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Überlegungen zur pränominalen Nicht-Restriktivität

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Linguistische Berichte Sonderheft 16 . © Helmut Buske Verlag 2009 . ISSN 0935-9249 Überlegungen zur pränominalen Nicht-Restriktivität Cathrine Fabricius-Hansen 1 Einstieg * Die Dichotomie restriktiv nichtrestriktiv (auch: appositiv, parenthetisch, ex- plikativ, ...) ist mit Bezug auf Relativsätze allgemein verbreitet. Bekanntlich können Relativsätze in dieser Hinsicht auch mehrdeutig sein wenigstens in der Schrift und losgerissen vom Kontext; vgl. (1). (1) a. Die Studierenden, die weitgehend von Stipendien leben, erhalten einen Mietzuschuss. b. Diejenigen Studierenden, die weitgehend von Stipendien leben, erhal- ten einen Mietzuschuss. c. Die Studierenden sie leben weitgehend von Stipendien erhalten einen Mietzuschuss. Gegenstand dieses Beitrags sind jedoch nicht in erster Linie Relativsätze, son- dern nichtrestriktive pränominale Adjunkte. Denn auch vorangestellte Attribute kommen zumindest in den germanischen Sprachen in restriktiven und nichtre- striktiven Varianten vor; vgl. (2) und die nichtrestriktive Modifikation in (3). (2) a. Die schlecht verdienenden Studierenden erhalten einen Mietzuschuss. b. Diejenigen Studierenden, die schlecht verdienen, erhalten einen Miet- zuschuss. c. Studierende sie verdienen schlecht erhalten einen Mietzuschuss. (3) Eine Therapie, so fürchtete beispielsweise der norwegische Maler Ed- vard Munch (18621944), könne seine Schaffenskraft auslöschen. Ich möchte diese Leiden behalten, sie sind Teil von mir und meiner Kunst, erklärte der manisch-depressive Norweger seinen extremen Stimmungs- schwankungen zum Trotz. (Gehirn & Geist 5/2004: 52) Interessant ist diese Thematik aus mehreren Gründen: Zum einen ist der Begriff der (Nicht-)Restriktivität nicht so wohl definiert, wie es zunächst scheint. Zum anderen stellt die Beschreibung nichtrestriktiver Adjunkte insofern eine theoreti- sche Herausforderung dar, als Syntax und Semantik wie die Paraphrasen (1b), * Vorstadien dieses Beitrags wurden auf dem Symposium zu Ehren von Arnim von Stechow in Tübingen 03/2007, auf dem 9. LIPP-Symposium in München 06/2007, der Budapester Germanisten- konferenz Zwischen Grammatik und Pragmatik 10/2007, am Institut fur Deutsche Sprache in Mannheim 12/2007, an der Universität Oslo 11/2008 und beim Kolloquium zu Ehren von Marga Reis in Tübingen 03/2009 präsentiert. Ich danke den Teilnehmern an diesen Veranstaltungen für sehr nützliche Kommentare und Diskussionen. (S. auch Fabricius-Hansen 2009). Die vorliegende Fassung widme ich Marga Reis anlässlich ihrer Verabschiedung mit einem herzlichen Dank an beide Herausgeberinnen für wohl angebrachte Straffungsvorschläge.
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Linguistische Berichte Sonderheft 16 . © Helmut Buske Verlag 2009 . ISSN 0935-9249

Überlegungen zur pränominalen Nicht-Restriktivität

Cathrine Fabricius-Hansen

1 Einstieg*

Die Dichotomie �‚restriktiv �– nichtrestriktiv (auch: appositiv, parenthetisch, ex-plikativ, ...)�’ ist mit Bezug auf Relativsätze allgemein verbreitet. Bekanntlich können Relativsätze in dieser Hinsicht auch mehrdeutig sein �– wenigstens in der Schrift und losgerissen vom Kontext; vgl. (1). (1) a. Die Studierenden, die weitgehend von Stipendien leben, erhalten einen

Mietzuschuss. b. Diejenigen Studierenden, die weitgehend von Stipendien leben, erhal-

ten einen Mietzuschuss. c. Die Studierenden �– sie leben weitgehend von Stipendien �– erhalten

einen Mietzuschuss. Gegenstand dieses Beitrags sind jedoch nicht in erster Linie Relativsätze, son-dern nichtrestriktive pränominale Adjunkte. Denn auch vorangestellte Attribute kommen zumindest in den germanischen Sprachen in restriktiven und nichtre-striktiven Varianten vor; vgl. (2) und die nichtrestriktive Modifikation in (3). (2) a. Die schlecht verdienenden Studierenden erhalten einen Mietzuschuss. b. Diejenigen Studierenden, die schlecht verdienen, erhalten einen Miet-

zuschuss. c. Studierende �– sie verdienen schlecht �– erhalten einen Mietzuschuss. (3) Eine Therapie, so fürchtete beispielsweise der norwegische Maler Ed-

vard Munch (1862�–1944), könne seine Schaffenskraft auslöschen. �„Ich möchte diese Leiden behalten, sie sind Teil von mir und meiner Kunst�“, erklärte der manisch-depressive Norweger seinen extremen Stimmungs-schwankungen zum Trotz. (Gehirn & Geist 5/2004: 52)

Interessant ist diese Thematik aus mehreren Gründen: Zum einen ist der Begriff der (Nicht-)Restriktivität nicht so wohl definiert, wie es zunächst scheint. Zum anderen stellt die Beschreibung nichtrestriktiver Adjunkte insofern eine theoreti-sche Herausforderung dar, als Syntax und Semantik �– wie die Paraphrasen (1b),

* Vorstadien dieses Beitrags wurden auf dem Symposium zu Ehren von Arnim von Stechow in

Tübingen 03/2007, auf dem 9. LIPP-Symposium in München 06/2007, der Budapester Germanisten-konferenz �“Zwischen Grammatik und Pragmatik�” 10/2007, am Institut fur Deutsche Sprache in Mannheim 12/2007, an der Universität Oslo 11/2008 und beim Kolloquium zu Ehren von Marga Reis in Tübingen 03/2009 präsentiert. Ich danke den Teilnehmern an diesen Veranstaltungen für sehr nützliche Kommentare und Diskussionen. (S. auch Fabricius-Hansen 2009). Die vorliegende Fassung widme ich Marga Reis anlässlich ihrer Verabschiedung �– mit einem herzlichen Dank an beide Herausgeberinnen für wohl angebrachte Straffungsvorschläge.

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(1c) und (2b), (2c) zeigen �– scheinbar auseinander klaffen; dabei ist das Schnitt-stellenproblem bei pränominaler Nicht-Restriktivität noch gravierender als im postnominalen Fall. Schließlich verdient die pränominale Nicht-Restriktivität, wie (3) veranschaulicht, auch aus textbezogener Perspektive unser Interesse, u.a. als ein Mittel, neue Information sozusagen unter der Hand in den Diskurs �„hineinzuschmuggeln�“. So fügen sich nichtrestriktive pränominale Attribute in die Reihe derjenigen syntaktisch-semantischen Erscheinungen, die zur �„kommu-nikativen Gewichtung�“ (Reis 1993a) beitragen �– und durch den Mismatch zwi-schen Syntax, Semantik und Diskursfunktion ein differenzierteres Verständnis tradierter Kategorisierungen wie �‚Koordination �– Subordination�’, �‚Nebenord-nung �– Unterordnung�’ erzwingen: Nichtrestriktive pränominale Adjunkte sind syntaktisch eindeutig untergeordnet, scheinen jedoch semantisch in gewissem Sinne selbstständigen Sätzen zu entsprechen �– und sind aus diskursstruktureller Sicht anscheinend doch wieder eher als untergeordnet einzustufen, ähnlich wie �„diskontinuative�“ nichtrestriktive Relativsätze (s. Ramm 2008; Holler 2008). Aus Platzgründen können die diskursstrukturellen Aspekte nichtrestriktiver Mo-difikation hier jedoch nicht im gebührenden Ausmaß berücksichtigt werden.

Im Folgenden erörtere ich zunächst die mit nichtrestriktiver Modifikation verbundenen Beschreibungsprobleme anhand unterschiedlicher Erklärungsver-suche (Abschnitt 2). Dabei wird deutlich, dass zwei verschiedene Arten der (pränominalen) Nicht-Restriktivität im Spiele sind, die ich als konzeptuelle und referenzielle Nicht-Restriktivität unterscheide (Abschnitt 3). Abschnitt 4 ist der pränominalen nichtrestriktiven Modifikation in definiten (nichtgenerischen) No-minalphrasen i.w.S. gewidmet. Ausgehend von der DP-Analyse für Nominal-phrasen argumentiere ich dafür, dass der Unterschied zwischen referenziell re-striktiver und nichtrestriktiver pränominaler Modifikation in definiten DPs auf Diskursebene angesiedelt ist und dass definite DPs, die (referenziell) nichtre-striktive pränominale Adjunkte enthalten, einen Spezialfall nicht kanonischer definiter Beschreibung darstellen. Abschnitt 5 fasst die Ergebnisse unter einer etwas breiteren Perspektive zusammen.

2 Adnominale Nicht-Restriktivität: Erklärungsversuche

2.1 Relativsätze (und andere postnominale Adjunkte)

Restriktive Relativsätze werden syntaktisch meistens als Adjunkte von N�’, d.h. unter der hier zugrunde gelegten DP-Analyse als NP-Adjunkte dargestellt, s. (4b). Semantisch liegt somit eine Eigenschaft (Individuenmenge) vor, die durch Abstraktion über den Relativsatz gebildet und bei der Adjunktion intersektiv mit der vom Kopf denotierten Eigenschaft (Individuenmenge) verknüpft wird (s. stellvertretend für viele Heim / Kratzer 1998: 86ff): Die Verknüpfung von Haus und in dem wir wohnten denotiert die Schnittmenge aller Häuser und aller Ge-genstände, in denen �‚wir�’ zur fraglichen Zeit wohnten; vgl. (4c).

