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UNIVERSIDADE FEDERAL DO PARANÁ
RAFAEL BRASIL POMPEO
Abtönungspartikeln: Ein Leitfaden für brasilianische DaF-Lehrende bzw. Studierende zu den Herausforderungen und Schwierigkeiten beim
Unterrichten einer solchen Wortklasse
CURITIBA
2008
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UNIVERSIDADE FEDERAL DO PARANÁ
RAFAEL BRASIL POMPEO
TITEL
CURITIBA
2008
Monografia apresentada à disciplina Orientação Monográfica II como requisito parcial à conclusão do Curso de Letras e Alemão, Setor Ciências Humanas Letras e Artes da Universidade Federal do Paraná.
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DANKSAGUNG
Die Schaffung dieser Arbeit wäre nicht möglich gewesen ohne die Hilfe und Unterstützung
lieber Leute, welche im Laufe dieses Prozesses an meiner Seite standen. Erstens möchte
ich mich bei meinen Professoren bedanken, deren Worte und Ratschläge mir immer
geholfen haben, diese Arbeit in den Griff zu bekommen. Ich danke den Dozenten Udo
Siemens sowie auch Paulo Astor Soethe, Ramona Bitter-Karas, Carmen Schier und Katja
Reineke. Zweitens danke ich meinen Kommilitoninnen Anneke Wagner und Maria Nicolai.
Wir arbeiteten 2007 während meines Aufenthalts in Leipzig an einem Projekt zu Partikeln.
Nicht zuletzt wäre mir diese Arbeit ohne die Ermunterung und Interesse von lieben Freunden
nicht so reizvoll erschienen. Also vielen Dank Nastasia Hase, Frank Winkelmann, Alex
Marusch, Eva Schneider, Helmut Hörer, Daniel Schumacher, Judith Pichler, Harry Born,
Astrid Richter und Ruhila Zahin. Und am meisten danke ich meiner Mutter, welche mich auch
in schwierigen Zeiten mit ihrer Liebe unterstützte. Danke Tania Maria Pinto Pompeo.
Ich wollte hier auch hervorheben, dass ohne das Stipendium, das ich von Capes bekam, ich
diese Arbeit nicht umfassend hätte machen können. Vielen Dank Capes, UFPR und
Universität Leipzig. Solche Projekte dienen dazu, eine Zusammenarbeit zwischen zwei
Kulturen zu ermöglichen. Das ist wohl die beste Chance, die man heutzutage in seiner
Ausbildung bekommen kann.
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RESUMÈ
AUF DER SUCHE NACH EINER ANTWORT AUF FRAGEN VON DAF-STUDERENDEN
BZW. LEHRENDEN WURDE ALS THEMA DIESER ARBEIT DIE WORTKLASSE
ABTÖNUNGSPARTIKEL GEWÄHLT. DIESE KLASSE ERWEIST SICH BEIM
SPRACHERWERB ALS BESONDERS SCHWIERIG (BEI IHREM ERWERB), DENN IHRE
BEDEUTUNG LIEGT AUF EINER PRAGMATISCHEN EBENE, AUF DIE IM NORMALEN
FREMDSPRACHENUNTERRICH WENIG RÜCKSICHT GENOMMEN WIRD. DIESE
ARBEIT VERSUCHT, DEN INTERESSIERTEN LESERN EINEN WEG ZUM VERSTÄNDNIS
DIESER WORTKLASSE ZU ERMÖGLICHEN. DURCH ETLICHE THESEN
UNTERSCHIEDLICHER AUTOREN WIRD IN DIESER ARBEIT EIN ÜBERBLICK ÜBER
DAS LERNEN UND (DAS) LEHREN VON ABTÖNUNGSPARIKELN FÜR BRASILIANISCHE
DAF-LEHRER GEGEBEN.
[JK1] Comentário: wurde...gewählt
[JK2] Comentário: ohne Bindestrich
[JK3] Comentário: ohne “e”
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ABSTRACT (Ich glaube daβ hier der Text muβ auf Portugiesisch sein)
O TEMA ESCOLHIDO PARA ESTA MONOGRAFIA, ABTÖNUNGSPARTIKELN NA LÍNGUA
ALEMÃ, É O RESULATADO DA BUSCA A UMA RESPOSTA À PERGUNTAS DE
PROFESSORES E ESTUDANTES UNIVERSITÁRIOS DE ALEMÃO. ESTA CLASSE DE
PALAVRAS É PARTICULARMENTE COMPLICADA DE SE ASSIMILAR. ISSO SE DEVE
AO FATO DE ESTA CLASSE ESTAR EMPREGNADA DE SIGNIFICADO PRAGMÁTICO,
ENQUANTO QUE O ENSINO DE LÍNGUA ESTRANGEIRA MODERNA SE CONCENTRA
PRINCIPALMENTE NO ASPEKTO SEMÂNTICO DA LÍNGUA: O OBJETIVO DESTE
TRABALHO É O DE POSSIBILITAR AO PROFESSOR DE ALEMÃO UM MANEJO
MELHOR COM O ENSINO DESTAS PALAVRAS. E ISTO SERÁ MOSTRADO ATRAVÉS
DE TESES DE AUTORES DIFERENTES SOBRE ESTE TEMA.
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INHALTSVERZEICHNIS
1 EINFÜHRUNG..........................................................................................
1.1 GRUNDLAGE UND VORGEHENSWEISE………………………………
1.2 STRUKTURIERUNG DER EINZELNLEN AUTOREN…..……………...
2 STRUKTURIERUNG DES WISSENS ZU PARTIKELN………………….
2.1 SYNTAKTISCHE BEHANDLUNG DES THEMAS NACH HELBIG
UND WEYDT………………………………………………………………..
2.2 PARTIKELN: FUNKTIONEN UND GEBRAUCH NACH WEYDT……...
2.3 PARTIKELN PARAPHRASIERUNG UND IHRE
BESTIMMUNGSSCHWIERIGKEITEN NACH BURKHARDT………….
2.3.1 These: Das Verhältnis von „auch“ und „também“..............................
2.4 PARTIKELWÖRTERBUCH FÜR AUSLÄNDER NACH ERHAN ÖZEN
2.5 DIE PARTIKEL ‚MAL NACH BUBLITZ UND HELBIG…………………..
2.5.1 ‚mal‘ in Mustern mit Anderen Partikeln und Verben und ihre
Verhältnis mit Höflichkeit…………………………………………………
2.5.2 Wir wirkt man sich höflich aus?..........................................................
2.5.3 Die Partikel „mal“ und ihre Bedeutung………………………………….
2.5.4 ANDERE ABTÖNUNGSPARTIKELN + MAL………………………….
2.5.4.1 ja + mal…………………………………………………………………..
2.5.4.2 doch + mal in imperativen Sprechakten……………………………...
2.5.4.3 schon + mal……………………………………………………………..
2.5.4.4 eben/halt + mal………………………………………………………….
2.5.4.5 nun + mal………………………………………………………………..
2.5.4.6 kurz + mal………………………………………………… …………….
2.5.4.7 mal + wieder…………………………………………………………….
2.5.5 DAS VERHÄLTNIS PARTIKEL UND HÖFLICHKEIT...………………
2.5.5.1 Wie entsteht „mal“ im Gespräch……………………………………..
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2.5.5.2 Semantische und Syntaktische Betrachtung………………………..
2.5.5.3 Fazit………………………………………………………………………
2.6 PARTIKELFORSCHUNG IM PORTUGIESISCHEN SPRACHRUM
NACH ANTONIO FRANCO………………………………………………..
2.6.2 DER BEITRAG DES BRASILIANERS SADI ALI................................
2.6.3. Fazit………………………………………………………………………..
2.7 DER BEITRAG DES BRASILIANERS SADI ALI...................................
2.8 TABELLE ZU ABTÖNUNGSPARTIKELN DEUTSCH UND
BRASILIANISCHES PORTUGIESISCH………………………………….
3 SCHLUSSFOLGERUNG........................................................................
3.1 Fazit und Bemerkungen........................................................................
3.2 Anwendungsvorschläge........................................................................
BIBLIOGRAPHIE........................................................................................
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1 EINFÜHRUNG
1.1 GRUNDLAGE UND VORGEHENSWEISE
Im Laufe meines Studiums der Germanistik, Hauptfach Linguistik, gab es immer
Aspekte der deutschen Sprache, die in mir besonderes Interesse erweckten. Der
Hauptaspekt war die gesprochene Sprache und was damit einherging. Als ich vor
zwei Jahren ein Abschlussarbeitsprojekt planen musste, neigte ich zu einem
Thema, mit welchem ich mich während meiner Universitätszeit noch nicht
auseinandergesetzt hatte. Es war nicht einfach, mir ein reizvolles Thema zu
wählen, denn es gab mehrere Aspekte der Sprache, mit denen ich mich noch
nicht intensiv beschäftigt hatte. Es gab jedoch eine Wortklasse, mit der meine
Professoren, Kollegen und Kommilitonen eine gewisse Schwierigkeit hatten, sie
ihren Lernenden beizubringen, und zwar die Abtönungspartikeln1. Im Laufe
meiner Forschung bin ich diesem Problem auf den Grund gegangen. Es gibt
einen Mangel an didaktischen Materialien inner- und außerhalb Brasiliens, die
sich mit Partikeln tiefgründig beschäftigen. Damals wusste ich das jedoch nicht
und entschied mich für dieses Thema, als ich mich um ein Austauschsemester
nach Leipzig erfolgreich beworben habe.
Als ich wusste, dass Partikeln der Fokus meiner Abschlussarbeit sein würde,
richtete ich meine Aufmerksamkeit auf das Ziel dieses Projekts, nämlich die Frage
nach dem Umgang mit Partikeln im DaF-Unterricht. Also ist es mein Vorhaben,
den brasilianischen DaF-Lehrern einen Überblick über diese Wortklasse zu
bieten, um ihnen einen guten und sicheren Umgang mit diesem Thema zu
ermöglichen.
In Leipzig befasste ich mich intensiv mit der Forschung an solchen Wörtern.
Bücher, die sich hauptsächlich mit Partikeln in Bezug auf das Beibringen solcher
Wörter beschäftigen, waren nur in der Nationalbibliothek von Leipzig zu finden 1 Abtönungspartikeln ist der Begriff, den von mehreren Grammatikern benutz wird. In verschiedenen Büchern kann man auch Modalpartikeln und Gesprächspartikeln finden. In dieser Arbeit wird der Begriff Partikeln bevorzugt
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und waren nur unter Vormerkung erhältlich, welche bis hin zu zwei Monaten
dauern könnte. Es gibt zwar ein paar Bücher, die Monographien und Thesen
verschiedener Sprachwissenschaftler aus aller Welt zusammenstellen, doch nur
wenige Bücher sind ausschließlich auf die Lehre von Partikeln ausgerichtet. Die
Vielfalt an Autoren entspricht der an Themen und Blickwinkeln. Ich habe die
Forschungen, die ich für meinen Gegenstand, Partikeln im DaF Unterrichten, als
relevant erachtete, für meine Arbeit gewählt.
1.2 STRUKTUR DER ARBEIT NACH DEN AUSGEWÄHLTEN AUTOREN
In den von mir ausgewählten Monographien werden Partikeln aus verschiedenen
linguistischen Blickwinkeln behandelt. Um eine sinnvolle Reihenfolge der Autoren
und ihrer Thesen wiedergeben zu können, begann ich mit der Untersuchung der
Schwierigkeit, Partikeln von anderen Wortklassen abzugrenzen. Im zweiten Teil
dieser Arbeit wird anhand eines Beitrags von Harald Weydt, Partikelfunktionen
und Gestalterkennen, über den Unterschied zwischen Partikel und anderen
Wortklassen gesprochen. In seiner Monographie erklärt Weydt, dass die
Hauptschwierigkeit darin liegt, dass Partikeln semantisch nicht zu erfassen sind.
Er weist auch darauf hin, wie Partikeln mit der Intention und Einstellung des
Sprechers eines Sprechakts verbunden sind.
Beim Versuch, diese These eindeutiger zu machen, machte ich Gebrauch von
einem Beitrag von Armin Burkhardt. In seiner Arbeit richtet der Autor das
Augenmerk des Lesers darauf, wie auch durch einen Fragebogen eine
Einstimmigkeit von Partikeln unter den Sprechern, Muttersprachlern, nicht zu
erwarten ist. Am Ende seiner These kommt er zum Ergebnis, dass die
pragmatische Bedeutung von Partikeln nicht bestimmbar ist. Durch seinen
Fragebogen wird gezeigt, wie unterschiedliche Einstellungen, Sprachräume und
Altersgruppen der Sprecher zu unterschiedlichen Interpretationen führen können.
Diese Vielfalt an Einstellungen beweist die Bedeutungsunbestimmbarkeit dieser
Wortklasse. Zum Schluss dieses Kapitels ziehe ich einen Vergleich zwischen dem
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Deutschen und dem Portugiesischen, welcher zu meiner Überraschung einer
wortwörtlichen Übersetzung vom Portugiesischen ins Deutsche dienen könnte.
