+ All Categories
Home > Documents > Glaubers Zeit in Kitzingen und sein Verhältnis zu Johann Philipp von Schönborn

Glaubers Zeit in Kitzingen und sein Verhältnis zu Johann Philipp von Schönborn

Date post: 02-Feb-2023
Category:
Upload: independent
View: 1 times
Download: 0 times
Share this document with a friend
16
Abb. 1: Prozessfließbild von Glaubers Weinstein-Prozess (Graphik: P. Ullmann) 94
Transcript

Abb. 1: Prozessfl ießbild von Glaubers Weinstein-Prozess (Graphik: P. Ullmann)

94

Glaubers Zeit in Kitzingen und sein Verhältnis zu Johann Philipp von Schönborn

Rainer Werthmann

Kitzingen nach dem dreißigjährigen KriegKitzingen 1651: Der mörderische dreißigjährige Krieg war gerade vorbei, drei Jahre vorher,

1648, war der Westfälische Friede von Münster und Osnabrück geschlossen worden. Einer, der ihn mit ausgehandelt hatte, war Johann Philipp von Schönborn 1 (1605–1673), Kurfürst, Erzbischof von Mainz (seit 1647), Bischof von Würzburg und Herzog von Franken (seit 1641), Landesherr von Kitzingen. Geboren auf Burg Eschbach im heuti-gen Laubuseschbach bei Weilmünster im Landkreis Limburg-Weilburg, entstammte er einer Familie, in der beide Konfessionen vertreten waren, die sich vor kurzem noch so erbittert bekriegt hatten. Viel-leicht war das einer der Gründe, warum er in den Friedensverhandlungen keine extreme katholische Position vertrat. An seinem Hofe waren auch pro-testantische Gelehrte wie z. B. Gottfried Wilhelm Leibniz willkommen. Beeindruckt von den Gedan-ken Friedrich Spees (1591–1635), war Johann Phil-ipp von Schönborn einer der ersten Reichsfürsten, die die Abhaltung von Hexenprozessen auf ihrem Territorium verboten. Er erhielt später den Beina-men „der deutsche Salomo“.

Kitzingen selbst hatte bezüglich der Konfessionszugehörigkeit eine besondere Geschich-te. 1443 wurde die Stadt an den Markgrafen von Brandenburg-Ansbach verpfändet. Nach der Reformation wurde die Bevölkerung 1530 protestantisch. Nach der Wiedereinlösung kehrte Kitzingen 1629 zum Bistum Würzburg zurück. Eine Rekatholisierung wurde eingelei-tet. Wohl auch, um gerade gebildete und selbstbewusste protestantische Bürger, die er für den Wiederaufbau nach dem dreißigjährigen Krieg dringend brauchte, nicht aus der Stadt zu vertreiben, erließ Johann Philipp von Schönborn 1650 einen „Gnadenbrief“, in dem er auch dem protestantischen Bevölkerungsteil die öff entliche Ausübung ihrer Religion zusicherte und den doppelkonfessionellen Status Kitzingens begründete.

Abb. 2: Johann Philipp von Schönborn, Gemälde aus dem Bestand des Städtischen Museums Kitzingen (Foto: Gebelein)

95

Kap. 5

Familie Glaubers Ankunft in KitzingenDies war das Klima, in das Johann Rudolph Glauber kam, als er 1651 mit seiner Familie von

Wertheim aus nach Kitzingen zog. Nach dem Ende des Krieges war er 1650 aus den Nieder-landen wieder nach Deutschland gekommen: “Nach deme ich erfahren/ daß zu Münster ein Allgemeiner Friede in Teutschland beschlossen/ habe ich mich auch darnach geseh-net/ einmahl das geliebte Vatterland wieder zu sehen/ und nach deme ich meine Güter eingepackt/ zusammen gesetzt/ und ein Schiff er sehen lassen/ zu vernehmen/ was sie dafür forderen möchten/ mich mit den Meinigen sampt Mobilien nach Franckfurt zu bringen/ haben sie wol 500 Th aler fordern dörff en/ vorwendende/ sie an etlichen Orten grosse Gefahr wegen einiger Außländischen Besatzung oder Guarnison am Rhein/ als Hamerstein und andern Orten/ außstehen müsten/ auch mich nicht versicheren kön-nen/ ohngeplündert oder spolirt hinauff zu bringen. Also habe ich diesen Weg den Rhein hinauff nicht nehmen dörff en/ derohalben einen andern suchen müssen/ nemblich die Weser hinauff da es sicher zu reisen mir vor gewiß gesagt wurde 2/ … von Bremen bin ich zu Schiff nach Cassel/ unnd von Cassel zu Wagen nach Hanau/ unnd den Mayn

Abb. 3: Georg Martin, Ausschnitt aus der Stadtansicht von Kitzingen 1628, Städtisches Museum Kitzingen (Foto: Gebelein)

96

hinauff zu Schiff biß Wertheim (an einen sehr gelegenen Ort in Wein und dergleichen etwas zu thun) gangen/ allda mich niedergeschlagen/ ein gelegen und gut Hauß gemie-tet/ ein Laboratorium auff gerichtet/ und eines und anders vorgenommen.“ 3

Zunächst wollte er sich in Wertheim niederlassen, mietete ein Haus, musste es aber nach etwa einem Jahr wieder räumen, weil es verkauft wurde und der neue Eigentümer selbst darin wohnen wollte. Vor nicht allzu langer Zeit konnte Genaueres über dieses Haus heraus-gefunden werden 4, die heutige Adresse ist Eichelgasse 52. Glauber mietete es 1650 von den Erben des 1644 hingerichteten „Kettenwirtes“ Hans Hotz. Diese verkauften es 1651 an den aus dem Krieg zurückkommenden wohlhabenden Rittmeister Georg Schreck. Kauf- oder Mietverträge sind nicht mehr vorhanden, wohl aber in gerichtlichen Prozeßakten über eine ganz andere Sache die Aussage des Maurers Michael Düber, er habe für den „Goldtmacher“ in diesem Haus einen zusätzlichen Kamin eingebaut und bei seinem Auszug im Juli/ August 1651 wieder abbrechen müssen. Dieses Datum, und nicht 1652, wie in der älteren Glauber-literatur angenommen, ist damit der Zeitpunkt von Glaubers Wegzug von Wertheim und seiner Übersiedlung nach Kitzingen.

