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Umfangslogik, Sphärenschemata und Euler-Diagramme
Skizzen zur Problematik und Historie mit Bezug auf Kant
Jens Lemanski (FernUniversität in Hagen)
Note: An earlier version of this draft was presented at the conference ›Schema – Zeichen – Wissen‹, 19.–
21.2.2014, Technische Universität Berlin (http://www.a-priori.eu/node/587) and the proceedings will be
published in volume edited by Lidia Gasperoni et al.
1. Einleitung
An der berühmten Textstelle der Kritik der reinen Vernunft (= KrV) erklärt Immanuel Kant den
Unterschied zwischen analytischen und synthetischen Urteilen wie folgt:
„In allen Urteilen, worinnen das Verhältnis eines Subjekts zum Prädikat gedacht wird, (wenn ich nur die bejahenden erwäge, denn auf die verneinenden ist nachher die Anwendung leicht,) ist dieses Verhältnis auf zweierlei Art möglich. Entweder das Prädikat B gehört zum Subjekt A als etwas, was in diesem Begriffe A (versteckterweise) enthalten ist; oder B liegt ganz außer dem Begriff A, ob es zwar mit demselben in Verknüpfung steht. Im ersten Fall nenne ich das Urteil analytisch, in dem andern synthetisch.“1
Eine fundamentale Kritik an dem für die Unterscheidung zwischen synthetischen und
analytischen Urteilen gebräuchlichen umfangslogischen Vokabular (hier: ‚enthalten sein‘,
‚außer(halb) liegend‘) wurde einschlägig von Willard Van Orman Quine geäußert:
“Kant conceived of an analytic statement as one that attributes to its subject no more than is already conceptually contained in the subject. This formulation has two shortcomings: it limits itself to statements of subject-predicate form, and it appeals to a notion of containment which is left at a metaphorical level. But Kant’s intent, evident more from the use he makes of the notion of analyticity than from his definition of it, can be restated thus: a statement is analytic when it is true by virtue of meanings and independently of fact. Pursuing this line, let us examine the concept of meaning which is presupposed.”2
Quines Aufsatz Two Dogmas of Empricism ist selbst zahlreich kritisiert worden. Dennoch hält sich
bis heute sowohl unter Quinianern als auch in der Kantforschung die Kritik an der kantischen
containment-Metapher.3 Quine und viele seiner Nachfolger unterliegen allerdings dem
1 Immanuel Kant: Kritik der reinen Vernunft, in: Ders.: Gesammelte Schriften (Akademie-Ausgabe [= AA]), hrsg. v. Preußische/Deutsche/Göttinger/Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften. Berlin 1900ff., hier: AA III, S. 33 = A6f., B10 (Hervorh. v. mir, J.L.). 2 Willard Van Orman Quine: “Two Dogmas of Empiricism”, in: Ders.: From a Logical Point of View, 2. überarb. Aufl. New York; Hagerstown u.a. 1961, S. 20–57, hier: S. 20f. (Hervorh. v. mir, J.L.). 3 Vgl. bspw. Stephen Körner: Kant, Baltimore/Maryland 1955, S. 22; Richard Robinson: “Necessary Propositions”, in: Mind 67 (1958), S. 289–304, bes. S. 297; Jerrold J. Katz: Cogitations. A Study of the Cogito in Relation to the Philosophy of Logic and Language and a Study of Them in Relation to the Cogito, Oxford, New York u.a. 1988, bes. S. 52–98; Robert
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‚shortcoming‘, der daraus resultiert, dass die Kritik an der containment-Metapher nicht genauer
untersucht, expliziert und begründet wurde. Allein aus Quines A Postscript on Metaphor kann man
überhaupt ableiten, warum der zweite Kritikpunkt an Kant aus Two Dogmas eine negative
Konnotation besitzen muss, die die Fundamente der Transzendentallogik einer Uneigentlichkeit
bezichtigt; denn Quine hat in seiner kurzen Metapherntheorie eine mit der wissenschaftlichen
Expansion einhergehende Logisierung der Fachsprache eingefordert. Das heißt, wenn Metaphern
Übertragungen von Worten aus einem sinnlich-bildlichen Kontext in einen fachsprachlichen
sind, dann soll im Zuge der Verwissenschaftlichung die ihnen inhärierende Bildlichkeit und
Sinnlichkeit der ‚Schärfe‘ und ‚Klarheit‘ der Begriffe weichen. Wie die letzten beiden Sätze des
angeführten Zitats andeutet, kann man Quines Versuch eines ‚restatements‘ der containment-
Metapher im ‚concept of meaning‘ finden.
Fraglich bleibt aber, ob Kants umfangslogisches Vokabular tatsächlich ‚nur‘ metaphorisch
gemeint war und vor allem was die genuine Bildlichkeit von Vokabeln wie ‚enthalten sein‘,
‚außer(halb) liegen‘, ferner ‚beinhalten‘, ‚umfangen‘ oder sogar das ‚Begreifen des Begriffs‘
(concipere conceptus) sein könnte. In dem vorliegenden Aufsatz möchte ich die These vertreten,
dass die von Quine und seinen Nachfolgern angezeigte Metaphorik von Kants Definition der
analytischen und synthetischen Urteile auf eine Bildlichkeit rekurriert, die im Sinne der
Transzendentalphilosophie nicht als ‚Metapher‘, sondern vor allem als ‚Schema‘ verstanden
werden kann.4 Wenn man mit Kant ‚Schema‘ als eine die Begrifflichkeit und Sinnlichkeit
„vermittelnde Vorstellung“ definiert, dann könnte eine Logisierung oder auch Reformulierung
des umfangslogischen Vokabulars problematisch sein, da dann die eigentlich vermittelnde
Funktion der Schemata zugunsten einer einseitigen Begrifflichkeit unterdrückt werden oder sich
auch im ‚restatement‘ die Präsupposition einer schematischen Umfangslogik zeigen würde.
Genau diese problematische Konsequenz möchte ich in Kap. 4 und 5 aufzeigen.
