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Der Auf-und Abstieg von Shaman Pharmaceuticals Inc

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Der Auf- und Abstieg von Shaman Pharmaceuticals Inc. 23. Oktober 2007 Linda Riediker Simon Nicolussi Alexander Bützberger Wahlfacharbeit Ethnopharmazie Masterstudium Pharmazeutische Wissenschaften ETH
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Der Auf- und Abstieg von

Shaman Pharmaceuticals Inc.

23. Oktober 2007

Linda Riediker

Simon Nicolussi

Alexander Bützberger

Wahlfacharbeit Ethnopharmazie

Masterstudium Pharmazeutische Wissenschaften ETH

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Aufgabenstellung In dieser Arbeit geht es darum, die Firmengeschichte von Shaman Pharmaceuticals Inc. und deren Umfeld zu betrachten. Dabei sollen einerseits Fragen nach der Firmenidee, Beweggründe für die Firmengründung und verfolgte Strategien bearbeitet werden. Andererseits werden die Probleme beleuchtet, auf die die Firma gestossen ist. Es wird aufgezeigt, wer sie unterstützt hat, von wem sie kritisiert wurde und wie sie sich, als der Untergang drohte, zu retten versuchte. Neben den Gründen des schlussendlichen Untergangs sollen auch die Auswirkungen des Scheiterns auf die nachhaltige Nutzung von biogenetischen Ressourcen und auf die ethnopharmazeutische Forschung ganz allgemein aufgezeigt werden.

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Inhaltsverzeichnis

Aufgabenstellung ............................................................................................... 2

Zusammenfassung ............................................................................................. 4

Einleitung ............................................................................................................ 5

Shaman Pharmaceuticals Inc. ........................................................................... 6

3.1 Gründung und Aufstieg der Shaman Pharmaceutials Inc.............................. 6

3.2 Beweggründe und Strategie des Unternehmens.......................................... 6

3.3 Wer hat Shaman unterstützt und wer nicht ? .............................................. 7

3.4 Das Scheitern von Shaman Pharmaceuticals Inc. ........................................ 8

Schlussfolgerungen und Diskussion................................................................ 10

Literatur ............................................................................................................ 12

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1. Zusammenfassung

Im Zusammenhang mit dem ethnobotanischen Ansatz und Bioprospecting zur Wirkstofffindung und Entwicklung wurden die Unternehmensstrategie und die Firmenidee, sowie der Verlauf der unternehmerischen Tätigkeit von Shaman Pharmaceuticals Inc. untersucht. Shaman Pharmaceuticals Inc. wurde 1989 in Süd San Fransisco, USA gegründet. Das Unternehmen war spezialisiert auf bioaktive Substanzen als Bestandteile von tropischen Pflanzen, deren Isolierung und Identifizierung mit Hilfe von indigenen Gesellschaften vereinfacht werden sollte. Im Gegenzug zum Wissenstransfer sollten die indigenen Gesellschaften Anteil am Gewinn und eine angemessene Entschädigung erhalten. Nicht nur die Entwicklung von neuen Medikamenten, sondern auch der Schutz der Biodiversität war für die Firma von zentraler Bedeutung. Nachdem erste experimentelle Erfolge mit den Produkten Provir und Virend erzielt wurden, wurde Shaman Pharmaceuticals Inc. von grossen Pharmafirmen unterstützt und man hat sich auf eine vielversprechende Zukunft gefreut. Viele Faktoren wie das Firmen- und das Branchenrisiko, sowie der Fortschritt anderer Technologien führten jedoch nach einigen Umstrukturierungen und Rettungsversuchen im Jahr 2001 zum Konkurs. Shaman Pharmaceuticals Inc. ist ein Beispiel einer gescheiterten Unternehmung, die mit Hilfe von Bioprospecting versucht hat, Leitsubstanzen für Arzneistoffe zu finden. Man kann aus ethnopharmazeutischer Sicht hoffen, dass das Beispiel nicht eine allzu stark abschreckende Wirkung auf Firmen hat, die ebenfalls den ethnobotanischen Ansatz der Wirkstofffindung verfolgen.

