+ All Categories
Home > Documents > Rundschau - homepage-baukasten-dateien.de... · RUNDSCHAU -IMPRESSUM Herausgeber und Verlag:...

Rundschau - homepage-baukasten-dateien.de... · RUNDSCHAU -IMPRESSUM Herausgeber und Verlag:...

Date post: 22-Oct-2020
Category:
Upload: others
View: 3 times
Download: 0 times
Share this document with a friend
44
- Rundschau
Transcript
  • ��������������������������������-Rundschau � � � � � � � � � � � ����� �� � � � � � � � ��� �� � � �� ��

    � � � � �� ��� � � � ��� ��� � � � �� �

    ������������������

  • ��������������������������������- Rundschau� Imp res su m u n d I n h a l t

    DEUTSCH-THAILÄNDISCHE GESELLSCHAFT e.V.

    Ehrenpräsidentin: Die Botschafterin des Königreiches

    Thailand in Deutschland Ehrenpräsidentin:

    Frau Gerta Tzschaschel Präsident: Karl Weber

    stellvertretende Präsidentin: Prof. Dr. Frauke Kraas

    Schatzmeister: Günter Blindert

    Vorstandsmitglieder: Prof. Dr. Helmut Eggers, Dr. Arnd D. Kumerloeve

    RUNDSCHAU - IMPRESSUM

    Herausgeber und Verlag: Deutsch-Thailändische Gesellschaft

    e.V., Bonn

    Redaktion: Prof. Dr. Frauke Kraas, 50923 Köln

    (ViSdP)

    unter Mitarbeit von Dr. Johannes Hamhaber und

    Veronika Selbach, Köln Layout: Anke Ahle, Bonn

    Druck Druckerei Koges, Bonn

    ISSN: 0934-8824 Geschäftstelle, Bibliothek

    und Redaktionsbüro Koblenzer Str. 89, 53177 Bonn,

    � 0228 / 35 16 73, Fax: 0228 / 35 19 09 E-Mail: [email protected] Internet: http://www.dtg-bonn.de

    Thailand-Rundschau, die Zeitschrift der Deutsch-Thailändischen Gesellschaft e.V., erscheint dreimal im Jahr im Um-fang von je ca. 40 Seiten. Der Bezugs-preis ist durch den Mitgliedsbeitrag abgegolten

    Redaktionsschluss: für Heft 3-2004: 31.10.2004 für Heft 1-2005: 15.01.2005 für Heft 2-2005: 31.05.2005

    Inhalt Nr. 2 – 2004 Vorwort 43

    Grünes Gewissen, rote Seele...? 44 Ingvar Sander

    Lokales Management von Wasserresourcen in 50 Bergregionen Nordthailands: Ein Schlüssel zu Nachhaltiger Wassernutzung? Andreas Neef

    Das Asian Institute of Technology (AIT) in Thailand 56 Dietrich Schmidt-Vogt

    Eine Thai erhält den „Kinder-Nobelpreis 2004“ 60 Arnd D. Kumerloeve

    Gewalttätige Konflikte in Südthailand 60 Wo liegen die Ursachen? Alexander Horstmann

    Thailand – fern von Thailand (1) 63 Wolf Donner

    Mit Chitosan zu neuen Ufern 64

    König Chulalongkorn in Europa 65 Arnd D. Kumerloeve

    Thailand in Presse und Internet 67

    Aus dem Leben der DTG 72

    Protokoll der Mitgliederversammlung 75 der Deutsch-Thailändischen Gesellschaft e.V. am 24. April 2004 in der Stadthalle, Bonn-Bad Godesberg

    Namentlich gekennzeichnete oder aus anderen Publikationen übernommene Beiträge dienen ausschließlich der Informati-on unserer Leser und geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder der Gesellschaft wieder.

    Titelbild: Von der Arbeit ... in Ban Tscha Om, Thailand (Photo: © Dieter Schwerdtle)

  • T H A I L A N DT H A I L A N DT H A I L A N DT H A I L A N D - R u n d s c h a u V o r w o r t

    43

    Liebe Freunde und Mitglieder der DTG!

    Die ruhigere und wärmere Zeit des Jahres liegt vor uns – auf dass es doch noch ein schöner Sommer werde! – und die vorliegende Thailand-Rundschau möchte Ihnen für diese Zeit einige interessante Lese-Einblicke ver-schaffen. Wieder ist versucht worden, Sie innerhalb eines breiten Spektrums zu informieren: Es wird über Aktuelles und Hintergründe aus Kultur, Geschichte, Wissenschaft, Politik, Bildung, Umwelt und Technik berichtet – kurz: über viele Gesichter und Facetten unseres Partnerlandes, die belegen, in welchem Maße das Königreich in eine sich mehr und mehr globalisierende Welt integriert ist. Dies führte auch die soeben zu Ende gegangene 15. Welt-Aids-Konferenz in Bangkok vor Augen: Thailand war Ausrichter und zugleich gesellschaftlich Betroffener. UN-Generalsekretär Kofi Annan warnte in seiner Schlussrede vor dramatischen Folgen in Asien, sollte die Krankheit nicht eingedämmt werden können. Sie zerstört Millionen von Leben und bindet eine enorme Last für die Gesundheitssysteme, indem Ressourcen verbraucht werden, die eigentlich für die soziale und wirtschaftliche Entwicklung dringend erforderlich wären. Angesichts fehlender Gelder befürchtet der Globale Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Mala-ria eine medizinische und soziale Katastrophe: "Mehr als acht Millionen Menschen in Ihrer Region leben nun mit HIV/Aids und die Zahl der Infektionen steigt schnell", sagte der UN-Generalsekretär vor den Ministern. Weltweit sind bereits 38 Millionen Menschen mit HIV infiziert, etwa sechs Millionen benötigen dringend Medikamente gegen das Virus, drei Millionen davon – so die bisherigen Absichtserklärungen – sollen diese bis 2005 erhalten. Die Aufgaben bleiben nicht nur, sie wachsen vielmehr ... Vor diesem Hintergrund – wie angesichts vieler anderer Entwicklungen des Landes – will die TR informieren, verstehen helfen, Analysen vorlegen, beurteilen und zum Nachdenken anregen – und dies vielleicht auch durch die Spiegelung unserer eigenen Situation an derjenigen in Thailand. So sehr wir das Königreich bereits zu kennen glauben – aus dem Urlaub, von Bildungsreisen, durch die Arbeit in dem Land –, so sehr mögen wir immer wieder merken, wie viele neue Perspektiven sich uns eröffnen, wenn wir eine neue Seite umgeblättert haben.... Und auch in eigener Sache möchten wir Sie über aktuelle Entwicklungen informieren: Wie Sie auf der dies-jährigen Mitgliederversammlung erfahren haben, bemüht sich der Vorstand auf verschiedenen Ebenen darum, die DTG „schlagkräftiger“, effizienter, attraktiver zu machen. Wir sind überzeugt, dass vertretbare, unsere Serviceleistungen nicht schmälernde Kostenersparnisse im Bereich der Geschäftsstelle allen DTG-Mitgliedern insofern zugute kommen, als sie die finanziellen Spielräume für Publikationen und andere Aktivitäten erwei-tern. So stehen zum einen für dieses Jahr personelle Veränderungen in der Geschäftsstelle ins Haus. Zum an-deren bereiten wir auch eine räumliche Verlagerung des DTG-Büros vor. In deren Vorfeld wollen wir unsere viel Raum und damit Geld verschlingende sowie kaum genutzte Bibliothek verschlanken, auf die wirklich wesentlichen und wertvollen Publikationen reduzieren und die vielen Buchexemplare, die niemals nachgefragt werden, weil sie entweder total überholt, völlig veraltet oder in jeder Bibliothek problemlos zu erhalten sind, systematisch aussortieren. Dafür suchen wir freiwillige Helfer und Sie alle sind dringend gebeten, uns dabei zur Seite zu stehen. Über die weiteren Entwicklungen werden Sie selbstverständlich wie immer auf dem Lau-fenden gehalten. In diesem Sinne eine wohltuende, aber auch anregende, bereichernde Sommerpause! Mit guten Wünschen und besten Grüßen, Ihre Frauke Kraas

  • T H A I LT H A I LT H A I LT H A I L A N DA N DA N DA N D - R u n d s c h a u 2 / 2 0 0 4

    44

    Grünes Gewissen, rote Seele...? Umweltpolitik, Umweltbewusstsein und ökologische Modernisierung in Thailand

    Ingvar Sander

    Thailand hat über die letzten anderthalb Jahrzehnte einige bemerkenswerte umweltpolitische Erfolge erzielt: Das Land kann das erfolgreichste nachfra-geseitige Energiemanagementprogramm (DSM-Programm) Asiens vorweisen, hat ein Energie-spargesetz verabschiedet und mit seiner Umset-zung begonnen, hat die ersten Rauchgasentschwe-felungsanlagen Südostasiens installiert und diese inzwischen zum Standard für alle neuen Kraft-werke erhoben, macht Katalysatoren für Pkw seit 1993 zur Pflicht, hat über Jahre eine (für Entwick-lungsländer untypische) Abkoppelung des Primär-energieverbrauchs vom Wirtschaftswachstum er-reicht und ist trotz des Einsetzens der schweren Wirtschaftskrise Mitte 1997 nicht mit erheblichen Überkapazitäten im Stromsektor belastet. Die in Thailand erzielten Ergebnisse stehen in scharfem Kontrast zu denen anderer südostasiatischer Län-der mit einem vergleichbaren Niveau industrieller Entwicklung. DSM-Programm, Energiespargesetz, Katalysatorpflicht und zur Umsetzung der Ziele notwendige Institutionalisierungsmaßnahmen stan-den beispielsweise auch in Malaysia zu Beginn der 1990er Jahre auf der politischen Agenda. Eine Umsetzung der Pläne fand in keinem Fall statt. Die Differenz in den Politikergebnissen scheint erklä-rungsbedürftig, da weder deutliche Abweichungen hinsichtlich des sachlichen Problemdrucks noch hinsichtlich der internationalen Rahmenbedingun-gen (im Hinblick beispielsweise auf Abhängigkei-ten) feststellbar sind. Im Folgenden soll der Frage nachgegangen wer-den, warum es Thailand gelang, zumindest in eini-gen umweltrelevanten Politikfeldern frühzeitig innovative und umweltwirksame Strategien umzu-setzen. Hierfür wird zunächst die Entwicklung der thailändischen Umweltpolitik nachgezeichnet, die in den einzelnen Phasen vorherrschenden Umwelt-politikmuster charakterisiert und schließlich die Rolle der einzelnen Akteure und deren Einfluss auf die Umweltpolitikformulierung des Landes be-schrieben.

    Die Entwicklung der Umweltpolitik in Thailand Industrialisierungsbedingte Umweltprobleme tra-ten seit Beginn der 1970er Jahre neben bereits bestehende „traditionelle“ Umweltprobleme wie

    Entwaldung und Abwasserentsorgung. Erste Prob-leme bereiteten die Abwässer der Agrarindustrie. Die staatliche Umweltpolitik war zu diesem Zeit-punkt durch eine gleichgültige Haltung geprägt. Mitte der 1970er Jahre führten die Internationali-sierung der Umweltpolitik (Stockholmer Weltum-weltkonferenz 1972) und zunehmende nationale Umweltprobleme zur Gründung des National En-vironment Board (NEB), der ersten eigenständi-gen, mit umweltpolitischen Themen befassten Verwaltung. In den Jahren 1975 und 1978 wurden die ersten eigentlichen Umweltgesetze Thailands erlassen. Sie schlossen die Abgrenzung des Auf-gabenbereichs des NEB ein. Zu den wichtigsten Aufgaben des NEB zählten:

    • die Entwicklung von Umweltqualitätsstan-dards,

    • die Durchführung von Umweltverträglich-keitsprüfungen, die seit 1981 für zehn Projekt-typen vorgeschrieben sind (u.a. Staudammbau, Raffinerien, Flughafenbau)

    • sowie eine Handlungsbefugnis in Notfällen. Trotz dieser staatlichen Aktivitäten, die seit dem vierten Fünfjahres-Entwicklungsplan (1977-1981) auch ihren Niederschlag in der Programmformulie-rung fanden, kann die Umweltpolitik im Sinne Weidners (1988) nur als symbolisch bezeichnet werden. Der Einfluss des NEB war stark begrenzt, es hatte keine Implementationsbefugnis, keinen Einfluss auf die Budgetverteilung, war als Amt der Zentralregierung nicht in den Provinzen präsent und benötigte für die Zusammenarbeit mit anderen Ministerien bzw. deren nachgeordneten Abteilun-gen jeweils die Zustimmung des Kabinetts. Die Folge war eine auf der Ebene der Standards zwar moderne, auf der Ebene der Implementation aber mangelhafte Umweltpolitik. Sowohl materielle, informationelle als auch personelle Ressourcen zur Einhaltung der ehrgeizigen Standards fehlten. Der Übergang zu einem sog. technokratisch-aktiven Umweltschutz erfolgte zu Beginn der 1990er Jahre. Die thailändische Umweltpolitik in ihrer bisherigen Form war an ihre Grenzen gesto-ßen. Das Verwalten von Problemen und Aufschie-ben von Lösungen hatte Konflikte in zahlreichen Politikfeldern hervorgerufen, Umweltprobleme begannen die wirtschaftliche Entwicklung zu ge-

  • 2 / 2 0 0 4 T H A I L A N DT H A I L A N DT H A I L A N DT H A I L A N D - R u n d s c h a u

    45

    fährden. Strukturelle Faktoren wirkten zudem problemverschärfend:

    • Der Industrialisierungsprozess Thailands ist auf wenige Enklaven beschränkt. Obwohl die Umweltbelastungen im nationalen Durch-schnitt noch relativ gering sind, weisen die Enklaven höhere Verschmutzungslevels auf, als sie in OECD-Ländern jemals erreicht wur-den.