Um aber das schematische Element des umfangslogischen Vokabulars herausstellen zu können,
werde ich in den vorhergehenden Kapiteln skizzieren, dass Kant seine Definition der
analytischen und synthetischen Urteile in eine lange Tradition der Logik stellt, in der die
Bildlichkeit bis zur Moderne eine immer explizitere Rolle gewinnt und zu Kants Zeiten ihren
vorläufigen Höhepunkt in den sog. ‚Euler-Diagrammen‘ findet. In Kap. 2 soll daher der Stand
der Forschung zu dieser logischen Tradition der Euler-Diagramme vorgestellt werden. In Kap. 3
versuche ich dann, einen Überblick über den historischen Verlauf dieser Schemata in der Logik
zu geben, um damit in Kap. 4 Kants Position in dieser geschichtlichen Entwicklung transparent
zu machen. In Kap. 5 werde ich zuletzt anhand einer bislang kaum erforschten Logik in der
Nachfolge Kants versuchen zu zeigen, warum Quines ‚restatement‘ und Übersetzung der
metaphorischen Definition analytischer Urteile mit dem ‚concept of meaning‘ aus der Sicht einer
kantischen Logik nicht befriedigend gewesen wäre.
Hanna: Kant and the Foundations of Analytic Philosophy, Oxford, New York u.a. 2001, bes. S. 124 (mit weiteren Literaturangaben); James Van Cleve: Problems from Kant, Oxford, New York u.a. 1999, bes. S. 18–21 (mit historischen Bezügen); Cory Juhl, Eric Loomis: Analyticity, New York, London u.a. 2010. 4 Ähnliche Thesen findet man in Robert Hanna: Kant and the Foundations of Analytic Philosophy, bes. S. 125 und vor allem in George Lakoff: Women, Fire and Dangerous Things. What Categories Reveal about the Mind, Chicago, London 1987, bes. S. 269–304.
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2. Forschungsstand zur Entwicklungsgeschichte der Euler-Diagramme
In diesem Kapitel möchte ich zunächst den Stand der Forschung zur Historie der Euler-
Diagramme vorstellen. In den herangezogenen Referenzwerken wird entweder der Ausdruck
‚Schemata‘ oder ‚Diagramm‘ verwendet, um die durch Leonard Euler und später dann durch
John Venn populär gewordenen Abbildungen logischer Verhältnisse zu bezeichnen. Wie man
beispielsweise an Venns Hauptwerk selbst sehen kann, ist die Entwicklungsgeschichte logischer
Schemata bzw. Diagramme ebenso von Interesse wie die damit verbundene Systematik. Die
historischen Referenzwerke sind in chronologischer Reihenfolge:
a) John Venn: Symbolic Logic, 2 überarb. Aufl. London 1894, bes. S. 504–527 (= chap. XX.
II).5
b) Theodor Ziehen: Lehrbuch der Logik auf positivistischer Grundlage mit Berücksichtigung der
Geschichte der Logik, Bonn 1920, bes. S. 227–236 (= § 54).
c) Martin Gardner: Logic Machines and Diagrams, New York, Toronto u.a. 1958.
d) Margaret E. Baron: “A Note on the Historical Development of Logic Diagrams. Leibniz,
Euler and Venn”, in: The Mathematical Gazette 53:384 (May 1969), S. 113–125.
e) E[rnest] Coumet: “Sur l’histoire des diagrammes logiques, ‘figures géométriques’”, in:
Mathematiques et Sciences Humaines 60 (1977), S. 31–62.
f) Peter Bernhard: Euler-Diagramme. Zur Morphologie einer Repräsentationsform in der Logik,
Paderborn 2001, bes. S. 69–80 (s.a. Index).
g) Amirouche Moktefi, Sun-Joo Shin: “A History of Logic Diagrams”, in: Dov M. Gabbay,
John Woods u.a. (Hrsg.): Logic. A History of its Central Concepts, Oxford, Amsterdam u.a.
2012, S. 611–682.
Bis heute hat sich in diesen historischen
Referenzwerken keine einheitliche Taxonomie
entwickelt, in die Euler-Diagramme begrifflich
eingeordnet werden können: Während Ziehen
noch 1920 als Überbegriff von einer
‚mathematischen‘ oder ‚symbolische Logik‘
spricht, die entweder ‚geometrische‘ oder
‚arithmetische Symbole‘ verwendet,6 spricht man ab der internationalen Etablierung des
Ausdrucks ‚Venn diagram‘ ab den 1910er Jahren fast ausschließlich von ‚geometrischen
Diagrammen‘. (Die hier beistehende Taxonomie versucht beide Klassifikationen zu
vereinheitlichen.)
Ein heterogenes Bild liefern die Referenzwerke nicht nur in Hinblick auf ihre Taxonomie,
sondern auch in Hinblick auf die jeweils behandelten bzw. erwähnten historischen Logiker, die
bis zu Kant geometrische Diagramme verwendet haben. Die im Folgenden aufgestellte Tafel
zeigt zum einen (in der Vorspalte) alle in den Referenzwerken genannten historischen Logiker
mit den Daten ihrer einschlägigen Werke und zum anderen, in welchem Referenzwerk
5 Dieses Kapitel ist eine überarbeitete Fassung von John Venn: “On the Employment of Geometrical Diagrams for the Sensible Representation of Logical Propositions”, in: Proceedings of the Cambridge Philosophical Society IV (Oct. 25, 1880 – May 23, 1883), S. 47–59. 6 Darstellungen zur Historie der arithmetischen Symbolik in der Logik findet man bei a) Venn und b) Ziehen.
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(Kopfzeile) jene behandelt werden. Das Zeichen im Tabellenfeld gibt an, dass das
entsprechende Referenzwerk sich intensiver mit dem entsprechenden Akteur beschäftigt und
diesem eine positive Rolle in der geschichtlichen Entwicklung der Euler-Diagramme zuspricht;
für eine negative Rolle wurde das Zeichen verwendet. Die Klammern – () bzw. () – geben
an, dass die Akteure nur nebensächlich im positiven bzw. negativen Sinn erwähnt werden.
Referenzwerke Personen/ Daten
a) Venn
b) Ziehen
c) Gardner
d) Baron
e) Coumet
f) Bernhard
g) Moktefi/ Shin
Aristoteles (~ 4. Jh. v.) () () () ()
Porphyrius (~ 3. Jh. n.) ()
Ammonios (~ 5. Jh. n.) ()
J. Philoponos (~ 6. Jh. n.) () ()
R. Lull (~1305)
J.L. Vives (1551) ()
P. Tartaretus (1581) ()
J. Pacius (1584)
N. Reimers (1589)
J.H. Alsted (1611)
J.C. Sturm (1661) ()
A. Geulincx (1662)
R. Sanderson (1680) ()
C. Weise (1691) ()
G.W.F. Leibniz (~ 1690) ()
E. Weigel (1693) ()
J.C. Lange (1712) () ()
G. Ploucquet (1759) ()
J.H. Lambert (1764) ()
L. Euler (1768)
J.A.H. Ulrich (1792) ()
J.G.E. Maaß (1793)
I. Kant (1800) ()
Die Tafel verdeutlicht einerseits, dass alle Referenzwerke ein wertvolles historisches Panorama
mit bestimmten Schwerpunkten liefern. Andererseits zeigt sie aber auch die heterogene
Geschichtsschreibung zur geometrischen Logik bis Kant, die z.T. darauf beruht, dass Ergebnisse
der jeweils vorangegangenen Studien nicht immer von den nachfolgenden Referenzwerken
berücksichtigt und kritisch nachgeprüft wurden.