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2. Einleitung

Bioprospecting – manchmal leider nur eine Art Euphemismus des Begriffs der Biopiraterie – wird im Allgemeinen verwendet als die von der Pharmaindustrie finanzierte, systematische Suche nach genetischen Ressourcen. Welch grosser Wert in den noch unerforschten natürlichen Ressourcen zu stecken scheint, ist eigentlich allseits bekannt. Auch ist es keine Frage mehr, ob die beteiligten Länder überhaupt vom Gewinn von Produkten, welche auf ihrem Wissen basieren, zu profitieren haben oder nicht. Wie die Erforschung dieser Ressourcen aber ohne Benachteiligung von gewissen Gruppen sauber vonstatten gehen soll, ist schwer zu sagen. 1992 wurde die Convention of Biological Diversity (CBD) gegründet, welche folgende Ziele verfolgt: [1] a) Gewährleisten der Diversitätserhaltung b) Nachhaltige Nutzung der Biodiversität c) Angemessenes Teilen der Vorteile, welche aus der kommerziellen Verwendung dieser Güter resultieren Wie im Folgenden zu lesen sein wird, haben Shaman Pharmaceuticals Inc. schon vor der Gründung der CBD versucht, die beteiligten Länder und Völker miteinzubeziehen und sich stark gemacht für die Erhaltung der biologischen Diversität der Regenwälder. Durch die Gründung der Healing Forest Conservancy, eine unabhängige non-profit Gesellschaft, haben sie sich für die Unterstützung der Kulturen und Länder eingesetzt, welchen diese biologischen Ressourcen zustehen [2][3]. Somit hatte Shaman eine Vorreiterrolle inne, welche in den USA doch erwähnenswert ist, da diese die CBD bis heute nicht unterschrieben haben. Über Firmenaufbau, deren Ziele und Motivationen, Schwierigkeiten auf die sie gestossen sind, sowie deren Abstieg wird diese Arbeit Aufschluss geben.

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3. Shaman Pharmaceuticals Inc.[2]

3.1 Gründung und Aufstieg der Shaman Pharmaceutials Inc.[4][5]

Die Firma Shaman Pharmaceuticals Inc. wurde 1989 in Süd San Fransisco CA, USA von Lisa A. Conte als pharmazeutisches Unternehmen, spezialisiert auf Naturprodukte, gegründet[6]. Ziel der Unternehmung war es, mit ethnobotanischen Ansätzen die Entdeckung und Entwicklung neuer Arzneistoffe zu beschleunigen. Dazu fokussierte Shaman gezielt auf die Isolation von bioaktiven Inhaltsstoffen aus tropischen Pflanzen, welche eine traditionell medizinische Bedeutung in den Heilpraktiken verschiedener indigener Völker hatten. Um zu solchen biologischen Ressourcen zu gelangen, unterstützte Shaman über 30 solcher Völker in Latein-Amerika, Afrika und Südostasien[7]. Das indigene Wissen von Heilern und Schamanen über traditionell verwendete Pflanzen zur Behandlung von Krankheiten galt für Shaman als kostbare Quelle. Darum gehörte es zu den Grundsätzen der Unternehmung, die indigenen Völker ethisch korrekt zu behandeln und entsprechend fair zu vergüten. Es wurde nie ohne Zustimmung der indigenen Gemeinschaften und anderer beteiligen Gruppen eine Bioprospektierung durchgeführt, geschweige denn Wissen entwendet. Fundament der Zusammenarbeit sollte gegenseitiger Profit und Vertrauen sein[3]. Im März 1990[8] startete Shaman seine Verhandlungen, Expeditionen und Feldoperationen in Ländern wie Ecuador, Tansania oder Nigeria[9]. Unter Mitarbeit von Wissenschaftlern der Firma wie Ethnobotanikern[10] oder Ethnomedizinern und der Unterstützung örtlicher Universitäten wurden die Grundsätze des gegenseitigen Profits wie „benefit sharing“ und die „reciprocity strategies“ umgesetzt. 1991 erhielt Shaman bereits ein Patent[11] für Methoden der Nutzung und Aktivität der Inhaltsstoffe von SP-303, einer antiviral wirkenden Fraktion aus dem Harz des Drachenblutbaumes Croton lechleri. Dieses Gemisch aus Proanthocyanidin-Polymeren versprach grosses Potential in der Therapie von Virusinfektionen der Luftwege und Herpeserkrankungen. Nach 24 Monaten seit Beginn des Bioprospectings kamen bereits 2 Produkte in die klinischen Studien. Zum einen Virend, eine topische Formulierung zur Behandlung von Genitalherpes und zum andern Provir, eine peroral applizierte Arzneiform zur Behandlung von RSV-Infektionen der Luftwege (Conte, 1996)[2]. Den entdeckten Wirkstoffen wurden noch weitere Indikationsmöglichkeiten zugeschrieben, worauf später noch eingegangen wird. Die Zukunft sah auf jeden Fall viel versprechend aus…

