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Untersuchungen zur Strahlungs- und Energiebilanz an den ... · PDF fileIn this diploma thesis,...

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Diplomarbeit im Fach Geographie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena Vorgelegt Januar 2005 Matthias Basler Untersuchungen zur Strahlungs- und Energiebilanz an den Muschelkalksteilhängen um Jena Matthias Basler Gutachter: Matrikelnummer 40169 Prof. Dr. Wolfgang-Albert Flügel geb. am 27.12.1978 PD Dr. Martin Gude Jena, den 2.1.2005
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Page 1: Untersuchungen zur Strahlungs- und Energiebilanz an den ... · PDF fileIn this diploma thesis, the focus is on global radiation, the radiation balance, the energy balance and the soil

Diplomarbeit im Fach Geographie

an der Friedrich-Schiller-Universität Jena

Vorgelegt Januar 2005

Matthias Basler

Untersuchungen

zur Strahlungs- und Energiebilanz

an den Muschelkalksteilhängen

um Jena

Matthias Basler Gutachter:

Matrikelnummer 40169 Prof. Dr. Wolfgang-Albert Flügel

geb. am 27.12.1978 PD Dr. Martin Gude

Jena, den 2.1.2005

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Bitte beachten Sie:

Dieser digitalen Ausführung der Diplomarbeit liegt am Ende des Dokumentsein zweiseitiges Ergänzungs- und Korrekturblatt bei,das erst nach Abgabe der Arbeit geschrieben wurde.

Die Arbeit selbst befindet sich im im Zustand der offiziellen Abgabe,d. h. die Korrekturen wurden nicht eingearbeitet.

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Danksagung

Mein Dank gilt meinen BetreuernDr. Peter Krause für sein offenes Ohr bei allen inhaltlichen Problemen,

Dr. Martin Gude für seine Unterstützung mit Meßgeräten und viel Erfahrung,Dr. Winfried Voigt für die Anregung zu dieser Diplomarbeit

und für die Bereitstellung der Temperaturlogger sowieProf. Dr. Wolfgang-Albert Flügel für die Möglichkeit,

die Diplomarbeit an seinem Lehrstuhl anzufertigen.

Weiterhin wurde meine Arbeit freundlicherweise unterstützt vonDr. Olaf Kolle vom MPI für Biogeochemie, der Wetterdaten zweier Stationen lieferte,

Dipl.-Phys. Bernhard Kühn, der die Wetterdaten der Fachhochschule Jena bereitstellte,Dr. Manfred Fink, der mir ein Schalenkreuzanemometer lieh,

Eberhard Hage, der sein Grundstück für meine Wetterstation zur Verfügung stellte,sowie Sylvia Küster, Dirk Müller und anderen Studenten,

die mir u. a. beim Auf- und Abbau der Wetterstation geholfen haben.

Viel Dank gebührt auch den ehrenamtlichen Programmierern und Helfernvon OpenOffice.org, deren Office-Suite sich für diese Arbeit mehr als bewährt hat,

sowie den Entwicklern von NetBeans.org für ihre exzellente Programmierumgebung.

Ein Dank geht auch an mein Notebook, das ichmit meinen Berechnungen mehrfach fast zur Weißglut gebracht habe,

und das mich trotzdem nicht im Stich gelassen hat.

Zu guter Letzt gilt mein Dank meinen Familienangehörigen,die mir bei Fragen stets beiseite stehen und mich

logistisch und moralisch stets unterstützen.Ihnen verdanke ich nicht zuletzt auch mein Studium.

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SelbstständigkeitserklärungHiermit bestätige ich, daß ich diese Arbeit selbstständig und nur mit den angegebenen Quellenund Hilfsmitteln durchgeführt und verfaßt habe. Ich habe aus anderen Werken entnommeneDaten, Abbildungen sowie wörtliche und sinngemäße Zitate mit Quellenangaben gekenn-zeichnet.

Jena, den 2.1.2005

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Inhalt1 Einleitung................................................................................................................................1

1.1 Anregung und Fragestellungen.........................................................................................11.2 Geologische und klimatologische Einordnung des Gebiets............................................. 31.3 Vorangehende ökologische Arbeiten in der Region.........................................................41.4 Lokal- und regionalklimatologische Untersuchungen......................................................5

2 Grundlagen und Stand der Wissenschaft............................................................................ 62.1 Die Strahlungs- und Energiebilanz der Erdoberfläche..................................................... 62.2 Messung und Berechnung der Einzelkomponenten......................................................... 72.3 Ansätze zur Simulation des Bodentemperaturprofils..................................................... 10

3 Zielstellung der eigenen Arbeit........................................................................................... 114 Datenerhebung und -aufbereitung..................................................................................... 12

4.1 Erfassung der Geländeeinflüsse mit Dataloggern.......................................................... 124.1.1 Kalibrierung und Test der Datalogger......................................................................... 124.1.2 Beschreibung der Standorte.........................................................................................134.1.3 Messung der Standortfaktoren.....................................................................................184.2 Die Wetterstationen Biodiv, MPI und Fachhochschule................................................. 194.2.1 Kurzbeschreibung der Standorte................................................................................. 194.2.2 Wetterstationstechnik und verfügbare Daten.............................................................. 214.3 Aufbau und Betrieb einer Hangwetterstation................................................................. 224.3.1 Kurzbeschreibung des Standorts................................................................................. 224.3.2 Wetterstationstechnik.................................................................................................. 224.3.3 Design der Wetterstation............................................................................................. 234.4 Die „Wettercam“............................................................................................................ 254.5 Qualitätskontrolle........................................................................................................... 254.6 Datenaufbereitung.......................................................................................................... 26

5 Das Strahlungsmodell.......................................................................................................... 275.1 Vorhandene Strahlungsmodelle......................................................................................275.1.1 GISRAD...................................................................................................................... 285.1.2 CLOUDMAP...............................................................................................................285.1.3 SolarAnalyst................................................................................................................ 295.1.4 r.sun............................................................................................................................. 305.1.5 PV-GIS........................................................................................................................ 305.2 Erstellung des Strahlungsmodells GRad........................................................................ 315.3 Fähigkeiten und Grenzen von GRad.............................................................................. 355.4 Einsatzmöglichkeiten von GRad.................................................................................... 35

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6 Test des Modells und Berechnung der Globalstrahlung.................................................. 386.1 Der clear sky index.........................................................................................................386.2 Test des Strahlungsmodells GRad..................................................................................406.3 Ergebnisse der Berechnungen im Rahmen dieses Projekts............................................ 43

7 Analyse der Wetterdaten.....................................................................................................457.1 Datenabdeckung ............................................................................................................ 457.2 Globalstrahlungen.......................................................................................................... 467.3 Lokalwinde..................................................................................................................... 467.4 Lufttemperatur................................................................................................................48

8 Statistische Auswertung...................................................................................................... 508.1 Methodik und Probleme................................................................................................. 508.2 Ergebnisse...................................................................................................................... 51

9 Modellierung der Strahlungsbilanz....................................................................................549.1 Regionalisierung der Strahlungskomponenten...............................................................549.2 Durchführung und Ergebnisse........................................................................................55

10 Modellierung des Bodentemperaturprofils..................................................................... 5810.1 Grundlagen................................................................................................................... 5810.2 Modellansatz................................................................................................................ 5910.3 Durchführung und Ergebnisse......................................................................................6110.3.1 Versuch 1: 30-minütige Werte, trockener vs. feuchter Boden.................................. 6210.3.2 Versuch 2: 10-minütige Werte, gekoppelte Bodenschichten.................................... 6610.3.3 Sensitivitätsanalyse und Fazit....................................................................................71

11 Modellierung der Bodentemperaturen aus der Energiebilanz...................................... 7211.1 Grundlagen................................................................................................................... 7211.2 Durchführung und Ergebnisse......................................................................................7511.3 Fazit.............................................................................................................................. 76

12 Ergebnisse und Ausblick................................................................................................... 7712.1 Methodische Ergebnisse...............................................................................................7712.2 Inhaltliche Ergebnisse.................................................................................................. 7812.3 Ausblick und offene Fragen......................................................................................... 80

13 Quellen................................................................................................................................ 8113.1 Literatur........................................................................................................................ 8113.2 Webseiten und Spezifikationen der Sensorhersteller................................................... 8313.3 Datenquellen.................................................................................................................83

14 Verwendete Formelzeichen............................................................................................... 84

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AbbildungenAbb. 1 Räumliche Lage des Untersuchungsgebiets................................................................3Abb. 2 Das Klima an der Wetterstation Schillergasse im Jenaer Stadtzentrum......................3Abb. 3 Wetterverlauf an der Station Biodiv (Saaleaue) im Untersuchungszeitraum von

Mai bis November 2004..............................................................................................4Abb. 4 Resultate der Simulation von qG /Rn für verschiedene Bodentypen bei einer

volumetrischen Bodenfeuchte von 0,25......................................................................8Abb. 5 Porträt eines Onset Optic StowAway Temp (WTA32)..............................................12Abb. 6 Übersicht über die Standorte der Temperaturlogger und Wetterstationen................14Abb. 7 Vier Ansichten untersuchter Standorte und ihrer Vegetationsbedeckung..................16Abb. 8 Die Wetterstation Biodiv...........................................................................................21Abb. 9 Die Hangwetterstation Jenzig und ihre hangparallel angeordneten Windsensoren ..24Abb. 10 Die grafische Benutzeroberfläche von GRad............................................................37Abb. 11 Der clear sky index an der WS Biodiv für einige Strahlungstage im September......41Abb. 12 Vergleich des von GRad und PV-GIS berechneten Strahlungsverlaufs eines

mittleren Januartags..................................................................................................41Abb. 13 Zeitfenster der Ausgangsdaten..................................................................................45Abb. 14 Gemessene Globalstrahlungen der Jenaer Wetterstationen im Vergleich.................46Abb. 15 Windrichtung und Windgeschwindigkeit im Tagesverlauf gemittelt vom 4.8. bis

10.8.2004...................................................................................................................47Abb. 16 Windrichtung und Windgeschwindigkeit im Tagesverlauf gemittelt vom 4.9. bis

10.9.2004...................................................................................................................47Abb. 17 Vergleich der Lufttemperaturen in 2 m Höhe an der WS Biodiv und der HWS

Jenzig im Kontext der Windsysteme am Jenzig........................................................49Abb. 18 Einfluß der Globalstrahlung auf die Bodentemperatur.............................................52Abb. 19 Mittlere Tagestemperaturen im Oktober in Abhängigkeit vom Strahlungsgenuß.....52Abb. 20 Vergleich zwischen der berechneten und der mittels NR-Lite gemessenen

Strahlungsbilanz für den Standort HWS Jenzig........................................................57Abb. 21 Tiefenprofil des Wärmeeinflusses für die HWS Jenzig............................................65Abb. 22 Tiefenprofil der Schätzung der Wärmediffusivität für die HWS Jenzig...................65

Tiefenprofil des Wärmeeinflusses für die WS Biodiv..................................................Tiefenprofil der Schätzung der Wärmediffusivität für die WS Biodiv.........................

Abb. 25 Modellierter und realer Bodentemperaturverlauf für einige sonnige Tage desValidierungszeitraums...............................................................................................70

Abb. 26 Modellierter und realer Bodentemperaturverlauf für einige bewölkte Tage desValidierungszeitraums...............................................................................................70

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TabellenTab. 1 Zusammenfassung der wichtigsten Parameter für die untersuchten Standorte....... ..17Tab. 2 Meßgeräte, Meßwerte und Meßintervalle der ausgewerteten Wetterstationen....... ..20Tab. 3 Verwendete Werte der Linke-Trübung für die Wetterstation Biodiv und Jena...... ..41Tab. 4 Vergleich von potentieller und realer Globalstrahlung für einen Nordhang und

einen Südhang...........................................................................................................42Tab. 5 Parameter für die Näherungsformeln der potentiellen und realen Globalstrahlung

2004 im Jenaer Raum................................................................................................44Tab. 6 Der Einfluß der Loggertiefe auf die statistischen Werte, gemittelt über alle

Bedeckungen.............................................................................................................51Tab. 7 Variabilität des Strahlungsgenusses über die Monate an den untersuchten

Standorten.................................................................................................................51Tab. 8 Ergebnisse der Strahlungsbilanzmodellierung an der Hangwetterstation Jenzig......56Tab. 9 Ergebnisse für die Größe des Wärmeeinflusses im ersten Versuch der Boden-

temperaturmodellierung............................................................................................63Tab. 10 Ergebnisse für die Größe des Wärmeeinflusses im ersten Versuch der Boden-

temperaturmodellierung............................................................................................63Tab. 11 Ausgewählte Ergebnisse für die Fehler im ersten Versuch der Bodentemperatur-

modellierung.............................................................................................................63Tab. 12 Ergebnisse der Kalibrierung für die Wärmeeinflüsse im zweiten Versuch...............68Tab. 13 Ausgewählte Ergebnisse für die Fehler im zweiten Versuch der Boden-

temperaturmodellierung............................................................................................68Tab. 14 Ergebnisse der Kalibrierung für die Modellierung der Energiebilanz......................76Tab. 15 Ergebnisse für die Fehler bei der Energiebilanzmodellierung..................................76Tab. 16 Verwendete griechische Formelzeichen....................................................................84Tab. 17 Verwendete lateinische Formelzeichen.....................................................................85

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KurzfassungMit der Kenntnis abiotischer Standortfaktoren auf lokaler Ebene können in der GeographieModellierungen bestimmter Umweltbedingungen durchgeführt werden; ökologisch betrachtetspielen sie zusammen mit den biotischen Faktoren eine wichtige Rolle für die Abundanzbestimmter Tier- und Pflanzenarten.

In dieser Arbeit wird versucht, speziell die Themengebiete der Globalstrahlung, derStrahlungsbilanz, der Energiebilanz und der Bodentemperatur näher zu beleuchten. Dabeisteht nicht das Lösen einer konkreten Fragestellung im Mittelpunkt; vielmehr stellt dieseArbeit Daten und Methoden zur Verfügung, die sich nun für vielfältige Fragestellungen derGeographie und Ökologie nutzen lassen. Untersuchungsgebiet sind die Muschelkalksteilhängeum Jena, die wegen ihrer schutzbedürftigen Trocken- und Halbtrockenrasen als ökologischwertvoll gelten und kaum anthropogen genutzt werden. Es wird mittels Meßdatenausgewertet, inwieweit sich Hänge verschiedener Exposition und Neigung in Bezug aufGlobalstrahlung und Bodentemperatur unterscheiden. Zudem wird untersucht, wie gut sichaus den zehnminütigen Wetterdaten im Untersuchungsgebiet gelegener automatischerStationen (insbesondere Strahlungsbilanz, Lufttemperatur und Luftfeuchte) die Strahlungs-bilanz und die Bodentemperaturen unterschiedlich geneigter Muschelkalkhänge simulierenlassen und ob das in dieser Arbeit entwickelte, recht einfache, iterative Modell diese Aufgabezufriedenstellend lösen kann.

AbstractThe knowledge of the abiotic factors on local scale allows the geographer to build models forcertain aspects of the environmental conditions. For the ecologist these factors are one majorinfluence on the abundance of certain plant and animal species.

In this diploma thesis, the focus is on global radiation, the radiation balance, the energybalance and the soil temperatures. It is not the aim to answer a very specific question though.The work is rather thought to provide data as well as some possible methodological solutionsfor solving several geographical and ecological questions. The area of interest are the steepslopes of lacustrine limestone that surround the town of Jena, Germany. On these slopes,fragile biotopes of (semi) dry grasslands with ecologically valuable fauna and flora exist. Onequestion that is focused on is, how slopes of different inclination and aspect differ in theirreceived solar radiation and soil temperature. In the second part it is tested whether nearbyautomatic weather stations providing data with 10 minute temporal resolution (especiallyradiation budget, air temperature and humidity) can be used to simulate the radiation balanceof inclined surfaces and, based on that, the soil temperature of the limestone slopes. A rathersimple, iterative model is developed and tested on this task.

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1 Einleitung

1 Einleitung

1.1 Anregung und FragestellungenEin Schwerpunkt des Naturschutzes und ökologischer Untersuchungen im mittleren Saaletalin Thüringen sind die Trockenrasen und Halbtrockenrasenbiotope mit etlichen seltenen undgeschützten Pflanzen- und Tierarten. In jenem Bereich zwischen Camburg und Kahla hat sichdie Saale durch die Schichtstufen des oberen bis unteren Muschelkalks sowie des darunter-liegenden Buntsandsteins gegraben (TIMMERMANN & WIEFEL 1992: 40 f.). Der Muschelkalkliegt dort an den oberen Hangabschnitten und tritt besonders im Raum Jena in Form deutlichsichtbarer, steiler Muschelkalkbänke hervor. Bedingt durch die physikalischen Eigenschaftendes Kalkgesteins, insbesondere seiner Löslichkeit (Verkarstung), versickert Niederschlags-wasser auf diesen Hängen rasch. Zusammen mit den Hangneigungen zwischen 35 und 60°und der Ausbildung nur geringmächtiger Böden wie Rendzinen bedeutet dies, daß es sich umExtremstandorte handelt. Dies begründet auch die spezifische Fauna und Flora dieser Hänge.

Allerdings sind diese Biotope doch nicht so geologie- und klimadeterminiert, wie es denAnschein haben mag. Im vergangenen Jahrhundert hat ein unübersehbarer Prozeß statt-gefunden: Die im Mittelalter durch Holzeinschlag völlig baumlosen Hänge beiderseits desSaaletals verbuschen und bewalden sich zunehmend. Die nicht einheimische Schwarzkiefer,von Ökologen durchaus nicht gerne gesehen, hat bereits viele Nordhänge bedeckt; und sogaran den südexponierten Hängen schreitet die Verbuschung und Bewaldung schnell voran.

Die so geschätzten Trocken- und Halbtrockenrasenbiotope sind also „nur“ Teil derKulturlandschaft. Nicht in dem Sinne, daß sie heute genutzt würden, aber in dem Sinne, daßcirca alle vier Jahre eine Pflege, ein Auslichten aufkommender Büsche und Bäume, nötig ist,um sie und ihre einzigartige Lebewelt zu erhalten. Im Hinblick auf die begrenzten personellenund finanziellen Ressourcen des Naturschutzes stellen sich wie so oft die Fragen:

In welchen Gebieten und auf welchen Standorten lohnt sich die Pflege? Welche Standorteentsprechen schon von Natur aus den geforderten Bedingungen, auf welchen ist ein intensiverEingriff nötig, um die Kulturlandschaft in dieser Form zu erhalten?

Die genannten Fragen bildeten die Anregung für diese Arbeit. Sie sind eng verknüpft mitder Frage nach der „potentiellen natürlichen Vegetation“ eines Standorts, jenem (Fließ-)Gleichgewicht, das sich langfristig einstellen würde, würde man den Standort sich selbstüberlassen. Die Antwort auf beide Fragen liegt in den biotischen und abiotischen Standort-bedingungen. Zu den abiotischen Bedingungen zählen• Strahlungs- und Energiehaushalt, Temperaturverlauf (am Tag und im Jahresrhythmus),• Wasserhaushalt,• Bodenphysik und Bodenchemie sowie• Luftqualität und Windphänomene (Lokalwindsysteme, lokale Fön-Effekte, Windschatten).

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1 Einleitung

Mit zunehmender Vegetationsbedeckung gewinnen biotische Standortfaktoren an Gewicht:• Konkurrenz und Symbiose,• Nahrungsressourcen, bei Tieren auch Brut- und Schlafplätze etc.,• Erreichbarkeit des Standorts (insbesondere bei sogenannten Inselbiotopen)• und mit zunehmender Vegetationsbedeckung auch das Bestandsklima.Letztendlich sollte es möglich sein, bei Kenntnis dieser Faktoren die Entwicklung desStandorts in groben Zügen vorhersehen zu können, Szenarien zu entwickeln und somit auchEntscheidungen für oder wider die Pflege eines Gebiets treffen zu können. Auch die Eignungdes Gebiets für bestimmte Pflanzengesellschaften oder einzelne Spezies läßt sich dannzumindest vermuten.

In der Landschaftsökologie sind derartige Fragen von immenser Wichtigkeit. Vieles überBeziehungen in und zwischen Pflanzengesellschaften oder bezüglich ihrer Ansprüche istbereits geklärt worden. Die exakte Messung oder Modellierung der abiotischen Standort-faktoren ist dabei aber schwierig. Oft werden Parameter wie Temperatur oder Bodenfeuchtenur stichprobenartig oder mit zu großer räumlicher Auflösung erfaßt; ein genaues Erkennendes Zusammenhangs mit dem Standort ist dadurch oft nicht möglich. Auch einegeographische Regionalisierung der Daten ist nur ansatzweise vorhanden. Hier zeigt sich inexzellenter Weise der Nutzen einer Symbiose zwischen Ökologie und Geographie.

Im Rahmen einer Diplomarbeit ist es natürlich nicht möglich, alle Standortfaktoren zuuntersuchen. Aber bereits der hier betrachtete Ausschnitt – die Strahlungs- und Energiebilanz– liefert genügend Fragen:• Wie unterscheiden sich die verschiedenen (Halb-)Trockenrasenstandorte um Jena bezüglich

des Strahlungsgenusses und der Bodentemperatur voneinander?• Was bedingt die Gemeinsamkeiten und Unterschiede?• Lassen sich allgemeingültige Regeln oder Gleichungen aufstellen, um im Sinne einer

Regionalisierung für andere, nicht untersuchte Hänge Voraussagen treffen zu können?• Ist eine Modellierung des Bodentemperaturverlaufs möglich? Damit könnten über die in

dieser Arbeit „vermessenen“ Zeiträume hinaus Aussagen getroffen werden und dieberechneten Daten und Parameter in anderen geographischen Modellen weiterverwendetwerden.

• Können gefundene Unterschiede herangezogen werden, um Unterschiede in der Fauna undFlora zwischen den verschiedenen Standorten zu erklären?

Bis auf die letzte Frage, welche erst im Anschluß an dieses Projekt geklärt werden kann,sollen die genannten Fragestellungen in dieser Arbeit behandelt werden.

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1 Einleitung

1.2 Geologische und klimatologische Einordnung des GebietsDie Lage des Untersuchungsgebiets im östlichen Thüringen ist in Abbildung 1 dargestellt:

Abb. 1: Räumliche Lage des Untersuchungsgebiets. (Kartengrundlage: Top50 auf CD-ROM.)

Die in dieser Arbeit betrachteten Standorteliegen an den Hängen beiderseits der Saale – aus-nahmslos in der Steilstufe des unteren Muschel-kalk (Wellenkalk) oder im Muschelkalkschutt, derauf den darunterliegenden Verebnungen des oberenBuntsandsteins aufliegt. Die dort anzutreffendenBöden sind vorrangig Rendzinen mit geringerGründigkeit von weniger als 20 cm, auf flacherenStandorten auch tiefgründigere Rendzinen oderPararendzinen (ROSCHER 2000: 6 f.).

Der Niederschlag betrug im Zeitraum 1961 bis1990 durchschnittlich 587 mm pro Jahr (KÜHN

2004, Abb. 2). Auch für das aktuelle Jahr 2004sind, extrapoliert von Mitte Dezember, an derFachhochschule Jena 550 mm und an der Wetter-station in der Saaleaue außerhalb der Stadt 580 mmzu erwarten. Dabei ist die Niederschlagsmenge

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Abb. 2: Das Klima an der Wetterstation Schiller-gasse im Jenaer Stadtzentrum. (Quelle: KÜHN 2004.)

N

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1 Einleitung

um Jena deutlich von der Topographie abhängig und durch die meist westlichen Winde amOsthang des Saaletals über zehn Prozent höher als am Westhang (KAUF 1950: 41).

Der Verlauf der wichtigsten Wetterelemente im engeren Untersuchungszeitraum vom1.5.2004 bis zum 31.11.2004 ist in Abbildung 3 gezeigt:

01.0

5.11

.05.

21.0

5.31

.05.

10.0

6.20

.06.

30.0

6.10

.07.

20.0

7.30

.07.

09.0

8.19

.08.

29.0

8.08

.09.

18.0

9.28

.09.

08.1

0.18

.10.

28.1

0.07

.11.

17.1

1.27

.11.

-40

-30

-20

-10

0

10

20

30

40

-1000

0

1000

2000

3000

4000

5000

6000

7000

min. LufttemperaturØ LufttemperaturMax. LufttemperaturØ Bodentemp. 128 cmΣ NiederschlagΣ Strahlungsbilanz

Tem

pera

ture

n [°

C],

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ders

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m]

Abb. 3: Wetterverlauf an der Station Biodiv (Saaleaue) im Untersuchungszeitraum von Mai bis November 2004.Die tägliche Strahlungsbilanz ist auf der rechten Skala aufgetragen. (Quelle: Daten von KOLLE.)

Auffallend sind hier bereits die beiden trockenen Schönwetterperioden Anfang August undAnfang September, Starkniederschläge Anfang Mai, Ende Juli und Mitte August und größereRegenmengen im November. Insgesamt kann der Untersuchungszeitraum als recht typischangesehen werden.

1.3 Vorangehende ökologische Arbeiten in der RegionZwei ökologische Arbeiten seien hier speziell erwähnt, da sie sich direkt mit der vorgestelltenRegion auseinandersetzen. Stellvertretend für mehrere Arbeiten zu Trockenrasen- undHalbtrockenrasengesellschaften steht die Dissertation von CHRISTIANE ROSCHER (2000) „Zurräumlichen und zeitlichen Heterogenität von Halbtrockenrasen (Mesobromien) im mittlerenSaaletal und in angrenzenden Gebieten.“ Für diese Arbeit wurden an mehreren Standorten anSaale und Ilm die Pflanzengesellschaften auf vorkommende Arten und deren Häufigkeit hinuntersucht. Dabei wurden die inter- und intrastandörtliche Variabilität der Abundanz verschie-dener Pflanzenarten sowie jährliche Rhythmen erforscht. Allerdings standen für diese Arbeitnur die Klimadaten der vorhandenen meteorologischen Stationen im Gebiet zur Verfügung,um Korrelationen mit abiotischen Faktoren zu untersuchen. Diese Daten wurden im Unter-suchungsgebiet regionalisiert. Für die Lufttemperatur wurde beispielsweise eine Abnahme mitder Höhe von 0,8°C/100 m zugrundegelegt. Zudem wurde das StrahlungsmodellSONNHANG mit Berücksichtigung der Horizontüberhöhung verwendet, um Monatswerte der

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Stra

hlun

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[Wh/

m²]

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1 Einleitung

potentiellen Globalstrahlung zu erhalten, welche ebenfalls als erklärende Variable in diestatistische Auswertung einging (ROSCHER 2000: 12).

Das Projekt, aus dem heraus diese Diplomarbeit entstand, soll ebenfalls kurz erläutertwerden. Im Rahmen des jährlichen Großpraktikums am Institut für Ökologie Jena wurden vonApril bis Juni 2004 an 21 Standorten, die zum Großteil auch die Standorte dieses Projektsdarstellen, kleine Gehäuseschnecken gesammelt und bestimmt. Unabhängig davon wurdenMessungen des Bedeckungsgrads durchgeführt sowie Vegetationsstichproben genommen unddiese bestimmt, um eine Aufstellung der an diesen Standorten vorkommenden Pflanzen zuerhalten. Im Rahmen des Großpraktikums war es nicht nur das Ziel, die räumliche Verteilungund Häufigkeit der Schneckenarten aufzunehmen, sondern auch erste Zusammenhänge zuStandortfaktoren wie jährlicher potentieller Globalstrahlung, Höhe, Neigung, Bedeckungs-grad, Rechtswert, Hochwert oder dem Vorkommen bestimmter Pflanzenarten festzustellen(Quelle: Praktikumsbericht, in Arbeit).

Mit den Ergebnissen dieser Diplomarbeit soll es möglich sein, derartige Untersuchungenauf die Standortfaktoren reale Globalstrahlung und Bodentemperatur zu erweitern.

1.4 Lokal- und regionalklimatologische UntersuchungenAuch an eher geographisch-klimatologischen Arbeiten existiert bereits eine Vielzahl, zum Teilauch direkt für das mittlere Saaletal. Hier sind insbesondere Untersuchungen zum Stadtklima,zum Niederschlag und zu den lokalen Talwindsystemen und Kaltluftströmen zu nennen.

Mit Untersuchungen und Simulationen zu diesen Kaltluftströmungen und dem Einfluß vonRegional- versus Lokalwind beschäftigen sich beispielsweise die Arbeiten der AMBIMET (2001)und TLU (1998) und von KOCH (1953) sowie der Luftreinhalteplan Jena (TMLNU 2001).Ihnen ist zu entnehmen, daß insbesondere in den klaren Nächten während StrahlungsperiodenKaltluftströme von den Hängen ins Saaletal fließen und sich dabei in den Haupttälern wiebeispielsweise dem Mühltal westlich des Stadtzentrums konzentrieren.

Bezüglich des Niederschlags liegt nur die Arbeit von KAUF (1950) vor, der mit einemvergleichsweise hoch aufgelösten Niederschlagsmeßnetz die lokalen, oft topographie-bedingten, Unterschiede im Saaletal aufzeigen konnte. Neuere Arbeiten sind nicht bekannt.

An anderen regionalklimatologischen Projekten in Deutschland muß vor allem REKLIP(das REgio KLIma Projekt) genannt werden, das im Zeitraum 1992-1995 etliche Unter-suchungen zur Strahlungs- und Energiebilanz, zu lokalen und regionalen Windsystemen sowieallgemein zur Meteorologie vereinte. Das Untersuchungsgebiet dieses deutsch-französisch-schweizerischen Projekts war dabei je nach Teilprojekt der Oberrheingraben, der südlicheSchwarzwald und/oder angrenzende Gebiete. Die Methodik und Ergebnisse sind in etlichenKlimaatlanten sowie weiteren Publikationen dargestellt (u. a. IZIOMON ET AL. 2003).

Ähnliche regionalklimatologische Untersuchungen fanden beispielsweise auch in derSenke der Baar – ebenfalls in Baden-Württemberg gelegen – statt (SIEGMUND 1999).

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2 Grundlagen und Stand der Wissenschaft

2 Grundlagen und Stand der WissenschaftWährend, wie erläutert, einige Arbeiten zu den lokalen Windsystemen und Lufttemperaturenin und um Jena vorliegen, ist das Thema der Bodentemperaturen und ihres Zusammenhangsmit der Strahlungs- und Energiebilanz im Jenaer Raum bisher kaum bearbeitet worden. Diessoll deshalb in der vorliegenden Arbeit thematisiert werden. Aus vorangehenden Arbeitenliegen die physikalischen Grundlagen bereits vor. Sie werden in allgemeiner Form in diesemKapitel erläutert. Die spezifischen Grundlagen und Gleichungen einzelner Aspekte,beispielsweise der Strahlungsbilanz und der Verdunstung, werden später in den jeweiligenKapiteln vertieft. Zudem wird auf eine detaillierte Darstellung komplexerer Verfahrenverzichtet, wenn diese im Rahmen dieses Projekts nicht anwendbar waren oder nichtangewendet wurden.

2.1 Die Strahlungs- und Energiebilanz der ErdoberflächeDer Strahlungsbilanz liegt folgende allgemeine Formel zugrunde:

Diese Formeln sind sowohl bei der Verwendung der Strahlungsflußdichte (in W/m²) als auchbei Verwendung der Bestrahlung (in Wh/m² oder J/m²) gültig. Die Verwendung erstererGrößen beschreibt einen Zustand, die letztere gibt die Strahlungsbilanz über einen festenZeitraum wieder.