Der nächste Beitrag wurde von Erhan Özen geschrieben und handelt von
Anforderungen an ein Partikelwörterbuch für Deutschlerner. Der Autor schreibt
über die Wichtigkeit, im Wörterbuch die Intonation solcher Wörter zu
berücksichtigen. Außerdem gibt der Autor den Lesern Tipps, die ihnen dabei
helfen könnten, einen guten Umgang mit Partikeln im Unterricht zu schaffen.
Durch diesen Beitrag wird gezeigt, wie sich Sprachwissenschaftler bemühen, die
Studien zu Partikeln bezüglich DaF weiterzuentwickeln.
Nachdem ein Überblick über Partikeln gegeben wurde, hielt ich für interessant,
dieser Arbeit einen ausführlichen Beitrag zu der Partikel ‚mal‘ hinzuzufügen. Er
basiert auf der Monographie von Wolfram Bublitz ‚Nur ganz kurz mal:
Abschwächungsintensivierung durch feste Muster mit mal‘. In seinem Beitrag
bietet der Autor eine Abhandlung zur Partikel ‚mal‘. Er spricht von ihrem
Verhältnis zur Höflichkeit bis hin zu ihrer Kombinierbarkeit mit anderen Partikeln
in festen Mustern. Zu den Mustern werden Beispiele angeführt und für diese
jeweils eine kleine Definition gegeben. Dieses Kapitel dient dazu zu
demonstrieren, wie eine einzelne Partikel reich an Forschungsmöglichkeiten sein
kann. ‚mal‘ ist auch eine Partikel, die ich am meisten im Laufe meines Kurses
gehört habe. Ich bin davon ausgegangen, dass es für mich einfacher wäre, mich
mit einer mir bereits bekannten Partikel zu beschäftigen.
Nicht zuletzt fügte ich der Arbeit zum Schluss einen Beitrag vom Portugiesen
Antonio Franco hinzu, der ‚Modalpartikeln im Portugiesischen – Kontrastive
Syntax, Semantik und Pragmatik der portugiesischen Modalpartikeln‘ heißt. In
seiner Arbeit, wie es bereits in deren Titel gesagt wird, analysiert der Autor
portugiesische Partikeln. Ich entschied mich für diese Monographie aus zwei
verschieden Gründen. Zum einen ist es wichtig zu wissen, wie Partikeln im
Portugiesischen auftreten, und dementsprechend eine bessere
Verständnismöglichkeit bezüglich der deutschen Partikeln zu schaffen.
Der andere Grund, warum ich mich für Francos Arbeit entschieden habe, war die
Erwähnung des Brasilianers Sadi Ali. In den 30ern hat Ali den Aspekt der
Intention im brasilianischen Portugiesisch beobachtet. Es wäre hier interessant
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hervorzuheben, dass dieser pragmatische Aspekt der globalen Linguistik erst in
den späten 60ern in Deutschland tiefgründig erörtert wurde. Ali bekam keine
Anerkennung im damaligen Europa, denn er war Brasilianer und nur
portugiesische Sprachwissenschaftler, also innerhalb des europäischen
Sprachraums, waren bei den großen und respektierten Grammatikern anerkannt.
Mit einem gewissen Patriotismus und mit der Hoffnung, dass diese Arbeit von
anderen auch außerhalb Brasiliens gelesen wird, widme ich Sadi Ali einen Teil
meiner Arbeit.
Am Ende dieser Arbeit steht meine Schlussfolgerung. Dort fasse ich die im Laufe
der Arbeit erörterten Anweisungen zur Lehre der Partikeln zusammen. Basierend
auf diesen Anweisungen präsentiere ich einen Vorschlag für eine
Unterrichtseinheit. Im Anschluss an diesen Unterrichtsvorschlag weise ich auf die
Fragen hin, die während der Entstehung dieser Arbeit aufgetaucht sind und
reichliches Material für eine anschließende Master- oder Doktorarbeit bieten.
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2 STRUKTURIERUNG DES WISSENS ZU PARTIKELN 2.1 SYNTAKTISCHE BEHANDLUNG DES THEMAS NACH HELBIG
UND WEYDT
Um das Thema besser behandeln zu können, hielt ich es zunächst für wichtig,
damit zu beginnen, einen Überblick über Abtönungsartikeln zu geben. Um das
Thema gut verstehen zu können, ist es hilfreich, die Partikeln von den anderen
Wortklassen zu unterscheiden.
Partikeln enthalten ein paar syntaktische bzw. morphologische Eigenschaften,
die sie von anderen, eigentlichen und selbstständigen Wortklassen unterscheiden
und somit eine geschlossene Wortklasse gründen.
• Im Gegensatz zu Adverbien und Modalwörtern sind Partikeln keine
selbständigen Satzglieder, d.h. sie sind von anderen Satzgliedern abhängig. Denn
sie haben ein Abhängigkeitsverhältnis zu anderen Elementen im Satz. Sie können in
den meisten Fällen nicht allein an erster Stelle im Satz auftreten. Am Anfang der
Studien zu Partikeln waren sie als Angehörige der Gruppe der Adverbien angesehen.
Diese Ansicht hat sich verändert, indem Sprachwissenschaftler zu dem Ergebnis
kamen, dass es sich beim Gebrauch solcher Wörter die Intention des Sprechers ins
Spiel gebracht wird, welche durch semantische Mittel nicht zu erklären ist. Im
folgenden Beispiel mit der Partikel ‚ja‘ sind zweierlei Eigenschaften zu beobachten.
Die eine bezieht sich auf die nicht Erststellefähigkeit und die andere auf die Intention
des Sprechers hinsichtlich des Gebrauchs von ‚ja‘ in dieser Äußerung. Genauer
geschrieben wird Intention später in dieser Arbeit tiefer erörtert. Nun reich es zu
wissen, dass in diesem Fall bedeutet ‚ja‘, dass der Sprecher beim Gebrauch einer
solchen Partikel seine Aussage verstärket.
z.B.: Du sprichst ja sehr gut Deutsch! (korrekt)
Ja sprichst du sehr gut Deutsch! (falsch)
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• Sie lassen sich von einem Satz abspalten, ohne dass der Satz als
grammatisch oder semantisch inkorrekt angenommen wird. Die pragmatische
Bedeutung ändert sich je nach der gebrauchten Partikel. Dieser Punkt wird jedoch
tiefgründiger später in dieser Arbeit diskutiert.
z.B.: Du sprichst ja sehr gut Deutsch! (korrekt)
Du sprichst sehr gut Deutsch! (korrekt und es gibt keinen semantischen
Unterschied zwischen dem Satz mit und dem ohne Partikel. Wichtig ist es
anzusehen, dass es einen Unterschied zwischen den beiden Sätzen gibt, welcher
sich auf der pragmatischen und semantischen Ebene befindet.
• Zieht man Morphologie in Erwägung, sind Partikeln im Vergleich zu
anderen Wortklassen wie etwa Artikeln, Substantiven und Verben unflektierbare
Wörter. Sie nehmen somit keine Plural-, Deklinations- oder Tempusformen auf.
In einem allgemeinen Sinne, der von Partikeln als geschlossene Wortklasse
mit ihrer Unterordnungen, werden Partikeln nach etlichen Sprachwissenschaftlern
wie etwa Helbig und Weydt unter den untengenannten Subklassen zugeordnet:
• Gradpartikeln (sehr, ziemlich, äußerst):
Diese Subklasse von Partikeln bezieht sich nicht auf den gesamten Satz,
sondern nur auf ein Bezugsglied innerhalb des Satzes. Ihre Funktionen liegen auf
semantischer und nicht auf kommunikativer Ebene, denn es kommt dabei nicht in
Frage, was der Sprecher beabsichtigt (Helbig, 1988). Außerdem fügen sie der
Bedeutung des Satzglieds eine quantifizierende und/oder skalierende Interpretation
hinzu:
z.B.: Peter hat sogar Ann angerufen.
Sogar Peter hat Ann angerufen.
Peter hat Ann sogar angerufen.
• Steigerungspartikeln (sehr, ziemlich, recht, ungewöhnlich):
Diese Subklasse von Partikeln bezieht sich weder auf den gesamten Satz
noch auf ein spezifisches Bezugsglied, sondern ausschließlich auf Adverbien und
Adjektive. Diese Eigenschaft ist dementsprechend mit der semantischen Ebene der
Linguistik verbunden. Sie können sowohl eine intensifikatore als auch eine de-
intensifikatore Bedeutung in sich tragen (Helbig, 1988).
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z.B.: Mir geht es ziemlich gut!
Mir geht es ganz gut!
• Scheinbare Partikeln:
a) Interjektionspartikeln: ah! Nanu!
b) Antwortpartikeln: ja, nein, doch, eben, genau
c) Negationspartikeln: nein, kein, niemand
Obwohl sie nach Helbig und Weydt als Negationspartikeln bezeichnet wurden,
ist dies fragwürdig, da sie flektierbare Wörter sind, z.B.: mit niemandem, keinem
d) Infinitivpartikeln: zu
• Abtönungspartikeln:
In dieser Arbeit wird hauptsächlich, wenn nicht nur, mit dieser Klasse von
Partikeln gearbeitet. Diese Art Partikeln sind in ihrer Verteilung auf die folgenden
Satztypen beschränkt:
a) Entscheidungsfrage: „Rauchst du etwa?“
b) Imperativsatz: „Hör bloß damit auf!“
c) Bitte: „Könntest du mir mal einen Gefallen tun?“ usw.
Zieht man die Syntax in Betracht, sind Abtönungspartikeln nicht vorfeldfähig,
d.h. sie können nicht allein an erster Stelle auftreten. Sie können allerdings relativ frei
im Mittelfeld auftauchen, sofern sie mit einem Satzglied verbunden sind.
z.B.: Du hättest doch deiner Mutter deine Geschichte erzählen sollen. (korrekt)
Du hättest deiner Mutter doch deine Geschichte erzählen sollen.
(korrekt)
Du hättest deiner Mutter deine Geschichte doch erzählen sollen. (korrekt)
Doch hättest du deiner Mutter deine Geschichte erzählen sollen. (falsch)
(Helbig, 1988).
Abtönungspartikeln sind nicht erfragbar. Sie können weder die Antwort auf
eine Entscheidungsfrage noch einen selbstständigen Satz bilden.
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Eine der bemerkenswertesten Eigenschaften der Partikeln ist ihre
Kombinierbarkeit. Sie können hintereinander in einem Satz vorkommen. Die
Reihenfolge ihrer Anordnung ist allerdings nicht unwillkürlich, vielmehr unterliegen
sie genauen Regeln.
z.B.: Was ist denn eigentlich passiert? (korrekt)
Was ist eigentlich denn passiert? (falsch)
Du hast ja doch wohl viel zu viel gearbeitet!! (korrekt)
Du hast doch wohl ja viel zu viel gearbeitet!! (falsch)
Abtönungspartikeln tauchen vor allem in der gesprochenen Sprache auf.
Diese Eigenschaft ist allerdings eine F der Semantik und Pragmatik, die in den
folgenden Kapiteln tiefgründig erörtert werden.
2.2 PARTIKELN: FUNKTIONEN UND GEBRAUCH
In diesem Kapitel soll ein Überblick von Weydts Ansicht über die Problematik
der Anerkennung von Partikeln als Wortklasse gegeben werden. Weydt versucht
dem Leser einen Zusammenhang zwischen Partikeln und ihren intentionellen bzw.
pragmatischen Eigenschaften zu finden. Er beginnt seine These mit der
Schwierigkeit, welche sich beim Lernen und Beibringen von Partikeln ergibt. Er
meint, dass die Lernenden die Wortklassen wie etwa Verben, Adjektive und
Substantive einfacher verstehen als Partikeln. Es liegt jedoch daran, dass man für
die Partikeln keine eigentliche Definition im Sinne von semantischer bzw.
syntaktischer Bedeutung finden kann, denn man ist noch nicht daran gewöhnt, beim
Lernen einer Fremdsprache mit ihren pragmatischen Aspekten umzugehen.
Diese Aspekte nehmen hauptsächlich Bezug darauf, wie die Intention der
Teilnehmer ein Gespräch steuern kann, welches je nach der Partikel verschiedene
Eigenschaften wie etwa Höflichkeit und Nachdrücklichkeit annimmt. Um eine bessere
Illustration dieses Falles zu schaffen, macht Weydt Gebrauch des folgenden
Exempels. Er schlägt einen kleinen Dialog vor, welcher den Lesern die Höflichkeit
beim Gebrauch der Partikeln zeigen soll. Die Sätze des Dialogs werden jeweils
wiedeholt, die zweite Variante jedoch ohne Partikel. Dazu erklärt Weydt den Kontext,
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bei dem der Dialog entsteht. Es handelt sich um ein natürliches Gespräch zwischen
zwei Bekannten, welche gemeinsam auf einen Zug abwarten.