3.2 Beweggründe und Strategie des Unternehmens [4][9][12]

Abgesehen von finanziellen Interessen der Gründung einer Firma hatte Shaman klare Ziele verfolgt, welche der Nutzung und Erhaltung von biologischen Ressourcen im tropischen Regenwald zu Gute kamen. Anlass dazu gab nur schon die Tatsache, dass bis Ende der 80er Jahre über 120 Arzneimittel aus pflanzlichen Leitsubstanzen entwickelt waren und 75% davon aus der traditionellen Medizin stammten[4]. In Anbetracht der immensen Biodiversität der tropischen Regenwälder, der grossen Zahl an noch nicht entdeckten Pflanzenarten und der Tatsache, dass damals weniger als 1% der bekannten Arten erst auf ihr pharmakologisches Potential untersucht

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waren, sah Shaman im Regenwald und dem Wissen der traditionellen Heiler die magische Quelle für neue Leitsubstanzen zur Arzneistofffindung. Hinzu kam die Bedrohung durch die zunehmende Abholzung der Regenwälder und der damit verbundenen Vertreibung indigener Völker aus ihren Habitaten. Ebenfalls bestand damals wie auch heute noch die Gefahr, dass Pflanzenarten mit vielleicht ungeahntem pharmazeutischen Potential für die Arzneistoffentwicklung nie entdeckt werden und für immer verschwinden. Es begann ein Wettlauf gegen die Zeit. Indigene Völker sollten Shaman bei der Suche nach neuen chemischen Leitsubstanzen helfen. Um sich bei den hilfsbereiten, eingeborenen Gemeinschaften auch erkenntlich zu zeigen, verfolgte Shaman die Strategie des „benefit sharing“. Dazu stellte Shaman einen 3-Stufen-Plan auf, wobei auf sofortige, mittelfristige und längerfristige Unterstützung der indigenen Gemeinschaften geachtet wurde. So wurde beispielsweise ein Flugplatz im Amazonsgebiet Ecuadors ausgebaut, Gesundheits- oder Umweltschutzworkshops durchgeführt, sowie auch medizinische Unterstützung und Nahrungsversorgung gewährt. Dazu kamen Lohnzahlungen an die lokalen Helfer, sowie Trinkwasserversorgung und Wiederaufbereitungssysteme. Eine weitere Unterstützung kam von Hoffmann LaRoche, die ein Malariamedikament für die Yanomami-Indianer zur Verfügung gestellt hatten. Dieses Projekt gehörte zum Konzept des „benefit sharing“ von Shaman. [4] Shaman war es immer ein Anliegen, im Vertrauen und mit gegenseitigem Profit mit den indigenen Völkern zusammenzuarbeiten. Zudem wollten sie die Erhaltung der biologischen Diversität des tropischen Regenwalds, der traditionellen Verwendung medizinischer Pflanzen und das traditionelle Heilwissen sichern. Dazu gründete Shaman 1990 die „Healing Forest Conservancy“, welche langfristig die Aufteilung des Gewinns an zukünftig vermarkteten Produkten übernehmen sollte, um die genannten Ziele zu erreichen und die indigenen Völker für ihre Mithilfe zu belohnen. Leider kam es durch das Scheitern des Unternehmens nie zu einer Markteinführung.

3.3 Wer hat Shaman unterstützt und wer nicht?[4] [5] [7] [13]

Bei Shaman Pharmaceuticals Inc. handelte es sich um eine kleine Biotech-Firma, welche eher darauf ausgerichtet war, Ideen und Konzepte auszuarbeiten. Die Arzneimittelproduktion stand eher nicht im Vordergrund. Die Produktion wird bei solch kleinen Firmen meist durch transnationale Pharmaunternehmen durchgeführt. Es entstehen Verträge und Abkommen zwischen kleinen Firmen mit Pharma-Giganten, die die grösste Einnahmequelle für die kleinen Unternehmen darstellen. Zwei solche Pharma-Riesen, die Shaman zeitweise unterstützt haben sind zum Beispiel Eli Lilly, sowie der japanische Pharmakonzern Ono. 1991, zwei Jahre nach der Firmengründung, konnte Shaman dank Bioprospecting die zwei Produkte Provir und Virend in die klinischen Phasen bringen. Provir gegen Durchfall im Zusammenhang mit AIDS, erreichte 16 Monate nach den ersten Labortests die ersten klinischen Studien am Menschen[2]. Grosse Pharmafirmen wurden auf diese anfänglichen Erfolge aufmerksam und 1992 hat beispielsweise Eli Lilly 4 Millionen USD in die Firma investiert mit der Erwartung und Hoffnung, dass Shaman eine antimykotisch wirksame Substanz identifiziert. Als jedoch der Vertrag zwischen Eli Lilly und Shaman im Oktober 1994 nicht mehr erneuert wurde, fehlten die