    • Thailands Industrialisierungsmuster weist eine hohe Diversität bei den Belastungsfaktoren auf. Die Tendenz, durch fortschreitende In-dustrialisierung befördert, last industries first zu etablieren, führt zu Situationen, in denen Stoffe im Land bereits produziert werden, be-vor sie vom staatlichen Regulationssystem er-fasst werden.

    • Thailands hohes Wachstumstempo hat die Umwelteffekte regional hoch konzentrierter wirtschaftlicher Aktivitäten noch verstärkt. Der bisherige Industrialisierungsprozess und die mit ihm zusammenhängende Urbanisie-rung verlief in Thailand im Vergleich zu den alten Industrieländern Europas aber auch im Vergleich zu einem jüngeren Industrieland wie Japan sehr viel schneller ab (Hammer, Shetty 1995).

    Anfang der 1990er Jahre kam es zu einem Politik-wechsel: So wurden 1992 eine Reihe neuer Geset-ze erlassen bzw. veraltete Gesetze überarbeitet (z.B. der Energy Conservation Act, der Factory Act, der Environmental Promotion and Conserva-tion Act, und der Public Health Act). Die Rolle der Umweltbehörde wurde aufgewertet, drei neue Be-hörden innerhalb des damaligen Ministeriums für Wissenschaft, Technologie und Umwelt geschaf-fen. Darüber hinaus wurde ein US$ 200 Mio. Fonds eingerichtet, der speziell für Aufgaben des Umweltschutzes zur Verfügung steht. Die Mittel speisen sich kontinuierlich aus einer Abgabe, die auf den Kraftstoffpreis erhoben wird. Mittlerweile ist mit dem Ministry of Natural Resources and

    Environment (MONRE) ein speziell auf den Um-welt- und Ressourcenschutz ausgerichtetes Minis-terium eingerichtet worden. Bereits mit dem 7. Fünfjahresentwicklungsplan (1992-1996) hat Thailand die Notwendigkeit des Übergangs in der Umweltpolitik von der Nachsor-ge zur Vorsorgeorientierung anerkannt. Dem Ver-ursacherprinzip (Polluter Pays Principle) wird im siebten Plan ausdrücklich eine Leitfunktion zuge-schrieben. Trotz erster Experimente mit marktba-sierten Instrumenten in einigen Anwendungsberei-chen (industrielle Abwasser, Aufbereitung von Sondermüll) kommt es vorläufig überwiegend zu einer Ausweitung nachsorgender Politiken mit Hilfe des herkömmlichen ordnungsrechtlichen Instrumentariums. Die Einführung des Katalysa-tors für Pkw 1993, der Einbau von Rauchgasent-schwefelungsanlagen in Kohlekraftwerke im Nor-den Thailands und zahlreiche Maßnahmen im Rahmen der Umsetzung des Energiespargesetzes sind Beispiele hierfür. Neben dem effektiveren Einsatz ordnungsrechtli-cher Instrumente und der schrittweisen Einführung marktbasierter Instrumente (erleichtert im übrigen durch eine fortschreitende Privatisierung) kommt auch ein Instrumentarium zur Anwendung, wel-ches besonders gut zum sozio-kulturellen Profil Thailands passt: die freiwillige Selbstverpflich-tung. Erste große Erfolge haben sich in dieser Be-ziehung im Rahmen eines Pilotprojektes zum nachfrageseitigen Energiemanagement eingestellt. Hersteller von Elektrogeräten wurden (nach Bran-che, über mehrere Jahre verteilt) an einen runden Tisch gebeten und aufgefordert, Produkte mit ho-hem Energieverbrauch durch verbrauchsärmere Geräte zu substituieren. Einwände der Hersteller gegen zu große Effizienzsprünge wurden berück-sichtigt, für die Erstellung von Studien zur Produk-tionsumstellung finanzielle Mittel bereitgestellt.

    Tabelle 1: Stromeinsparpotential durch DSM in Thailand bis zum Jahr 2011

    Jahr

    Spitzenlast eingespart

    (MW)

    Anteil an der gesamten

    installierten Kapazität

    (%)

    Stromerzeugung eingespart

    (GWh)

    Anteil an der gesamten

    Stromerzeugung* (%)

    1993-1996 221 1,5 1.189 1,4

    1997-2001 1.641 9 3.846 3

    2002-2006 3.525 14 9.670 6

    2007-2011 6.706 20 22.177 10

    *Basiert auf Prognosen zur Strombedarfsentwicklung von 1994 Quelle: OECD/IEA 1997

  • T H A I LT H A I LT H A I LT H A I L A N DA N DA N DA N D - R u n d s c h a u 2 / 2 0 0 4

    46

    Die bisherigen Einsparerfolge sind auch im inter-nationalen Vergleich beeindruckend. Bis zum Jahr 2011 (dem Ende des 10. Fünfjahrplans) sollen insgesamt 20 Prozent des Spitzenlastbedarfs des Landes mit Hilfe des nachfrageseitigen Energie-managements eingespart werden (vgl. Tabelle 1).

    Lokal artikuliertes Umweltbewusstsein und eine Ausdifferenzierung umweltpolitischer Akteure als wichtige Voraussetzungen für einen ökologischen Modernisierungspro-zess Auslöser für den oben beschriebenen Politikwech-sel seit Anfang der 1990er Jahre ist eine veränderte Konstellation staatlicher Akteure im Umwelt-schutz. Treibende Kraft hinter dieser Entwicklung waren – vor dem Hintergrund einer wachsenden Diskrepanz zwischen umweltpolitischen Hand-lungsanforderungen und tatsächlichem Handeln des Staates – umweltbezogen arbeitende gesell-schaftliche Akteure (Sander 2000). Die Wurzeln des thailändischen, auf die Effekte der Industrialisierung bezogenen, Umweltbewusst-seins liegen in den Bürgerinitiativen städtischen Ursprungs. Aus ursprünglich sozialpolitisch orien-tierten NRO (Nichtregierungsorganisationen) ent-wickelten sich Ende der 1970er, Anfang der 1980er Jahre die meisten der bestehenden Bürger-initiativen mit umweltbezogenen Schwerpunkten. Einige für die Entwicklung der Umweltpolitik Thailands bedeutende NRO, wie die Association for the Conservation of Wildlife und die Society for the Conservation of National Treasure and the Environment, stammen sogar aus den frühen 1950er bzw. frühen 1970er Jahren. Sie sahen ihren Arbeitsschwerpunkt in der Anfangsphase vor al-lem im Artenschutz und der Bewahrung des Kul-turerbes. Diese Vorreiter des Umweltschutzes bil-den gemeinsam mit den übrigen in der Folge entstandenen NRO städtischen Ursprungs und den seit Mitte der 1980er Jahre vermehrt entstandenen Basisgruppen im ländlichen Raum (Peoples Orga-nizations) das Rückgrad des zivilgesellschaftlichen Umweltschutzes in Thailand. Auf dem Gebiet der umweltbezogenen Energiepolitik kommt den Bür-gerinitiativen eine besondere Bedeutung zu. Akti-vitäten der NRO reichen weit zurück und stehen vor allem in Verbindung mit den sozialen und ökologischen Folgen des umfangreichen Stau-dammprogramms Thailands. 1988 gelang es den Initiativen, die Regierung zur Einstellung des Baus eines großen Staudamms zu bewegen, was schließ-lich das Ende der Ära der Großstaudämme in Thai-land einläutete.

    Das Beispiel zeigt, dass Thailands NRO, gemessen am BIP/Kopf, zu einem sehr frühen Zeitpunkt der industriellen Entwicklung bereits in der Lage wa-ren, Umweltprobleme zu thematisieren. Gemeint ist damit nicht nur eine angemessene Bearbeitung des Problems (Problemverständnis), sondern auch die Möglichkeit und Fähigkeit, das Problem zu einem Thema machen zu können. Die Qualität von Informationen, das Ausmaß bereits vorhandenen Wissens und angemessene Deutungsmuster spielen dafür eine entscheidende Rolle. Hier zeigen sich Vorteile umweltorientierter Gruppen eines nachho-lenden Industrielandes: Umweltpolitisches Wissen liegt bereits in großem Umfang in den Industrie-ländern vor. Den Akteuren aus nachholenden In-dustrieländern eröffnet sich über die Verbreitung wissensbasierter Netzwerke (z.B. internationale universitäre Kontakte) die Chance, nicht nur inno-vative internationale Problemlösungsmuster zu übernehmen, sondern auch von den in anderen Staaten gemachten Erfahrungen zu lernen. In Thailand lässt sich ein besonderes Beispiel für die Wirkung der Diffusion von Ideen über wis-sensbasierte Netzwerke finden – der Verzicht auf den Bau von Atomkraftwerken kann primär auf die Existenz solcher Netzwerke zurückgeführt werden. Vor allem ist ein Syndrom aus drei Faktoren zu nennen:

    • In Thailand herrscht erstens eine gute Informa-tionslage über die spezifischen Probleme die-ser Energieressource (intensive Berichterstat-tung in den Medien).

    • Aus dem universitären Bereich haben sich be-reits Wissenschaftler mit der Energieform be-schäftigt und Kontakte zu Ländern etabliert, die Atomkraftwerke bereits betreiben (z.B. den USA).

    • Schließlich besteht auch von Seiten der staatli-chen Energieplanung ein enger Kontakt zu in-ternationalen Organisationen (wie der Welt-bank), die einen intensiven Wissensaustausch ermöglichen und deren Einfluss auf die Poli-tikformulierung erheblich ist.

    Auf allen drei hier genannten Ebenen wird eine ablehnende Haltung gegenüber der Atomenergie eingenommen, sei es, weil die Berichterstattung über die Folgen von Atomunfällen (z.B. Tscherno-byl) die Meinung beeinflusst hat, eine wissen-schaftliche Beschäftigung die Probleme der An-wendung in anderen Ländern offenbar werden lassen hat oder Kostenkalkulationen die Atomkraft schlicht als unwirtschaftlich herausstellen. Voraussetzung dafür, dass in nachholenden Indust-rieländern Umweltprobleme von nichtstaatlichen