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(4) a. Eines Morgens erschien in schwarzer, fetter Farbe auf der Mauer des Hauses, in dem wir wohnten, unter dem Küchenfenster eine Auf-schrift. (Amos Oz, Wie man Fanatiker kuriert. Suhrkamp 2004. S. 42.)

b. [DP desD [NP [NP HausesN] [CP in dem wir wohnten]]] c. {x| HAUS(x)} {x| WIR WOHNTEN IN x} Das Relativpronomen �– allgemeiner: der Relativierer �– eines restriktiven Rela-tivsatzes ist demnach, verkürzt ausgedrückt, kein �‚ordentliches�’ anaphorisches Pronomen (Diskursanapher), sondern eine gebundene Variable (Heim / Kratzer 1998: 96ff.).

Für nichtrestriktive Relativsätze wie in (5a) werden dagegen im Allgemei-nen eine andere syntaktische Struktur und eine andere Semantik angenommen (s. jedoch u.). (5) a. Die Vroni und Martin Krug sind kein Paar mehr. [�…] Als gesichert

kann aber gelten, dass sich das Paar, das sich so öffentlich liebte wie sonst kaum jemand in Deutschland, die Trennung reiflich überlegt hatte �– und zwar jeden einzelnen Schritt. (Vanity Fair 2008/50: 71)

b. �… dass sich das Paar �– es liebte sich so öffentlich wie sonst kaum jemand in Deutschland �– die Trennung reiflich überlegt hatte

Die unterschiedliche Analyse restriktiver und nichtrestriktiver Relativsätze wird allgemein damit begründet, dass der nichtrestriktive Relativsatz die Denotation der NP/des Kopfnomens nicht weiter einschränkt, sondern �„zusätzliche�“ Infor-mation über das referenzielle Argument der DP liefert. Demnach kann es sich beim Relativierer in diesem Fall semantisch nicht um eine gebundene Variable handeln: Der nichtrestriktive Relativsatz scheint wie ein selbstständiger Satz interpretiert zu werden, in dem das Relativpronomen als genuines Pronomen dient, das bei der anaphorischen Resolution mit dem referenziellen Argument der DP identifiziert wird (vgl. Heim / Kratzer 1998: 87): d.h. (5a) wird im Sinne von (5b) verstanden.1 Dabei weist das Relativpronomen bei quantifizierter Be-zugs-DP die Kennzeichen eines sog. �„E-type�“-Pronomens auf (Del Gobbo 2007: 176); vgl. (6b) als Paraphrase von (6a). (6) a. We invited few students, who arrived late. (s. Del Gobbo 2007: 176) b. We invited [few students]i. Theyi [i.e. the students we invited] arrived

late. Die scheinbare semantische Unabhängigkeit des nichtrestriktiven Relativsatzes vom Matrixsatz steht im Widerspruch zu seiner syntaktischen Abhängigkeit, die im Deutschen nicht zuletzt durch die Verb-Endstellung zum Ausdruck kommt. Die Frage ist nun, wie diese Diskrepanz zu erklären und auf welcher Ebene der Unterschied zwischen restriktiven und nichtrestriktiven Relativsätzen anzusie-deln ist.

1 Dem entspricht, dass der nichtrestriktive Relativierer z.B. im Englischen und in den skandina-

vischen Sprachen im Unterschied zum restriktiven nicht leer sein kann.

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Meist werden die beiden Typen (schon) syntaktisch differenziert, indem nichtrestriktive Relativsätze als Adjunkte auf einer syntaktisch höheren Ebene oder als syntaktisch nicht integrierte �„orphans�“, d.h. als Parenthesen, analysiert werden. Mit Arnold (2004) lassen sich derartige Explikationsversuche in drei Gruppen unterteilen:

(i) Der nichtrestriktive Relativsatz ist an die Nominalphrase, aber an DP, oberhalb des Determinators adjungiert (�„syntactic integration�“ nach Arnold 2004), und wird auch dort interpretiert; so etwa Jackendoff (1977), Persanowski (1980) und Zifonun / Hoffmann / Strecker (1997: 2007ff.).

(ii) Der nichtrestriktive Relativsatz wird noch höher im Baum adjungiert, und zwar an den Matrixsatz bzw. an CP (�„high attachment�“, �„non-radical orpha-nage�“). Hierher gehören u.a. Ross (1967), Emonds (1979) und McCawley (1988).

(iii) Der nichtrestriktive Relativsatz ist wie eine parenthetische Konstruktion strukturell losgelöst vom Matrixsatz (�„radical orphanage�“), s. z.B. Fabb (1990), Burton-Roberts (1999) und Huddleston / Pullum (2002).

Neben diesen �„Differenzhypothesen�“ liegen Analysen vor, die den nichtre-striktiven Relativsätzen keine Sonderstellung einräumen. So fasst Struckmeier (2007: 96f.) Relativsätze einheitlich als intersektive NP-Adjunkte auf und scheint dabei Nicht-Restriktivität als eine pragmatische Erscheinung zu betrach-ten. Sternefeld (2007) führt die �„appositive�“ Deutung darauf zurück, dass �„der Inhalt des appositiven RSatzes präsupponiert wird und somit ohnehin nicht zum Inhalt der DP oder des Satzes gehört�“, weshalb es �„müßig (bzw. unmöglich) [ist], die syntaktische Position des RSatzes semantisch (in Relation zum Artikel) bestimmen zu wollen�“ (2007: 378). In seiner ebenfalls einheitlichen Analyse sind Relativsätze allerdings nicht NP- oder DP-Adjunkte, sondern D-Komple-mente.

Nach Zifonun / Hoffmann / Strecker (1997:1990) ist der Restriktivitätsge-gensatz nicht nur bei Relativsätzen, sondern allgemein bei �„postnominalen Er-weiterungen�“ zu beobachten; dabei sind appositive Erweiterungen Zusatzinfor-mationen zur durch die nicht erweiterte Nominalphrase gegebenen Charak-teristik, restriktive Erweiterungen gehen in die Charakterisierung mit ein.

2.2 Pränominale Adjunkte

Die in Abschnitt 2.1 angedeuteten Beschreibungsprobleme werden im pränomi-nalen Bereich noch verstärkt. Als Beispiele mögen die kursiv markierten Ad-junkte in (7) und (8) dienen, zwischen denen ein Interpretationsunterschied der gleichen Art besteht wie zwischen den Relativsätzen in (4) und (5).

(7) Seither gelten die von Schmidt [�…] verfassten Essays und Bestseller als Ex-cathedra-Verkündigungen einer erfahrungsgesättigten, gleichsam letzten Instanz. (Vanity Fair 2008/50: 62)

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(8) [�…] Die Forscher stellten Rhesusaffen unter anderem vor folgende Wahl: Was darf�’s sein �– Apfel- oder Traubensaft. Ob sich die dürstenden Tiere für diesen oder jenen entschieden, war an der Blickrichtung auf ei-nem Bildschirm abzulesen. (Gehirn & Geist 2006/7�–8: 11)

Gehen wir �– etwas vereinfachend �– davon aus, dass restriktive Adjektivattribute wie Relativsätze Eigenschaften (Individuenmengen) denotieren und intersektiv mit dem Kopfnomen verknüpft werden. Wie kann dann der nichtrestriktiven Lesart Rechnung getragen werden? Anders als Relativsätze sind pränominale Adjektive nicht am äußeren Rand der DP, sondern zwischen Determinator und N-Kopf platziert. Ihre Nichtrestriktivität lässt sich also strukturell nicht unmit-telbar durch Adjunktion an DP, d.h. nach Alternative (i) im Abschnitt 2.1, er-klären; dagegen �– wie auch gegen Deutungen nach (ii) und (iii) �– sprechen auch die morphologischen Gegebenheiten. Eine ad hoc anmutende Erklärung nach dem Muster von (i) und (ii) im Abschnitt 2.1 hat dennoch Roehrs (2006) im Rahmen des generativen Paradigmas vorgelegt.