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finanziellen Mittel und Shaman musste daraufhin 40 % der Arbeiter entlassen. Das Screening nach antimykotisch wirksamen Substanzen wurde eingestellt. Während sich Provir und Virend in den klinischen Phasen befanden, verlagerte Shaman seinen Fokus auf Diabetes mellitus Typ II. Shaman identifizierte 21 potentielle antidiabetische Komponenten und durch diese Arbeit wurde das Interesse von weiteren grossen Firmen wie zum Beispiel Ono geweckt, welche sich 1995 für eine Zusammenarbeit mit Shaman interessierten. 1996 kam zusätzlich ein 5 Jahresvertrag zwischen Shaman und Lipha Lyonnaise Industrielle Phramaceutique, einer Tochtergesellschaft von Merck, zur Entwicklung eines Medikaments gegen Hyperglykämie zustande. 1998 unterbrach Shaman die Weiterentwicklung von Virend. Die Firma befand sich mit drei Produkten in Entwicklung: einer neuen Substanz gegen Diabetes, dem bereits bekannten Provir und Nikkomycin Z, einem oralen Antimykotikum. Nach dem Scheitern von Virend hiess die Firmenstrategie noch „Provir or bust“[2]. Da nicht genug Geld vorhanden war für weitere klinische Studien, distanzierten sich die ehemaligen Partner von Shaman. 1998 stellte Ono keine Forschungsgelder mehr zur Verfügung, darauf erfolgte auch der Rückzug von Lipha aus den Geschäften. [2] Auch Regierungen und non-profit-Organisationen unterstützen den ethnobotanischen Ansatz von Bioprospecting, da durch diese Strategie die Entwicklung und der Schutz von Umwelt gleichermassen vertreten sind. [2] [5] Es gibt jedoch auch kritische Stimmen, die sich gegen Shaman und ihre Strategie äusserten. Beispielsweise eine katalonische Autorin namens Viki Reyes. Ihrer Meinung nach hat Shaman den lokalen Gemeinschaften eine Entschädigung vorgetäuscht. Die Durchführung vom ethnobotanischen Ansatz beschreibt sie kritisch, denn sobald ein indigenes Volk ihr Wissen und die Tradition mitteilt, habe es keine Kontrolle mehr über ihre Ressourcen. Wenn das genetische Material von Pflanzen oder Mikroorganismen patentiert wird, ist die Verfügbarkeit der Ressourcen durch IPR-geschaffene Monopole eingeschränkt. Mehrmals wird deutlich, dass die indigenen Gesellschaften nicht angemessen entschädigt wurden. Die Bioprospecing-Strategie wurde ins Licht der Biopiraterie gestellt. [7] [13]

3.4 Das Scheitern von Shaman Pharmaceuticals Inc. [14]

Nach einem eigentlich viel versprechenden Firmenstart mit kleinen Erfolgen wie den ersten klinischen Versuchen zweier Substanzen kam es bald einmal zu einer längeren Periode, in der sich nicht viel Gewinnbringendes abspielte. Die klinischen Versuche waren wenig erfolgreich und die beiden genannten Produkte Provir und Virend konnten den FDA-Anforderungen nicht standhalten. Somit musste man sich in der Firma 1999, nachdem innerhalb von 10 Jahren um die 90 Millionen USD aufgewendet wurden, doch einige Gedanken über die weitere Zukunft machen. Am 1. Februar 1999 wurden zwei Drittel der 90 Stellen abgebaut, die Firma erhielt den neuen Namen Shaman Botanicals und stieg in den Nahrungsergänzungsmittel-Bereich um [15]. Dort förderte sie vor allem die SB – Normal stool formula, welche zu Shaman Pharmaceutical’s Zeiten noch unter dem Namen Provir für den Markteintritt kämpfte. Was in Europa wahrscheinlich nicht so einfach wäre ist in den USA anscheinend möglich [3]. Unter der Mithilfe von Loren Osraelsen, einem Veteran im „Kräuter-Bereich“, welcher mit den Gesetzen bestens vertraut ist und es so fertig bringt,