Für die Berechnung der Globalstrahlung RG und der Reflexstrahlung RR stehen etlicheStrahlungsmodelle zur Verfügung. Diese sind in Kapitel 5.1 näher beschrieben. Dielangwellige Ausstrahlung RE läßt sich theoretisch gemäß der Stefan-Boltzmann-Gleichungberechnen (u. a. Hwang 1995: 2):

RA=⋅⋅T Str4 (2)

RA langwellige Ausstrahlung[W /m2]T Str Strahlungstemperatur der

Erdoberfläche [°K ]

Emissivität der Erdoberfläche Stefan-Boltzmann-Konstante

=5,669⋅10−8 W /m2⋅K4

6

Rn =RG−RRRH−RA

=RBRDRR'⋅1−RH−RA

(1a)(1b)

Rn StrahlungsbilanzRG Globalstrahlung, kurzw. SonnenstrahlungRR Reflexstrahlung, refl. kurzw. StrahlungRH atmosphärische Gegenstrahlung,

langw. Einstahlung von AtmosphäreRA langw. Ausstrahlung der Erdoberfläche

RB direkte Strahlung (B von beam )RD diffuse StrahlungRR' vom Gegenhang refl. Strahlung (kurzwellige) Albedo

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2 Grundlagen und Stand der Wissenschaft

Die atmosphärische Gegenstrahlung RH ist abhängig vom Bewölkungszustand, der Luft-

feuchte und der Temperatur der Atmosphäre. GOLDBERG & HÄNTZSCHEL (2004: 126) verwendenin ihrem Modell GISRAD folgende empirische Gleichung für reale Wetterbedingungen:

RH=rH⋅C1−C ⋅0,67⋅1670⋅sLuft0,08⋅⋅T Luft

4 (3)

RH atm. Gegenstrahlung[W /m2]T Luft Lufttemperatur in 2 m Höhe[K ]sLuft spezifische Feuchte in 2 m Höhe

rH Anteil sichtbaren HimmelsC Bedeckungsgrad (0 bis 1) Boltzmann-Konst.=5,669⋅10−8 W /m2⋅K4

Ähnliche Formeln sind auch bei IZIOMON ET AL. (2003) zu finden, die im Rahmen desREKLIP-Projekts sechs Formeln, u. a. von SWINBANK, BRUNT und BRUTSAERT, verglichen. Siestellten auch eine eigene Formel auf, mit der sie für ihre Teststationen Bremgarten(Oberrheingraben, 212 m NN) und Feldberg (Schwarzwald, 1489 m NN) geringere Fehlererzielten. Diese Formeln besitzen jedoch alle die Eigenschaft, daß sie den Bedeckungsgrad alsBewölkungsmaß heranziehen, wenn sie für reale Wetterbedingungen gelten. Dieser stehtjedoch im Rahmen dieser Arbeit nicht in der benötigten Qualität zur Verfügung.

Die aus den obigen Gleichungen gegebene Strahlungsbilanz ist wiederum Teil der Energie-bilanz der Erdoberfläche, welche bei Vernachlässigung horizontaler Energieflüsse folgendeForm annimmt (Alle Angaben in W/m²):

0 =Rn∑ q therm∑ qlat

=RnqGqHqevaq trans(4a)(4b)

Rn Strahlungsbilanz∑ q therm Summe der fühlbaren Wärmeflüsse∑ qlat Summe der latenten Wärmeflüsse

qG Wärmestrom vom/zum BodenqH Wärmestrom von der/zur Atmosphäreqeva Evaporationq trans Pflanzentranspiration

Diese Gleichungen bilden auch die Basis für die Methodik dieser Arbeit.

2.2 Messung und Berechnung der EinzelkomponentenSehr viele meteorologische und klimatologische Arbeiten befassen sich mit der Frage, wiesich die einzelnen Größen der Strahlungs- und Energiebilanz exakt messen, berechnen oderabschätzen lassen. Die dabei betrachtete Zeitskala sind meist Stunden, insbesondere bei derVerdunstung auch Tagesmittel. Einen guten Überblick über die meisten Methoden vermitteltdie praxisnahe DVWK-Publikation „Ermittlung der Verdunstung von Land- undWasserflächen“ (DVWK 1996).

7

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2 Grundlagen und Stand der Wissenschaft

Die Bestimmung der Strahlungsbilanz erfolgt in der Literatur fast ausschließlich durch direkteMessung – entweder mittels Strahlungsbilanzmesser oder durch Summation der vierEinzelkomponenten der kurz- und langwelligen Strahlung, welche mittels Pyranometern bzw.Pyrgeometern separat gemessen werden (DVWK 1996: 80). Letzteres ist unbedingt vor-zuziehen, wenn eine Regionalisierung der Strahlungsbilanz in Regionen starker Topographienötig wird. (Mehr dazu in Kapitel 6.1.) All diesen Meßgeräten ist gemein, daß sie dieStrahlung über den Grad der Erwärmung einer schwarzen Fläche messen.

Die Bestimmung der kurzwelligen Strahlungsbilanz ist bei bekannten topographischenParametern, bekannter Albedo und bekanntem Bewölkungszustand auch direkt aus einemGlobalstrahlungsmodell möglich, wie beispielsweise durch ŠÚRI und HOFIERKA (2004) beschrie-ben wird. Nur auf Tagesskala einsetzbar sind die Gleichungen von ÅNGSTRÖM (1924, zitiert inDVWK 1996: 26), welche die Tagessumme der Globalstrahlung linear aus dem Verhältnisrealer und potentieller Sonnenscheindauer und monatlichen empirischen Parametern ableiten.In dieser Arbeit wird ein Ansatz gewählt, der den Einsatz eines Strahlungsmodells mit derRegionalisierung gemessener Werte kombiniert, um die Strahlungsbilanz zu erhalten.

Für die Bestimmung des Bodenwärmestroms stehen zwei häufig angewandte Methoden zurVerfügung. Eine direkte Messung ist mittels Bodenwärmestromplatten (heat flux plates)möglich. Diese werden in wenigen Zentimetern Tiefe vergraben. Da sich die Bodenwärme-stromplatten durch Bodenprozesse wie beispielsweise Wurzelwachstum verschieben (KOLLE,via Email vom 16.10.2004) und die Platten gegeneinander kalibriert werden müssen, werdenin der Regel mehrere Platten pro Bodentiefe vergraben, deren Mittelwert berechnet wird.

Mehrere Arbeiten haben sich damitbeschäftigt, den Bodenwärmestrom zuberechnen. Häufigster Ansatz ist dabei derrecht starke Zusammenhang zwischen derStrahlungsbilanz und dem Bodenwärme-strom. SANTANELLO & FRIEDL (2001, 2003)haben sich intensiv mit diesem Thema aus-einandergesetzt. Sie haben den Tagesverlaufdes Verhältnisses qG /Rn für verschiedeneBodentypen und Bodenfeuchten untersuchtund erfolgreich geschafft, diesen mittels desModells SHAW (Simultaneous Heat andWater) zu simulieren (SANTANELLO & FRIEDL

2001), um so Verbesserungen gegenüber

8

Abb. 4: Resultate der Simulation von qG /Rn fürverschiedene Bodentypen bei einer volumetrischenBodenfeuchte von 0,25.(Quelle: SANTANELLO & FRIEDL 2001.)

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2 Grundlagen und Stand der Wissenschaft

einfachen empirischen Zusammenhängen zu erreichen. Abbildung 4 zeigt beispielhaft ihrResultat für eine volumetrische Bodenfeuchte von 0,25.

In dieser Arbeit wird versucht, die Einzelgrößen der Energiebilanz in einer semi-empirischen Formel zu gewichten, um so den Bodenwärmestrom und dadurch die Änderungder Bodentemperatur zu berechnen (Kap. 11.1). Dazu macht es sich erforderlich, die latentenund fühlbaren Wärmeströme berechnen zu können. Insbesondere die Verdunstungsberechnungerweist sich dabei als schwierig. Prinzipiell werden u. a. folgende drei Ansätze verfolgt:1. Die Verwendung empirischer oder semiempirischer Verdunstungsformeln. Derartige

Formeln sind in der Publikation des DVWK (1996) zusammengefaßt.2. Die Berechnung über das Bowen-Verhältnis. Bei bekanntem Bodenwärmestrom und

bekannter Strahlungsbilanz wird das Bowen-Verhältnis (Bowen ratio), also das Verhältnisvon sensiblem zu latentem Wärmefluß, zur Berechnung eben dieser beiden Komponentender Energiebilanz herangezogen (LIU & FOKEN 2001: 72, DVWK 1996: 23):

=cP , Luft⋅T 1−T 2

L '⋅q1−q2= '⋅

T 1−T 2e1−e2

(5)

Bowen-Verhältnis [dimensionslos]cP, Luft spezifische Wärmekapazität der Luft

bei konstantem Druck 1005 J /kg⋅K L ' spezifische Verdunstungswärme

T Lufttemperaturen [°C ]q spezifische Feuchte [g /kg]e Wasserdampfdruck [hPa ]1, 2 ... in Höhe 1 bzw. 2 ' Psychrometerkonst. ~ 0,65 hPa/K

Zur Berechnung des Bowen-Verhältnis müssen also die Temperatur und die Feuchte inzwei verschiedenen Höhen über dem Boden gemessen werden. Dabei sollten die Höhenmehrere Meter auseinanderliegen und die Messungen der Luftfeuchten undLufttemperaturen sehr akkurat sein, um gute Ergebnisse für das Bowen-Verhältnis zuerzielen. Bei der Temperatur empfiehlt sich beispielsweise eine Genauigkeit von 0,05°C(mündl. Mitteilung von KOLLE).Diese Methode setzt wie beschrieben die Kenntnis des Bodenwärmestroms bereits vorausund kann daher in dieser Arbeit nicht angewendet werden.

3. Die Turbulenz-Korrelations-Methode (Eddy covariance method), bei der hochgenaueTurbulenzmessungen, beispielsweise von 3D-Ultraschallanemometern, herangezogenwerden, um die Luftbewegungen und den Wasserdampfaustausch der bodennahenLuftschichten zu berechnen (u. a. DVWK 1996: 20). Sie erfordert sehr hohen Meßaufwandund hohe Meßpräzision und ist daher mit den in dieser Arbeit vorliegenden Meßdaten nichtdurchführbar.

9

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2 Grundlagen und Stand der Wissenschaft

2.3 Ansätze zur Simulation des BodentemperaturprofilsÜber den Bodenwärmestrom und die langwellige Ausstrahlung beeinflussen sich Energiebilanzund oberflächennahe Bodentemperaturen gegenseitig. Im Boden selbst nehmen die Amplitudender täglichen und jährlichen Schwankungen mit der Tiefe ungefähr exponentiell ab, während dieExtrema im Vergleich zur Bodenoberfläche immer später auftreten. Bezüglich der Simulationdes Bodentemperaturprofils existieren bereits Ansätze und Modelle. Beispielsweise kann dasJava-Programm „Soil temperature“ (Version 2003.08.19, NOFZIGER & WU 2002) die täglicheDurchschnittstemperatur im Jahresverlauf für beliebige Bodentiefen simulieren. Es bedientsich dazu der mathematisch hergeleiteten Dämpfungsfunktion von HILLEL (1982, zitiert inNOFZIGER & WU 2002):

Diese Funktion kann allerdings weder die Temperaturschwankungen während des Tagesnoch die durch spezifische Witterungen induzierten Abweichungen vom Jahresmittel beschrei-ben. Für eine Modellierung der realen Temperaturen an den Muschelkalksteilhängen Jenas mithoher zeitlicher Auflösung ist sie somit ungeeignet.

10

T z , t=T ØA0⋅e−z /d⋅sin 2⋅⋅t−t0365

− zd−

2 (6)

mit d=2⋅⋅365d2⋅

(7)

T Ø jährliche Durchschnittstemperatur des Bodens [°C ]A0 jährliche Amplitude der Bodenoberflächentemperatur [°C]t0 Verzögerung des Minimums der Oberflächentemperatur gegnüber dem1. Januar [d ]d Dämpfungstiefe [m ] Wärmediffusivität (oder Diffusionsvermögen) [m2/s]

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3 Zielstellung der eigenen Arbeit

3 Zielstellung der eigenen ArbeitIm ersten Kapitel wurde die Notwendigkeit erkennbar, ein vertieftes Wissen über dieGlobalstrahlung und die Bodentemperaturen der Muschelkalkhänge im Jenaer Raum zuerhalten. Speziell für die (Halb)Trockenrasenhänge liegen keine Meßdaten vor. Für diegenannten ökologischen Arbeiten und ähnliche Zielsetzungen wären derartige Daten als einezusätzliche erklärende Größe für die Abundanz bestimmter Arten jedoch hilfreich.

Zudem betrachten viele Untersuchungen, gerade in diesem Sektor, nur ausgewählteWitterungen wie beispielsweise Strahlungstage. Eine Untersuchung der Bodentemperatur überlängere Zeiträume existiert dort bisher nicht.

Es ist somit die Aufgabe dieser Arbeit, diese Lücke zu schließen und Meßdaten sowieMethodiken zu gewinnen, die eine regionalisierte Aussage zu den Bodentemperaturen dieserHänge erlauben. Dazu werden in der Arbeit zwei mehr oder weniger unabhängige Wegeverfolgt: Zum einen werden Bodentemperatur-Meßdaten des Sommers und Herbstes 2004statistisch ausgewertet, um so die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Hänge und speziellden Zusammenhang zur Globalstrahlung zu quantifizieren. Diese könnten anschließend imSinne einer Regionalisierung verwendet werden. Zum anderen wird versucht, basierend aufMeßdaten einer horizontalen Wetterstation eine Modellierung der Bodentemperatur für diegeneigten Hänge durchzuführen, um auf diese Weise auch für Zeiträume außerhalb derMeßperiode dieser Arbeit Voraussagen treffen zu können. Im Gegensatz zu einer rein mathe-matisch determinierten Simulation des Bodentemperaturverlaufs soll hier eine zeitlich hochaufgelöste Modellierung vorgenommen werden, die auch das tatsächliche Wettergeschehenverarbeitet. Dabei basiert auch diese Arbeit auf den Grundlagen der Strahlungs- undEnergiebilanz, wie sie in Kapitel 2 vorgestellt wurden. Dort wurde jedoch auch deutlich, daßeinige Verfahren extreme Anforderungen an benötigte Eingangsdaten oder an dieInstrumentierung und Meßpräzision stellen, die im Rahmen dieser Arbeit und meist auch inder ökologischen Praxis nicht zu erfüllen sind. Somit müssen ein Modell und eine Methodikentwickelt werden, die mit den vorhandenen Meßgeräten eine ausreichend genaueModellierung der Bodentemperaturen erlauben. Zur Kalibrierung und Validierung diesesModells werden ebenfalls Meßdaten der Bodentemperaturen benötigt.

Im folgenden Kapitel wird zuerst die angewendete Methodik der Datenerhebung und-aufbereitung vorgestellt. Die dann folgenden Kapitel sind einzelnen, aufeinanderaufbauenden Teilprojekten gewidmet: Die Globalstrahlung bildet als wichtigste bestimmendeGröße die Grundlage fast aller folgenden Kapitel. Sie zu modellieren ist Thema der Kapitel 4und 5. Die statistische Auswertung der Meßdaten wird in Kapitel 6 und 7 durchgeführt. Derzweite Ansatz der Modellierung bildet das Thema für die Kapitel 8 bis 10. Anschließendwerden die gewonnenen methodischen und inhaltlichen Ergebnisse zusammengefaßt.

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4 Datenerhebung und -aufbereitung

4 Datenerhebung und -aufbereitungUm die in Kapitel 3 definierten Ziele erreichen zu können, mußten auf den entsprechendenMuschelkalksteilhängen Temperaturdaten und Metadaten erhoben werden. Die dabeieingesetzten Geräte und deren Standorte sowie auch die Daten und das Design verwendeterWetterstationen sollen in diesem Kapitel beschrieben werden.

4.1 Erfassung der Geländeeinflüsse mit Dataloggern

4.1.1 Kalibrierung und Test der DataloggerFür die Messung der Bodentemperatur kamen die Temperaturlogger „Optic StowAway Temp“der Firma Onset Applications zum Einsatz (FA. ONSET APPLICATIONS 2004). Diese waren amInstitut für Ökologie in ausreichender Anzahl vorhanden. Sie sind wartungsfrei, aufgrundihres geschlossenen Plastikgehäuses wasserdicht und können im Gelände mit einem „Shuttle“optisch gestartet und ausgelesen werden. Dazu müssen sie jedoch ausgegraben werden. Wieerst im Nachhinein festgestellt wurde, geht beim Auslesen via Shuttle die zeitliche Programm-ierung verloren, d. h. die Logger messen anschließend zwar noch im richtigen Zeitintervall,aber beginnend zum Zeitpunkt des Auslesens und nicht wie ursprünglich programmiertsynchron alle vollen 10 bzw. 30 Minuten. Trotz dieser Einschränkungen ist es möglich, dieDatalogger je nach Programmierung monate- oder jahrelang im Gelände zu lassen.

Abb. 5: Porträt eines Onset Optic StowAway Temp (WTA32).Der Sensor befindet sich im Bild rechts hinten.

Leider besitzen diese Datalogger einige weitere Nachteile. Ihre Zuverlässigkeit ist bereitsdadurch drastisch eingeschränkt, daß es nicht möglich ist, die noch verbleibendeBatteriekapazität des Loggers auszulesen. Bei leerer Batterie tritt praktisch jedoch kompletterDatenverlust auf, da der Logger nicht mehr ausgelesen werden kann und ein Batteriewechseldurch den Kunden nicht möglich ist. Weil die Batterien nach Herstellerangaben sechs Jahrehalten, die Datalogger aber bereits einige Jahre betrieben wurden, wurde mit einer deutlichenAusfallrate gerechnet.

Der Temperaturbereich der Datalogger beträgt −35°C bis 75°C, wobei sie nicht mehr alszwei Monate in feuchten Umgebungen mit mehr als 30°C betrieben werden dürfen, da sonstnach Herstellerangaben Drifts und Ausfälle zu erwarten sind (FA. ONSET 2004, sowie Emailvon Onset Technical Support vom 5.10.2004). Die Datalogger zeichnen die Temperatur nicht

12

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4 Datenerhebung und -aufbereitung

analog, sondern in Temperaturschritten von ~0,4°C auf, wobei die Schrittweite zu denExtremtemperaturen hin deutlich auf bis das Doppelte ansteigt. Die Reaktionszeit beträgt nachHerstellerangaben in Wasser 4 Minuten bei 90% Annäherung, was durch eigene Messungenbestätigt wurde.

Soweit möglich, wurden alle Logger vor und nach dem Meßzeitraum kalibriert. DieKalibrierung erfolgte trocken bei Zimmertemperatur und teilweise bei -10°C im Kühlschranksowie für verschiedene Temperaturen im Bereich von 0°C bis +45°C im Wasserbad. DieKalibrierung im Kühlschrank erwies sich als vergleichbar ungenau, da keine räumlichkonstante Temperatur erzeugt werden konnte. Die Kalibrierung im bewegten Wasserbad(Whirlpool-Methode) hingegen kann als sehr genau angesehen werden.

Insgesamt wurden meist 4-6 Temperaturen pro Kalibrierung herangezogen. Da vor demAusbringen nie alle Datalogger gleichzeitig verfügbar waren, erfolgte die Kalibrierung derLogger in fünf Gruppen von mindestens je 17 Dataloggern. Die Kalibrierung nach derMeßperiode wurde für alle Logger gemeinsam durchgeführt. Die Drift zwischen Anfangs- undEndkalibrierung wurde ebenfalls ausgewertet.

Zwar schreibt Onset „Precision components eliminate the need for user calibration“, aberbereits bei Labortemperatur konnten gemessene Temperaturunterschiede von mehreren GradCelsius diese Aussage eindeutig widerlegen. Einige Logger zeigten Temperaturabweichungenvon mehr als 4°C; ein Logger gab bei +22°C Raumtemperatur gar -7°C an! Der Grund dieseroft negativen Abweichungen ist dem Autor nicht bekannt. Daß diese Logger tatsächlichlängere Zeit in sehr warmen, feuchten Bedingungen gelegen haben, ist eher unwahrscheinlich.

Alle Datalogger mit mehr als 5°C Abweichung zur Referenztemperatur wurden von denMessungen ausgeschlossen. Insgesamt standen damit etwa 80 Logger zur Verfügung. Für allediese Logger wurde eine Korrekturkonstante ermittelt, da sich zeigte, daß die Abweichungender Logger nahezu temperaturunabhängig waren. Nach der Endkalibrierung wurden zudemalle Logger aussortiert, die (nach einer Formel gewichtet) zu starke absolute Abweichungenund/oder eine zu große Drift > 1,5°C besaßen oder deren Batterie erschöpft war.

Unter Berücksichtigung der durch die Aufzeichnung bedingten Schritte von 0,4°C kann fürdie verbleibenden fast 60 Datalogger eine Kalibriergenauigkeit von ±0,5°C angenommenwerden. Für die Mitte der Meßperiode liegt der Fehler vermutlich höher, da eine nichtlineareDrift nicht ausgeschlossen werden kann.

4.1.2 Beschreibung der StandorteDie Frage, wo und unter welchen Bedingungen die Temperaturlogger im Gelände vergrabenwerden sollten, wurde in Zusammenarbeit mit den Teilnehmern des Großpraktikums IIgeklärt, da sie die ersten Nutzer der (noch vorläufigen) Temperaturdaten darstellten. DieMeßflächen, an welchen je drei Temperaturlogger vergraben wurden, wurden demnachsowohl nach ökologischen als auch nach klimageographischen Gesichtspunkten ausgewählt.

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4 Datenerhebung und -aufbereitung

Abb. 6: Übersicht über die Standorte der Temperaturlogger und Wetterstationen. Standort 17, außerhalb derKarte, liegt ca. 4 km östlich von Standort 18 (Kunitzburg) und wurde nicht ausgewertet. (Eigener Entwurf.Kartengrundlage: Top50-CD-ROM.)

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4 Datenerhebung und -aufbereitung

Folgende Kriterien wurden herangezogen:• Bevorzugt Trockenrasen- oder Halbtrockenrasen-Standorte oder Standorte mit ähnlichen

Mager- oder Pionierrasengesellschaften auf Muschelkalk oder Kalkschutt.• Wahl möglichst baum- und strauchfreier Standorte.• Vorkommen von Gehäuseschnecken (auf den genannten Substraten kein Problem).• Wahl einer möglichst repräsentativen und relativ homogenen Fläche.• wölbungsfreie Topographie innerhalb der 20 x 20 Meter großen besammelten Fläche sowie

Vermeidung von starkem Mikrorelief (wie z. B. Runsen), dadurch einheitliche Expositionund Hangneigung.

• Keine relevante Nutzung oder ähnliche anthropogene Beeinflussung der Fläche. Die füreigentlich alle untersuchten Rasenstandorte vorhandenen – ja sogar notwendigen –„Pflegemaßnahmen“ wurden akzeptiert. Dazu gehört, daß im mehrjährigen Zyklus dieaufkommenden Bäume und ein Teil der Strauchschicht entfernt wird, um die Verbuschungim Rahmen der natürlichen Sukzession zu unterbinden. Eine Beweidung durch Schafekonnte fast immer ausgeschlossen werden.

Um eine Störung zwischen Schnecken- und Pflanzenaufnahmen und den Temperatur-messungen zu vermeiden, wurden die Temperaturlogger meist am Rand der Probenflächeausgebracht, wo gleiche Standortbedingungen wie auf der Probenfläche selbst herrschen.

Insgesamt wurden Temperaturlogger auf 25 Flächen sowie 2 Wetterstationen im Raum Jenaausgebracht, von denen die ersten 21 von den Teilnehmern des ökologischen Großpraktikumsbeprobt bzw. abgesammelt wurden. Neben etlichen „typischen“ Standorten befinden sich auchFlächen in der Stichprobe, die spezifische Eigenheiten besitzen (siehe Abb. 7):• Nr. 1, 4, 14, 15: recht stark verbuscht.• Nr. 7: Pionierrasen auf horizontaler, ehemaliger Steinbruchfläche (im Muschelkalk).• Nr. 8, 12: Flächen mit geringer Neigung und starkem Bewuchs (bes. #8) auf Muschelkalk-

schutt unterhalb der Steilhänge (ähnlich HWS Jenzig #26, aber z. T. anders exponiert undnicht gemäht).

• Nr. 10: gering geneigte Fläche neben einem Paragliderstarthang, beginnende Verbuschung.• Nr. 20: Mit 50° Neigung extrem steiler Hang, zudem mit 300° am nördlichsten exponiert.• Nr. 21: Westlich exponierter Abschnitt eines Nordhangs, lockerer Schwarzkieferbestand

über Trockenrasen.In die statistische Auswertung gingen die Standorte 1 und 22 nicht ein, da alle dortigen Loggerim Zuge der Endkalibrierung als unzuverlässig eingestuft wurden. Der Standort 17 wurde u. a.wegen seiner Lage weit östlich ebenfalls von der Auswertung im Rahmen dieses Projektsausgeschlossen.

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4 Datenerhebung und -aufbereitung

Abb. 7: Vier Ansichten untersuchter Standorte und ihrer Vegetationsbedeckung. Oben links: Standort 20, der mit50° steilste und mit 300° am nördlichsten exponierte Hang. Oben rechts: Standort 3 mit einer typischen Vegeta-tionsbedeckung und Geröllhalden. Unten links: Standort 7 mit Pionierrasen auf der horizontalen Steinbruchfläche.Unten rechts : Standort 8 mit starker Vegetation auf Kalkschutt, im Hintergrund die typischen Steilhänge.

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4 Datenerhebung und -aufbereitung

Tab. 1: Zusammenfassung der wichtigsten Parameter für die untersuchten Standorte. Die Standorte 1, 17, 22,26 und 27 wurden nicht zur statistischen Auswertung herangezogen, wie dies im Text begründet ist.

Schuttbahnen? ja ja ja ja ja ja ja wen

ige

Bodenbed.: Büsche [%] 50 5 10 20 10 10 0 5 10 10 5 5 5 20 20 5 5 5 20 10 50 20 10 5 2 0

Bodenbed.: Gras [%] 30 40 30 40 30 40 30 95 70 80 60 90 80 20 30 85 85 40 20 45 40 45 50 60 60 80

Bodenbed.: Boden [%] 10 5 10 15 20 20 10 0 10 5 15 5 5 30 30 0 5 30 20 5 5 15 10 10 10 20

Bodenbed.: Steine [%] 10 50 50 25 40 30 60 0 10 5 20 0 10 30 20 10 5 25 40 40 5 20 30 25 28 0

Intensität feucht 1 2 3 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 3 3 1 1 1 1 2 1 3 3

Helligkeit feucht 4 5 5 4 5 3 5 3 4 2 4 4 4 5 5 5 5 3 5 5 3 4 4 5 5

Farbton feucht 10YR

2,5Y

2,5Y

2,5Y

2,5Y

2,5Y

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10YR

2,5Y

10YR

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2,5Y

2,5Y

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2,5Y

2,5Y

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2,5Y

2,5Y

2,5Y

2,5Y

5Y 5Y

Intensität A-Horiz. tr. 2 2 2 2 2 2 2 3 2 2 2 2 2 2 2 3 2 1 2 2 2 2 1 2 2

Helligkeit A-Horiz. tr. 5 5 6 4 5 4 5 5 5 3 6 6 5 6 6 6 6 5 7 7 5 7 6 6 7

Farbton A-Horiz. trocken 10YR

2,5Y

2,5Y

2,5Y

2,5Y

2,5Y

2,5Y

10YR

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7,5

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2,5Y

2,5Y

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2,5Y

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2,5Y

2,5Y

2,5Y

2,5Y

2,5Y

2,5Y

2,5Y

Dicke A-Horiz. 10 10 10 10 10 10 10 >20

10 20 10 10 10 20 20 >20

>20

10 15 20 >20

15 >20

20 >20

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ung

vor c

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Vegetation (TK4) RT,

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RT

R R

Lage im Relief (TK4) M M M O M M Eben

M-U

O O M M O M M M M M M M M M M O M Eben

Mikrorelief (TK4) RW

RE

RE

RE

RW

RW

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RW

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RE

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RW

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RE

RE

RW

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H H H H H H E H H H H H H H H H H H H H H H H H H E

Horiz. Wölbung (TK4) 1 1 0 0 0 0 0 0 0 1 0 0 0 1 2 1 1 2 1 0 0 0 0 1 0 0

Vert. Wölbung (TK4) 1 0 0 0 0 0 0 0 1 0 0 0 1 0 0 0 0 1 0 0 1 0 0 1 1 0

Exposition 160

260

200

190

200

130

0 230

250

120

160

160

210

170

190

160

170

170

230

300

260

270

270

260

190

180

0

Neigung 30 35 40 35 30 40 0 10 30 20 35 30 32 35 35 25 25 40 35 50 35 35 35 35 40 22 0

Höhe nach Top50 334

249

311

335

296

263

267

278

255

300

332

310

363

316

252

306

316

266

291

252

281

240

260

285

315

272

133

5642

914

5642

846

5642

925

5641

480

5641

473

5640

000

5639

757

5642

106

5649

230

5649

735

5646

297

5646

258

5646

342

5645

983

5645

981

5647

470

5648

130

5648

676

5640

888

5641

738

5643

801

5641

469

5643

647

5643

681

5642

780

5646

084

5647

691

6828

13

6826

49

6829

30

6853

65

6852

58

6818

16

6815

88

6832

09

6837

40

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48

6846

75

6846

98

6849

52

6802

39

6799

88

6819

52

6900

11

6858

56

6794

38

6795

63

6838

60

6795

52

6826

80

6827

45

6796

18

6842

50

6843

55

4471

999

4471

832

4472

116

4474

491

4474

383

4470

884

4470

647

4472

362

4473

182

4473

410

4473

997

4474

018

4474

275

4469

552

4469

301

4471

324

4479

403

4475

274

4468

544

4468

704

4473

081

4468

682

4471

896

4471

962

4468

801

4473

558

4473

734

5641

584

5641

523

5641

590

5640

048

5640

045

5638

713

5638

479

5640

761

5647

857

5648

353

5644

889

5644

849

5644

922

5644

755

5644

763

5646

171

5646

503

5647

218

5639

697

5640

541

5642

428

5640

273

5642

322

5642

353

5641

580

5644

691

5646

294

26.0

4.04

26.0

4.04

26.0

4.04

26.0

4.04

26.0

4.04

26.0

4.04

26.0

4.04

10.0

5.04

27.0

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27.0

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30.0

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30.0

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30.0

4.04

07.0

5.04

07.0

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10.0

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10.0

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10.0

5.04

19.0

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25.0

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5.04

03.0

6.04

07.0

6.04

08.0

7.04

03.0

6.04

Standort Penn

icke

ntal

Süd

hang

Penn

icke

ntal

Süd

hang

Penn

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ntal

Süd

hang

Pfaf

fenb

erg

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Soph

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HW

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nzig

Nr. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27

verm uteteanthropogeneEinflüsse

ReliefH = Hang, E = Ebene

Hochw ertGPS (WGS84)Rechtsw ertGPS (WGS84)

Rechtsw ertGK4 (Potsdam Datum )

Hochw ertGK4 (Potsdam Datum )

DatumErstaufnahme

Wet

ters

tatio

n Bi

odiv

17

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4 Datenerhebung und -aufbereitung

4.1.3 Messung der StandortfaktorenFür jeden der 25 Standorte wurden durch den Autor folgende Parameter aufgenommen:• GPS-Koordinaten.• Hangneigung und Exposition mit Inklinometer bzw. Kompaß. Die Höhe des Standorts

wurde anhand der GPS-Koordinaten aus der digitalen Top50 bestimmt.• Boden-/Skelettfarbe nach den Munsel® Soil Color Charts für trockenen und feuchten

Boden. Dazu wurde eine Bodenprobe der obersten 2 cm Bodenbedeckung im Laborluftgetrocknet bzw. befeuchtet und danach die Farbe des Bodens bzw. des Bodenskeletts(falls deutlich abweichend) bestimmt.

• Eine Messung des Carbonatgehalts nach KA4 (AG BODEN 1996) wurde nur für die erstenStandorte durchgeführt und brachte erwartungsgemäß überall Höchstwerte ohneerkennbare Unterschiede.

• Das Vorhandensein von Geröllbahnen auf den Standorten. Dabei handelt es sich umdeutlich zur Umgebung hin abgegrenzte Flächen, auf denen sich eine mehrere Dezimetermächtige instabile Schicht loser Steine und Grobkies befinden. Vegetation ist dort – wennüberhaupt – nur spärlich vorhanden.

• Die Vegetationsbedeckung des Gesamtstandorts (jener beprobten 20 x 20 m)Diese Metadaten sind in Tabelle 1 zusammengefaßt. Für die quantitative Erfassung derVegetationsbedeckung wurden unabhängig voneinander drei Methoden durchgeführt:1. Im Rahmen der Vegetationsaufnahme durch die Ökologiestudenten wurde die Vegetations-

bedeckung unter ökologischen Gesichtspunkten kartiert. Dies umfaßte eine Aufnahme derVegetationsdichte und -höhe sowie eine Kartierung vorhandener Arten auf 3 x 3m.

2. Mit einem „Sunscan“ wurde durch Ökologiestudenten die Beschattung typischer Boden-flächen auf den Standorten ermittelt. Dieses Gerät mißt die Globalstrahlung imPflanzenbestand (wenige Zentimeter über dem Boden) und gleichzeitig die unbeschatteteGlobalstrahlung darüber als Referenz.

3. Durch den Autor selbst wurden Ende Juli 2004 beim ersten Auslesen der Temperaturloggerdie Anteile von a) Büschen/Bäumen, b) Gras und Kräutern, c) Erde und d) Bodenskelett ander Bodenbedeckung geschätzt. Für die vorliegende Arbeit ist diese Methode trotz ihrerstarken Subjektivität ausreichend.

