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die schöne und das biest - Next Liberty

Date post: 07-Jan-2023
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Materialien zu

DIE SCHÖNE UND DAS BIEST von Lucy Kirkwood und Katie Mitchell / Deutsch von Katharina Schmitt Österreichische Erstaufführung am 28. September 2019, 17:00 Uhr

DIE GESAMTE MATERIALMAPPE MIT ANREGUNGEN UND TIPPS FÜR DIE (PRAKTISCHE) VOR- UND NACHBEREITUNG DES THEATERBESUCHS SCHICKEN WIR IHNEN GERNE BEI ANFRAGE DIGITAL ZU.

Wenden Sie sich bitte an das Redaktionsteam unter: [email protected]

1. ZU DIESEM STÜCK GIBT ES ...

2. INHALT UND BESETZUNG

3. HINTER DER BÜHNE

3.1. Das Leading-Team stellt sich vor

3.2. IM GESPRÄCH mit der Regisseurin Natascha Grasser: „In dieser Geschichte werden so viele wichtige Dinge behandelt!“

3.3. HINTERGRÜNDE zur Märchenvorlage

3.4. WAS MACHT EIGENTLICH ... ein Zauberer bei einem Theaterstück?

4. AUF DER BÜHNE

4.1. IM GESPRÄCH mit dem Ausstatter Markus Boxler: „Unser Anspruch war es, leichtfüßig und spielerisch zu bleiben.“

4.2. WHO IS WHO: Mehr über die Figuren des Stücks

5. PRAKTISCHES ZUR VOR- UND NACHBEREITUNG

5.1. TEXTAUSZUG aus dem Stück

5.2. ÜBUNGEN zur Vor- und Nachbereitung

5.3. QUIZ: Sind wir nicht alle ein bisschen Biest?

6. FRAGEN ZUR NACHBEREITUNG

6.1. Inhaltlich & zur Inszenierung

6.2. Thematisch

7. ZUR VERTIEFUNG UND INSPIRATION: Literaturhinweise

8. IMPRESSUM

INHALTSVERZEICHNIS

LIEBE PÄDAGOGINNEN UND PÄDAGOGEN, LIEBE THEATERFANS! Die Schöne und das Biest? Kenn ich! – Das französische Volksmärchen zählt nicht erst seit der Musical-Verfilmung aus dem Hause Disney (1991) zu den bekanntesten europäischen Zaubermärchen, es gibt unzählige Nacherzählungen, Bearbeitungen und Adaptionen, die die schöne Belle dabei begleiten, sich im Zauberschloss heimisch zu fühlen und sich dem Happy End zu nähern. Es ist ja allgemein bekannt, was sich hinter der furchteinflößenden Gestalt des Biestes verbirgt – aber: Was verbirgt sich hinter der Schönheit Belles? Warum wollte ihr Vater eigentlich unbedingt diese Rose haben? Und: Was wurde denn aus der Fee, die für diesen ganzen Schlamassel verantwortlich ist? Diese und viele weitere Fragen greift die Theaterbearbeitung auf, die ab 28. September 2019 auf der Bühne des Next Liberty zu erleben ist und die vielleicht keine tanzenden Kerzenständer, aber doch viel Magie, pointierten Humor und so manche überraschende Wendung bereithält. In den Vorbereitungen und während der Proben zu diesem Stück haben wir uns u. a. intensiv mit diesen Fragestellungen beschäftigt, Zaubern gelernt und uns überlegt, was genau eigentlich ein „Biest“ ausmacht; und für diese Materialmappe haben wir für Sie wieder einige Aspekte herausgegriffen bzw. aufbereitet, um diese Inszenierung möglichst transparent zu machen und eine intensivere – und differenzierte - Auseinandersetzung im Unterreicht anzuregen sowie auch mit konkreten Übungen und Tipps in der (praktischen) Vor- und Nachbereitung den Theaterbesuch zu unterstützen. Wir freuen uns über Rückmeldungen zu Ihrem Theaterbesuch und Ihrer Arbeit mit diesen Materialien, stehen Ihnen natürlich jederzeit auch gerne darüber hinaus mit Rat und Tat zur Seite und wünschen Ihnen und Ihren Schüler*innen eine anregende Zeit mit und rund um „Die Schöne und das Biest“. Herzlichst, Angelina Schallerl, Teresa Stoiber (Theaterpädagoginnen) und Dagmar Stehring (Dramaturgin)