Es muss für die Kitzinger eine ungewöhnliche Familie gewesen sein: Frau Helena Glauber war gebürtig aus Flensburg, das damals zu Dänemark gehörte, und wird durch ihren auslän-dischen Akzent aufgefallen sein. Die älteste Tochter Anna war fast 10, ihr Bruder Johannes 5, die Schwester Geertruy 1½, der Jüngste, Alexander, nicht einmal ein Jahr alt. Die älteren Kin-der werden wohl eher niederländisch als fränkisch gesprochen haben. Vater Glauber stamm-te immerhin aus Karlstadt auf der anderen Seite von Würzburg. Katholisch getauft sei er, gibt er zu, aber aufgrund der vielen Reisen und Aufenthalte an fremden Orten habe er sich eher zu einem religiösen Freigeist entwickelt, der die Menschen nicht nach ihrer Kirchenzuge-hörigkeit, sondern nach ihren Taten beurteilt und ohnehin die größte Off enbarung Gottes in der Natur sieht. Kurz nach seiner Ankunft wird er von katholischen Priestern besucht, die seine Bekenntnistreue testen wollen. Nach einigen Diskussionen lenkt er ein und schreibt später, „nach deme ich dann gesehen/ das kein weiter diffi cultät zu machen/ noch in Feindschaff t/ oder Religions-Gezänck einzulassen beförderlich/ bin ich in ihre Kirch gangen“. 5

Während die in den Niederlanden geborenen Kinder überwiegend lutherisch getauft sind, wird die 1653 in Kitzingen geborene Tochter Johanna katholisch getauft.

Abb. 4: Taufurkunde von Johanna Glauber in Kitzingen 1653, Stadtarchiv Kitzingen

97

Kap. 5

Johann Philipp von Schönborn und die WirtschaftsförderungEin kontinuierliches Interesse an Alchemie gab es am Hofe Johann Philipp von Schön-

borns über Jahrzehnte. Sein Bruder Philipp Erwein von Schönborn (1607–1668) korrespon-dierte bereits in den 1640er Jahren mit dem Arzt Johann Rapp über chemische Fragen. Glau-bers Verbindung zum fürstbischöfl ichen und kurfürstlichen Hof begann spätestens 1652 mit dem Weinhefe-Privileg (s. u.) und riss auch nach seinem Wegzug nach Amsterdam nicht ab. So wurde er noch 1659 in Amsterdam von Dr. Rapp und Philipp Erwein von Schönborn besucht, der seinem Bruder riet, aufbauend auf Glaubers erfolgreiche Versuche Gold zu ge-winnen 6. Glaubers Mitarbeiter aus der Wertheimer und Kitzinger Zeit, Johann Daniel Craff t (1624–1697), der zunächst mit Glauber nach Amsterdam gegangen war, arbeitete von 1661bis 1673 für Johann Philipp von Schönborn. Der Arzt, Alchemist und Technologe Johann Joachim Becher (1635–1682) war von 1660 bis 1664 bei ihm „Hofmedicus und Mathemati-cus“. Der Universalgelehrte Gottfried Wilhelm Leibniz (1646–1716) weilte von 1667 bis 1671 am Mainzer Hof 7.

Was brachte Johann Philipp von Schönborn dazu, Naturwissenschaftler und Technologen um sich zu versammeln? Welche Rolle spielte dabei Glauber? Goldmachen zur leichten Ge-winnung unermesslichen Reichtums, wie es damals Scharlatane versprachen, konnte nicht das wesentliche Ziel gewesen sein. Da es aufgrund der damaligen naturwissenschaftlichen Anschauungen allerdings prinzipiell für möglich gehalten wurde, war es ganz seriös immer-hin ein Ziel unter mehreren. Gemeinsam war den im Kontakt mit dem Hofe stehenden und von ihm protegierten Alchemisten, Technologen und Unternehmern ihr Einsatz für den Ka-meralismus, die deutsche Ausprägung des Merkantilismus, wodurch das Handwerk zu ei-ner systematisierten, vorindustriellen Form der Produktion weiterentwickelt werden sollte. Johann Philipp von Schönborn betrieb somit eine aktive Wirtschaftsförderungspolitik, die erst recht notwendig war, um den wirtschaftlichen Aufbau des durch den dreißigjährigen Krieg ausgelaugten Deutschland zu fördern. Werner Loibl schreibt dazu in seiner Biographie über Glaubers Mitarbeiter Johann Daniel Craff t:

„Er 8 verwies auf die Lebensläufe von Johann Joachim Becher, Philipp Wilhelm von Hörnigk, Wilhelm von Schröder und Gottfried Wilhelm Leibniz, die alle mit dem Mainzer Hof um Johann Philipp von Schönborn verbunden waren. Seine Argumenta-tion wäre noch überzeugender gewesen, hätte er die Biographien Johann Rudolph Glau-bers, Martin Elers’ und Johann Daniel Craff ts gekannt und dazu genommen. Alle drei entsprechen ebenso den begriffl ichen Voraussetzungen für einen Kameralisten, wie die vorgenannten, sie waren ebenfalls gleichzeitig Merkantilist, Volks- und Privatwirt sowie Politiker. Entscheidend für die spezielle deutsche Ausformung des Merkantilismus ist die herrschaftsbezogene, staatlich ordnende und kontrollierende Wirtschaftspolitik, die nicht vor protektionistischen Maßnahmen zurückschreckt – keiner dieser Th eoretiker der Wirtschaftslenkung einer absolutistischen Gesellschaftsordnung wollte und konnte dies übersehen. Doch ... erstaunt das Fehlen von Glauber in der gesamten Kameralistik-Literatur und kann nur in dessen übergewichtiger Klassifi zierung als früher Chemiker eine Erklärung fi nden. Doch gerade von ... [ihm] gingen die entscheidenden Impulse