Für jede Fläche standen 3 Datalogger zur Verfügung. Allerdings besitzen diese (Halb-)Trockenrasenstandorte an Steilhängen innerhalb der 400m² im Regelfall eine starkeHeterogenität der Bodenbedeckung. Um dieser Heterogenität soweit möglich gerecht zuwerden, wurde entschieden, mit den drei Dataloggern jeweils die am Standort vorkommendenBodenbedeckungen, soweit praktikabel, abzudecken. Dies bedeutete, daß ein Dataloggerhinter oder unter einem Busch (beschattet) vergraben wurde, ein zweiter in der typischen

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4 Datenerhebung und -aufbereitung

Rasenvegetation (unbeschattet von Büschen) und ein dritter in nahezu vegetationslosemBoden wie beispielsweise Geröllhalden oder, wenn solche nicht vorhanden waren, ebenfallsim Rasen.

Natürlich war es notwendig, den Bedeckungsgrad der einzelnen Logger für die späterestatistische Auswertung zu erheben. Dazu wurde eine semiquantitative Bedeckungsskalaverwendet, die folgende Stufen umfaßt:

V0 vegetationslos, fast oder ganz nackter Boden oder GeröllhaldeV1 lockere Rasenvegetation, typische Bedeckung für die meisten StandorteV2 dichte Rasenvegetation, Boden nahezu vollständig beschattet oder

lockere Rasenvegetation, beschattet durch Strauch oder jungen BaumV3 dichte Vegetation, zusätzlich beschattet durch Strauch oder jungen Baum

Diese Bewertungsskala besitzt einen gewissen Grad an Subjektivität, ist aber die einzige mitvertretbarem Aufwand zu realisierende Bewertungsmethode. Die Bewertung der Logger-standorte durch den Autor geschah durchgehend Ende Juli 2004.

4.2 Die Wetterstationen Biodiv, MPI und Fachhochschule

4.2.1 Kurzbeschreibung der StandorteAls zweite Datenbasis standen die Wetterdaten dreier Wetterstationen in Jena zur Verfügung. Im Rahmen eines Biodiversitätsgroßprojekts, in das auch das Institut für Ökologie der FSUJena maßgeblich eingebunden ist, wurde auf dem Gelände des Projekts auch eineprofessionelle Wetterstation errichtet. Sie wird vom Max-Planck-Institut für Biogeochemie(MPI BGC) in Jena durch Herrn Dr. KOLLE betreut. Durch ihn wurden freundlicherweiseInformationen und die Wetterdaten ab Januar 2004 zur Verfügung gestellt.

Die Wetterstation Biodiversitätsgelände (im Folgenden als „WS Biodiv“ bezeichnet)befindet sich 3,5 km nordöstlich vom Stadtzentrum Jenas in der Saaleaue und ist vorrangigvon Agrarflächen und Kleingärten umgeben. Lediglich im Nordwesten liegen einigeGewerbeflächen. Das Areal im Radius von 100 m um die Station ist baumfrei. Aufgrund derLage in der Saaleaue tritt häufig Morgennebel auf. Die Station arbeitet zuverlässig.

Die Wetterstationen des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie sowie der Fachhochschulebefinden sich auf den Flachdächern ihrer Gebäude ca. 2 km südwestlich des Stadtzentrums.Wenngleich diese Standorte meteorologisch nicht optimal sind, sind doch viele Meßwerte wiedie Lufttemperatur oder die Globalstrahlung verwendbar. Durch ihre erhöhte Lage amWesthang des Saaletals (Abb. 6) ist eine Horizontüberhöhung morgens kaum vorhanden;abends ist sie jedoch deutlich erkennbar (siehe dazu auch Kapitel 7.2).

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4 Datenerhebung und -aufbereitung

Tab. 2: Meßgeräte, Meßwerte und Meßintervalle der ausgewerteten Wetterstationen. (Eigene Zusammenstellungu. a. nach KOLLE 2004,KÜHN 2004,Informationen von KOLLE via Email vom 5.11.2004 sowie Informationen derHersteller.)

20

Strahlung

Windgeschw.

mit Campbell CS500

Luftdruck mit Lambrecht 812B -

Niederschlag

Bodentemp. - -

Bodenfeuchten - - -

weitere - -

Datalogger u.ä. FMA 186 Campbell CR10X k.A. Campbell CR10XMeßintervall k.A. 10 s 10 s

10 min

MeßgrößeoderParameter

Wetterstation DachFachhochschule(WS FH)

Wetterstation DachMPI Biogeochemie(WS MPI)

WetterstationBiodiversitätswiese(WS Biodiv)

HangwetterstationJenzig, temporär(HWS Jenzig)

Standort(alle Jena)

Flachdach derFachhochschule,ca. 30 m ü. Boden

10 m über Dachdes Instituts, ca. 30 m ü. Boden

Saaleaue, 3 km nördlichdes Stadtzentrums,Boden

Südhang des Jenzig,

Boden, 22° südexponiertKoordinaten*nach TK50

GK 4469870, 5642650UTM 680650, 5643900Höhe: 210 m

GK 4469560, 5641630UTM 680370, 5642860Höhe: 240 m

GK 4473730, 5646290UTM 684360, 5647690Höhe: 130 m

GK 4473413, 5644706UTM 684099, 5646093Höhe: 270 m

Kipp&Zonen CM 11-GlobalstrahlungThies E 1.1-UV A und UV B

Kipp&Zonen CM11- Globalstrahlung (Ø und max)Kipp&Zonen PAR Lite- PAR (Ø und max)

Kipp&Zonen CNR-1:- alle vier Strahlungs- komponentenKipp&Zonen CSD-1:- direkte Strahlung- SonnenscheindauerKipp&Zonen PAR Lite- PARAbgeleitet:- Strahlungsbilanz, Albedo- Strahlungstemperatur

Kipp&Zonen NR-Lite(„second class“):- Strahlungsbilanz

Schalenkreuzanem.Lambr. 1764 G4 H:

Vector InstrumentsA100R:- Ø und max

Thies UltrasonicAnemometer 2D

Schalenkreuzanem.MCS 177-3:- min, Ø und max

mittlereWindrichtung

mit Lambrecht1466 F1000 H(Schleifwiderstand)

Vector InstrumentsW200P

Thies UltrasonicAnemometer 2D

Umlaufpotentiometer2.003.02 (0-354°) derFa. anemometerbau

Lufttemperatur&Luftfeuchte

mit Lambrecht8091economy

mit Mela KPK1/5-ME- rel. LuftfeuchteAbgeleitet:- pot. Temperatur- spezifische Feuchte- Taupunkt- realer/Sättigungs- Dampfdruck sowie Dampfdruckdefizit- Wasserdampfkonz.

Thies Hygro-Thermogeberund Vaisala HMP35D- rel. LuftfeuchteAbgeleitet:- pot. Temperatur- spezifische Feuchte,- Taupunkt,- realer/Sättigungs- dampfdruck sowie Dampfdruckdefizit- Wasserdampfkonz.

Vaisala PTB101BAbgeleitet: Luftdichte

Druck RPT410VAbgeleitet: Luftdichte

Lambrecht 15188-H(Wippe nachJoss-Tognini)- Präzision 0,1 mm

Wippe Young 52202- Präzision: 0,1 mmThies 5.4105.00.000:-Niederschlagsdauer

Thies Ombrometer mitWippe und Tropfenzähler- Präzision: 0,1 mm bzw. 0,005 mm

Hellmann-Wippe:- Präzision: 0,1 mm

PT-100 basierteThermometer:- 2, 4, 8, ... bis 128 cm

Meßkette mit PT-100:- 2, 4, 8, 16, 32, 64 cm2 StowAways (5 & 7 cm)

DeltaT Devices Theta-ProbeML2x bei 8, 16, 32 und 64 cm

Wettercam nach N(aktualisiertalle 10 min.)

Rimco HP3/CN3 Wärme-stromplatten in 1-2 cm TiefeBowen-Ration-System

Wind und Strahlung 5 sandere Größen 10 min

Speicher-intervall

10 minMittelwerte sowie fürNiederschlag undSonnenscheindauerSumme

10 minMittelwerte bzw. Summe(Niederschlag undSonnenscheindauer)

10 minEinzelwerte für Temp.und FeuchteMittelwerte für StrahlungSumme f. Niederschlag

* Obere Zeile: Gauss-Krüger 4 (Potsdam Datum), untere Zeile: UTM32 (WGS84), Genauigkeit ± 50 m, Höhe ohne Mast

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4 Datenerhebung und -aufbereitung

4.2.2 Wetterstationstechnik und verfügbare DatenAlle Meßgeräte aller Stationen sind in der Tabelle 2zusammengefaßt. Im folgenden soll auf dieAnbringung und Genauigkeit der für dieses Projektbesonders relevanten Meßgeräte detaillierter einge-gangen werden.

Die Wetterstation Biodiv mißt folgende Daten:• Lufttemperatur, -feuchte und -druck in 2 m Höhe,• Windgeschwindigkeit und -richtung in 4 m Höhe,• Niederschlag in 1 m Höhe mit Wippe (Auflösung

0,1 mm) und Tropfenzähler (Auflösung 0,005 mm).Des weiteren ist die Station in 4 m Höhe mit einerkompletten Strahlungsbilanz-Meßanlage CNR1 vonKipp & Zonen ausgestattet, welche aus zwei CM3 undzwei CG4 besteht. Die CM3-Sensoren sind „ISOsecond class Pyranometer“ und besitzen laut derHerstellerspezifikation (FA. KIPP & ZONEN 2003) einen Fehler von weniger als ±10% für dieTagessumme. Sie messen die Globalstrahlung sowie deren reflektierten Anteil. Die CG4 sindPyrgeometer und messen die langwellige Ein- bzw. Ausstrahlung ebenfalls mit einemTagesfehler von maximal ±10% . Der CSD-1, ein weiterer Strahlungssensor in 5 m Höhe,mißt die normal einfallende, direkte Sonnenstrahlung zum Zwecke der Berechnung derSonnenscheindauer in Sekunden pro 10 Minuten-Intervall. Es erfolgt automatisch eineBerechnung der Albedo, der Strahlungstemperatur der Landoberfläche, der Strahlungsbilanzsowie der Gesamtein- und -ausstrahlung.

Besonders interessant im Hinblick auf diese Arbeit ist jedoch, daß die Station auch dieVerhältnisse im Boden aufzeichnet:• die Bodentemperatur in 2, 4, 8, 16, 32, 64 und 128 cm Tiefe,• die volumetrische Bodenfeuchte in 8, 16, 32, 64 und 128 cm Tiefe sowie• den Bodenwärmestrom über fünf Bodenwärmestromplatten in 1-2 cm Tiefe. Aus diesen

recht stark variierenden Einzelwerten wird ein Mittelwert gebildet.Schließlich ist seit Mitte Mai 2004 eine Bowen Ratio-Vorrichtung in Betrieb. Diese mißt mithoher Genauigkeit Lufttemperatur und Luftfeuchte in zwei verschiedenen Höhen (ca. 2 und5 m). Ergebnisse oder erzielbare Genauigkeiten bei der Bestimmung des Bowen-Verhältnissesmit dieser Vorrichtung liegen derzeit nicht vor.

An den Wetterstationen MPI und FH ist jeweils ein Globalstrahlungsmesser CM11 imEinsatz – ein sehr genaues Pyranometer mit einem Tagesfehler von < 3% das den „ISOSecondary Standard“ erreicht (FA. KIPP & ZONEN 2003).

21

Abb. 8: Die Wetterstation Biodiv.

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4 Datenerhebung und -aufbereitung

Alle Stationen erzeugen 10-minütige Werte, wobei die Temperaturen und die Luftfeuchtebei der Hangwetterstation Jenzig (siehe folgendes Kapitel) Einzelwerte, bei allen anderenStationen Mittelwerte über die 10 Minuten darstellen.

4.3 Aufbau und Betrieb einer Hangwetterstation

4.3.1 Kurzbeschreibung des StandortsAm Südhang des Jenzig wurde durch den Autor zusätzlich eine Hangwetterstation eingerichtet(HWS Jenzig). Damit sollten an einem recht typischen Hangstandort alle möglichenrelevanten meteorologischen Größen gemeinsam erfaßt werden und zusammen mit einemBodentemperaturprofil ein Gesamtbild ergeben. Es war einerseits Ziel dieser Wetterstation,die Unterschiede zu der horizontal in der Saaleaue gelegenen WS Biodiv zu erkennen.Andererseits sollten die Daten dieser Station als erste in die Modellierung einfließen undParameter speziell für diese Hanglagen und deren Böden liefern.

Aus Sicherheitsgründen wurde entschieden, die Station auf einem umzäunten Grundstückzu installieren. Derartige Gartengrundstücke liegen ausschließlich auf den weniger steilenKalkschutt-Hängen unterhalb der eigentlichen untersuchten Muschelkalksteilhänge. Dasfreundlicherweise von dem ehemaligen Geowissenschaftler Eberhard Hage zur Verfügunggestellte Grundstück ist exakt nach Süden ausgerichtet und besitzt im Bereich derWetterstation eine Hangneigung von 20° bis 25°. Es liegt circa 50 m unter dem Steilhang. ImZuge der Bohrung für die Temperaturmeßkette wurde eine vertikale Tiefe des aufliegendenLockermaterials von ca. 60 cm ermittelt. Darunter beginnt festerer Kalkstein.

Das Grundstück ist im Osten und Westen von Baumreihen vertikal zum Hang gesäumt(Abstand zur Wetterstation ca. 20 m). Diese führen lediglich in den frühen Morgen- undAbendstunden zur Abschattung des Bodens und des Strahlungssensors. Im Abstand von 5 msind ca. 2 m hohe Sträucher und Bäume zu finden. Die Wiese wird mehrmals jährlich gemähtund ähnelt vom Bedeckungsgrad und auch in Bezug auf vorhandene Sträucher der Vegetationder untersuchten Trocken- und Halbtrockenrasenstandorte.

Alles in allem ist der Standort bis auf die relativ geringe Hangneigung, den vergleichsweisetiefgründigen Boden auf Hangschutt und die leichte Windabschattung typisch für dieuntersuchten Flächen.

4.3.2 WetterstationstechnikAls Datalogger war ein Campbell CR10X mit Multiplexer AM416 für das Bodentemperatur-profil im Einsatz. Diese Geräte müssen erst programmiert werden, zeichnen sich aber durcheine extreme Robustheit und Flexibilität in Bezug auf verwendbare Sensoren aus. Die Datenwurden bis zum jeweiligen Auslesen entweder im Datalogger oder auf einer SpeicherkarteSM4M abgelegt.

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4 Datenerhebung und -aufbereitung

Folgende Sensoren wurden installiert (siehe auch Tabelle 2):• Campbell CS500 Temperatur- und Feuchtesensor in einem unventilierten Strahlungsschutz,

Genauigkeit nach Herstellerangaben (FA. CAMPBELL) ±3% für 10-90% Luftfeuchte sowie±6% für 90-100% Luftfeuchte. In der Praxis sind die Werte oberhalb 90% sehr ungenau.

• ein Windrichtungsgeber 2.003.02 (Umlaufpotentiometer) der Firma anemometerbau. Esbesitzt nach Angaben der Firma (FA. ANEMOMETERBAU) eine Anlaufgeschwindigkeit von0,5 m/s. Der Meßbereich reicht nach eigenen Messungen in der Praxis von 0° bis 354°.

• ein Schalenkreuzanemometer MCS 177-3 von MC Systems mit einer Anlaufgeschwindig-keit von ebenfalls 0,5 m/s (FA. MC SYSTEMS 1996).

• eine Hellmann-Niederschlagswippe in ~1 m Höhe mit einer Auflösung von 0,1 mm.• ein Strahlungsbilanzsensor NR-Lite (FA. KIPP & ZONEN). Dieses Gerät ist nahezu wartungs-

frei, allerdings weniger genau als das an der WS Biodiv verwendete CNR1 und erlaubtauch nicht die separate Messung aller vier Einzelkomponenten der Strahlungsbilanz. Eswar jedoch das einzige zur Verfügung stehende Gerät.

• eine selbst entwickelte Bodentemperatur-Meßkette, bestehend aus sechs ThermistorenPT-100 in einer „3-wire bridge“-Schaltung zur Kompensation des Kabelwiderstands (nachFA. CAMPBELL SCIENTIFIC 1997).

Die Temperatursensoren wurden vor dem Aufbau der Wetterstation im Bereich 0-40°Ckalibriert.

Zusätzlich wurde direkt neben dem Temperaturprofil noch jeweils ein autarker StowAway-Datalogger in 5 bzw. 7 cm Tiefe vergraben, um Untersuchungen zur Vergleichbarkeitzwischen den PT-100 und den StowAways durchführen zu können.

4.3.3 Design der WetterstationDie deutliche Hanglage machte es erforderlich, das Konzept einer klassischen Wetterstationzu überdenken. Die Anordnung der Sensoren zueinander sollte so sein, daß die Sensorenmöglichst wenig gestört arbeiten. Zudem mußte erwogen werden, ob die Sensoren horizontaloder hangparallel installiert werden.

Anemometer und Windrichtungsgeber wurden in 4 m Höhe in Ost-West-Ausrichtungnebeneinander installiert. Sie sind hangparallel (~20° geneigt) installiert. Die ordnungsgemäßeFunktion der Sensoren in Schrägstellung wurde zuvor erfolgreich getestet. Der Vorteil dieserNeigung ist, daß die hangparallelen Winde genauer erfaßt werden (beispielsweise nächtlicheKaltluftabflüsse). Als Nachteil ergibt sich, daß Starkniederschläge leicht schräg stehendeWindfahnen bzw. Anemometer theoretisch beeinflussen könnten. Praktisch konnte währendzweier Starkniederschläge lediglich eine erhöhte Windgeschwindigkeit festgestellt werden,die aber nicht unbedingt durch diesen Effekt begründet sein muß.

Der Strahlungsbilanzsensor wurde in 1 m Höhe ebenfalls hangparallel angeordnet, da nichtdie Strahlung auf eine horizontale Oberfläche, sondern die tatsächliche Strahlungsbilanz

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4 Datenerhebung und -aufbereitung

dieser geneigten Hangfläche gemessen werden sollte. Dies war etwas problematisch: Einehangparallele Installation am Stationsmast war in der Praxis technisch nur möglich, wenn sichder Sensor östlich oder westlich der Wetterstation befand. Die Installation östlich des Mastsführte aber dazu, daß in den Abendstunden der Schatten des Schaltkastens und des Masts aufdie vom Sensor abgedeckte Wiesenfläche (Ø ~5 m) fiel und die aufwärts gerichtete Strahlungdamit beeinflußte. Dies wurde nachträglich weitestgehend korrigiert, indem der Abstand zumMast auf ca. 2,5 m vergrößert wurde. Zudem mußte der kleine vertikale Stab zum Fernhaltenvon Vögeln entfernt werden, da er nachmittags die obere Teflon-Meßfläche beschattete. Fürzukünftige Hangwetterstationen wäre demnach eine Anbringung des Sensors südlich derStation trotz eventueller technischer Schwierigkeiten zu empfehlen.

Abb. 9: Die Hangwetterstation Jenzig und ihre hangparallel angeordneten Windsensoren. Im Bild links ist derStrahlungssensor rechts unten noch nahe am Mast zu sehen. Dies wurde später korrigiert (siehe Text).

Die Temperaturprofil-Meßkette wurde vertikal in den Boden eingebracht und mißt 2, 4, 8,16, 32 und 64 cm Tiefe. Obwohl die Vertikale der vermuteten Fließrichtung des Niederschlags– der ja auch Temperaturänderungen im Boden hervorrufen kann – entspricht, wäre eineEinbringung senkrecht zur Hangoberfläche vermutlich günstiger gewesen, da die Wärme-fortpflanzung im Boden bei einer homogenen, geneigten Oberfläche als senkrecht zurBodenoberfläche angenommen werden kann. Bei einem Neigungswinkel von 22° sind dieUnterschiede in den Meßwerten aber noch als marginal anzunehmen.

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4 Datenerhebung und -aufbereitung

Temperatur- und Feuchtemesser waren in 2 m Höhe südlich des Masts angebracht, derNiederschlagsmesser 2 m westlich (Abb. 9).

Die Meßintervalle und ermittelten Größen der einzelnen Sensoren sind Tabelle 2 zuentnehmen. Die zu den Meßwerten gehörenden Zeiten bezeichnen jeweils das Ende des10-Minuten-Intervalls bzw. bei Temperaturen exakt die Zeit der Einzelwertmessung.

4.4 Die „Wettercam“Während des Untersuchungszeitraums wurde eine handelsübliche Digitalkamera (CanonPowershot G3) eingesetzt, um automatisch alle 30 Minuten Bilder des Wetters aufzunehmen.Alle 2 Tage mußte diese Kamera allerdings neu aktiviert werden. Sie befand sich in JenaZwätzen und blickte ostwärts auf das Dorf Kunitz, nur 1 km nördlich der WS Biodiv. Dabeiwurde auf den Himmel belichtet, um eventuelle Wolken kontrastreich abzubilden. Mit einermaximalen Belichtungszeit von 1 s konnten auch in der Dämmerung hochqualitativeAufnahmen erhalten werden.

Die Aufnahmen der Wettercam haben sich als sehr vorteilhaft erwiesen, um schnell undausreichend zuverlässig die Wolkenbedeckung sowie den Wolkentyp zu klassifizieren. Füreine exakte Messung des Bedeckungsgrads müßte die Kamera vertikal angeordnet werden undmittels Fischaugenobjektiv den gesamten Himmel überblicken.

Des weiteren war es am Tag wie in der Nacht möglich, Nebel und Dunst zweifelsfrei zuerkennen sowie Regenereignisse qualitativ festzustellen. Der Schattenwurf von Bäumenkonnte zusätzlich Hinweise auf die Stärke der direkten Strahlung geben.

Die Bilder der Wettercam wurden für einige Tage durch Beobachter-Aufzeichnungenergänzt. Beides erlaubt zusammen mit den Meßdaten der Station Biodiv eine zuverlässigeKlassifikation der Tage nach Kriterien wie beispielsweise dem Bedeckungsgrad, demVorhandensein von Nebel, der Bodenfeuchte und dem Niederschlag.

Im Idealfall sollte eine Wettercam auf der Nordhemisphäre ungefähr nach Nordenausgerichtet sein, da, wie sich praktisch gezeigt hat, frontale Sonne die Wolkenerkennungstark behindert.

4.5 QualitätskontrolleDie vom MPI erhaltenen Wetterstationsdaten sowie die im Rahmen dieses Projektsgewonnenen Meßdaten wurden in OpenOffice Calc 1.1 aufbereitet und auf offensichtlicheFehler geprüft. Eine manuelle Kontrolle aller Einzeldaten per se war natürlich aufgrund desgroßen Datenvolumens nicht realisierbar. Um trotzdem zumindest Fehlfunktionen derMeßgeräte erkennen zu können, wurden drei Ansätze verfolgt:

Zum einen wurden offensichtliche Ausfälle der Sensoren gesucht und markiert: Werte von„-9999“, „-6999“ oder beispielsweise stark negative Werte für Temperatur, Windstärke etc.Des weiteren wurden für alle im Projekt verwendeten Wetterelemente Grafiken erstellt. Diese

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4 Datenerhebung und -aufbereitung

wurden visuell auf Ausreißer untersucht. Schließlich wurden generell auffallende Verläufe derWetterelemente mit anderen Stationen abgeglichen und versucht, die Werte plausibel zuerklären, was in der Regel möglich war.

Dabei wurden fehlende, gestörte und unkalibrierte Daten farbig hervorgehoben. Wannimmer dies wissenschaftlich vertretbar war, wurden fehlende oder gestörte Daten durch eingeeignetes Interpolationsverfahren (meist linear) aus den vorhergehenden und nachfolgendenDaten der Zeitreihe interpoliert und farblich als solche synthetischen Daten markiert.

4.6 DatenaufbereitungEs wurden in OpenOffice Makros entwickelt, die typische Aufgaben der Datenaufbereitungübernahmen. Dies waren insbesondere das Zusammenfassen von 10-Minuten-Werten aufhalbstündliche Werte zur Reduzierung des Datenvolumens:• Übernehmen jedes dritten Werts für Temperaturen und Luftfeuchte.• Berechnen des Mittelwerts bei Strahlungsgrößen. Aufgrund der häufig starken

Schwankungen, z. B. bei der Globalstrahlung, wäre bei jedem dritten Einzelwert dieRepräsentativität für die halbe Stunde nicht gegeben.

• Ermitteln der halbstündigen Minima, Mittelwerte und Maxima für die Windgeschwindigkeit.• Berechnen der Summe für Niederschlagswerte.Auch für das Auffinden der Zeitpunkte täglicher Minima und Maxima und deren Werte inZeitreihen wurden Makros entwickelt.

Eine besondere Herausforderung stellte das Zusammenfassen der Daten der Temperatur-logger dar:

Bereits während der Zwischenablesungen sollten die fast 80 separaten Datalogger-Dateienim CSV-Format mit verschiedenen Zeitschritten (10 bzw. 30 Minuten) sowie verschiedenenAnfangs- und Endzeiten und asynchronen Meßzeitpunkten in einer Tabelle mit, soweitmöglich, synchronen 30-minütigen Werten zusammengefaßt werden. Hierzu wurde zunächstein kleines Java-Programm entwickelt, das diese Aufgabe übernahm. Jeder Datenpunkt wurdeden nächstliegenden vollen 10 bzw. 30 Minuten zugeordnet. Zeiträume falscher Daten –beispielsweise, wenn der Logger sich noch nicht oder nicht mehr im Boden befand – wurdenbasierend auf eigenen Aufzeichnungen gelöscht.

Die endgültige Zusammenstellung der Daten nach Abschluß der Messungen erfolgte jedochauf etwas anderem Wege. Hier wurden alle Zeitreihen auf 10-minütige Werte vereinheitlicht,wobei Daten von Loggern mit 30 Minuten Meßintervall linear interpoliert wurden. Zusätzlichwurden die Daten mit den Ergebnissen der Anfangs- und Endkalibrierung korrigiert undzweifelhafte Logger aussortiert. Bei Standorten, bei denen der Logger während derMeßperiode gewechselt werden mußte, zeigte sich nach der Kalibrierung an den Nahtstellenin der Regel eine gute Übereinstimmung.

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5 Das Strahlungsmodell

5 Das StrahlungsmodellDie grundlegende meteorologische Größe der folgenden Teilprojekte ist stets die Global-strahlung. Sie wird für die Betrachtung der Strahlungsbilanz und ihres Einflusses auf dieBodentemperatur benötigt, aber auch zur Verwendung als eine der Eingangsgrößen fürBerechnungen in GIS-Systemen und für Fragestellungen der räumlichen Ökologie. Für dieanschließende Energiebilanzmodellierung sind sogar 10-minütige Werte erforderlich. Ziel desTeilprojekts ist es somit, ein geeignetes Strahlungsmodell zu finden oder zu entwickeln.

5.1 Vorhandene StrahlungsmodelleStrahlungsmodelle werden derzeit operationell von einer großen Zahl von Anwendern genutzt,so beispielsweise von Wissenschaftlern, Firmen der Solartechnik, privaten Hausbesitzer undLandwirten. Oft besitzen diese Modelle eine von zwei Formen: Entweder handelt es sich umkleine Internetprogramme, beispielsweise in der Form interaktiver Webseiten oder Java-Applets, die es dem Endanwender erlauben, für einen Zeitpunkt oder einen Zeitraum undeinen gegebenen Ort die potentielle oder reale Globalstrahlung zu berechnen. DerartigeModelle sind beispielsweise auf den Internetseiten von Solarstrahlungsdatenbanken imEinsatz (u. a. PV-GIS: ŠÚRI ET AL. 2005). Im anderen Fall handelt es sich umStrahlungsmodelle für Wissenschaftler. Sie erlauben es, die potentielle oder realeGlobalstrahlung mit fortgeschrittenen Optionen für nutzerdefinierte Zeiträume zu berechnen –oftmals auch aus anderen Programmen heraus über eine Programmierschnittstelle (API) oderKommandozeilenoptionen. Zu dieser Gruppe zählen u. a. GISRAD (GOLDBERG & HÄNTZSCHEL

2002), r.sun (ŠÚRI & HOFIERKA 2004), SolarAnalyst (FU & RICH 1999) und SORAM (SCHAAB &LENZ 1997).

Die Fähigkeiten der Strahlungsmodelle sind sehr unterschiedlich. Neben der Berechnungder potentiellen Globalstrahlung für horizontale und geneigte Einzelflächen können folgendeweiteren Funktionen implementiert sein:• Berechnung der realen Globalstrahlung.• Berechnung der PAR, also des photosynthetisch relevanten Anteils der Globalstrahlung.• Separate Ausgabe der einzelnen Strahlungskomponenten (direkte Strahlung, diffuse

Strahlung und ggf. vom Gegenhang reflektierte Strahlung).• Berechnung der Globalstrahlung für eine ganze Region aus einem Höhenmodell. Dies

bedingt die Fähigkeit, Rasterdaten zu lesen und zu schreiben. Häufig werden derartigeFunktionen in einem GIS implementiert (SolarAnalyst: ArcView 3.x, SORAM: ArcInfo,GISRAD: ArcView, r.sun: GRASS GIS).

• Einbeziehung der Horizontüberhöhung aus einem Höhenmodell in die Berechnung. Diesist insbesondere in stark gegliedertem Terrain wie Hochgebirgen von großer Bedeutung.

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5 Das Strahlungsmodell

• Berechnung der gesamten Strahlungsbilanz (net radiation) unter Einbeziehung zusätzlicherEingangsdaten und -parameter.

Für die Verwendung im Rahmen dieser Arbeit wurde ein Strahlungsmodell gesucht, das eserlaubte, für die untersuchten Standorte flexibel die reale Globalstrahlung zu berechnen.Dabei sollte die Berechnung der Strahlungsflußdichte [W/m²] für einzelne Zeitpunkte sowieder gesamten Bestrahlung [Wh/m²] für einen Monat oder ein ganzes Jahr möglich sein. DieseAnforderungen werden durch die auf Webseiten implementierten Modelle nicht erfüllt,weswegen der Fokus speziell auf separate wissenschaftliche Modelle gelegt wurde.

Die bei der Recherche gefundenen Strahlungsmodelle sollen im Folgenden kurzbesprochen werden. Es handelt sich hierbei nur um eine Auswahl, keine vollständigeÜbersicht vorhandener Modelle.

5.1.1 GISRADAn der Technischen Universität Dresden wurde die GIS-Erweiterung HIRGIS entwickelt(GOLDBERG & HÄNTZSCHEL 2002). Diese in ArcView integrierte GIS Lösung besteht aus demStrahlungsmodell GISRAD und dem Vegetations-Grenzschichtmodell HIRVAC (HIghResolution Vegetation Atmosphere Coupler) und wird für Lokalklimaanalysen eingesetzt.Das Strahlungsmodell berechnet die komplette Strahlungsbilanz für reale Bewölkung ingegliedertem Terrain. Durch die Integration in ArcView ist es auch möglich, das jeweiligeHöhenmodell für die Berechnung von Exposition und Inklination sowie der Horizont-überhöhung einzusetzen (GOLDBERG & HÄNTZSCHEL 2002: 121).

GISRAD stand für diese Arbeit nicht zur Verfügung, die genannte Quelle gibt jedoch einennahezu kompletten Überblick über die zugrundeliegende Methodik und die verwendetenFormeln. Diese sind nachvollziehbar, auch wenn der Einfluß der Bewölkung nur invereinfachter Form eingeht (verändert nach GOLDBERG & HÄNTZSCHEL 2002: 126):

Schleierwolken beispielsweise, bei denen trotz vollständiger Bedeckung ein signifikanterAnteil direkter Strahlung den Boden erreicht, können mit diesem Ansatz nur ungenügendsimuliert werden. Allerdings wird das Modell eher auf längeren Zeitskalen verwendet, woderartige Details keine Rolle spielen.

5.1.2 CLOUDMAPZur Berechnung der Permafrostgefahr und der Permafrostuntergrenze in den Alpen wurdendurch MUSTAFA und GUDE die Modelle PERMAMAP und CLOUDMAP eingesetzt (MUSTAFA

2002, MUSTAFA ET AL. 2003) Letzteres stellt eine an der FSU Jena entwickelte Erweiterung von

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RB , ⊥=1−C ⋅RB0 , ⊥ (8)

RB , ⊥ normal einfallende, reale direkte StrahlungRB0 , ⊥ normal einfallende, potentielle direkte Strahlung

C Bedeckungsgrad

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5 Das Strahlungsmodell

PERMAMAP dar. Im Unterschied zu diesem wird nicht nur die potentielle direkte Strahlung,sondern die reale Globalstrahlung eingesetzt, wodurch sich die berechnete Einstrahlung aufnordexponierten Hängen deutlich erhöht. Diese erhalten einen relativ hohen Anteil diffuserStrahlung bei relativ geringer direkter Strahlung. In CLOUDMAP wurde ein Ansatz von ARCK

& ESCHER-VETTER (1997, zitiert in MUSTAFA ET AL. 2003) verwendet. Dazu wurden zusätzlichdie meteorologischen Meßgrößen Bewölkung und Sonnenscheindauer verarbeitet. DieBewölkungsklasse wird aus dem Verhältnis von potentieller zu realer Sonnenscheindauerermittelt. Aus der Bewölkung und dem Monat wird über eine Tabelle empirisch gemessenerWerte von SAUBERER & DIRMHIRN die diffuse Himmelsstrahlung berechnet. Die Details sind derVeröffentlichung von MUSTAFA (2002: 14 ff.) zu entnehmen.