Eine andere Strategie verfolgt Potts (2005), der restriktive und nichtrestrikti-ve Adjunkte syntaktisch gleich (kanonisch) analysiert und den Unterschied se-mantisch expliziert. Erkauft wird die syntaktische Vereinfachung allerdings durch eine zweidimensionale Semantik: Restriktive Adjunkte sind Teil des �„at-issue content�“, nichtrestriktive Adjunkte und andere sog. �„supplements�“ werden als �„conventional implicatures�“ in einer eigenen semantischen Dimension reprä-sentiert, die beschränkt mit dem �„at-issue�“-Inhalt interagiert. Potts (2005) inte-ressiert sich dabei vorrangig für �„expressive�“ Modifikationen, die wie in (9) die Sprecher-Einstellung zum DP-Referenten zum Ausdruck bringen. (9) Ich kriege die verdammte Tür nicht auf Die Idee einer mehrdimensionalen Semantik hat auch Morzycki (2008) für die Behandlung von �„non-restrictive modifiers in non-parenthetical positions�“ ein-schließlich pränominaler Adjunkte aufgegriffen. Er diskutiert u.a. die quantifi-zierte DP in (10a), die restriktive (10b) wie nichtrestriktive (10c) Deutung des Adjektivs erlaubt. Für die Repräsentation von (10c) zieht Morzycki (2008: 115) v.Fintels (1994) �„contextually supplied resource domain variable�” C heran. Da-bei wird nicht ganz klar, was diese Variable spezifisch für die Differenzierung der restriktiven vs. nichtrestriktiven Lesart leistet �– was freilich nicht aus-schließt, dass sie tatsächlich relevant sein könnte (s. 4.4.2). Eine mehrdimen-sionale Semantik ist aber in jedem Fall ein aufwändiger Apparat, der nicht ohne sehr gute Gründe eingesetzt werden sollte. (10) a. Every unsuitable word was deleted. b. Every word that was unsuitable was deleted. c. Every word was deleted. The words were unsuitable. Umbach (2006) schlägt vor, dass die pränominale Modifikation indefiniter DPs auch im nichtrestriktiven Fall mit dem Nomen verknüpft wird, jedoch nicht in-tersektiv wie im restriktiven Fall, sondern durch Anwendung auf �„the kind de-

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noted by the noun�“. Ein einschlägiges Beispiel bietet (11).2 Für definite DPs un-terscheidet Umbach �– zusätzlich zur restriktiven Interpretation �–�„kind-related�“ und �„referent-related�“ Nicht-Restriktivität. (11) Ein Abschuss eines Flugzeugs, in dem sich neben den Entführern un-

schuldige Passagiere befinden, ist und bleibt verboten.

Potts (2005) und Umbach (2006) äußern sich beide zur Funktion nichtre-striktiver Adjunkte im informationsstrukturellen Zusammenhang. So dienen �„supplements�“ (d.h. konventionelle Implikaturen) nach Potts (2005: 33) dazu �„to introduce new, but deemphasized material�“, was z. T. im Widerspruch steht zur Beobachtung Umbachs (2006: 1), dass die nichtrestriktive Modifikation eine im gegebenen Kontext �„evidente�“ Eigenschaft ausdrücke. Umbach (2006: 2) kommt andererseits zu dem Schluss �„that the concept of focus vs. background and the concept of restrictive vs. non-restrictive modification are not just ortho-gonal but that non-restrictive modification does not take part in the focus/back-ground partition of the sentence�”.

Als Fazit dieses Überblicks ist festzustellen, dass bis jetzt keine zusammen-hängende, alle Spielarten umfassende und zugleich voll überzeugende Explika-tion der nichtrestriktiven (pränominalen) Modifikation vorliegt. Dieses Idealziel wird auch der vorliegende Beitrag nicht erreichen. Dafür werde ich die prototy-pische Variante pränominaler Nicht-Restriktivität �– nichtrestriktive Adjektiv-/ Partizipialadjunkte in definiten Nominalphrasen �– einer gründlicheren Betrach-tung unterziehen, die nicht zuletzt die Funktion derartiger Attribute in natür-lichen Texten stärker berücksichtigt, als dies in der bisherigen, weitgehend theo-retisch ausgerichteten Diskussion der Fall war.3 Zunächst scheint jedoch eine Begriffsklärung am Platze.

3 Zwei Arten der pränominalen Nicht-Restriktivität

Den von Umbach (2006) vorwiegend diskutierten Beispielen wie bunte Blumen, der kleine Pekinese, unschuldige Passagiere ist gemeinsam, dass das nichtre-striktive Adjektiv etwas Evidentes über den DP-Referenten ausdrückt. Das liegt daran, dass Entitäten, die unter das Kopfprädikat (NOM)4 fallen, in unseren Vor-stellungen gemeinhin die durch das Adjunkt ausgedrückte Eigenschaft (ADJ) be-sitzen (NOM ADJ), sei die Inklusionsrelation strikt semantisch (lediger Jung-geselle), in prototypisch strukturierten Begriffen (schwarzer Rabe, kleiner Peki-nese) oder in stereotypen Eigenschaftszuschreibungen bzw. Bewertungen (un-schuldiger Passagier, gemeiner Verräter) begründet. Die Nicht-Restriktivität ist

2 Gemeint ist bei (11) die Lesart, nach der die Entführer nicht zu den Passagieren gerechnet

werden �– d.h. die Lesart mit sog. weitem Fokus in der DP (UNschuldige PassaGIEre). 3 Eine ähnliche Zielsetzung verfolgt Brandt (1993), der es allerdings nicht primär um die

(Nicht-) Restriktivitätsproblematik geht; vgl. auch Loock (2007) mit Bezug auf �„appositive�“ Rela-tivsätze.

4 Der Kopf, dessen Bedeutung ich aus praktischen Gründen als NOM repräsentiere, ist entspre-chend der DP-Analyse eine NP, die einfach oder komplex sein kann.

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in diesen Fällen auf der NP-Ebene angesiedelt: die Denotation der NP wird durch die Modifikation nicht weiter eingeschränkt, und zwar (weitgehend) un-abhängig vom jeweiligen Kontext: (ADJ NOM = NOM). Vgl. dazu die Überle-gungen von Amos Oz: (12) Eines Morgens erschien in schwarzer, fetter Farbe auf der Mauer des

Hauses, in dem wir wohnten, [...] eine Aufschrift: �’Profus ist ein gemei-ner Verräter�’. Das Wort gemein ließ eine Frage aufkommen [...]: Kann es sein, daß ein Verräter nicht gemein ist? Wenn nicht, warum hatte Chita Resnik (ich hatte seine Handschrift erkannt) sich dann die Mühe ge-macht, das Wort gemein hinzuzufügen? Und wenn ja, wann ist ein Verrat keine gemeine Tat? (Amos Oz, Wie man Fanatiker kuriert. Suhrkamp 2004. S. 42.)

Anders liegt es in Fällen wie der manisch-depressive Norweger (3), die dürs-tenden Tiere (8) und die verdammte Tür (9). Hier schränkt die Modifikation grundsätzlich die NP-Denotation ein (ADJ NOM NOM): Manisch-depressiv zu sein ist keine prototypisch oder stereotypisch mit Norwegern verbundene Eigenschaft, Tiere (bzw. Rhesusaffen) dürsten nicht ständig, Türen werden nicht per se als verdammt bewertet. Nichtrestriktiv ist die Modifikation hingegen in dem Sinne, dass sie für die Etablierung der Referenz keine Rolle spielt: mit der modifizierten und der entsprechenden unmodifizierten DP wird im gegebenen Kontext auf ein und dieselbe Entität referiert: den norwegischen Maler Edvard Munch in (3), die am Experiment beteiligten Tiere (Rhesusaffen) in (8) und die aktuelle Tür in (9), die Gesamtheit der (kontextuell relevanten) Wörter in der nichtrestriktiven Lesart von (10). Ich werde mich im Folgenden auf diese kon-textbezogene, referenzielle Nicht-Restriktivität konzentrieren. Die auf die NP-Ebene bezogene Nicht-Restriktivität (Beispiel: gemeiner Verräter) sei konzep-tuell genannt. Sie wird uns weiterhin nur insofern beschäftigen, als sie im De-faultfall mit referenzieller Nicht-Restriktivität einhergeht.5 Die Umkehrung gilt nicht: Referenzielle Nicht-Restriktivität ist, wie wir gesehen haben, sehr wohl mit konzeptueller Restriktivität vereinbar.

Die obigen Betrachtungen lassen sich in den folgenden Thesen zusammen-fassen:

�– Restriktive und nichtrestriktive pränominale Adjektiv-/Partizipialattribute

haben syntaktisch denselben Status (als NP-Adjunkte) und tragen in dersel-ben Weise zur Bedeutung der NP bei:6 Wenn ADJ die Bedeutung des Ad-junkts und NOM die Bedeutung des NP-Kopfes ist, dann lässt sich die Be-deutung der modifizierten NP als prädikative DRS repräsentieren: x[x: ADJ(x), NOM(x)].7

5 Die Koppelung kann informationsstrukturell/prosodisch unterlaufen werden (ein geMEIner

Verräter); vgl. die Diskussion bei Umbach (2006). 6 �‚Bedeutung�’ als �„ordinary semantic value�“ (Rooth 1992) verstanden, d.h. vom Beitrag der

kontextabhängigen Informationsstruktur abstrahiert. 7 Ich verwende aus Platzgründen die vereinfachte lineare Repräsentation von Geurts (1999).

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�– Ob die Modifikation tatsächlich die Denotation der NP gegenüber der ent-sprechenden unmodifizierten NP �– x[x: NOM(x)] �– einschränkt oder nicht, hängt von den lexikalisch-semantischen und/oder enzyklopädischen Bezie-hungen zwischen Adjunkt und Kopf ab (konzeptuelle (Nicht-)Restriktivität).

�– Inwieweit die NP-Modifikation die Referenz der DP im Vergleich zum un-

modifizierten Gegenstück mit determiniert oder nicht, ist eine andere Frage, die erst auf der Diskursebene zu beantworten ist (referenzielle (Nicht-)Re-striktivität).

Der zuletzt genannten Frage wenden wir uns im nächsten Abschnitt zu, und zwar im Zusammenhang mit definiten Beschreibungen.