98

auf alle Kameralisten aus. Nachweislich geschah dies weniger durch Glaubers Publika-tionen als vielmehr durch den direkten Kontakt zu Craff t und Becher in den prägenden Epochen ihres Lebens“. 9

Glaubers Arbeitsthemen und Forschungsergebnisse in KitzingenGlauber war 1651 bis 1654 in Kitzingen in einer intensiven Schaff ensperiode. An den Bü-chern, die im Zusammenhang damit herauskamen, kann man ablesen, womit er sich in die-ser Zeit vornehmlich beschäftigte:- Furni Novi Philosophici in lateinischer Sprache, Frankfurt 1652- Pharmacopoea Spagyrica, Nürnberg 1654 - Opus Minerale in drei Teilen, Frankfurt 1651- Miraculum Mundi Frankfurt 1653- Des Teutschlands Wolfahrt oder Prosperitas Germaniae, Amsterdam ab 1656- Gründliche und wahrhaftige Beschreibung/ Wie man aus der Weinhefe einen guten Weinstein in grosser Menge extrahiren soll, Nürnberg 1654

Zu Glaubers bedeutendsten Werken gehören „Furni Novi Philosophici oder Beschreibung einer New-erfundenen Distillirkunst“ und „Pharmacopoea Spagyrica“. „Furni“ war bereits vor dem Umzug nach Deutschland in deutscher Sprache erschienen und hatte viel Beachtung gefunden. Wohl um die Verbreitung auch in internationalen Gelehrtenkreisen zu fördern, kam 1652 in Frankfurt eine lateinischsprachige Ausgabe heraus.

„Pharmacopoea Spagyrica“ ist sein Standardwerk der Arzneimittelherstellung nach der von Paracelsus entwickelten spagyrischen Methode. Hieran muss er auch in Kitzingen noch gearbeitet haben.

Das im Jahre seines Umzugs nach Kitzingen in Frankfurt veröff entlichte „Opus Minerale“ beschäftigt sich intensiv mit Metallen in all den Aspekten, die damals von Bedeutung waren: Teil I handelt von der Raffi nation des Bleis und Antimons sowie von der Herstellung antimon-haltiger Arzneimittel. In Teil II entwickelt Glauber seine eigene Version der damals anerkann-ten Sulfur-Merkur-Theorie einschließlich seiner Ansichten über die Entstehung der Metalle in der Erde. Teil III schließlich geht auf das eigentliche Goldmachen ein. Nirgends in Glaubers Werk fi nden sich Angaben zu seinem praktischen Vorgehen auf diesem Gebiet so gehäuft wie hier. In „Glauberus Redivivus“ schreibt er über seine Metallforschungen in Kitzingen, wohl auch nach der Erfahrung in Wertheim, wo er nur der „Goldtmacher“ hieß:

„dieweilen aber zu solcher Metallischen Arbeit (nicht allein wegen deß Absehens/ sondern auch wegen der nachreden willen) man nicht gern jederman darzu kommen lässt/ auch umb Geschnudels unverständiger Mäuler (wann der jene dieses[,] der ander jenes zu sagen pfl egt) sich enteussern/ und den Goldmachers Nahmen nicht haben will/ also habe ich ein solch Werck auß der Heff en (pro forma zu thun) vorgenommen gehabt/ und doch gleichwol in Metallicis etwas in Stille thun können“. 10

99

Kap. 5

„Miraculum Mundi“ handelt großenteils von den Substanzen Salpeter und Pottasche, wie man sie herstellt und was man alles damit anfangen kann. Es ist als ein frühes kameralisti-sches Werk anzusehen.

Das Buch „Des Teutschlandes Wolfahrt“ erschien zwar erst ab 1656 in Amsterdam, Glauber muss aber schon in der Kitzinger Zeit daran gearbeitet haben. Es ist dasjenige Werk, das am deutlichsten auf Wirtschaftsförderung Bezug nimmt. Briefe seines Mitarbeiters Johann Daniel Craff t werfen dabei ein Licht auf metallurgische Aktivitäten auch im großtechnischen Maß-stab. 1653 schickt Glauber Craff t nach Goslar, um dort drei Öfen zu „der hiesigen erz ander-weitlicher gutmachung“ 11 zu errichten. Um welches Metall es dabei ging, ist aus diesem Brief Craff ts nicht klar ersichtlich. Im Zusammenhang mit der Erfi ndung eines Milchglases, dessen weiße Trübung durch Knochenasche bewirkt wird, erwähnt Craff t später, er habe in Goslar, um Bleiverluste zu vermeiden, in einem Ofen einen Boden aus Knochenasche gemacht 12. (In spezielle Tiegel, die Kupellen, eingestampfte Knochenasche diente bei der Edelmetallanaly-tik im Labor zum Aufsaugen von geschmolzenem Bleioxid; s. auch Kap. 12) Damit führt eine Spur zum Zink, einem Begleitmetall in den Goslarer Bleierzen. In „Des Teutschlandts Wolfahrt“ zeigt Glauber eine erstaunlich detaillierte Kenntnis gerade des Goslarer Erzes und des Weges, den das Zink im dortigen Hüttenprozeß nimmt, sodass man annehmen kann, dass diese In-formationen mit Craff ts Ofenbauarbeiten in Zusammenhang stehen:

„wie zu Goßlar geschicht/ da unter dem Zinck-Erz auch Bley bricht/ und den Nah-men eines Bley-erzes hat/ da doch 4. mahl so viel Zinck in dem Erz ist/ als Bley/ dannoch verbrennen sie den Zinck umb das Bley zu haben/ welches auch etwas Silber führet/ und in dem schmelzen raucht der Zinck nach seiner art als ein fl üchtiges und verbrenliches Mineral davon/ und sublimirt sich an die wände des Ofens/ also daß die Schmelzer denselben zum off tern abstossen müssen/ daß der Ofen nicht davon zuwachse und en-ger werde/ ... Wird also aus unerkäntnus selbigen Erzes Jährlichs ein grosse Quantität Zinckes verbrant und verlohren/ bisweilen samlen die Schmelzer etwas von dem Zinck welcher gar schon ist/ und solte man selbige Erz gar mit besseren nutzen schmelzen/ wann man den Zinck nicht also verbränte/ und im rauch hinweg triebe; dieweilen aber den Menschen die alte gewohnheit übel zu benehmen/ muß mans also gehen lassen/ so aber dasselbige Erz nach gebühr tractiret/ und der Zinck behalten würde/ käme ein viel grösserer nutzen aus als jetzt geschicht“. 13

Der Nutzen bestand darin, dass das Zink in größerer Menge in metallischer Form in Europa gewonnen werden könnte und nicht teuer aus Asien 14 („es wird aber ein grosse Quantität/ Jährlichs aus Ost-India von den Kaufl euten zu uns gebracht“) 15 eingeführt werden müss-te. Der bittere Unterton in der Feststellung, dass den Menschen die alte Gewohnheit, das Zink zu verbrennen, statt es als Metall zu gewinnen, übel zu benehmen, d. h. nur schwer auszutrei-ben sei, deutet darauf hin, dass Glauber, ggf. durch seinen Mitarbeiter Craff t, versucht hat, die Goslarer Hüttenleute von einer Änderung ihres metallurgischen Prozesses zu überzeugen.

Auch in der Kupfergewinnung engagiert sich Glauber. Er schlägt vor, niedrighaltige Kup-fererze, die im Schmelzofen fast kein Metall erbringen, mit Abfallsäuren auszulaugen und das

100

Kupfer durch Einlegen von Eisenschrott in die Lösung abzuscheiden: „Alle scharff e solvierende Wässer taugen zu dieser Extraction, als Holz- oder Korn-

Eßig/ am leichtesten aber Sal comm. (= gewöhnliches Salz) und saure Wein-Hefenwasser/ wovon der Brandwein destillirt ist. Man schüttet nemlich die klein gemahlnen Erze in platte kupferne Kessel ungefehr einer Spannen hoch/ das saure Wasser drüber gossen/ daß es ungefehr einer queeren Hand hoch drüber gehe/ laß kochen/ rühre es ohn Unterlaß mit einem Rühr-Holz wohl untereinander 1. ad 2. Stunden lang/ biß das Wasser hoch-grün worden/ lasse es ablauff en/ giesse ein neues auf/ u. s. f. biß alles extrahirt. Wann man nun dieser sehr saturirten Wasser ein gut Th eil hat/ legt man 2. Tage und Nächte alt Eisen hinein/ so praecipitiert (= fällt) sich das Kupfer dran/ und das Wasser wird klar und weiß“ 16.

Dieses Verfahren wurde off ensichtlich auch an realen Gesteinsproben praktiziert. In „Des Teutschlandes Wohlfahrt, Dritter Theil“ schreibt er:

„Mit Eßig habe ich auf dem Haßberg gegen Köningshofen aus dem armen Kupfererzt/ welches/ wegen Mangels des Schwefelkieses/ sintemal es nur in einem grauen Sandstein stehet/ unfl üßig ist/ 12. biß 16. Pfund Kupfer aus dem Center (= Zentner) gezogen/ da man im Schmelzen kaum 4 Pfund ausbringt. Mit Holz-Essig könnte es nützlich gethan werden“. 17

Aus dem erwähnten Brief von Philipp Erwein von Schönborn aus dem Jahre 1659 wissen wir, dass Glaubers Besucher Proben grüner Kupfer-Oxidationserze aus dem Spessart für Ver-suche nach Amsterdam mitgebracht hatten:

„so hatt er auch ingleichem, wie auß den armen kupff er ertzen das kupff er kann ausgelaugt werden, in einer würcklichen prob mitt ettwass Spessarter grühnen kupff er glimmers, darauss durch schmeltzen nichts herauss zu pringen undt ich mitt herunder genomme gezeigt, ich hoff dises solle sich practiciren lassen, ist ein leichte undt gewisse prob“. 18

Es ist heute nicht mehr nachzuvoll-ziehen, aus welchem Bergwerk oder auch Tagebau im Spessart die Probe stammte. Wahrscheinlich ist die Her-kunft aus dem Kupferschiefer-Berg-bau 19, etwa bei den Ortschaften Bieber, Sailauf, Laufach, Hailer, Geislitz oder

Abb. 5: Ausblühungen sekundärer Kupfermineralien, Ta-gebauwand beim Besucherbergwerk Grube Wilhelmine in Sommerkahl um 1980 ( Foto Joachim Lorenz, Karlstein)

101

Kap. 5

Sommerkahl. Kräftig grüne sekundäre Kupfererze, die auf den ersten Blick viel mehr Metall vortäuschen, als in ihnen enthalten ist, sind heute noch z. B. in der Umgebung des Besucher-bergwerks Grube Wilhelmine 20 in Sommerkahl im Spessart zu bewundern. Das Bergwerk existierte in dieser Form zu Glaubers Zeit jedoch noch nicht.1885 gab es dort Bestrebungen, aus den Armerzen Kupfer durch ein Laugungsverfahren wie von Glauber beschrieben zu ge-winnen. 21

In „Miraculum Mundi“ wie in „Des Teutschlandes Wohlfahrt“ geht Glauber auf die Salpe-terherstellung ein. Dies geschah nach einem aufwendigen biotechnologischen Verfahren, das vor Glauber schon von Lazarus Ercker beschrieben worden war. 22 Glauber zitiert wörtlich Lazarus Ercker, führt aber auch eigene Verbesserungen an:

„Rec. (= nimm) zerfallenen Stein-Kalch (= Kalk) und Holz-Asche ana (= zu gleichen Teilen), kurzen Vieh-Mist 2 p. (= Teile), mische es in einem hölzernen Trog mit Urin an/ so dick/ als möglich. Darnach mache ein Gewölb von Brettern/ 3. ad 6. Schuh breit und hoch/ und 12. Schuhe lang. Dieses überziehe mit obiger Mixtur einer queeren Hand dick über und über/ gleichwie man sonsten mit Steinen über hölzerne Gerüst Ge-

wölber auff zusetzen pfl eget. Wann alles wohl verrichtet/ solle man unter das Gewölb erstlich ein klein Feuerlein machen/ auf daß das Gerüst nicht alsobald angehen und verbrennen/ sondern solan-ge stehen bleiben möge/ biß der Überzug von der Mix-tur ganz trocken/ alsdann solle man wieder eine quee-re Hand hoch Mixtur auf die erste schlagen/ so wird diese die Feuchtigkeit bald an sich ziehen/ und die neue trocken werden/ dann wie-der so drauf geschlagen/ biß endlich das Gewölb 1. oder 2. Fuß dick worden/ dann kann man das hölzerne Ge-rüst immer weg brennen/ so ist das Gewölb fertig/ Salpe-ter in copia (= Menge) drauf zu machen. ... Es ist auch besser/ wann die Gewölber

Abb. 6: Salpetermieten nach Lazarus Ercker, Beschreibung allerfürne-misten mineralischen Erzt- und Bergwercksarten... , Frankfurt 1629, S. 133/2 (Bild: SLUB online unter: http://digital.slub-dresden.de/pp-n26446415X)

102

lang und schmal seynd/ und man das Feuer an einem Ort unter-macht/ so ziehet sich die Hitze fein durch/ und erhält das Ge-wölb in steter Wärme. Wanns nun durchaus wohl trocken/ muß es wieder mit animalischen Urin befeuchtet werden ... Dieses Begiessen mit Urin und Wieder-trocknen continuiert man so lan-ge/ biß das Gewölb nichts mehr anziehen will/ so etwan in 4. ad 6. Wochen geschiehet: dann solle man an unterschiedlichen Orten des Gewölbs ein Stücklein abschlagen/ pulverisiren/ mit Wasser auslaugen/ fi ltriren/ ad cuticul. evaporiren (= eindamp-fen, bis die Lösung ein kristallines Häutchen bildet)/ schiessen (= kris-tallisieren) und trocken werden lassen/ auf einer glühenden Koh-len probiren/ wann es nun bren-net/ so zerschlägt man das ganze Gewölb/ mahlt es klein/ lauget es aus/ läßts an einem kalten Ort schiessen“. 23

Schließlich sei, als die Schrift, die mit Glaubers Schicksal in Kitzingen am stärksten ver-bunden ist, das Buch über die manufakturmäßige Herstellung von Weinstein aus Weinhefen nicht vergessen (s. Abb. auf S. 13). Der darin beschriebene Prozess hat wesentlich Glaubers Ruhm als Vater der technischen Chemie begründet, denn er enthält schon die wesentlichen Kennzeichen eines heutigen Produktionsprozesses in der chemischen Industrie: die Kreislauf-führung und die Vermeidung von Abfällen durch Umwandlung in verkaufsfähige Nebenpro-dukte. Gereinigter Weinstein wurde durch Glühen in reine Pottasche verwandelt.

Diese wiederum war nicht nur das im alchemistischen Labor allgemein einsetzbare Alkali, eine Grundchemikalie wie heute Soda und Natronlauge, sondern aufgrund seiner Reinheit geeignet zum Erschmelzen von farblosen Gläsern, die in der Qualität über das ansonsten ver-breitete Waldglas hinausgingen. Glauber hatte die Weinsteinproduktion als öff entlich sicht-bare Tätigkeit geplant, um im Verborgenen an der „Verbesserung der Metalle“ arbeiten zu können. Dazu hatte er sich 1652 von Johann Philipp von Schönborn ein auf drei Jahre befris-

Abb. 7: Läuterung des Salpeters durch Kristallisation nach La-zarus Ercker, Beschreibung allerfürnemisten mineralischen Erzt- und Bergwercksarten... , Frankfurt 1629, S. 130/1 (Bild: SLUB online unter: http://digital.slub-dresden.de/ppn26446415X)

103

Kap. 5

tetes Privileg, eine Art Vorkaufsrecht, erteilen lassen. Mit den Auswirkungen seiner dadurch gewonnenen Monopolstellung auf die Kitzinger Gesellschaft hatte er jedoch off ensichtlich nicht gerechnet. Er schreibt in „Glauberus Redivivus:

„… mein Laboratorium auff gericht/ unnd mit ernst einige nutzliche Inventiones werckstellig zu machen/ darunter auch gewesen den Wein auß der Heff en zu pressen/ zu Essig zu machen/ und auß dem rest den Weinstein in mengte zu ziehen vorgenommen/

dieweilen das Werck weitläuff tig/ und ich sol-ches nicht lang geheimb halten können/ und besorgen müssen/ dass es andere bald auch thun möchten/ habe ich gut eracht zu seyn ein Privile-gium, daß es niemand neben mir thun möchte/ zu wegen zu bringen/ und bey Ihr Churfürstl. Gnad. zu Maynz/ als Bischoff en zu Würzburg/ und Regierenden Herzogen in Francken/ un-terthänigst darumb angesucht/ mit welchem Sie mir dann alsobalden willfahrt/ und ein solches Privilegium gnädigst ertheilt/ darauff ich angefangen die Pressen, Kessel unnd andere nottürftige Instrumenten machen zu lassen/ da ich aber vermeynt/ die Heff en in grosser mengte zu bekommen/ haben sich die Küyff er/ welche sonsten selbige zu Brantenwein zu brennen im gebrauch gehabt/ darwider gelegt/ und nicht leiden wollen/ daß jemand anders solche ein-kauff en/ und zu anderm Gebrauch anwenden möchte/ sich berathschlaget und beschlossen/ solches mit gewalt zu wehren/ weilen ich dann gesehen/ daß ich leichtlich mit einem hauff en trunckenen Pölzen in action kommen möchte/ habe den Nutzen/ so ich davon haben können/ hindan gesetzt/ und lieber solchen entrathen/ als in Gefahr geniessen wollen“ 24

Dieser Aufruhr gegen ihn hat ihn nach eigenen Angaben veranlasst, Kitzingen zu verlassen und

wieder nach Amsterdam zu ziehen. Nach erhaltenen Briefen von Johann Daniel Craff t 25 war der Kurfürst mit diesem Wegzug nicht einverstanden. Nach einigen Jahren der Protegierung erwartete er zumindest ein Arbeitsergebnis in greifbarer, das heißt auch für andere praktizier-barer Form. Dieses erhielt er in Gestalt des Buches über die Weinsteinproduktion 26, das eine umfangreiche Widmung an Johann Philipp von Schönborn enthält.