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innerhalb von wenigen Monaten ein Produkt auf den Lebensmittelmarkt zu bringen, startete man in die nähere Zukunft. Doch auch die Ära dieser Firma war nur von kurzer Dauer. In einem allerletzten Versuch wurde im Februar 2000 unter dem Namen Shaman.com Provir über das Internet an die Zielgruppe der AIDS-Patienten vertrieben. Doch auch dieser letzte Überlebensversuch zeigte keine Wirkung und so musste die Firma im Januar 2001 den Konkurs anmelden. Heute ist jedoch eine Firma auf dem Markt, welche sich Napo Pharmaceuticals nennt und dessen Leitung wieder Frau Lisa A. Conte inne hat [6]. Napo Pharmaceuticals wirbt auf ihrer Homepage damit, annähernd 2'300 Medizinalpflanzen in ihrer Bibliothek zu haben, von denen alle dazu bereit sind, auf die Inhaltsstoffe überprüft zu werden, um daraus neue pharmazeutische Produkte herzustellen [16]. Von einer Zusammenarbeit mit indigenen Völkern und anderen Ländern ist aber leider nichts mehr zu lesen.

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4. Schlussfolgerungen und Diskussion

Auf Grund der Geschäftsstrategie, wie sie Shaman Pharmaceuticals Inc. definiert hat und dem Verlauf der ersten Geschäftsjahre, konnte man sich einen erfolgreichen und fairen Handel zwischen der Pharmaindustrie und indigenen Völkern mit dem Zwischenglied Shaman Pharmaceuticals Inc. vorstellen. Der Ansatz von „benefit sharing“ , „reciprocity strategies“ und der Erhaltung der Biodiversität bei gleichzeitiger Wirkstoffsuche schien unter einem Dach Platz zu haben. Doch wie es der weitere Verlauf des Unternehmens zeigt, konnte nicht allen Forderungen und Ansprüche Rechnung getragen werden. Es spielten viele Faktoren für den Untergang des Unternehmens entscheidende Rollen. Einerseits ist sicher die Firmenstrategie ein entscheidender Punkt, der für das Scheitern wichtig ist. Shaman hatte zum Beispiel nach sehr kurzer Zeit zwei Substanzen in klinischen Studien, was sehr viel Kosten verursachte. Als dann Virend in den klinischen Studien scheiterte, verlor Shaman die wichtige finanzielle Unterstützung einiger grosser Pharmafirmen und man setzte alles auf Provir. Möglicherweise wäre es durch eine andere Firmenstrategie wie zum Beispiel durch längere präklinische Phasen oder frühere Fokussierung auf Diabetes-Medikamente, nicht zur Auflösung der Verträge gekommen, oder es hätten früher neue Kooperationen entstehen können. In der Branche der Wirkstofffindung und Entwicklung kann man nie sicher sein, ob und zu welchem Zeitpunkt eine bioaktive Substanz gefunden wird und ob sie sich in den klinischen Tests als geeigneten Wirkstoff zeigt. Das kann ein zusätzliches Branchenrisiko mit sich bringen. Neben dem Firmen- und dem Branchenrisiko kommt bei Shaman Pharmaceuticals Inc. noch ein weiterer Faktor hinzu, der zum Scheitern beitrug: der technische Fortschritt anderer Methoden. Beispielsweise hatte sich das Unternehmen auf die Wirkstofffindung mittels Bioprospecting und dem ethnobotanischen Ansatz konzentriert in einer Zeit, in der neue Methoden wie automatisierte high-throughput Screenings möglich wurden. High-throughput Screening wird durch Verkleinerung und Automatisierung von Prüfsystemen angetrieben, verknüpft mit der Entwicklung von neuen Bioassays, welche schnelle Aussagen über molekulare und genetische Aspekte von Krankheiten liefern. Durch chemische Bibliotheken können grosse Firmen Hunderte oder Tausende von Proben innerhalb von einer Woche auf eine gewisse Bioaktivität testen. Zusätzlich wurde es mit Hilfe von gentechnologischen Methoden möglich, innerhalb kurzer Zeit eine Vielzahl von neuen Molekülen zu erzeugen. Mittels Bioprospecting war es sehr schwierig, der Geschwindigkeit der neuen Methoden zu folgen und das wird auch in Zukunft so sein. Auf Grund der finanziellen Abhängigkeit wurden dem Unternehmen die Hände gebunden und es konnte dem Austauschverhältnis gegenüber den indigenen Gesellschaften zum Teil nicht zufriedenstellend Rechnung getragen werden. Zudem ist es sicher eine sehr schwierige Aufgabe, den etwa 30 verschiedenen Völkern eine individuell angepasste Entgeltung darzubringen. So könnte man sich die kritischen Aussagen, die gegen Shaman Pharmaceuticals geäussert wurden, erklären.