4 Pränominale referenzielle (Nicht-)Restriktivität in definiten Beschreibungen

4.1 Anaphorische Resolution und (Nicht-)Restriktivität

Definite Beschreibungen sind bekanntlich nach gängigen Theorien (vgl. u.a. van der Sandt 1988, Geurts 1999) anaphorische Ausdrücke: Der zugängliche Kon-text muss explizit oder implizit einen uniken Antezedenten bereitstellen, der die Beschreibung erfüllt. Beim Update des Diskurskontextes durch den aktuellen Satz wird der DP-Referent dann an den Antezedenten �„gebunden�“, d.h. mit ihm identifiziert.8

Beispiele für die kanonische Verwendung definiter DPs bietet (13): Vincent van Gogh ist im Vorkontext von der Maler als Maler eingeführt (und vermutlich von vornherein im Weltwissen der Leser als solcher repräsentiert); der Absinth ist als Schnapssorte der einzige zuvor eingeführte Referent, auf den das Prädikat �‚Schnaps�’ zutrifft. Mit den Ausdrücken der Maler und der Schnaps sind also im gegebenen Kontext jeweils diese beiden schon eingeführten Diskursreferenten gemeint.

(13) Erst mit 27 Jahren beschließt [Vincent van Gogh]i, Maler zu werden. Mit

enormer Intensität macht er sich ans Werk. 1886 folgt er Theo nach Paris �– dort verschlechtert sich sein Gesundheitszustand: [...] Dass [der Ma-ler]i [dem Absinth]j zugeneigt ist, trägt wohl zur Verschlechterung seines Zustands bei. [Der Schnaps]j enthält [...] einen Wirkstoff, der epilepti-sche Anfälle und Psychosen begünstigt. (Gehirn & Geist 5/2004: 50)

8 Nach Kamp (2001) wird Existenz und Unikalität des Antezedenten nicht direkt anaphorisch,

sondern durch eine Existenz- und Unikalitätspräsupposition relativ zu einer kontextuell gegebenen (d.h. anaphorischen) Referentenmenge C gesichert; s. Kamp / Genabith / Reyle (i.Dr.: Kap. 4) und Riester (2008: 107ff.) für eine Diskussion der beiden Alternativen. Vgl. auch Umbach (2002), die zwischen (deakzentuierten) �„given�“ und (akzentuierten) �„non-given�“ definiten Beschreibungen unterscheidet: Erstere sind anaphorisch, letztere führen verbunden mit einer Unikalitätspräsuppositi-on einen neuen Referenten ein.

Überlegungen zur pränominalen Nicht-Restriktitivät 97

Wird die anaphorische Präsupposition vom Kontext nicht erfüllt, sei es direkt oder durch Interferenzmechanismen wie sog. Bridging, so lässt sich ein Anteze-dent dennoch unter Umständen akkommodieren; der Kontext wird dann vor dem Update um das Nötige ergänzt (Kamp 2001, Geurts 1999: 72ff., Beaver / Zeevat 2007). Die in der NP enthaltene Deskription muss allerdings hinreichend spezifisch sein, um Unikalität zu sichern; sonst gelingt die Akkommodation nicht (Geurts / van der Sandt 2004, Riester 2008: 114ff.). So wird ein vorher un-informierter Leser von (7) zwar problemlos die präsupponierte, aber ihm selber neue Tatsache, dass Helmut Schmidt Essays und Bestseller verfasst hat, und die Summe dieser Arbeiten als Diskursreferenten akkommodieren; mit der entspre-chenden unmodifizierten DP (die Essays und Bestseller) in demselben Kontext hätte er jedoch Probleme.

Vor diesem Hintergrund lässt sich der Unterschied zwischen referenziell re-striktiver und nichtrestriktiver pränominaler Modifikation in definiten Beschrei-bungen vorläufig wie folgt charakterisieren (s. Abschnitt 4.4.2 für eine Präzisie-rung):

(i) Die Modifikation ist referenziell nichtrestriktiv, wenn die anaphorische

Präsupposition der entsprechenden unmodifizierten DP im gegebenen Kontext (a) direkt oder indirekt erfüllt ist oder (b) erfolgreich akkommo-diert wird und der modifizierten DP derselbe Antezedent zugeordnet werden muss wie der unmodifizierten.

(ii) Andernfalls handelt es sich um eine referenziell restriktive Modifikation. Im Fall (ia) stellt der Kontext genau einen Diskursreferenten bereit, auf den die unmodifizierte Beschreibung zutrifft. Eindeutige Beispiele für eine Resolution im vorausgehenden sprachlichen Kontext sind die DP der �… Norweger in (3), die �… Tiere in (8) und die DPen den �… Analytikern (d.h. Jung und Freud) und den �… Bruch mit Freud in (14), die einem längeren Artikel über Carl Gustav Jung und Sigmund Freud entstammen. Die DP der �… psychoanalytischen Be-wegung in (14) lässt sich bei den intendierten Lesern wohl textunabhängig im �„enzyklopädischen Kontext�“ (Riester 2008) verankern, de facto ist die Bewe-gung jedoch auch schon früher im Text explizit als Diskursreferent eingeführt. (15) bietet neben der DP den �… Versuchspersonen, die sich eindeutig auf die unmittelbar zuvor eingeführten Kinder und Jugendlichen bezieht, mit dem �… Wohnzimmer ein Beispiel für Erfüllung durch Bridging: Zu einer Wohnung ge-hört im Normalfall genau ein Wohnzimmer.

Bei einer Äußerung wie (9) �– die verdammte Tür �– wird die DP im Situati-onskontext verankert sein. (Die einschlägigen definiten DPen werden hier und im Folgenden durch Kursiv, nichtrestriktive pränominale Adjunkte zusätzlich durch Unterstreichung markiert. Für die Resolution relevante Vorgängersätze sind gesperrt.) (14) [...] Erst Jahre später �– nämlich 1907 �– begegneten sich die beiden füh-

renden Köpfe der noch jungen psychoanalytischen Bewegung zum ersten Mal. [�…] Die Differenzen zwischen den ungleichen Analytikern wurden schließlich unüberbrückbar; 1913 kam es zu m Bruch . [...] Die meis-

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ten Behandlungstechniken, die Jung während seiner Laufbahn entwickel-te, gehen letztlich auf den emotional aufwühlenden Bruch mit Freud zu-rück. (Gehirn & Geist 9/2006: 27f.)

(15) Um etwas über die Wohnwünsche von jüngeren Menschen zu erfahren,

l i eß d er Soz ia lpsy cholog e R. Stev en S ch iavo [�…] 1990 Kind er und Jugend l ich e zunächs t d ie w irk l ich e Auf tei lung ihrer Wohnung sk izz ie ren . An sch l ießend so ll ten s ie d en Grundr is s auf malen , den d ie s ich s e lbs t wünsch en . Wie sich zeigte, teilten die jungen Versuchspersonen in ihrer Idealvorstellung die Wohnfläche häufig anders und differenzierter auf. Sie fügten ihrer Traumwohnung individuelle Badezimmer, Spielzimmer, Gästezimmer, Lern- und Übungsräume oder ein Lesezimmer mit Büchern hinzu. Das in Wirklichkeit große Wohnzimmer schrumpfte dagegen deutlich. (Gehirn & Geist 9/2006: 23)

Dagegen sind die kursiv markierten DPen in (16) eindeutig restriktiv modifi-ziert: Da der unmittelbare Vorkontext explizit zwei verschiedene Verfahren zur Messung der Wohnqualität �– und damit auch indirekt zwei Arten der Wohnqua-lität �– als Diskursreferenten einführt, wäre die Unikalitätspräsupposition der entsprechenden unmodifizierten DPen (den Verfahren) nur erfüllbar, wenn die Summe der zwei Herangehensweisen als Antezedent verstanden würde. Und da wäre erstens eine Wiederaufnahme mit diese oder beide anstelle des einfachen definiten Artikels zu erwarten, zweitens würde die unmodifizierte DP dann mit einem anderen Referenten identifiziert als die modifizierte. (16) Inzwischen aber haben Wissenschaftler verschiedene Messverfahren

ersonnen, um die Wohnqualität eines Apartments oder Hauses ein-schließlich der jeweiligen Wohnumgebung zu beurteilen. H ierb e i g ib t es zw ei grund legend v ersch ied en e H erang eh ensweisen . Bei den objektiven Verfahren fällen nicht die Bewohner selbst, sondern ge-schulte Beobachter das Urteil. [�…] Die subjektive Wohnqualität erfassen Forscher [�…] mittels Fragebögen [...]. (Gehirn & Geist 9/2006: 19�–20)

Den nichtrestriktiven Fall (ib) veranschaulicht die DP dem �… Boulevard-Blog-ger Perez Hilton in (17): Sie hat zwar keinen expliziten Antezedenten im Dis-kurskontext, liefert aber durch den Eigennamen bereits hinreichend spezifizierte Information über den intendierten Referenten, um unwissenden Lesern eine er-folgreiche Akkommodation desselben zu ermöglichen; bei Lesern mit hinrei-chendem Hintergrundwissen wird der Referent aus dem enzyklopädischen Kon-text aktiviert werden können.9

9 Ein Eigenname lässt sich für unsere Zwecke als eine �– eventuell implizit �– definite Beschrei-

bung auffassen, deren lexikalischer Kopf (der Name selber) eine Menge von Individuen mit dem betreffenden Namen denotiert. Referenten von Eigennamen sind zwar immer akkommodierbar, die Verwendung eines �‚nackten Eigennamens�’ ist jedoch nur dann angemessen, wenn der Sprecher davon ausgehen kann, dass der Name im Hintergrundwissen der Adressaten korrekt verankert ist.

Überlegungen zur pränominalen Nicht-Restriktitivät 99

(17) So traf sie [Madonna] sich [...] mit dem für seine bissigen Kommentare bekannten Boulevard-Blogger Perez Hilton. (Vanity Fair 2008/50: 73)

Entsprechendes trifft, wie oben erwähnt, auf die DP die von Schmidt verfassten Essays und Bestseller in (7) nicht zu. Nach (ii) ist das Partizipialattribut in (7) folglich als restriktiv einzustufen.