3. Skizzen zur Entwicklungsgeschichte der Euler-Diagramme
Aufgrund der Unstimmigkeiten der in Kap. 2 angezeigten Tafel habe ich zunächst die Schriften
der darin genannten historischen Akteure zusammengesucht, durchgesehen, die Urteile der
Referenzwerke überprüft und diese Ergebnisse im Folgenden skizziert. Fast alle historischen
Bücher und auch Forschungsarbeiten konnte ich zudem in einem frei zugänglichen digitalen
Repositorium zusammenstellen (Links unter http://blog.fernuni-hagen.de/euler-venn-
diagrams/), so dass die hier nur exemplarisch angebrachten Belege ausführlich überprüft werden
können. Aufgrund der Tafel von Kap. 2 erlaube ich mir außerdem, die aufgeführten
Referenzwerke nicht weiter zu nennen und empfehle dem Leser hiermit allgemein, meine
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Ausführungen zu den jeweiligen Personen bzw. Schriften mit den jeweiligen Referenzwerken
abzugleichen.
3.1 Antike und Mittelalter
Ob eine explizite bildbezogene Darstellung der Logik more geometrico bereits in der Antike
eingesetzt hat, ist in der Forschung umstritten. Die Forschung ist sich zwar darüber einig, dass
bislang keine antiken Logikpapyri mit geometrischen Diagrammen als gesicherte Textzeugen
gefunden wurden; aber dennoch gibt es Interpreten, die versuchen, eine implizite
Bildbezogenheit in antiken Texten zur Logik und Sprachphilosophie herauszuarbeiten. Stekeler-
Weithofer sieht bspw. in der Segeltuch-Analogie, die der platonische Parmenides gegenüber
Sokrates vorbringt (Plat. Parm. 131b f.), einen Beleg dafür, dass Platon der Meinung gewesen sei,
Begriffe verhielten sich in einem Urteil so wie Modelle geometrischer Flächenbeziehung.7 Wie
besonders Bernhard anführt, gibt es auch mehrere moderne Interpreten, die eine Verwendung
von geometrischen Diagrammen bei Aristoteles annehmen, da dieser explizit vom ‚Schema‘ und
von ‚Mitteltermen‘ spricht, umfangslogische Metaphern verwendet oder auch Analogien zwischen
den Logikern und den Mathematikern herstellt (An. pr. 49b). Auch bei Theophrast von Eresos
und später bei Alexander von Aphrodisias findet man bspw. jeweils in ihren Kommentaren zu
Aristot. an. pr. 43b36–39 (in APr.) die Rede von der Wahl des Diagramms und der Syllogismen
(ἐκλογὰς καὶ τὸ διάγραμμα ὅλον καὶ τοὺς συλλογισμούς).8
Deutlichere Hinweis auf logische Schemata und Diagramme findet man aber erst ab der
Spätantike: Augustinus (Conf. IV 16) berichtet, dass zu seiner Zeit Lehrer die aristotelische
Kategorienschrift nicht nur durch mündlichen Rede, sondern auch durch viele in den Staub
gemalte Abbildungen einsehbar machten (non loquentibus tantum, sed multa in pulvere
depingentibus intellexisse). Archäologische Belege für derartige Zeichnungen im Logikunterricht
finden sich bspw. aus dem dreizehnten Jahrhundert an den Turmwänden der gotländischen
Kirche von Bro.9 Die Bemerkungen von Theophrast, Alexander und Augustinus selbst lassen
allerdings keine Rückschlüsse darauf zu, um welche Art von Zeichnungen es sich genau handelt.
Mehrfach haben Logikhistoriker aber dafürgehalten, dass grafische Veranschaulichungen der
Logik wie die sog. ‚Urteilsquadrate‘ (quadrata formula),10 ‚Eselsbrücken‘ (pons asinorum)11 oder
auch ‚Baumdiagramme‘ (arbor prophyriana/scientia etc.) explizit schon durch die
7 Vgl. bspw. Pirmin Stekeler-Weithofer: Grundprobleme der Logik. Elemente einer Kritik der formalen Vernunft, Berlin, New York 1986, S. 27–88. 8 Vgl. dazu auch Kevin L. Flannery: Ways into the Logic of Alexander of Aphrodisias, Leiden, New York u.a. 1995 interpretiert diese Diagramme umfangslogisch (S. 136ff.) und verweist dabei auf eine aristotelische Tradition (S. 1ff., S. 41). 9 Vgl. Uaininn O'Meadhra: “Medieval Logic Diagrams in Bro Church, Gotland, Sweden”, in: Acta Archaeologica 83 (2012), S. 287–316 inkl. einer Datierung der frühesten Urteilsquadrate auf das neunte Jahrhundert. 10 Nach herrschender Meinung findet man Urteilsquadrate erstmals in der (Ps-)Apuleius von Madaura zugeschriebenen Schrift Peri hermeneias, vgl. Joachim Ritter, Karlfried Gründer u.a. (Hrsg.): Historisches Wörterbuch der Philosophie, Basel 1971ff., s.v. Logisches Quadrat (Heinrich Schepers), Bd. 7, S. 1733–1736. Aufgrund bekannter Zweifel an der Echtheit, Datierung und Überlieferungsgeschichte der Schrift ist die Zuschreibung aber problematisch. 11 Vgl. Joachim Ritter u.a. (Hrsg.): Historisches Wörterbuch der Philosophie, s.v. Eselsbrücke (Heinrich Schepers), Bd. 2, 743–745; C[harles] L[eonhard] Hamblin: „An improved pons asinorum?”, in: Journal of the History of Philosophy 14:2 (1976), S. 131–136; Ivo Thomas: “The Later History of the Pons Asinorum”, in: Anna-Teresa Tymieniecka (Hrsg.): Contributions to Logic and Methodology: In Honor of J.M. Bochenski, Amsterdam 1965, S. 142–151.