5.1.3 SolarAnalystBei SolarAnalyst (FU & RICH 1999, FU & RICH 2000) handelt es sich um ein Produkt imRahmen von „Informs“ (Integrated Forest Resource Management System), einem Entschei-dungsfindungssystem für die IBM-Plattform des USDA Forest Service. Zu finden ist es unter<http://www.fs.fed.us/informs/index.php> (Stand 16.12.2004).

Diese ArcView-Erweiterung bietet unter einer benutzerfreundlichen Oberflächevielfältigste Möglichkeiten der Berechnung potentieller Globalstrahlung: Die Berechnungkann beispielsweise für Einzelkoordinaten, eine Textdatei mit Koordinaten, ein komplettesdigitales Höhenmodell (DHM) oder ein Punktcoverage mit Punkten innerhalb des DHMerfolgen. Genauso flexibel gestalten sich auch die zeitlichen Einstellungen: VonBerechnungen über eine Zeitspanne innerhalb eines Tages bis hin zu einem gesamten Jahr inbenutzerdefinierten Zeitschritten ist alles möglich. Weitere Parameter regeln die Genauigkeitdes Modells gegenüber dessen Rechenzeit.

Falls die Einstellungen entsprechend getätigt wurden, verwendet auch dieses Strahlungs-modell das DHM zur Berechnung der Horizontüberhöhung sowie von Exposition undInklination. Die Berechnung der Globalstrahlung erfolgt dann, wie der Beschreibung bei FU &RICH 1999 zu entnehmen ist, vergleichsweise komplex, wobei sowohl die Sonnenbahn alsauch die Hemisphäre unterteilt wird, um für jeden Teil separat die direkte bzw. die diffuseStrahlung zu berechnen. Dadurch konnte vermutlich die Geschwindigkeit der Berechnungenfür größere Gebiete erhöht werden.

Das Modell wurde für diese Arbeit unter ArcView 3.3 getestet. Als Eingabeparameterdienten die Koordinaten der horizontal liegenden Wetterstation Biodiv, welche aus einerTextdatei gelesen wurden. Die Horizontüberhöhung konnte auf diesem Wege nichtberücksichtigt werden. Als Aufgabe wurde die Berechnung der stundenweisen Einstrahlungfür verschiedene Tage gegeben, für die an der Wetterstation Biodiv „clear sky”-Bedingungen(wolkenfreier Himmel) vorherrschten. Als Parameter wurden eine Transmissivität von 0,55sowie ein diffuser Strahlungsanteil von 0,25 verwendet (vgl. FU & RICH 2000: 36 f.). Die

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5 Das Strahlungsmodell

Ergebnisse waren Grafiken, Tabellen und Textdateien des Strahlungsverlaufs, jeweils separatfür die Globalstrahlung und für die direkte und diffuse Strahlung.

Hier zeigte sich eine Schwachstelle des Programms: Sowohl die Textdatei als auch dieTabellen enthielten keine „Zeitstempel“, sondern nur die Bezeichnungen „t1“, „t2“ usw.; dasheißt, es ließ sich nicht zuordnen, welcher Wert welcher Uhrzeit entsprach. Zudem wurdefestgestellt, daß Ergebnisse nur für die Zeit zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergangausgegeben werden, obwohl explizit die Berechnung von 0 bis 24 Uhr gewünscht wurde.Ohne Kenntnis der Sonnenaufgangszeit war die Verwendung der Werte somit faktisch nichtmöglich. Zudem ließ sich weder der Dokumentation noch den Dateien entnehmen, welcheEinheit die ausgegebenen Werte besitzen: War es W/m², Wh/m², J/m² oder eine noch andere?

Ein Vergleich der mit SolarAnalyst berechneten Werte der Globalstrahlung mit den an denStrahlungstagen gemessenen Werten ergab keinen Zusammenhang. Zwar stimmte dieKurvenform für alle Tage, jedoch ergaben sich beispielsweise als höchste Werte(Mittagswerte) für einen Dezember- und einen Junitag Zahlen von ~12 bzw. ~125, also einVerhältnis von 1:10 zwischen niedrigstem und höchstem Mittagssonnenstand. Ein Blick aufdie gemessenen Daten der Wetterstation Biodiv sowie auf die Daten von PV-GIS (Kapitel5.1.5) brachte Werte von ~250 W/m² bzw. ~880 W/m² für die potentielle Strahlungsfluß-dichte, also ein Verhältnis von rund 1:3,5. Insofern ergaben die berechneten Werte – egal,welche Einheit sie besitzen mögen – keinen Sinn.

Da die Ursache für die scheinbar falschen Resultate nicht geklärt werden konnte, wurdevon der weiteren Verwendung des Solar Analyst abgesehen.

5.1.4 r.sunAuch das Open-Source-GIS GRASS verfügt über ein Solarmodul, welches von JAROSLAV

HOFIERKA und MARCEL ŠÚRI (2002) entwickelt wurde. Dieses Strahlungsmodell wurde bereitserfolgreich in der Praxis getestet, und auch dieses Strahlungsmodell berechnet die Global-strahlung für ein gesamtes DHM und berücksichtigt die Horizontüberhöhung.

GRad ist allerdings in dieser Form nicht für die Strahlungsberechnung an einzelnen, durchKoordinaten gegebenen, Standorten geeignet, wie sie in dieser Arbeit zunächst vorliegen.

Dank der exzellenten Dokumentation der Theorie und der im Modell verwendeten Formeln(ŠÚRI & HOFIERKA 2004) konnte die Berechnung jedoch größtenteils nachvollzogen werden.Die physikalisch oder mathematisch basierten Formeln werden als korrekt eingeschätzt, beiden empirischen Formeln ist eine derartige Einschätzung nur anhand der Korrektheit derErgebnisse möglich. Dies ist, wie sich zeigen wird, fast immer gegeben.

5.1.5 PV-GISBei PV-GIS handelt es sich um eine Internet-Photovoltaik-Datenbank des Joint ResearchCentre, welche unter Einsatz eben dieses Strahlungsmodells r.sun erstellt wurde (ŠÚRI ET AL.

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5 Das Strahlungsmodell

2005). Diese Datenbank erlaubt es, verschiedene für die Photovoltaik relevante Größen wieden optimalen Neigungswinkel für Solarzellen abzurufen. Sie enthält des weiteren auchEingangsgrößen der Strahlungsberechnung wie den Linkeschen Trübungsfaktor (Linketurbidity). Der Tagesverlauf der Strahlungsflußdichte läßt sich tabellarisch und grafisch fürbeliebige Monate, Einfallswinkel und Expositionen für ganz Europa berechnen. (Die Zeitensind dabei als Solarzeit angeben. Der Höchststand der Sonne ist ortsunabhängig stets12:00 Uhr.) Auch die monatliche Bestrahlung läßt sich für ebene und südexponierte Flächenabrufen. Animationen zum Jahresverlauf ausgewählter Größen wie der atmosphärischenTrübung oder der Globalstrahlung stehen ebenfalls zur Verfügung. Die Datenbank ist unter<http://re.jrc.cec.eu.int/pvgis/pv/index.htm> (Stand 15.12.2004) öffentlich zugänglich.

Für die Erstellung der Datenbank wurden die Daten von 566 meteorologischen StationenEuropas ausgewertet und unter Zuhilfenahme von SRTM-30-Höhendaten regionalisiert. Dabeiwurden Wetterdaten des Zeitraums 1981-1990 verwendet. Die Werte des LinkeschenTrübungsfaktors stammen aus einer weiteren Solar-Datenbank, „SoDaWeb“. Die mit r.sunberechneten Strahlungsergebnisse wurden abschließend zur Validierung mit der ESRA-Datenbank (European Solar Radiation Atlas) verglichen. Für Details zur Methodik sei hier aufdie entsprechenden Quellen verwiesen (ŠÚRI ET AL. 2005: 3, ŠÚRI ET AL. 2004).

5.2 Erstellung des Strahlungsmodells GRadDa sich keines der genannten Modelle direkt für diese Arbeit nutzen ließ und zum damaligenZeitpunkt noch eine Modellierung der Energiebilanz und Bodentemperatur in Java angestrebtwurde, wurde entschieden, eine eigene Java-Implementierung eines Strahlungsmodells zuprogrammieren. Es war aber nicht Ziel dieser Arbeit, ein neues Strahlungsmodell von derTheorie her zu entwickeln. So wurde die Berechnungsweise des Modells r.sun in allenwesentlichen Belangen übernommen. Dessen Dokumentation (ŠÚRI & HOFIERKA 2004) ermög-lichte es, die theoretische Basis des Modells für die eigene Implementierung zu verwenden.Prinzipiell sollte diese neue Implementierung demnach die gleichen Werte liefern wie dieC++- Version in GRASS GIS.

Die topographischen Berechnungen, also die Bestimmung des Sonnenstands und desEinfallswinkels, wurden aus dem eigentlichen Strahlungsmodell ausgegliedert. Hierfürbestanden bereits eigene Java-Klassen, welche erweitert wurden. Damit wurde erreicht, daßdiese rein mathematischen Berechnungen auch anderen Programmen wie z. B. anderenStrahlungsmodellen zur Verfügung stehen. Im Ergebnis besteht das Programm „GRad“ ausfolgenden Paketen und Hauptklassen:• Die Pakete „org.GeoGrasGisXXX“ enthalten grundlegende geographische Klassen,

insbesondere jene für geographische Koordinaten („SCoords“) sowie entsprechendeProgrammierschnittstellen. Auch die Klasse „SolarDate“ ist hier zu finden.

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5 Das Strahlungsmodell

• Das Paket „org.MaBaUtils“ enthält allgemeine Hilfsfunktionen wie z. B. für Konver-tierungen und für die Dateiein- und ausgabe.

• Das Paket „org.GRad“ enthält die eigentliche Infrastruktur des Strahlungsmodells,beispielsweise eine allgemeine Programmierschnittstelle (Interface) für Strahlungsmodellesowie die r.sun-Implementierung dieser Schnittstelle. Weiterhin gehören dazu eine Klasse,über die verschiedene Standardaufgaben der Strahlungsberechnung abgerufen werden,sowie eine graphische Benutzeroberfläche für die wichtigsten Funktionen. Diese sind inKapitel 5.4 näher erläutert.

Während sich die Formeln der Klasse „rsunRadionModel.java“ streng an die Vorgaben vonŠÚRI & HOFIERKA (2004) halten, wurden die trigonometrischen Berechnungen innerhalb derKlasse SolarDate teilweise verändert:

Die Klasse SolarDate repräsentiert zeitzonenunabhängig einen eindeutigen Zeitpunkt(Datum und Zeit) im Gregorianischen Kalender. Die Ein- und Ausgabe der Datums- undZeitwerte kann mit jeder beliebigen Zeitzone und insbesondere auch in Solarzeit erfolgen.Letztere „Zeitzone“ ist abhängig von der geographischen Länge des Betrachters und istdadurch definiert, daß 12:00 Uhr die Sonne exakt ihren höchsten Stand erreicht. Die KlasseSolarDate bietet zusätzlich unter anderem die Funktionen der Sonnenstands- und Einfalls-winkelberechnung für den jeweiligen Zeitpunkt, den die Objektinstanz repräsentiert. Einigedieser Funktionen sind im Quelltext auf Seite 33 f. wiedergegeben.

Liegt eine geneigte Fläche vor, so werden diejenigen geographischen Koordinatenberechnet (im Quelltext tLocation genannt), bei denen eine horizontale Fläche parallel zu dergeneigten Fläche an den Ausgangskoordinaten ist. Anschließend kann zur Einfalls-winkelberechnung die gleiche Formel wie für horizontale Flächen angewendet werden.

Die Werte für die lokale (horizontale) Sonnenposition, der Einfallswinkel der Sonne unddie extraterrestrische Strahlung werden dem Strahlungsmodell übergeben, das damit auf dieAufgaben der Strahlungsberechnung im engeren Sinn reduziert wurde.

Innerhalb dieses Modells wird analog zu r.sun zuerst die direkte Strahlung berechnet.Dabei beschreibt der Linkesche Trübungsfaktor die Trübung der Atmosphäre, beispielsweisedurch Aerosole. Dieser Parameter kann von Tag zu Tag um mehrere Prozent schwanken; imStrahlungsmodell werden oft Monatsmittel als Eingangsgrößen verwendet. Der gestreuteAnteil der Sonnenstrahlung wird anschließend zur Berechnung der diffusen Strahlungherangezogen. Die Berechnung zieht auch die Anisotropie der diffusen Strahlung unterbestimmten Bedingungen in Betracht. Geneigte Flächen erhalten zwar weniger diffuseStrahlung, dafür wird hier die dritte Globalstrahlungskomponente relevant – die von derUmgebung, bei Tälern zum Beispiel dem Gegenhang, reflektierte Strahlung. Als Summe allerdrei Komponenten ergibt sich dann die Globalstrahlung.

Dank der bei ŠÚRI & HOFIERKA (2004: 183) beschriebenen Änderungen am Modell ist auchdie Berechnung für reale Bewölkung möglich. Details dazu werden im Kapitel 6 erläutert.

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5 Das Strahlungsmodell

Quellcode der trigonometrischen Berechnungen in GRad, der Übersichtlichkeit wegen vereinfacht:' Argumente und verwendete Bezeichnungen' location – coordinates of area of interest (longitude; latitude; elev.)' tLocation – "tilted" coordinates (see text for details)' aspslp – Apsect and slope of the area of interest (aspect; slope)' eqSunPos – geogr. coord. where sun is in zenith (-hour angle; decl.)' horizSunPos – sun position as seen from an observer (azimuth, alt.)public double calcActualIrradiance(XSCoords location, XSCoords aspslp SolarDate solarDate, double dirCSI, double diffCSI) { solarIncidenceAngle = solarDate.getSunIncidenceAngle( this.location, this.aspslp); horizSunPos = solarDate.getSunHorizPosition(this.location); extRad = solarDate.getSunExtRadiation();}

public double getSunIncidenceAngle(XSCoords location, XSCoords aspslp){ XSCoords tLocation = SMath.calcTiltedCoordinates(location, aspslp); double tLon = tLocation.x(); //relative long. of incl. surface double tLat = tLocation.y(); //relative lat. of incl. surface

XSCoords eqSunPos = getSunEqatorialPosition(); double sunLon = eqSunPos.x(); // longitude where sun is in zenith //= - GMT hour angle (note the minus) double sunLat = eqSunPos.y(); //declination //This equation is commonly used to find the angle between two points //on the earth surface. Here Coord1=tLocation and Coord2=eqSunPos.x. double temp = sin(tLat) * sin(sunLat) + cos(sunLon-tLon) * cos(tLat) * cos(sunLat); return PI/2 - acos(temp);}

public static XSCoords calcTiltedCoordinates( XSCoords location, XSCoords aspslp){ double lon = location.x(); double asp = aspslp.x(); double lat = location.y(); double slp = aspslp.y(); [...]//Coordinate check (0<lat<90 and 0<slp<90) ommitted here. //Step 1: Calculate deltaLon and then tLon with the sine-cosine rule double deltaLon = atan((sin(slp)* sin(asp)) / (cos(slp) * cos(lat) - sin(slp) * sin(lat) * cos(asp))); double sinasp = sin(asp); if (sin(asp)>0){ //Lon must be positive (increases) if tilted to east if (deltaLon < 0) deltaLon += PI; } else if (sin(asp)<0){//Lon must be negative since tilted to west if (deltaLon > 0) deltaLon -= PI; } else if ((asp == 0) && (lat + slp > PI/2)) { deltaLon = PI; } else if ((asp == PI) && (lat - slp < - PI/2)) { deltaLon = PI; } double tLon = lon + deltaLon; //Step 2: Calculate tLat double tLat = asin(sin(lat) * cos(slp) + cos(lat) * sin(slp) * cos(asp)); //Step 3: Create and return new coordinates if (location.getDimension() == 2) return new SCoords(false, tLon, tLat); else return new SCoords(false, tLon, tLat, location.z());}

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5 Das Strahlungsmodell

Quellcode der trigonometrischen Berechnungen, Fortsetzung:/* The zenith longitude is needed. We calculate it directly from the GMT * time by adding 12 hrs to the time remainder and reversing the sign. */public XSCoords getSunEqatorialPosition(){ //floorDivRem calculates the remainder of a division and rounds down //The constant ONE_DAY contains the number of seconds on one day. double newTime = (M2.floorDivRem(this.time, ONE_DAY) + ONE_DAY/2) % ONE_DAY; double sunLon = -2.0 * PI * newTime / ONE_DAY; if (sunLon <= PI) sunLon += 2 * PI; //We use the astron. day angle, since it is independent of time zone. double sunLat = asin(0.3978 * sin(getDayAngle() - 1.4 + 0.0355 * sin(getDayAngle() - 0.0489))); return new SCoords(false, sunLon, sunLat);}/** Calculates the horizontal Coordinates azimuth and altitude from * the location and the equatorial coordiates * (which in turn are calculated from the SolarDate).*/public XSCoords getSunHorizPosition(XSCoords location){ return SMath.calcSunHorizontalCoords(location, this.getSunEqatorialPosition());}/** Calculates the horizontal Coordinates azimuth and altitude from * the equatorial coordiates, the location and the solar hour angle. * It uses formulae found on the web site by JAIN (1999). */public static XSCoords calcSunHorizontalCoords( XSCoords location, XSCoords eqSunPos){ double lat = location.y(); //latitude double d = eqSunPos.y(); //declination double H = -eqSunPos.x(); //GMT hour angle, not needed double h = (H + location.x()) % (2*PI); //Local hour angle //Equal to the r.sun radiation model: double altitude = asin( sin(d) * sin(lat) + cos(d) * cos(lat) * cos(h)); double azimuth = 0; //This approach however is different from the one in r.sun: try{ double cos_az = (sin(d) * cos(lat) - cos(d) * sin(lat) * cos(h)) / cos(altitude); azimuth = (sin(h)>0)? //result depends on whether sin(h)>0 2*PI - acos(cos_az) : acos(cos_az); return new SCoords(false, azimuth, altitude); } catch (ArithmeticException e){ /* Division by zero occurred. This should only happen if altitude * is +90° (and therefore the sun is in zenith). In this case * the azimuth doesn't matter at all... let it be 180° (=Pi) */ return new SCoords(false, PI, altitude); } }/** Calculates the extraterrestrial radiation (solar constant) which * varies over the year because of the varying distance earth - sun. * Formula from r.sun is used (differs only slightly from GISRAD). */public double getSunExtRadiation(){ return SOLAR_CONSTANT * ( 1.0 + 0.03344 * cos(dayAngleAstr - 0.048869));}

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5 Das Strahlungsmodell

5.3 Fähigkeiten und Grenzen von GRadIm folgenden soll nun zusammengefaßt werden, welche Aufgaben das Java-StrahlungsmodellGRad bewältigen kann und wo derzeit seine Grenzen liegen.

Wie erwähnt kann GRad die potentielle und reale Globalstrahlung sowie deren Einzel-komponenten direkte, diffuse und vom Gegenhang reflektierte Strahlung für horizontale undgeneigte Flächen berechnen. Die Berechnung erfolgt derzeit für eine oder mehrere Einzel-punkte; eine Berechnung für ein komplettes DHM ist geplant, aber derzeit noch nichtrealisiert. Dadurch bedingt wird auch die reale Horizontüberhöhung bisher nichtberücksichtigt. Auch vegetationsbedingte Abschattungen wie beispielsweise an Waldkantenbleiben unberücksichtigt.

Wie im folgenden Kapitel noch näher beschrieben wird, bietet GRad vieleKomfortfunktionen, mit denen sich die Strahlungsflußdichte [W/m²] oder die Bestrahlung[Wh/m²] für einen oder mehrere Zeiträume berechnen läßt. Dies kann über die Java-Schnittstellen oder über eine grafische Benutzeroberfläche geschehen.

GRad ist Open Source und soll in naher Zukunft inklusive des Quellcodes publiziertwerden. Die Nachvollziehbarkeit der Berechnungen durch den offenen Quelltext soll damitwie auch bei r.sun gewährleistet sein.

5.4 Einsatzmöglichkeiten von GRadDie bereits erwähnten Komfortfunktionen innerhalb der Klasse „GlobalRadiation“ stellenFunktionen bereit, die verschiedene Standardaufgaben der Globalstrahlungsberechnungübernehmen. All diesen Funktionen ist gemeinsam, daß ihnen eine recht große Anzahl anArgumenten übergeben wird. Dies sind zum Beispiel:• Standortfaktoren: geographische Länge und Breite, Höhe über NN, Exposition und

Inklination.• Start- und Endzeitpunkt der Berechnung in Form zweier „SolarDates“.• die Schrittweite in Minuten. Sie bestimmt die Genauigkeit der Bestrahlungsberechnung.• die Linke-Trübung, entweder als Einzelwert oder als interpolierte Jahreskurve (Klasse

„CircularCurve“).• die mittlere Albedo der Umgebung zur Berechnung der vom Gegenhang reflektierten

Strahlung, falls relevant. Sie wird als winkelunabhängig und für Langzeitberechnungen alszeitlich konstant angenommen.

Es stehen folgende Einsatzmöglichkeiten zur Verfügung:• Berechnung der potentiellen oder realen Globalstrahlung (Irradiance, W/m²) für einen

Einzelzeitpunkt (calcPotIrradiance bzw. calcActIrradiance),• Berechnung der Einzelwerte potentieller Globalstrahlung (Irradiance, W/m²) für ein

beliebiges Zeitfenster (calcPotIrradiance),

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5 Das Strahlungsmodell

• davon abgeleitet die Berechnung potentieller Globalstrahlung für einen ganzen Tag oderein ganzes Jahr (calcPotIrradianceForDay bzw. calcPotIrradianceForYear),

• Berechnung der Gesamtsumme der Einstrahlung (Irradiation, Wh/m²) für ein beliebigesZeitfenster (calcPotIrradiation),

• davon abgeleitet die Berechnung derselben für einen ganzen Tag oder ein ganzes Jahr(calcPotIrradiationForDay bzw. calcPotIrradiationForYear),

• die separate Berechnung aller Strahlungskomponenten, des Einfallswinkels und der normaleinfallenden, potentiellen direkten Strahlung (calcRadiationComponents) sowie

• die Berechnung der Globalstrahlung (Irradiance, W/m²) für alle Tage eines Jahres getrenntund Berechnung der Strahlungssumme (Irradiation, Wh/m²) für jeden der Tage(calcDailyPotIrradianceForYear). Das Ergebnis ist ein zweidimensionales Feld vonWerten mit den beiden Achsen „Tageszeit“ und „Tag im Jahr“.

Die Funktionen besitzen zum Teil gleiche Namen und unterscheiden sich nur in der Art undAnzahl der übergebenen Argumente, welche hier nicht explizit aufgelistet sind.

Neben diesen parameterbasierten Funktionen stehen drei dateibasierte Funktionen zurVerfügung:• Berechnung der potentiellen oder der realen Globalstrahlung (Irradiance, W/m²) für einen

beliebigen Zeitraum aus einer Liste von Standorten. Für die Berechnung der realen Global-strahlung ist zusätzlich noch eine Datei anzugeben, die den direkte und diffuse Komponentedes clear sky index (Kap. 6.1) für jeden Zeitschritt enthält (calcPotIrradiance bzw.calcActIrradiance).

• Berechnung der potentiellen Gesamt-Globalstrahlung (Irradiation, Wh/m²) für eine Listevon Standorten und einen oder mehrere beliebige Zeiträume wie beispielsweise einzelneTage (calcPotIrradiation).

Diesen Funktionen werden als Argumente unter anderem die Dateinamen von Ein- undAusgabedateien übergeben. Damit ist es möglich, die Standortparameter aus einer ASCII-Tabellendatei auszulesen und dadurch mehrere Standorte mit einem Funktionsaufruf zuverarbeiten. Als Dateiformat wird das CSV-Format (Comma separated values) verwendet,welches gebräuchlich, einfach und visuell lesbar ist und das mit üblichen Tabellen-kalkulationsprogrammen geschrieben und gelesen werden kann.

Für die Berechnung der potentiellen/realen Strahlungsflußdichte oder der potentiellenBestrahlung mit den eben genannten beiden Funktionen wurde auch eine grafischeBenutzerschnittstelle entwickelt, die es dem Nutzer erlaubt, die Argumente wie z. B. die Ein-und Ausgabedateien grafisch auszuwählen oder einzugeben (Abb. 10). Die grafischeBenutzeroberfläche wird je nach Sprache des Betriebssystems in Deutsch, ansonsten inEnglisch angezeigt. Bestimmte Elemente sind bisher allerdings nicht übersetzt.

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5 Das Strahlungsmodell

Die Berechnungen, welche den Untersuchungen imStatistikteil dieser Arbeit zu Grunde liegen, wurden,soweit möglich, mit dieser grafischen Benutzer-oberfläche erstellt, um so ihre ordnungsgemäßeFunktion zu testen.

Durch die Erstellung einer einfachen Strahlungs-modell-Schnittstelle und die Trennung des eigent-lichen Strahlungsmodells von den Komfortfunktionenzur Nutzung desselben ist es programmiertechnischmöglich, das r.sun-basierte Strahlungsmodell gegenein anderes Modell auszutauschen, ohne daßMethoden, welche auf das Strahlungsmodellzugreifen, geändert werden müssen. SämtlicheKomfortfunktionen stehen also auch für alternativeStrahlungsmodelle voll zur Verfügung. Der Austausch

der Strahlungsmodell-Implementierung erfordert jedoch Programmierkenntnisse, da dies nurmittels Java-Programmierung möglich ist.

Das Strahlungsmodell benötigt kein GIS-System und setzt keinerlei Voraussetzungen außerdem Vorhandensein einer Laufzeitumgebung (einer Java Virtual Machine, JVM), die wieSun's J2SE 5.0 kostenlos im Internet verfügbar ist (<http://java.sun.com/j2se/index.jsp>,Stand 23.12.2004). Da die grafische Benutzeroberfläche auf Sun's „Swing“-Architekturbasiert, ist hierfür die Sun JVM zwingend erforderlich.

Java ist in seiner Grundform betriebssystemunabhängig, und so sollte das Modell ohneweitere Anpassungen auch unter alternativen Betriebssystemen wie Linux oder Solarisfunktionieren. Entsprechende Tests unter Linux waren erfolgreich, andere Betriebssystemewurden noch nicht getestet.

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Abb. 10: Die grafische Benutzeroberflächevon GRad.

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6 Test des Modells und Berechnung der Globalstrahlung

6 Test des Modells und Berechnung der Globalstrahlung

In diesem Kapitel wird erklärt, wie das Strahlungsmodell getestet und eingesetzt wurde. Dazuwerden als erstes die Grundlagen der Strahlungsberechnung für bewölkten Himmel erläutert.

6.1 Der clear sky indexZur Berechnung der realen Globalstrahlung wird in vielen heutigen Strahlungsmodellen derclear sky index (auch clearness factor genannt) oder ein ähnlicher Index eingesetzt, um dieBewölkung zu beschreiben. Der clear sky index ist nach ŠÚRI & HOFIERKA (2004: 4) dasVerhältnis zwischen der Globalstrahlung unter tatsächlichen Bedingungen und derGlobalstrahlung unter wolkenfreien Bedingungen (clear sky). Mit anderen Worten, er ist dasVerhältnis von realer zu potentieller Globalstrahlung. Die größten Einflußfaktoren auf denclear sky index sind Wolken und Dunst, welche sowohl die direkte als auch die diffuseStrahlung positiv oder negativ beeinflussen können. Der clear sky index bewegt sich in derRegel zwischen 0,1 und 1,2, wobei letzterer Wert bei lockerer Bewölkung entsteht, wenn diedirekte Strahlung gerade ungehindert auf den betrachteten Standort fällt und der diffuseStrahlungsanteil durch Reflexion an und Streuung in „hellen“ Wolken sogar verstärkt wird.Da alle derzeitigen Strahlungsmodelle nur die potentielle Globalstrahlung mathematischberechnen können, muß der clear sky index bekannt sein, um den tatsächlichen Strahlungs-genuß eines Standorts berechnen zu können. Die übliche Vorgehensweise ist, den Index füreine oder mehrere nahegelegene Wetterstationen zu berechnen und die Ergebnisse auf dieFläche zu übertragen (ŠÚRI & HOFIERKA 2004: 183). Dabei hängt die Qualität des clear skyindex von zwei Faktoren ab: Erstens sollten die verwendeten Meßstationen möglichst keineHorizontüberhöhung besitzen, da ansonsten für die Morgen- und Abendstunden keineAussagen möglich sind. Zweitens sollten sowohl die Meßwerte als auch die berechnetenWerte der potentiellen Strahlung genau sein. Ein Indikator dafür ist, daß an tatsächlichwolkenfreien Tagen die gemessene und die berechnete Globalstrahlung übereinstimmen.

Als Notlösung sind in der Literatur gelegentlich auch Formeln für die Umrechnungzwischen Bewölkungsgrad und clear sky index angegeben. So haben KASTEN & CZEPLAK

(1980: 179, Gleichung im Original mit Okta) beispielsweise für Hamburg aus einer zehn-jährigen Meßreihe folgende Formel gewonnen:

K c=1−0,75⋅C 3,4 (9)

K c clear sky index C Bedeckungsgrad (0-1)

Zu dieser Formel sind aber einige Anmerkungen vonnöten: Erstens erlaubt der flache Anstiegim Bereich 0C0,4 es nicht, die Formel invers zu gebrauchen: Ein mittlerer clear skyindex um eins kann bei wolkenfreiem Himmel, aber ebenso auch bei leichter Bewölkung mit

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6 Test des Modells und Berechnung der Globalstrahlung

C=0,3 auftreten. Zweitens handelt es sich bei der obigen Formel um den Mittelwert für alleWolkentypen. KASTEN und CZEPLAK führen in ihrer Arbeit zwar auch Untersuchungen zu denquantitativen Unterschieden bei verschiedenen Wolkentypen durch, jedoch nur für den Fallvollständiger Bedeckung C=1 . Drittens können die für lockere Bewölkung typischenzeitlichen Schwankungen im Minutenbereich durch eine derartige Formel natürlich nichterfaßt werden. Ein besserer Zusammenhang wäre vermutlich herzustellen, wenn neben demBedeckungsgrad auch Informationen zum Wolkentyp vorhanden wären. EntsprechendeUntersuchungen oder Formeln sind aber bisher nicht bekannt.

Für die Berechnung der realen Globalstrahlung auf geneigten Flächen muß der clear sky indexin seine direkte und diffuse Komponente aufgespalten werden, da eine geneigte Fläche einanderes Verhältnis von direkter und diffuser Strahlung empfängt als eine horizontale Fläche(ŠÚRI & HOFIERKA 2004: 183, MUSTAFA 2002: 15). Es gilt also:

K c=RG, real /RG, pot sowieK c

B=RB, real /RB, pot und K cD=RD, real /RD, pot

(10a)(10b,c)

K c clear sky indexK c

B direkter clear sky indexK c

D diffuser clear sky index

RG Globalstrahlung für horizontalen StandortRB direkte Strahlung für horizontalen StandortRD diffuse Strahlung für horizontalen Standortreal ... unter realen Wetterbedingungenpot ... für wolkenfreien Himmel, i.d. R. berechnet

Sollen die direkte und die diffuse Komponente des clear sky index getrennt berechnetwerden, so muß an der Wetterstation entweder die direkte oder die diffuse Komponente derGlobalstrahlung explizit erfaßt werden. In der Praxis wird fast immer die diffuse Komponentegemessen. Dazu wird ein Globalstrahlungsmesser eingesetzt, bei dem mit einem Schattenringdie direkte Strahlung blockiert wird.

Mit deutlich eingeschränkter Genauigkeit wäre es theoretisch auch möglich, nur mit demGesamt-clear sky index zu arbeiten. Untersuchungen zur Qualität derartiger Berechnungensind allerdings nicht bekannt.

In Jena existiert derzeit keine meteorologische Station, die die diffuse Strahlung separatmißt. Die Nutzung der Daten der nächstgelegenen Station in Erfurt ergibt wenig Sinn, wennWerte für Jena auf stündlicher oder gar zehnminütiger Zeitskala benötigt werden. Allerdingsbefindet sich an der Wetterstation Biodiv (Saaleaue) ein Kipp & Zonen CSD1 zur Messungder Sonnenscheindauer. Wenngleich dieses Gerät laut Anleitung keine akkurate Messung derdirekten Strahlung wie „richtige“ Pyrheliometer bietet, so geben die Meßwerte nach einertageszeitabhängigen Korrektur plausible Werte für die normal einfallende, direkte Strahlung.Wird diese zur berechneten normal einfallenden, potentiellen Strahlung in Beziehung gesetzt,

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6 Test des Modells und Berechnung der Globalstrahlung

ergibt sich die direkte Komponente des clear sky index. In der Praxis sind zusätzlicheAbfragen nötig, die durch Meßfehler bedingte, unrealistische Werte für die direkte oderdiffuse Komponente verhindern. So wurde der direkte clear sky index zugunsten der diffusenKomponente begrenzt, damit diese nicht unter 0,2 sinkt.