4.2 In formationsstatus und Diskurs funktion

Nach unserer Begriffsbestimmung hängt die (Nicht-)Restriktivität pränominaler Adjunkte in definiten Beschreibungen allein davon ab, ob das Adjunkt für die Antezedentenfindung eine Rolle spielt oder nicht: Führt die anaphorische Reso-lution mit und ohne Adjunkt im gegebenen Kontext zur Identifikation ein und desselben Antezedenten, so liegt eine nichtrestriktive Modifikation vor, sonst nicht. Diese Explikation sagt nichts darüber aus, inwieweit die so realisierte Information im Diskurskontext neue Information über den einschlägigen Dis-kursreferenten bringt, wie Potts (2005) annimmt, oder nicht, wie Umbach (2006) andeutet (s. Abschnitt 2.2). Anhand natürlicher (geschriebener) Texte lässt sich nun unschwer nachweisen, dass die Frage weder mit Ja noch mit Nein zu beantworten ist und nichtrestriktive Modifikation folglich eine vom Informa-tionsstand unabhängige Begründung haben muss. (i) Erster Fall: Neue Information Das Adjektivattribut in der DP das in Wirklichkeit große Wohnzimmer in (15) enthält Information über den aktuellen Diskursreferenten (das Wohnzimmer der realen Wohnung der jeweiligen Versuchsperson), die weder explizit noch impli-zit aus dem Vorkontext hervorgeht noch enzyklopädisch gegeben sein kann. In diesem Sinne ist die Information neu. Als Teil der definiten Beschreibung ge-hört sie jedoch nicht zum assertorischen Beitrag des Satzes, sondern zu der durch die Definitheit ausgelösten Präsupposition; vgl. die vereinfachte Reprä-sentation in (18), wo präsupponiertes Material wie bei Geurts (1999) unterstri-chen ist. (18) [x: SCHRUMPFTE-SEHR(x), WOHNZIMMER(x), IN-W-GROß(x)] Die anaphorische Resolution gelingt hier durch eine Kombination von Präsup-positionserfüllung und Akkommodation: Ein uniker Antezedent wird aufgrund der Kopf-NP-Bedingung ermittelt (Erfüllung) und im gleichen Zuge wird die vom Adjunkt ausgedrückte Bedingung akkommodiert. Auf Fälle dieser Art passt Potts�’ Bestimmung des Informationsstands nichtrestriktiver Adjunkte (�„new but deemphasized�“), vorausgesetzt �„deemphasized�“ wird nicht im buch-stäblichen, prosodischen Sinne verstanden (s. Abschnitt 4.4.1), sondern als me-taphorischer Ausdruck dafür, dass die Information qua Präsupposition als Teil des Common Ground hingestellt wird und so nicht weiter zur Debatte steht. Insofern lässt sich die Adjunktinformation aus Diskursperspektive auch als her-untergestuft oder �„backgrounded�“ bezeichnen. Zugleich ist sie unverkennbar

100 Cathrine Fabricius-Hansen

neu und relevant im gegebenen Zusammenhang. Die Herunterstufung lässt je-doch die globale �„Quaestio�“ (Klein / v. Stutterheim 1997) der Textpassage (das Verhältnis von realer Wohnung und Traumwohnung) und den Kontrast zum unmittelbar vorher beschriebenen Tatbestand klarer hervortreten, als wenn die Auskunft über die Größe des realen Wohnzimmers in einer selbstständigen As-sertion dazwischen geschoben würde. (Ein nichtrestriktiver Relativsatz wäre natürlich eine brauchbare Alternative.) (ii) Zweiter Fall: Alte Information Das andere Extrem veranschaulicht die erweiterte DP die jungen Versuchsper-sonen im selben Beispiel (15). Antezedent sind eindeutig die am Experiment teilnehmenden Kinder und Jugendlichen, die im unmittelbaren Vorkontext ein-geführt sind. Da Kinder und Jugendliche unter das Prädikat �‚jung�’ fallen, erfüllt der Kontext somit die Definitheitspräsupposition der Gesamt-DP. Das heißt wiederum, dass die Modifikation im strikten Sinne redundant ist: Die um den aktuellen Satz upgedatete Diskursrepräsentation Ki+1 unterscheidet sich von der Input-DRS Ki einzig und allein durch die im assertorischen Teil des Satzes aus-gedrückte Information. Damit ist allerdings nicht gesagt, dass die Modifikation in solchen Fällen aus Diskursperspektive überflüssig ist: Sie kann Bekanntes als Hintergrund für die aktuelle oder nachfolgende Information wieder aktivieren und damit sicherstellen, dass es nicht vergessen wird. Und sie kann als bewuss-tes Stilmittel eingesetzt werden, wie das sog. Epitheton ornans (der listenreiche Odysseus usw.) veranschaulicht. (iii) Dritter Fall: Neue oder alte Information? Der Informationsgehalt einer Äußerung wird bekanntlich nicht nur dadurch be-stimmt, was im Vorkontext jeweils explizit ausgedrückt, im Situationskontext direkt zugänglich oder aus dem enzyklopädischen Kontext aufrufbar ist, sondern durch die Schlussfolgerungen, die aus der expliziten/direkten Information gezo-gen werden. Diese hängen wiederum z.T. vom nichtsprachlichen und nichtsitua-tionsbedingten Hintergrundwissen der Adressaten ab �– und von ihrer Fähigkeit oder Bereitschaft, Schlüsse zu ziehen. Beides sind Faktoren, die Sprecher (Au-toren) nie voll überblicken, und zwar umso weniger, je zahlreicher und unbe-kannter die Adressaten sind.

Da pränominale Nicht-Restriktivität, wie wir gesehen haben, mit dem Infor-mationsstatus des Adjunkts grundsätzlich nichts zu tun hat, sollte es nicht wun-dernehmen, dass in dieser Position oft Information vermittelt wird, deren Status als (implizit) gegeben oder neu viel stärker rezipientenbedingt ist als in den o-ben besprochenen Beispielen. Einschlägige Beispiele finden sich in (14): Die nichtrstriktiven Attribute in den DPs der noch jungen psychoanalytischen Be-wegung, den ungleichen Analytikern und den emotional aufewühlenden Bruch mit Freud fassen Information über die jeweiligen Diskursreferenten zusammen, die bis dahin nicht in genau der Form ausgedrückt wurde, dabei für manche Le-ser zum Hintergrundwissen gehören wird, für andere mehr oder weniger eindeu-tig aus verschiedenen Einzelinformationen hervorgeht und für wieder andere

Überlegungen zur pränominalen Nicht-Restriktitivät 101

zum ersten Mal vermittelt oder verstanden wird. Entsprechendes trifft auf die Modifikation manisch-depressive in (3) zu.

Auch an diesen Beispielen zeigt sich, dass die Adjunktinformation unabhän-gig von ihrem Status als alt oder neu im gegebenen Zusammenhang als Erklä-rung, Unterstützung oder Hintergrund für den im Restsatz beschriebenen Sach-verhalt dient. (iv) Vierter Fall: Evidente Information Konzeptuell nichtrestriktive Adjunkte sind bei unmarkierter Betonung auch re-ferenziell nichtrestriktiv (Abschnitt 3); s. dazu (19) und DPs wie die schwarzen Raben. (19) Profus h at s chon w ied er jemand en ve rpf if f en . Ich kann den

gemeinen Verräter nicht mehr sehen. Die Adjunktinformation mag zwar neu sein relativ zum Vorkontext, sie ist aber in Kombination mit dem Kopfprädikat mehr oder weniger trivial oder evident je nachdem, wie (stark) die Inklusionbeziehung zwischen den beiden Prädikaten verankert ist (s. Abschnitt 3 und Umbach 2006). Die Definitheitspräsupposition der Gesamt-DP ist in solchen Fällen automatisch erfüllt, wenn die Definitheits-präsupposition der unmodifizierten DP erfüllt ist. Aber auch so kann das Ad-junkt im Diskurskontext einen bestimmten Zweck erfüllen: Die Sprecherin von (19) kann das Bedürfnis haben, ihre Einstellung zur aktuellen Person explizit auszudrücken, auch wenn sie annehmen muss, dass der Hörer ihr ohnehin die allgemein verbreitete Einstellung zu Verrätern zuschreibt. Außerdem kann man bei Stereotypen nicht ganz sicher sein, dass sie der Gesprächspartner tatsächlich teilt.

Fassen wir zusammen: Referenziell nichtrestriktive pränominale Adjunkte in definiten Beschreibungen können explizit ausgedrückte alte Information, kon-textuell erschließbare oder nahe gelegte Information oder auch ganz neue In-formation über den aktuellen Diskursreferenten vermitteln; de facto wird der In-formationsstand oft vom einen zum anderen Rezipienten variieren. Im typischen Fall ist die so kodierte Information als Hintergrund, Erklärung, Verstehenshilfe oder einfach als deskriptive Elaborierung salient, ohne direkt zur Beantwortung der gegebenen Quaestio beizutragen. Die nichtrestriktive pränominale Erweite-rung erweist sich somit als ein geeignetes Mittel, um mit der �„underspecification of the recipient�’s knowledge�“ (Riester 2008: 134) fertig zu werden: Sie stellt sicher, dass die Rezipienten unabhängig vom faktischen Kenntnisstand an der aktuellen Stelle des Diskurses die von der Sprecherin intendierte Diskursreprä-sentation aufgebaut haben, ohne dass die Entfaltung der übergeordneten Quaestio durch dazwischen geschaltete assertorische Wiederholungen, Hinwei-se u. dgl. gestört würde.