6
Abb.1
neuplatonischen Kommentatoren wie Ammonius, Philoponos oder Porphyrius eingeführt
wurden.12
Diese Dafürhaltungen sind in mehrfacher Hinsicht problematisch, da (1.) die Bezugnahme
moderner Historiker auf neuzeitliche Editionen oder spätmittelalterliche Handschriften und
Inkunabeln nicht ausschließt, dass die genannten Figuren erst nachträglich den spätantiken
Werken hinzugefügt worden sind13 und (2.) es darüber hinaus erklärungsbedürftig bleibt, ob die
genannten Schemata überhaupt eine ähnliche umfangslogische Funktion besaßen wie die
späteren Euler-Diagramme.
Beide Probleme lassen sich aber zumindest für das Mittelalter einschränken. Einige spezielle
Forschungsgebiete haben bislang nachweisen können, dass die Baumdiagramme und andere
logische Schemata zwar nicht eindeutig spätantiken Ursprungs sind, aber auch nicht erst durch
(früh-)neuzeitliche Editoren hinzugefügt wurden. Ich referiere im Folgenden nur exemplarische
Ergebnisse aus den Forschungsbereichen zur Logik im (1) mitteleuropäischen und (2)
byzantinisch-slawischen Kirchenraum. (1) Die ältesten Baumdiagramme lassen sich in Boethius-
Übersetzungen von Porphyrius‘ Isagoge des elften Jahrhunderts finden und noch ältere Vorformen
in einer Glosse zur Isagoge, die ein Autor namens ‚Jepa‘ im neunten oder zehnten Jahrhundert
verfasst hat.14 (2) Die im elften Jahrhundert von Michael Psellos so
bezeichneten logischen ‚Diagramme‘ (διάγραμμα) und ‚Schemata‘
(σχῆμα)15 – besonders Baumdiagramme und Eselsbrücken – wurden
zahlreich in den Schriften Gregor Palamasʼ und in Scholien seiner
serbisch-kirchenslavischen Übersetzungen im Kloster Dečani
nachgewiesen.16
12 Vgl. bspw. William Kneale, Martha Kneale: The Development of Logic, verb. Reprint. Oxford, New York u.a. 1971, S. 71f. 13 In Bezug auf Philoponos behauptet dies auch Heinrich Scholz: Abriß der Geschichte der Logik, Freiburg/Breisgau, München 31967, S. 43f., Anm. 25. 14 Vgl. Annemieke Rosalinde Verboon: Lines of Thought. Diagrammatic Representation and the Scientific Texts of the Arts Faculty, 1200–1500, s.l., 2010 (http://hdl.handle.net/1887/16029), bes. S. 35–57 (mit zahlreichen Abb.) 15 Vgl. John Duffy: “Psellos' Paraphrasis on De interpretation”. In: Katerina Ierodiakonou (Hrsg.): Byzantine Philosophy and its Ancient Sources, Oxford 2004, S. 157–183. 16 Vgl. Ioannis Kakridis: Codex 88 des Klosters Dečani und seine griechischen Vorlagen. Ein Kapitel der serbisch-byzantinischen Literaturbeziehungen im 14. Jahrhundert, München, Berlin u.a. 1988, bes. S. 150ff. – Zahlreiche Fotos der bei Kakridis besprochenen Diagramme finden sich in Slobodan Žunjić: „Logički dijagrami u srpskim srednjovekovnim rukopisima“, in: Theoria 54:4 (2011), S. 127–160.
7
Abb. 2
Für diese Diagramme und Schemata möchte ich jeweils ein Beispiel aus zwei Handschriften
anführen, nämlich (1) ein mitteleuropäisches Manuskript des Organons aus dem zwölften
Jahrhundert17 und (2) ein aus Terra d’Otranto stammendes Sammelmanuskript des späten
dreizehnten Jahrhunderts mit Auszügen aus De interpretatione und einem Kommentar von
Psellos.18 Beide sind insofern interessant, als sie jeweils alle Formen der bislang besprochenen
Schemata enthalten und mehrfach davon Gebrauch machen. Abb. 1 zeigt eine halbmondförmige
Eselsbrücke, die die Subjekt-Prädikat-Struktur der Urteile im Syllogismus abbildet, da sie oben
von links nach rechts die drei Spitzen mit den drei Variablen möglicher Prädikate besetzt (α =
terminus maior, β = medius und = Γ minor), den jeweiligen Quantor – hier jeweils π (gr:
π[άντως] = ∀; τ[ίς] = ∃; ο[ὐ πᾶς] = ¬∃ bzw. lat.: O[mne]; Q[uoddam]; N[ullam]) – an die drei
geschwungenen Verbindungslinien zeichnet, die wiederum die zwei gleichlangen und oberhalb
befindlichen Prämissen und die unterhalb befindliche sowie längere Konklusion abbilden (α‿β
= prop. maior; β‿Γ = prop. minor; α‿Γ = concl.). Abb. 2 zeigt hingegen ein typisches
Baumdiagramm, mit einem Begriff an der Spitze (G0), der sich top-down jeweils dichotomisch
über drei Grade (G-1, G-2, G-3) differenziert. Abgesehen von dem höchsten Begriff (G0) und evtl.