Die diffuse Komponente ergibt sich anschließend als:

K cD=

RG, real−K cB⋅RB, pot

RD, pot(11)

K cD diffuser clear sky index

K cB direkter clear sky index

RG, real gemessene Globalstrahlung an horizontaler StationRB, pot berechnete potentielle direkte StrahlungRD, pot berechnete potentielle diffuse Strahlung

Es stand somit fest, die Wetterstation Biodiv zur Validierung des Strahlungsmodells und fürdie Strahlungsberechnung zu verwenden. Diese Wetterstation liegt horizontal in der Saaleauenordöstlich von Jena, besitzt im Osten und Westen eine gerade noch akzeptable Horizont-überhöhung, ist aber durch ihre Entfernung zum Stadtzentrum weniger durch stadtinduzierteAerosole betroffen. Ihre Flußnähe führt allerdings zu einer erhöhten Nebelhäufigkeit. DieStation arbeitet sehr zuverlässig.

6.2 Test des Strahlungsmodells GRadIn einem ersten Test wurde mittels des clear sky index nach Formel 10a untersucht, ob die mitGRad berechnete potentielle Globalstrahlung mit der an wolkenfreien Strahlungstagengemessenen Globalstrahlung am Standort Biodiv übereinstimmt. Als Linke-Trübung wurdendabei die Werte aus PV-GIS verwendet (Tab. 3), der Umgebungsalbedo ist für die horizontaleStation irrelevant. An wolkenfreien Tagen müßte der clear sky index genau eins ergeben. Diesist auch der Fall, wie Abbildung 11 beispielhaft zeigt. Dort fallen zwei aber Dinge auf:

Zum einen werden für die vier wolkenlosen Tage doch recht unterschiedliche Werteerreicht. Für alle Tage ist jedoch bekannt, daß ein wolkenfreier Himmel herrschte – mitAusnahme leichter Schleierwolken am Morgen des 5.9. An allen vier klaren Tagen gab esleichten Morgennebel. Für den 9.9. muß somit von einer extrem klaren Atmosphäreausgegangen werden. Das Strahlungsmodell kann derartige Einflüsse natürlich nichtwiedergeben, da keine Tagesdaten, sondern nur die monatlichen Werte des LinkeschenTrübungsfaktors den Zustand der Atmosphäre parameterisieren.

Zum anderen fällt auf, daß die Werte des clear sky index morgens wie abends auch anwolkenfreien Tagen jeweils bis unter 0,5 absinken. Dies ist vor allem in der Horizont-überhöhung bzw. der Vernachlässigung derselben im Strahlungsmodell begründet. ÄhnlicheEffekte sind aber auch bei Morgennebel und -dunst zu beobachten.

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6 Test des Modells und Berechnung der Globalstrahlung

Tab. 3: Verwendete Werte der Linke-Trübung für die Wetterstation Biodiv und Jena.(Quelle: PV-GIS.)

Monat Jan. Feb. März April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov. Dez.WS Biodiv 3,0 3,1 3,8 3,7 4,4 4,3 4,6 4,7 4,4 3,5 3,1 2,8

Jena Zentrum 3,1 3,2 3,8 3,7 4,4 4,3 4,7 4,8 4,4 3,5 3,2 2,8

04.0

9.04

05

.09.

04

06.0

9.04

07

.09.

04

08.0

9.04

09

.09.

04 0

0,10,20,30,40,50,60,70,80,9

11,11,2

Cle

ar s

ky in

dex

Abb. 11: Der clear sky index an der WS Biodiv für einige Strahlungstage im September.

Für geneigte Flächen lagen keine Referenz-Globalstrahlungsmessungen vor. Die korrekteArbeit des Modells konnte aber zumindest indirekt nachgeprüft werden: Die trigono-metrischen Funktionen zur Sonnenstandsberechnung sind gleich denen zur Berechnung fürhorizontale Flächen. Die Berechnung des Einfallswinkels wurde überprüft und lieferteebenfalls nachvollziehbare Ergebnisse. Schließlich wurden die Ergebnisse des Strahlungs-modells für geneigte Flächen mit den Grafiken und Daten von PV-GIS verglichen (Abb. 12).Bei den Stichproben zeigten sich nahezu übereinstimmende Tagesverläufe und Tagesmaxima.

Insbesondere an nördlich exponierten Hängen wurden in den DämmerungsstundenArtefakte bei der diffusen Strahlung festgestellt (Abb. 12). Die Ursache wurde in denRoutinen für die Himmelsstrahlung gefunden. Hier kommen derzeit je nach Beschattung desStandorts und des Sonnenstands drei Routinen zum Einsatz (ŠÚRI & HOFIERKA 2004: 182):

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Abb. 12: Vergleich des von GRad und PV-GISberechneten Strahlungsverlaufs eines mittlerenJanuartags für =20 ° und =45° . GRad nutzthier die Zeitzone MEZ, PV-GIS hingegen Solarzeit.Der beschriebene Artefakt im Übergang zwischen„beschienen“ und „beschattet“ um 13:00 Uhr istgut zu erkennen. (Quelle der Daten von PV-GIS:<http://re.jrc.cec.eu.int/pvgis/sunraddayframe.php>.)

06:00 09:00 12:00 15:00 18:000

25

50

75

100

125

150

GRadPV-GIS

pot.

Glo

bals

trahl

ung

[W/m

²]

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6 Test des Modells und Berechnung der Globalstrahlung

• Für beschattete Flächen wird eine isotrope Himmelsstrahlung angenommen.• Für sonnenbeschienene Flächen wird eine Anisotropie angenommen, die um so stärker ist,

je niedriger der Sonnenstand ist.• Für einen sehr niedrigen Sonnenstand (< 5,7°) nahe dem scheinbaren Horizont wird eine

vermutlich empirisch gewonnene Formel für die Anisotropie eingesetzt.Sinkt bei geneigten Hängen die Sonne also hinter den topographisch bedingten Horizont

(wird sie also durch den Hang verdeckt), wechselt auch die eingesetzte Routine: Anisotropevs. isotrope diffuse Strahlung. Dabei können erhebliche Sprünge auftreten. Daß es sich dabeirecht sicher nicht um einen Programmierfehler in GRad handelt, zeigt der Vergleich mitJanuarwerten des PV-GIS. Auch dort ist dieser Artefakt beispielsweise bei nordöstlicherExposition zu sehen (Abb. 12).

Glücklicherweise treten diese Artefakte praktisch nur bei niedrigem Sonnenstand auf,weswegen diese Fehler für die diffuse Strahlung vermutlich stets weniger als 30 W/m²betragen und für Tages- oder gar Monatssummen zu vernachlässigen sind.

Schließlich bleibt die Überprüfung von GRad bezüglich der berechneten realen Strahlung.In diesem Kapitel wurde bereits darauf eingegangen, wie für die Station Biodiv dieEinzelkomponenten des clear sky index berechnet wurden. Ob die daraus berechnete Werteder realen Globalstrahlung auch für geneigte Flächen korrekt sind, konnte nicht quantitativuntersucht werden. Wie Tabelle 4 zeigt, ergeben sich aber realistische Ergebnisse, die zeigen,wie sich die reale Globalstrahlung gegenüber der potentiellen verändert. Während im Sommernur geringe Unterschiede zwischen Nordhängen und Südhängen festzustellen sind, empfangensüdexponierte Hänge im Winter deutlich weniger Strahlung, als die potentielle Global-strahlung suggerieren würde (im Beispiel nur 33%); für Nordhänge ohne direkte Strahlunghingegen ist die reale Globalstrahlung in diesem November fast gleich der potentiellenGlobalstrahlung. Es muß dazu angemerkt werden, daß der November 2004 verglichen zumlangjährigen Mittel (berechnet aus den Werten von PV-GIS) besonders trüb war. Derlangjährige Durchschnitt läge bei rund 16 kWh/m² für den Nordhang, rund 25 kWh/m² für dieWS Biodiv und rund 37 kWh/m² für den Südhang.

Tab. 4: Vergleich von potentieller und realer Globalstrahlung für verschieden ausgerichtete Flächen. Für denNordhang seien =30° und =0 ° , für den Südhang seien =30 ° und =180 ° angenommen. Für diehorizontale Wetterstation Biodiv entsprechen die realen berechneten Werte wie erwartet den gemessenen Werten.

Gpot Greal Greal / Gpot

Nordhang Biodiv Südhang Nordhang Biodiv Südhang Nordhang Biodiv Südhang

Juni 192,7 243,4 249,8 124,3 150,9 156,4 65% 62% 63%Nov. 13,9 52,4 118,5 13,05 20,28 38,82 94% 39% 33%

Eine quantitative Überprüfung des Modells mit Meßdaten geneigter Pyranometern wäre fürdie Zukunft trotzdem wünschenswert.

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6 Test des Modells und Berechnung der Globalstrahlung

6.3 Ergebnisse der Berechnungen im Rahmen dieses ProjektsDas Strahlungsmodell GRad wurde in zweifacher Hinsicht in dieser Arbeit eingesetzt: Zumeinen wurden Monatswerte der realen Globalstrahlung berechnet, welche als eine erklärendeGröße in die statistische Auswertung einflossen (Kapitel 8). Zum anderen wurde das Modellgenutzt, um die an der WS Biodiv gemessene Globalstrahlung zu regionalisieren.

Als erster Schritt stand für beide Zielstellungen die Berechnung der potentiellen Global-strahlung für alle Standorte über den Untersuchungszeitraum. Dann wurden wie in Kapitel 6.1erläutert aus den gemessenen Strahlungsdaten die clear sky indices getrennt für direkte unddiffuse Strahlung für jedes 10-Minuten-Intervall berechnet. Diese dienten als zusätzlicheEingangsgröße, um in einem zweiten Durchlauf die reale Globalstrahlung in 10-Minuten-Schritten zu berechnen. Für die statistische Auswertung wurden zusätzlich dieMonatssummen gebildet und diese für Monate mit 29 oder 31 Tagen aus Gründen derVergleichbarkeit auf 30 Tage normiert.

Aus eigenen Berechnungen im Rahmen des erwähnten ökologischen Großpraktikums warbereits bekannt, daß es möglich ist, für einen Standort eine recht einfache Näherungsformel zuentwickeln, die die Globalstrahlung (hier in kWh/m²) in einem Gebiet lediglich ausHangneigung und Hangexposition berechnet:

G=A−B⋅cos⋅sin −C⋅sin D⋅ (12)

G Globalstrahlung für einen Zeitraum (>Woche) [kWh/m2 ]A ... D empirische Parameter

Hangexposition Hangneigung

Der Parameter A entspricht dabei ungefähr der Globalstrahlung für horizontale Fläche.Der Vorteil derartiger Näherungsformeln ist, daß sie sich extrem einfach in einem GIS-

System nutzen lassen, um eine Regionalisierung der potentiellen oder realen Globalstrahlungdurchzuführen. Sie können damit fast eine Strahlungsmodellierung im GIS ersetzen – mit denEinschränkungen, daß wiederum die Horizontüberhöhung ignoriert wird und daß die Regio-nalisierung nur für die Wertebereiche für und gültig ist, mit denen die Näherungs-formel kalibriert wurde. (Für Hangneigungen > 45° ist die Formel generell ungeeignet.)

Für die Monate des Untersuchungszeitraums wurden Näherungsformeln sowohl für diepotentielle als auch für die reale Globalstrahlung geneigter Hänge kalibriert. Ihre Parametersowie die mittleren absoluten Fehler sind in Tabelle 5 aufgelistet. Die Formeln gelten mit denangegebenen Genauigkeiten nur für Hangneigungen ≤ 40°; bei größerer Neigung steigt derFehler deutlich an. Für die Wintermonate ist die Formel eher ungeeignet, da sie an den ständigbeschatteten Nordhängen die Strahlung deutlich unterschätzt.

Es muß an dieser Stelle noch einmal betont werden, daß es sich hierbei nur um die Wertedes Jahres 2004 handelt. Die Ableitung äquivalenter Formeln aus mehrjährigen Wetterdaten,idealerweise mindestens einer Dekade wie in PV-GIS, wäre für die Zukunft wünschenswert.

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6 Test des Modells und Berechnung der Globalstrahlung

Tab. 5: Parameter für die Näherungsformeln der potentiellen und realen Globalstrahlung 2004 im Jenaer Raum.* Die Formel wurde ohne Nordhänge > 10° optimiert. Auch beim Fehler sind diese unberücksichtigt!** Extrapoliert aus 1.-13.12.2004.

potentielle Globalstrahlung in kWh/m² reale Globalstrahlung 2004 in kWh/m²A B C D e2 Fehler A B C D e2 Fehler

Jan. 42 -107 26 0,67 3,52 7,9%* 20,9 -33 9 0,84 1,69 7,7%*

Feb. 76 -130 18 0,49 2,77 3,5%* 35,3 -41 7 0,81 1,58 4,3%*

März 130 -138 -15 0,88 3,88 3,0% 81,2 -68 -11 0,55 2,1 2,6%April 191 -120 -48 0,75 5,06 2,7% 126,4 -69 -27 0,69 3,43 2,7%Mai 233 -82 -69 0,73 4,75 2,1% 126,0 -35 -26 0,86 2,13 1,7%Juni 253 -61 -78 0,74 4,83 2,0% 154,5 -34 -35 0,73 2,58 1,7%Juli 238 -70 -72 0,74 4,51 2,0% 149,1 -40 -33 0,93 2,4 1,7%Aug. 197 -98 -64 0,62 4,15 2,2% 140,0 -59 -32 0,85 2,57 1,9%Sept. 145 -125 -28 0,77 4,01 2,8% 103,41 -76 -18 0,77 1,73 1,7%Okt. 92 -129 10 0,23 3,56 3,8% 59,94 -70 3 0,86 2,07 3,4%*

Nov. 51 -113 27 0,55 3,26 6,1%* 19,39 -30 8 0,74 1,34 6,5%*

Dez. 34 -101 29 0,7 3,82 10,4%* 15,66** -32** 9** 0,81** 1,71 10,3%*

Sommer 1.280 -681 -363 1,06 44,99 3,6% 800 -353 -306 0,53 26,42 3,3%Winter 439 -800 74 0,73 34,34 7,8%* 240 -306 13 2,23 14,24 5,9%*

Jahr 1.703 -1.447 -347 0,78 63,66 3,8% 1038 -671 -170 0,78 31,66 3,1%

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7 Analyse der Wetterdaten

7 Analyse der WetterdatenIm Zuge der Verwendung der Wetterdaten wurde eine Analyse derselben über den Zeitraumdes Projekts und detailliert im Zeitraum Juli-September 2004 durchgeführt. Dabei wurdenfolgende Ziele verfolgt:1. die Klassifizierung der einzelnen Tage in sonnig/bedeckt oder feucht/trocken für die

folgenden statistische Untersuchungen,2. die Definition von Trainings- und Testzeiträumen auf Basis der Datenabdeckung und

sonniger bzw. verregneter Wetterperioden sowie3. der Vergleich verschiedener Wetterelemente zwischen den Stationen, insbesondere

zwischen der Wetterstation in der Saaleaue („WS Biodiv“) und der HangwetterstationJenzig („HWS Jenzig“), und Erkennen von Besonderheiten der letzteren.

7.1 Datenabdeckung In Abb. 13 wurde grafisch zusammengefaßt, welche Daten für welche Zeiträume des Projektsvorliegen. Diese Angaben bildeten auch eine Grundlage für die Einteilung der Zeitreihen inKalibrierungs- und Validierungsperioden.

Die in Abb. 13 unten gezeigten „stabilen Witterungen“ sind erste Resultate einerKlassifikation aller Einzeltage, die sich erforderlich machte, um bestimmte Statistiken undModellierungen für trockene/feuchte oder klare/bewölkte Tage getrennt durchzuführen.

Die Klassifizierung wurde vorrangig mit den Bildern der Wettercam durchgeführt. Lückenin den Kameraaufzeichnungen wurden mit Beobachter-Aufzeichnungen gefüllt. Auch dieWetterdaten der WS Biodiv wie Globalstrahlung, Temperaturverläufe und Niederschlagwurden verwendet, um für Tage mit fehlenden Daten eine Einordnung zu ermöglichen bzw.die getroffene Einordnung zu bestätigen.

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Abb. 13: Zeitfenster der Ausgangsdaten.

WetterstationBiodivWetterstationMPI

WetterstationJenzig

Temperatur-logger

Jan. März Mai Juli Sept. Nov.Feb. April Juni Aug. Okt. Dez.2004

Lufttemp., rel. Feuchte, Regen, Str.-bilanzBodentemp., Wind

12 18 24

Zweiter AbschnittErster Abschnitt Dritter Abschnitt

1Batterieausfall 1

stabileWitterungen

sonnig/l. bewölktwolkig/verregnet

Kal./Val.KalibrierungValidierung

teilweiseteilweise

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7 Analyse der Wetterdaten

7.2 GlobalstrahlungenZwar bietet die WS Biodiv als einzige eine komplette Strahlungsbilanz und zusätzlich dieMessung der direkten Strahlung. Sie besitzt jedoch auch eine erkennbare Horizontüber-höhung. Allerdings zeigen auch die anderen Jenaer Wetterstationen mit Pyranometer einegewisse Abschattung (Abb. 14):

06.08 03:00

06.08 06:00

06.08 09:00

06.08 12:00

06.08 15:00

06.08 18:00

06.08 21:00

0,00,10,20,30,40,50,60,70,80,91,01,11,2

BiodivFHMPI

Cle

ar s

ky in

dex

05.10 06:00

05.10 09:00

05.10 12:00

05.10 15:00

05.10 18:00

0,0

0,2

0,4

0,6

0,8

1,0

1,2

1,4

1,6

1,8

BiodivFHMPI

Cle

ar s

ky in

dex

Abb. 14: Gemessene Globalstrahlungen der Jenaer Wetterstationen im Vergleich. An dem wolkenlosenSommertag und dem leicht bewölkten Herbsttag, also bei unterschiedlicher Sonnenbahn, zeigt sich jeweils dieHorizontüberhöhung der Stationen in Form geringer Werte in den Morgen- und Abendstunden.

In der Abbildung ist jeweils der verzögerte Sonnenaufgang an der WS Biodiv zu erkennen.Die Horizontüberhöhung am Abend ist bei allen Stationen (bis auf die WS Biodiv imSommer) vorhanden. Die sommerliche Horizontüberhöhung an den Wetterstationen MPI undFH ist selbst unter Berücksichtigung der Lage am Westhang des Saaletals erstaunlich stark.

7.3 LokalwindeWie in Kapitel 1.4 beschrieben wurde, zeichnen sich die Muschelkalkhänge um Jena anStrahlungstagen durch starke Lokalwinde aus. Überlagert werden diese durch Regionalwindeund die Winde, die durch die Wetterlage induziert werden. Für die vorliegende Arbeit stelltesich die Frage, inwieweit die Lokalwinde für spezifische Verhältnisse an den Muschelkalk-Steilhängen sorgen. Kalte Fallwinde in klaren Nächten oder warme aufsteigende Luft anStrahlungstagen wird die Lufttemperatur und damit auch die Bodentemperatur der Hängebeeinflussen – so die These. Während sich die kalten Fallwinde in 2 m Höhe gut messenlassen sollten, da sie sich hangparallel bewegen, dürfte die Messung erwärmter Luft weitausschwieriger sein. Sie bewegt sich theoretisch vertikal nach oben und zeigt ihre Auswirkungenvermutlich am ehesten an den wirklich steilen, oberen Abschnitten der Hänge.

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7 Analyse der Wetterdaten

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Windrichtung BiodivWindrichtung FHWindrichtung MPI BGCWindrichtung JenzigØ Windgeschw. BiodivØ Windgeschw. Jenzig

Win

dric

htun

g [°

]

Abb. 15: Windrichtung und Windgeschwindigkeit im Tagesverlauf (Zeit: MEZ) gemittelt vom 4.8. bis 10.8.2004.Diese Periode bestand aus nahezu wolkenfreien Strahlungstagen. Nach DWD-Angaben zur Wetterlage in Deutsch-land herrschte eine schwache Südostanströmung, welche die Ursache dieser wolkenfreien Periode darstellt.

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Windrichtung BiodivWindrichtung FHWindrichtung MPI BGCWindrichtung JenzigØ Windgeschw. BiodivØ Windgeschw. Jenzig

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]

Abb. 16: Windrichtung und Windgeschwindigkeit im Tagesverlauf (Zeit: MEZ) gemittelt vom 4.9. bis 10.9.2004.Hier bildete eine trockene, schwache Nordostanströmung vom 5.9.-9.9. (DWD 2004) die Ursache für dieSchönwetterperiode. Es ergibt sich ein ähnliches Bild – die Medianwerte vom August sind also reproduzierbar.

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7 Analyse der Wetterdaten

Für die extrem sonnigen Abschnitte vom 4.8. bis zum 10.8.2004 und vom 4.9. bis zum10.9.2004 wurden jeweils Tagesprofile von Windrichtung und Windgeschwindigkeitberechnet. Dazu wurden halbstündige Werte des Medians der Windrichtung und desMittelwerts der Windstärke für alle Tage berechnet. Diese Median- und Mittelwerte sind inden Abbildungen 15 und 16 grafisch dargestellt. Daß beide Abbildungen ein ähnlichesErgebnis zeigen, ist hauptsächlich auf die ähnliche Witterung mit nur schwacherüberregionaler Anströmung aus Südost bzw. Nordost (DWD 2004) zurückzuführen, bestätigtaber auch die Reproduzierbarkeit der beobachteten Windrichtungen und Windstärken:

An der Wetterstation Biodiv herrschte tagsüber bis 20:00 Uhr MEZ (August) bzw.18:30 Uhr (September) Nordostwind – offensichtlich ein Resultat jener überregionalenStrömung, denn das Saaletal verläuft im Bereich der WS Biodiv in Nordost-Südwest-Richtung und die „üblichen“ Westwinde führen hier eher zu einem Wind aus Südwest. Abendsund nachts konnte im Augustzeitraum ein Südwind, im September ein Südostwind festgestelltwerden.

An der HWS Jenzig hingegen war tagsüber ab 7:30 ein Einpendeln auf Südost (August:130°, September 150°) zu beobachten. Um 18:00 Uhr schlug die Windrichtung auf 360° um,was einen Hangabwind bedeutet. Dies ist der angesprochene Kaltluftabfluß. Interessant istallerdings, daß ab 0:30 Uhr (August) bzw 22:00 Uhr (September) nachts der Wind leicht auf330°, also auf Nordwest, drehte – vermutlich eine Überlagerung mit anderen Windsystemen.

Auch die Windgeschwindigkeit zeigte das „übliche“ Bild: Der Wind frischte morgens aufund beruhigte sich abends, zuerst an der HWS Jenzig, gegen 19:00 bzw 18:00 Uhr auch an derWS Biodiv. Am Jenzig wehten die abwärtigen kalten Winde in der ersten Nachthälftetrotzdem immer noch deutlich stärker als in der zweiten (> 0,5 m/s vs. < 0,4 m/s). Zusammenmit der Winddrehung weg von der reinen hangabwärts gerichteten Strömung spricht dies fürein Abebben des Kaltluftabflusses um Mitternacht, bzw. im September bereits um 22 Uhr.

Insgesamt verhält sich der Wind am Jenzig entsprechend den Erwartungen: Derhangabwärts gerichtete Kaltluftabfluß autochthoner Wetterlagen ist deutlich zu erkennen.

7.4 LufttemperaturBedeuten diese oft beschriebenen Kaltluftabflüsse denn nun wirklich eine kältere Luft- undBodentemperatur? Ein Vergleich der Lufttemperaturen der Stationen Biodiv und Jenzig zeigtÜberraschendes (Abb. 17): Während zu erwarten war, daß an den Strahlungstagen die Luft-temperatur über dem stark erwärmten südexponierten Hang höher liegt als in der Saaleaue,gilt dies auch für die Nachtstunden. Die stets höheren Nacht-Lufttemperaturen am Jenzig sindvermutlich durch die – durchgängig bis in 64 cm Tiefe – ebenfalls mehrere Grad höherenBodentemperaturen bedingt. Dabei muß jedoch angemerkt werden, daß der betrachtete Hangwegen seiner Windabschattung verglichen mit den freieren, darüberliegenden Steilhängenvermutlich deutlich weniger abgekühlt wird.

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7 Analyse der Wetterdaten

Auffällig ist, daß in den bedeckten Nächten vom 10. bis 12. September die Temperatur-differenz zwischen Jenzig und Saaleaue fast 8°C beträgt – in den klaren Nächten sind es nurreichlich 4°C (Abb. 17). Kann dies so interpretiert werden, daß durch die Kaltluftströme dieLufttemperatur um rund 4°C verringert wird, der Südhang am Jenzig also nicht mehr „vielwärmer“, sondern nur noch „etwas wärmer“ als die Saaleaue ist? Auch eine gegenteiligeErklärung ist möglich: Während es vom 10. zum 11.9. an der WS Biodiv nahezu windstill ist,weht am Jenzig ein, vermutlich lokal induzierter, warmer Südostwind. Erst am Morgen stelltsich zusammen mit leichtem Regen eine Hangabströmung mit deutlich kälteren Temperaturenein, die auch den Boden rasch abkühlt.

Die Daten zeigen also den Einfluß der Kaltluftabflüsse auf den Boden an den betreffendenTagen. Weitergehende Untersuchungen diesbezüglich, etwa mit den Daten der Temperatur-logger, wurden in dieser Arbeit nicht vorgenommen, sind jedoch prinzipiell möglich.

060

120180240300360420480540

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02468

1012141618202224262830

T Biodiv [°C] T Jenzig [°C] Ø Windgeschw. [m/s] Jenzig

Regen Jenzig [mm]

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Abb. 17: Vergleich der Lufttemperaturen in 2 m Höhe an der WS Biodiv und der HWS Jenzig im Kontext derWindsysteme am Jenzig. In der Zeit bis zum 10.9. herrschte nahezu klarer Himmel, in den folgenden Nächtenwar der Himmel bedeckt.

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8 Statistische Auswertung

8 Statistische AuswertungIn diesem Kapitel soll – allerdings nur beispielhaft – untersucht werden, ob und wie sich diegewonnenen Daten statistisch auswerten lassen und welche Probleme dabei auftreten. Zieldieser Auswertung ist es, den Zusammenhang zwischen Strahlungsgenuß und den statistischenGrößen Tagesmittel, Tagesminimum, Tagesmaximum und Tagesamplitude der Boden-temperatur zu quantifizieren.

8.1 Methodik und ProblemeDer Einfluß der Strahlung auf die obengenannten Parameter hängt von vielen, teilweiseunabhängigen Eingangsgrößen ab:• von der Globalstrahlung und vom Monat. Das sind die zu untersuchenden Größen.• von der Tiefe der Logger.• von der Bodenbedeckung. Mit Zunahme des Bewuchses verringern sich die täglichen

Schwankungen. Die Bodenbedeckungsskala von V0 bis V3 (Kap. 4.1.3) kommt hier zumEinsatz.

• vom Wetter. Mit Zunahme der Bewölkung ist eine Abnahme der Schwankungen zuerwarten. Hier wurde die Klassifikation in sonnig/bedeckt angewandt. Tage mitschwankendem Wetter oder mittlerem Bewölkungsgrad wurden nicht berücksichtigt.

Prinzipiell stehen also für alle diese Faktoren Metadaten zur Verfügung. EinigeKombinationen traten jedoch so selten auf, daß keine Repräsentativität gegeben war.(Beispielsweise gab es im November nur zwei heitere Tage. Außerdem existierten für dieBedeckungsklasse V0 nur fünf verläßliche Logger.)

Als Problem stellte sich die Loggertiefe dar. Geplant war, alle Logger einheitlich in 5 cmTiefe messen zu lassen. In der Praxis war dies jedoch nicht realisierbar – eine Nachmessungim Sommer zeigte Werte von 4 bis (vereinzelt) 8 cm für die Tiefe der Sensoren. An einigenStandorten war es kaum möglich, die Bodenoberfläche exakt zu definieren. Wie berechneteRegressionen zeigen, spielt die Loggertiefe aber eine erhebliche Rolle (Tab. 6):

Bei den Tagesmitteln konnte im Mittel aller Bedeckungen und Wetterklassen ein Einflußder Loggertiefe von nur -0,2°C/cm (Mai-Juli) bzw. 0,1°C/cm (Sept.-Nov.) festgestellt werden.Für heitere Tage und geringen Bewuchs (V1) liegen die Werte aber bei -0,4°C/cm (Mai-Aug.)bzw. +0,5°C/cm (Sept.-Okt.). Besonders deutlich wird der Einfluß bei Tagesmaximum und-amplitude, welche für sonnige Tage um über 1°C pro weiterem Zentimeter Tiefe sinken.

Da für die anstehenden Untersuchungen die Loggertiefe eine störende Einflußgrößedarstellte, mußte entweder eine entsprechende Korrektur durchgeführt werden oder durftenlediglich Logger gleicher Tiefe in die Untersuchung eingehen. Eine Korrektur erwies sich alspraktisch nicht durchführbar: Für einige Kombinationen konnten wie geschildert wegen ihresseltenen Auftretens keine sicheren Korrekturfaktoren ermittelt werden.

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8 Statistische Auswertung

Tab. 6: Der Einfluß der Loggertiefe auf die statistischen Werte, gemittelt über alle Bedeckungen. Die inKlammern angegebenen Zahlen sind die Monate (z. B. 5=Mai,11=Nov.), über die gemittelt wurde.

Sommer Herbstmittlere Tagestemperatur -0,2°C/cm (5-7) 0,1°C/cm (9-11)

Tagesminimum kein Einfluß (6-7) 0,3°C/cm (8-11)

Tagesmaximum sonnig: -1,1°C/cm (6-8)bedeckt: -0,6°C/cm (6-8)

sonnig: -0,9°C/cm (9-10)bedeckt: -0,2°C/cm (9-11)

Tagesamplitude sonnig: -1,2°C/cm (6-8)bedeckt: -0,7°C/cm (6-8)

sonnig: -1,3°C/cm (9-10)bedeckt: -0,5°C/cm (9-11)

Es wurde somit entschieden, die Untersuchung nur mit Loggern in 5 und 6 cm Tiefedurchzuführen. Damit verblieben 38 von 53 Loggerstandorten mit verläßlichen Loggern. ImMai waren noch nicht alle Logger ausgebracht; hier waren es nur 28 Logger. Die Abdeckungnahezu aller Standorte um Jena war ab Juni gewährleistet.

8.2 ErgebnisseIm folgenden wurden die statistischen Werte der Bodentemperatur in 5 bzw. 6 cm Tiefe mitden durch GRad berechneten Monatssummen der realen Globalstrahlung korreliert und dieAnstiege eventueller Regressionen berechnet. Die Ergebnisse sind grafisch in Abbildung 18zusammengefaßt. Mangels sonniger Novembertage konnten für diese keine repräsentativenWerte berechnet werden.

In den Sommermonaten besitzen durch den hohen Sonnenstand alle Hänge, unabhängigvon Exposition und Inklination, nahezu den gleichen Strahlungsgenuß. Ausnahme bilden hierdie wenigen nordöstlich oder nordwestlich exponierten Hänge wie Standort 20 (=300° ) .

Tab. 7: Variabilität des Strahlungsgenusses über die Monate an den untersuchten Standorten. In den Zeilen 4und 5 jeweils die Monatssumme der realen Globalstrahlung in kWh/m² angegeben.

April Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov.Standort(e) mit Maximum 18 viele 5+16 12+16 viele 18+25 18+25 18+25Standort mit Minimum 20 20 20 20 20 20 20 20max. reale Globalstr. [kWh/m²] 153 130 157 152 154 138 105 43min. reale Globalstr. [kWh/m²] 87 98 122 110 100 67 37 13Schwankungsbreite 43% 25% 22% 28% 35% 51% 65% 69%

Im Winter ist die Spanne der Bestrahlungen größer: Für November wurden fast 70%Differenz festgestellt (Tab. 7), ohne den Extremstandort 20 immer noch 50%. Erwartungs-gemäß zeigen sich demnach in Abbildung 18 auch für die Herbstmonate die bestenKorrelationen:

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8 Statistische Auswertung

Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov.0,0

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Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov.-0,3

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0,6Tagesamplitude

Anstieg für heitere TageAnstieg für bedeckte TageKorrelation für heitere TageKorrelation für bedeckte Tage

Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov.0,0

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0,8Tagesminimumtemp.