102 Cathrine Fabricius-Hansen

4.3 Pränominale Nicht-Restriktivität als Spezialfall nicht kanonischer defini-ter Beschreibung

Wie im Abschnitt 4.1 dargelegt, darf eine definite Beschreibung im Prinzip kei-ne deskriptiven Merkmale enthalten, die nicht auch dem Antezedenten im Vor-kontext explizit zugeschrieben wurden oder sich daraus erschließen lassen. Nichtrestriktiv modifizierte definite Beschreibungen, deren Resolution die Ak-kommodierung der im Adjunkt ausgedrückten Bedingungen erfordert, weichen mithin vom kanonischen Muster ab; s. (i) und (iii) im Abschnitt 4.2. In dieser Hinsicht stehen sie allerdings nicht allein. Abweichungen ähnlicher Art liegen z.B. in (20) und (21) vor: Da SPRACHANALYTIKER ein Unterbegriff von PHILO-

SOPH ist, lässt sich der Referent der einfachen DP der Sprachanalytiker in (20) für Nicht-Spezialisten nur dann mit dem vorerwähnten Philosoph Peter Hacker identifizieren, wenn die Spezifizierung akkommodiert wird. In (21) muss die gesamte postnominal erweiterte Beschreibung der kursiven DP bis auf die durch das Suffix -in ausgedrückte Eigenschaft WEIBLICH akkommodiert werden, um die Identifikation des Referenten mit der vorerwähnten namentlich genannten Amerikanerin zu erlauben. Entsprechendes gilt für pränominal modifizierte DP die 29-jährige Rechtsanwaltsgehilfin in (22); bei der DP die junge Frau muss hingegen wieder nur die Adjunktinformation akkommodiert werden, wie in den unter 4.2 besprochenen Beispielen. (20) Der br i t i sch e Phi lo soph P e ter Hack er kritisiert die Zunft der

Neurowissenschaftler: Sie würde über das Gehirn reden, als könne es selbst denken, fühlen und handeln. Unsinn, meint der Sprachanalytiker. (Gehirn & Geist 5/2004, S. 43)

(21) [�…] 1983 führte d ie Amer ikan er in K ay Redf ie ld J amison eine

Studie mit ähnlich eindeutigen Resultaten durch. Die Psychologin der University of California in Los Angeles kontaktierte 47 britische Maler und Dichter, die alle zu den renommiertesten ihres Genres gehörten. [�…] (Gehirn & Geist 5/2004, S. 50)

(22) [�…] Ka th leen K . wartet, schon seit Stunden. [...] Als eine Kranken-

schwester sich endlich nach Kathleens Befinden erkundet, erklärt die junge Frau ohne Umschweife ihre größte Sorge: [...]. Die Schwester schlägt ihr vor, bei einer Pilotstudie für einen Wirkstoff mitzumachen [...]. Die 29-jährige Rechtsanwaltsgehilfin unterschreibt eine Einver-ständniserklärung [...]. (Gehirn & Geist 5/2004, S. 62)

In Fällen wie diesen geht es m.a.W. nicht einfach um die Akkommodierung von Information, die ein isoliertes Adjunkt ausdrückt: Akkommodiert werden viel-mehr �– allein (20) oder zusätzlich zur Adjunktinformation (21), (22) �– wesentli-che von der Kopf-NP spezifizierte Merkmale. Somit erweisen sich die um refe-renziell nichtrestriktive pränominale Adjunkte erweiterten definiten DPs als Spezialfall nichtkanonischer definiter Beschreibungen, die über das hinaus-gehen, was bis dahin über den Antezedenten ausgesagt wird, und deshalb par-tiell akkommodiert werden müssen, um die Resolution zu retten (vgl. Umbach 2002). Solche nichtkanonischen definiten DPs sind aus einleuchtenden Gründen

Überlegungen zur pränominalen Nicht-Restriktitivät 103

insbesondere in Texten zu erwarten, die sich an �„mixed audiences�“ wenden und/oder starken Platzbeschränkungen unterliegen (vgl. Riester 2008, Fabricius-Hansen 2009).

4.4 Einfluss der In formationsstruktur i.e.S.

Gegenstand dieses Abschnitts ist die Interaktion zwischen referenziell (nicht)restriktiver Deutung und Informationsstruktur. Meine Betrachtungen ba-sieren dabei einerseits auf Grundannahmen der nichtlinearen Prosodie (Jacobs 1992a, 1999, Truckenbrodt 1995), andererseits auf der Erkenntnis, dass �„[f]ocus indicates the presence of alternatives that are relevant for the interpretation of linguistic expressions�“ (Krifka 2007: 6).

4.4.1 Prominenz und (Nicht-)Restriktivität

Nach Jacobs (1999: 72), Truckenbrodt (1995) u.a. bilden das pränominale Ad-junkt und seine NP-Schwester im Prinzip eigene Akzentdomänen, und zwar auch dann, wenn beide als lexikalische Einheiten �– Adjektiv und Substantiv �– realisiert sind. Im Defaultfall sind Adjunkt und Kopf somit beide betont (promi-nent); vgl.: (23) a. die DÜRstenden TIEre �– s. (8) b. die JUNgen VerSUCHSpersonen �– s. (15) c. das �… GROße WOHNzimmer �– s. (15) d. den �… AUFwühlenden BRUCH mit FREUD �– s. (14) e. dem �… beKANNten BouleVARD-Blogger Perez HILton �– s. (17) (24) a. die von SCHMIDT [�…] verfassten ESsays und BESTseller �– s. (7) b. [Im Schaufenster liegen Pullis in verschiedenen Farben sowie zwei

schwarze und ein blauer Anzug.] Kunde: �„Der BLAUe ANzug geFÄLLT mir.�“

Dabei zeigt (24) vs. (23), dass dieses �‚prosodische Normalmuster�’ grundsätzlich mit restriktiver und nichtrestriktiver Modifikation vereinbar ist (vgl. Abschnitt 4.1).

Als letzte Konstituente in der DP kann der Kopf nur dann unbetont sein, wenn die ganze DP deakzentuiert ist �– ein Fall, den wir hier ausklammern �– oder das Adjunkt allein (in der DP) prominent ist, so dass der Kopf sich in post-fokaler Position befindet; vgl. (25). In diesem Fall kommt nur die restriktive Lesart in Frage. (25) a. [Im Schaufenster liegen Pullis in verschiedenen Farben sowie zwei

schwarze und ein blauer Anzug.] Kunde: �„Der BLAUe Anzug geFÄLLT mir.�“

b. die OBjektiven Verfahren, die SUBjektive Wohnqualität �– s. (16)

104 Cathrine Fabricius-Hansen

Ist umgekehrt der Kopf allein prominent, so kann es sich einerseits um engen (Kontrast-)Fokus innerhalb der DP handeln wie in (26), wo ein restriktives Ad-junkt vorliegt (s. 4.1). (26) (Ich weiß, dass Schmidt mehrere Essays und Bücher publiziert hat. ...)

Die von ihm verfassten ESsays kenne ich NICHT, seine BÜcher aber sehr GUT.

Andererseits scheint das Muster �‚unbetontes Adjunkt + betonter Kopf�’ auch mit nichtrestriktiver Modifikation vereinbar �– zumindest dann, wenn die DP weiten Fokus trägt und das Adjunkt aus dem (unmittelbar?) vorausgehenden Kontext bekannte Information über den DP-Referenten vermittelt wie bei die jungen Versuchspersonen in (15); vgl. (27). (27) Am Experiment nahmen ausschließlich Kinder und Jugendliche teil. Den

jungen VerSUCHSpersonen hat es anscheinend richtig SPAß gemacht. Deskriptives Fazit ist, dass nur die mit engem (Kontrast-)Fokus auf dem Ad-junkt verbundene Deakzentuierung des NP-Kopfes eindeutig mit der (Nicht-) Restriktivitätsdimension interagiert, indem sie restriktive Interpretation er-zwingt. Das Defaultmuster, nach dem beide Konstituenten prominent sind, ver-hält sich in dieser Hinsicht grundsätzlich neutral. Deakzentuierung des Adjunkts allein kann durch engen Fokus auf dem Kopf oder durch Bekanntheit der Ad-junktinformation motiviert sein. Wie es sich dabei mit der (Nicht-)Restriktivität verhält, sei vorerst dahingestellt.

4.4.2 Domänenrestriktion und Alternativenbildung

Dass enger Fokus auf dem Adjunkt eine restriktive Interpretation auslöst, sollte nicht überraschen. Betrachten wir dazu nochmals (16), hier als (28) wiederholt. (28) Inzwischen aber haben Wissenschaftler verschiedene Messverfahren

ersonnen, um die Wohnqualität eines Apartments oder Hauses ein-schließlich der jeweiligen Wohnumgebung zu beurteilen. H ierb e i g ib t es zw ei grund legend v ersch ied en e H erang eh ensweisen . Bei den objektiven Verfahren fällen nicht die Bewohner selbst, sondern ge-schulte Beobachter das Urteil. [�…] Die subjektive Wohnqualität erfassen Forscher [�…] mittels Fragebögen, [�…].

Die Fokussierung des Adjunkts (hier: objektiven bzw. subjektiven) evoziert als Alternative zum jeweiligen aktuellen DP-Referenten einen von diesem distink-ten Referenten, der gleichfalls unter NOM (hier: VERFAHREN bzw. WOHNQUA-

LITÄT) fällt, auf den jedoch eine Alternative zum modifizierenden Prädikat ADJ (hier: OBJEKTIV bzw. SUBJEKTIV) zutrifft (s. Piwek 1997). So wird der DP-Refe-rent als echte Untermenge einer kontextuell beschränkten Menge von Individu-en vom Typ des Kopfprädikats präsentiert. Das Adjunkt muss folglich referen-ziell restriktiv sein: Es wählt aus den potenziellen Antezedenten der entspre-

Überlegungen zur pränominalen Nicht-Restriktitivät 105

chenden unmodifizierten DP den uniken Referenten aus, auf den das Ad-junktprädikat zutrifft.