einem niedrigsten Begriff steht jeder Begriff eines Grades (G-1, G-2, G-3) sowohl als
Subjekt/Gattungsbegriff/Obermenge (= S/G/O) in Relation zu den unter ihm als auch als
Prädikat/Artbegriff/Untermenge (= P/A/U) in Relation zu den
über ihm befindlichen Grade. Da Baumdiagramme Regeln wie ‚Was
von S/G/O gilt, gilt auch von P/A/U‘19 illustrieren, lassen sich
prädikatenlogische/ontologische/quantorenlogische Schlüsse
ziehen, wie etwa: G0 → G-1, G-1 → G-2, also G0 → G-2. Im Hinblick
auf die Entwicklungsgeschichte von Euler-Diagrammen ist
besonders die quantorenlogische bzw. mengentheorische
Interpretation dieser Baumdiagramme von Interesse. Obwohl die beiden schematischen Typen sowohl die Subjekt-
Prädikat-Struktur als auch die Umfangslogik von Begriffen mittels
Subordination illustrieren, entsprechen sie noch nicht der
Bildlichkeit, auf die sich Euler-Diagramme beziehen. Allein bei
Baumdiagrammen könnte man die vertikale Linienstrukturierung
durch ebene geometrische Figuren ersetzen, die jeweils von
unterhalb eines Begriffes beginnend sich top-down auf alle mit ihm
zunächst mittelbar und dann unmittelbar subordinierten Begriffe erstrecken, um somit nicht nur
visualisieren zu können, was es heißt, dass Begriffe unter anderen enthalten (contineri sub), sondern
auch in anderen Begriffen enthalten sind (contineri in) – oder eben nicht. Dann wären die vertikal
verlaufenden Linien aber überflüssig, da die Begriffsrelationen durch die Anzahl und Position der
Ränder bzw. Rahmen der ebenen geometrischen Flächen angezeigt würden. In der Logik sind bis
heute viele vertikale mit ebenen geometrischen Vokabeln salva congruitate substituierbar.20
17 Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel Guelf. Gud. gr. 24. 18 Magdalen College, Gr. 15. 19 Quidquid de subiecto/genere/omni dicitur, etiam de praedicato/specie/quibusdam dicitur. 20 Leider liegt zu diesen Begriffspaaren bislang keine begriffsgeschichtliche Studie vor. Ein Meilenstein in dieser Entwicklungsgeschichte ist aber sicherlich Porph. Eisag. III.5 (Pacius 1589) mit der Gleichsetzung des vertikalen
8
Abb. 3
Abb. 4
Die angeblich bereits im Mittelalter etablierte Alternative zu Baumdiagrammen in Form von
solch ebenen geometrischen Schemata wird von mehreren Autoren behauptet, allerdings nur
selten belegt. Zwei Thesen sind aber diskussionswürdig: Gardner und an ihn anschließend Baron
haben behauptet, dass ein Ramon Lull zugesprochenes Schema, das vier sich überschneidenden
Kreise mit den Begriffen ‚Vnum‘, ‚Esse‘, ‚Verum‘ und ‚Bonum‘ zeigt (Abb. 3), die historisch erste
Vorwegnahme der ebenen geometrischen Euler-Diagramme darstellen würde. Dieses Schema hat
Gardner auf einer tragbaren Sonnenuhr mit lullschen Motiven aus dem Jahr 1593 gefunden, und
er bezieht sich zum Nachweis allein auf eine Studie von Ormonde Maddock Dalton. Bei meiner
Durchsicht der lullschen Manuskripte der sogenannten ‚ersten Generation‘21
habe ich zwar zahlreiche Diagramme mit kombinatorischen Kreisen,22 viele
Baumdiagramme23 und auch Abbildungen24 gefunden, die sich auf der
entsprechenden Uhr befinden – doch das von Gardner und Baron angeführte
Schema oder auch nur ein Schema, das offensichtlich auf geometrisch ebene
Euler-Diagramme hindeuten würde, konnte ich nicht finden. Ein Nachweis für
das Schema bei Gardner und Baron gelingt aber, wenn man die pseudo-lullsche Schrift Opusculum
de auditu Kabbalistico aus dem sechzehnten Jahrhundert heranzieht.25 Somit bleibt zwar Lulls
Verdienst um die Kombinatorik unberührt, aber die durch Gardner und Baron kolportierte
Behauptung, Lull sei ein Vorgänger Eulers, ist angesichts der dünnen
Beweislage nicht haltbar.
Um eine direkte Verbindung zwischen dem Mittelalter und den Euler-
Diagrammen herzustellen, könnte es aber naheliegender sein, auf die
These des Medizinhistorikers Michael Frampton einzugehen, der vor
wenigen Jahren eine Verbindung zwischen Venn-Diagrammen und einem
naturphilosophischen Diagramm behauptet hat, das sich in einem
Manuskript aus dem zwölften Jahrhundert mit einer Calcidius-Übersetzung
Begriffspaars ‘superiora/inferiora‘ mit den ebenen geometrischen ‚continens/continetur‘ in Bezug auf Gattung und Art. 21 Vgl. Albert Soler: “Els manuscrits lul·lians de primera generació als inicis de la primera generacio”, in: Estudis Romànics 32 (2010), S. 179–214. 22 Vgl. Arras, Bibliothèque Municipale, Ms. 78, fol. 1v; Città del Vaticano, Bibliotheca Apostolica Vaticana, Ottob. lat. 832, fol. 3v–4r; Città del Vaticano, Bibliotheca Apostolica. Ottob. lat. 2347, fol. 1v–2r; Città del Vaticano, Bibliotheca Apostolica., Vat. lat. 3858, fol. 1v–2r; Città del Vaticano, Bibliotheca Apostolica Vaticana, Vat. lat. 5112, fol. 3v–8r; Milano, Biblioteca Ambrosiana, I 121 Inf., fol. 1r; Milano, Biblioteca Ambrosiana, P 198 Sup., fol. 1v–2r, 137v–139r; München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm. 10496, fol. 1v, 2v; München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm. 10495, fol. 171v; München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm. 18446 fol. 1v–2r; Oxford, Bodleian Library, Canon. Misc. 141, fol. 69r, 70v–73r; Paris, Bibliothèque Nationale, NL Petrus von Limoges, MS lat. 16113, fol. 51v–52v, 61r; Paris, Bibliothèque Nationale, MS lat. 16116, fol. 84r; Sevilla, Biblioteca Capitular y Colombina, 5-6-35, fol. Iv, 1r; Venezia, Biblioteca Nazionale Marciana, Lat.VI.200 (2757), fol. 2v–4r, 157v–160r. 23 Vgl. Bologna, Biblioteca Universitaria, Ms. 1732, fol. 2r–4r; Dún Mhuire, Killiney, Franciscan Library, B 95, fol. Iv–IIr; Milano, Biblioteca Ambrosiana, D 549 Inf, fol. 260r, 265v, 304bis.v, 318r; Milano, Biblioteca Ambrosiana, I 121 Inf., fol. 11r; Padova, Biblioteca Capitolare, C 79, fol. 1r; París, Bibliothèque Nationale, lat. 15385, fol. 1r; Paris, Bibliothèque Nationale, NL Petrus von Limoges, lat. 16114, fol. 15v–17v; Paris, Bibliothèque Nationale, lat. 16116, fol. 84r; París, Bibliothèque Nationale, fr. 22933, fol. 61v–64r; Palma de Mallorca, Collegi de la Sapiència, Biblioteca Diocesana de Mallorca, F-129, fol. 1v, 52r–55r; Palma de Mallorca, Collegi de la Sapiència, Biblioteca Diocesana de Mallorca, F-143, fol. 153r, 156v, 160r, 180r, 188r. 24 Vgl. Paris, Bibliothèque Nationale, lat. 16115, fol. 84v. 25 Vgl. die dreidimensionale Darstellung aus Ringen in s.a. [evtl. Pietro Mainardi]: Opvscvlvm Raymvndinvum de avditv Kabbalistico Sive ad omnes scientias introdvctorivm, s.l., s.a. [1518], s.p. [ca. S. 90]; die für Dalton, Gardner und Baron relevante zweidimensionale Darstellung aus Kreisen (Abb. 3) findet sich sogar erst in Ders.: „De Audito Kabbalistico seu Kabbala“, in: Raymundi Lulli Opera ea quae ad adinventam ab ipso artem universalem […], Argentinae 1598, S. 109.