Kor

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bzw

. Ans

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[°C

/(kW

h/m

²)]

Mai Juni Juli Aug. Sept. Okt. Nov.-0,1

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0,7

0,8Tagesmaximumtemp.

Anstieg für heitere TageAnstieg für bedeckte TageKorrelation für heitere TageKorrelation für bedeckte Tage

Abb. 18: Einfluß der Globalstrahlung auf die Bodentemperatur. Angegeben ist der Anstieg der Boden-temperatur [°C] mit der Monatssumme der realen Globalstrahlung [kWh/m²] sowie die Korrelation der beidenim Bereich der Meßwerte. Man beachte die unterschiedliche Skalierung der y-Achse in den vier Diagrammen.

Abb. 19: Mittlere Tagestemperaturen imOktober in Abhängigkeit vom Strahlungs-genuß. Über einigen Datenpunkten ist dieStandortnummer angegeben. Die Punkt-wolke zwischen 60 und 80 kWh/m² wirddurch die ost- und westexponierten Hängegebildet. Standort 7 ist jener horizontale imehemaligen Steinbruch, Standort 20 istnordwestexponiert.

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30 40 50 60 70 80 90 100 1108,0

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23 24

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25

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18

20 23

25

sonnigbedeckt

Strahlungssumme im Oktober [kWh/m²]

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8 Statistische Auswertung

Als ein Beispiel für die Absolutwerte sei hier auf Abbildung 19 verwiesen, die die durch-schnittliche Tagestemperatur im Oktober als Funktion der Strahlungssumme darstellt. Es zeigtsich, daß exakt südexponierte Hänge mit Temperaturen um 14°C rund 3°C wärmer sind alsost- oder westexponierte und sogar 4,5°C wärmer als der eine nordostexponierte Standort.Als Ergebnisse kann zusammengefaßt werden:• Im Sommer erhalten nahezu alle Flächen (außer nordöstlichen oder nordwestlichen) die

gleiche Bestrahlung. Die Temperaturunterschiede von 3°C haben hier meist andereUrsachen (u. a. die Meßfehler von ±0,5°C).

• An sonnigen Herbsttagen liegt die mittlere Tagestemperatur pro zusätzlicher kWh/m² umrund 0,1°C höher; in der Praxis bedeutet das, daß südexponierte Hänge mit ~35° Neigungdurchschnittlich etwa 3°C wärmer als exakt ost- oder westexponierte Hänge sind.

• An bedeckten Herbsttagen beträgt die Abhängigkeit nur 0,04°C pro zusätzlicher kWh/m².Der Unterschied von südlich exponierten Hängen gegenüber ost- oder westexponiertenHängen liegt bei nur 1,5°C.

• Die Minimaltemperatur liegt im Juni durchschnittlich um 14,5°C (bei klarem Himmel)bzw. 13,5°C (bei bewölktem/bedecktem Himmel), was wohl vor allem auf die generelleErwärmung während mehrtägiger Strahlungsperioden zurückzuführen ist. Diese Differenzhält sich bis in den August und ist im Oktober nicht mehr feststellbar.

• Ab August wird auch bei der Minimaltemperatur die Beziehung zum Strahlungsgenußdeutlicher: Nach einer sommerlichen Differenz von nur 0,5°C zwischen südlich undöstlich/westlich exponierten Hängen wächst diese bis Oktober auf 1°C an. Die Anstiegebetragen für heitere und bedeckte Tage 0,4°C bzw. 0,3°C pro zusätzlicher kWh/m².

• Die erwartungsgemäß größten Schwankungen zeigen sich bei den Maximaltemperaturen.Sie betragen im Juni 23°C und 19°C für sonnige bzw. bedeckte Tage (mit σ = 2,8 bzw. 1,7).Im August ist für die sonnigen Tage bereits ein Einfluß der Strahlung erkennbar, noch isthier jedoch der Wettereinfluß deutlicher: Für Südhänge wurden an sonnigen Tagen Maximavon durchschnittlich 30°C erreicht, für bedeckte Tage nur um 22°C, bei jeweils hoherStandardabweichung (σ = 3,7 bzw. 1,8). Im Oktober ergaben sich an den Südhängen bereitsnur noch 21°C und 14,5°C für sonnige bzw. bedeckte Tage (σ = 3,7 bzw. 1,5).

• Die Zunahme der Maxima mit der Bestrahlung war bereits ab August relevant: Sie betrug0,11 bzw. 0,04°C/(kWh/m²) für sonnige bzw. bedeckte Tage. Im Oktober erhöhte sich derEinfluß auf 0,15 bzw. 0,06°C/(kWh/m²). Südexponierte Hänge sind somit an sonnigenTagen 5°C wärmer als ost-/westexponierte, an bedeckten Tagen noch 2°C.

• Die höchste Temperatur des Meßzeitraums betrug 50°C und wurde am 10. August amSüdhang unterhalb der Kunitzburg (Standort 18, in 4 cm Tiefe, Bedeckung V1, imSchotter) gemessen. Es folgen mit je 41°C am selben Tag die Südhänge des Pennickentals(Standort 3, 5 cm Tiefe, V1) und des Jenzigs (Standort 11, 6 cm Tiefe, V2).

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9 Modellierung der Strahlungsbilanz

9 Modellierung der StrahlungsbilanzIn diesem und den beiden folgenden Kapiteln wird jener zweite Ansatz zur regionalisiertenBerechnung der Bodentemperatur verfolgt. Dabei ist es das Ziel, ausschließlich aus Dateneiner oder mehrerer repräsentativer, horizontal gelegener Wetterstationen mit Globalstrahlungs-messung die Bodentemperaturen geneigter Hänge mit geringmächtiger Vegetationsschicht(wie Halbtrockenrasen) zu modellieren. Gelänge dies, wäre es zumindest theoretisch möglich,die Bodentemperaturen der untersuchten Standorte auch durch ein Modell zu beschreiben.

Als erster Schritt der Modellierung muß in diesem Kapitel die Strahlungsbilanz – speziellauch für geneigte Hänge auf Muschelkalk – simuliert werden. Dies führte zu zwei Fragen:1. Kann eine an einem horizontalen Standort gemessene Strahlungsbilanz zusammen mit

einem Strahlungsmodell herangezogen werden, um die Strahlungsbilanz geneigter Hängezu berechnen? Welche Genauigkeiten ergeben sich für die HWS Jenzig?

2. Was ist bei der Regionalisierung zu beachten? Welche Einschränkungen gelten eventuell?

9.1 Regionalisierung der StrahlungskomponentenDie Frage der Regionalisierung stellt sich bei der Globalstrahlung im Besonderen, da diese beieiner zeitlichen Auflösung von 30 oder gar 10 Minuten bei lockerer Bewölkung kleinräumigstark variieren kann. Die Verwendung mehrerer Wetterstationen mit Globalstrahlungs-messung, wie im Jenaer Raum glücklicherweise vorhanden, bietet sich an. Prinzipiell ist dereinfachste – und mit Abstand praktikabelste – Ansatz, deren Werte räumlich linear zuinterpolieren. Das bedeutet, daß nach dem Abstand des zu untersuchenden Punkts zu deneinzelnen Stationen deren Einfluß gewichtet wird. Die so regionalisierten clear sky indiceskönnen dann genutzt werden, um mit GRad die reale Globalstrahlung zu berechnen. Es sollteklar sein, daß die so berechneten Werte bei unregelmäßiger Wolkenverteilung keine exaktenWerte auf 10- oder 30-Minuten-Basis bilden können. Im Stundenmittel ergeben sich jedochrealistische Werte.

Für die Untersuchungen an der Wetterstation Jenzig in diesem Kapitel wurde allerdingsausschließlich die nur 1,5 km entfernte WS Biodiv wegen ihrer direkten Nähe herangezogen.

Auch die anderen Strahlungskomponenten müssen regionalisiert werden: DieReflexstrahlung ergibt sich nach Gleichung 1b aus der Albedo. Die atmosphärischeGegenstrahlung kann zwar prinzipiell wie in Gleichung 3 beschrieben aus Bedeckungsgrad,Wolkentyp und Lufttemperatur hergeleitet werden. In der Praxis scheitert dies aberinsbesondere für die Nachtstunden, wenn der Bedeckungsgrad nicht bekannt ist und nurinterpoliert werden kann. Im Vergleich zu der Globalstrahlung ist die atmosphärischeGegenstrahlung zwar vergleichsweise invariabel (250 W/m² bis 440 W/m², mit Ø = 345 W/m²und σ = 36 W/m² wurden gemessen), in den Nachtstunden sind Schwankungen um ±20 W/m²allerdings bereits entscheidend für den Abkühlungsprozeß des Bodens. Somit muß festgestellt

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9 Modellierung der Strahlungsbilanz

werden, daß die direkte Messung dieser Strahlungskomponente für eine vernünftigeGenauigkeit der Modellvorhersagen unverzichtbar ist.

Gleiches gilt auch für die langwellige Ausstrahlung. Es war ursprünglich geplant, siemittels der Stefan-Boltzmann-Gleichung (Formel 2) aus der Bodentemperatur an der HWSJenzig zu berechnen. Die Ergebnisse waren allerdings unrealistisch. Ein Vergleich mit denWerten der WS Biodiv zeigte den Grund: Auch dort weicht die gemessene Bodentemperaturin 2 cm Tiefe um mehrere Grad von der Strahlungstemperatur ab, die sich theoretisch aus derStefan-Boltzmann-Gleichung mit =0,98 ergibt. Wie später zu sehen sein wird, ergaben sichselbst mit einer anderen Emmissivität keine besseren Ergebnisse,.

Bei geneigten Hängen ist nur ein Teil des Himmels sichtbar; der andere Teil des Sichtfeldsfällt auf den Gegenhang oder, allgemeiner, auf andere Landoberfläche. Der Anteil sichtbarenHimmels kann recht einfach aus Gleichung 14 berechnet werden, die auch im Strahlungs-modell r.sun genutzt wird (ŠÚRI & HOFIERKA 2004: 182). In Analogie dazu wurde für die Werteder langwelligen Strahlungskomponenten angenommen, daß sie proportional zum Anteil dessichtbaren Himmels sind (isotroper Ansatz). Es ergab sich also:

9.2 Durchführung und ErgebnisseFür die Strahlungsbilanzmodellierung wurden wiederum die Zeitabschnitte vom 8.7 bis zum30.8. zur Kalibrierung sowie der September zur Validierung verwendet.

Um Fehler durch den leichten zeitlichen Versatz der Wolkenbewegung zwischen der WSBiodiv und der HWS Jenzig nicht überzubewerten, wurden die modellierten Werte, genausowie auch die 10-minütigen Vergleichswerte der Strahlungsbilanz, mit der FormelRn , t

' =0,25⋅Rn , t−10,5⋅Rn , t0,25⋅Rn , t1 zeitlich leicht geglättet. So soll an Tagen mitlockerer Bewölkung der Einfluß der starken zeitlichen Schwankungen auf den Gesamtfehlerreduziert werden, da sich diese zeitlichen Schwankungen im Modell generell nicht sinnvollmodellieren lassen.

Die Modellierung der Strahlungsbilanz für die HWS Jenzig wurde mit folgendenverschiedenen Ansätzen getestet:a) Die Übernahme der an der WS Biodiv gemessenen Strahlungsbilanz ohne Änderung als

Vergleichswert ohne Regionalisierung.

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Rn, ber.=RG, ber.⋅1−rH⋅RH, BiodivRA, Biodiv (13)

rH=1cos /2 (14)

Rn, ber. zu berechnende Strahlungsbilanz [W /m2]RG, ber. mit Strahlungsmodell berechnete reale

Globalstrahlung [W /m2] Albedo

RH, Biodiv atm. Gegenstrahlung [W /m2]RA, ber. Ausstrahlung [W /m2]rH sichtbarer Anteil des Himmels Hangneigung [°]

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9 Modellierung der Strahlungsbilanz

b) Berechnung der reflektierten kurzwelligen Strahlung RR aus einer optimierten, konstantenAlbedo bei unveränderter Übernahme der anderen Komponenten (RG, RH und RE).

c) Berechnung von RG mittels Strahlungsmodell und von RR mittels optimierter Albedo. Dielangwelligen Komponenten blieben unverändert.

d) Berechnung von RG mittels Strahlungsmodell und von RR mittels optimierter Albedo. Dielangwelligen Komponenten wurden gemäß dem sichtbaren Himmelsanteil (Gleichung 14)skaliert. Es fand keine zusätzliche Optimierung dieser beiden Komponenten statt.

e) wie d), aber die langwellige Ausstrahlung wurde aus der am Jenzig gemessenen T2 alsStrahlungstemperatur der Bodenoberfläche berechnet.

f) wie d), aber die langwellige Ausstrahlung wurde aus der Strahlungstemperatur gewonnen,welche über eine empirische Gleichung aus dem Verlauf von T2 am Jenzig berechnet wurde.

Diese Formel T Str.=8,990,61⋅T 23,01⋅T 2, t−T 2, t−1 ist das Ergebnis einer Auswertungdes Vergleichs von Strahlungstemperatur und gemessener Oberflächentemperatur T2 an derWetterstation Biodiv.

Die Ergebnisse wurden gegen die Meßwerte des NR-Lite für die Strahlungsbilanz der HWSJenzig kalibriert bzw. validiert. Es ergaben sich folgende Parameter und Fehler:

Tab. 8: Ergebnisse der Strahlungsbilanzmodellierung an der Hangwetterstation Jenzig. Die erhaltenen Wertefür die Albedo α und das Emissionsvermögen ε sind ebenfalls aufgelistet.

Durchlauf αoptimal εoptimal

Anteil sichtbarenHimmels

Kalibrierung Validierunge [°C] ee2 e [°C] ee2

a) 36,9 100,43 33,0 88,18b) 0,210 37,7 102,69 32,6 86,96c) 0,289 0,963 33,4 93,52 24,9 66,27d) 0,293 0,963 33,1 93,26 24,8 66,17e) 0,293 0,943 0,963 40,7 105,69 37,7 88,81f) 0,315 0,934 0,963 38,6 101,33 33,8 81,01

Beim besten Durchlauf, d), wurden somit mittlere absolute Fehler von 33,1 W/m² für die Kali-brierung und 24,8 W/m² für die Validierung erreicht. Daß dabei der Validierungszeitraum imSeptember niedrigere absolute Fehler besitzt, ist auf die generell geringeren Werte derStrahlungsbilanz im September verglichen zu Juli/August zurückzuführen.

Wie an den Ergebnissen der Durchläufe e) und f) zu erkennen ist, ist die Simulation derAusstrahlung an der HWS Jenzig völlig unzureichend. Sie führt sogar zu schlechterenErgebnissen, als wenn die Ausstrahlung der Station Biodiv, wo ganz andere Oberflächen-temperaturen herrschen, unverändert übernommen wird. Auch einige andere Versuche, dieStrahlungstemperatur der WS Biodiv abzuschätzen, brachten keine besseren Ergebnisse. Hierbesteht also noch Forschungsbedarf.

56

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9 Modellierung der Strahlungsbilanz

Für drei ausgewählte Strahlungstage sind die gemessene und die berechnete Strahlung imVergleich grafisch dargestellt, um auch hier wieder die Art der Fehler näher zu beleuchten:

07.09. 00:00

07.09. 06:00

07.09. 12:00

07.09. 18:00

08.09. 00:00

08.09. 06:00

08.09. 12:00

08.09. 18:00

09.09. 00:00

09.09. 06:00

09.09. 12:00

09.09. 18:00

10.09. 00:00

-100-50

050

100150200250300350400450500550600

gemessenberechnet

Stra

hlun

gsbi

lanz

, geg

lätte

t [W

/m²]

Abb. 20: Vergleich zwischen der berechneten und der mittels NR-Lite gemessenen Strahlungsbilanz für denStandort HWS Jenzig.

In der Grafik fällt die zu geringe Tagesamplitude der berechneten Werte auf. Ihre Ursache istnicht ganz klar – möglich wäre eine überschätzte Albedo. In dem Zeitraum der Abbildung 20wäre eine Albedo von 0,26 optimal. Möglicherweise wirkt sich hier die angenommene zeit-liche Konstanz der Albedo negativ aus, welche jahreszeitliche Änderungen der Vegetations-dichte sowie die Änderung der Albedo je nach Einfallswinkel der Sonne nicht berücksichtigt.

Die Abschattung durch Bäume in den Morgen- und Abendstunden (am 9.9. gut zuerkennen) kann ebenfalls nicht modelliert werden. Die starke Abweichung in der Nacht zum8.9. ist vermutlich durch unterschiedliche Bewölkungsverhältnisse und die dadurchunterschiedliche atmosphärische Gegenstrahlung zwischen den beiden Stationen bedingt.

Im folgenden Kapitel wird somit Ansatz d) gemäß Gleichung 13 verwendet, d. h., die an derWS Biodiv gemessenen langwelligen Strahlungskomponenten werden lediglich nach demAnteil sichtbaren Himmels skaliert. Dies bedeutet aber implizit, daß dieser Ansatz eine derseltenen Wetterstation voraussetzt, an der alle Strahlungskomponenten separat erfaßt werden.Der mittlere Absolutfehler von teilweise über 30 W/m² ist noch unbefriedigend. Angesichtsder Tatsache, daß die Werte der langwelligen Strahlung von einer Station mit andererOberflächenbeschaffenheit und anderen Bodentemperaturen stammen, ist das Ergebnis aberals ermutigend anzusehen. Im folgenden wird sich zeigen, ob eine sinnvolle Simulation derBodentemperaturen unter Einsatz dieser Strahlungsbilanz möglich ist.

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10 Modellierung des Bodentemperaturprofils

10 Modellierung des BodentemperaturprofilsDie Wärmeübertragung im Boden stellt eine weitere Komponente des zu entwickelndenEnergiebilanzmodells zur Bodentemperatursimulation dar. Einerseits kann es wichtig sein, dieTemperaturen tieferer Bodenschichten zu kennen. Andererseits bewirkt der Boden auch eineRückkopplung zur Erdoberflächentemperatur. Das Ziel des Kapitels ist es daher, zuuntersuchen, ob und wie bei gegebener Oberflächentemperatur das Temperaturprofil imBoden nachempfunden werden kann.

10.1 GrundlagenDas Modell soll die zeitliche Änderung der Bodentemperaturen für verschiedene Boden-schichten vorhersagen. Diese hängt jeweils vom aktuellen Bodentemperaturverlauf und denBodenparametern ab. Für die Temperaturänderung einer Bodenschicht gilt (PHILIP 1957, zitiertin HWANG 1995: 2, SNYDER & PAW U 2001):

∂T∂ t

=− 1cv⋅∂qG

∂ z (15)

T Bodentemperatur [°C]t Zeit [s]z Bodentiefe[m ]

qG Bodenwärmestrom [W /m2]cv volumetrische Bodenwärmekapazität [J /m3⋅K ]

Dabei ist qG wiederum über den räumlichen Temperaturgradienten im Boden definiert (ebenda):

qG=−⋅∂T∂ z (16)

Wärmeleitfähigleit [W /m⋅K ]

Des weiteren ist das Verhältnis /cv als Temperaturdiffusivität oder Diffusionsvermögen definiert. Durch Kombination der Gleichungen 15 und 16 ergibt sich:

∂T∂ t

=− 1cv⋅ ∂∂ z −⋅∂T

∂ z = cv⋅∂2 T

∂ z2 =⋅∂2T

∂ z2 (17)

Temperaturdiffusivität [m2/s]

Es zeigt sich somit, daß die Temperaturänderung in einer bestimmten Bodentiefe proportionalzur Ableitung des räumlichen Temperaturgradienten ist.

Nach SNYDER & PAW U (2001, in Übereinstimmung mit HWANG 1995: i, 48) sind die Wärme-leitfähigkeit und die volumetrische Wärmekapazität, und damit fast automatisch auch dieTemperaturdiffusivität , abhängig vom Feuchtezustand des Bodens: Wasser besitzt einehöhere Wärmekapazität und eine höhere Wärmeleitfähigkeit als die Bodenluft. Somitvergrößern sich bei höherer Bodenfeuchte auch die Gesamtwärmekapazität und die

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10 Modellierung des Bodentemperaturprofils

Wärmeleitfähigkeit des Bodens. Während die Wärmeleitfähigkeit aber bei trockenem Bodenstark zunimmt, erhöht sie sich bei weiter zunehmendem Wassergehalt nur noch wenig. Für dieTemperaturdiffusivität bedeutet dies eine Kurve, die zuerst ansteigt, bei noch feuchterem bisgesättigtem Boden aber deutlich abflacht oder sogar sinkt (SNYDER & PAW U 2001).

10.2 ModellansatzGegenüber den physikalisch basierten Formeln des vorangehenden Abschnitts verwendet dashier eingesetzte Modell vereinfachte Zusammenhänge:

Insbesondere die Ableitung des Bodentemperaturgradienten ist nicht direkt bekannt, da nurTemperaturen in diskreten Tiefen gemessen werden. Formel 17 ist somit nicht direkt nutzbar.Auch muß die Zeit in diskrete Schritte von beispielsweise 10 Minuten unterteilt werden.

Die ursprünglichen Formeln 15 und 16 dienen dabei wiederum als Ausgangspunkt, werdenaber diesmal durch Näherungen ersetzt. Aus Gleichung 15 wird dann:

ΔTΔ t

≈− 1cv⋅Δ qG

Δ z=− 1

cv⋅

qG, u−qG, o

zu−zo=− 2

cv⋅

qG, u−qG, o

z1−z−1(18)

mit folgender Definition für die Tiefen: zu−zo=! z1z

2−

zz−1

2=

z1−z−1

2. (19)

z Bodentiefe [m ]cv volumetrische Bodenwärmekapazität [J /m3⋅K ]

T Bodentemperatur[°C]t Zeit [s]

qG, u Bodenwärmestrom zwischen betrachteter und darunterliegender Schicht [W /m2]qG, o Bodenwärmestrom zwischen betrachteter und darüberliegender Schicht[W /m2]

−1 ... der darüberliegen Schicht1 ... der darunterliegen Schicht

Auch die beiden Wärmeströme werden durch diskrete Formeln angenähert:

qG, o=−⋅∂T∂ z

≈−⋅ΔTΔ z

=−z−1⇒ z⋅T −T−1

z−z−1=z−1⇒ z

z−z−1⋅T−1−T

qG, u=−⋅∂T∂ z

≈−⋅ΔTΔ z

=−z1⇒ z⋅T1−Tz1−z

=−z1⇒ z

z1−z ⋅T1−T

(20a)

(20b)

Wärmeleitfähigleit [W /m⋅K ]

Nach dem Einsetzen ergibt sich:

ΔTΔ t

≈− 2cv⋅

qG, u−qG, o

z1−z−1≈ 2

cv⋅ z1−z−1⋅qG, o−qG, u

ΔTΔ t

≈ 2cv⋅ z1−z−1

⋅z−1⇒ z

z−z−1⋅T−1−T − 2cv⋅ z1−z−1

⋅−z1⇒ z

z1−z ⋅T1−T

(21)

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10 Modellierung des Bodentemperaturprofils

ΔT≈2⋅z−1⇒ z⋅Δ t

z1−z−1⋅ z−z−1⋅T−1−T

2⋅z1⇒ z⋅Δ t z1−z−1⋅ z1−z

⋅T1−T ΔT≈ 'z−1⇒ z⋅T−1−T 'z1⇒ z⋅T1−T

(22)

(23)

Temperaturdiffusivität [m2/s] ' sei definiert als Wärmeeinfluß (dimensionslos)

Der hier definierte Wärmeeinfluß ' beschreibt, wie stark die Temperaturdifferenzzwischen zwei Bodentiefen die Temperatur der einen der beiden Tiefen beeinflußt. AusFormel und Schreibweise ist deutlich zu erkennen, daß dieser Wärmeeinfluß richtungs-abhängig ist; der Einfluß der Temperatur in 8 cm Tiefe auf diejenige in 4 cm Tiefe besitzt beigleichem andere Werte als in Gegenrichtung. Außerdem ist ' abhängig vom Zeitschritt t des Modells. Die bodenphysikalischen Parameter und damit die Wärmeeinflüsse 'werden bei ungefähr gleichbleibender Bodenfeuchte als zeitlich konstant angenommen.

Aus Formel 23 ergibt sich auch – nicht überraschend – daß die Bodentemperatur einerSchicht z im Boden zu einer Zeit t nur abhängig von den Temperaturen der darüberliegendenund der darunterliegenden Schicht sowie der Temperatur derselben Schicht zu einem früherenZeitpunkt t - Δt ist. Daraus folgt direkt, daß der Temperaturverlauf im Boden nur von viergegebenen Größen bzw. Parametern abhängt:• der Temperaturdiffusivität einer jeden Bodenschicht (bzw. dem Wärmeeinfluß),• den Ausgangstemperaturen aller Bodenschichten als Anfangsbedingungen,• der Bodenoberflächentemperatur als obere Grenze sowie• der als konstant angenommenen Temperatur tief im Gestein als untere Grenze des Modells.Die Temperaturdiffusivität ist im Rahmen dieser Untersuchung unbekannt. Es könnte daherder Ansatz verfolgt werden, sie für die Wärmeleitung in einer speziellen Bodenschicht durchinverse Modellierung mittels Gleichung 22 aus den Daten eines Kalibrierungszeitraumsnäherungsweise zu gewinnen. Jedoch ist dies nicht das Ziel dieser Arbeit. Vielmehr ist esausreichend, den durch Formel 23 definierten Wärmeeinfluß ' auf diese Weise zu berechnenund diesen in der Validierung direkt wieder einzusetzen, um die Bodentemperatur vorher-zusagen. (Zudem besitzt das Modell eine recht geringe räumliche wie zeitliche Auflösung. Eswäre also zu erwarten, daß die aus Gleichung 22 näherungsweise berechnetenTemperaturdiffusivitäten sehr ungenau wären.)

Die Ausgangstemperaturen eines Bodenprofils sind in der vorliegenden Arbeit für dieWetterstationen Biodiv und Jenzig bekannt. Sollten sie nicht bekannt sein, können sie fürbestimmte Tageszeiten mit ausreichender Genauigkeit geschätzt werden.

Die Temperatur der Bodenoberfläche wird in diesem Teilprojekt als bekannt angesehen. Fürdie Modellierung wurden gemessene 10- oder 30-minütige Werte in 2 cm Tiefe verwendet (T2).

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10 Modellierung des Bodentemperaturprofils

Die untere Grenze liegt tief im Gestein und wird als temperaturkonstant angenommen. Ausden Meßwerten der Bodentemperaturen zwischen 2 und 64 cm Tiefe an der HWS Jenzigwurde extrapoliert, daß die Tiefe mit fast vollständiger Temperaturkonstanz bei 5-6 m liegenwürde. Um weiterhin mit Zweierpotenzen zu arbeiten, wurde sie für dieses Modell auf 512 cmTiefe festgelegt. Das Modell arbeitet in diesem Stadium also mit folgenden Tiefen:

Bodentiefe Bemerkung2 cm (T2) gemessen4 cm (T4) gemessen + modelliert8 cm (T8) gemessen + modelliert16 cm (T16) gemessen + modelliert32 cm (T32) gemessen + modelliert64 cm (T64) gemessen + modelliert128 cm (T128) nur modelliert256 cm (T256) nur modelliert512 cm (T512) konstant ~10°C

Die Bodenschichten zwischen diesen Tiefen werden als „black boxes“ angesehen, von denenursprünglich nichts bekannt ist.

10.3 Durchführung und ErgebnisseDie inverse Modellierung, welche schließlich die Wärmeeinflüsse 'z erbrachte, wurde direktin OpenOffice Calc durchgeführt, wo die Daten der Temperaturprofile bereits aufbereitetvorlagen.

Dabei wurden jeweils Trainings- und Testzeiträume festgelegt, die Temperaturen über dieseZeiträume modelliert und anschließend für jeden Zeitschritt und jede Tiefe von 4 bis 64 cmdie quadratische Abweichung des modellierten vom gemessenen Wert sowie deren Wurzel(Absolutwert der Abweichung) berechnet. Daraus wurden der mittlere Absolutfehler e sowieder mittlere quadratischen Fehler (r.m.s. error) e² berechnet. Die Minimierung des ersterenbedeutet eine optimale Anpassung, erlaubt aber einzelne großere Ausreißer. Die Minimierungdes letzteren Maßes hingegen bewertet Ausreißer überproportional stark negativ. Für dievorliegende Arbeit wurde entschieden, die Summe

"ee2"=∑

n

∣xi−x∣n

∑n

xi−x 2

n(24)

n Anzahl der Zeitschritte in der Modellierung

61

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10 Modellierung des Bodentemperaturprofils

als Gütemaß zu verwenden, also mittleren Absolutfehler und mittleren quadratischen Fehlergleich zu gewichten. (In der Regel unterschieden sich die ermittelten Parameter fürverschiedene getestete Fehlermaße nicht sehr.)

10.3.1 Versuch 1: 30-minütige Werte, trockener vs. feuchter BodenIn diesem ersten Versuch wurden 30-minütige Werte der Stationen Biodiv und Jenzigverwendet. Diese wurden gewonnen, indem aus der 10-minütigen Zeitreihe jeder dritte Wertverwendet wurde (keine Mittelwertbildung).

Zur Gewinnung der Wärmeeinflüsse wurden zunächst alle Bodentiefen separat modelliert,d. h. die Temperaturen der darüber- und darunterliegende Schicht waren jeweils Meßwerte.Die Berechnung für jeden Zeitschritt erfolgte über folgende Gleichung (vgl. Formel 23):

Dieselbe Gleichung wurde auch für die synthetischen Horizonte in 128 und 256 cm Tiefeangewendet. Die konstante Temperatur in der Tiefe T512 wurde nicht optimiert, da dazuZeiträume von wenigen Wochen nicht ausreichen. Sie wurde pauschal auf 10°C gesetzt, wasder mittleren Lufttemperatur von Jena entspricht. Diese Temperatur ergab sich auch aus derAuswertung der Bodentemperaturprofile an der WS Biodiv und der HWS Jenzig.

Die Aufgabe bei der inversen Modellierung bestand darin, die beiden Wärmeeinflüsse in

Gleichung 25 jeweils so zu wählen, daß das Gütemaß ee2 minimiert wurde. Dies wurdeiterativ mittels eines selbstgeschriebenen Makros (in StarBasic) gelöst, das die beiden Werteabwechselnd leicht variierte und die Änderungen beibehielt, wenn sich der Wert des Güte-maßes verringerte.

Die so ermittelten zwei Parameter wurden dann unverändert für den jeweiligenTestzeitraum übernommen. Im Gegensatz zum Trainingszeitraum erfolgte beim Test dieModellierung der Temperaturen aller Bodentiefen wie in der Realität gekoppelt, d. h. nichtmehr die gemessenen, sondern die modellierten Werte aus Tiefe 4 und 16 wurden beispiels-weise zur Modellierung der Temperatur in 8 cm Tiefe herangezogen.

Die verwendeten Kalibrierungs- und Validierungszeiträume sind in Tabelle 9 dargestellt.Die „trockenen“ Zeiträume waren, wie auch der jeweils vorangehende Tag, niederschlagsfrei.Die „feuchten“ Zeiträume waren durch nahezu tägliche Niederschläge und wenig Sonnegekennzeichnet. Die ID wird in den folgenden Tabellen der Ergebnisse verwendet.

62

T z , t=T z , t−1 'z−1⇒ z⋅T z−1, t−1−T z , t−1 'z1⇒ z⋅T z1, t−1−T z , t−1 (25)

T z , t Bodentemperatur zum Zeitschritt t in der Tiefe z mit z∈{2, 4, 8 usw.} 'z1⇒ z2 Wärmeeinfluß von Tiefe z1 auf Tiefe z2

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10 Modellierung des Bodentemperaturprofils

Tab. 9: Ergebnisse für die Größe des Wärmeeinflusses im ersten Versuch der Bodentemperaturmodellierung.

Zeitraum Werte (n= ...) trocken/feucht Kalibrierungs-ID Validierungs-ID28.7.- 10.8. 625 trocken K1 V1

13.8.-30.8. 857 feucht K2 V2

3.9.-10.9. 352 trocken K3 V3

21.9.-29.9. 415 feucht K4 V4

9.10.-14.10. 288 trocken K5 nicht für Validierung genutzt

5.11.-23.11. 912 feucht K6 nicht für Validierung genutzt

Das Ergebnis stellte sich wie folgt dar:

Tab. 10: Ergebnisse für die Größe des Wärmeeinflusses ' im ersten Versuch der Bodentemperaturmodellierung.Die Werte wurden zur besseren Darstellung mit 1000 multipliziert.