• „Arbeitest du denn da?“ oder „Arbeitest du da?“
• „Ja eben, aber sag mal, wo fährt der 9:30-Zug eigentlich ab?“ oder „Ja,
aber sag, wo fährt der 9:30-Zug ab?“
Es ist zu bemerken, dass dem muttersprachlichen Hörer die Aussagen ohne
Partikeln etwas schroff und abrupt vorkommen. Der Dialog ohne Partikel wird von
Muttersprachlern nicht als authentisch empfunden. Das liegt darin, dass sich der
Dialog mit Partikeln auf den Hörer freundlicher, wärmer, kontaktstärker und
interessierter auswirkt. Und solche Effekte sind wichtig für den Hörer in einem
Gespräch in diesem Kontext.
In dieser These wird darauf hingewiesen, dass Partikeln semantisch zwar in
andere Sprache übersetzbar sind, doch nur auf dieser Ebene. Denn sie haben
semantische Entsprechungen in anderen Wortklassen. Der Autor gibt Beispiele zu
‚aber‘ in anderen Sprachen wie dem Französischen ‚mais‘ und dem Englischen
‚but‘. Die Verwendung jedoch unterscheidet sich von Sprache zu Sprache. Im
Vergleich zum Deutschen haben die beiden oben genannten Beispiele dieselbe
semantische Bedeutung. Was jedoch die Intention des Sprechers beim Gespräch mit
Partikeln angeht, kann man durch wörtliche Übersetzung des Dialogs nicht erklären.
Um dieses Beispiel besser illustrieren zu können, weist Weydt auf die Imperativform
des Deutschen mit der Partikel ‚mal‘ hin (Weydt, 1989).
‚Mal‘ kommt vor allem in Sprechhandlungen vor, in welchen es um eine kleine
Bitte geht. Darüber hinaus kann man schlussfolgern, dass ‚mal‘ als Diminutivpartikel
dient und dementsprechend wird dabei ausgedrückt, dass es um eine problemlose,
einmalige und kleine Bitte geht. Dies wird allerdings später in dieser Arbeit erörtert, in
der einen Beitrag von Weydt zu Partikeln und deren Bedeutung angeführt wird. Zum
Beispiel würde bei einem Muttersprachler eine Bitte wie etwa „Können Sie mir mal
10,000€ ausleihen?“ seltsam ankommen. Doch wenn sich die Bitte um Geld um eine
kleine Summe wie etwa 10€ drehen würde, dann würde sie vom Hörer als
natürlicher, höflicher und problemloser angesehen. Dies wirkt sich auf den Hörer aus,
als ob er einem solchen Gefallen nachkommen könnte, ohne sein Gesicht zu
verlieren.
Beim Gebrauch von Partikeln im Gespräch macht der Sprecher dem Hörer
darüber bewusst, wie seine Einschätzung der Lage des Gesprächs ist. Es wird auch
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gezeigt, und das ist von großer Wichtigkeit, dass der Sprecher die Gedanken und die
Einstellung des Hörers in Betracht zieht. Dies trägt dazu bei, dass das Gespräch je
nach Intention der Teilnehmer eine Steuerung annimmt. Der Hörer weiß, dass der
Sprecher ihn als Individuum wahrgenommen hat und dabei auch seine
Lagebeurteilung und seinen Wissenstand als Adressat berücksichtigt hat. (Weydt,
1989). Das wirkt sich auf den Hörer so aus, als ob der Sprecher ihn richtig beurteilt
hat. Die Tatsache, dass der Hörer vom Sprecher als Individuum angenommen
wurde, trägt dazu bei, dass bei den beiden Gesprächsteilnehmern eine Zufriedenheit
entsteht, denn die beiden sind sich in vielen Punkten einig.
Es ist jedoch von großer Relevanz zu berücksichtigen, dass man auf den
Gebrauch von Partikeln im Gespräch aufmerksam eingehen soll. Und um das richtig
zu schaffen, erwähnt Weydt Hinweise, die beim Gebrauch von Partikeln beachtet
werden sollten. Ersten muss man darauf achten, dass das Gespräch ohne Partikeln
schlechter klingt als dasjenige mit Partikeln. Zweitens ist der richtige Gebrauch
solcher Wörter unabdingbar, denn deren falscher Gebrauch führt dazu, dass der
Dialog noch schlechter klingt als dasjenige ohne Partikeln.
Darüber hinaus sollen die Lehrer nicht ermuntert werden, Partikeln zu
benutzen, wo sie nicht unbedingt gebraucht würden. Die Schüler sollen stattdessen
dazu sensibilisiert werden, dass die Deutschen überall im Mündlichen bzw. im Dialog
solche Teilchen benutzen. Durch das folgende Beispiel macht der Autor seine
Aussage deutlicher. Ein Lehrer steht vor der Klasse und versucht, seine Schüler
durch die Beschreibung eines Bildes zu veranlassen, zu sprechen. Er verwendet in
den ersten Sätzen Partikeln wie etwa: „Was sehen wir denn auf diesem Bild?“, „Was
könnte denn der Titel dieses Bildes sein?“. Von diesem Punkt an verzichtet der
Lehrer auf den Gebrauch solcher Wörter und fragt weiter, ohne sie zu benutzen. Er
sollte also nicht so weiterfragen „Und was sehen wir denn unten?“, sondern „Was
sehen wir unten?“, „Wie viele Personen sehen wir hier?“, „Was machen sie?“ usw.
Als Erklärung zum Verzicht auf den andauernden Gebrauch der Partikeln schlägt
Weydt das Folgende vor: „Hier wäre es ganz falsch, wenn der Lehrer – die gute
Regel, die er in der Ausbildung gelernt hat, noch im Ohr – jedes Mal mit Partikeln
fragen würde. Warum werden hier keine Partikeln benutzt, selbst dann nicht, wenn
der Lehrer freundlich und hinwendungsvoll auf seine Studierende eingehen will? Weil
er es nicht mehr nötig hat, seine Position zu erklären. Seine Rolle liegt fest und wird
nicht mehr verändert; jetzt wird der Dialog nur fortgesetzt.“ (Weydt, 1989). Seine
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Erklärung bewegt den Leser zu der Schlussfolgerung, dass es genügt ein
gemütliches Gesprächsklima, wenn man ein oder zwei Mal Gebrauch von Partikeln
macht.
Die Semantik äußert sich in Hinsicht auf Partikeln, als ob sie den Dialog etwa
unpräziser machen würden als den ohne sie. Beispielsweise würde ein Sprechakt
des Befehls unpräzise formuliert hingenommen. Weydt führt das folgende Exempel
an: „Gib mir mal eine Zigarette!“ und „Gib mir eine Zigarette!“. Laut dem Autor wirkt
der erste Befehl genau so präzis wie der zweite. Die beiden Beispielssätze
unterscheiden sich voneinander, indem sich der zweite als reiner Befehl
interpretieren lässt. Doch das Beispiel mit Partikeln kann auch als Aufforderung
interpretiert werden, allerdings mit extra Bedeutung an Intention und Anordnung der
beiden Gesprächspartner im Sprechakt. Über eine pragmatische Perspektive hinaus
ist der Satz mit Partikeln jedoch von größerer Bedeutung als der ohne. Dazu schreibt
Weydt: „Partikeln ändern im allgemein nicht die illokutive Kraft einer Äußerung. Eine
Aufforderung (eine Bitte, eine Aussage, eine Frage) bleibt eine solche, mit oder ohne
Partikel. Eine Partikel trägt stattdessen möglicherweise zur Wirkung der Äußerung
bei, indem sie Widerstände ausräumt (z.B. steigt bei einer mittels Partikel freundlich
gestellten Bitte (der eine Bitte bleibt) die Chance, dass sie erfüllt wird).“ (Weydt,
1989).
Am Schluss seiner Thesen kritisiert Weydt die bisherigen kontrastiven Studien
zu Partikeln. Es wurden bereits etliche Monographien veröffentlicht, die eine
kontrastive Analyse mit anderen Sprachen, vor allem mit Englischem, vorstellen. Es
wurde bereits über Partikeln behauptet, dass Intonation im Englischen und Partikeln
im Deutschen gleichsetzbar sind. Das ist nicht ganz richtig, denn das Deutsche
verfügt neben den Partikeln auch über Intonation. Diese Vorstellung legt somit den
Gedanken nahe, dass sich die bisherigen Studien bzw. Publikationen zu Partikeln
noch nicht ganz entwickelt haben.
2.3 PARTIKELN PARAPHRASIERUNG UND IHRE
BESTIMMUNGSSCHWIERIGKEITEN
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In diesem Teil der Arbeit wird erörtert, wie sich Armin Burkhardt mit
Abtönungspartikeln befasst hat. Der Sprachwissenschaftler hat versucht,
Paraphrasierung bezüglich Partikeln zu erstellen, um bei Muttersprachlern
herauszufinden, ob sie sich einig in Hinsicht auf die Ergebnisse der Paraphrasierung
sein könnten (Burkhardt, 1989). Burkhardt hat einen Fragebogen erstellt, in dem er
jeweils kleine Dialogen mit einer Erklärung zu ihrem Kontext vorgeschlagen hat.
Solche Dialoge waren von verschiedenen Paraphrasierungsmöglichkeiten begleitet,
die auf Definitionen von bekannten Wissenschaftlern wie etwa Helbig und Weydt
beruhten. Um sicher zu stellen, dass der Fragebogen nicht homogen hergestellt
wurde, hat sich der Sprachwissenschaftler Sprecher aus verschiedenen
Altersgruppen, Regionen und Berufen ausgesucht.
Burkhardt beabsichtigte, die Befragten auf eine einzige Antwort festzulegen.
Die Ergebnisse zeigten jedoch etwas anderes. Es gab Befragte, die nicht
vollkommen verstanden, was mit den Auswahlen gemeint war und dementsprechend
nichts angekreuzt haben. Auf der anderen Seite gab es Befragte, die sich für mehr
als eine der gegebenen Antwortmöglichkeiten entschieden haben, da sie es so
eingeschätzt haben, als ob mehr als eine einzige Option gültig sein könnte. Was
auch interessant zu beobachten geblieben ist, ist die Tendenz, dass sich die
Befragten derselben Region mehr oder weniger dieselben Antworten gewählt haben,
d.h. die Bedeutung von Partikeln variiert von Region zu Region. Zum Beispiel wird in
Norddeutschland die Partikel „eben“ gegenüber „halt“ bevorzugt, wobei die beiden
dieselbe Bedeutung in beiden Regionen erhalten.
Ebenfalls etwas, das zu Problemen bei der Auswertung führen konnte, ist das
beim Erklären von Kontexten der gegebenen Situationen, viele verschiedene
Interpretationen möglich waren. Dies konnte das Entstehen eines uniformen
Resultats gefährden. Man kann nicht bestimmen, wie ein Kontext einer gegeben
Situation interpretiert werden soll, denn es kommt jeweils auf die Lebenserfahrungen
und –Einstellungen des Befragten an, die an sich überaus vielfältig sein kann.
Darüber hinaus kann man schlussfolgern, dass eine feste Definition der Partikeln, vor
allem im semantischen Sinne, nicht auszuwerten ist.
Burkhardt hat Paraphrasierungsvorschläge zu den Partikeln „halt“, „ja“, „doch“,
„auch“, „denn“ und „einfach“ gegeben. Die bemerkenswertesten Beobachtungen und
Ergebnisse werden im Folgenden gezeigt.
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• „halt“ Um ein eindeutiges Kontextbeispiel darzustellen, gab Burkhardt das Folgende:
(Weydt, 1989).
„A fragte B, warum er nicht zum Training gekommen ist. B antwortet: ‚Ich hatte
halt keine Lust‘.“
Aus verschiedenen Vorschlägen wie etwa „halt hat keine eigentliche
Bedeutung, es steht oft in resignierenden Feststellungen, die man ohne nähere
Begründung lassen will, „Sich abfinden mit einer unmittelbar evidenten,
unabänderlichen Situation“ (Burkhardt, 1989). bis hin zu „bloßen Füllwörtern“ hat sich
ein großer Anteil der Befragten für den ersten Vorschlag entschieden. Es ist zu
schlussfolgern, dass das Wort „Unabänderlichkeit“ vermutlich von den Befragten als
zu stark empfunden wurde und sie sich somit ohne weiteres für die Resignation
entschieden haben.
• „ja“ Als Beispielkontext gab Burkhardt das Folgende:
„Der Lehrer sagt am Anfang einer Stunde zur Klasse: ‚Wir müssen heute noch
einmal über eure Klassenfahrt sprechen. Gestern sind wir ja nicht ganz fertig
geworden‘.“(Weydt, 1989).
Unter den von Theoretikern gegebenen Erklärungen zu diesem Vorschlag,
wurde die von Weydt/Hentschel bevorzugt, die besagt, dass ‚ja‘ den geäußerten
Sachverhalt als dem Sprecher und dem Hörer bekannt bezeichnet. Das
Schlüsselwort zu dieser Erklärung ist allerdings die wechselseitige Bekanntheit.