1. ZU DIESEM STÜCK GIBT ES …

Weitere theaterpädagogische Angebote

zu diesem Stück: (7+ / 2.-5. Schulstufe)

In der Freizeit • Interaktive Theaterwerkstatt vor dem Vorstellungsbesuch am 24.10.2019 Für Schulen • Materialmappe • Interaktive Nachbesprechungen Kontakt: 0316 8008 1129 / [email protected]

Das französische Volksmärchen um die Schöne, die im verzauberten Schloss des Biestes etwas ganz anderes findet als erwartet, ist schon oft erzählt und neu interpretiert worden, aber wohl keine der unzähligen Versionen ist gleichzeitig so originell und witzig, nostalgisch und vielschichtig wie die Theaterbearbeitung von Lucy Kirkwood und Katie Mitchell, die 2010 am National Theatre in London uraufgeführt wurde.

Denn hier erzählen zwei echte (!) Feen – der einnehmende Pink und seine hinreißende Assistentin Cécile – die berühmte Geschichte auf ihre ganz eigene Art nach, und das offenbar nicht zum ersten Mal, denn sie sind untrennbar mit dem Schicksal jenes unglückseligen Prinzen verbunden, der viele Jahre in bestialischer Gestalt ausharren musste, bis er von einem Mädchen geliebt und damit erlöst wurde. Und so beginnen Pink und Cécile auch im Next Liberty mit ihrer großen Märchen-Show und erzählen – u. a. mithilfe einer unwiderstehlichen Rose und eines verwunschenen Insektenorchesters, mit magischen Schattenspielen und zauberhaften Schlossbewohnern, mit einigen emotionalen Höhen- und Ausflügen – von der (nicht nur) schönen Belle und dem (nicht nur) fürchterlichen Biest, die nach und nach erkennen, dass vieles nicht (nur) so ist, wie es auf den ersten Blick scheint.

DIE SCHÖNE UND DAS BIEST von Lucy Kirkwood und Katie Mitchell / Deutsch von Katharina Schmitt PINK, unser Erzähler

Helmut Pucher CÉCILE, seine Assistentin Yvonne Klamant BELLE, unsere Heldin Simone Leski GUNDULA, ihre unglückselige Schwester Lisa Rothhardt VATER, ihr noch unglückseligerer Vater Martin Niederbrunner BIEST, eine traurige und angsteinflößende Kreatur / PHILLIP, ein schöner Prinz Christoph Steiner „HELPING HANDS“, die verzauberten Schlossbewohner Ensemble Inszenierung: Natascha Grasser Ausstattung: Markus Boxler Musik: Christof Ressi Zauberkunststücke: Philipp Tawfik Lichtgestaltung: Michael Rainer Dramaturgie: Dagmar Stehring Regieassistenz: Lisa Aigelsperger AUFFÜHRUNGSRECHTE Rowohlt Theater Verlag, Reinbek bei Hamburg VORSTELLUNGSDAUER ca. 110 Minuten, eine Pause

2. INHALT UND BESETZUNG

3.1. DAS LEADINGTEAM STELLT SICH VOR

Natascha Grasser (Regie) wurde 1984 in Judenburg geboren. Seit 2010 arbeitet sie als Theaterpädagogin und Regisseurin vor allem in der freien Szene, hauptsächlich für das TaO! – Theater am Ortweinplatz und das Mezzanin Theater. Schwerpunkt ihrer Arbeit sind die Produktion und Vermittlung von qualitätsvollem Kinder- und Jugendtheater. Gerne kooperiert sie mit Künstler*innen aus anderen Genres, um die Grenzen des Theaters für junges Publikum immer wieder neu auszuloten. Ihre Arbeiten wurden wiederholt für den STELLA- Darstellender Preis für junges Publikum nominiert. Am Next Liberty gab sie ihr Debut als Regisseurin mit „Ox und Esel“ 2018.

Markus Boxler (Ausstattung) studierte Bühnen- und Kostümgestaltung an der Universität für Musik und Darstellende Kunst in Graz. Er arbeitete schon an verschiedensten Opern- und Theaterhäusern in Europa (u. a. Gran Teatre del Liceu Barcelona, Ständetheater Prag, Palace of Arts Budapest, Sächsische Staatsoper Dresden, etc.) Als Ausstatter ist er vorwiegend in Graz tätig, u. a. für Schauspielhaus Graz, TaO! – Theater am Ortweinplatz, Follow the rabbit, Cirque Noel. Die Gestaltung der Bühne und Kostüme für „Ox und Esel“ war seine erste Arbeit fürs Next Liberty.