ID '2⇒4 '8⇒4 '4⇒8 '16⇒8 '8⇒16 '32⇒16 '16⇒32 '64⇒32 '32⇒64 '128⇒64 '64⇒128 '256⇒128 '128⇒256 '512⇒256

K1 1126 511 380 284 108 76 32,3 19,5 12,11 6,94 3,21 3,16 1,35 2,46

K2 970 400 420 275 117,0 94,0 28,3 16,3 12,00 8,25 2,69 2,00 1,25 0,61

K3 1215 583 385 302 104,4 83,2 27,1 17,7

K4 951 478 352 216 106,2 61,7 24,4 21,2

K5 1288 479 390 284 111 71 29,6 23,6

K6 939 566 352 201 104,0 54,7 28,6 20,5

Tab. 11: Ausgewählte Ergebnisse für die Fehler im ersten Versuch der Bodentemperaturmodellierung. ImValidierungszeitraum V3 wurden die Werte aus K1 verwendet, im Zeitraum V4 die Werte aus K2 ( Tab. 10). Im Mittelüber alle Tiefen (rechte Spalte) ergibt sich ein Absolutfehler von (0,184°C+0,161°C)/2 ≈0,17°C für beideKalibrierzeiträume und von (0,242°C+0,234°C)/2 ≈0,24°C für die Validierungszeiträume.ID T4 T8 T16 T32 T64 ØK1 e [°C] 0,509 0,163 0,115 0,050 0,081 0,184

e² [°C²] 0,507 0,046 0,022 0,004 0,010 0,118

ee2 1,221 0,378 0,264 0,113 0,181 0,431K2 e 0,481 0,123 0,071 0,068 0,061 0,161

e² 0,548 0,036 0,009 0,007 0,006 0,121

ee2 1,221 0,313 0,167 0,150 0,140 0,398V3 e 0,595 0,184 0,182 0,103 0,144 0,242

e² 0,588 0,056 0,051 0,014 0,028 0,147

ee2 1,362 0,420 0,407 0,223 0,312 0,545V4 e 0,248 0,107 0,163 0,207 0,445 0,234

e² 0,173 0,023 0,035 0,048 0,298 0,115

ee2 0,664 0,258 0,349 0,425 0,990 0,537

Nachdem ursprünglich die Kalibrierzeiträume K1 und K2 die Parameterwerte für dieValidierungszeiträume V3 und V4 lieferten, wurden anschließend die Trainings- und Test-zeiträume vertauscht und die inverse Modellierung wiederholt – mit ähnlichen Ergebnissen.

63

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10 Modellierung des Bodentemperaturprofils

Folgende Dinge lassen sich erkennen:• Der mittlere Fehler liegt (gemittelt über alle Tiefen) in den Trainingszeiträumen bei rund

0,17°C, in den Testzeiträumen bei 0,24°C. Diese Werte sind ermutigend, aber unter„realen“ Bedingungen, d. h. über längere Zeiträume und mit wechselhaftem Wetter, sindgrößere Fehler zu erwarten.

• Mit e≈0,5°C besitzt die oberste modellierte Tiefe T4 den größten Fehler. Dies ist mitSicherheit darauf zurückzuführen, daß dort die stärksten und unregelmäßigsten Schwan-kungen anzutreffen sind.

• Das vergleichsweise schlechte Abschneiden von T64 ist auf die suboptimale Modellierungmit nur zwei darunterliegenden, synthetischen Horizonten zurückzuführen. Da eineModellierung von drei synthetischen Horizonten den Aufwand bei geringer zu erwartenderVerbesserung des Ergebnisses wesentlich erhöht hätte, wurde darauf verzichtet. Bereitsobiger Ansatz bedeutete, daß für die Modellierung der Schicht T64 acht Parameter optimiertwerden mußten: je zwei Wärmeeinflüsse für drei Schichten sowie die Anfangstemperaturender beiden synthetischen Schichten.

• Die Wärmeeinflüsse nehmen mit der Tiefe rapide ab. Dies ist nicht verwunderlich, denn esergibt sich direkt aus der Definition des Wärmeeinflusses (Formel 23), daß bei jeweilsdoppelter Tiefe und gleichbleibender Temperaturdiffusivität der Wärmeeinfluß auf einViertel absinkt.

Der letztgenannte Punkt wurde noch näher untersucht. Dazu wurde eine Grafik derWärmeeinflüsse über die Höhe erstellt (Abb. 21). Sie zeigt deutlich die fast konstantexponentielle Abnahme der Wärmeeinflüsse mit der Tiefe. Es liegt nun nahe, die Werte überdie Tiefe zu normieren – also quasi die Näherung für zu berechnen. Es sei aber striktdarauf hingewiesen, daß es sich dabei nur um eine theoretische Rechnung handelt, da dieräumliche und zeitliche Schrittweite des Modells, einen deutlichen Einfluß auf die erhaltenenParameter besitzt. Die erhaltenen Werte für (Abb. 22) liegen allerdings durchaus in derGrößenordnung üblicher Böden zwischen 0,1 und 1 mm2/s (10-7-10-6 m2/s). Der in Abbildungoffensichtliche Anstieg von mit der Tiefe kann aber sowohl modellbedingt sein als auchtatsächliche Unterschiede in Wärmeleitfähigkeit und Wärmekapazität im Bodenprofilwiderspiegeln, beispielsweise Unterschiede in der Dichte, der Bodenart oder dem mittlerenvolumetrischen Wassergehalt über die Tiefe.

Es stellt sich die Frage, ob die beobachteten Phänomene auch auf anderen Bödenanzutreffen sind. Dazu wurde die gleiche Modellierung für die Werte der Wetterstation Biodivwiederholt, wo ein Temperaturprofil bis 128 cm Tiefe zur Verfügung steht. Die Ergebnissesind in den Abbildungen und 24 dargestellt.

64

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10 Modellierung des Bodentemperaturprofils

4 8 16 320,01

0,10

1,00

10,00

κ'↓ trocken K1,3,5κ'↑ trocken K1,3,5κ'↓ feucht K4,6κ'↑ feucht K4,6κ'↓ feucht K2 (August)κ'↑ feucht K2 (August)

Bodentiefe [cm]

Wär

mee

influ

ß (d

imen

sion

slos

)

Abb. 21: Tiefenprofil des Wärmeeinflusses für die HWS Jenzig. Der Kalibrierzeitraum K2 ist separateingetragen, da er sich bezüglich der erhaltenen Parameter signifikant von den anderen beiden feuchtenPerioden unterscheidet. ( ' steht in der Legende jeweils für 'z−1⇒ z , ' jeweils für 'z1⇒ z .)

4 8 16 320,250,300,350,400,450,500,550,600,650,700,750,800,850,900,951,001,05

κ↓ trocken K1,3,5κ↑ trocken K1,3,5κ↓ feucht K4,6κ↑ feucht K4,6κ↓ feucht K2 (August)κ↑ feucht K2 (August)

Bodentiefe [cm]

Wär

med

iffus

ivitä

t [m

m²/s

]

Abb. 22: Tiefenprofil der Schätzung der Wärmediffusivität für die HWS Jenzig. Die den Berechnungenzugrundeliegenden Werte kommen aus der Abbildung darüber. Die Augustwerte wichen stark von den Wertender anderen feuchten Zeiträume – September und November – ab. (Hier steht für z−1⇒ z , für z1⇒ z .)

65

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10 Modellierung des Bodentemperaturprofils

Die Werte für die Wärmeeinflüsse und damit auch für das Diffusionsvermögen liegen beibeiden Stationen in der gleichen Größenordnung, insbesondere die Werte für die Tiefe von16 cm sind aber bei der Wetterstation Biodiv stark erhöht. (Da die Wärmeeinflüsse, die vonoben und unten auf eine Schicht wirken, stets zusammen optimiert werden, ergibt sich daslokale Maximum fast zwangsläufig sowohl beim aufwärts als auch beim abwärts gerichtetenWärmeeinfluß.)

Interessant ist die Antwort auf die Frage, ob sich signifikante Unterschiede zwischentrockenen und feuchten Perioden ergeben, wie dies nach der Theorie aus Kapitel 10.1 zuerwarten wäre:

An der HWS Jenzig besteht beim abwärts gerichteten Wärmeeinfluß kaum ein Unter-schied, insbesondere wenn man den Augustwert mit einrechnet. Beim aufwärts gerichtetenWärmeeinfluß existiert ein deutlicher Unterschied – aber wiederum nur ohne Betrachtung derAugustkalibrierung K2. An der WS Biodiv ist überhaupt kein durchgehender signifikanterUnterschied festzustellen. Lediglich in 16 und 32 cm Tiefe unterscheiden sich die Boden-feuchten zumindest um den Faktor zwei zwischen trockenen und feuchten Intervallen.

Es zeigte sich an den Bodenfeuchtewerten der WS Biodiv allerdings, daß im als feuchtangenommenen Zeitraum K2 vom 13. bis 30. August trotz einiger Regenfälle der Boden rechttrocken war – was der Grund dafür ist, daß die Kurve von K2 in den vier Abbildungen 21 bis eher dem Verlauf trockener Perioden ähnelt.

Berücksichtigt man dies, ergibt sich zusammenfassend, daß es auf den Muschelkalkhängenzumindest beim aufwärts gerichteten Wärmeeinfluß deutliche Unterschiede zwischentrockenem und feuchtem Boden gibt. Da für diese Arbeit aber keine Bodenfeuchtedaten vonMuschelkalkhängen wie z. B. von der WS Biodiv vorlagen und eine Feuchtemodellierung denRahmen der Arbeit sprengen würde, muß versucht werden, mit mittleren Werten beivermutlich leicht reduzierter Genauigkeit weiterzuarbeiten. (Einmal mehr zeigt sich an dieserStelle jedoch, daß es sinnvoll ist, Wasser- und Energiebilanz gemeinsam zu betrachten.)

10.3.2 Versuch 2: 10-minütige Werte, gekoppelte BodenschichtenNachdem sich bestätigt hatte, daß das Bodentemperaturmodell prinzipiell funktioniert, soll ineinem zweiten Versuch die Qualität des Modells näher untersucht werden. Im Gegensatz zumVersuch 1 ist der zweite etwas anders angelegt und stellt höhere Anforderungen:• Die Kalibrierungsphase beträgt fast zwei Monate mit wechselnder Bodenfeuchte. Die

Validierung wird über drei Monate von September bis Ende November durchgeführt.• Die einzelnen Schichten des Bodens sind nun gekoppelt, d. h. nicht mehr die Meßdaten,

sondern die modellierten Daten der darüber- und darunterliegenden Schicht dienen alsEingangsdaten für die Modellierung der dazwischenliegenden Schicht.

• Die Modellierung erfolgt mit zehnminütigen Daten, um die zeitliche Schrittweite desModells zu verringern und somit modelleigene Artefakte zumindest zu verringern.

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10 Modellierung des Bodentemperaturprofils

4 8 16 32 640,00

0,01

0,10

1,00

10,00

κ'↓ trocken K1,3,5κ'↑ trocken K1,3,5κ'↓ feucht K2,4,6κ'↑ feucht K4,6κ'↓ feucht K2 (August)κ'↑ feucht K2 (August)

Bodentiefe [cm]

Wär

mee

influ

ß (d

imen

sion

slos

)

Abb. 23: Tiefenprofil des Wärmeeinflusses für die WS Biodiv. Die Kalibrierzeiträume sind äquivalent zur HWSJenzig.

4 8 16 32 640,250,300,350,400,450,500,550,600,650,700,750,800,850,900,951,001,05

κ↓ trocken K1,3,5κ↑ trocken K1,3,5κ↓ feucht K4,6κ↑ feucht K4,6κ↓ feucht K2 (August)κ↑ feucht K2 (August)

Bodentiefe [cm]

Wär

med

iffus

ivitä

t [m

²/s]

• Abb. 24: Tiefenprofil der Schätzung der Wärmediffusivität für die WS Biodiv. Nur die Augustkurve derWärmeeinflüsse ist wieder deutlich von den Kurven der anderen feuchten Kalibrierzeiträume verschieden.Wie im Text erläutert, war in dieser Zeitraum der Boden trotz mehrfacher Niederschläge die größte Zeittrocken. K2 ist deshalb nicht repräsentativ für feuchte Perioden.

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10 Modellierung des Bodentemperaturprofils

Erste Versuche brachten allerdings sehr seltsame Parametersätze als Ergebnis. Der Grundlag darin, daß bei den 10-minütigen Temperaturmeßdaten der Meßfehler (in Form vonRauschen) gegenüber den tatsächlichen Temperaturänderungen deutlich hervortritt. DiesesRauschen ist insbesondere bei der zeitlich recht stabilen T64 gut zu quantifizieren: ± 0,05°C.Das Problem wurde dadurch weitestgehend gelöst, daß die Meßdaten zeitlich geglättetwurden. Dafür wurde folgende Formel verwendet: T ' z , t=0,25⋅T z , t−10,5⋅T z , t0,25⋅T z , t1 .Diese geglätteten Daten wurden sowohl für die Kalibrierung als auch die Validierungverwendet.

Die erwähnte Koppelung aller Modellschichten bedeutete, daß 14 Wärmeeinflußparametergleichzeitig optimiert werden mußten. (Die beiden Parameter für die Anfangstemperaturen in128 und 256 cm Tiefe fielen bei diesen langen Zeiträumen nicht mehr ins Gewicht.) AlsGütemaß wurde dieses Mal ee ² minimiert, wobei e und e ² die Mittelwerte desmittleren absoluten Fehlers und des quadratischen Fehlers über alle Tiefen darstellen.

Da eine derartige Optimierung praktisch manuell nicht mehr durchzuführen ist, wurde dasbereits erwähnte Makro in OpenOffice auf die benötigte Anzahl von Parametern erweitert undanschließend erfolgreich angewendet. Es sei dabei angemerkt, daß pro verändertem Parameterüber 200'000 Zellen neu berechnet werden mußten: die modellierten Temperaturen, dieFehlerwerte sowie die Gütemaße. Dabei wurden bezüglich der „Verschachtelungstiefe“nahezu die Grenzen der Tabellenkalkulation erreicht.

Tab. 12: Ergebnisse der Kalibrierung für die Wärmeeinflüsse im zweiten Versuch. Die Werte wurden zurbesseren Darstellung in der Tabelle mit 1000 multipliziert, sind also in ‰ angegeben.Zeitraum 2⇒4

' 8⇒4' 4⇒8

' 16⇒8' 8⇒16

' 32⇒16' 16⇒32

' 64⇒32' 32⇒64

' 128⇒64' 64⇒128

' 256⇒128' 128⇒256

' 512⇒256'

Juli-Aug. 1314 605 171 126 37,4 22,7 12,2 6,64 1,85 1,33 2,08 1,70 0,92 0,42Sept.-Nov. 1339 551 251 202 41,0 23,8 19,20 10,00 4,00 3,19 1,54 2,29 5,93 0,20

Tab. 13: Ausgewählte Ergebnisse für die Fehler im zweiten Versuch der Bodentemperaturmodellierung. DieValidierung von September bis November nutzte die Werte der Kalibrierung von Juli bis August und umgekehrt.

ID T4 T8 T16 T32 T64 ØKal.Juli-Aug.

e 0,223 0,270 0,243 0,192 0,279 0,242e ² 0,114 0,166 0,123 0,069 0,124 0,119ee ² 0,561 0,678 0,593 0,456 0,631 0,587

Val.Sept.-Nov.

e 0,29 0,42 0,51 0,62 0,7 0,509e ² 0,17 0,43 0,56 0,61 0,76 0,507ee ² 0,71 1,07 1,26 1,4 1,58 1,221

Kal.Sept.-Nov.

e 0,279 0,409 0,459 0,492 0,413 0,410e ² 0,163 0,389 0,459 0,395 0,272 0,336ee ² 0,683 1,033 1,136 1,120 0,935 0,990

Val.Juli-Aug.

e 0,243 0,343 0,465 0,828 1,464 0,669e ² 0,154 0,274 0,424 1,011 2,508 0,874ee ² 0,636 0,866 1,116 1,834 3,047 1,604

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10 Modellierung des Bodentemperaturprofils

Anschließend wurde die Optimierung mit vertauschten Kalibrierungs- und Validierungs-zeiträumen wiederholt. Die Ergebnisse beider Durchläufe sind in den Tabellen 12 und 13aufgelistet. Es zeigen sich mehrere Dinge:

Erstens erreicht die unterste validierte Bodenschicht T 64 in den Sommermonaten rechtschlechte Ergebnisse, während sich dieser Effekt im September bis November nur schwachzeigt. Dies wird so interpretiert, daß die Bodenschicht konstanter Temperatur mit 512 cmTiefe noch zu gering gewählt war und diese somit im Sommer einen zu starken kühlendenEinfluß auf die darüberliegenden Schichten in 256, 128 und 64 cm Tiefe besaß, der sich durchdie Optimierung der Wärmeeinflußparameter nicht ganz kompensieren ließ.

Zweitens wird deutlich, daß der Zeitraum starker Temperaturschwankungen im Sommerdeutlich besser zur Kalibrierung des Modells geeignet ist als der Zeitraum im Herbst, bei demEnde November die stündlichen Änderungen der Temperatur oft bei unter 0,5°C liegen. Eswurden sowohl bei der Kalibrierung im Sommer als auch im Validierungszeitraum im Herbstniedrigere Gesamtfehler erreicht als beim zweiten Durchlauf mit der Kalibrierung im Herbst.

Schließlich fällt auf, daß die aus ' berechneten Werte für sich teilweise deutlich vondenen des ersten Versuchs unterscheiden: Sie liegen zwischen 1,3 und 0,6 mm2/s, wobei derhöchste Wert für die oberste Bodenschicht erreicht wurde. Diese hatte im ersten Versuch nochWerte um 0,35 mm2/s. Der exakte Grund dieses starken Unterschied ist bisher nicht bekannt.

Um die Art der Fehler etwas näher zu beleuchten, wurden für drei kurze Abschnitte desTestzeitraums im September (Abb. 25 und 26) und Ende November (hier nicht gezeigt) Grafikenerstellt. Generell wird der Verlauf der Temperaturkurven gut modelliert. Allerdings werdenExtrema überschätzt – ein Resultat der geringen vertikalen Modellauflösung. Für die sonnigenTage ergeben sich so Fehler von bis zu 1,5°C, für bedeckte Zeiträume von unter 1°C. Einleichter zeitlicher Versatz von ca. 20-30 Minuten zwischen modellierten und gemessenenWerten, der bereits bei der Verwendung 30-minütiger Werte aufgefallen war, ist auch in dieserModellierung erkennbar. Er hat vermutlich den gleichen Grund.

Zusätzlich dazu läßt sich erkennen, daß der Einfluß der temperaturkonstanten Schicht in512 cm Tiefe auf die unteren modellierten Schichten zu groß ist. Dies führt in Abbildung 26beispielsweise dazu, daß die Temperaturen der tieferen Schichten durch das Modell um bis zu1°C unterschätzt werden. Der Grund hierfür ist vermutlich die im Modell zu nah an derOberfläche liegende temperaturkonstante Schicht.

Möglich wäre es jedoch auch, daß die konstante Temperatur in 512 cm Tiefe suboptimalgewählt wurde. Deshalb wurde die Optimierung noch ein zweites Mal durchgeführt – diesmalmit T 512 als zusätzlichem variablen Parameter. Als Ergebnis betrug jene Temperatur 10,3°C

gegenüber 10°C vorher, die Gesamtfehler ee ² verbesserten sich jedoch nicht: für Kali-brierung im Sommer bzw. die Validierung im Herbst wurden 0,567°C und 1,294°C erreicht.

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10 Modellierung des Bodentemperaturprofils

09.0

9.

00:0

0

09.0

9.

06:0

0

09.0

9.

12:0

0

09.0

9.

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0

10.0

9.

00:0

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10.0

9.

06:0

0

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9.

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9.

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11.0

9.

06:0

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11.0

9.

12:0

0

11.0

9.

18:0

0

12.0

9.

00:0

0

10

12

14

16

18

20

22

24

26

28

30

32

34

36

38

40

T2 geglättetT4 geglättetT8 geglättetT16 geglättetT32 geglättetT64 geglättetT4 modelliertT8 modelliertT16 modelliertT32 modelliertT64 modelliertT128 modelliertT256 modelliert

Bod

ente

mpe

ratu

ren

[°C

]

Abb. 25: Modellierter und realer Bodentemperaturverlauf für einige sonnige Tage des Validierungszeitraums.

22.0

9.

00:0

0

22.0

9.

06:0

0

22.0

9.

12:0

0

22.0

9.

18:0

0

23.0

9.

00:0

0

23.0

9.

06:0

0

23.0

9.

12:0

0

23.0

9.

18:0

0

24.0

9.

00:0

0

24.0

9.

06:0

0

24.0

9.

12:0

0

24.0

9.

18:0

0

25.0

9.

00:0

0

8

10

12

14

16

18

20

22

24

T2 geglättetT4 geglättetT8 geglättetT16 geglättetT32 geglättetT64 geglättetT4 modelliertT8 modelliertT16 modelliertT32 modelliertT64 modelliertT128 modelliertT256 modelliert

Bod

ente

mpe

ratu

ren

[°C

]

Abb. 26: Modellierter und realer Bodentemperaturverlauf für einige bewölkte Tage des Validierungszeitraums.Man beachte die unterschiedliche Skalierung der y-Achse gegenüber Abb. 25. Die Kerbe in den Meßwerten am22.9. 21:00 Uhr ist vermutlich durch Regen bedingt, der an der Meßkette rasch abwärts perkoliert.

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10 Modellierung des Bodentemperaturprofils

10.3.3 Sensitivitätsanalyse und FazitDie Modellierung des zweiten Versuchs wurde einer kurzen Sensititivätsanalyse unterzogen.Dazu wurden im Kalibrierungszeitraum (Juli-August) jeweils die Wärmeeinfluß-Parameterpaare einer Schicht nacheinander um fünf und zehn Prozent erhöht und verringert.Dabei zeigte sich das Modell meist als relativ insensitiv: Bei einer Veränderung um fünfProzent ergab sich für ee ² eine Verschlechterung von nur 0,1% zum optimalenErgebnis, bei 10% betrug sie 0,3%. Dabei waren die Fehler in den oberen Bodenschichtendeutlich höher, während sich die unteren Schichten sehr insensitiv zeigten.

Wurden aber die Werte '2⇒4 und '8⇒4 der obersten modellierten Bodenschicht bereitsum 5% erhöht, so zeigte das Modell eine Überreaktion und wurde instabil. (Die Werte für T 2

liefen dann alternierend gegen ±∞). Wurden alle Werte außer '2⇒4 und '8⇒4 gemeinsam um

5% und 10% verändert, ergaben sich für ee ² Verschlechterungen von 0,5% bzw. 2,1%.

Daß die Ergebnisse beider Versuche für ' deutlich voneinander abweichen, liegt imunterschiedlichen Zeitintervall begründet. Warum jedoch auch für die oberste Boden-schicht unerwartet starke Unterschiede zwischen den Versuchen zeigt, wurde nicht geklärt. Esmuß aber insgesamt davon ausgegangen werden, daß die Werte des Wärmeeinflusses nicht aufModellierungen mit anderer zeitlicher und vertikaler Auflösung sowie einem anderenModelldesign übertragbar sind.

Insgesamt ist die Modellierung der Temperaturen im Boden bei gegebener Oberflächen-temperatur T2 möglich und bringt über mehrere Monate hinweg gute Resultate. Nach derGewinnung der Parameter, namentlich der in dieser Arbeit definierten „Wärmeeinflüsse“ ' ,über inverse Modellierung aus Meßdaten konnte bei der Vorwärtsmodellierung imValidierungszeitraum ein mittlerer Fehler und ein mittlerer quadratischer Fehler von jeweilsknapp über 0,5°C erreicht werden. Diese Genauigkeit ist für ökologische Zielsetzungen in derRegel ausreichend. Es hat sich gezeigt, daß die Modellierung einen kleineren Zeitschrittverwenden sollte, als die Anforderungen an das Endergebnis oder die Ausgangsdatennahelegen. So können die zu zeitige oder verzögerte Reaktion des Modells und darin bedingtenegative Effekte wie überschätzte Wärmeeinflüsse (und als Ergebnis ein instabiles Modell)weitestgehend vermieden werden.

Das Teilmodell muß sich nun noch über wirklich lange Zeiträume von mehr als dreiMonaten bewähren. Insbesondere die Reaktion im Winter (bei Bodenfrost) könnte zu nocheinmal erhöhten Fehlern führen. Diese Validierung würde aber den zeitlichen Rahmen desProjekts sprengen, zumal die HWS Jenzig nur bis Ende November gearbeitet hat, also nur diedrei Monate kontinuierlicher Daten zur Verfügung stehen.

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11 Modellierung der Bodentemperaturenaus der Energiebilanz

11 Modellierung der Bodentemperaturenaus der Energiebilanz

In diesem Kapitel soll nun die Synthese der Ergebnisse der vorangegangenen Kapitelvollzogen werden. Es gilt, aus den Wetterdaten der Station Biodiv die Bodentemperatur an derHWS Jenzig zu berechnen. Sollte dies mit akzeptablem Resultat gelingen, wäre dies einwichtiger Schritt zur Regionalisierung der Bodentemperatur auch für die anderen Standorte.Eine Modellierung für diese Standorte kann in dieser Arbeit zwar nicht mehr durchgeführtwerden, wäre dann aber prinzipiell denkbar.

11.1 GrundlagenDie im vorangehenden Kapitel modellierte Strahlungsbilanz bildete nun eine der Eingangs-größen für die Energiebilanzmodellierung. Das Ergebnis, also die Bodenoberflächen-temperatur T2, wurde dann genutzt, um die Temperaturen der tieferliegenden Schichten mitdem in Kapitel 10 vorgestellten Modell zu berechnen. Diese wurden dann wie zuvor mit dengemessenen Temperaturen an der HWS Jenzig verglichen. Die Fehler in den einzelnenSchichten wurden in diesem Versuch gewichtet, wobei die oberste Bodenschicht die höchsteGewichtung erhält, während Fehler in den niedrigeren Bodenschichten geringer gewichtetwerden.

Außer der Strahlungsbilanz gehen in die Energiebilanz nach Gleichung 4b auch derfühlbare Wärmefluß zwischen Boden und Atmosphäre sowie der latente Wärmefluß, also dieVerdunstung, ein. Beide sind schwer quantitativ zu modellieren, und mit den zur Verfügungstehenden Meßgrößen erscheint eine physikalisch basierte Modellierung nahezu unmöglich.Deshalb wird in diesem Versuch eine semiempirische Vorgehensweise getestet, in der jeneMeßgrößen, die die Wärmeflüsse beeinflussen, in die Modellierung einbezogen werden –wenngleich nicht exakt in der Form, die physikalische Gleichungen nahelegen.Die am schwierigsten quantitativ zu erfassende Größe stellt die Verdunstung dar. Zwarexistieren etliche mehr oder weniger genaue Formeln zur Verdunstungsberechnung, welchezum Großteil in der Publikation „Ermittlung der Verdunstung von Land- und Wasserflächen“des DVWK zusammengefaßt sind. Ihr größtes Problem ist jedoch, daß nahezu alle nur dieVerdunstung auf Tages- oder sogar Monatsebene prognostizieren können; in dieser Arbeitwerden jedoch zehnminütige Werte benötigt. Die Formeln nutzen des weiteren oft dasVerhältnis gemessener zu potentieller Sonnenscheindauer oder den Bedeckungsgrad; beidesist in dieser Arbeit eher ungeeignet, um den Einfluß der Globalstrahlung zu parameterisieren.

Es existieren jedoch erfreulicherweise auch Formeln, die für den Einsatz mit Wetter-stationen und Daten höherer zeitlicher Auflösung entwickelt wurden. Folgende Gleichung fürdie potentielle Verdunstung von Landflächen ist für zehn- oder dreißigminütige Mittelwerteautomatisch meßbarer Größen geeignet (DVWK 1996 :38, Gl. 6.15):

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11 Modellierung der Bodentemperaturenaus der Energiebilanz

hV=gT⋅Δ tL '

⋅0,6⋅RG37,6⋅11,08⋅vW ⋅1− U100 (26)

mit gT=s

s '≈2,3⋅ T22

T123 (27)

hV Verdunstungshöhe [mm ]Δ t Zeitschritt [s]L ' spezifische Verdunstungswärme [J /kg]RG mittlere Globalstrahlung im ZeitraumvW mittlere Windgeschw. in 2 m Höhe [m /s]U mittlere Luftfeuchte[%]

gT Temperaturfunktions Steigung der

Sättigungsdampfdruckkurve ' Psychrometerkonstante (0,65 hPa/K)T Lufttemperatur in 2 m Höhe [°C ]

Dazu werden zwei weitere temperaturabhängige Größen benötigt (DVWK 1996: 3 bzw. 82):

L '=2498−2,420⋅T EO/°C kJ /kg (28)

s=∂eS

∂T=eS⋅

4284243,12T EO

2(29)

eS Sättigungsdampfdruck [hPa ] T EO Erdoberflächentemperatur [°C]

Aus der Verdunstungshöhe (Formel 26) ergibt sich schließlich die latente Wärmestromdichte,wie im folgenden hergeleitet wird:

EV =L⋅V V

qlat =L⋅V V /A⋅Δ t =L⋅hV /Δ t=L '⋅ϱ⋅hV /Δ t

(30a)(30b)(30c)

EV Verdunstungsenergie[J ]L spezielle Verdunstungswärme [J /m3]L ' spezifische Verdunstungswärme [J /kg]V V verdunstetes Wasservolumen [m3]

qlat latente Wärmestromdichte [W /m2]A Fläche[m2]hV Verdunstungshöhe [mm ]ϱ Dichte von Wasser≈1 kg /dm3

Setzt man Gleichung 26 in Gleichung 30c ein, entfallen die spezifische Verdunstungswärmesowie das Zeitintervall und man erhält:

qlat=ϱ⋅ ss '

⋅0,6⋅RG37,6⋅11,08⋅vW ⋅1− U100 (31)

Die durch die Verdunstung hervorgerufene Temperaturänderung des Bodens ergibt sichrechnerisch zu:

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11 Modellierung der Bodentemperaturenaus der Energiebilanz

ΔT EOV =qlat⋅Δ t /cV⋅h (32)

ΔT EOV Temperaturänderung durch Verdunstung[K ]

qlat latente Wärmestromdichte [W /m2]cV volumetrische Bodenwärmekapazität [J /m3⋅K ]

Δ t Zeitdauer [ s]h Höhe der abzukühlenden

Bodenschicht [m ]

Die volumetrische Bodenwärmekapazität ist nicht bekannt, wird aber im Rahmen dieserArbeit vereinfacht als zeitlich konstant angesehen. Damit wäre die gesuchte Temperatur-änderung proportional zur spezifischen Verdunstungswärme qlat. Der ProportionalitätsfaktorΔ t /cV⋅h wird im Rahmen der Kalibrierung als ein zusätzlicher Parameter E behandelt.

Für die Temperaturänderung durch den fühlbaren Wärmefluß wurde der in dieser Arbeit fürden Boden bereits erfolgreich getestete Ansatz der „Wärmeeinflüsse“ ' (vgl. Formel 23 und 25) analog wieder verwendet. Dabei wird hier ' allgemeiner durch einen Proportionalitäts-

faktor C beschrieben. Der eingefügte Windterm 1vWD trägt dem Fakt Rechnung, daß sichbei erhöhter Windgeschwindigkeit auch die Wärmeübertragung zwischen Luft und Bodenbeschleunigt. Unter verschiedenen getesteten Gleichungen brachte diese Parametrisierung diebesten Ergebnisse (vgl. dazu auch den Windterm in Gleichung 26). Es wurde somit folgendeeinfache empirische Formel entwickelt:

Δ T G , t=C⋅T Luft , t−1−T 2, t−1⋅1vWD (33)

ΔT G Temperaturänderung durchden Bodenwärmestrom [°C ]

vW Windgeschwindigkeit [m /s]

T Luft ,T 2 Luft- und oberste BodentemperaturC , D empirische Parameter

Konvektion und Turbulenz werden damit nicht explizit modelliert, sondern schlagen sichlediglich gemittelt in den zu optimierenden Parametern C und D nieder. Gleiches gilt für dieGrasvegetation. Implizit bedeutet das, daß vereinfachend eine konstante Vegetations-bedeckung für das gesamte Jahr angenommen wird. Wie ' , ist auch C nicht auf Modell-durchläufe mit Zeitschritten anderer Länge übertragbar.

Derzeit wird als TLuft noch die tatsächlich an der HWS Jenzig, also am zu modellierendenStandort, gemessene Lufttemperatur eingesetzt. In der Zukunft sollte hier auch eineRegionalisierung der Lufttemperatur entwickelt werden, die die Höhenabhängigkeit (ROSCHER

2000: 8) sowie die Einflüsse der Lokalwinde einbeziehen müßte. Dies konnte in dieser Arbeitnicht mehr durchgeführt werden.

Schließlich geht in die Formel die Strahlungsbilanz ein. In Analogie zu den Überlegungenbeim latenten Wärmestrom (Formel 32) ist auch die durch die Strahlung induzierteTemperaturänderung proportional zur Strahlungsbilanz Rn.