Andere Grammatiker haben sich zwar auch für solche Äußerung aussprechen
lassen, jedoch nicht so eindeutig wie Weydt. Zum Beispiel schlug Hartmann vor,
dass ja besagt, dass der Sprecher nicht annimmt, dass die mitgeteilte Information für
den Hörer neu ist. Weydt/Hentschels Äußerung gegenüber ist Hartmanns weniger
eindeutig. Dies ergibt sich, denn Hartmanns Erklärung bezieht sich auf die
Wechselseitigkeit nicht.
• “doch“ Zu „doch“ gab Burkhardt den folgenden Beispielskontext:
„A und B haben sich gestritten. B versucht immer wieder, A umzustimmen.
Nach einer Weile sagt A: ‚Ach, lass mich doch in Ruhe! ‘ und geht weg.“
21
Auch hier werden von den Befragten Paraphrasierungen bevorzugt, in die
Kontext bzw. Gefühle miteinbezogen wurden. Darüber hinaus lässt sich
schlussfolgern, dass ‚doch‘ in diesem Fall Verstärkung und Nachdrücklichkeit des
Gesagten äußert. Es gab zwar Vorschläge, die eine semantische Definition zu der
Bedeutung dieser Partikel förderte, doch favorisierte der große Anteil der Befragten
den pragmatischen Vorschlag. Dieses Ergebnis dient dazu, zu zeigen, dass auch
ohne eine didaktische Erklärung zum Thema, die Befragten sich zur pragmatschen
Variante zuneigten.
• „auch“ „Nach einer gemeinsamen Autofahrt sagt A zu B: ‚Wir haben heute nur zwei
Stunden bis hach Hause gebraucht.‘ Darauf B: ‚Du bist auch gefahren wie ein
Weltmeister‘.“
Es muss hier nicht nochmals erörtert werden, dass die Befragten die
semantische Betrachtung dieser Partikel ablehnten. Dasselbe ergab sich bei ‚denn‘
und ‚einfach’ in Burkhardts Untersuchung. Hier wird nicht auf die pragmatische
Wirkung dieser Partikel eingegangen, denn in diesem Teil der Arbeit wird
hauptsächlich gezeigt, dass es den deutschen Sprechern die Kontextbezogenheit
der Partikeln bewusst ist, auch wenn sie in Theorie darüber nicht geklärt sind. Dies
wird durch Weydts Untersuchungen bewiesen. (Weydt, 1989).
Zweierlei Sachen sind hier zu lernen. Zum einen ist es schwierig festzustellen,
was genau eine Partikel in einer bestimmten Situation bedeutet, denn es gibt
äußerliche Faktoren wie etwa Regionen und Lebenseinstellungen der jeweiligen
Sprecher, die den Gebrauch solcher Wörter beeinflussen. Zum anderen lässt es sich
feststellen, dass es wegen der Unvorhersehbarkeit und der Vielfalt an
Interpretationen schwierig ist zu bestimmen, welche Bedeutung solche Wörter mit
sich tragen. Man kann jedoch behaupten, dass sie mit einer pragmatischen Wirkung,
welche Einstellung und Intention angeht, tief verknüpft sind.
2.3.1 Das Verhältnis von „auch“ und „também“
22
Es ist wichtig zu wissen, dass es auch im Portugiesischen Partikeln gibt.
Portugiesisch ist zwar keine partikelreiche Sprache wie etwa Deutsch, doch gibt es
eine Reihe davon. Von den oben erwähnten Beispielen möchte ich hier eine Brücke
zwischen dem Portugiesischen und dem Deutschen aufbauen, und zwar mit der
Partikel „auch“.
Als Burkhardt die Paraphrasierungsvorschläge zu „auch“ machte, war seiner
unter den anderen derjenige, der von den Befragten bevorzugt wurde. Wenn wir
dasselbe Beispiel zu „auch“ in Betracht ziehen, haben wir laut dem Autor die
folgende Paraphrasierung: „es war nach aller Erfahrung zu erwarten, dass wir nur
zwei Stunden gebraucht haben, denn du bist gefahren wie ein Weltmeister.“
Über den Vorschlag von Burkhardt hinaus ist eine wörtliche semantische und
pragmatische Entsprechung mit dem brasilianischen Portugiesischen zu bemerken.
Wenn man dasselbe Beispiel und dieselbe Erklärung annimmt, und sich Gedanken
über das brasilianische Portugiesische ‚também‘ macht, kann man quasi eine
wörtlich Übersetzung vom Deutschen ins Portugiesische machen. Im brasilianischen
Portugiesisch würde dasselbe deutsche Beispiel so aussehen: ‚A gente só gastou duas horas para chegar até em casa‘ sagte A. Darauf antwortet B: ‚Também, você dirigiu que nem um campeão mundial.‘. Als Muttersprachler des
brasilianischen Portugiesisch kann ich behaupten, dass die pragmatische Funktion
von ‚também‘ genau der von ‚auch‘ im Deutschen entspricht. Zwar unterscheidet
sich die Satzgliedstellung in beiden Sprachen voneinander, doch die pragmatische
Bedeutung ändert sich nicht. Die Gedanken jedoch, die ich mir gemacht habe, um so
eine Folgerung zu ziehen, gelten für den größten Anteil der Partikeln nicht, d.h. eine
wörtliche Übersetzung der Partikeln ist nicht empfehlenswert. Was man allerdings
machen kann, ist immer bei Partikeln, den Kontext zu geben und somit eine
ausreichende Bedeutung zu schaffen.
2.4 PARTIKELWÖRTERBUCH FÜR AUSLÄNDER
23
Ehran Özen liefert eine phonetische Betrachtung der Partikeln in seinem
Partikelwörterbuch für Ausländer. Im Folgenden sollen die Anforderungen an das
„Partikelwörterbuch für Deutschlerner“ wiedergegeben werden.
Özen beschäftigte sich in seiner Monographie damit, zu erörtern, wie sich die
Studien zu Partikeln in den letzten Jahrzehnten entwickelt haben (Özen, 1989). Im
Laufe der Jahre befassten sich Sprachwissenschaftler zunehmend mit Partikel-
Forschung, und ein Zweig der unterschiedlichen Blickwinkel bezüglich Partikeln
richtete sein Augenmerk auf eine mögliche bzw. notwendige Entstehung eines
deutschen Partikeln-Wörterbuchs für Ausländer. In diesem Teil der Arbeit wird
gezeigt, was man angesichts eines solchen Projektes in Erwägung ziehen sollte.
Laut Özen müssen Aspekte wie etwa Betonung in Betracht gezogen werden, die den
Lernenden bzw. seiner fremdsprachlichen Entwicklung hilfreich sein soll.
Özens Auffassung nach muss ein wichtiger Punkt in Erwägung gezogen
werden, und zwar die Intonation beim Partikeln-Gebrauch. Laut dem Autor sollen
Eigenschaften wie etwa Akzentuierung, Melodieführung und Sprechgeschwindigkeit
dem Partikeln-Wörterbuch hinzugefügt werden, zumal der Gebrauch von Partikeln
und die Intonation im Satz eng zusammenhängen. Die größte Herausforderung für
ein solches Wörterbuch wäre es, den Lernenden, und nicht den Linguisten, das
Verhältnis von Partikeln-Gebrauch und Betonung durchschaubar zu machen.
Ein anderer wichtiger Punkt, den ein Partikeln-Wörterbuch enthalten soll, ist
ihre vielfältige Kombinierbarkeit. Der Autor weist darauf hin, dass die Partikeln jeweils
bei einer Zusammenstellung solcher Art gewisse Aussagewerte mit sich tragen,
welche durch die Summation zu einer einzigartigen Bedeutung führt. Und dass muss
nach Özen den Lernenden klar gestellt werden.
Es wird in diesem Beitrag auch die Tatsache hervorgehoben, dass von
Lernenden am Anfang in der Regel kein richtiger Gebrauch von Partikeln zu erwarten
ist. Die Lernenden werden sich erst in höheren sprachlichen Niveaus darin
auskennen. Dies liegt darin, dass im Laufe des Lehrens, nicht pragmatische sondern
semantische Aspekte der Sprache bevorzugt werden.
Özen hebt auch die Tatsache hervor, dass es unentbehrlich in einem
Partikeln-Wörterbuch ist, die Kombinierbarkeit der Partikeln aufzuzeigen. Diese
Eigenschaft der Wortklasse Partikeln kommt sehr häufig in der gesprochenen
Sprache vor. Wenn die Lernenden die Fähigkeit erzielen, sich in einem deutschen
Sprachraum kommunizieren zu können, würde es von großer Wichtigkeit sein, dass
24
der Lerner hinsichtlich dieses Themas bereits von Beginn des Lernens an
sensibilisiert wird. Dabei werden nicht nur wichtige linguistische Elemente der
Sprache wahrgenommen, sondern auch die Art und Weise des Denkens und
Handelns der Sprecher der jeweiligen Fremdsprache.
Um diese These gründlich zu schildern, führt der Autor das folgende Exempel
an:
a) „Dann sind wir in ein gemütliches Restaurant gegangen.“
b) „Ich habe schon lange nicht mehr so gut gegessen wie in diesem
Restaurant.“
Nach Özen, dies wurde von DaF-Lehrern mit einer eher traditionellen
semantischen Ansicht beurteilt, kommt ihnen der erste Beispielsatz komplizierter vor.
Der Autor weist jedoch auf die für Lernende sehr komplexen syntaktischen
notwendigen Operationen wie etwa der Satzgliedstellung, dem Hilfsverb bei Perfekt
und den Wechselpräpositionen mit unterschiedlichem Kasus hin, welche die
Lernenden einer grammatikalischen Korrektheit zugunsten realisieren müssen. Der
Autor ist der Auffassung, dass einem der fehlerfreie Aufbau eines solchen Satzes im
Laufe des Lernens ziemlich schwierig vorkommen mag.
Auf der anderen Seite ist der zweite Satz im Vergleich zu dem ersten
syntaktisch unkomplizierter. Was sich als schwierig am zweiten Satz zeigen könnte,
wäre der Gebrauch der Partikeln in der Reihenfolge, welche zum großen Teil eine
bestimmte und unabänderliche Regel zu ihrer Anordnung enthält. Dieses Problem ist
allerdings lösbar, indem man seinen Schülern, wie oben bereits erwähnt wurde, von
Beginn des Lernens an Partikeln beibringt. Wenn die Lernenden einmal an das
Thema gewöhnt sind, werden sie Partikeln intuitiv so verwenden wie ein
Muttersprachler. Und darüber hinaus ist die Wahrscheinlichkeit, im Unterricht ein
spontanes Gesprächsklima bzw. mehr Sicherheit und Verständnis in Hinsicht auf den
Mechanismus der Sprache zu schaffen, im Laufe des Lernens wesentlich
zunehmend.
2.5 DIE PARTIKEL „mal“
25
Dieser Teil der Arbeit basiert auf der Untersuchung von Wolfram Bublitz. Er
hat eine These über die Partikel „mal“ und ihr Verhältnis mit Höflichkeitsformen in der
Umgangssprache geschrieben. Was sehr interessant und nützlich an dem Beitrag
von Bublitz ist, ist die Tatsche, dass er sich damit beschäftigt hat,
Höflichkeitsmustern mit „mal“ und anderen Partikeln zu erforschen. Hier wird davon
ausgegangen, dass ein solcher Beitrag wichtig für einen guten Umgang mit dieser
Thematik ist. Außerdem wird seiner Arbeit einen Beitrag von Helbig hinzugefügt, der
systematisch zwei semantische Funktionen dieser Partikel beschreibt.
Der Ausdruck, der am besten den Höflichkeitseffekt der Partikel „mal“ darstellt,
ist Intensivierung an Abschwächung einer Aufforderung. Es gibt im Grunde
genommen zwei verschiedene Sprechakte, bei denen der Gebrauch von „mal“
auftaucht. Der eine ist bei einer Gruppe von Sprechakten, die Handlungen wie Bitte,
Aufforderung, Anweisung, Frage, usw. zu beobachten. Diese Art Sprechakt ist auch
als direktive Sprechhandlung bezeichnet. Bei diesem Sprechakt mindert der
Sprecher den Eingriff des Verlangten in das Selbstbestimmungsrecht des Hörers
(Bublitz, 2003), d.h. der Sprecher minimiert bei dem Hörer den Stellenwert des
Verlangten oder den dafür erforderlichen Aufwand. Der andere ist bei einer Gruppe
von Sprechakten, die subjektive Handlungen wie Wünsche, Gefühle, Einstellung und
Absicht umfassen. Diese Art Sprechakte, namens repräsentative Sprechhandlung,
nimmt Bezug auf die Minderung der Verletzung des positiven Satzbildes, das der
Hörer für sich reklamiert, d.h. der Sprecher relativiert dadurch seine Einstellung zum
Wahrheitswert des Gesagten. Die oben erwähnten Schlüsselwörter zur
Beschreibung der Funktion von der Partikel ‚mal‘ ‚minimieren und minderen‘ sind im
linguistischen Bereich als Abschwächungswörter bekannt.