  • 2 / 2 0 0 4 T H A I L A N DT H A I L A N DT H A I L A N DT H A I L A N D - R u n d s c h a u

    47

    Akteuren zu einem - gemessen am BIP/Kopf -relativ frühen Stadium aufgenommen und themati-siert werden können, sind allerdings u.a. positive informationell-kognitive Rahmenbedingungen, wie freie Medien und offene politisch-institutionelle Strukturen (Offenheit der Willenbildungsmecha-nismen, Partizipation), sowie Konsens- und Integ-rationsfähigkeit (Jänicke/Weidner 1995). Diese Bedingungen haben in Thailand über die letzten 20 Jahre einen erheblichen Wandel erfahren. Ein Schlüsselerlebnis dürfte für staatliche Akteure der 1986 erfolgte Versuch des konfrontativen Durch-setzens einer Industrieansiedlung (Tantal-Fabrik) im Süden des Landes gewesen sein. Nach monate-langen Protesten der Betroffenen und zahlreichen NRO wurde die fast fertiggestellte Fabrik bei einer Protestkundgebung von der ortsansässigen Bevöl-kerung niedergebrannt. Sicher nicht nur auf diese Begebenheit zurückzuführen, hat sich das Verhält-nis staatlicher Akteure gegenüber den nichtstaatli-chen über die letzten Jahre erheblich verändert (Hirsch 1997). Nichtstaatliche Organisationen werden z.B. im Energiesektor an der staatlichen Entwicklungsplanung und an offenen Planungsver-fahren beteiligt, für NRO ist von staatlicher Seite ein Fonds zur Finanzierung von umweltbezogenen Projekten eingerichtet. Die Presse des Landes hat sich zu einem äußerst aktiven, und im Gegensatz zu benachbarten Ländern, vergleichsweise unzen-sierten Verfechter von Umweltbelangen entwi-ckelt. Mit der 1997 verabschiedeten Verfassung ist die Pressefreiheit in Thailand verfassungsrechtlich verankert. Auch die inzwischen immer häufiger zu beobach-tenden Konflikte innerhalb der Bürgerinitiativbe-wegung Thailands tragen nicht automatisch zu einer Schwächung der Rolle gesellschaftlicher Akteure im Umweltschutz bei, obwohl Polarisie-rungen inzwischen mitunter auch sehr deutlich ausfallen können: Im Fall des Streits um ein Ge-meindewaldgesetz teilte sich das Lager der Um-welt-NRO in „Wassermelonen“ und „Bananen“. Die „Wassermelonen“-Fraktion wird dabei als

    außen grün und innen rot angesehen und damit vorgeworfen, sie verfolge eigentlich keine „reinen“ Umweltschutzinteressen, sondern transportiere über Umweltbelange nur weitergehende, radikale Vorstellungen darüber, wie der armen Bevölke-rung im ländlichen Raum geholfen werden könne. Der „Bananen“-Fraktion wird dagegen vorgewor-fen, sie sei zwar außen gelb, habe aber einen wei-ßen Kern. Statt also thailändische Interessen zu vertreten orientiere sich ihr Handeln allein an aus-ländischen („weißen“) Problemlösungsmustern mit wenig Relevanz für die nationale Situation. War eine Ausdifferenzierung von Umweltschutzin-teressen der thailändischen NRO Anfang der 1990er Jahre noch kaum zu beobachten, so scheint sich diese inzwischen zu einem Standardmerkmal zu entwickeln. Nach Hirsch ist diese Ausdifferen-zierung Ausdruck einer Konsolidierung der NRO-Postition gegenüber dem Staat und reflektiert im Übrigen die zunehmende Komplexität der thailän-dischen Umweltpolitik (Hirsch 1999). Darüber hinaus ist auch auf staatlicher Ebene eine Ausdifferenzierung, Spezialisierung und Professi-onalisierung verschiedener, mit Umweltbelangen befasster, Akteure zu beobachten, ein für die Auf-nahme von Politikinnovationen besonders wichti-ger „Zwang zum Verhandeln innerhalb des Staats-apparates“ (Mayntz 1995) also gegeben. Und schließlich beginnt sich auch der bisher vorherr-schende Gegensatz zwischen Staats- und NRO-Interessen im Umweltschutz aufzulösen. Diese Entwicklung findet ihren Niederschlag in einer verstärkten Kooperation zwischen einer Reihe staatlicher Institutionen mit Teilen der Umwelt-NRO und weiterer gesellschaftlicher Akteure. Ein gutes Beispiel dafür ist die Strompolitikarena, in der die Beteiligung verschiedener nichtstaatlicher Akteure (vor allem spezialisierte NRO, Wissen-schaftler, Forschungseinrichtungen und internatio-nale Organisationen) am Zielfindungsprozess be-reits Realität ist (vgl. Abbildung 1).

  • T H A I LT H A I LT H A I LT H A I L A N DA N DA N DA N D - R u n d s c h a u 2 / 2 0 0 4

    48

    Abbildung 1: Alte und neue Akteure der thailändischen Strompolitik

    Strompolitik-Arena

    Staatl.Aufsicht/

    Planung etc.staatl.Strom-

    monopolist

    unabh.Strom-

    produzenten

    Energie-träger-

    lieferanten

    Distributoren

    Umwelt-gruppen

    Wissenschaft

    Verbraucher

    Elektro-geräte-

    hersteller

    Energie-dienstleister

    Alte Akteure

    Eigene Darstellung

    Eine wichtige Einschränkung hinsichtlich der Chancen umweltpolitischen Erfolgs muss an dieser Stelle allerdings gemacht werden: Wie in den O-ECD-Ländern auch, richtet sich in Thailand die Steuerungsfähigkeit auffällig stark nach der Kom-plexität des Problems. Nicht die Vordringlichkeit eines Problems entscheidet daher häufig in ansons-ten handlungsfähigen Staaten über die Priorität der Bearbeitung, sondern die Problemstruktur. Prob-leme mit einer einfachen Struktur (Beispiel FCKW oder Rauchgasentschwefelung: begrenzte Zahl von Akteuren, Substitute bzw. Filter vorhanden) wer-den eher gelöst, Probleme mit einer schwierigen Struktur (Paradebeispiel Verkehr) bleiben lange Zeit ungelöst.

    Ausblick Umweltrelevante Expertise außerhalb des Staates hat in Thailand seit der zweiten Hälfte der 1980er Jahre erheblich zugenommen. Diese Entwicklung lässt sich nicht pauschal mit dem Anwachsen der thailändischen Mittelschicht über das letzte Jahr-zehnt erklären, sondern muss auch vor dem Hin-tergrund der strukturellen Handlungsbedingungen in Thailand gesehen werden. So werden die Viel-zahl der bereits bestehenden Institute, Gesellschaf-ten und Vereine mit umweltpolitischem Schwer-

    punkt ihren Einfluss durch weitere Organisationen (z.B. im Verbraucherschutz) noch ausbauen. Durch die zunehmende globale Vernetzung solcher Insti-tutionen werden international diskutierte umwelt-politische Themen noch schneller ihren Weg auch nach Thailand finden. Die Bedingungen für eine Vernetzung und einen freien Austausch von Ge-danken sind in Thailand günstig. Die Kommunika-tionsmöglichkeiten werden schnell ausgebaut und unterliegen weniger Restriktionen als in den Nach-barländern. Die Presse, eine wichtige Säule für die Entwicklung von Umweltbewusstsein im Land, genoss selbst vor der Demokratisierung des Landes größere Freiräume als die anderer südostasiatischer Länder wie Singapur oder Malaysia. Dennoch bestehen selbstverständlich keine Garan-tien für eine anhaltend erfolgreiche Umweltpolitik bzw. eine Ausweitung der sektoral erzielten Erfol-ge auf weitere Politikfelder. Der stärkere Einfluss der Taksin-Administration auf die Medien, die Schwäche der Opposition und die schwindenden checks and balances bei der Stellenbesetzung in-nerhalb des Verwaltungsapparates lassen auf schwerere Zeiten, auch für den Umweltschutz, schließen. Aktuellstes Beispiel ist sicher die über Wochen, wenn nicht Monate verschleppte Infor-mation der Bevölkerung über Ausmaß und Ge-

  • 2 / 2 0 0 4 T H A I L A N DT H A I L A N DT H A I L A N DT H A I L A N D - R u n d s c h a u

    49

    fährdungspotenzial der Vogelgrippe. Bezeichnend ist aber auch, dass eine Verbraucherschutzvereini-gung schließlich das zögerliche Verhalten der Re-gierung öffentlich gemacht und den Premierminis-ter, zumindest vor der internationalen Öffentlichkeit, zu einer vollständigen Kehrtwen-dung gezwungen hat (The Nation 2004).

    Literatur Hammer, Jeffrey S./Shetty, Sudhir, East Asia’s

    Environment. Principles and Priorities for Ac-tion, World Bank Discussion Papers 287, Washington D.C., 1995

    Hirsch, Philip, „The politics of environment: Op-position and legitimacy“, in: Kevin Hewison (Hrsg.), Political Change in Thailand. Democ-racy and Participation, London/New York, 1997, S.179-194

    Hirsch, Philip, Civil Society and the Uncivil Poli-tics of an Environment in Crisis, Paper pre-sented at the „7th International Conference on Thai Studies“, 5.-8. July, Amsterdam, 1999

    Jänicke, Martin/Weidner, Helmut, „Successful Environmental Policy. An Introduction“, in:

    Martin Jänicke, Helmut Weidner (Hg.), Suc-cessful Environmental Policy. A Critical Evaluation of 24 Cases, Berlin, 1995, S.10-26

    Nation Online, The, Govt is lying about crisis, 16.01.2004,

    URL:http://www.nationmultimedia.com/specials/birdflu/index_jan16.php

    Mayntz, Renate, „Politische Steuerung: Aufstieg, Niedergang udn Transformation einer Theorie, in: Klaus von Beyme, Claus Offe (Hrsg.), Poli-tische Theorien in der Ära der Transformation, Politische Vierteljahresschrift, Jg. 36, Sonder-heft 26, Opladen, S. 148-168

    OECD/IEA, Asia Electricity Study, Paris, 1997 Sander, Ingvar, Energiepolitische Modernisierung

    in Thailand und Malaysia, Freiburger Beiträge zu Entwicklung und Politik 26, Freiburg (Breisgau), 2000

    Weidner, Helmut, „Bausteine einer präventiven Umweltpolitik“, in: Udo Ernst Simonis (Hg.), Präventive Umweltpolitik, Frankfurt am Main, 1988, S.143-165

    Dr. Ingvar Sander ist Mitarbeiter der Deutschen Bahn AG, Berlin und hat über ein umweltpolitisches Thema zu Thailand und Malaysia promoviert.

  • T H A I LT H A I LT H A I LT H A I L A N DA N DA N DA N D - R u n d s c h a u 2 / 2 0 0 4

    50

    Lokales Management von Wasserresourcen in Bergregionen Nordthailands:

    Ein Schlüssel zu Nachhaltiger Wassernutzung?

    Andreas Neef

    Die Wahrnehmung von Wasser als öffentliches Gut mit uneingeschränktem Zugang ist unter poli-tischen Entscheidungsträgern und lokalen Techno-kraten in Thailand weit verbreitet. Dabei wird die Existenz von unterschiedlichen Formen von Kon-troll-, Eigentums- und Nutzungsrechten an Wasser weitgehend ignoriert. Insbesondere in Bezug auf das von ethnischen Minderheiten bewohnte Hoch-land wird angenommen, dass Wasserressourcen übernutzt werden, weil lokale Gemeinschaften unfähig seien, verbindliche Regelungen zur nach-haltigen Wassernutzung zu etablieren und gegen Einzelinteressen durchzusetzen. Diese Einschät-zung wird dabei als Argument für eine verstärkte staatliche Kontrolle des Managements von Was-serressourcen herangezogen. Viele Nichtregie-rungsorganisationen hingegen argumentieren, dass lokale Gemeinschaften gemeinsame Wertvorstel-lungen und soziale Normen hinsichtlich Wasser-rechten teilen, dass gemeinschaftliches Manage-ment einen egalitären Zugang zu knappen Wasserressourcen sichert und dass alle Mitglieder der Dorfgemeinschaft nach lokal gültigen Regeln der Wassernutzung handeln. Diese ‚ethno-romantische’ Position tendiert dazu, Machtkonstel-lationen innerhalb lokaler Gemeinschaften zu ig-norieren, die zu starken internen Disparitäten in Bezug auf den Ressourcenzugang führen können. In diesem Beitrag soll ein differenzierteres Bild des Wassermanagements im thailändischen Hoch-

    land gezeichnet werden. Die Ergebnisse beruhen auf langfristigen qualitativen Studien, die im Rah-men eines von der Deutschen Forschungsgemein-schaft und dem National Research Council of Thailand geförderten Sonderforschungsbereichs „Nachhaltige Landnutzung und ländliche Entwick-lung in Bergregionen Südostasiens“ (SFB 564) durchgeführt wurden.

    Untersuchungsgebiet und methodische Vorgehensweise Drei Dörfer im Einzugsgebiet des Mae Sa Flusses in der Chiang Mai Provinz wurden für die Studie ausgewählt. Das Mae Sa Watershed liegt nord-westlich der nordthailändischen Hauptstadt Chiang Mai (Abbildung 1). Der Fluß ist einer der Zubrin-ger des Mae Ping, der gemeinsam mit einigen an-deren Flüssen in den Chao Praya, die Lebensader Thailands, mündet. Das Mae Sa Watershed wird intensiv bewirtschaftet, hauptsächlich mit Obstkul-turen, Gemüse und Schnittblumen, die vorwiegend für lokale und nationale Märkte angebaut werden. Der Anteil des bewässerten Landes an der gesam-ten landwirtschaftlichen Fläche steigt dabei stän-dig. Die drei Dörfer, die von Angehörigen der ethnischen Minderheit der Hmong bewohnt wer-den, liegen allesamt in Schutzgebieten, in denen landwirtschaftliche Aktivitäten entweder illegal oder nur eingeschränkt möglich sind (Tabelle 1).