Abb. 8: Titelblatt des Buches „Gründliche und warhaff tige Beschreibung / Wie man auß der Weinhefen einen guten Weinstein in grosser Menge extrahiren soll.“ (Bild: SLUB online unter: http://digital.slub-dresden.de/ppn278880533)

104

WeggefährtenIm Folgenden werden einige Menschen charakterisiert, die auf die eine oder andere Weise

mit Glaubers Kitzinger Zeit verbunden sind und die auch voneinander wussten.

Johann Daniel Craff t (1624–1697) wurde in Wertheim geboren, war 20 Jahre jünger als Glauber und hatte ein abgebrochenes Medizinstudium in Jena hinter sich, als er möglicher-weise schon in dessen Wertheimer Zeit um 1650/51 zu Glauber stieß. Werner Loibl hat über ihn eine ausführliche Biographie 26 vorgelegt. Glauber erwähnt ihn in seinen Schriften nicht, über das Verhältnis der beiden wissen wir überwiegend aus Craff ts eigenen Zeugnissen. Es muss eine gute Zusammenarbeit gewesen sein, er zog sogar mit ihm von Kitzingen weg nach Amsterdam und trat nach Glaubers plötzlichem Abschied aus Kitzingen gegenüber Johann Philipp von Schönborn als Vermittler auf 27. Ab 1661, nach der krankheitsbedingten Aufl ö-sung von Glaubers großem Labor in Amsterdam, arbeitete er bis 1673 für Johann Philipp von Schönborn als Hofalchemist und Technologieberater. Craff t hat sich zeitlebens positiv über Glauber geäußert 28. Glauber schickte ihn auch auf Einsätze in andere Fürstentümer, um dort neuartige Öfen zur Metallgewinnung zu bauen, so z. B. 1653 nach Goslar. Noch 1691 berichtet Craff t in einem Brief, er wolle nach Goslar, um zu sehen, ob sein Ofen noch stehe. 29

Christoph/ Christof Fahrner/Farner (1616–1683/1688) kam in Kitzingen als Mitarbeiter zu Glauber. Er war Schulmeister in Löchgau und „Speyrischen Domstifts Schaff ner“, also Guts-verwalter. Zwischen ihm und Glauber entwickelte sich zunächst eine enge Freundschaft, die aber nach wenigen Jahren in heftige Abneigung umschlug. Beide haben ihre Ausein-andersetzung öff entlich ausgetragen, wenn auch nicht gerichtlich. Glauber hat gegen ihn drei Schmähschriften publiziert: „Apologia oder Verthaidigung gegen Christoff Farners Lü-gen und Ehrabschneidungen“, Frankfurt 1655; „Glauberus Redivivus; das ist: Der von Falschen Giff tigen Zungen ermordte / und mit Lügen und Lästermäulern gleichsam begrabene / nun aber durch Hülff und Zeugnuss der Wahrheit wieder auff gestandene Johann Rudolff Glauber: Oder Klarer Beweis/ dass Christoff Farners/ Speyrischen Dohm-Stiff ts Schaff ners / falschgen-andte Apologia nichts anders / als lauter / aus Neid und Hass erdichte Lügen seyen“, Frankfurt 1656; „Testimonium Veritatis“, Amsterdam 1657. Diese Streitschriften sind für die Glauber-For-schung die wichtigste Quelle für autobiographische Angaben. Glauber wirft Fahrner vor al-lem vor, vertrauliche Produktionsvorschriften auf eigene Rechnung verkauft und bei anderen Rezepturen behauptet zu haben, sie funktionierten nicht, dabei läge es nur an seiner eigenen experimentellen Unfähigkeit. 30 Glauber blieb jahrelang verbittert, noch 1660 in Amsterdam vergleicht er ihn mit giftigen und stinkenden Substanzen:

„O Farner und Hartprecht, wie werdet ihr einmal mit eurem bösen giff tigen Anhang dem fl üchtigen Kobolt Erz/ Arsenico und Ratten-kraut/ so ihr nicht vom bösen abstehet/ und busse thut/ vor dem Richter-stuhl Gottes/ unnd aller Welt so schwarz und fi nster bestehen/ ja schwarzer als ein stinckende Stein-Kohlen“. 31

Fahrner hat der Skandal um die Trennung von Glauber wohl eher genützt, wurde er doch

105

Kap. 5

dadurch bekannt als derjenige, der ebenfalls über Glaubers Laborgeheimnisse Bescheid wusste. 1679 erwähnt Johann Daniel Craff t, dass Fahrner bei Johann Joachim Becher als La-borant arbeite.