2.5.1 ‚mal‘ in Mustern mit anderen Partikeln, Verben, Adverbien und ihre Verhältnis
zur
Höflichkeit
In dem Beitrag von Bublitz werden zwei unterschiedliche Weisen zum
Gebrauch der Partikel „mal“ erwähnt. Die eine ist die Zusammenstellung dieser
abschwächenden Partikel mit anderen Partikeln. Dieses Phänomen ist als
26
Kombinierbarkeit zweierlei oder mehrerlei Partikeln gekennzeichnet. Beispiele dazu
sind die Partikelnpaare „ja mal“, „schon mal“ und „kurz mal“. Die andere Art
entsteht durch den Bestandteil eines größeren festen Musters, z.B.: „Modalverb + ja + mal“, oder „Imperativ + doch + mal“.
Das Ziel der Monographie von Bublitz ist zu zeigen, wie die Partikel „mal“
sowohl in Zusammenstellung mit anderen Partikeln als auch in festen Mustern mit
anderen Wortklassen benutzt werden kann, um Höflichkeit auszudrucken. Um mit
diesem Phänomen gut umgehen zu können, ist es von großer Wichtigkeit zu
verstehen, was Höflichkeit ist und wie sie in einer Gesellschaft entsteht. Deswegen
wird hier Bublitzs Ansicht zu dem Thema Höflichkeit zunächst erörtert. Außerdem
füge ich dieser Arbeit Helbigs Definitionen zu der Partikel „mal“ hinzu, denn es ist
wichtig, bevor das Thema Kombinierbarkeit und festes Muster diskutiert wird, ein
gutes Verständnis hinsichtlich der Partikel „mal“ in sich zu fördern. Nachdem diese
drei Aspekte diskutiert werden, gehe ich auf den sprachlichen Vergleich zum
Portugiesischen ein.
2.5.2 Wie drückt man sich höflich aus?
Es gibt, sprachwissenschaftlich gedacht, zwei Instanzen von Höflichkeit. Die
eine entsteht auf einer rationalen Ebene, durch die der Sprecher ein ausgewogenes
Verhältnis mit dem Hörer etabliert, d.h. er möchte, dass sich der Hörer nicht unter
Druck gesetzt fühlt, dem Sprecher zu antworten, sondern dass er in der
Sprechhandlung nach seinem Gunsten agiert. Die andere Instanz ist die Umsetzung
der Rationalität in der Sprache, d.h. der Sprecher wählt ein sprachliches Mittel aus, in
dem sich der Hörer bequemer fühlt, sich dem Sprecher gegenüber zu äußern. Es ist
jedoch wichtig in Betracht zu ziehen, dass hier auch die Körpersprache eine
unabdingbare Rolle spielt. Die sprachlichen Mittel, die vom Sprecher ausgewählt
werden, um den Hörer in eine bequeme Position zu steuern, hängen von den
Faktoren wie dem Schutz vor dem Gesichtsverlust, der Selbstbeschädigung und der
Rücksichtnahme auf die Rechte, Bedürfnisse und Wünsche des Hörers ab. Davon
ausgehend versucht der Sprecher dem Hörer Auswege anzubieten, damit er sich
nicht verpflichtet fühlt, dem Sprecher zuzustimmen. Aus diesem Grund bevorzugt
27
man beim höflichen Sprechen einen eher unverbindlichen und vagen als einen
absoluten und präzisen Diskurs.
Die oben diskutierten Strategien, um sich auf einer möglichst höflichen Weise
zu äußern, kann man unmittelbar mit Indirektheit verknüpfen. Viele Studien, welche
Bezug auf den Zusammenhang zwischen Höflichkeit und Indirektheit nehmen, sind
vor allem im Englischen ausgeführt worden. Was die englische Sprache angeht,
haben Linguisten versucht festzulegen, das je indirekter man redet, desto höflicher
man sich auf anderen auswirkt und andersherum. Diese Festlegung hat in der nicht
englischen linguistischen Gemeinschaft zu vielen Widersprüchen geführt, zumal
dieser Zusammenhang in keiner Sprache so stark geprägt ist wie im Englischen. Im
Deutschen gibt es beispielsweise lexikalische Mittel, die dieselbe Wirkung wie die
bekannten Ausdruckweisen der Indirektheit haben, die jedoch im Englischen nicht so
vielfältig wie im Deutschen vorhanden sind. Diese lexikalischen Mittel sind von vielen
Linguisten als Abtönungspartikeln benannt.
Es ist interessant hervorzuheben, dass die deutsche Sprache von
Englischsprechern als direkter als ihre eigene Sprache angesehen wird, und
deswegen auch als unhöflicher und abrupter. Wie oben erörtert bietet die deutsche
Sprache ihren Sprechern verschiedene Mittel, damit sie sich auf einer höflichen
Weise ausdrücken können. Und zwar durch Abtönungspartikeln, nicht nur durch
Indirektheit. Dadurch können zweierlei Probleme vorkommen: zum einen, weil sich
ein nicht Deutsch-Muttersprachler in der Regel in Abtönungspartikeln nicht auskennt,
kann er sich von den Deutschen in Sprechhandlungen wie Diskussion etwa barsch,
ungehobelt oder hölzern anhören. Umgekehrt, und vor allem Bezug nehmend auf die
englischen Muttersprachler, können sich die Deutschen zu sachlich, zu unverbindlich
oder sogar unhöflich anhören.
Als Brasilianer kann ich dieser Aussage nicht vollkommen zustimmen,
allerdings werden die Deutschen meistens von den Brasilianern als direkt
angesehen, und das ist von uns manchmal auch als unhöflich betrachtet. Das heißt
jedoch nicht, dass das brasilianische Portugiesisch eine arme Sprache an Partikeln
ist. Es gibt zwar Partikeln im brasilianischen Portugiesischen, doch die Vielfalt ist
nicht so groß wie im Deutschen. Ebenfalls etwas, das eine wichtige Rolle hinsichtlich
des Unhöflichkeitseindrucks spielt, ist höchstwahrscheinlich der Laut der Sprache.
Von einem brasilianischen Standpunkt aus hören sich die Brasilianer eher melodisch
an, und die Deutschen eher abrupter. Schließlich, was Höflichkeit angeht, hat jede
28
Kultur ihre eigenen Konventionen, um sich höflich ausdrücken zu lassen. Was in
diesem Teil der Arbeit diskutiert wird, kann nicht als Muster für alle Sprachen
verwendet werden.
2.5.3 Die Partikel „mal“ und ihre Bedeutung
Hier wird einen Überblick über die isolierte Bedeutung dieser Partikel erörtert
und danach ihre Kombinierbarkeit mit anderen Partikeln präsentiert.
Damit man diese Partikel besser verstehen kann, wird hier kurz auf die
historische Entwicklung dieses Wortes in der deutschen Sprache eingegangen. „mal“
hat ursprünglich eine ähnliche Bedeutung wie ‚einmal‘, d.h. ihre Wirkung war eng mit
der Zeit verbunden. Diese zeitliche Eigenschaft hat sich zu einer zeitweiligen
Bedeutung verschoben. Beim Erbitten, Fordern, Feststellen oder Behaupten wurde
sie mit einer Einmaligkeit verknüpft, d.h. der Wirkungsgrad der Aussage wurde
minimiert und als eher vorübergehend, geringfügig und eingeschränkt angesehen.
Mit dem Gebrauch von „mal“ hat man auf Präzision und Eindeutigkeit zugunsten
eines gewissen Maßes an Vagheit und Unverbindlichkeit verzichtet (Bublitz, 2003).
Im Folgenden wird diskutiert, wie man im Gespräch diese Partikel benutzen
kann.
1) Wenn sich der gute Mann da mal nicht täuscht.
2) Natürlich gibt es Unterschiede, ich nenne mal ein Reizthema:
Von diesen Beispielen ausgehend trifft man eine Festlegung, äußert man eine
Behauptung oder macht man eine Mittteilung nur, wenn man seine Proposition für
relevant, wichtig oder wahr hält. Beim Gebrauch des ‚mal‘ schafft man zweierlei
Bedingungen: „zum einen wird wenig Gewicht auf den Wichtigkeits- und
Relevanzgrad geschoben, zum anderen schafft der Sprecher eine Relativierung der
Einschätzung der Wahrheit.“(Bublitz, 2003). Dabei verringert der Sprecher den
Stellenwert der Aussage und stellt sie als eher nebensächlich hin.
1) Hermann, gib mir mal ein „a“.
In diesem Beispiel schafft die Partikel bei direktiver Sprechhandlung eine
gewisse Aufrichtigkeit. Dabei ist vorausgesetzt, dass der Sprecher überzeugt ist,
dass der Hörer fähig ist zu tun, was der Sprecher von ihm gefordert hat, und er
29
versucht somit das Gewicht des Geforderten zu minimieren. Von dem Hörer wird
eine solche Forderung als klein, einmalig, einfach, beiläufig und leicht angesehen. Im
Korpus der deutschen Sprache kommt ‚mal‘ viel öfter in Imperativsätzen als in
Deklarativ- oder Interrogativsätze vor.
2.5.4 Andere Abtönungspartikeln + mal (Bublitz, 2003).
2.5.4.1 ja + mal
1) Man könnte ja mal überprüfen, ob…
2) Er soll ja mal gesagt haben…
Der Gebrauch dieser Partikel-Zusammenstellung kommt vor allem bei
Deklarativsätzen2 vor und taucht meistens in repräsentativen Sprechhandlungen auf,
wobei sie auch bei direktiven Sprechhandlungen vorkommen können. Beim
Benutzen dieser Kombinierung mindert der Sprecher den Wahrheitsgrad und die
Wichtigkeit des Gesagten und schafft dabei einen gewissen Grad Vagheit an der
Quelle der Information. Was die Partikel ‚ja‘ zu der Bedeutung beiträgt, ist die
Verweisung auf die Gemeinsamkeit, die diese Partikel enthält. ‚ja‘ verweist darauf,
dass beide Gesprächspartner ein gemeinsames Verständnis des Gesagten haben. In
Zusammenhang mit dem auffordernden Charakter der Partikel „mal“ und mit dem
Gebrauch von dem Modalverb „können“ und „sollen“, die eine abschwächende
Funktion haben, gibt der Sprecher dem Hörer die Option, sich frei und ohne Druck für
irgendeine Ansicht zu entscheiden, obwohl er weißt, dass der Sprecher wohl Recht
hat.
2.5.4.2 doch + mal
2 Deklarativsätze sind Satzarten, welche eine Behauptung aufstellen, also eine Aussage machen und dazu Verben verwenden wie der Meinung sein, behaupten, feststellen, sagen usw.
30
1) Rufen Sie doch mal an und fragen Sie ihn.
2) Seien wir doch mal ehrlich,…
Gewissermaßen dient diese Zusammenstellung dem gleichen Zweck wie bei
‚ja + mal‘. Die besondere Eigenschaft daran ist jedoch, dass das Muster mit ‚doch +
mal‘ stets in Aufforderungshandlungen vorkommt. Beim Gebrauch der Partikel ‚doch‘
setzt der Sprecher voraus, dass es eine Aufforderung zu folgen gibt und damit keine
erwähnenswerte Mühe bzw. keinen Gesichtsverlust verbunden ist. In solcher
Sprechhandlung ermuntert der Sprecher den Hörer zu tun, was es zu tun hat. Durch
‚mal‘ minimiert der Sprecher das Gewicht des Befehls und gibt dem Hörer ein Gefühl
von Kleinigkeit in Bezug auf die Aufforderung. Hier geht es um ein festes Muster, das
so vorgelegt werden kann:
IMPERATIV + DOCH + MAL im Imperativsatz.
2.5.4.3 schon + mal
1) Man habe ihm schon mal Schimpfworte zugezischt.
2) Mir gehen schon mal die Nerven durch…
3) …und da passiert es schon mal, dass es zum Konflikt kommt…
Die Partikel ‚schon‘ tritt hier bei einer eher unangenehmen oder
unerwünschten Situation auf. Mit dieser Partikel drückt der Sprecher aus, dass das,
was geschehen ist, nicht hätte geschehen sollen. Auf der anderen Seite jedoch
beabsichtigt er dem Hörer zu zeigen, dass trotz des Geschehens die Situation nicht
so dramatisch ist, d.h. er minimiert die Wirkung des Sachverhalts. Darüber hinaus
genügt es nicht, nur ‚schon‘ zu benutzen. Um die Intensivität des Geschehens
abzuschwächen, fügt er seiner Äußerung die Partikel ‚mal‘ hinzu. Durch ‚mal‘
spielt der Sprecher die Bedeutung des Sachverhalts herunter und schafft damit ein Gefühl von Einmaligkeit und Relativierung (Bublitz, 2003).Verzichtet der
31
Sprecher auf eine von beiden Partikeln, minimiert er damit die
Abschwächungswirkung des Gesagten. Dies geschieht jedoch nicht in allen Fällen
des Gebrauchs solcher Zusammenstellungen. Durch das folgende Exempel wird
gezeigt, wie anders sich diese Kombination auswirken kann:
1) … er kann schon mal Dehnübungen machen…
2) Wir halten schon mal die Daumen.