In solchen Fällen werden drei anaphorische Präsuppositionen erzeugt (vgl. Piwek 1997, Kamp 2001): Der zugängliche Kontext muss außer (i) dem Ante-zedenten der Gesamt-DP (ii) explizit oder durch Summierung einen unter das Kopfprädikat NOM fallenden �„Pluralreferenten�“ (Kamp / Genabith / Reyle i.Dr.) NOM�’ hergeben bzw. akkommodieren sowie (iii) einen alternativen Referenten �– das Komplement des Antezedenten relativ zu NOM�’. In (28) ist (ii) erfüllt, (i) und (iii) aber nur teilweise: Im Vorkontext ist zwar eine aus zwei distinkten Kategorien bestehende Menge (NOM�’) von Messverfahren oder Herangehens-weisen bzw. ermittelten Wohnqualitäten eingeführt, differenziert �– als subjektiv bzw. objektiv �– werden sie jedoch erst im Nachhinein, indem die eine mit dem akkommodierten Antezedenten der jeweiligen DP (i), die andere mit dessen Alternative (iii) identifiziert wird.

In Abschnitt 2.2 wurde auf v.Fintels (1994) �„contextual domain restrictor�“ C hingewiesen, der den Bereich von Quantoren restringiert. Verwandte Domänen-variable führen Rooth (1992) und Kamp (2001) ein. Bei Rooth dient C zur Ein-schränkung der Fokusalternativen, während Kamps C-Variable eine präsuppo-nierte Menge von Referenten ist, mit Bezug auf welche die Unikalitätsbedin-gung definiter Beschreibungen gilt bzw. in der ein anaphorischer Ausdruck sei-nen Antezedenten finden muss (vgl. Abschnitt 4.1 und Fn. 8). Wir sehen nun, dass C im letztgenannten Sinne in den o.a. Fällen mit NOM�’ zu identifizieren ist: Durch Deakzentuierung des Kopfes wird C auf eine echte Untermenge von NOM beschränkt; der Referent der DP der subjektiven Wohnqualität muss unik sein innerhalb einer kontextuell gegebenen (Zweier-)Menge von Wohnqualitä-ten, die auch den durch den Kontrastfokus evozierten Alternativreferenten um-fassen muss. Die referenzielle Restriktivität der Modifikation ergibt sich daraus zwangsläufig.

In Fällen wie das in Wirklichkeit große Wohnzimmer in (15) und die von Schmidt verfassten Essays und Bücher in (7), wo der NP-Kopf prominent ist, gilt hingegen, dass das Bezugsprädikat C sich mit dem Kopfprädikat NOM über-schneidet ohne darin enthalten zu sein: Damit die Definitheitspräsupposition der DP erfüllt werden kann, muss das Kopfprädikat NOM natürlich auf mindestens ein Element von C zutreffen, zur gegebenen Auswahlmenge gehören hier je-doch auch Referenten, auf die NOM nicht zutrifft �– andere Räume einer typi-schen Wohnung in (15), andere biografisch relevante Gegenstände oder Sach-verhalte in (7). Umfasst C in solchen Fällen genau ein Element der Kategorie NOM, wird die Modifikation nichtrestriktiv sein �– wie in (15), wo NOM = WOHNZIMMER. Restriktiv kann sie andererseits nur dann sein, wenn das Ad-junktprädikat ADJ nicht auf alle Elemente von C zutrifft.

Vor diesem Hintergrund lässt sich die in Abschnitt 4.1 vorgeschlagene Defi-nition referenzieller (Nicht-)Restriktivität anhand des Beispiels die von Schmidt verfassten Essays wie folgt präzisieren: (i) Die Modifikation ist nichtrestriktiv, wenn C genau einen Referenten ent-

hält, auf den das Kopfprädikat NOM (= ESSAYS) zutrifft.

106 Cathrine Fabricius-Hansen

(ii) Die Modifikation ist restriktiv, wenn C mindestens einen Referenten ent-hält, auf den NOM zutrifft und das Adjunktprädikat ADJ (= VON SCHMIDT

VERFASST) nicht zutrifft.10 Danach liegen in (29) und (30) bei wechselnder Auswahlmenge C nichtrestrik-tive Verwendungen des Adjunkts von Schmidt verfassten vor. In (29) vermittelt die Modifikation neue, in (30) bekannte Information über den (Plural-)Re-ferenten der DP. Das heißt, das Adjunkt ist in (30) inhaltlich redundant, und die einfache DP (die Essays) wäre ceteris paribus der Kürze wegen vorzuziehen; vgl. (ii) im Abschnitt 4.2. Da C in den (a)-Beispielen zudem genau einen Refe-renten enthält und die DP in (30a) demnach als kanonische �„identity anaphor�“ (vgl. Umbach 2002) dient, wäre das Personalpronomen sie als noch kürzerer Ausdruck auch der einfachen DP vorzuziehen.

In den (b)- und (c)-Fällen umfasst C mehr als ein Element: In (b) gibt es au-ßer NOM (= ESSAYS) ein weiteres Prädikat (= MONOGRAPHIEN), das sich mit C überschneidet, in den (c)-Beispielen weist C Alternativen zu NOM �– ({MONO-

GRAPHIEN, BIOGRAPHIEN}) wie zu ADJ ({VON FISCHER VERFASST, VON X VER-

FASST, ...}) auf. Da die Auswahlmenge jedoch nur einen (Plural-)Referenten umfasst, der unter NOM und ADJ fällt, ist das Adjunkt auch so nichtrestriktiv. (29) a. Im Regal befand sich eine Sammlung politischer Essays. Hannah blät-

terte die von SCHMIDT verfassten ESsays durch und ging weiter. b. Im Regal befanden sich politische Monographien und Essays. Hannah

blätterte die von SCHMIDT verfassten ESsays durch und ging weiter. c. Im Regal befanden sich politische Monographien von Schmidt und

Fischer, Biographien von verschiedenen Autoren und eine Sammlung Essays. Hannah blätterte die von SCHMIDT verfassten ESsays durch und ging weiter.

(30) a. Im Regal befand sich eine Sammlung politischer Essays von Schmidt.

Hannah blätterte die von SCHMIDT verfassten ESsays durch und ging weiter.

b. Im Regal befanden sich politische Monographien und Essays von Schmidt. Hannah blätterte die von SCHMIDT verfassten ESsays durch und ging weiter.

c. Im Regal befanden sich politische Monographien von Schmidt und Fischer, Biographien anderer Autoren und eine Sammlung Essays von Schmidt. Hannah blätterte die von SCHMIDT verfassten ESsays durch und ging weiter.

Prosodisch ist wohl in all diesen Fällen das Normalmuster angemessen. In (30a) könnte die DP als �„identity anaphor�“ ganz unbetont sein; in (30b) lizenziert der Vorkontext auch engen Fokus auf dem Kopf mit Deakzentuierung des Adjunkts, nur wäre dann eine Fortsetzung wie in (31a) �– und die entsprechende einfache

10 Gibt es im relevanten Kontext zwei Referenten, die NOM und ADJ fallen, ist die definite Be-

schreibung wegen Verletzung der Unikalitätsbedingung nicht angemessen.

Überlegungen zur pränominalen Nicht-Restriktitivät 107

DP �– eher zu erwarten. Würde man in den (c)-Fällen umgekehrt den Kopf deak-zentuieren und das Adjunkt eng fokussieren, müsste für C eine Zerlegung in zwei distinkte (Plural-)Referenten �– Essays von Schmidt und Essays von ande-ren �– (partiell) akkommodiert werden, um die mit diesem prosodischen Muster verbundene Restriktivität des Adjunkts zu begründen; vgl. (31b). (31) a. Im Regal befanden sich Monographien und Essays von Schmidt.

Hannah blätterte die von Schmidt verfassten ESsays durch, die Monographien ließ sie liegen.

b. Im Regal befanden sich Monographien von Schmidt und Fischer, Biographien anderer Autoren und eine Sammlung Essays von Schmidt. Hannah blätterte die von SCHMIDT verfassten Essays durch, alles andere ließ sie liegen.

In (32) sind die Restriktivitätsbedingungen für das Adjunkt von Schmidt verfass-ten erfüllt, da die Auswahlmenge mehr als einen Referenten umfasst und nur einer davon unter ADJ fällt. Die Alternativen zu ADJ sind {VON FISCHER VER-

FASST, VON LAFONTAINE VERFASST}. In (a) ist C in NOM echt enthalten (es ist nur von Essays die Rede), in (b) überschneiden sich C und NOM, da es zu NOM (= ESSAYS) die Alternative MONOGRAPHIEN gibt. Enger (Kontrast-)Fokus auf dem Adjunkt mit Deakzentuierung des Kopfes ist in (a) durch C lizenziert; vgl. (33a), das in dieser Hinsicht (28) entspricht. Dementsprechend erlaubt der Vor-kontext im (b)-Fall Kontrastfokus in beiden Positionen; vgl. (33b). Deakzentuie-rung des Kopfes führt hier dazu, dass Alternativen zu NOM aus C herausgefiltert werden, während Deakzentuierung des Adjunkts umgekehrt Alternativen zu ADJ ausschaltet; s. jeweils (34a) und (34b). (32) a. Im Regal befanden sich politische Essays von Fischer, Lafontaine und

Schmidt. Hannah blätterte die von SCHMIDT verfassten ESsays durch und ging weiter.

b. Im Regal befanden sich Monographien und Essays von Schmidt, La-fontaine und Fischer. Hannah blätterte die von SCHMIDT verfassten ES-

says durch und ging weiter. (33) a. Im Regal befanden sich Essays von Fischer, Lafontaine und Schmidt.