9
Abb. 5
des Timaios und dem Rolandslied befindet.26 Dieses Diagramm (Abb. 4) zeigt einen
kombinatorischen inneren Kreis mit den Jahreszeiten sowie vier äußere Halbkreise, die durch
sich überschneidende Halbkreise jeweils in drei Bereiche (Qualität, Element und Altersangabe)
sowohl differenziert als auch miteinander verbunden werden. Obwohl Frampton zwar eine
Analogie zu Venn behauptet, begründet er aber nur, dass die Funktion der trennenden sowie
verbindenden Halbkreise den Eselsbrücken entspricht, da bei beiden der terminus medius in einem
Syllogismus herausgestellt werden soll. Eine eindeutige umfangslogische Funktion von
Diagrammen im Mittelalter konnten somit weder Frampton noch Gardner und Baron
nachweisen.
3.2 Frühe Neuzeit
Erst das sechzehnte Jahrhundert bringt mehrere bedeutende Logiken, in denen
– dank des Buchdrucks – geometrische Diagramme als integraler Bestandteil
des Werkes kenntlich gemacht werden: Bereits 1503 bringt der in der
Forschung bislang kaum berücksichtigte Aristoteles-Kommentar Libri logicorum
ad archetypos recogniti von Jacques Lefèvre d’Étaples zahlreiche Diagramme.27
Dadurch dass d’Étaples beispielsweise zum einen die intensio durch Linien und
diese wiederum zur Illustration der extensio zu Flächen verbindet und zum
anderen auch die durch die Quantoren (O, Q, N) ausgedrückten Verhältnisse des Inneseins
(inesse) an Halbkreisen illustriert und diese zu immer komplexeren halbmondförmigen Flächen
zusammenschließt (Abb. 5),28 sind wohl erstmals die bekannten mittelalterlichen Diagramme im
Druck reproduziert worden. Eine Darstellung der Umfangslogik im Sinne der Euler-Diagramme
liegt allerdings meiner Meinung nach noch nicht vor.
Die erste schematische Darstellung, die John Venn selbst als einen Vorläufer seiner und Eulers
Diagramme interpretiert hatte, stammt aus dem Jahr 1531 von Juan Luis Vives.29 Im Syllogismus-
Kapitel des zweiten Buches von De censura veri et falsi beschreibt Vives zunächst den klassischen
Syllogismus, dann den Unterschied zwischen dem terminus maior und minor und skizziert
schließlich das aristotelischen dictum de omni (et nullo):30
„vt si tres trianguli pingantur, quorum vnus b sit maximus, & capiet alterum a, tertius sit minimus intra a, qui sit c: ita dicimus si omne b est a, & omne c est b, omne c est a.“
26 Vgl. Michael Frampton: Embodiments of Will. Anatomical and Physiological Theories of Voluntary Animal Motion from Greek Antiquity to the Latin Middle Ages, 400 B.C.–A.D. 1300, Saarbrücken 2008, S. 307. 27 William Hamilton: Lectures on Logic. Bd. II. Hrsg. v. H. L. Mansel u. J. Veitch. London 1860, S. 420 behauptet sogar, es gäbe keine Diagramme bei d’Étaples. 28 Jacobus Faber Stapulensis: Libri logicorum, ad archetypos recogniti […], Parisius 1503, fol. 27r (zu Cat. 4b–5b), 82v (zu Anal.pr. 25a). 29 Venn entnimmt diesen Hinweis aus Friedrich Albert Lange: Logische Studien. Ein Beitrag zur Neubegründung der formalen Logik und der Erkenntnistheorie, Iserlohn 1877, S. 10. Da bei Vives „statt der im Text genannten Dreiecke nur Winkel“ zu finden sind, geht Lange von einer „typographische[n] Bequemlichkeit“ aus und glaubt zudem, dass die Veranschaulichung kaum „eine Erfindung des scharfsinnigen Spaniers“ sei, sondern eher eine Schultradition. Als Hinweis für weitere Forschungsarbeiten sei hier aber angemerkt, dass man zahlreiche logische Abbildungen und auch Winkeldarstellungen in der spanischen Ausgabe von Thomas Bradwardine: Preclarissimum mathematicarum opus […], s.l.
[Valenica] 1503, findet, die für Vivesʼ Lehrer Hieronymus Amiguetus angefertigt wurde. 30 Vgl. Aristot. kat. III. 1b10–16, V. 3b4f.; an. pr., I. 24b26–30, IV. 25b39–26a2, 26a23–26, IX. 30a17–23, XIV. 32b38–33a38; top. D. I, 121a25f.; Porph. eisag. VIII.2–3 (Pacius 1589).
10
„Wenn drei Dreiecke gemalt werden, von denen eines b das Größte sei und ein anderes a umfasst, ein drittes sei aber das Kleinste in a, welches c sei, so sagen wir, wenn alle b nun a sind und alle c sind b, [so] sind alle c [auch] a.“31
Das Zitat ist nicht metaphorisch zu verstehen, da Vives explizit von Dreiecken (trianguli), nicht
von Begriffen spricht, die umfasst werden (capiet).32 Das ganze Zitat ist aber in eine Analogie
eingebettet, die den direkten Schluss des terminus minor aus dem maior exemplifizieren soll,
wodurch eine Verbindung zwischen der containment-Metapher und der Logik hergestellt wird.
Ebenso zahlreiche und ähnliche Diagramme wie bei d’Étaples findet man auch in dem 1536
gedruckten Kommentar von Johannes Philoponnos, in den kommentierten Aristoteles-Ausgaben
des Johannes Franciscus Burana ab 1536, in der Dialektik von Georgios Trapezuntios von 1538
und in der Organon-Ausgabe von Giulio Pace 1584.33 Auf die eigenständige Schrift Metamorphosis
Logicae von Nicolaus Reimarus Ursus aus dem Jahr 1589 hatte bereits Coumet hingewiesen.