    Abb. 1: Untersuchungsgebiet in Nordthailand Mae Sa Watershed Nordthailand

  • 2 / 2 0 0 4 T H A I L A N DT H A I L A N DT H A I L A N DT H A I L A N D - R u n d s c h a u

    51

    Tab. 1: Merkmale der untersuchten Dörfer

    Mae Sa Watershed, Chiang Mai Provinz Buak Chan Buak Toey Mae Sa Mai Ethnie Hmong Hmong Hmong Einwohnerzahl 750 500 1700 Höhe ü.d.M. 1140-1380 940-1360 700-1380 Landwirtschaft Blumen, Gemüse, Obst Blumen, Obst, Gemüse Obst, Gemüse Lage Forstschutzgebiet Forstschutzgebiet Suthep-Pui Nationalpark

    In allen Dörfern wurden zwischen 2003 und 2004 offene und teilstrukturierte Interviews mit Schlüs-selinformanten wie Gemeindevorstehern, Dorfko-mitees, Leitern von Wassernutzer- und Frauen-gruppen und Vertretern der lokalen Verwaltung durchgeführt. Außerdem wurde mit Hilfe lokaler Experten eine Bestandsaufnahme aller Wasser-speicher und -verteilungssysteme durchgeführt und in ein Geografisches Informationssystem integ-riert. Konflikte um Wasser wurden teilweise durch teilnehmende Beobachtung identifiziert. Darüber hinaus wurden Entwicklungspläne lokaler Verwal-tungen eingesehen.

    Bewässerungsmanagement auf Dorf- und Betriebsebene Die Antidrogenpolitik der thailändischen Regie-rung und die damit verbundene Verbreitung von Marktfrüchten durch nationale und internationale

    Entwicklungsprogramme führte in den Hmong-Dörfern Mae Sa Mai, Buak Chan and Buak Toey zu einer erstaunlichen Dynamik der Anbausyste-me, vom Schlafmohn- und Bergreisanbau über Mais und Kaffee hin zur marktorientierten Produk-tion von Obst, Gemüse und Schnittblumen. Der überwiegende Teil der landwirtschaftlichen Fläche wird heute bewässert. Die Bewässerungsmanage-ment im größten Dorf, Mae Sa Mai, weist dabei den höchsten Grad an Komplexität auf. Drei domi-nierende Rechtssysteme haben sich im Laufe der Zeit entwickelt, (1) individuelle Wassernutzungs-rechte, (2) Nutzergruppen, die sich ein gemeinsa-mes Leitungs- oder Speichersystem teilen und (3) Nutzergruppen, die das Wasser von Quellen oder Bächen gemeinsam nutzen. Der Wassertransport erfolgt durchweg über die Schwerkraft.

    Abb. 2: Bewässerungssysteme in Buak Chan

    Foto links: Kleinbäuerlicher Schnittblumenanbau (A. Neef), Karte: öffentliche und private Teiche im Tal (blau) zur Bewässerung der Obst-, Gemüse- und Blumenfelder am Hang (orange), Foto rechts: Elektropumpe an einem privaten Teich (A. Bollen).

  • T H A I LT H A I LT H A I LT H A I L A N DA N DA N DA N D - R u n d s c h a u 2 / 2 0 0 4

    52

    Die Bildung von Nutzergruppen folgt pragmati-schen ökonomischen Erwägungen: Landwirte, die Leitungs- und Speichersysteme oder Quellen und Bäche gemeinsam bewirtschaften, sind üblicher-weise Eigentümer von benachbarten Feldern und gehören unterschiedlichen Klans an. Diese Organi-sation steht im Gegensatz zur traditionellen sozia-len Organisation von Hmong-Gemeinschaften, bei denen eine Kooperation jenseits der Klangrenzen nicht üblich war (vgl. COOPER 1984). Landwirte, die zuerst genügend Kapital gebildet hatten, um ein Speicher- und Leitungssystem zu installieren, haben bei der Wassernutzung generell Priorität. Durch dieses ‚first come - first serve’ Prinzip ent-stand ist eine zunehmende Ungleichheit bezüglich der Wasserverteilung entstanden. Heutzutage bil-den sich die lokalen Machtverhältnisse und Ein-kommensunterschiede deutlich in den Wassernut-zungsrechten ab. Mitglieder alteingesessener Familien und lokaler Eliten kontrollieren die Wasserallokation weitge-hend: sie entnehmen das Wasser direkt an der Quelle und beanspruchen den größten Teil der Wasserressourcen. Sie beanspruchen auch das Recht, Wasser von verschiedenen Quellen, Flüssen und Speichersystemen zu entnehmen, um dadurch Risiken in einem sich rasch verändernden instituti-onellen Umfeld zu minimieren. Sozial Schwächere wagen es nicht, sich gegen die ungleiche Vertei-lung der Wasserressourcen aufzulehnen. In Buak Chan bildet eine Kette von Teichen in einem Tal unterhalb der Siedlung die Hauptquelle für das Bewässerungssystem. Bei den Teichen, von denen vier kommunal und 17 privat genutzt wer-den, handelt es sich um umgewandelte Naßreister-rassen, die die Hmong von einem Thai-Bauern aus

    dem Nachbardorf Gong Hae gekauft haben. Da die Felder alle oberhalb des Tals liegen, benötigen die Landwirte elektrische Pumpen, um das Wasser mittels PVC-Rohren auf ihre Blumen- und Gemü-sefelder zu leiten (Abbildung 2). Dadurch haben sich in Buak Chan die Wasser- und Landrechte, die traditionell eng miteinander verbunden waren, völlig auseinanderentwickelt. Private Teiche wer-den entweder von einzelnen Landwirten oder von engen Familienangehörigen gemeinsam genutzt. Die vier kommunalen Teiche können von jedem Landwirt benutzt werden, der genügend Kapital aufbringen kann, eine Pumpe zu installieren und diese mit den Feldern zu verbinden. Im Gegensatz zu Mae Sa Mai hat die Kommerzia-lisierung der Agrarproduktion und die Verbreitung der Bewässerungswirtschaft kaum zu Ungleichhei-ten zwischen den Haushalten geführt. Neben eines relativ egalitären Zugangs zu Wasserresourcen ist dies auch auf die rasche Verbreitung wasserspa-render Bewässerungstechnologien wie die Tröpf-chenbewässerung zurückzuführen. Außerdem ist es der Dorfgemeinschaft bislang gelungen, ihre Land- und Wasserressourcen gegen auswärtige Investoren und Spekulanten zu verteidigen. Die Situation stellt sich im Dorf Buak Toey, das auf der gegenüberliegenden Seite des Tals liegt, völlig anders dar. Seit einigen Jahren haben auswärtige Investoren einen großen Teil des Dorfterritoriums fest im Griff. Sie machten sich die unsicheren Bo-denrechtsverhältnisse in Buak Toey zunutze (das Dorf liegt in einem Forstschutzgebiet, in dem offi-ziell keine Landnutzungsrechte vergeben werden dürfen) und rodeten große Waldflächen, während die Forstbehörden tatenlos zusahen. Auf den Fel-dern wurde ein Touristenresort errichtet, das heute

    Abbildung 3: Konflikt zwischen Investoren und Dorfbevölkerung in Buak Toey

    Foto links: Rosenplantage eines auswärtigen Investors (A. Bollen); Foto rechts: Einzig verbliebene Quelle für die Wasserversor-gung der Dorfbewohner am Ende der Trockenzeit (A. Neef).

  • 2 / 2 0 0 4 T H A I L A N DT H A I L A N DT H A I L A N DT H A I L A N D - R u n d s c h a u

    53

    leersteht, weil sich der Eigentümer offensichtlich verspekuliert hat. Außerdem werden auf über 100 ha Schnittrosen für den Markt in Bangkok ange-baut. Unter den Investoren ist auch der kamnan, der Vorsteher der Kreisverwaltung, womit jegliche juristische Intervention der Dorfbewohner gegen die illegale Landnahme von vornherein zum Schei-tern verurteilt wäre. Die Aneignung und Rodung des Forstlandes ging mit der Übernahme großer Teile der Wasserressourcen des Dorfes einher, da einer der Hauptflüsse durch das gerodete Land führt. Während die Landwirte in Buak Toey sich keine Pumpen leisten können und sich mit Schwer-kraftbewässerung begnügen müssen, haben die Investoren ein umfangreiches System aus Pumpen, Dämmen, Brunnen und Reservoirs installiert, um die Bewässerung ihrer Rosenplantagen zu sichern, mit dramatischen Folgen für die Wasserversorgung der ansässigen Dorfbewohner (Abb. 3).

    Management der Wasserversorgung der Haushalte Die Sicherung des Haushaltswassers hat in allen Hmong-Dörfern hohe Priorität. In Mae Sa Mai wird die Wasserversorgung der Haushalte durch die Vorsteher der sechs Zonen organisiert, in die das Dorf unterteilt ist. Diese Zonen werden im allgemeinen von Mitgliedern eines Klans bewohnt. Dadurch entstand ein Management des Haushalts-wassers entlang von Abstammungslinien, im Ge-gensatz zum oben beschriebenen Bewässerungs-management, das an die geographische Lage der Felder und die technischen Möglichkeiten ange-paßt ist. Die Dorfbewohner müssen zwar keine Wassergebühren entrichten, dafür aber ein Bewäs-serungsverbot im oberen Teil des Wassereinzugs

    gebiets einhalten, um die Wasserversorgung der Haushalte nicht zu gefährden. Das Haushaltswas-sersystem in Buak Chan und Buak Toey wird ebenfalls auf kommunaler Ebene geregelt, Nutzer müssen aber eine Wassergebühr entsprechend ihres tatsächlichen Verbrauchs entrichten. Auf-grund der geographischen Lage von Buak Chan, das auf einem Bergrücken liegt, ist die Wasserver-sorgung der Haushalte mit hohem technischen und finanziellen Aufwand verbunden. In Buak Toey ist die Versorgung der Haushalte durch den enormen Wasserverbrauch der von den externen Investoren angelegten Rosenplantagen langfristig gefährdet. Da der Schnittblumenanbau auch mit erheblichem Insektizideinsatz einhergeht, ist nicht nur die Was-sermenge, sondern auch die Qualität des Haus-haltswassers betroffen.

    Eingriffe von Regierungsorganisationen in das Wassermanagement Das Management von Wasserressourcen in Thai-land ist durch institutionellen und rechtlichen Plu-ralismus auf der nationalen Ebene gekennzeichnet. Bereits im Jahr 2000 waren die Verantwortlichkei-ten auf acht Ministerien verteilt, die sich wiederum in 30 verschiedene Abteilungen untergliederte (Sethaputra et al. 2000). Der Institutionenpluralis-mus wurde im Jahr 2002 durch die Gründung des Ministeriums für natürliche Ressourcen und Um-welt noch zusätzlich verschärft. Die Komplexität des institutionellen Kontexts setzt sich auch auf lokaler Ebene fort. In allen drei Hmong Dörfern, die im Mae Sa Watershed untersucht wurden, beeinflußt die Forstbehörde (Royal Forest Depart-ment), durch ihre Politik der Wiederaufforstung, des Waldschutzes und der Kennzeichnung von

    Abb. 4: Konflikt zwischen lokalen Eliten und öffentlichen Eingriffen in Mae Sa Mai

    Foto links: Lokal errichtetes Wasserverteilungssystem mit Leitungen zu den Obstplantagen; Foto rechts: Öffentliches Re-servoir unterhalb des lokalen Wasserverteilungssystems (A. Neef).