In den beiden oben erwähnten Fällen hat ‚schon‘ eine zeitliche Funktion und
kann mit ‚bereits jetzt‘ paraphrasiert werden. Obgleich sie zusammen in den
Äußerungen auftauchen, hat ‚schon‘ eine sehr geringe abschwächende Wirkung.
Vielmehr hat diese Partikel einen temporalen Effekt.
2.5.4.4 eben/halt + mal
1) Jetzt waren halt mal andere dran.
2) … die haben aufgehört und sind jetzt eben mal vor uns…
Das Schlüsselwort für ‚eben‘ und ‚halt‘ ist Resignation. Wenn die beiden
Partikeln ins Spiel gebracht werden, meint der Sprecher, dass das, was er sagt, die
einzige mögliche und unvermeidliche Solution für einen bestimmten Sachverhalt ist.
Doch wenn ‚mal‘ neben einer der beiden Partikeln auftaucht, wird automatisch die
Idee von Einmaligkeit verstärket und ebenfalls der Abschwächungseffekt.
1) Samstag organisiert er mal eben die Bayern-Abwehr beim 1:1 gegen…
2) … und damit’s zusammenpasst, wird mal eben umgeschult…
Stellt man ‚mal‘ der Partikel ‚eben‘ voran, lässt man die Einzigkeitsbedeutung weg. In
diesem Fall herrscht vielmehr die Beiläufigkeit und Mühelosigkeit.
3) Wir probieren das halt einfach mal aus…
Obgleich in dieser Arbeit auf mehrere Partikel nicht eigegangen wird, ist das
obere Beispiel interessant. In diesem Fall wird die Minimierung des Aufwands durch
‚einfach‘ verstärkt. Es lässt sich dadurch schlussfolgern, dass jede Partikel in
Äußerungen ihre eigene ursprüngliche Bedeutung mit sich trägt, die in einer
Zusammenstellung von Partikeln zu einer gemeinsamen pragmatischen Bedeutung
beiträgt.
32
2.5.4.5 nun + mal
1) Aber so ist das nun mal: Die Christdemokraten hätten…
2) … das ist nun mal so. An diesem Übel führt kein Weg vorbei.
3) ‚Das ist nun mal so gelaufen‘, sagt Rackwitz.
Mit diesen beiden Partikeln drückt der Sprecher aus, dass das, was er sagt,
endgültig und unabänderlich ist. Er drückt auch aus, dass das, was er begründet,
nicht nur das einzige, sondern auch das relevanteste Argument möglich ist. Durch
‚nun mal‘ werden die Erörterung von weiteren Gründen und Argumenten
eingeschlossen. Diese Partikel-Zusammenstellung wird durch das folgende Muster
ausgezeichnet:
SO IST DAS (DIE/DER) + NUN MAL bzw. (DIE/DER) IST + NUN MAL + SO
für repräsentative Sprechhandlung
2.5.4.6 ruhig + mal
1) Riechen Sie ruhig mal! 2) Die ist so schön, das soll er ruhig mal genießen…
3) Da kann man ruhig mal groß einsteigen.
‚ruhig mal‘ kann allein in direktiver Äußerung wie in (1) oder in der Umgebung
von einem Modalverb von subjektiver Modalität wie in (2) und (3) auftreten. Durch
diese Kombination von Partikeln drückt der Sprecher aus, dass das Gesagte ihn
nicht stört, d.h. dass er dagegen nichts hat. Der Sprecher drückt auch aus, dass die
Verpflichtung des Gesagten klein und beiläufig ist. Die Partikel ‚ruhig‘ kann auch
allein in einer Äußerung auftreten und dieselbe Bedeutung mit sich tragen.
2.5.4.7 kurz + mal
33
1) Das teil ich kurz mal auf.
2) … fordern sie (die Künstler) auf, ihr Werk kurz mal zu erklären…
3) … war’s ebenso selbstverständlich, kurz mal aufzurücken.
In diesem Fall nimmt die Partikel ‚kurz‘ keinen Bezug auf die Dauer des
Gesagten, sondern vielmehr auf die Geschwindigkeit der Zeitspanne, mit der die
jeweilige Handlung vollzogen wird (Bublitz, 2003).Hier könnte diese Partikel mit
schnell und rasch paraphrasiert werden. Die Partikel „mal“ trägt dazu bei, den
Aufwand und die Verpflichtung der Handlung abzuschwächen. ‚kurz‘ kann auch ‚mal‘
vorangehen.
1) … darf ich mal kurz unterbrechen…
2) Kannst du das mal kurz beschreiben?
In diesen Fällen ist der Verstand der Geschwindigkeit der Dauer viel
eingeprägter als in den Beispielen 1 zu 3.
2.5.4.8 mal + wieder
1) Leider habe ich zur Abwechslung mal wieder das schwarze Los gezogen.
2) Die Dränage hat mal wieder nicht funktioniert.
3) Henryk Broder provoziert mal wieder. Obschon ‚wieder‘ keine Partikel, sondern ein Temporaladverb ist, halte ich
dieses Phänomen für wichtig, denn es kommt mit Hochfrequenz in der deutschen
Sprache vor. Hier erhält „mal“ anstatt ihrer bisher diskutierten abschwächenden
Funktion, eher eine temporale Bedeutung. Die Äußerung mit „mal wieder“ weist
darauf hin, dass das, was passiert ist, gewissermaßen von dem Sprecher erwartet
war, denn dasselbe Ereignis unter denselben Umständen hat sich wahrscheinlich
mehrmals widerholt und seiner Auffassung nach handelt es sich um eine eher
typische Handlung. Beim Gebrauch dieser Partikeln-Zusammenstellung gibt der
Sprecher auch zu verstehen, dass das Geschehen so ist, wie es ist, und dass man
nichts dagegen machen kann. Die Kombination von ‚wieder‘ und ‚mal‘ weist darauf
hin, dass da das besagte Geschehen zu erwarten ist. Es ändert sich nicht.
34
Dementsprechend muss man es in Kauf nehmen, wie es ist. Dabei übernimmt der
Sprecher keine Verantwortung für das Geschehen und somit trägt er dazu bei, eine
abschwächende Funktion in die Handlung mit einzubeziehen. Die Ursache des
Ereignisses liegt hier nicht am Sprecher, sondern an der Natur der Sache. Bis zu
einem gewissen Grad kann man sogar sagen, dass die Wirkung von ‚mal wieder‘
vergleichbar mit der von ‚eben/halt mal‘ ist.
2.5.5 Das Verhältnis Partikel und Höflichkeit
2.5.5.1 Wie entsteht ‚mal‘ im Gespräch?
Wie bereits in dieser Arbeit erwähnt wurde, ist die deutsche Sprache eine
reiche Sprache an Partikeln. Sie werden häufig in der gesprochenen Sprache
verwendet und verfügen über eine große Anzahl von sowohl alleinstehenden als
auch kombinierbaren Partikeln in einer Äußerung. Die Vorstellung von den oben
genannten Exempeln stellt lediglich einen kleinen Anteil der Vielfalt an
Kombinationsmöglichketen dar. In den meisten Fällen, wo ‚mal‘ in Verbindung mit
anderen Partikeln auftaucht, kann man mit einer Zunahme am Abschwächungsgrad
des Gesagten rechnen.
Es wird von Bublitz Parallelität der Form und des Inhaltes erörtert. In seiner
Monographie schreibt er: ‚Dahinter steht das bekannte Prinzip, dass der Sprecher
durch die Parallelität der Form eine Parallelität des Inhalts suggeriert und dadurch in
das Zentrum der Betrachtung rückt, also hervorheben kann.‘ (Bublitz, 2003). Meiner
Auffassung nach meint der Autor mit Parallelität die unterschiedlichen illokutiven
Bedeutungen, die eine Aussage anbieten kann. Eine Aussage besteht aus einer
schriftlichen oder eher mündlichen Form, die einen Inhalt mit sich trägt. Beim
Gebrauch von Abtönungspartikeln führt der Sprecher die Sprechhandlung dazu, das
Relevanteste zu berücksichtigen ist. Das hebt den Ansatz hervor, dass Partikeln auf
die Einstelllung des Sprechers eingehen. Das widerspricht allerdings dem Ansatz,
dass Partikeln im Gespräch eine hintergründige Rolle spielen. Sie weisen jedoch auf
das hin, was der Sprecher für relevant hinsichtlich seine Einstellung der Handlung
35
hält. Deshalb bezieht sich die Nutzung einer bestimmten Art Partikel bzw.
Partikelkombination keinesfalls auf jedes syntaktische Element einer Äußerung,
sondern darauf, wie der Sprecher die Konversation nach dem jeweiligen Kontext
leiten möchte. Das kann als Parallelität von Partikeln zu anderen Wortklassen
begriffen werden.
2.5.5.2 Semantische und Syntaktische Betrachtungen
Hier wird auf die Wichtigkeit der Partikel ‚mal‘ zum Faktor Höflichkeit im
Gespräch und auf die von ‚mal‘ semantischer Abhängigkeit von anderen Partikeln
eingegangen. Allerdings müssen zuvor ein paar semantische und syntaktische
Betrachtungen erwähnt werden, um ein ausführliches Verständnis in Bezug auf diese
Thematik zu ermöglichen.
Es gibt grundsätzlich zweierlei Gruppen von Wörtern. Die erste besteht aus
Wörtern, die auf der syntaktischen Ebene zu derselben Wortklasse gehören, die
trotzdem keine gleiche Bedeutung enthält, wenn sie semantisch analysiert werden.
Es handelt sich um Antonym-Paare wie schwarz – weiß, vor – zurück und Krieg –
Frieden. Die in dieser Arbeit betrachteten Partikeln sind zu dieser Gruppe nicht
angehörig. Die zweite umfasst Wörter die sowohl auf syntaktischer, als auch auf
semantischer Ebene über eine, wenn nicht gleich, zumindest sehr ähnliche
Bedeutung verfügen. Dabei handelt sich im weiteren Sinne um Synonympaare wie
dick – fett, im Großen und Ganzen und immer und ewig. Was Partikeln angeht,
haben sie Funktionen, die sowohl in der Syntax als auch in der Semantik gleiche
oder ähnliche Bedeutung haben.
Was sich gewissermaßen als schwierig erweist, ist die Tatsache, dass wenn
man Partikeln-Paare und ihre Bedeutung in Betracht zieht, man merkt, dass der
semantische Bedeutungsgrad nicht so hoch ist, d.h. sie nicht durch andere Partikeln
ersetzbar sind. Höchstens könnte man in den oben genannten Fügungsfällen damit
rechnen, dass die Nachbarpartikel durch ‚mal‘ ersetzbar wären, um die
Inhaltsbedeutung der Äußerung beizubehalten. Andersherum würde es zu einer
Änderung des Inhalts des Gesagten führen. Es kommt bei dem Paar ‚nun mal‘ vor,
dass sie unmittelbar voneinander abhängig sind, d.h. um die genaue pragmatische
36
Bedeutung des Gesagten zu gewährleisten, dürfen die beiden nur zusammen in
einer Äußerung auftreten.
Abgesehen davon, dass ‚mal‘ mehrere Partikeln anzieht, ist es wichtig nicht
außer Betracht zu lassen, dass diese Partikel nicht nur Partikeln an sich selbst
anzieht, sondern auch Verben und Adverbien. Diese Zusammenstellung ist in der
Regel fest und hat jeweils ihre eigene semantische Bedeutung, welche von den
beiden (oder allen, falls mehr als zweierlei Partikeln in einer Äußerung auftauchen)
abhängig ist.
2.5.5.3 Fazit
Hier wurde in Betracht gezogen, über welche Funktionen Partikeln verfügen
und in welchen Art Sprechhandlungen sie auftauchen. Es wurde von ihrer starken
Verbindung mit der abschwächenden Wirkung des Aufgeforderten, Gesagten,
Behaupteten usw. in einer Äußerung berichtet. Daher sind sie auch stark mit dem
Faktor Höflichkeit in einer Konversation verbunden. Es wurden Beispiele vorgestellt,
wo nicht Muttersprachler wegen seines anspruchsvollen Umgangs mit Partikeln
Schwierigkeit dabei haben könnten, seine Einstellung hinsichtlich der Situation für die
Muttersprachler zu äußern. Es wurde auch diskutiert, wie das umgekehrt passiert,
d.h. wie es den Deutschen schwierig vorkommen könnte, sich in fremden Sprache
ohne Partikeln zu äußern. Dann wird in dieser Arbeit darauf eingegangen, wie und in
welchen Fällen von Sprechhandlung ‚mal‘ mit anderen Partikeln verbunden werden
kann.
2.6 PARTIKELFORSCHUNG IM PORTUGIESISCHEN SPRACHRAUM NACH
ANTONIO FRANCO
Dieser Teil der Arbeit beschäftigt sich damit, einen Überblick über die
Geschichte der Forschung und Entstehung von Partikeln als Wortklasse im
Portugiesischen zu geben.