Christof Ressi (Musik) (*1989) studierte Komposition, Jazzkomposition und Computermusik. Sein künstlerisches Schaffen umfasst verschiedene Bereiche, darunter Neue Musik, Jazz, experimentelle Elektronik und Medienkunst. Er arbeitet regelmäßig für Theater und Tanzproduktionen, zusätzlich ist er als Arrangeur in unterschiedlichen Musikrichtungen tätig. Er lebt und arbeitet in Graz.

Philipp Tawfik (Zauberkunststücke) (geb. 1977) ist zweifacher österreichischer Meister der Zauberkunst und Grandprixsieger. 12 Jahre lang war er künstlerischer Leiter des Magischen Zirkels Graz. Er ist Ansprechpartner für viele Künstlerkolleg*innen, wenn es um die Entwicklung neuer Acts für Bühne und Fernsehen geht. Sein letztes großes Projekt beinhaltete die magische Beratung und das Illusionsdesign für das Musical „Der Zauberlehrling“ an der Oper Graz und im Stadttheater Baden. Er besucht Seminare und Fachkongresse auf der ganzen Welt, u.a. London, Stockholm, Lissabon, New York und Las Vegas. Er selbst ist auch ein gefragter Vortragender und Seminarleiter. Seit mehreren Jahren ist er regelmäßig mit den Shows „Magic Sunday“ und „Die Ehrlichen Betrüger“ in Graz und Wien (und diversen Bühnen in Österreich und Deutschland) zu sehen.

3. HINTER DER BÜHNE

3.2. IM GESPRÄCH mit der Regisseurin Natascha Grasser „In dieser Geschichte werden so viele wichtige Dinge behandelt!“ Liebe Natascha, was hat dich an dieser doch eher unkonventionellen Fassung besonders interessiert bzw. gereizt? Die Geschichte von der „Schönen und dem Biest“ ist bereits unzählige Male auf die Bühne gebracht worden und dadurch mit sehr vielen Bildern und Erwartungshaltungen besetzt. Deshalb ist diese unkonventionelle Fassung ein Geschenk an die Regie, um mit eigenen Bildern und Ideen an die Arbeit zu gehen und, was mir besonders wichtig ist, eine authentische Geschichte zu erzählen. Besonders interessant an dieser Fassung sind die unterschiedlichen Ebenen, die hier aufeinandertreffen und es schaffen, die „Botschaft von der wahren Schönheit“, die unter der Oberfläche liegt, recht unverkrampft und ohne erhobenen pädagogischen Zeigefinger zu vermitteln. Die Rahmenhandlung der beiden Feen Pink und Cécile, die selten harmonisch, aber doch miteinander als Erzählerinnenduo durch das Märchen führen, verwebt Märchen und Theater auf vielfältige Art und Weise miteinander, sodass sich alle Figuren (nicht nur das Biest!) im Stück entwickeln und am Ende ihren Weg finden dürfen. Was erzählt diese Geschichte für dich? In dieser Geschichte werden so viele wichtige Dinge behandelt! Es geht für alle darin vorkommenden Figuren darum, etwas in sich frei zu legen, das durch unterschiedliche Umstände bis dato verborgen war. Es geht um Identitätsfindung und den Mut zu sich selbst zu stehen und sich nicht von gesellschaftlichen Konventionen einschnüren zu lassen und sein Leben selbstbestimmt zu leben. Und natürlich geht es auch um die Kraft der Liebe und die allgegenwärtige Frage nach dem Happy End. Was waren die besonderen Herausforderungen, diese Version auf der Bühne umzusetzen? Genau das, was wir angekündigt haben: Zwei sich häufig zankende, divenhafte, echte Feen in einer großen Märchenshow mit unwiderstehlichen Rosen, einem verwunschenen Insektenorchester, magischen Schattenspielen, zauberhaften Schlossbewohnern … Wie in jeder meine Arbeiten gab es genügend Herausforderungen, denen wir uns zu stellen hatten und denen wir mutig wie alle Held*innen in unserem Stück gegenübergetreten sind. Und trotz vieler Schatten und dunklem Glitzern glaube ich an das Happy End.

Das Gespräch mit Natascha Grasser führte Angelina Schallerl.