  • T H A I LT H A I LT H A I LT H A I L A N DA N DA N DA N D - R u n d s c h a u 2 / 2 0 0 4

    54

    Waldgrenzen mehr oder weniger indirekt auch das Management der Wasserressourcen. In Mae Sa Mai wird der Einfluß des RFD durch andere Re-gierungsorganisationen, wie z. B. die Bewässe-rungsbehörde (Royal Irrigation Department – RID), und durch nationale Projekte, insbesondere die Royal Project Foundation, begrenzt. In jüngster Zeit haben diese Organisationen begonnen, das gewohnheitsrechtliche Wassermanagement in Mae Sa Mai stärker zu beeinflussen. Anfang 2002 wur-de die Konstruktion eines großen Reservoirs fer-tiggestellt, das geplant worden war, um die Was-serversorgung der lokalen Station des Royal Project und eines großen Teils der Litchiplantata-gen in Mae Sa Mai zu sichern. Allerdings entneh-men alteingessene Familien und einflußreiche Eliten direkt oberhalb des Reservoirs weiterhin Wasser direkt aus der Quelle und unterhalten da-mit ein gemeinsam genutztes Wasserverteilungs-system. Mit PVC-Rohren wurde ein regelrechter ‚Bypass’ um das Reservoir gelegt, das folglich nahezu trocken liegt (Abb. 4). Während der Bau des Reservoirs durch die Er-leichterung des Zugangs von sozial Schwächeren prinzipiell zu einer größeren Gleichverteilung der Wasserressourcen beitragen könnte, haben die beteiligten Organisationen (dem RID, dem Royal Project und der Abteilung für Landentwicklung) ganz offensichtlich die lokalen Machtstrukturen unterschätzt oder gar mißachtet. Außerdem wurden die Dorfbewohner nicht in die Planung des Reser-voirs und die Erstellung eines Detailplans zur Wassernutzung eingebunden. Diejenigen, die der-zeit das gemeinschaftliche Wasserverteilungssys-tem unterhalten, fürchten einen erheblichen Machtverlust, etliche Dorfbewohner vermuten außerdem, dass das Royal Project das Reservoir vorwiegend für die Bewässerung der Demonstrati-onsfelder auf der Station nutzen wird. Sozial schwächere Landwirte hingegen, die im traditio-nellen System benachteiligt werden, stehen dem Reservoir positiv gegenüber und begrüssen externe Interventionen in lokale Regelungen der Wasser-nutzung. Sie argumentieren, dass das dorfeigene Wasserkomitee nicht genügend Einfluß auf lokale Eliten ausüben kann, um einen egalitären Zugang zu den Wasserressourcen zu gewährleisten (NEEF et al., 2004).

    Schlußfolgerungen Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die weit verbreitete Wahrnehmung von Wasser als öffentli-ches Gut im Hochland Nordthailands nicht der Wirklichkeit entspricht. Vielmehr sind Kontroll-, Eigentums- und Nutzungsrechte an Wasserres-

    sourcen durch unterschiedlichste Formen gekenn-zeichnet, die von individuellen und exklusiven Eigentumsrechten über Rechte von Nutzergruppen und Gemeinden bis hin zu staatlich kontrollierten Wasserrechten reichen. Diese Rechtsformen und die damit verbundenen Regeln und Verantwort-lichkeiten werden aber nicht von allen Mitgliedern der Dorfgemeinschaft gleichermaßen respektiert. Lokale Eliten und auswärtige Investoren und Spe-kulanten nutzen häufig ihren sozialen und ökono-mischen Status, um ihren Anteil an der Kontrolle von Wasser- (und Land)ressourcen unangemessen zu erhöhen. Folglich kann diese Studie das roman-tisierende Bild, das einige Nichtregierungsorgani-sationen von lokalen Gemeinschaften zu zeichnen pflegen, nicht bestätigen. Dorfgemeinschaften sind nicht immer harmonische und friedliche Einheiten, deren Mitglieder gemeinsame Ziele verfolgen, nachhaltig zum kommunalen Wohle wirtschaften und sich zu jeder Zeit an lokale Regeln und allge-mein verbindliche soziale Normen halten. Insbe-sondere in größeren Dörfern und Gebieten mit hohem Kommerzialisierungsgrad der Landwirt-schaft sind Solidarität und Gemeininteresse oft auf enge Verwandte und Freunde beschränkt. In Kom-bination mit unsicheren Rechtsverhältnissen un-terminiert der Mangel an sozialem Zusammenhalt auch das Potenzial der Dorfgemeinschaft, Einflüs-sen von auswärtigen Investoren und dem Macht-mißbrauch von Mitgliedern der lokalen Verwal-tung standzuhalten. Die Frage, ob lokale Gemeinschaften in der Lage sind, Wasserressourcen nachhaltig zu bewirtschaf-ten, muß daher differenziert beantwortet werden. In Dörfern wie Buak Chan, die sich durch einen starken Zusammenhalt der Bewohner und gleich-berechtigten Zugang zu Wasserressourcen aus-zeichnen, sind Eingriffe von außen sicherlich nicht notwendig. Das Beispiel Mae Sa Mai steht dage-gen für eine Situation, in der lokale Eliten das Ge-wohnheitsrecht zu ihren Gunsten auslegen und sich damit knappe Ressourcen auf Kosten sozial schwächerer Gruppen sichern. Während es sich dabei eher um ein dorfinternes Problem handelt, sind die Probleme in Buak Toey ein Ergebnis der fehlenden Rechtssicherheit, die es den Dorfbe-wohnern unmöglich macht, ihre kommunalen Res-sourcen gegen auswärtige Investoren und Speku-lanten zu verteidigen. Bisherige Eingriffe externer Organisationen haben gezeigt, dass fehlende Legitimitation, mangelnde Partizipation der lokalen Betroffenen und unzurei-chende Koordination von Maßnahmen die Situati-on eher verschlechtern. Künftige Interventionen in lokale Wassermanagementsysteme sollten aus-schließlich auf der Grundlage einer umfassenden

  • 2 / 2 0 0 4 T H A I L A N DT H A I L A N DT H A I L A N DT H A I L A N D - R u n d s c h a u

    55

    Analyse der bestehenden Rechtsverhältnisse im Bereich Wasser und anderer natürlicher Ressour-cen geplant werden. Dabei muß beachtet werden, wie die Rechte und Normen in den lokalen sozio-politischen, institutionellen und ökonomische Kon-text eingebettet sind. Auf nationaler Ebene muß darüber hinaus ein rechtlicher Rahmen geschaffen werden, der es Dorfgemeinschaften in Wald-schutzgebieten ermöglicht, sich gegen Landnahme durch dorffremde Investoren zu schützen. Die lokale Verwaltung und das Personal von Regie-rungsorganisationen wie das Royal Irrigation De-partment sollten sich von vereinfachten Hand-lungsmustern verabschieden, die nur auf die Bereitstellung technischer Infrastruktur abzielen. Sie sollten sich auf die Komplexität lokaler Rechtssysteme einlassen und dazu ausgebildet werden, Veränderungsprozesse auf lokaler Ebene zu moderieren, die benachteiligten Gruppen einen angemessenen Zugang zu der lebenswichtigen Ressource Wasser ermöglicht.

    Danksagung Der Autor dankt der Deutschen Forschungsge-meinschaft (DFG) für die finanzielle Unterstüt-zung der Forschungsarbeit. Die Bestandsaufnahme der Wasserspeicher- und verteilungssysteme wurde

    gemeinsam von Anne Bollen und Anuchit Pae-suphat unter Leitung des Autors sowie Dr. Chapika Sangkapitux und Dr. Jirawan Kitchaicharoen, Dept. of Agricultural Economics, Chiang Mai University, durchgeführt.

    Literatur Cooper, R.: Resource scarcity and the Hmong

    response. Patterns of settlement and economy in transition. Singapore University Press, Singapore (1984).

    Neef, A., Chamsai, L., Hammer, M., Wannitpradit, A., Sangkapitux, C., Xyooj, Y., Sirisupluxuna, P. und Spreer, W.: Water tenure in highland watersheds of northern Thailand – Tragedy of the commons or successful management of complexity? In: G. Gerold, M. Fremerey und E. Guhardja (Hrsg.): Land use, nature conservation, and the stability of rainforest margins in Southeast Asia. Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg, New York, London, Paris und Tokyo (2004) S. 367-389.

    Sethaputra, S., Thanopanuwat, S., Kumpa, L. and Pattanee, S.: Thailand’s water vision: A case study. Office of the National Water Resources Committee, Bangkok (2000).

    Dr. Andreas Neef ist Agrarwissenschaftler mit Schwerpunkt Agrarökonomie und ländliche Soziologie am Lehrstuhl „Landwirtschaftliche Entwicklungstheorie und –politik“, Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Heidhues, Univer-sität Hohenheim. Er ist seit August 2000 als Koordinator eines von der Universität Hohenheim gemeinsam mit verschiedenen Partnerinstitutionen in Thailand und Vietnam initiierten und von der Deutschen Forschungs-gemeinschaft finanzierten Sonderforschungsbereichs „Nachhaltige Landnutzung und ländliche Entwicklung in Bergregionen Südostasiens“ in Chiang Mai, Thailand tätig. Seine Forschungsinteressen sind Ressourcenrechte und partizipative Forschungsansätze.

  • T H A I LT H A I LT H A I LT H A I L A N DA N DA N DA N D - R u n d s c h a u 2 / 2 0 0 4

    56

    Das Asian Institute of Technology (AIT) in Thailand

    Dietrich Schmidt-Vogt

    Das Asian Institute of Technology oder kurz AIT liegt 40 km nördlich von der Innenstadt Bangkoks, an der Paholyothin Road auf halber Strecke zur vormaligen Königsstadt Ayuthaya. Altgediente Dozenten erinnern sich noch an die Zeit als das AIT allein und inmitten von Reisfeldern gelegen war. Heute ist das AIT von dem linienhaft auswu-chernden Stadtwachstum von Bangkok erfasst worden. Entlang der Paholyothin Road passiert man urbane Fassade mit Banken,Tankstellen und Wohnblöcken, gleich dahinter breitet sich aber schon die Landschaft der thailändischen Zentral-ebene mit Reisfeldern und Klongs aus. Steigt man am Siam Square im Zentrum von Bangkok in den Linienbus No. 29, erreicht man das AIT, je nach Verkehrslage, in etwa 1 ½ bis 2 Stunden. Hat man die lange Fahrt hinter sich gebracht und den Lärm der Innenstadt und der Ausfallstrassen noch im Ohr, ist man überrascht von der grünen Oase der Ruhe jenseits des Eingangstores. Der Campus ist 60 ha gross und locker bebaut. Zwi-schen den maximal vierstöckigen weißen Gebäu-den liegen ausgedehnte Grünflächen – vor allem viele Sportplätze. Die größte davon ist der mittler-weile stillgelegte Golfplatz, der gegenwärtig in einen Naturpark mit Botanischem Garten und Ar-boretum umgewandelt wird. Der vor über 40 Jah-ren gepflanzte Baumbestand des Campus ist inzwi-schen zur vollen Größe aufgewachsen und spendet Schatten, der vor allem in den heissen Vormon-sunmonaten März und April, wenn das Thermome-ter auf über 40°C. ansteigt, den elysischen Charak-ter der Anlage erst zur vollen Geltung bringt. Zum Biotop des AIT gehören auch noch die Klongs, deren Fischbestand von den Studenten in den Vor-lesungspausen mit Imbissresten gemästet wird. Hat man Glück, so kann man den flachen Kopf eines Bindenwarans über der Wasseroberfläche auftau-chen sehen. Diese urweltlichen Reptile, die sowohl an das Leben im Wasser als auch auf dem Land angepasst sind und in der Regenzeit über die nas-sen Wiesen von Klong zu Klong wechseln, haben den Campus erst vor wenigen Jahren als Lebens-raum angenommen und besiedelt. Der AIT Cam-pus ist aber nicht nur als Oase am Rand der Mega-stadt Bangkok bemerkenswert und unverwechsel-bar, sondern vor allem als asiatischer Mikrokos-mos - als ein Klein-Asien in Südost-Asien. Die Mehrzahl der auf dem Campus tätigen und zum grossen Teil auch wohnhaften Studenten und Do-

    zenten kommen aus ca. 20 verschiedenen asiati-schen Ländern. Man sieht zwar auch nicht-asiatische Physiognomien, der pan-asiatische Cha-rakter ist aber eindeutig vorherrschend und mani-festiert sich nicht nur in den Gesichtern, sondern auch in den Kleidern – auf dem Leib getragen oder auf den Wäscheleinen der Wohnquartiere aufge-hängt – und ausserdem in der Musik und den Kochgerüchen, die aus den Fenstern der Wohnun-gen nach draussen dringen und die man erst nach einigen Monaten Aufenthalt den verschiedenen Kulturen zuzuordnen lernt. Das AIT hiess zunächst SEATO Graduate School of Engineering und wurde am 8.9.1959 als ein Kind des Kalten Krieges aus der Taufe gehoben. Absicht der SEATO- Gründungsväter war es, mit dieser Institution ein intellektuelles Bollwerk ge-gen den Vormarsch des Kommunismus in Asien aufzurichten. Im Gründungsjahr studierten 18 Stu-denten aus Pakistan, den Philippinen und Thailand Wasserbau auf dem damals noch in der Innenstadt gelegenen Campus. Von 1965 an begann SEATO sich aus der Leitung der Schule zurückzuziehen und 1969 wurde das AIT unter seinem heutigen Namen als „independent, autonomous, internatio-nal institution of higher learning devoted to in-struction and research in engineering, the sciences and related fields“ etabliert. 1973 wurde der neue Campus an seinem heutigen Standort eröffnet, 1993 das AIT Center in Hanoi als Ableger des AIT in Vietnam. In den 45 Jahren seiner Existenz hat das AIT einen zunehmenden Ausbau seiner Kapa-zitäten, Erweiterung um neue Fächer und stetig wachsende Studentenzahlen verzeichnen können. Eine weitere Tendenz vor allem der letzten Jahre ist ein Wandel in den räumlichen und institutionel-len Beziehungen des AIT. Während sich die Ent-wicklungsorganisationen der industrialisierten Länder, die die Finanzierung des AIT bis in die 1990er Jahre weitgehend getragen haben, allmäh-lich zurückziehen, wächst der Einfluss von Län-dern aus der unmittelbaren Region, vor allem der Einfluss Thailands. Heute versteht sich das AIT nicht als Bollwerk im Kampf der Kulturen, sondern als Integrationszent-rum für Länder Asiens im Zeitalter der Globalisie-rung und definiert sich selbst als eine „institution of higher learning“, deren Mission es ist „to deve-lop highly qualified and committed professionals who will play a leading role in the sustainable