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Erst im 19. Jahrhundert wurde den damaligen Grammatikern bewusst, dass
das Adverb als Wortklasse nicht homogen sein könnte. Sie beobachteten, dass bei
manchen Adverbien einige nicht vorher gesehene Funktionen zu erkennen waren.
Das bemerkenswerteste daran war, dass etliche dieser Funktionen vor allem auf
einer kommunikativen Ebene vorkamen.
Erstens wurde von Lage (1899:09) erwähnt, dass das portugiesische Adverb
não (nein) in emphatischen Sätzen und begleitet von dem Wort „pois“, vor allem bei
Antworten, eine bejahende Bedeutung hatte. Andere Grammatiker äußerten sich
gleichermaßen über die positive Wirkung von diesem Wort, der in den meisten Fällen
ein „Nein“ bedeutet. Jahre später beschäftigen sie sich Grammatiker mit der
Bedeutung von Lokaladverbien‚ cá (hier) und lá (dort, da). Was bei den Partikeln
beobachtet wurde, ist die Tatsache, dass ‚cá’ der ersten Person als intensivierendes
Mittel dienen und ‚lá‘ der zweiten. Als Beispiel haben wir die folgenden Sätze: ‚Eu cá julgo que ela não vem ‘ und ‚Tu lá sabes? ‘. Und wenn ‚lá‘ eine dubitative Rolle in
Aussagesätzen aufnimmt, dient dann diese Partikel allen Personen, z.B. ‚Eu lá sei! oder Nós lá queremos isto!!‘.
Auf der Suche nach einer klareren Definition zu diesem Thema, die sich
deutlich von Adverbien abspalten ließe, war ein wichtiger Gesichtspunkt in Betracht
zu ziehen. Grammatiker sind auf die Idee gekommen, dass sich solche Wörter nicht
auf einzelne Elemente eines Satzes beziehen, sonder auf den Ganzen. Darüber
hinaus wurde geschlussfolgert, dass Partikeln Meta-Kommentare seien. Außerdem
wurde auch beobachtet, dass sie sich nicht frei im Satz bewegen konnten, sondern
dass sie von einem Element mit eigentlicher Bedeutung abhängig waren. Unter
‚eigentlicher Bedeutung‘ ist zu verstehen, dass das Element mit zum Satz gehören
muss, um seine semantische Bedeutung zu gewährleisten, während die Partikel
nicht unbedingt dazu gehören muss, im Grunde genommen mit kleiner Veränderung
an der pragmatischen und nicht an der semantischen Bedeutung.
Als ich mich mitten meiner Untersuchungen an der Nationalbibliothek befand,
fand ich unter unterschiedlichen Monographien aus verschieden Sprachräumen der
Welt die von Franco. Es gab andere Monographien von verschiedenen
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portugiesischen Sprachwissenschaftlern. Bei keinem war es jedoch ein eindeutiger
pragmatischer Blickwinkel hinsichtlich dieses Themas zu sehen.
2.6.1 DER BEITRAG VON DEM BRASILIANER SADI ALI
In den 30er Jahren veröffentlichte in Brasilien ein in Portugal unbekannter
brasilianischer Grammatiker, Sadi Ali, einen Beitrag, in dem er der ‚Expressões de
Situação (Zustandsausdrücke)‘ ein ganzes Kapitel widmete. Weder der Autor noch
seine Arbeit sind nach Franco in Portugal bekannt geworden. Ali verfasste eine
hochaktuelle Analyse solcher Wörter immer im Zusammenhang zu ihrer
pragmatischen Bedeutung. Überraschenderweise ähnelten viele seiner
Bemerkungen den späteren Schlussfolgerungen, welche von Weydt erst in den
60ern gezogen werden. Der brasilianische Grammatiker richtet seine
Aufmerksamkeit beispielsweise auf die Tatsache, dass solche Wörter in den meisten
Fällen in der spontanen Umgangssprache vorkommen und dass sie in einem
gewissen Sinn ein Element von Intentionalität des Sprechers zugunsten der
Steuerung des Gesprächs enthält. Alis Gedanken hinsichtlich der Partikeln kann wie
im Folgenden zusammengefasst werden:
Die von ihm benannten „expressões de situação“ haben jedoch nichts mit
den verschiedenen Kommunikationsquellen wie etwa geschriebenen bzw.
gesprochenen Texten zu tun. Er nimmt jedoch Rücksicht darauf, wie sich ein
Gespräch mit Betrachtung seines Kontexts und seiner Situation entwickelt, und wie
der Gebrauch der Situationsausdrücke im Einklang mit der Intention des Sprechers
steht. Es wird angenommen, dass sich die Einführung solcher Wörter in das
Gespräch nicht nur den Sprecher angeht, sonder auch, und wenn nicht vor allem,
den Hörer. Der Sprecher macht Gebrauch von einer Partikel, von der er spürt, dass
es eine von ihm gezielte Auswirkung auf den Hörer geben wird. Diese Gedanken
führte Ali dazu, festzustellen, dass Partikeln hauptsächlich dazu beitragen, eine
gewisse Steuerung des Gesprächs zu etablieren.
Nachdem in diesem Teil meiner Arbeit ein bisschen über Alis Ansichten zu
Partikeln geschrieben wird, möchte ich nun das Augenmerk zurück auf Francos
Arbeit richten. Am Ende seiner Arbeit schreibt Franco über die syntaktischen Aspekte
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der Partikeln im Portugiesischen. Da sich meine Arbeit im Grunde genommen nicht
mit den syntaktischen Aspekten befasst, gehe ich auf diesen Teil Francos Arbeit
nicht ein. Darum gehe ich nun auf meine eigenen Gedanken über Francos
Monographie ein.
2.6.2 FAZIT
Es freute mich sehr herauszufinden, dass ein Brasilianer, Sadi Ali, ein
Vorreiter Bezug nehmend auf diese Forschung hätte sein können. Doch seine Arbeit
wurde in der internationalen linguistischen Welt nicht wahrgenommen. Obgleich sich
Francos Beitrag auf eine eher geschichtliche Ansicht richtet, und das unmittelbar mit
meiner Arbeit nicht zu tun hat, hielt es für interessant zu zeigen, wie beinahe
unauffällig das brasilianische Portugiesisch im Bereich Partikeln auftritt. Dies diente
mir als Ermutigung, mich weiter mit diesem Thema zu beschäftigen, meine
Gedanken und Beobachtungen hinsichtlich Partikeln weiter zu entwickeln und somit
mehr Raum im internationalen wissenschaftlichen Milieu für Brasilien zu schaffen.
2.8 VORSCHLAG ZU EINER VERGLEICHSTABELLE ZU ABTÖNUNGSPARTIKELN
ZWISCHEN DEM DEUTSCHEN UND BRASILIANISCHEN PORTUGIESISCHEN
Als ich auf die Idee kam, diese kontrsative Tabelle zu gestalten, hatte ich
zunächst die Absicht, mich mit der Bedeutung und der Wirkung von
Abtönungspartikeln zu befassen. Ich war auf der Suche nach einer sinnvollen
Erklärung zu diesem Thema und wollte dabei herausfinden, ob es Entsprechungen
im Portugiesischen gäbe. Natürlich kann man wortwörtlich nicht übersetzen, wenn
man die Wirkung von einer bestimmten fremdsprachlichen Äußerung in seine
Muttersprache umzusetzen beabsichtigt. Um das machen zu können, muss man
zunächst den Kontext kennen, in dem sich die ganze Sprechhandlung abspielt, dann
muss man sich dieselbe Handlung in seiner Sprache vorstellen und darüber hinaus
eine seiner Sprache entsprechend verständnisvolle Bedeutung ausbauen. Basierend
auf dieser Behauptung habe ich diese Tabelle konzipiert.
In der Tabelle sieht man drei Spalten jeweils mit einer Bezeichnung: Partikeln,
Deutsch/brasilianisches Portugiesisch Beispiele und Wirkungsweise. Unter Partikeln
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sieht man, welche dieser Wörter ausgewählt wurden, in der zweiten Spalte sieht man
dreierlei Beispiele. Das erste zeigt eine Äußerung ohne Kontext an, damit man sein
Augenmerk ausschließlich auf die Wirkung der Partikel richten kann. Das zweite ist
ein Übersetzungsversuch des ersten Satzes, der anhand des Kontextes im
Deutschen eine entsprechende Funktion im Portugiesisch versucht zu schaffen. Das
hebt die Behauptung hervor, dass man nur mit dem Verständnis der Wirkung des
Gesagten eine Entsprechung in der Zielsprache schaffen kann. Das dritte ist eine
wortwörtliche Übersetzung, durch die beabsichtigt wird, zu zeigen, dass jede
Sprache ihre eigene Art und Weise hat, sich durch Intention auszudrücken, was eine
wörtliche Übertragung nicht ermöglicht. Durch den Mangel an semantischer
Bedeutung wird man zu einer solchen Thematik sensibilisiert. Schließlich sieht man
die Spalte der Wirkungsweise, wo man die illokutiven Begriffe hinsichtlich ihrer
pragmatischen Bedeutung des jeweiligen Satzes lernt.
Diese Tabelle hat die Absicht, den Studenten im DaF-Unterricht zu zeigen,
dass es deutsche Wörter gibt, die es auch in ihrer eigenen Sprache gibt, welche
trotzdem anders dargestellt werden als im Deutschen. Beim Versuchen diese Wörter
wortwörtlich zu übersetzen merkt der Studierende, dass eine Übersetzung nur
möglich ist, wenn die ganze Intention der Handlung ins Spiel gebracht wird. Um die
Tabelle und die Wahrnehmung vollständiger zu gestalten, war für mich ein Beispiel
mit Hilf eines authentischen und muttersprachlichen Materials wichtig, denn nur ein
Muttersprachler geht natürlich und instinktiv mit Partikeln um. Dadurch könnte man
Aufmerksamkeit von den Schülern auf die Betonung von Partikeln in einer Äußerung
ziehen. Die Beispiele stammen aus dem Buch „Grammatik mit Sinn und Verstand“
von Wolfgang Rug und Andreas Tomaszewski.
Partikeln Deutsch/brasilianisches Portugiesisch Beispiele Wirkungsweise
doch Das ist mir doch egal! (Pra) (mim) (tanto faz) (mesmo)! (für) (mich) (egal macht) (wirklich/gleich/selber)
Vorwurf, oft mit Nachdrück
aber Du bist aber gewachsen! (Mas) (como) (você) (cresceu)! (aber) (wie) (du) (gewachsen bist)!
Überraschung
denn schon
Ist es denn schon zu spät? (Será) (que) (já) (é) (muito) (tarde)? (wird sein) (dass) (schon) (ist) (zu) (spät)?
Zweifel, Überraschung. Man bestätigt eine Situation, über die man eine Vorahnung hat
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Kombinierbarkeit der Partikeln
bloß
Hör bloß damit auf! (Pare) (já) (com) (isto)! (hör auf) (schon/sofort) (mit) (das)!
Drohung, Warnung
auch
Wart ihr auch alle brav? Vocês se comportaram bem? Keine Äquivalenz. Hier wird die Stellung des Sprechers durch Betonung, Gesichtsausdruck geäußert.
Man erwartet eine positive Antwort. Es kann Zweifel spürbar sein.
doch mal
Komm doch mal vorbei! ( Dá uma ) ( passadinha ) ( aí )! ( Gib ein ) ( Gängchen ) ( da )!
Freundliche Aufforderung, Ermunterung Kombinierbarkeit der Partikeln
ja Erzähl mir ja nichts davon! ( Nem ) ( me ) (conte ) (nada ) ( disto ) ! ( Nicht ) ( mir ) ( erzähl ) ( nichts ) ( davon )!
Warnung, Drohung
einfach Fahr einfach mal in den Urlaub! ( Basta ) ( você ) ( sair ) ( de ) ( férias )! ( Es genügt sich ) ( ausgehen ) ( von ) (Urlaub)!
nämlich Ich will nämlich auch nach München fahren! (É que) (eu) (também) (quero) (ir) (para) (Munique)! (Ist dass) (ich) (auch) (will) (gehen) (nach) (München)!
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3 SCHLUSSFOLGERUNG
3.1 FAZIT UND BEMERKUNGEN
Bevor in diesem Teil der Arbeit erörtert wird, was aus dieser Untersuchung zu
schlussfolgern ist, wollte ich noch einmal auf das Hauptziel dieser Arbeit
hinweisen. Wie schon erwähnt wurde, ist diese Arbeit für nicht-muttersprachliche
DaF-Lehrer gedacht, wobei sie auf jeden Fall von Deutsch-Muttersprachlern
gelesen werden kann. Der Lehrer kann diese Arbeit aus zwei verschiedenen
Blickwinkeln betrachten. Zum einen kann man die oben erwähnten und
kommentierten Thesen als eine Sensibilisierung hinsichtlich der Partikeln und der
Schwierigkeiten bei ihrem Gebrauch und ihrer Lehre ansehen. Zum anderen kann
uns diese Arbeit als Hilfsmittel dienen, den Umgang mit Partikeln und
dementsprechend unsere Kenntnisse bezüglich der deutschen Sprache zu
verbessern. Darüber hinaus wurden ein paar Anweisungen zur Verfügung gestellt,
die beim Beibringen von Partikeln den Lehrern bzw. den Schülern helfen sollen.