Johann Joachim Becher (1635–1682) ist bekannt als ein bedeutender Alchemist, Techno-loge und Kameralist der Generation nach Glauber. Zu Glaubers Kitzinger Zeit war er weniger als 20 Jahre alt. Der erste Kontakt der beiden erfolgte erst danach, im Januar 1660, als Johann Philipp von Schönborn Becher nach Amsterdam zu Glauber schickte. Im Juni 1660, wenige Monate nach seiner Rückkehr, ernannte er ihn bereits zum „Hofmedicus und Mathematicus“. Vorbereitet wurde diese Reise durch einen Besuch von Johann Erwein von Schönborn, des Bruders des Kurfürsten. Er war 1659 in Begleitung des Arztes Dr. Rapp bei Glauber in Amster-dam,

„gründtlich zu hören, was der Glauber vor wissenschaff t hat ... Ehr hatt uns auch wie er die sandigte fellder zu düngen vermeint gezeigt undt einen process wie ehr mitt grossem nutzen durch vermischung zins antimony kupff er undt bleyhs, silber und gollt heraus scheiden will, wann es in allen proben tuht wie er uns gezeigt hatt, wehre es nicht zu verwerff en ... er vermeint man sollte yemandt schicken so es mitt allen handtgriff en recht bey ihm lehrnen mögte. Ist hernacher wann es mitt nuttzen zu werck gestellt wirdt einer discretion gewertig“. 32

Wenige Monate später wurde dieser Vorschlag in die Tat umgesetzt und der 24jährige, noch nicht zum Medizinstudium eingeschriebene Becher zu dem 55- oder 56jährigen Glau-ber nach Amsterdam geschickt. Auch 1664, nun im Dienst des Kurfürsten von Bayern, soll er noch einmal bei Glauber in Amsterdam gewesen sein. Ein Jahr nach seinem ersten Besuch, 1661, publizierte er unter dem Pseudonym Antiglauberus und dem Anagramm „Hai soo muß ich ja berechnen“ = „Johann Joachim Becher sueß“ das Buch „Glauberus Refutatus ...“ 33, in dem er Glauber in dessen eigenen Werken Irrtümer nachzuweisen versucht. So macht er sich lustig über Glaubers – heute immer noch praktiziertes – Verfahren der Kessellaugung von armen Kupfererzen mit Säuren: Die benötigten Chemikalien seien ja teurer als das gewinn-bare Kupfer! Deutlich wird, dass er sich bei dieser Behauptung nicht auf eigene Laborpraxis, sondern auf eine grobe Überschlagsrechnung vom Schreibtisch aus stützt. Immerhin musste er für die Fehlersuche eine ganze Reihe von Glaubers Büchern durcharbeiten und wird trotz allem viel dabei gelernt haben. Gottfried Wilhelm Leibniz (1646–1716) schreibt über Becher:

„Ich der D. Bechern gar wohl gekennet, und zum öff tern mit ihm conversiret, weis alzuwohl, daß seine worthe ganz kein Evangelium gewesen, und dass es ihm an gründt-licher Wißenschaff t in denen Dingen so er ausgeben, off t sehr ermangelt ... Wenn er aber in den schrancken blieben wäre, und sich der geziemenden bescheidenheit und aufrich-tigkeit gebrauchet hätte, so hätte er viel Nützliches richten können.“ 34 Und an einer anderen Stelle:

„Ich habe über ihn von Leuten, denen er nur aus seinen Schriften bekannt ist, die entgegengesetzten Urteile erfahren. Diejenigen, welche seine weit und breit bekannten

106

Schwindeleien recht wohl kennen, legen auf nichts von ihm Wert, andere dagegen halten ihn für einen großen Philosophen und beinahe für einen Adepten.“ 35

Johann Daniel Craff t, Glaubers Mitarbeiter bis 1661, arbeitete mit Becher off ensichtlich im-mer wieder vertrauensvoll zusammen, kam aber am Ende zu einem ähnlichen Urteil wie Leib-niz. Becher war bekannt für seine Abneigung gegenüber Laborarbeit, während Glauber stolz darauf war, „selbst die Hand in die Kolen zu stecken“. So profi tierte Becher, ohne je Mitarbeiter von Glauber gewesen zu sein, von dessen theoretischen und praktischen Kenntnissen auf dreifache Weise: durch seine Bücher, durch persönliche Gespräche und durch die Laborerfah-rung von Glaubers ehemaligem Mitarbeiter Fahrner, der später Bechers Laborant war.

1 Dahm, Christoph, in: Biographisch-bibliographisches Kirchenlexikon, Bands IX (1995), Spalten 633 - 636 http://www.kirchenlexikon.de/s/s1/schoenborn_j_p.shtml

2 Glauber, Johann Rudolph, Glauberus Redivivus; Das ist: Der von falschen und Giff tigen Zungen ermordte/ und mit Lügen und Lästermäulern gleichsam begrabene/ nun aber durch Hülff und Zeugnuß der Warheit wieder auff gestandene Johann Rudolff Glauber …, Frankfurt 1656, S. 70

3 ebd., S. 72

4 Langguth, Erich, Johann Rudolph Glauber weilte 1650/51 in Wertheim, in: WertheimJb Jg. 1997, S. 47-54

5 Glauber, Johann Rudolph, Glauberus Redivivus; Das ist: Der von falschen und Giff tigen Zungen ermordte/ und mit Lügen und Lästermäulern gleichsam begrabene/ nun aber durch Hülff und Zeugnuß der Warheit wieder auff gestandene Johann Rudolff Glauber …, Frankfurt 1656, S. 79/ 80

6 Brief im Staatsarchiv Würzburg: 30. September 1659, StAWÜ Korr. JP 2779

7 http://www.mainz.de/WGAPublisher/online/html/default/ekog-7tch36.de.html

8 Wiedeburg, Paul, Der junge Leibniz. Das Reich und Europa, Teil I Mainz (Darstellungs- und Anmerkungsband), Wiesbaden/ Frankfurt 1962

9 Loibl, Werner: Johann Daniel Craff t (geb. Wertheim 1624 – gest. Amsterdam 1697). Ein Chemiker, Kameralist und Unternehmer des 17. Jahrhunderts, in: WertheimJb Jg. 1997, S. 55-251; hier: S. 62

10 Glauber, Johann Rudolph, Glauberus Redivivus; Das ist: Der von falschen und Giff tigen Zungen ermordte/ und mit Lügen und Lästermäulern gleichsam begrabene/ nun aber durch Hülff und Zeugnuß der Warheit wieder auff gestandene Johann Rudolff Glauber …, Frankfurt 1656, S. 75