Die iterative, empirische Gesamtformel für die Oberflächentemperatur im Modell lautet so:

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11 Modellierung der Bodentemperaturenaus der Energiebilanz

T 2, t=T 2, t−1A⋅Rn, reg.B⋅T 4, t−1−T 2, t−1C⋅T Luft , t−1−T 2, t−1⋅1vWDE⋅qlat (34)

T 2 als Oberflächentemp. im Modell [°C]T 4 Bodentemperatur in 4 cm Tiefe[°C]T Luft Luftttemperatur in 2 m Höhe[°C]A ... D empirische Parameter

Rn regionalisierte Strahlungsbilanz [W /m2]vW Windgeschwindigkeit in 2 m Höhe [m /s]qlat latente Wärmestromdichte [W /m2]

Es versteht sich von selbst, daß diese Gleichung nicht optimal ist: Die Pflanzen-transpiration wird nicht explizit berücksichtigt, genausowenig wie die sich jahreszeitlichändernde Bedeckung und die variable Bodenfeuchte, die die Bodenwärmekapazität und dasWasserangebot für die Verdunstung bestimmt. Zudem stand nur die Windgeschwindigkeit in4 m Höhe, nicht jedoch in 2 m Höhe, als Meßdaten zur Verfügung. Es wurde aber vermutet,daß ein Teil dieser Fehler durch die fünf empirischen Parameter teilweise kompensiert werdenkann. So wurde entschieden, die Formel praktisch im Modell zu testen.

11.2 Durchführung und ErgebnisseWie bereits bei der Bodentemperaturmodellierung wurde der Zeitraum Juli-August (konkretdiesmal 22.7.-30.8.) zur Kalibrierung genutzt. In diesem Zeitraum liegen alle benötigtenMeßdaten der WS Biodiv zur Berechnung sowie die Bodentemperaturen der HWS Jenzig zurFehlerberechnung vor. Die Validierung mit den gefundenen Parametern erfolgte anschließendin den drei Monaten September bis November (3.9.-30.11.).

Als Qualitätsmaß für die Optimierung galt wiederum die Summe ee ² , aber diesmal

mit der Gewichtung e=∣e2∣0,9⋅∣e4∣0,8⋅∣e8∣0,7⋅∣e16∣0,5⋅∣e32∣0,3⋅∣e64∣ . Die quadratischenFehler wurden äquivalent gewichtet.

Die Anfangstemperaturen der beiden synthetischen Schichten T128 und T256 konnten fürKalibrierung wie Validierung recht problemlos geschätzt werden. Sie wirken sich zudemkaum auf das Ergebnis aus.

Es wurden insgesamt 19 Parameter durch die inverse Modellierung optimiert: die 14Wärmeeinflüsse der Bodenschichten T4 bis T256 sowie die fünf Parameter A-E ausGleichung 34. Als Resultate ergaben sich die Werte der Tabellen 14 und 15.

Im Validierungszeitraum wird also für die Oberflächentemperatur T2 ein mittlererAbsolutfehler von 0,99 erreicht. Interessant zur Beurteilung des Ergebnisses ist auch, dieResultate für die drei Monate des Testzeitraums separat zu betrachten. Große Unterschiedebestehen nicht, jedoch wird im November aufgrund der geringeren Tagesamplituden miteinem mittleren Absolutfehler von 0,87°C erwartungsgemäß das beste Ergebnis erreicht,während dieser Fehler im September und Oktober 1,05°C bzw. 1,06°C beträgt. Auch imgewichteten Mittel aller Bodentiefen schneidet der November am besten, der Oktober amschlechtesten ab.

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11 Modellierung der Bodentemperaturenaus der Energiebilanz

Tab. 14: Ergebnisse der Kalibrierung für die Modellierung der Energiebilanz. Die Werte für ' wurden zurbesseren Darstellung in der Tabelle mit 1000 multipliziert, sind also in ‰ angegebenZeitraum '2⇒4 '8⇒4 '4⇒8 '16⇒8 '8⇒16 '32⇒16 '16⇒32 '64⇒32 '32⇒64 '128⇒64 '64⇒128 '256⇒128 '128⇒256 '512⇒256

Juli-Aug. 1103 507 166 125 35,77 22,87 10,03 5,44 3,07 2,22 0,55 0,26 0,36 0,72A B C D E

Juli-Aug. 0,00402 0,2716 0,0437 0,654 0,00123

Tab. 15: Ergebnisse für die Fehler bei der Energiebilanzmodellierung.* Die letzte Spalte gibt das als Qualitätsmaß genutzte gewichtete Mittel über alle Tiefen wieder (siehe Text).

ID T2 T4 T8 T16 T32 T64 Ø*Kal.Juli-Aug.

e 0,81 0,64 0,41 0,23 0,11 0,17 1,98e² 1,40 0,77 0,28 0,08 0,02 0,04 2,38ee ² 1,99 1,52 0,93 0,51 0,25 0,37 3,52

Val.Sept.-Nov.

e 0,99 0,82 0,65 0,46 0,33 0,38 2,86e² 1,94 1,27 0,73 0,34 0,16 0,19 3,91ee ² 2,39 1,95 1,51 1,05 0,72 0,82 4,83

11.3 FazitDas vorgestellte Energiebilanzmodell ist also in der Lage, bei bekannter Lufttemperatur dieErdoberflächentemperatur über mehrere Monate hinweg mit rund 1°C Genauigkeit zusimulieren. Diese Genauigkeit ist für ökologische Fragestellungen in der Regel ausreichend.Allerdings ist dieses erstaunlich gute Ergebnis wohl teilweise eben darauf zurückzuführen,daß noch die Lufttemperatur in 2 m Höhe am zu berechnenden Standort in das Modelleingeht. Da es vermutlich nicht möglich ist, diese ganz exakt zu simulieren, würde sich beieiner Regionalisierung derselben der Fehler des Modells erhöhen.

Das Ziel, ausschließlich regionalisierte Daten horizontaler Wetterstationen zur Simulationder Temperaturen geneigter Hänge zu verwenden, konnte damit aber in dieser Arbeit nochnicht ganz erreicht werden.

Die separate Betrachtung der Ergebnisse der drei Validierungsmonate hat gezeigt, daß dasModell über die Zeit stabil bleibt und auch in Monaten mit hohen Tagesamplituden wie imSeptember 2004 gute Ergebnisse erzielt.

Derzeit werden im Modell hydrologische und botanische Einflüsse wie wechselndeBodenfeuchte und jahreszeitlich wechselnder Bedeckungsgrad noch nicht beachtet, was dieGenauigkeit der Ergebnisse begrenzt. Auch ist das Modell in den Wintermonaten nichteinsetzbar, solange eine eventuelle Schneebedeckung generell nicht berücksichtigt wird. Daderzeit auch keine Winter-Meßdaten vorliegen, können somit über die Wintertemperaturen anden Muschelkalksteilhängen noch keine Aussagen getroffen werden.

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12 Ergebnisse und Ausblick

12 Ergebnisse und Ausblick

12.1 Methodische ErgebnisseDie bezüglich der Methodik gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen lassen sich wie folgtzusammenfassen.• Der Einsatz zuverlässiger, genauer und praktisch getesteter Datalogger kann viel Zeit und

Aufwand ersparen. Es wäre wünschenswert, wenn für zukünftige Arbeiten dieser ArtDatalogger existierten, die eine Genauigkeit von 0,1°C (max. 0,2°C) und eine Drift vonmaximal 0,2°C/a besitzen. Die Batterie sollte durch den Nutzer zu wechseln sein, und eineBatteriestandsanzeige ist absolut notwendig. Ein berührungsfreies Auslesen vergrabenerLogger und ein Beibehalten des Meßtakts beim Auslesen wären wünschenswert. Einexponierterer Meßfühler könnte die Reaktionszeit auf weniger als eine Minute verringern.

• Die Funktionstests, die im Zuge der Kalibrierung mit allen Geräten durchgeführt wurden,haben sich deutlich positiv ausgewirkt und haben beispielsweise die Ausfallquote derStowAway-Logger in Grenzen gehalten. Damit sind derartige Tests – selbst unter großemZeitdruck – als unumgänglich zu betrachten. Fehlende Funktionstests haben auch in dieserArbeit zu Problemen geführt: Beispielsweise, als nach dem Errichten derHangwetterstation der falsch angeschlossene Temperatur-/Feuchtefühler und der seltsam„regungslose“ Windrichtungsgeber nicht gleich erkannt wurden, da das zur Überprüfungbenötigte Notebook nicht einsetzbar war.

• Für die Kalibrierung der Datalogger hat sich neben der Kalibrierung bei Zimmertemperaturdie „Whirlpool“-Methode am besten bewährt, bei der die Logger in einem bewegtenWasserbad schwimmen. Damit läßt sich ein Temperaturbereich von 0°C bis ca. 45°Cabdecken. Durch das bewegte Wasser wird eine gleiche Temperatur für alle Loggererreicht. Die trockene Kalibrierung in Heiz- oder Kühlschränken sowie Kühltruhen brachtekeine befriedigenden Ergebnisse, da dort keine räumlich homogene Temperatur herrschte.

• Die während des Projekts genutzte Wettercam hat sich als wertvolles meteorologischesHilfsmittel erwiesen, das die Daten der Wetterstationen zwar nicht ersetzen, aber hervor-ragend ergänzen konnte. Es war nicht nur möglich, Wolkentypen zu bestimmen und ihrenBedeckungsgrad abzuschätzen. Auch andere meteorologische Phänomene konnten erkanntwerden: Nebel und Dunst auch nachts am diffusen Licht der Straßenlaternen, Regen undNieselregen durch veränderte Reflexion des Asphalts und von Metallplatten sowie dieIntensität der direkten Strahlung an der Stärke des Schattenwurfs von Bäumen.Am günstigsten ist eine ungefähr nach Norden ausgerichtete Kamera.

• Die Modellierung in einer Tabellenkalkulation stellte sich als durchaus lohnende Alter-native zur Programmierung in einer der etablierten Programmiersprachen wie Java dar. Siebietet die Vorteile, daß keine Programmiersprache erlernt werden muß und die Fehlersuche

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12 Ergebnisse und Ausblick

vergleichbar einfach ist. Meist liegen die Eingangsdaten bereits in der Tabellen-kalkulationen vor, und die Ergebnisse können direkt für Grafiken und weitere Statistikenverwendet werden. Änderungen am Modell sind in Sekunden erledigt. Insofern hat sichdieser Ansatz als ideal zur Entwicklung von Modellprototypen erwiesen.Diese Art der Modellierung erfordert aber bei großen Datenmengen sehr viel Hauptspeicherund ist auch nicht für alle Modelltypen geeignet. Ist das Modell oder Modul ausgereift undsoll mit anderen verknüpft werden, ist eine Portierung, z. B. auf Java, empfehlenswert.

12.2 Inhaltliche ErgebnisseDas Ziel, Daten für die Untersuchung der Strahlungs- und Energiebilanz auf denMuschelkalksteilhängen um Jena bereitzustellen, wurde erreicht, auch wenn die Temperatur-daten der eingesetzten Logger trotz Kalibrierung keine ideale Qualität und Präzision besitzenund von den ursprünglich 75 Loggerzeitreihen (an 25 Standorten) nur 53 nutzbar sind. Zudemwirkte sich die unterschiedliche Tiefe der Logger im Boden erschwerend bei der Auswertungaus. Trotzdem konnten durch die recht große Anzahl der Logger statistische Zusammenhängeausreichend sicher erkannt werden. Demnach ist in den Sommermonaten Juni und Juli (z. T.bis August) durch die nahezu gleiche Globalstrahlungssumme trotz verschiedener Expositionund Inklination kein Zusammenhang zur Bodentemperatur feststellbar, im Winter ergeben sichjedoch deutlich positive Regressionsparameter mit Korrelationen um 0,7 für Tagesminimum,-mittelwert und -maximum. Die Anstiege der Temperatur in Abhängigkeit von dermonatlichen realen Globalstrahlung sind dann bei Mittelwert und Maximum für sonnige Tagedrei Mal so groß wie für bedeckte Tage und betragen über 1°C pro zusätzlicher kWh/m² in derMonatssumme. Bei der Minimumtemperatur ist die Regression hingegen wetterunabhängigmit einem Anstieg von ~0,4°C/(kWh/m²).

Damit stehen jetzt erstmals quantitative Aussagen über die Absolutwerte der Boden-temperatur in 5 cm Tiefe und die Zusammenhänge mit der Witterung und der Ausrichtung derHänge für die betrachteten (Halb)Trockenrasenstandorte zur Verfügung.

Zur Gewinnung der potentiellen und realen Globalstrahlung wurde das StrahlungsmodellGRad entwickelt, das eine teilweise Java-Portierung des Modells r.sun darstellt. Es konntegezeigt werden, daß das Modell zuverlässig arbeitet und bis auf Detailprobleme mit derisotropen/anisotropen diffusen Strahlung plausible Ergebnisse liefert, die sich im praktischenEinsatz bewährt haben. Daß das Modell die Horizontüberhöhung nicht berücksichtigt, spieltefür diese Arbeit nur eine unwesentliche Rolle, da sich die betrachteten Standorte bevorzugt amOber- und Mittelhang befanden.

GRad ist gegenüber den vorgestellten bisherigen Strahlungsmodellen sehr einfach undflexibel nutzbar, da es kein GIS-System voraussetzt. Auch ist es in der Lage, bei bekanntemclear sky index die reale Globalstrahlung (für ggf. bewölkten Himmel) auf geneigten Hängen

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12 Ergebnisse und Ausblick

zu berechnen. Durch seine Java-Schnittstellen und den offenen Quellcode ist es zudemflexibel erweiterbar. Es ist jedoch zur Zeit noch nicht für flächendeckende Regionalisierungenmit Hilfe eines digitalen Höhenmodells nutzbar wie beispielsweise das Modell „r.sun“.

Die extra für diese Arbeit eingerichtete Hangwetterstation konnte mit ausreichenderQualität Wetter- und Bodentemperaturdaten für einen fast typischen südexponierten Rasen-standort liefern. Diese wurden erfolgreich eingesetzt, um Ansätze der mit zehnminütigenDaten zeitlich hochaufgelösten Strahlungsbilanz- und Bodentemperaturmodellierung zuentwickeln und zu testen. Dabei wurden aus den Meßdaten mittels inverser Modellierungbeispielsweise die „Wärmeeinflüsse“ (abgeleitet aus dem Wärmediffusionsvermögen) sowieParameter der Strahlungs- und Energiebilanz gewonnen. Diese wurden anschließend in einemTestzeitraum zur Vorhersage der Bodentemperaturen eingesetzt. Es wird erwartet, daß dieentwickelten Modellmodule für geographische und ökologische Zwecke weit einsetzbar sind.Sie bieten jedoch auch Raum für Verbesserungen. Es hat sich beispielsweise gezeigt, daß dieEinbeziehung der Wasserbilanz die Modellierung verbessern könnte, da feuchte und trockeneBöden unterschiedliche Wärmediffusivitäten besitzen. Bei der reinen Modellierung derBodentemperatur wurden über drei Monate Fehler von etwas über 0,5°C erreicht. Bei derModellierung der Strahlungsbilanz geneigter Hänge lagen die Fehler bei 33 W/m², da es nichtmöglich war, die langwelligen Strahlungskomponenten ausreichend genau zu regionalisieren.

In die Modellierung der Bodentemperatur über die Energiebilanz gingen die Einflüsse derStrahlungsbilanz, der Evaporation, der Rückkopplung über die Bodentemperatur und auch derEinfluß der Lufttemperatur ein. Letztere wurde noch nicht regionalisiert, sondern es wurdennoch die am Standort gemessenen Werte verwendet. Als Resultat ergaben sich über die dreiMonate des Validierungszeitraums von September bis November ein mittlerer Absolutfehlervon 1°C und ein mittlerer quadratischer Fehler von 1,94°C. Unter den gegebenenBedingungen wird das als gutes Ergebnis angesehen.

Die durchgeführte Modellierung bedeutet insofern einen Fortschritt, als daß erstmals dergenaue Bodentemperaturverlauf während des Tages in Abhängigkeit vom realen Wettersimuliert wird und dafür keine aufwendige Instrumentierung mit Meßtürmen oder 3D-Ultraschallanemometern verlangt wird. Eine repräsentative Wetterstation mit separaterMessung der meteorologischen Standardgrößen, der separaten Strahlungsbilanzkomponentensowie zusätzlich entweder der direkten oder diffusen Globalstrahlungskomponente istausreichend.

Allerdings werden zur Kalibrierung der empirischen Parameter wie beispielsweise derTemperatureinflüsse ' reale Bodentemperaturmeßdaten benötigt, die während der Sommer-monate mittels eines kleinen Bodentemperaturprofils gewonnen werden müssen. Ob und wiegut diese Parameter auf andere Standorte mit gleichen Böden oder gar anderen Bodentypenübertragbar sind, ist derzeit noch nicht bekannt.

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12 Ergebnisse und Ausblick

Natürlich konnten im Rahmen dieser Diplomarbeit nicht alle Fragestellungen beantwortetund die gewonnenen Daten nicht hinsichtlich aller möglichen Aspekte ausgewertet werden.Dies war aber auch nicht Ziel der Arbeit. Die Grundlagen für weiterführende Arbeiten undökologische Anwendungen der Ergebnisse sind jedoch gelegt.

12.3 Ausblick und offene FragenDer Spruch „Mit der Beantwortung einer Frage entstehen zehn neue“ hat auch in diesemProjekt seine Gültigkeit bewiesen. Folgende Fragestellungen konnten im Rahmen dieserArbeit nicht oder nicht ausreichend bearbeitet werden, könnten aber gegebenenfalls zurVerbesserung des Verständnisses und der Ergebnisse beitragen:1. Welche Ergebnisse lassen sich mit dem Bowen-Ratio-System der WS Biodiv erzielen?

Sind damit ausreichend genaue Berechnungen von latentem und sensiblem Wärmeflußmöglich und können diese verwendet werden, um die Modellierungsergebnisse für dieEnergiebilanz zu verbessern?

2. Hält das Strahlungsmodell einer praktischen Validierung mit Pyranometermeßdaten imgeneigten Gelände stand?

3. Kann das Strahlungsmodell derart verbessert werden, daß die beobachteten Artefakte amgeneigten Horizont beseitigt werden? Kann die anisotrope Himmelsstrahlung noch genauermodelliert werden – beispielsweise auch unter Einbeziehung von Wolkendaten?

4. Gibt es bessere Möglichkeiten, die Strahlungstemperatur und somit die Ausstrahlung derbetrachteten Standorte wie beispielsweise der HWS Jenzig zu simulieren?

5. Welche Einflüsse besitzen die Bodenbedeckung der (Halb-)Trockenrasenhänge und diedortigen Lokalwinde auf die Bodentemperaturverläufe?

6. In wieweit kann die Koppelung mit einem Bodenfeuchte- und Schneemodell das Ergebnisverbessern?

Wie bereits eingangs erwähnt wurde, sind außer der Globalstrahlung und der Bodentemperaturauch andere Standortfaktoren für die Ausbreitung und Persistenz bestimmter Spezies vonBedeutung. Die Hydrologie wurde mangels Sensorik nur marginal betrachtet, genauso wieauch die Bodenchemie nicht Thema der Arbeit war. Selbst wenn alle Flächen einen relativhohen pH-Wert besitzen, könnten doch Unterschiede vorhanden sein, welche ursächlich dieeine oder andere Pflanzen- oder Tierart begünstigen. Vielleicht haben sogar die Windstärkeund die Luftqualität um Jena Auswirkungen auf die Fauna und Flora. Zukünftige Arbeitenkönnten auch diese Fragen untersuchen.

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13 Quellen

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13 Quellen

13.2 Webseiten und Spezifikationen der SensorherstellerFa. anemometerbau GmbH Rostock: <http://www.anemometerbau.de>

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Fa. Lambrecht: <http://www.lambrecht.net/de/html/Home_17.php>Produkte: <http://www.lambrecht.net/de/html/Produkte_10.php>

Fa. MC Systems (1996): MCS 177-3 Wind speed sensor – Users manual.Fa. Onset Applications (2004): Optic StowAway Temp logger.

<http://www.onsetcomp.com/Products/Product_Pages/temperature_pages/optic_stowaway_logger.html>Fa. Windspeed Limited ("Vector Instruments"): <http://www.windspeed.co.uk/ws/>

Stand aller Internetquellen: 18.12.2004

13.3 DatenquellenDatensatz Quelle

Wetterdaten der WetterstationSaaleaue (WS Biodiv) undMPI-Dach (WS MPI)

Max-Planck-Institut für Biogeochemie, Jena. Datenerhebung: Dr. Olaf Kolle.<http://www.bgc-jena.mpg.de/wetter/> (Stand: 15.12.2004)

Wetterdaten der WetterstationFachhochschule (WS FH)

Fachhochschule Jena. Datenarchivierung: Dipl.-Phys. Bernhard Kühn <http://wetter.mb.fh-jena.de/station/> (Stand: 15.12.2004)

Wetterdaten der Hangwetter-station Jenzig (HWS Jenzig)

Eigene Erhebung.

Bodentemperaturen derMuschelkalksteilhänge

Eigene Erhebung.

Linkesche Trübung für Jena PV-GIS, <http://re.jrc.cec.eu.int/pvgis/solradframe.php> (Stand: 15.12.2004)

Kartengrundlagen,Koordinaten und Höhen

Thüringer Landesvermessungsamt (2000): Top50-CD-ROM.<http://www.thueringen.de/de/vermessung/allgemeines/aktuelles/index.html>(Stand: 15.12.2004)

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14 Verwendete Formelzeichen

14 Verwendete FormelzeichenBezüglich der Formelzeichen und Einheiten dieser Arbeit wurde ein Kompromiß eingegangen– zwischen korrekter Handhabung im Sinne der DIN (u. a. DIN 1304, 1358) und guterLesbarkeit durch die an vorangegangene Arbeiten (wie z. B. DVWK 1996) angelehntenSymbole und Einheiten.

Generell müssen in Strahlungs- und Energiebilanzgleichungen drei Formen getrenntwerden:• Die Beschreibung eines Momentanzustands oder zeitlich gemittelten Zustands mit

Strahlungsflußdichten und Wärmestromdichten in W / m² oder J / (s · m²).• Die Beschreibung der Strahlungsumsätze in einem gegebenen Zeitraum, aber weiterhin pro

Fläche, durch die „Bestrahlung“ (nach DIN 1304) in Wh / m² oder J / cm².• Die Beschreibung der Gesamtenergieumsätze für einen bekannten Zeitraum und eine

bekannte Flächengröße als Energie in Joule.In dieser Arbeit wurde vorrangig der erste Ansatz verfolgt.

Tab. 16: Verwendete griechische Formelzeichen

Formel-zeichen

Einheit deutsche/englischeBezeichnung

Kommentar

- kurzwellige Albedo, shortwave albedo Reflexionsvermögen einer Oberfläche

- Bowen-Verhältnis, Bowen ratio Verhältnis fühlbarer zu latenter Wärmestrom

rad Inklination (Hangneigung), inclination

' [hPa /K ] Psychrometerkonstante,psychrometer constant

=0,65 hPa /K

- Emissivität des Bodens,soil emissivity

definiert nach der Stefan-Boltzmann-Gleichung

[m²/s] Wärmediffusivität, Diffusionsvermögenthermal diffusivity

' [1/s] definiert als Wärmeeinfluß abgeleitet aus

[ Wm⋅K ] Wärmeleitfähigkeit des Bodens,

soil thermal diffusivity

[ Wm2⋅K4 ] Stefan-Boltzmann-Konstante,

Stefan Boltzmann constantauch: Standardabweichung

=5,669⋅10−8 W /m2⋅K4

rad Exposition, aspect Nord = 0°, Ost = 90° usw.

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14 Verwendete Formelzeichen

Tab. 17: Verwendete lateinische Formelzeichen

Formel-zeichen

Einheit deutsche/englischeBezeichnung

Kommentar

C - Bedeckungsgrad, cloud fraction wenn in Okta, dann 1 Okta = 1/8 usw.

cp, Luft[J /kg⋅K ] spezifische Wärmekapazität der Luft,

specific heat capacity of the air=1005 J /kg⋅K , gilt bei konstantem Druck

cv [J /m3⋅K ] volumetrische Bodenwärmekapazität,volumetric soil heat capacity

eS[hPa] Sättigungsdampfdruck,

saturation water vapour pressure

hV[mm] Verdunstungshöhe,

height of evaporation

L [ Whm2⋅mm] spezielle Verdunstungswärme, Wärmemenge, die pro m² nötig ist um 1 mm

Wassersäule zu verdunsten, temperaturabhängig

L ' [J/kg]= [Ws/kg]

spezifische Verdunstungswärme,specific heat of evaporation

Energie zum Verdunsten (nicht Verdampfen!)von 1 kg Wasser, temperaturabhängig,vgl. „spezifische Verdampfungswärme“ qV

Ø Durchschnitt, mean, average

q [W/m²] Wärmestromdichte, heat flux density

qeva [W/m²] Wärmestromdichte der Evaporation

qG [W/m²] Bodenwärmestromdichte,soil heat flux density

qH [W/m²] Wärmestromdichte zur Atmosphäre

qlat [W/m²] latente Wärmestromdichte,latent heat flux density

q therm [W/m²] fühlbare Wärmestromdichte,sensible heat flux density

qtrans [W/m²] Wärmestromdichte der Transpiration

qV [J/kg] spezifische Verdampfungswärme,specific heat of vapourization

Energie zum Verdampfen bei Siedetemperatur,für Wasser ≈4186 J /kg⋅K

R [W/m²] Strahlungsflußdichte, irradiance Energieumsatz in Abh. von Zeitabschnitt undFlächengröße, beschreibt Momentanzustand

Rges[Wh/m²]oder [J/cm²]

Bestrahlung, irradiation, Energieumsatz bei gegebenem Zeitabschnitt,abhängig von Flächengröße

RA[W/m²] Ausstrahlung, LWUR,

longwave emission

RB[W/m²] direkte Strahlung, beam radiation

RB , ⊥[W/m²] normal einfallende direkte Strahlung,

normal beam radiationfür reale Wetterbedingungen

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14 Verwendete Formelzeichen

RB0 , ⊥[W/m²] potentielle, normal einfallende,

direkte Strahlung,clear sky normal beam radiation

für wolkenfreien Himmel

RD[W/m²] diffuse Strahlung, diffuse radiation

RG[W/m²] Globalstrahlung, SWDR,

global radiation

RG,ges[Wh/m²] Globalstrahlung, SWDR,

global radiationals Bestrahlung über einen gegebenen Zeitraum,siehe oben.

RH[W/m²] Gegenstrahlung, LWDR,

longwave atmospheric radiation

Rn[W/m²] Strahlungsbilanz, net radiation

RR[W/m²] Reflexstrahlung, SWUR, ground

reflected shortwave radiation

RR'[W/m²] Reflexstrahlung vom Gegenhang,

incoming reflected radiationEintreffende Strahlung, die von der Umgebungdes betrachteten Punkts reflektiert wurde.

rH- Sichtbarer Anteil des Himmels

sky dome fraction, sky view factorfür geneigte Flächen ohne Berücksichtigungzusätzlicher Horizontüberhöhung

s [hPa/K] Steigung derSättigungsdampfdruckkurve

sLuft [g/kg] spezifische Luftfeuchte, specific humidity

T z , t [°C] Bodentemperatur, soil temperature in der Tiefe z [cm] zum Zeitpunkt t, wobei t jenach Kontext eine Zeit oder ein Zeitschritt seinkann

T Luft[°C] Lufttemperatur, air temperature in 2 m Höhe, wenn nicht anders angegeben

T EO[°C] Temperatur der Erdoberfläche,

soil surface temperature

T Str[°C] Strahlungstemperatur des Bodens,

soil radiation temperaturedefiniert nach der Stefan-Boltzmann-Gleichung,entweder gemessen oder mit angegebenerEmissivität berechnet

U [%] relative Luftfeuchte,relative humidity

vW[m/s] Windgeschwindigkeit, wind speed

z [cm] Bodentiefe, soil depth

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Korrekturen und Ergänzungen zur Diplomarbeit (Stand 26.1.2005)

1. Zwischen der Gleichung 12 und den in Tabelle 5 angegebenen Parametern besteht eineInkonsistenz bezüglich der Vorzeichen. Mit den angegebenen, teilweise negativen empirischenParametern muß die Gleichung lauten:

G=AB⋅cos ⋅sin C⋅sin D⋅ (12)

G Globalstrahlung für einen Zeitraum (>Woche) [kWh/m2 ]A ... D empirische Parameter

Hangexposition Hangneigung

Des weiteren soll an dieser Stelle noch einmal explizit betont werden, daß dieseNäherungsgleichung etliche Einschränkungen besitzt: a) Die Gleichung in dieser Form ist vermutlich nur für mittlere Breiten geeignet. b)Die angegebenen Parameter gelten wie beschrieben nur für den Jenaer Raum. c) Die Formel ist ungeeignet für die Berechnung der Strahlung auf stark geneigten nördlichen

Hängen im Winter (wenn diese keine oder kaum direkte Strahlung erhalten) sowie für sehrsteile Hänge mit ≥ 50° Neigung.

2. Zum Zeitpunkt der Abgabe dieser Arbeit (Januar 2005) besaß das in dieser Arbeit zum Vergleichherangezogene Strahlungsmodell der PV-GIS-Webseite noch einen Fehler, der zu völlig falschenErgebnissen für die Strahlungsflußdichte stark geneigter nördlicher Hänge führte. Dieser Fehlerist den betreffenden Autoren inzwischen bekannt und wird vermutlich in Kürze behoben.Es sei aber hervorgehoben, daß dieser Fehler keinen Einfluß auf die vorliegende Arbeit besitztund daß das in dieser Arbeit entwickelte Strahlungsmodell GRad nicht betroffen ist.

3. In Kapitel 6.1 (Seite 38) wird der clearness factor als äquivalent zum clear sky index erwähnt.Dank eines Hinweises von MARCEL ŠURI wurde erkannt, daß der Gebrauch der beiden Begriffedurchaus unterschiedlich ist. Wie auf <http://www.satellight.com/indexgG.htm> nachzu-vollziehen ist, ist der clear sky index das Verhältnis von realer horizontaler Globalstrahlung zupotentieller horizontaler Globalstrahlung, der clearness index (oder ~ factor) das Verhältnis vonrealer horizontaler Globalstrahlung zur extraterrestrischen Strahlung. Der clearness index beziehtdamit die Durchlässigkeit der gesamten Atmosphäre ein.

4. Die Berechnung der Steigung der Sättigungsdampfruckkurve (Formel 29, S. 73) erfolgt aus derLufttemperatur T, nicht der Bodentemperatur TEO. Die verwendete Quelle (DVWK 1996) wurdehier mißinterpretiert. Somit lautet die Formel 29 korrekt:

s=∂eS

∂T=eS⋅

4284243,12T 2 mit T als Lufttemperatur

5. In Kapitel 11 wurde für die Modellierung der Bodentemperatur noch die bekannte Luft-temperatur am zu modellierenden Standort vorausgesetzt und ein Fehler von 0,99°C in derValidierung erreicht.Inzwischen wurde auch versucht, die Lufttemperatur aus den Daten der WS Biodiv zusimulieren. Dies ist für den betrachteten Standort recht unproblematisch, da die Lufttemperaturender WS Biodiv und der HWS Jenzig sich nur um 1,5°C (mittlerer Absolutfehler) unterscheiden.

Page 98: Untersuchungen zur Strahlungs- und Energiebilanz an den ... · PDF fileIn this diploma thesis, the focus is on global radiation, the radiation balance, the energy balance and the soil

Wird die an der HWS Jenzig auf Muschelkalkschutt deutlich relevante Erwärmung der Luftdurch den Erdboden (der fühlbare Wärmefluß) simuliert, so läßt sich auf äußerst einfache Weiseeine Übereinstimmung von gemessener zu simulierter Temperatur von ~1°C erreichen. Damitwird also die Rückkopplung Lufttemperatur ↔ Bodentemperatur berücksichtigt. Wird nun die so„simulierte“ Lufttemperatur statt der gemessenen Temperatur in das Gesamtmodell eingesetzt,ergibt sich ein mittlerer Absolutfehler von 1,02°C für die drei Validierungsmonate: FürSeptember 1,30°C, für Oktober 0,68°C und für November 1,11°C.Dies relativiert sich allerdings dadurch, daß der maximale Fehler für T2 bei 8,2°C liegt; 5% derFehler für T2 liegen bei ≥2,86°C. Erste weitergehende Untersuchungen haben ergeben, daß fürdiese Fehler, die vorrangig an den heißen Strahlungstagen wie in diesem Fall im Septemberauftreten, vor allem die Energiebilanzsimulation (Kapitel 10) verantwortlich ist. Vermutlich istdie Vernachlässigung der Bodenfeuchtevariabilität ein Hauptgrund der Abweichungen.


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