  • 2 / 2 0 0 4 T H A I L A N DT H A I L A N DT H A I L A N DT H A I L A N D - R u n d s c h a u

    57

    development of the region and its integration into the global economy.“ Als „institution of higher learning“ bietet das AIT kein grundständiges Stu-dium an, sondern nur Abschlüsse auf der Ebene eines Masters oder Doktorgrades. Erst vor einem Jahr ist auch die Ausbildung von „Postdocs“ hin-zugekommen. Neben den fest etablierten Studien-gängen, die zu einem Abschluss mit „degree“ füh-ren, werden auch „short training courses“ durchgeführt, die eine Woche oder auch mehrere Wochen dauern können und auf die spezifischen Bedürfnisse der jeweiligen Interessenten ausge-richtet sind. Eine zunehmend wichtige Rolle spielt das sog. „capacity building“ für Universitäten in der Region, vor allem in den durch die Vietnam-kriege benachteiligten Ländern des ehemaligen Französisch-Indochina, durch Fortbildungspro-gramme für Dozenten und Beratung bei der Ent-wicklung von Lehrplänen. Ich selbst bin seit etwa einem Jahr im Rahmen des von der dänischen Ge-berorganisation Danida finanzierten USEPAM (University Support to Environmental Planning and Management in Lao PDR, Vietnam and Cam-bodia) Projekts damit beauftragt, die Lehr- und Forschungskapazität des Department of Environ-ment Sciences an der Royal University of Phnom Penh in Kambodscha zu verbessern. Dies ge-schieht im Rahmen von Lehrgängen für Dozenten, Beratung bei der Gestaltung von Lehrveranstaltun-gen und der Beschaffung von Lehrmaterial sowie durch technische Beratung bei der Durchführung eines auf zwei Jahre angesetzten angewandten Forschungsprojektes über Fischereiwirtschaft am Tonle Sap See. Im Rahmen dieses Projektes soll den Dozenten Anleitung und praktische Erfahrung bei der Konzeption von Forschungsprojekten, im Umgang mit Methoden, bei der Feldforschungen und bei der Auswertung von Daten vermitteln werden. Schliesslich und nicht zuletzt fungiert das AIT als Pool von Experten für regionale oder in-ternationale Forschungs- und Entwicklungsorgani-sationen. AIT-Dozenten wird von der Verwaltung ein beachtlicher Freiraum für die Annahme von Beratertätigkeiten für Organisationen wie z.B. Asian Development Bank, World Bank, FAO etc. gewährt. Das AIT besteht aus 4 Schools oder Fakultäten: School of Environment, Resources and Develop-ment (SERD), School of Civil Engineering, (SCE), School of Advanced Technology (SAT) und School of Management (SOM). Neben den 4 Schools gibt es AIT Extension, das für die Durch-führung von Trainingsprogrammen, die Vermitt-lung von Berateraufträgen und andere Dienstleis-tungen zuständig ist. Die Schools sind weiter untergliedert in sogenannte Fields of Study (FoS),

    die im Schnitt aus fünf Professoren (Assistant, Associate oder Full Professor) bestehen und von einem Field of Study Coordinator geleitet werden. Zur Zeit ist eine Umstrukturierung von 4 zu 3 Schools (Development, Technology, Management) und die Zusammenfassung von Fields of Study zu größeren Departments im Gespräch und heftig umstritten. An der Spitze des AIT steht der Board of Trustees, dem Vertreter von 25 Ländern angehören. Im Jahr 2000 wurde der ehemalige Premierminister von Thailand, Anand Panyarachun zum Chairman er-nannt und hält diese Position auch heute noch inne. Die Präsidenten des AIT kamen bis in die jüngste Vergangenheit aus Nordamerika. Diese Tradition wurde erstmals 1999 durch die Ernennung des derzeit amtierenden Präsidenten Prof. Jean-Louis Armand aus Frankreich gebrochen. Bis heute war es die Politik des AIT gewesen, Präsidenten nicht aus dem asiatischen Raum zu rekrutieren, um Ei-fersucht und Einflussnahme zu verhindern. Ob diese Politik im Zuge der wachsenden Veranke-rung des AIT in der Region beibehalten wird, wird sich zeigen, wenn die Amtszeit des gegenwärtigen Präsidenten im Dezember 2004 zu Ende geht. Die Suche nach einem Nachfolger ist bereits in vollem Gange. Das AIT legt grossen Wert auf seinen Charakter als internationale und multikulturelle Organisation. Zur Zeit (Januar-Semester 2004) sind 1708 Stu-denten aus 46 Ländern am AIT eingeschrieben und 177 Dozenten aus 29 Ländern auf dem Campus tätig. Dem regionalen Schwerpunkt entsprechend kommen die meisten von ihnen aus asiatischen Ländern, dem Standort entsprechend, die meisten von diesen wiederum aus Thailand (34.7 % der Studierenden, 26.6 % der Lehrkräfte). Das zweit-wichtigste Herkunftsland von Studierenden ist Vietnam (21.4 %). Weitere wichtige Herkunftslän-der sind Indien (5.8 %), Bangladesh (4.7 %), Nepal (3.8 %), China (3.2 %), Myanmar (3.2 %) und Kambodscha (3.0 %). Bei den nichtasiatischen Herkunftsländern steht Frankreich an der Spitze. Aus Deutschland waren 2004 nur 3 Studierende eingeschrieben. Der Länderanteil der Studierenden wird zu einem grossen Teil über die Vergabe von Stipendien gesteuert. Das Studium am AIT ist teuer: Die Kosten für einen Masters Degree (4 Semester) betragen an der School of Environment, Resources and Development 21,750 USD, die Kosten für einen Doktortitel (6 Semester) liegen bei 38,280 USD. Die wenigsten können das aus eigenen Mitteln aufbringen und sind daher auf Stipendien angewiesen. Das AIT selbst vergibt nur wenige volle Stipendien: pro Semester und Field of Study nur etwa drei bis vier, so dass die meisten

  • T H A I LT H A I LT H A I LT H A I L A N DA N DA N DA N D - R u n d s c h a u 2 / 2 0 0 4

    58

    Studierenden über auswärtige Stipendien finanziert werden müssen. Diese werden entweder von Part-nerländern oder von Partnerorganisationen zur Verfügung gestellt, wobei zunehmend Auflagen hinsichtlich der Nationalität oder des Geschlechts der Stipendienempfänger gemacht werden. Spit-zenreiter bei den Stipendiengebern ist Thailand (25.12 % für den Zeitraum 1998-2002), das seine Stipendien aber nur an thailändische Studierende vergeben lässt. Weitere wichtige Stipendiengeber sind Japan und die skandinavischen Länder. Die Geberorganisationen der skandinavischen Länder, vor allem Danida, Sida und Norad, machen seit neuestem zur Auflage, dass ihre Stipendien primär an Studierende aus Kambodscha, Laos und Viet-nam und dabei insbesondere an Frauen vergeben werden sollen. Der Anteil an Studierenden aus der Mekongregion wird daher mit der Neueinschrei-bung im August 2004 deutlich zunehmen. Auch Deutschland war mit einem Stipendienanteil von 6.1 % in der Spitzengruppe der Geberländer vertre-ten, hat aber im Jahr 2002 seine Unterstützung des AIT beendet. Das AIT ist nicht nur auf die Stipen-dienvergabe der Partnerländer und Partnerorgani-sationen angewiesen, sondern auch auf deren fi-nanzielle Beiträge zum Budget oder Unterstützung durch Sachmittel. Auch in dieser Hinsicht steht Thailand mit einem Geberanteil von 20.2.8 % im Jahr 2004 an der Spitze, gefolgt von Dänemark (16.7 %), Schweden (12.8 %), Frankreich (7.5 %), Kanada (6.4), Vietnam (6.3 %) und Japan (4.5 %), um nur die wichtigsten zu nennen. Ein wichtiger Trend ist der Rückzug der nichtasiatischen und internationalen Partnerländer und –organisationen und die wachsende Bedeutung von Ländern aus der unmittelbaren Region (z.B. Thailand, in zu-nehmendem Masse aber auch Vietnam). Von den im Jahr 2004 am AIT tätigen 177 Dozen-ten sind 120 „fest“ angestellt (es gibt am AIT kei-ne festen Stellen, sondern nur Zeitverträge von 2 bis 4 Jahren Dauer, die aber verlängert werden können), 57 sind über Kurzzeit- oder Teilzeitver-träge beschäftigt. Eine weitere Unterteilung ist die zwischen „direct hire“, d.h. direkt vom AIT ange-stellten und bezahlten Dozenten, und „seconded“, d.h. von Organisationen wie GTZ oder Danida entsandten Lehrkräften. Die meisten Dozenten (26.6 %) kommen aus Thailand und die Tendenz ist steigend. Zweitwichtigstes Herkunftsland von Dozenten ist Indien (14.10 %), gefolgt von den USA (7.3 %), Japan (6.2 %), Frankreich (4.5 %), Deutschland (3.9 %), und Finnland (3.9 %). Der relativ starke Anteil von Lehrkräften aus Japan und den nichtasiatischen Ländern wird sich mit Rück-zug der Geberorganisationen verringern, da die meisten von ihnen „seconded“ sind.

    Ein wichtiger Bestandteil des AIT sind seine A-lumni – auch dies ein Merkmal US-amerikanischer Universitäten, dessen Wert zunehmend auch in Deutschland erkannt wird. Zur Zeit sind 12730 Alumni aus 72 Ländern registriert. Die meisten stammen aus Thailand (26.2 %) und Vietnam (10.2 %); die anderen verteilen sich mit Anteilen von 0.1 bis 6.5. % auf die anderen Länder. Die Alumni sind in der AIT Alumni Association (AITAA) organisiert, die ein Büro auf dem Campus unterhält und zahlreiche Ableger in den Herkunftsländern der Studierenden hat. Sie unterstützt eingeschrie-bene Studenten z.B. durch finanzielle Hilfen für die Durchführung von Forschungsprojekten. Da viele AIT Alumni nach Abschluss ihres Studiums in ihren Heimatländern in führende Positionen aufsteigen, können sie eine wichtige Rolle bei der Fortführung von Forschungskooperationen, der Anwerbung neuer Studenten und vor allem beim „marketing“ des AIT spielen. Ich bin vor zwei Jahren als „direct hire“ einem Ruf auf die Stelle eines Associate Professor im Natural Resource Management Field of Study der School of Environment, Resources and Development ge-folgt, zunächst noch am Sicherungsseil einer Beur-laubung von meiner befristeten Stelle als Hoch-schuldozent, inzwischen aber abgenabelt und der Tätigkeit am AIT ohne weitere Rückversicherung in Deutschland verschrieben. Nach einer langjähri-gen Tätigkeit am Südasien-Institut der Universität Heidelberg und einem zweijährigen Forschungs-aufenthalt in Thailand als Feodor-Lynen-Stipendiat der Alexander von Humboldt-Stifting erschien der Wechsel ans AIT als ein beinahe folgerichtiger und organischer Übergang. Der in Deutschland für regional spezialisierte Wissenschaftler schwierige Arbeitsmarkt, aber auch Aspekte der Hochschulre-form haben meine Entscheidung, den Wechsel nach Asien zu vollziehen, zusätzlich befördert. Für einen an deutschen Universitaten ausgebilde-ten Hochschullehrer ist das Unterrichten nach US-amerikanischer Facon zunächst ungewohnt. Das System der „credits“, die uhrwerkhafte Wiederho-lung der Kurse von Semester zu Semester, die Betreuung von Abschlussarbeiten in „committees“, in denen nicht immer Eintracht herrscht, müssen erst gelernt und akzeptiert werden. Dabei kann auch Sehnsucht nach der an deutschen Universitä-ten (noch) größeren Gestaltungsfreiheit in der Leh-re aufkommen. Eine Herausforderung der besonde-ren Art ist das Unterrichten einer in mehr als nur einer Hinsicht heterogenen Studentenschaft. Die in einen Kurs eingeschriebenen Studierenden unter-scheiden sich durch ihre nationale Zugehörigkeit – in meinen Kursen sind Vertreter von durchschnitt-lich 15 verschiedenen Ländern versammelt –,