3.3. HINTERGRÜNDE zur Märchenvorlage „Die Schöne und das Biest“, auch bekannt unter „Die Schöne und das Tier“, ist ein französisches Volksmärchen (Originaltitel „La Belle et la Bête“), das im deutschen Sprachraum auch unter dem Titel „Tausendschön“ oder in einer abgewandelten Grimm‘schen Fassung als „Das singende und springende Löweneckerchen“ bekannt ist. Einige Motive lassen sich bis auf die Antike zurückverfolgen, die erste Veröffentlichung war eine Aufbereitung der Französin Gabrielle-Suzanne de Villeneuve, die 1740 erschien. Bekannter als diese erste Version ist allerdings eine gekürzte Version, die 1756 von der Schriftstellerin Jeanne-Marie Leprince de Beaumont in einem französischen Magazin veröffentlicht und noch im selben Jahr von Johann Joachim Schwabeunter dem Titel „Die Schöne und das Thier. Ein Mährchen.“ ins Deutsche übersetzt wurde. Diese Variante des Märchens beginnt nicht (wie so viele andere) mit der Vorgeschichte des Biestes, sondern mit der Familiengeschichte der „Schönen“: „Es war einmal ein reicher Kaufmann, der hatte sechs Kinder, drei Söhne und drei Töchter. Weil er ein kluger Mann war, sparte er nicht an ihrer Erziehung und ließ sie in den verschiedensten Fächern ausbilden. Seine Töchter waren alle sehr schön – besonders die Jüngste wurde sehr bewundert. Von Kindheit an nannte man sie nur ‚die Schöne‘ und so behielt sie schließlich diesen Namen, sehr zum Ärger ihrer eifersüchtigen Schwestern. Die Jüngste war aber nicht nur schöner als ihre Schwestern, sie war auch von liebenswürdigem Wesen.“1 Und auch in dieser Version ist es eine Fee, die sich in die Geschicke der Menschen einmischt, wobei sie ganz klar zwischen den/m „Guten“ und den/m „Bösen“ unterscheidet: „‘Schöne‘, sagte die Dame, die eine angesehene Fee war, zu ihr, „Du hast die Belohnung für Deine gute Wahl erhalten. Der Tugend hast Du den Vorzug vor Schönheit und Redegewandtheit gegeben. Du verdienst es, einen Menschen gefunden zu haben, der alle diese Eigenschaften besitzt. Du wirst eine große Königin werden und ich hoffe, dass diese hohe Stellung Dein liebes Wesen nicht verändern wird. Was aber Euch betrifft, junge Damen“, wandte sich die Fee an die beiden Schwestern der Schönen, ‚Euer Herz kenne ich sehr wohl und all die Bosheit, die darin verborgen ist. Ihr werdet in zwei Statuen verwandelt werden. Aber unter der steinernen Hülle, die Euch umgibt, behaltet Ihr die Fähigkeit zu denken und zu fühlen. Ihr werdet am Schlossportal aufgestellt werden und müsst zur Strafe dem Glück Eurer Schwester zuschauen. Und erst dann könnt Ihr Eure alte Gestalt zurückerhalten, wenn Ihr Eure Fehler eingesehen habt. Aber ich fürchte, Ihr werdet immer Statuen bleiben. Denn man kann Hochmut, Jähzorn und Trägheit in sich bekämpfen, aber die Umwandlung eines boshaften und neidischen Herzens ist ein seltenes Wunder.‘ Im nächsten Augenblick schwang die Fee ihren Zauberstab und brachte damit alle, die im Saal versammelt waren, in das Königreich des Prinzen. Dort begrüßten ihn seine Untertanen freudig, er vermählte sich mit der Schönen und sie lebten lange und in dem vollkommenen Glück miteinander, das aus der Kraft des Guten entsteht.“2 Seither sind zahlreiche (Neu-)Interpretationen des Märchens erschienen, es gibt viele Musical- und Theaterbearbeitungen, Verfilmungen und Nacherzählungen, wobei die musikalische Zeichentrickfilm-Version der Walt Disney-Studios aus dem Jahr 1991 die Rezeption sicherlich am nachhaltigsten geprägt hat.

1 Jeanne-Marie Leprince de Beaumont: „Die Schöne und das Tier“ Zitiert nach: https://gutenberg.spiegel.de/buch/die-schone-und-das-tier-8645/2 [Stand 24.09.2019]. 2 Ebda.