11 Loibl, Werner: Johann Daniel Craff t (geb. Wertheim 1624 – gest. Amsterdam 1697). Ein Chemiker, Kameralist und Unternehmer des 17. Jahrhunderts, in: WertheimJb Jg. 1997, S. 55–251; hier: S. 101, Originaldokument: 7. (17.) August 1653, StAWü Korr. JP 200312 ebd., S. 141

13 Glauber, Johann Rudolph, Opera Chymica, Band II, Frankfurt am Main 1659, S. 402/ 403, zugänglich z. B als Reprint Hildesheim 2004

14 Zink hat einen Siedepunkt von 907 °C, liegt bei Temperaturen, bei denen andere Metalle fl üssig sind, bereits gasförmig vor und kann mit dem Abgas den Ofen verlassen oder bei Luftzutritt zum Oxid

107

Kap. 5

verbrennen, daher die beschriebenen dicken Zinkoxidablagerungen in den Rauchfängen der Goslarer Hütten. Die Besonderheit der Zinkgewinnung liegt darin, die Zinkdämpfe zum fl üssigen bzw. festen Metall abzukühlen und währenddessen einen Kontakt mit Sauerstoff zu vermeiden. Dies hat Glauber richtig erkannt. Die Technologie der Zinkgewinnung wurde in Indien und China off ensichtlich viel früher beherrscht als in Europa, siehe z. B. Ullmanns Encyklopädie der technischen Chemie, Band 19, München 1969, S. 38/ 39 oder Schönnenbeck, M., Neumann, F.: Geschichte des Zink, seine Herstellung und seine Anwendung, online unter: http://www.rheinzink.de/media/ Geschichte_des_Zink.pdf

15 Glauber, Johann Rudolph, Opera Chymica, Band II, Frankfurt am Main 1659, S. 402

16 Glauber, Johann Rudolph, Des Teutschlandes Wohlfahrt, Fünff ter Theil, Cap. VII., in: Glauber, Johann Rudolph: Glauberus Concentratus oder Kern der Glauberischen Schriff ten, Leipzig und Breßlau 1715, S. 492/493

17 Glauber, Johann Rudolph, Des Teutschlandes Wohlfahrt, Dritter Theil, Cap. IX, ebd. S. 449

18 Brief vom 30. September 1659, Staatsarchiv Würzburg, StAWü Korr JP 2779

19 Lorenz, Joachim, Spessartsteine, Mitt. Naturwiss. Mus. Aschaff enburg 25 (Sonderband): 1–912, Aschaff enburg 2010, S. 715–72120 Internetauftritt: http://www.bergwerk-im-spessart.de21 Härche, R.: Bericht ... über einen Kupfer- Erzgruben- Complex om Spessart- Gebirge bei Laufach und Hösbach, Düsseldorf 1885, zitiert bei: Lorenz, Joachim, Spessartsteine, Mitt. Naturwiss. Mus. Aschaff enburg 25 (Sonderband): 1–912, Aschaff enburg 2010, S. 72122 Ercker, Lazarus: Beschreibung allerfürnemisten mineralischen Erzt- und Bergwercksarten... , Frankfurt 1629, S. 125–13423 Glauber, Johann Rudolph, Des Teutschlandes Wohlfahrt, Dritter Theil, Cap. II., in: Glauber, Johann Rudolph: Glauberus Concentratus oder Kern der Glauberischen Schriff ten, Leipzig und Breßlau 1715, S. 421/42224 Glauber, Johann Rudolph, Glauberus Redivivus; Das ist: Der von falschen und Giff tigen Zungen ermordte/ und mit Lügen und Lästermäulern gleichsam begrabene/ nun aber durch Hülff und Zeugnuß der Warheit wieder auff gestandene Johann Rudolff Glauber …, Frankfurt 1656, S. 73/ 7425 Loibl, Werner: Johann Daniel Craff t (geb. Wertheim 1624 – gest. Amsterdam 1697). Ein Chemiker, Kameralist und Unternehmer des 17. Jahrhunderts, in: WertheimJb Jg. 1997, S. 55–251, hier: S. 65/6626 Glauber, Johann Rudolph: Gründliche und warhaff tige Beschreibung/ Wie man auß der Weinhefen einen guten Weinstein in grosser Menge extrahiren soll, Nürnberg 1654 27 Loibl, Werner: Johann Daniel Craff t (geb. Wertheim 1624 – gest. Amsterdam 1697). Ein Chemiker, Kameralist und Unternehmer des 17. Jahrhunderts, in: WertheimJb Jg. 1997, S. 55–25128 ebd., S. 240/24129 ebd., S. 6730 ebd., S. 103/10431 Glauber, Johann Rudolph, Apologia Oder Verthaidigung/ Gegen Christoff Farners Lügen und Ehrabschneidung, Frankfurt 165532 Glauber, Johann Rudolph, Johannis Rudolphi Glauberi Reicher Schatz- und Sammelkasten Oder Appendix Generalis, 1. Centurie, Amsterdam 1660, S. 12033 Brief vom 30. September 1659, Staatsarchiv Würzburg, StAWü Korr JP 2779

108

34 Becher, Johann Joachim = Antiglauberus, Glauberus Refutatus Sev Glauberianarum Sophisticationum Centuria Prima, Eiusdem inutilium Processuum Centuriæ Primæ Opposita. Daß ist: Ein Hundert Lugen : oder Ohnnützliche/ Verführerische/ Betriegliche Chimische Proceß Auß Glaubers/ selbst eigenen Schriff ten zur Wiederlegung jhres Autoris vnnd Erhaltung der Wahrheit an Tag gegeben. / Durch Antiglauberum 1661

35 Loibl, Werner: Johann Daniel Craff t (geb. Wertheim 1624 – gest. Amsterdam 1697). Ein Chemiker, Kameralist und Unternehmer des 17. Jahrhunderts, in: WertheimJb Jg. 1997, S. 7436 ebd. S. 74

109

Kap. 5


Recommended