  • 2 / 2 0 0 4 T H A I L A N DT H A I L A N DT H A I L A N DT H A I L A N D - R u n d s c h a u

    59

    durch ihren Ausbildungshintergrund – taufrische Studienabgänger sitzen neben mitunter schon an-gegrauten Berufstätigen, die ihre Aufstiegschancen durch den in vielen Ländern hochangesehenen AIT-Abschluss verbessern wollen – und durch ihren Ausbildungsstand. Gerade der letzte Punkt bereitet den Dozenten besondere Schwierigkeiten. Man lernt bald, dass die besondere Herausforde-rung des Unterrichtens am AIT darin besteht, die vor allem in der Beherrschung des Englischen versierten Abgänger z.B. einer Universität in In-dien, Nepal oder Bangladesh nicht zu unterfordern und von Studierenden z.B. aus Kambodscha, das seine Bildungsstrukturen nach der beinahe voll-ständigen Ausrottung der Lehrer- und Hochschul-lehrerschaft durch die Roten Khmer erst wieder aufbauen muss, noch verstanden zu werden. Die Heterogenität hinsichtlich des kulturellen und be-ruflichen Hintergrundes gehört dagegen zu den besonders stimulierenden Aspekten der Arbeit am AIT. Viele der am AIT Studierenden verfügen über reiche Lebens- und Berufserfahrung, von der nicht nur die Hochschullehrer, sondern auch die Mitstudierenden lernen können. Den Austausch zwischen den Studierenden über Ländergrenzen und kulturelle Schranken hinweg anzuregen und zu moderieren, gehört zu den ganz speziellen Chan-cen und ich möchte auch sagen Freuden einer Lehrtätigkeit am AIT. Für den Asienexperten kommt hinzu, dass man in wenigen Jahren durch den intensiven Kontakt mit Studierenden aus ver-schiedenen Ländern Asiens den eigenen Horizont erweitern und ein weitgespanntes Netzwerk von Beziehungen aufbauen kann. Außerdem kann man

    sich mit einer gewissen Berechtigung dem Gefühl hingeben, durch die Lehrtätigkeit in der Region Spuren zu hinterlassen. Das Problem des Brain Drain stellt sich am AIT in nur geringem Umfang, da die meisten Studienabgänger in ihre Heimatlän-der und zum Teil auch in ihre Arbeitsbereiche zurückkehren und dort die am AIT gelernten Inhal-te und Arbeitsverfahren umsetzen können. Schließ-lich möchte ich auch die Vorteile nennen, die der Standort für die Forschung bringt und die starke Beanspruchung durch die Lehrtätigkeit zumindest zu einem Teil wieder ausgleicht: die kurzen Wege zu den Arbeitsgebieten und der ständige Kontakt zu Fachleuten aus der Region. Nicht zuletzt und ganz persönlich will ich die Inspiration durch das Leben in einer wahlverwandten Kultur auf der Gewinnseite einer Tätigkeit am AIT in Thailand vermerken. Für die weitere Entwicklung des AIT wünsche ich mir, dass es seinen internationalen Charakter trotz der zunehmenden Verankerung in der Region und in Thailand bewahren kann, d.h. dass es sich in die Lage versetzt, Lehrkräfte aus dem nichtasiatischen Raum nicht nur per Secondment zugewiesen zu bekommen, sondern durch die Schaffung von att-raktiven Angeboten selbst anlocken zu können. So sollte es in der Lage sein, in der Zukunft nicht nur die Funktion eines „hub“ oder Integrations- und Wachstumzentrums für die Region, sondern auch eines Integrationszentrums für Asien und die ande-ren Kontinente zu übernehmen.

    Prof. Dr. Dietrich Schmidt-Vogt ist Associate Professor im „Natural Resource Management Field of Study” der „School of Environment, Resources and Development” am „Asian Institute of Technology” (AIT) in Bangkok. Das AIT im Internet: http://www.ait.ac.th/

  • T H A I LT H A I LT H A I LT H A I L A N DA N DA N DA N D - R u n d s c h a u 2 / 2 0 0 4

    60

    Eine Thai erhält den „Kinder-Nobelpreis 2004“

    Arnd D. Kumerloeve

    Basierend auf einem Abstimmungsverfahren, an dem u.a. auch Kinder beteiligt sind, verleiht die ‚Schwedische Weltkinderorganisation’ in jedem Jahr einen „Kinder-Nobelpreis“, der mit 250.000 schwedischen Kronen dotiert ist. Im laufenden Jahre 2004 wurde dieser Preis an Khun Prateep Ungsongtham aus Bangkok verliehen und das ver-dient Beachtung. Denn damit wird eine Frau ausgezeichnet, die sich – aus ganz armen Verhältnissen kommend - unge-mein zielstrebig eine eigene Schulbildung buch-stäblich „erarbeitet“ hat und die dabei gesammel-ten Erfahrungen anschließend zur Grundlage eines eigenen Schulprojekts für die Ärmsten der Armen in den Slums am Stadtrand von Bangkok gemacht hat. In vielen Fällen verhalf sie Waisenkindern zu einer eigenen Identität (Name, staatliche Registrie-rung, Geburtsurkunde etc.), medizinischer Hilfe, Schulspeisungen etc. Sie sammelte überall Geld,

    sorgte für anschließende berufliche Möglichkeiten und kämpfte gegen Drogen und gegen die Versu-chungen des leichten Geldes durch Prostitution. Aus ganz einfachen Anfängen – zuerst im Konflikt mit und misstrauisch beäugt von den lokalen Be-hörden - ist inzwischen eine vollwertige Schule geworden, die nunmehr mit Lehrkräften, Lehr-Materialien und den Bau von Klassenräumen auch durch die staatlichen Organe unterstützt wird und umfassende Anerkennung gefunden hat. Der Autor dieser kleinen Notiz hat das zum Teil mit verfol-gen können. Es ist eine große Genugtuung, dass diese Anerken-nung nun auch auf internationaler Ebene zum Tra-gen kommt und damit eine Frau aus Bangkok ehrt, die ein Beispiel tätiger Hilfe, Mut und Zivilcoura-ge gegeben hat und weiterhin gibt.

    Gewalttätige Konflikte in Südthailand. Wo liegen die Ursachen?

    Alexander Horstmann

    Kriegsrecht in Südthailand In Südthailand herrscht seit Januar 2004 nach Brandstiftung in 20 öffentlichen Schulen und An-schlägen auf Polizei und Armeebasen in den drei malaiischsprachigen Grenzprovinzen Pattani, Yala und Narathiwat Kriegsrecht, das den einmarschier-ten Spezialeinheiten aus Militär und Polizei Verhö-re außerhalb jeglicher zivilrechtlicher Kontrolle ermöglicht. In den thaisprachigen Medien in Bangkok wird das Publikum mit scharfer Propa-ganda in Bild-Sprechblasen gegen die malaiisch-sprachigen Muslime in Pattani aufgeheizt: Schnell entsteht ein Bild, in dem radikale Muslime un-schuldige Lehrer, Polizisten, Krankenschwestern oder Mönche regelrecht abschlachten. Über 60 Menschen seien dem Terror seit Januar 2004 zum Opfer gefallen. Maskierte Einheiten üben gezielte Terroranschläge auf Repräsentanten staatlicher

    Einrichtungen aus und ziehen sich wieder zurück. Der Premierminister reagiert mit harter Hand. Für jeden Toten, so Thaksin Shinawatra werde es auf der Seite der Angreifer Tote geben.

    Sicherheitsvorschriften und Drogen-krieg Der frühere Premier und einflußreiche Politiker der oppositionellen Demokratischen Partei, Chuan Leekpai, kritisierte Thaksin für seine Konfrontati-onspolitik im Süden Thailands. Der Terrorwelle vorausgegangen ist eine Welle von staatlicher Ge-walt. In Verbindung mit dem amerikanischen so-genannten Krieg gegen den Terror sind in Südthai-land strenge Sicherheitsvorschriften eingeführt worden, die Überwachung traditioneller islami-scher Gelehrter und die Präsenz stark bewaffneter Polizeioffiziere in islamischen Schulen vorsehen.

  • 2 / 2 0 0 4 T H A I L A N DT H A I L A N DT H A I L A N DT H A I L A N D - R u n d s c h a u

    61

    Im Fernsehen wiederholt Thaksin Shinawatra, dass ausgewählte islamischen Schulen (Pondoks) eine Brutstätte für islamistische und radikalisierte Ter-roristen seien, eine Tatsache, die von Regierung nicht geduldet würde. Auf der Seite der Muslime werden Erinnerungen an die dunkle Zeit wachge-rufen, in der Thailand die malaiischsprachigen Muslime zwingen wollte, auf die Koranschulen zu verzichten. Die Ermordung von mindestens zwei islamischen Führern vor den Anschlägen hat die Lage weiter verschärft. Den Anschlägen vorausgegangen war der von Thaksin Shinawatra ausgerufene Drogenkrieg. Auf Drängen hoher Politiker erstellten die Provinzgou-verneure in ihren Hoheitsgebieten schwarze Listen krimineller Elemente und Drogendealers. Die Zei-tung The Nation berichtet in einem mutigen Arti-kel, dass insgesamt mehr als 4000 Menschen in allen Provinzen von Sicherheitskräften in Zivil-kleidung oder von hohen Drogenbaronen hinge-richtet wurden. Die Totschläge wurden nie aufge-klärt. Eine Studentin in Takbai, Maren Schoenfelder, hat die Erstellung von schwarzen Listen beobachtet und nahm an der Beerdigung von Bauern teil, die ein großes Loch im Kopf hat-ten. In Narathiwat wurde die schwarze Liste auch dazu benutzt, alte Rechnungen zu begleichen und unliebsame Elemente aus dem Weg zu räumen. Es ist deshalb ungeklärt, ob nicht Elemente aus ein-flussreichen Kreisen, Politiker der Thai Rak Thai Partei, Militärs und Polizisten, die im Zuge der politischen Reformen Macht abgeben mussten bzw. ins Kreuzfeuer des Drogenkrieges kamen, nicht an den Anschlägen beteiligt sind.

    Folgen der Politik der harten Hand Es ist deshalb missverständlich, dass die Anschlä-ge allein Muslimen zugeschrieben werden und die Terrorwelle als Religionskrieg abgebildet wird. Die Verweise auf radikale Religionsführer, Netz-werke der Jemaah Islamiah, Pulo (Patani United Liberation Front), neue Pulo oder Barisan Revolusi National und Al Quaeda bedürfen des Beweises. Thaksin Shinawatra entsendete zusätzliche Trup-pen mit der Forderung, die Schuldigen in der Frist einer Woche zu finden. Die Frist lief ohne Verhaf-tungen aus. In den Dörfern herrscht ein Klima der Furcht, da die Militärs mit harter Hand durchgreifen, jede Person verschleppen und zum Verhör bringen, ohne der Öffentlichkeit Rechenschaft ablegen zu müssen. Die islamische Initiative „Muslims For Peace“ berichtet von Entführungen, Folterspuren und Leichen im Fluss. Die Politik der harten Hand hat die aktuellen Konflikte eskaliert, anstatt sie zu

    entschärfen. Die Entführung des muslimischen Rechtsanwalts Somchai Neelahphajit, Vorsitzender der Assoziation für muslimische Rechtsanwälte Thailands, durch Spezialkräfte der Polizei hat zu Empörung und Wut der muslimischen Bevölke-rung geführt. Somchai, 52 Jahre alt, wurde zuletzt in seinem Haus in Thonburi gesehen, dass er am Freitag Abend verließ. Er vertrat muslimische Klienten, die beschuldigt wurden, die Brände in den Schulen gelegt zu haben, an der Jemaah Isla-miah beteiligt zu sein oder für Autobombenan-schläge verantwortlich zu sein. Viele der Klienten wurden wegen fehlender Beweise freigesprochen. Somchai nahm von armen Klienten keinen Lohn. Er engagierte sich für die Menschenrechte der Bauern in den malaiischsprachigen Grenzprovin-zen und sammelte 25000 Stimmen für ein Volks-begehren für die Aufhebung des Kriegsrechts. Somchai selbst wurde nun Opfer der Repression.