Reimers ist für die Geschichte der Euler-Diagramme insofern von höchster Bedeutung, als er
erstmals ein Sphärendiagramm benutzt, um damit Schlüsse zu skizzieren.34 Er führt zunächst eine
Tafel (deductionis tabulâ)35 ein, die ähnlich dem vertikalen Baumdiagramm nun horizontal
Oberbegriffe nach dem platonischen Prinzip der διαίρεσις bzw. divisio in jeweils zwei Teilbegriffe
unterteilt. Der Oberbegriff ‚animal‘ wird in ‚irrationale, vt brutum‘ oder ‚rationale, vt Homo‘
eingeteilt. Letzterer wird wiederum in ‚Mas seu vir‘ und ‚Fæmina seu vir‘ eingeteilt. Diese
Ontologie ermöglicht es Reimers nun, den modus Barbara – allquantifiziert mit O[mnia] –
aufzustellen:
„O. Homo est Animal: (quia Homo inest Animali) O. Mulier est Homo: (quia et Mulier inest homini) O. Ergo Mulier est Animal.“
Reimers erklärt, dass dieser Schluss auf dem „Principium per intellectum internum“
zurückzuführen sei, das dictum de omni et nullo, das er abstrakt an einem Sphärendiagramm
illustriert:
„Sit enim Circulus EF. intimus: CD. intermedius: AB. verò extremus. Cùm itaq[ue] intimus EF. sit comprahensus in intermedio CD. rusumquè intermedius in extreme AB. necessariò erit etiam intimus EF. contentus in Extremo AB.”
„Es sei EF der innerste, CD der mittlere und AB der äußerste Kreis. Wenn daher der innerste EF im mittleren CD enthalten sei, und wiederum der mittlere in dem
31 Ioannes Ludovicus Vives: “De censura veri et falsi”, in: Ders.: De disciplinis Libri XX, Tertio tomo de artibus libri octo, Antverpia, 1531, fol. 57v. Weitere Schemata in tom. III finden sich auf fol. 27v, 37r. 32 Ein sich aufdrängender Vergleich zwischen Aristoteles, Vives und den frühneuzeitlichen Ausgaben von Euklids Elementen (bes. lib. V) wäre ein eigenes Forschungsthema und kann hier nicht geleistet werden. 33 Vgl. Ioan[nes] Gram[maticus] Philoponus: Commentaria in priora Analytica Aristotelis. Magentini Comentaria in eadem Libellvs de Syllogismus, Venetia 1536; Ioannes Franciscus Burana Veronensis: Interpretatio fidissima necnon exactissima expositio in Priores Aristotelis resolutorios nuper accuratius recognita, Venetiis 1536; Gregorius Trapezvntius: De re dialectica […]. Colonia 1538; Aristoteles Stagaritae Peripateticorum: Principis Organon, Hrsg. v. Iulius Pacius. Morgia 1584. 34 Nicolaus Raymarvs Vrsvs Dithmarsivs: Metamorphosis Logicae […], Argentorati 1589, S. 32. 35 Die historischen wie systematischen Verbindungen in der Entwicklungsgeschichte der Kombinatorik, der Baumstrukturen, Tabellenwerke etc. sind noch nicht ausreichend erforscht. Vgl. aber mit der dort angeführten Literatur Steffen Siegel: Tabula. Figuren der Ordnung um 1600. Berlin 2009.
11
Abb. 6 Abb. 7
äußersten AB, dann wird auch der innerste EF in dem äußersten AB enthalten sein.“36
Mit diesem Beispiel sind somit alle grundlegenden Verwendungsweisen von Sphärendiagrammen
in der Logik angerissen worden: (1) Begriffe wie ‚animal‘ besitzen eine Sphäre bzw. einen
Umfang, in welcher bzw. welchem Unterbegriffe wie ‚brutum‘, ‚homo‘ und weiter vermittelte
Unterbegriffe enthalten sind (comprahensus in). (2) Die Ontologie ermöglicht wahre Aussagen
(wie bspw. ‚Homo inest Animali‘) von falschen (wie bspw. ‚Mulier inest Brutum‘) zu
unterscheiden und zu erklären (‚quia…‘), so dass (3) diese Urteile zusammengenommen einen
Schluss ergeben können (‚…Ergo Mulier est Animal‘).
Eine Entwicklung von Verhältnisbestimmungen durch Linien vor dem 18. Jahrhundert kann man
bei Bartholomäus Keckermann finden: während in der Systema
Logicae von 1601 noch Begriffsumfänge bei der Begründung von
Urteilen durch gleichlange Linien dargestellt wurden (Abb. 6),
illustrieren spätere Ausgaben, wie bspw. die von 1611, dieselben
Verhältnisse durch unterschiedlich lange Linien (Abb. 7). Das
dargestellte Argument nach dem dictum de omni (et nullo) lautet enthymemisch: „Homo est animal,
quia sentit: hîc animal, est instar lineæ a, b, homo instar linæ e,f: sentit, instat linæ c,d.“ Auch Johann
Heinrich Alsted übernimmt 1614 die frühere schematische Fassung von Keckermann.37 Dass
allerdings auch der ‚cubus logicus‘ von Arnold Geulincx geometrischen Logikdiagrammen
zuzuordnen sei, wie Ziehen und andere diskutieren,38 konnte bislang nicht bewiesen werden.
Von größerer Relevanz als Keckermann, Alsted und ferner Geulincx für die geometrische Logik
sind allerdings die Schriften von Sturm und Leibniz – den beiden Schülern Erhard Weigels.
Johann Christoph Sturm verwendet in dem Traktat Novi Modi Syllogizandi aus dem Jahr 1661 nicht
nur fünf Diagramme („diagrammate“) zur Illustration logischer Schlüsse, sondern auch erstmals
die Kreisschemata ohne Bezug auf das dictum de omni et nullo. Als Beispiel sei hier Sturms erstes
geometrisches Diagramm angeführt, bei dem aus einer universalen Affirmation in der propositio
maior und einer universalen Negation im minor eine partikuläre Affirmation mit einem
unbestimmten Subjekt gefolgert werden soll:
„Si omne B est A, & nullum C est B, sequitur formaliter &
ἐξ ἀναγ´κης [sic] haec: Quodam non-C est A.“
„Wenn alle B A sind und kein C B ist, dann folgt formal und mit Notwendigkeit, dass einige nicht-C A sind.“39
36 Raymarvs: Metamorphosis Logicae, S. 33. 37 Vgl. Johanne-Henrico Alstedio: Logicæ Systema Harmonicum […], Herbornæ Nassoviorum 1614, S. 395 (= VII, IV 1). 38 Vgl. Gabriel Nuchelmans: Geulincx Containment Theory of Logic, Amsterdam 1988. Ein negatives Urteil fällt Carl Friedrich Bachmann: System der Logik. Ein Handbuch zum Selbststudium, Leipzig 1928, S. 148f. 39 Vgl. Joh[ann] Christopherus Sturmius: Universalia Euclidea […] Accedunt ejusdem XII. Novi Syllogizandi Modi in propositionibus absolutis, cum XX. aliis in exclusivis, eâdem methodo Geometricâ demonstrates, Hagæ-Comitis 1661, S. 84, Abb. S. 86.