Die Theaterbearbeitung von Lucy Kirkwood und Katie Mitchell, die 2010 am National Theatre in London uraufgeführt wurde und nun im Next Liberty ihre Österreichische Erstaufführung feiert, greift – wesentlich stärker als z. B. die Disney-Verfilmung – auf die Motive des Originalmärchens zurück, was u. a. dadurch ermöglicht wird, dass hier die Geschichte auf drei Ebenen erzählt wird, die stark miteinander verbunden sind:

1.) Auf dieser Ebene erzählen die beiden Feen dem Theaterpublikum das Märchen auf ihre ganze eigene Art nach; dabei können sie vergangene Ereignisse nacherzählen, Szenen „einfrieren“ oder in die Handlung eingreifen 2.) Zwischen den Erzählpassagen gibt es zahlreiche Szenen, die sich im verzauberten Schloss des Biests abspielen; man sieht, wie sich Belle nach und nach an ihr neues Zuhause, ihre magischen Mitbewohner und das Biest gewöhnt, ja, sogar glücklich ist. 3.) In einigen Episoden erfährt man auch mehr über Belles (Vor-)Geschichte, über ihr Verhältnis zu ihrem Vater (der sie ja erst ins Schloss bringt) und zu ihrer Schwester Gundula (die sich natürlich auch auf den Fortgang des Märchens auswirkt). So lassen sich die zugrundeliegenden Fragestellungen und Themen auf ganz unterscheidliche und sehr spielerische Weise beleuchten, variieren bzw. auch relativieren: Was passiert, wenn man sich vom „äußeren Schein“ blenden lässt? Was macht das/ein Biest zum Biest? Warum verhält sich jemand „wie ein Biest“ bzw. zeigt sich von seiner hässlichen Seite? Was macht jemanden wirklich „schön“? Warum ist es manchmal besser, dass nicht alle Wünsche in Erfüllung gehen? Was, wenn man nie die Gelegenheit hat, zu zeigen, „was wirklich in einem steckt“? Was kann selbstloses bzw. eigennütziges Handeln für Folgen haben? Inwiefern trifft der Ausspruch „Aussehen ist nicht alles.“ auf das Biest ebenso zu wie auf die Schöne? Wem (ver-)traue ich (was zu) – und warum?

3.4. WAS MACHT EIGENTLICH … … ein Zauberer bei einem Theaterstück? Lieber Philipp, das wirst du sicher oft gefragt, aber: Bist du hauptberuflich Zauberer? Ich bin eigentlich gelernter Uhrmacher und arbeite auch noch immer in diesem Bereich. Aber ich sage gern: „Watchmaker by day – Magician by night“. Ich spiele also in Zaubershows, gebe Fachseminare und unterstütze eben auch Theaterproduktionen in magischen Fragen. „Die Schöne und das Biest“ ist nicht die erste Produktion, die du im Next Liberty unterstützt. Wo konnten wir deine Kunststücke bereits sehen? Ich war schon bei „Der Zauberlehrling“ und „Wie William Shakespeare wurde“ mit dabei. Was ist auf der Theaterbühne anders als in der Zaubershow? Auf der Bühne geht es in erster Linie darum, die Schauspieler*innen zu unterstützen. Hier ist die Zauberei untergeordnet, sie muss ans Stück angepasst werden. Für ein paar Sekunden Zauberei braucht es dann manchmal eine Woche Vorarbeit. Oft ändern sich auch Dinge von Probe zu Probe und darauf muss ich reagieren. Ich versuche den Schauspieler*innen ja mit meiner Vorarbeit so viel wie möglich abzunehmen. Es gibt aber einen wesentlichen Unterschied zwischen einer Zaubershow und der Magie des Theaters: Der Besucher eines Theaterstücks ist FREIWILLIG bereit, nicht an der Magie zu zweifeln. Da wäre es zum Beispiel möglich, wenn ein Schauspieler sich (sichtbar) unter einem schwarzen Tuch versteckt und alle anderen