    Exklusion lokaler Kompetenz Die Regierung ignorierte vollständig die lokalen Kompetenzen von Akademikern, Aktivisten, den Nicht-Regierungs-Organisationen (NRO’s) und sämtlichen zivilgesellschaftlichen Kräften. Die NRO’s haben sich im Laufe der letzten Dekade eine Kompetenz lokaler Konfliktlösung erarbeitet, die Bauern in sozialen Netzwerken organisiert sowie versucht, die Bauern vor dem Raubbau an natürlichen Ressourcen zu schützen. Die Bericht-erstattung in Bangkok spiegelte das Wissensdefizit des Zentrums. Ignoriert wurde auch der inter-religiöse Dialog, der sich in zahlreichen städtischen Zentren (Songkla, Patthalung, Pattani, Nakhon Si Thammarat) her-ausgebildet hat und um den sich Lehrer, Staatsbe-amte und Religionsführer bemüht haben. Zivilge-sellschaftliche Bündnisse dieses Dialogs warnen vor der zunehmenden Politisierung von Religion in Südthailand. Sie fördern durch persönliche Freund-schaften eine Atmosphäre der Toleranz über kon-fessionelle Grenzen hinweg.

    Ignoranz gegenüber lokalem Wissen Die Regierung verhielt sich auch blind gegenüber einer langen Tradition der inter-konfessionellen Koexistenz in den Dörfern. Sie griff in keiner Wei-se auf das lokale Wissen der Bauern zurück, die schon seit der Ayutthaya-Zeit nachbarschaftlich zusammenleben. In zahlreichen Dörfern gibt es Heirat zwischen Buddhisten und Muslimen, Ritua-le mit gemischten religiösen Elementen, und Kon-versionen in beide Richtungen; die Bauern fischen gemeinsam und zeigen ihr Interesse an den Festen des Anderen durch Gaben. Bauern in Patthalung,

  • T H A I LT H A I LT H A I LT H A I L A N DA N DA N DA N D - R u n d s c h a u 2 / 2 0 0 4

    62

    Trang und Satun führen Rituale für ihre Vorfahren aus, deren Konfession sie nicht unterscheiden. In Patthalung führen Mönch und Imam diese Rituale gemeinsam aus. Es wäre notwendig, dieses gebün-delte lokale Wissen für eine indigene Strategie der Konfliktlösung zu nutzen, die nicht von außen kommt. Die Politik der harten Hand führt zum Aufbau und zur Revitalisierung neuer Feinbilder und zu neuer Gewalt. Das Kriegsrecht führt zur Verschleierung von Interessenkonflikten unter der Legitimation des staatlichen Gewaltmonopols. Die Intervention des Zentrums ist teuer, uneffektiv und erfolglos.

    Neue Wege der friedlichen Konfliktlö-sung? Die Regierung von Thaksin Shinawatra scheint langsam ihre Fehler einzusehen. Vorgesehen ist eine weitläufige Amnestie für eingesperrte Musli-me, die für Landesverrat verurteilt wurden. Die Amnestie würde bis zu 10000 Muslime betreffen.

    Der stellvertretene Premierminister, Chaturon Chaisang, gesteht ein, dass es nicht genüge nach den Schuldigen zu suchen. Erst wenn die Beamten mit leeren Händen und nicht mit Waffen in die Dörfer kämen, würden sie die Kooperation der lokalen Bevölkerung erhalten. Auch würde die Regierung ihren Marshallplan für Südthailand überdenken, da er ohne die Beratung mit lokalen Experten erstellt worden wäre. Die Regierung würde auch nicht mehr an dem Plan festhalten, die doppelte Staatsangehörigkeit an der thai-malaysischen Grenze zu verfolgen. Kommt jetzt endlich Vernunft in die Krisenpolitik der Regie-rung Thaksin Shinawatra? Vor dem Versagen der Politik der harten Hand wäre eine Neuorientierung unter Beteiligung der zivilgesellschaftlichen Kräfte und des lokalen Wissens dringend geboten, um weiteres Blutvergießen zu verhindern.

    Dr. Alexander Horstmann lebt in Bielefeld und ist Vorsitzender der Südostasien-Infostelle im Asienhaus.

    Corrigendum Im Beitrag von Prof. Vorlaufer in TR-Heft 3/2003 trug die Karte 2 (S. 102) leider eine falsche Überschrift. Die richtige lautet: „Die Nationalparks Thailands und ihre Besucherzahlen 1999“. Wir bitten das Versehen zu entschuldigen.

  • 3 / 2 0 0 3 T H A I L A N DT H A I L A N DT H A I L A N DT H A I L A N D - R u n d s c h a u

    63

    Thailand – fern von Thailand (1)

    Wolf Donner

    Mit einer Direktmaschine ist man nach ein paar Stunden Flug morgens um neun Uhr in Santa Cruz auf der Kanaren-Insel Teneriffa, wo das Kreuzfahrtschiff wartet. Indessen – wir können erst am Nachmittag an Bord gehen. Was tun in der Zwischenzeit? Der Veranstalter lässt sich nicht lumpen und spendiert uns einen Besuch des »Loro-Park« in der Nähe von Puerto de la Cruz an der Nordküste der Insel. Wir ahnen nicht, dass wir hier „Thailand fern von Thailand“ erleben werden. Das 1994 ursprünglich als Papageienpark angelegte Naturreservat hat sich auf über 135.000 m² zu einem wah-ren Tierparadies entwickelt, wo man nahezu alles von Affen und Alligatoren über Pinguine und Schildkröten bis zu Seelöwen in einer artgemäß gestalteten Umgebung bewundern kann. Konsterniert steht man vor dem Eingang, der in Form eines Thaidorfes gestaltet ist. Es soll mit seinen sechs Gebäuden die größte thailändische Konstruktion außerhalb Thailands sein. Schon wenn man durch das prachtvolle Thaihaus am Haupteingang tritt, wird man in die exotische Welt der Tiere und Pflanzen unserer Erde entführt. Wie aber kam es zu dem „Thaidorf“? 1913 besuchte der Prinz von Siam, genauer S.K.H. Prince Mahidol of Songhla (1892-1929), Vater des heuti-gen Königs von Thailand, Bhumibol Adulyadej, Teneriffa. In seinem Tagebuch skizzierte er die schönsten Landschaften der Insel. Die Büste am Eingang symbolisiert die engen Bande zwischen Thailand, Teneriffa und dem »Loro Park«, denn fast 80 Jahre später weihte die 1920 geborene Tochter Mahidols, I.K.H. Prinzes-sin Galyani Vadhana, Schwester des jetzigen Königs. das Thaidorf im Park ein. Voller Begeisterung berichte-te sie darüber dem Königshaus, sodass Königin Sirikit im Jahre 1996 mit großem Gefolge den Spuren ihres Schwiegervaters folgte, um dieses Kleinod kennen zu lernen. Alle Teile des Dorfes sind aus Holz gefertigt und die Dachgiebel und -firste mit 24-karätigem Blattgold deko-riert. Die Dachziegel und alle anderen Elemente wurden von Handwerkern in Thailand hergestellt und von Spezialisten aus Thailand hier an Ort und Stelle zu sechs imposanten Gebäuden zusammengebaut. Eine Ge-denknische erinnert an die guten Beziehungen zum thailändischen Königshaus.

  • T H A I LT H A I LT H A I LT H A I L A N DA N DA N DA N D - R u n d s c h a u 2 / 2 0 0 4

    64

    Mit Chitosan zu neuen Ufern Die Firma Heppe entwickelt ein Modell zur ökologischen

    Shrimp-Produktion in Thailand Weltweit hat der Konsum von Shrimps erheblich zugenommen. Für die kommenden zehn Jahre wird gar mit einer Verdoppelung der Produktion ge-rechnet. Für viele Entwicklungsländer erschließen sich dadurch neue Einkommensquellen. Die lnten-sivzucht verursacht durch den Einsatz von Antibio-tika, Pestiziden und Desinfektionsmitteln jedoch erhebliche ökologische Probleme. Negative öko-nomische Folgen ergeben sich zudem, wenn Rück-stände davon in den Shrimps festgestellt werden und dies etwa zu EU-lmportverboten führt. An diesem Punkt setzt die PPP-Maßnahme der Firma Heppe Biotechnologische Systeme und Ma-terialien in Halle-Queis mit der Stiftung für wirt-schaftliche Entwicklung und berufliche Oualifizie-rung (SEQUA) an. Die Aufmerksamkeit gilt dabei allerdings nicht den Shrimps, sondern deren Scha-len. Denn die enthalten Chitin, und daraus produ-ziert die Firma Chitosan, ein Naturprodukt für unterschiedlichste Anwendungen. Gemeinsam mit dem Joint-Venture-Partner EBASE im thailändi-schen Kungkraben wird modellhaft ein umweltver-

    trägliches Aufzuchtverfahren für Shrimps entwi-ckelt. Im Mittelpunkt stehen die Erhöhung der Wasserqualität durch den Einsatz von Chitosan und Ozon sowie ein kontrolliertes Schlamm-Management. Dadurch verbessert sich der Ge-sundheitszustand der Shrimps. Antibiotika und Pestizide sind nicht mehr erforderlich. Nach ungefähr zwei Jahren Betriebszeit erweist sich die neue Methode als äußerst erfolgreich. Das thailändische Department of Fishery hat dafür kürzlich ein Zertifikat zur antibiotika- und pesti-zidfreien Shrimpsaufzucht erteilt.

    Die Vorteile • Umweltfreundliche Aufzuchtverfahren • Langfristige Einkommenssicherung • Bessere internationale Vertriebsmöglichkeiten

    Quelle: »PPPreport«, 12/April 2004.

  • 3 / 2 0 0 3 T H A I L A N DT H A I L A N DT H A I L A N DT H A I L A N D - R u n d s c h a u

    65

    König Chulalongkorn in Europa

    Arnd D. Kumerloeve

    Vor einigen Wochen – Mitte Juni – trafen sich in Köln der Präsident der DTG, Karl Weber und Vor-standsmitglied Dr. Kumerloeve mit Professor Dr. Pornsan Watananguhn, die als Hochschullehrerin an der Deutschen Abteilung des ‘Department of Western Languages’ der Faculty of Arts der Chu-lalongkorn University tätig ist. Zugleich ist sie in den letzten sechs Jahren im ‘Centre for European Studies’ an der Chulalongkorn University als ‚De-puty Director for Publication and Educational Af-fairs’ tätig. Bei dem genannten Treffen erfolgte zum einen ein umfassender Gedankenaustausch über die Thai-Deutschen bilateralen Beziehungen und stellte Khun Pornsan zum anderen eine For-schungsarbeit ausführlich vor, die 2003 in einer prächtigen Buchausgabe unter ihrer Herausgeber-schaft in Bangkok erschienen ist und die in allen Einzelheiten über die erste Europareise des Königs Chulalongkorn im Jahre 1897 berichtet. Politisch gesehen war diese Reise von ganz beson-derer Bedeutung für die Fortdauer der Selbstän-digkeit Siams in der Epoche der europäischen Ko-lonialpolitik und wurde auch von europäischer Seite als ein Zeichen für das Ansehen des Königs im Lande und für die Stärke seiner Regierung ge-wertet. Durchaus vergleichbar mit den Reisen Zar Peter des Großen Ende des 17. Jahrhunderts (wenn auch nicht wie jener teilweise inkognito) wollte König Chulalongkorn dadurch seine Kenntnisse auf allen Gebieten erweitern und neue Blickwinkel und Kontakte im Bereich der Politik, Wissen-schaft/Bildung, Wirtschaft/Handel und Kultur gewinnen. Ferner beabsichtigte der König mit diesen Reisen eine Festigung der diplomatischen Beziehungen und eine Bereinigung von Konflikten mit den verschiedenen europäischen Mächten, die zu jener Zeit gerade dabei waren, ihre Stellung in Süd- und Südostasien auszuweiten und abzuste-cken, um sich neue Einflußzonen zu erschließen. Die Kontakte und Besuche des Königs mit und an zahlreichen europäischen Höfen und Regierungen wurden durch den König selbst in einem beachtli-chen Briefwechsel reflektierend beleuchtet, inter-pretiert, eingeordnet und bewertet. Ergänzt durch eine Fülle von Dokumenten, Telegrammen, Proto-kollen, Photos etc. ergab sich so für das ‘Centre for European Studies’ an der Chulalongkorn Universi-ty vor einiger Zeit die Gelegenheit, jene Unterla-gen über die Europareise von 1897 in einer Reihe von Übersetzungen vorzulegen. Darüber hinaus

    wurde mit dieser Veröffentlichung auch des 150. Geburtstages König Chulalongkorns gedacht und die UNESCO-Auszeichnung des Königs zu einer der weltweit bedeutenden Persönlichkeiten für Erziehung, Kultur, Sozialwissenschaften, Anthro-pologie und Gesellschaftsentwicklung gewürdigt. Nicht zuletzt waren die Bände ein Geschenk für Kronprinzessin Maha Chakri Sirindhorn zu deren 48. Geburtstag, den sie im Jahre 2003 feiern konn-te. Die g


Recommended