahmen, um die Marktdurchdringung (Fokus
DACH-Region, B2B) der TARTT-Produktsuite in den kommenden 2 bis 3 Jahren
deutlich zu erhöhen.
Aufgabe 5b – Vertriebscontrolling 6 Punkte
Welche KPI sind aus Ihrer Sicht relevant, um den Erfolg zu messen und die Verkaufs-
aktivitäten zu steuern? Erarbeiten Sie 3 Kennzahlen und begründen Sie Ihre Antwort.
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Anhang - Glossar
Begriff Erläuterung
Augmented Reality (AR) «Augmented Reality» (AR) ist eine Form von erweiterter Realität. Bei AR werden digitale Daten in die echte Welt integriert.
B2B Verkauf zwischen zwei Unternehmen.
B2C Verkauf von Unternehmen an Konsumenten.
Blog Ein Blog ist eine Art öffentliches Onlinetagebuch oder -journal in chronologisch gestalteter Reihenfolge.
Claim (Werbe)-Slogan im Marketing
Cloud-Speicher Datenspeicher-Wolke
CMS Content-Management-System: das System, mit dem die Inhalte für Onlinemarketing erstellt und verwaltet werden.
Content-Marketing
Online-Marketing-Technik, die mit informierenden, beratenden und unterhaltenden Inhalten die Zielgruppe ansprechen soll, um sie vom eigenen Unternehmen und seinem Leistungsangebot oder einer eigenen Marke zu überzeugen und sie als Kunden zu gewinnen oder zu halten.
Custom App kundenspezifische App-Lösung
Display-Werbung Online-Werbung mit grafischen Hilfsmitteln wie bspw. Video
E-Commerce elektronischer Handel
Full-Service-Agenturen Marketing-Agenturen welche alle Dienstleistungen anbieten.
Google Glass Markenname eines am Kopf getragenen Miniaturcomputers des Unternehmens Google.
Icon grafisches Symbol für Anwendungsprogramme
Inbound-Marketing
Inbound-Marketing ist eine Strategie, bei der das Unternehmen Inhalte schafft und sie mit der Welt teilt. Dabei werden Inhalte gezielt so gestaltet, dass sie die idealen Kunden ansprechen und sie auf die Produkte und Dienstleistungen aufmerksam machen (Pull-Ansatz).
Kit Satz
Online Banner Bannerwerbung, Werbeform im Internet
Produktesuite Produktepaket
scannen elektronische Datenerfassung bspw. mit einem Scanner
SEA Search-Engine-Advertising – Suchmaschinenwerbung
SEM Search-Engine-Marketing – Suchmaschinenmarketing
SEO Search-Engine-Optimization – Suchmaschinenoptimierung
Software-Development-Kit Software-Entwicklungs-Set
Spin-off Eine Abteilungsausgliederung aus einer Unternehmung oder eine Unternehmensgründung aus einer Institution heraus.
Tagging Tool Strukturierungs-Programm
Tool Box Sammlung von ergänzenden Programmeinheiten
Virtual Reality (VR)
Virtuelle Realität: virtuell erzeugte Umgebungen, die Nutzer mit Hilfe technischer Zusatzhardware (z. B. Brille) erschliessen können. Die tatsächliche Umgebung wird vollständig ausgeblendet und der Nutzer kann vollkommen in die virtuelle Welt eintauchen.
Web-Development Webentwicklung
Wordpress Freie Webanwendung zur Verwaltung der Inhalte einer Website.
Quellenverzeichnis
Gottlieb Duttweiler Institut (Hrsg.) (2017): Digital Corporate Publishing.
Kamps I. (2017): Mobile AR Marketing: Kommt der Zug ins Rollen? In: Internet World Business, www.internetworld.de (Zugriff am 19.12.2017).
Steinbrenner T. (2018): Digital Marketingtrends 2018. In: Haufe (Hrsg.): www.haufe.de/marketing-vertrieb/ (Zugriff am 10.1.2018).