Bevor der Lehrer Partikeln unterrichtet, muss er ein paar Eigenschaften dieser
Wortklasse in Betracht ziehen. Zuerst muss es für ihn selbstverständlich sein,
dass Partikeln zu einer geschlossenen Wortklasse gehören. Am
bemerkenswertesten an dieser Gruppe ist, dass sie nicht erststellenfähig ist und
von anderen Elementen im Satz unmittelbar abhängt, und somit auch nicht
alleinstellefähig ist. Danach kommt das zweite Tabu bei Partikeln: sie sind
semantisch nicht zu erfassen. Sie haben keine Antonym-Paare und treten je nach
der Intention des Sprechers hinsichtlich des Gesprächs und des Hörers auf. Dies
erweist sich dem Lehrer als kompliziert zu unterrichten, denn die ganze
Sprachlehre von heute beruht hauptsächlich auf semantischen Konzepten. Um ein
angebrachtes Klima im Unterricht zu schaffen, wo Partikeln im pragmatischen
Sinne weitergegeben werden könnten, darf der Lehrer nicht vergessen, dass der
Kontext, in dem eine Aussage mit Partikeln entsteht, in der Analyse
miteinbezogen werden muss. Dies liegt darin, dass, um die Intention des
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Sprechers erörtern zu können, die Situation des Dialogs zunächst geklärt werden
muss.
Davon ausgehend, dass eine Fremdsprachenlehre ohne Wörterbuch und
Übersetzung nicht vorkommt, muss man vor der Schwierigkeit beim Übersetzen
nicht zurückschrecken. Aus demselben Grund wie oben genannt, liegt es an dem
schwierigen Übergang von einem semantischen zu einem pragmatischen
Blickwinkel. Aus eigener Erfahrung und Beschäftigung mit diesem Thema
empfehle ich das Folgende, um einen ausreichenden Umgang mit Partikeln zu
schaffen. Für ein nicht Deutsch-Muttersprachler, hauptsächlich Brasilianer, zeigen
sich Partikeln besonders schwierig zu erfassen und verwendet zu werden, denn
im brasilianischen Portugiesisch ist die Vielfalt an Partikeln nicht so groß wie im
Deutschen. Um eine deutsche Partikel verstehen zu können, muss man zunächst
wahrnehmen, dass es sie im Portugiesischen auch gibt. Denn wenn man den
Mechanismus einer solchen Wortklasse in seiner Muttersprache versteht, kann
man sie einfacher im Deutschen nachvollziehen. Wenn man begreift, wie Partikeln
funktionieren, muss man sich auf diesen Mechanismus einstellen und auf die
Dauer schafft man einen guten Umgang mit diesen Wörtern.
Auch etwas, das man nicht außer Acht lassen sollte, ist die Tatsache, dass
Intonation beim Gebrauch von Partikeln eine unabdingbare Rolle spielt. Das
erweist sich für nicht Deutsch-Muttersprachler als besonders kompliziert, denn die
Melodie einer Sprache erwirbt man ausschließlich, wenn man eine lange Zeit im
jeweiligen Sprachraum lebt. Also muss der nicht Deutsch-muttersprachliche DaF-
Lehrer von sich selbst nicht erwarten, genau so natürlich und richtig Gebrauch von
Partikeln zu machen. Falls man Partikeln und Intonation beibringen möchte, wäre
es empfehlenswert, dies mit Hilfe eines Deutsch-Muttersprachlers oder
authentischen Hörmaterialien in Gang zu setzen.
Nicht zuletzt muss hier die Wichtigkeit der Kombinierbarkeit von Partikeln in
Erwägung gezogen werden. Was die Lehre von Partikeln und ihre
Kombinierbarkeit angeht, wäre es empfehlenswert, vor ihren vielfältigen
Kombinierungsmöglichkeiten keine kalten Füßen zu bekommen. Denn jede
Kombination bringt einen kleinen pragmatischen Beitrag der einzelnen Partikel
seiner Gruppe mit sich. Es gibt wenige Studien, die sich mit der Erklärung dieser
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Eigenschaft der Partikeln befassen. Darüber hinaus wäre es von großer Hilfe, sich
mit der Kombinierbarkeit der Partikeln mittels eines Deutsch-Muttersprachlers zu
beschäftigen.
Wenn sich der Lehrer einmal mit diesen Eigenschaften auseinandergesetzt und
ausreichenden Gebrauch von ihnen gemacht hat, verfügt er über ein
Sicherheitsgefühl, Partikeln beizubringen. Nun, dass das Augenmerk auf die
Schüler gerichtet werden kann, muss der Lehrer auf ein paar Anweisungen
Rücksicht nehmen. Wenn er im Unterricht Partikeln verwendet, darf er sie in
seinem Dialog mit den Schülern nicht ständig wiederholen. Wenn sie schon am
Anfang eines Dialoges gebraucht werden, ist die Einstellung des Sprechers
bezüglich des Gesprächs bzw. des Sprechers automatisch determiniert. Eine
Wiederholung von solchen Wörtern würde ausschließlich dazu führen, dass der
Dialog sich etwa unnatürlich anhören würde.
Der Lehrer soll auch von seinen Schülern nicht erwarten, dass sie bereits am
Anfang ihres Lernens richtigen Gebrauch von Partikeln machen. Das kommt
ausschließlich mit der regelmäßigen Praxis natürlicher Dialoge inner- und
außerhalb des Klassenzimmers. Es wäre auch empfehlenswert zu vermeiden,
den Schülern, und hier meine ich nicht Germanistik-Studenten, eine grammatisch
ausführliche Erklärung zu Partikeln zu geben. Denn die Schüler müssen ihre
ganze Konzentration darauf richten, zu verstehen, wie Intention und Intonation
theoretisch zusammenhängen. Diese Mühe kann sich als Barriere zu einem
gezielten Erwerb, dies im pragmatischen Sinne, von Partikeln erweisen. Durch
Übungen mit Partikeln und spontanen Gebrauch von ihnen im Unterricht lernen
die Schüler diese Wortklasse auf eine natürliche Weise einzusetzen.
3.2 Anwendungsvorschläge
Ein Beispiel dazu wäre ein Unterrichtsvorschlag, welchen zwei deutsche
Kommilitoninnen und ich letztes Jahr während meines Aufenthaltes in Leipzig
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gestaltet haben. Dieser Unterrichtsplan war eine der erforderlichen Aktivitäten von
einer Veranstaltung namens „Grammatik in Praxis und Theorie“. Jede Gruppe in
der Klasse sollte sich ein grammatisches Thema auswählen und jeweils einen
Vortrag zu seiner Theorie und seiner Praxis im DaF-Unterricht halten. Meine
Gruppe hat sich mit Abtönungspartikeln befasst. Daraus ist die folgende Planung
entstanden.
Zeit Phasen/ Ziel Lehreraktivität Lerneraktivitäten Sozialform Medien
1 10 Min.
Aufwärmphase, Aktivierung von Vorwissen
Schreibt Sätze an Tafel, lässt Lerner Satz vorlesen,
Lesen vor, finden Merkmale Plenum Tafel
2 15 Min.
Strukturierung des Wissens
Moderieren des Gesprächs Reflektieren Plenum Tabelle
3 10 Min Anwendungsübung
Gib Hilfestellung und korrigiert in Korrekturphase
Füllen Lückentext aus
Einzelarbeit, Vortragen im
Plenum
Lückentext (dieser Text ist im Anhang dieser Arbeit zu finden)
4 15 Min Anwendung
Korrigiert, erklärt unbekannte Wörter
Lerner lesen Werbeanzeige und identifizieren Partikeln, Diskussion: Wirkungsweise der Partikeln
Plenum Authentischer Werbetext
5 10 Min.
Kreative Anwendung
Stellen der Aufgabe, Hilfestellung
Beginnen Werbetext zu entwerfen; Beendigung als Hausaufgaben
Einzelaufgabe Authentischer Werbetext
Hier wird auf die detailierte Erklärung zu den jeweiligen Unterrichtsschritten nicht
eingegangen. Das Augenmerk des Lesers wird in diesem Teil der Arbeit eher auf
die Struktur des Unterrichts hinsichtlich der Lehre von Partikeln gelegt. Als wir
diesen Unterrichtsvorschlag in Deutschland planten, haben wir als Zielgruppe
Germanistik-Studenten der Universidade Federal do Paraná (UFPR) festgelegt.
Deswegen gibt es in diesem Vorschlag eine Phase, wo Studenten mit einer
Vergleichstabelle zur kontrastiven Analyse mit mehreren Partikeln konfrontiert
werden. Bei einem konventionellen DaF-Kurs wäre das nicht empfehlenswert.
Dies würde dazu beitragen, dass das Augenmerk der Schüler nicht auf die
Haupteigenschaft der Partikeln, Intention, gerichtet würde, sondern auf die
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unterschiedlichen pragmatischen Bedeutungen, die sie enthalten. Die Studenten
sollen durch den Gebrauch einer solchen Tabelle auf Partikeln sensibilisiert
werden. Es ist von ihnen nicht zu erwarten, dass sie am Ende des Unterrichts,
oder sogar eine Weile danach, die Wirkungsweise dieser Wörter beherrschen.
Hauptsache ist es für den Lehrer zu wissen, dass Partikeln sich auf die
pragmatische Bedeutung eines Satzes beziehen und mit Intention des Sprechers
verknüpft sind.
Was jedoch im DaF-Unterricht für nicht Germanisten verwendet werden kann, ist
die Übung zur Anwendung und kreativen Anwendung. In diesen Aktivitäten wird
den Schülern eine authentische Reisewerbung aus Dem Spiegel gezeigt. Durch
den Werbetext wird versucht, den Leser dazu anzuregen, eine Reise zu
unternehmen. Im Text gibt es das folgende Beispiel: „Als Qualitäts- Scout hat er
sich mal angesehen, wo das Rindfleisch für Big Mac und Co. eigentlich
herkommt.“ Nach einer Diskussion zur Bedeutung des Textes und seines
Kontextes erklärt der Lehrer den Schülern die Wirkungsweise einer solchen
Partikel. Nachdem sich die Schüler mit dieser pragmatischen Eigenschaft des
‚mal‘ vertrauter fühlen, können sie mit der kreativen Übung loslegen. Die Schüler
sollen ermuntert werden, in Gruppen einen Werbetext mit der Partikel ‚mal‘ zu
gestalten, dies wird ihnen Zeit geben, unter sich die Bedeutung von der Partikel zu
erarbeiten. Das Thema der Werbung kann frei gewählt werden, so dass sich die
Schüler exklusiv auf die Wirkung dieser Partikel konzentrieren können. Nachdem
sie mit der Gestaltung der Werbung fertig sind, sollen sie den anderen Schülern
der Klasse die Partikeln in Form einer TV Werbung präsentieren. Die Klasse wählt
die beste Darstellung und diskutiert im Plenum, warum sie die ausgewählte
Werbung als am realitätsnähesten beurteilt haben.
Wenn der Lehrer die oben erwähnten Anweisungen zur Lehre der Partikeln
verfolgt und sie im Unterricht anwendet, schafft er ein natürliches Gesprächsklima,
welches zu einem erfolgreichen Erwerb von Partikeln beitragen könnte.
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Es wurde mit dieser Arbeit beabsichtigt, den DaF-Lehrenden einen Überblick über
Abtönungspartikeln zu bieten. Hier wurden die Schwierigkeiten beim Verstehen
und Lehren aus Sicht eines nicht Muttersprachlers aufgezeigt, und ein paar Tipps
gegeben, welche beim Erwerben und Beibringen solcher Wörter helfen sollen.
Mir persönlich wurden mit dieser Arbeit viele meiner Fragen beantwortet, die ich
hinsichtlich Partikeln hatte. Es gibt jedoch noch eltiche Fragen, die unbeantwortet
geblieben sind. Zum Beispiel beruht diese Arbeit grundsätzlich auf Aussagen von
Sprachwissenschaftlern, deren Behauptungen in dieser Arbeit wissenschaftlich nicht
überprüft wurden. Also fehlen noch weitere Untersuchungen zum Thema, Gestaltung
von authentischen Materialien und Treffen von DaF-Lehrern, um eine weitere
Entwicklung in diesem Bereich der Linguistik bzw. des DaF-Bereichs zu sichern.
In einem weiteren Projekt möchte ich mich mit den Vermutungen wie etwa
'Können Partikeln im Laufe des Lernens erworben werden?“ oder „Wie früh und
wie sollen Partikeln während des Lernens vermittelt werden?“ beschäftigen. Dies
würde ein Handbuch zu Partikeln für brasilianische DaF-Lehrende bzw. Lernende
ermöglichen.
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BIBLIOGRAPHIE
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