Hannah blätterte die von SCHMIDT verfassten Essays durch, die ande-ren ließ sie liegen.

b. Im Regal befanden sich Monographien und Essays von Schmidt, La-fontaine und Fischer. Hannah blätterte die von SCHMIDT verfassten ES-

says durch, den Rest ließ sie liegen. (34) a. Im Regal befanden sich Monographien und Essays von Schmidt, La-

fontaine und Fischer. Hannah blätterte die von SCHMIDT verfassten Es-says durch, die Essays von Lafontaine ließ sie liegen.

b. Im Regal befanden sich Monographien und Essays von Schmidt, La-fontaine und Fischer. Hannah blätterte die von Schmidt verfassten ES-

says durch, seine Monographien ließ sie liegen.

108 Cathrine Fabricius-Hansen

5 Konklusion und Ausblick

Der vorhergehende Abschnitt hat gezeigt, dass eine Variante von v.Fintels (1994) Domänenrestriktor C für die Explikation pränominaler (Nicht-)Restrikti-vität in der Tat nützlich sein kann (vgl. 2.2). So nehme ich im Anschluss an Kamp (2001) und Kamp / Genabith / Reyle (i.Dr.: Kap. 4) an, dass eine definite Beschreibung der Form (35a) eine Präsupposition erzeugt, die sich etwas ver-einfacht wie in (35b) repräsentieren lässt. Hinzu kommt die Präsupposition, dass x das einzige Element in C ist. (35) a. [DP D [NP Adjunkt NP]] b. [x, C: ADJ(x), NOM(x), C(x)] ADJ ist das Adjunktprädikat, NOM das NP-Prädikat und C die präsupponierte Auswahlmenge, die den Diskursreferenten enthält, mit dem x bei der Resolution identifiziert wird.

C und die Schnittmenge von NOM und ADJ müssen sich zumindest über-schneiden (C NOM ADJ ), und zwar so, dass sie genau ein Element x �– den �„Antezedenten�“ der DP �– gemeinsam haben, sonst ist die Unikalitätsbedin-gung nicht erfüllt (#C NOM ADJ# = 1); vgl. Kamp / Genabith / Reyle (i.Dr.: 135). Unter dieser Voraussetzung lassen sich folgende Konstellationen unter-scheiden.

(i) Haben auch C und NOM nur den �„Antezedenten�“ x gemeinsam

(#C NOM# = 1), so ist das Adjunkt referenziell nichtrestriktiv. Im kanonischen Fall geht dabei mehr oder weniger explizit aus dem Kontext hervor, dass x unter ADJ fällt, und das Adjunkt wird demzufolge mehr oder weniger redundant er-scheinen je nach Salienz und Explizitheit der Information �– und je nach Hinter-grundwissen und Interpretationsfähigkeit der Rezipienten, s. (30) und (ii), (iii) in Abschnitt 4.2. Lässt x ADJ sich nicht aus dem Vorkontext erschließen, muss diese Bedingung im Common Ground akkommodiert werden, um die Re-solution der Präsupposition (35b) zu retten. x ADJ ist dann de facto �– rezipien-tenunabhängig �– neu, aber �„backgrounded�“ in dem Sinne, dass die Information durch Akkommodation in die Diskursrepräsentation �„hineingeschmuggelt�“ wird; s. (29) und (i) in Abschnitt 4.2. Es liegt hier eine nichtkanonische Ver-wendung definiter Beschreibung vor, die nicht auf pränominale Modifikation beschränkt ist, sondern auch postnominale Modifikation und sogar einzelne Be-deutungskomponenten des Kopfnomens involvieren kann (s. 4.3). Die Erschei-nung muss auf einer höheren Ebene der Diskursorganisation begründet werden, hat aber insofern theoretische Implikationen für die semantische Analyse von DPen, als sie eine Dekomposition der lexikalischen Bestandteile von NPen er-forderlich macht (vgl. Kamp / Genabith / Reyle i.Dr.). Völlig ungeklärt ist mei-

Überlegungen zur pränominalen Nicht-Restriktitivät 109

nes Wissens die Frage nach der Zugänglichkeit so akkommodierter Bedingun-gen im weiteren Diskurs.11

(ii) Wenn C sich nicht einfach mit NOM überschneidet, sondern in NOM ent-

halten ist und außerdem ein Element y enthält, auf das ADJ nicht zutrifft (C NOM C ADJ) ist das Adjunkt notwendigerweise restriktiv: Die �„Antezeden-ten�“ x und y unterscheiden sich lediglich durch die Bedingungen x ADJ y

ADJ; vgl. (32a). (iii) Umgekehrt kann C in ADJ enthalten sein und dabei mindestens ein Ele-

ment y umfassen, das nicht unter NOM fällt (C ADJ C NOM). In dem Fall unterscheiden sich die �„Antezedenten�“ x und y nur durch die Bedingungen x NOM y NOM; vgl. (30b). Es liegt mit anderen Worten eine �„restriktive�“ Verwendung der Kopf-NP vor, während das Adjunkt nichtrestriktiv ist.

(iv) Ist C weder in NOM noch in ADJ enthalten und umfasst die Schnittmen-

ge von C und N mehr als ein Element, so kann das Adjunkt je nach den Um-ständen restriktiv oder nicht restriktiv sein. Entscheidend ist, ob sich unter den Elementen ein Paar (x, y) befindet, so dass x ADJ y ADJ; vgl. (32b).

(v) Ist C eine Einermenge, so liegt ein Spezialfall nichtrestriktiver Anwen-

dung des Adjunkts vor; vgl. (30a). Die Auswahlmenge C wird nicht nur durch den deskriptiven Inhalt der DP

(ADJ und NOM), sondern auch durch die Informationsstruktur i.e.S. restringiert, wenn diese vom Defaultfall �– prominentes Adjunkt und prominenter Kopf �– abweicht. So kann Deakzentuierung der ganzen DP C auf einen einzigen, ma-ximal salienten Referenten restringieren (vgl. Umbach 2002) �– Fall (v) oben. Deakzentuierung von NP bedeutet (Kontrast-)Fokussierung des Adjunkts. Sie schaltet etwaige Alternativen zu NOM aus C aus, so dass C NOM; vgl. (31b), (34a). Das Adjunkt ist dann restriktiv (s.o.). Deakzentuierung des Adjunkts al-lein kann, muss aber nicht engen (Kontrast-)Fokus auf der NP markieren. Gege-benenfalls werden etwaige Alternativen zu ADJ aus C ausgeschaltet, so dass C

ADJ; vgl. (31a), (34b). Abschließend sei betont, dass meine Überlegungen sich auf pränominale,

prosodisch voll integrierte Modifikation in nichtgenerischen definiten Beschrei-bungen bezogen. Andere DP-Typen blieben unberücksichtigt. Ausgeklammert wurden außerdem Adjunkte, die prosodisch �– durch Pausen, gesenkte Tonlage usw. �– als Einschübe oder �„orphans�“ und damit auch als nichtrestriktiv markiert sind, wie ich auch stillschweigend über die spezifischen Probleme hinwegge-gangen bin, die mit der Analyse �„expressiver�“ Adjunkte verknüpft sind (vgl. Potts 2005).

Was das Verhältnis von pränominaler und postnominaler Modifikation an-geht, ist u.a. darauf hinzuweisen, dass postnominale Erweiterungen syntaktisch

11 Die Tatsache dass ADJ(x) bei der Resolution u.U. akkommodiert werden kann, während

NOM(x) wenigstens partiell erfüllt sein muss, spiegelt den unterschiedlichen syntaktischen Status von Adjunkt und Kopf auf der semantischen Ebene wider.

110 Cathrine Fabricius-Hansen

und prosodisch anders mit dem Kopfnomen interagieren als pränominale (Ja-cobs 1992a, 1999); die beiden Kategorien sind deshalb nicht a priori als funkti-onal gleichgestellt zu betrachten. Immerhin unterscheiden sich Relativsätze in-sofern erheblich von pränominalen Erweiterungen als sie zumindest �‚oberfläch-lich�’ finite Sätze sind, die durch ein overtes Pronomen an die Kopf-DP oder -NP angeschlossen sind, dieser dabei nachfolgen und sogar von ihr getrennt werden können. Das gibt dem Relativsatz im Diskurszusammenhang einen ganz an-deren Status als der pränominalen Modifikation. So können satzfinale nichtre-striktive Relativsätze anders als nichtrestriktive pränominale Adjunkte aus dis-kursstruktureller Sicht eine �„weiterführende�“ bzw. �„kontinuative�“, d.h. diskurs-koordinierende Funktion haben (Holler 2008, Ramm 2008).

Insgesamt hat sich erwiesen, dass der Einbezug des Diskurses für die über-geordnete Thematik dieses Beitrags von zentraler Bedeutung ist. Diese Erkennt-nis bleibt, hoffe ich, als Tatsache bestehen, wenn die Einzelheiten meiner Aus-führungen vergessen sind.

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Institut für Literaturwissenschaft, Regionalwissenschaften und Europäische Sprachen, P.O.B. 1003, Blindern, N-0315 Oslo, E-Mail: [email protected]


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