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Es ist möglich, dass sich eine zukünftige Zusammenarbeit in Bereich Bioprospecting mit den betroffen unzufriedenen indigenen Völkern schwierig gestalten könnte, da das Vertrauen aufs Spiel gesetzt wurde. Durch die Erfahrung, die Shaman mit Bioprospecting gemacht hat, könnten andere Pharmafirmen davon abgehalten werden, den ethnobotanischen Weg der Wirkstofffindung einzuschlagen. Es wäre möglich, dass Shaman Pharmaceuticals als abschreckendes Beispiel einer Bioprospecting-Firma angesehen wird. Das wäre in ethnopharmazeutischer Sicht bedauerlich.

Abbildung 1: Faktoren, welche zum Untergang von Shaman Pharmaceuticals Inc. führten

Firmenrisiko Branchenrisiko

Scheitern von Shaman Pharmaceuticals, Inc.

technologischer Fortschritt anderer Methoden

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5. Literatur

1 Moran Katy, King Steven R.,Thomas J Carlson. “Biodiversity Prospecting: Lessons and Prospects.” Annual Review of Anthropology 30, no. 1 (2001): 505-26

2 Clapp R.A., Crook C., (2002) „Drowning in the Magic Well: Shaman Pharmaceuticals and the Elusive Value of Traditional Knowledge“, The Journal of Environment & Development, Vol. 11, No.1, pp. 79-102

3 Frein Michel, Meyer Hartmut, “Wem gehört die biologische Vielfalt?”, Evangelischer Entwicklungsdienst EED Dokumentation, Sept. 2001, pp.17-19

4 King Steven R., Bierer Donald E., Carlson Thomas J., (1996) “Shaman Pharmaceuticals: Integrating Indigenous Knowledge, Tropical Medicinal Plants, Medicine, Modern Science and Reciprocity into a Novel Drug Discovery Approach” [online] http://www.netsci.org/Science/Special/feature11.html

5 Moran, K. (2000) ‘Bioprospecting: lessons from benefit-sharing experiences’, Int. J. Biotechnology, Vol. 2, Nos. 1/2/3, pp.132–144

6 Napo Pharmaceuticals [online] 18.10.2007 http://www.napopharma.com/people/lisa_conte.html

7 Reyes V., (1996) “The value of Sangre de Drage”, GRAIN Newsletter, seedling march 96

8 Eintrag der Securities and Exchange Commission (SEC), Shaman Pharmaceuticals [online] 7.5.1999 http://www.secinfo.com/dR7Zy.69.htm

9 Moran K. “Mechanisms for benefit sharing: Nigerian case study for the Convention on Biological Diversity” 4th Meet. Conf. of Parties, Sec. Conv. Biol. Divers., Bratislava, Slovakia, May 1998

10 Christensen Jon (1999) "Scientist at work: Mark J. Plotkin; A Romance with a rain forest and its elusive miracles", The New York Times, November 30

11 US -Patent: 5,211,944 “Proanthocyanidin polymers having antiviral activity and methods of obtaining same“, [online] http://www.uspto.gov/

12 Stevens William K. (1992) "Shamans and Scientists Seek Cures in Plants", The New York Times, January 28

13 Svarstad H., Adger Neil W.,Tor A.B., Brown K.,(2001) “Advancing a Political Ecology of Global Environment Discourses”, Development and Change, Vol. 32. pp. 695-697

14 Abate Tom (1999) "Shaman quits the drug business", San Fransisco Chronicle, February 3

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15 Abate Tom (1999) " Shaman's New Venture May Give Shareholders the Short End

of the Stick", San Fransisco Chronicle, March 8

16 Napo Pharmaceuticals [online] 18.10.2007 http://www.napopharma.com/overview.html


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