Spieler so tun als würden sie ihn nicht sehen, dass auch das Publikum akzeptiert, das er verschwunden ist. Es wird also FREIWILLIG das Gesehene nicht in Frage stellen. Das geht in einer Zaubershow natürlich nie durch. Da muss die Person wirklich verschwunden sein. Die Zuschauer sind mit allen ihren Sinnen dabei und trotzdem bleibt keine Erklärung übrig. Die Zuseher wissen natürlich, dass es keine echte Magie ist, aber in dem Moment sind sie UNFREIWILLG dazu „gezwungen“, ihren Augen zu trauen und am Gesehenen nicht zu zweifeln. Im Englischen nennt man das „willing/unwilling suspension of disbelief“. Genau darum ist es für mich ganz besonders spannend, magische Momente der zweiten Kategorie für ein Theaterstück zu entwickeln! Dort, wo sie keiner erwartet … Wie entscheidet man bei einem Stück, ob man Dinge „zauberisch“ oder theatral löst? Der Aufwand und die Machbarkeit spielen natürlich eine große Rolle. Bei „Die Schöne und das Biest“ war ja schon manches im Text vorgegeben. Da habe ich Natascha, der Regisseurin, dann ein paar Vorschläge gemacht und sie hat entschieden, was Mithilfe der Zauberkunst und was von den „Magic Hands“ (Anm.: den magischen Helfern im Schloss) gelöst werden soll. Dann mussten die Zauberkunststücke nur noch so herausgearbeitet werden, dass sie auch als solche zur Geltung kommen. Das Gespräch mit Philipp Twafik führte Angelina Schallerl.

4.1. IM GESPRÄCH mit dem Ausstatter Markus Boxler „Unser Anspruch war es, leichtfüßig und spielerisch zu bleiben.“ Lieber Markus, was hat dich bei dieser Fassung von „Die Schöne und das Biest besonders inspiriert? Wo waren die Herausforderungen? Eine Herausforderung ist immer auch eine Inspiration. Mich hat gereizt, dass die Geschichte an aktuelle gesellschaftliche Realitäten anknüpft. Da ist dieses selbstbewusste junge Mädchen, dass sich auch über ihren Kleidungsstil verwirklicht; die Feen, die mit dem „typisch männlich“/„typisch weiblich“ brechen … Das Märchen wird ja von diesen Feen auf der Bühne erzählt. Aber: Wie gestaltet man dieses Erzählen auf der Bühne? Wie kommt man hier in ein Spiel? Wie kann man die Schattenspiele, die im Stück vorkommen, spannender gestalten als nur einen Film abzuspielen? Das waren auch Fragen, die wir uns gestellt haben. Die vielen, schnellen Szenenwechsel waren auch herausfordernd/inspirierend. Wie kann man so etwas klar umsetzen, ohne dass es ein schwerfälliger „Bühnenbildschinken“ wird? Unser Anspruch war es, leichtfüßig und spielerisch zu bleiben. Wie ist die Kostüm-Idee vom Biest entstanden? Zuerst habe ich mir Filmmaterial angeschaut. Sehr häufig trifft man in den filmischen Bearbeitungen auf diese Raubkatzen-ähnliche Gestalt. Damit wollten wir brechen. Ich persönlich interessiere mich schon länger für die Gestalt des sogenannten „wilden Mannes“, der sich in vielen Kulturen wiederfindet.

Ich bin dann auf eine Gestalt im Ausseer Fasching gestoßen; dort werden die vier Jahreszeiten dargestellt und die Gestalt des Winters ist diese zottelige Figur, die mich zum Kostüm des Biests inspiriert hat. Was gefällt dir an der Arbeit des Ausstatters besonders gut? Dass man für den Moment und nicht für das Archiv produziert. Ausstattungselemente können nach einer Produktion wiederverwertbares Ausgangsmaterial für neue Ideen sein – auch in der Kunst kann man nachhaltig arbeiten. Mit Natascha Grasser funktioniert die Kommunikation extrem gut, das macht Spaß und ist fructbar für die Arbeit im Team. Es muss nicht immer alles unbedingt „meine Handschrift“ tragen – ich mag den gemeinsamen Prozess. Das Gespräch mit Markus Boxler führte Angelina Schallerl.

4. AUF DER BÜHNE

Medieninhaber & Herausgeber: Next Liberty Jugendtheater GmbH Kaiser-Josef-Platz 10 8010 Graz Geschäftsführender Intendant: Michael Schilhan Redaktion: Angelina Schallerl Mag.a Dagmar Stehring Fotos: Lex Karelly Photography Satz- und Druckfehler vorbehalten! Stand: September 2019 Die Vervielfältigung, Bearbeitung und Verbreitung der vorliegenden Materialien außerhalb des Unterrichts oder des privaten Gebrauchs bedarf der schriftlichen Einwilligung der Ersteller*innen.

8. IMPRESSUM


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