12
Abb. 8
Abb. 9
Auch der Weigel-Schüler Gottfried Wilhelm Leibniz kannte Sturms Arbeit40 und hatte schon früh
logische Diagramme verwendet.41 Aber erst um ca. 1690 entstand eine – erst 1903 von Louis
Couturat veröffentlichte – Reihe von Fragmenten, in denen sowohl Linien- und
Sphärendiagramme als auch arithmetrische Darstellungen der Logik kulminierten, um den
aristotelischen Syllogismus zu perfektionieren. So stellt bspw. Leibniz direkt zu Beginn von De
formæ logicæ per linearum ductus (Abb. 8) eine
schematische Darstellung der traditionellen
vier Urteilstypen auf (AffIrmo, nEgO) und
illustriert dann den modus Barbara am dictum
de omni (et nullo).
Mehrfach ist in der Forschung diskutiert
worden, ob die Schemata bei Sturm und
Leibniz von Weigel beeinflusst worden sind. Während beispielsweise Bernhard diese Hypothese
für ungesichert erachtet, hat Bullynck aufgrund einer geometrisch-logische Analogie des dictum de
omni et nullo im Frühwerk Weigels jüngst für eine Beeinflussung argumentiert.42 Bekannt ist, dass
man erst 1693 explizit umfangslogische Illustrationen im Anhang von Weigels
Philosophia Mathematica findet. Wie hier am Beispiel des modus Barabara und
Celarent gezeigt wird (Abb. 9), hat Weigel die termini minor, maior und medius
in unterschiedlichen Syllogismen durch die in- und auseinandergesetzten
Initialien A, B und C visualisiert. Bislang wurde in der Forschung aber übersehen,
dass Weigel schon 1669 in seiner Idea Matheseos universae darauf hingewiesen hat, dass alle Arten
der Syllogismen durch Schemata und geometrische Figuren (per schemata figurasque
geometricas) viel einfacher zu unterscheiden sind, wie man besonders am modus Barbara und
Celarent (dem „dictum de omni & nullo“) sehen könne. Diese von Weigel als „Logometrum“
bzw. „Schluß-Maaß“ bezeichnete Erfindung habe „Sturmium meum“ bei den Belgiern bekannt
gemacht.43
40 Vgl. Stefan Kratochwil: „Johann Christoph Sturm und Gottfried Wilhelm Leibniz“, in: Hans Gaab, Pierre Leich u.a. (Hrsg.): Johann Christoph Sturm (1635 – 1703). Frankfurt a.M. 2004, S. 104–119, bes. S. 107f. 41 Das in der Forschung als das früheste geltende Kreisdiagramm von Leibniz findet sich auf Blatt N. 4932 in Gottfried Wilhelm Leibniz: Sämtliche Schriften und Briefe, hrsg. v. Preußische/Deutsche/Göttinger/Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften. Darmstadt, Berlin u.a. 1923ff., VI 4 A, S. 2773. (Ich danke Hubertus Busche für den Hinweis.) 42 Vgl. bspw. Maarten Bullynck: “Erhard Weigel’s Contributions to the Formation of Symbolic Logic”, in: History and Philosophy of Logic 34 (2013), S. 25–34. 43 Erhardus VVeigelus: Idea Matheseos universæ cum speciminibus Inteventionum Mathematicarum, Jenae 1669, S. 46f. (= VIII, § 18).
13
Abb. 10
3.3 Das 18. Jahrhundert
Bereits John Venn hatte zu Recht festgestellt, dass die bis
heute häufig in der Literatur zu findende Behauptung,
Christian Weises Logiken – die Doctrina Logica von 1686,
Nucleus Logicæ von 1691 und Curieuse Fragen u ͤber die Logica
von 1696 – enthielten logische Diagramme, falsch sei. Ein
Meilenstein der geometrischen Logik stellen aber die
Additamenta zur dritten Auflage der Nvclevs Logicae Weisianae
dar, die der Weise-Schüler Johann Christian Lange
angefertigt hat. Lange erklärt explizit, dass er mit seinen
dreiecks- und halbmondförmigen Eselsbrücken („Schema Triangvlare“, „Schematibus semi-
circvlaribvs“) an Autoren wie Georgios Trapezuntios, Johann Heinrich Schellenbauer, Jakob
Martini oder auch Samuel Grosser (ebenfalls ein Weigel-Schüler) anknüpfe und seine „Circulos aut
Sphæras“ von Sturm übernommen habe44. Bemerkenswert ist, dass Lange schon vor Euler klare
Schnittflächen in diese Kreisschemata einzeichnete und mittels dieser nicht nur zunächst
(ir)reguläre Schlüsse beginnend mit dem modus Barbara (Abb. 10), grundlegende Klassen und
Stufen von Begriffsrelationen, sondern auch logische und methodische Sonderfälle wie
Konditionale, Enthymeme, Sorites und Induktionen darstellte. Daher wäre eine intensive Studie
zu Langes Logik nicht nur eine historische verdienstvolle, sondern vielleicht auch eine
systematisch ertragreiche Forschungsaufgabe.
Venn und ferner Baron hatten auch darauf hingewiesen, dass die zahlreichen Diagramme des
Weise-Schülers Johann Christian Lange im Inventum novum quadrati logici von 1714 nur eine ebene
geometrische Flächendarstellung von Baumdiagrammen nach dem Prinzip der διαίρεσις
darstellen, aber keine direkte Verwandtschaft mit Euler-Diagrammen besitzen.45
Das mit Lange aufgekommene Interesse an der Historie wuchs im Laufe des 18. Jahrhunderts an.
Einige Jahre nachdem auch Hermann Samuel Reimarus 1756 in seiner Vernunftlehre den
Wertverlauf von Urteilen durch die Quantität der Linien in einer Eselsbrücke veranschaulicht
hatte,46 entbrannte ein – aufgrund der heute bekannten Logikgeschichte anachronistisch
wirkender – Streit zwischen Johann Heinrich Lambert und Gottfried Ploucquet um die
Urheberschaft und Gültigkeit der ebenen geometrischen Logikdiagramme.47 Fest steht, dass
44 Vgl. Iohannes Christianus Langius: Nvclevs Logicae Weisianae. […] illustrates […] per varias schematicas […] ad ocularem evidentiam deducta […]. Editus antehac Avctore Christiano Weisio, Gissae-Hassorum 1712, bes. S. 248, ferner: S. 160, S. 205, S. 603. – Vgl. auch Jacobus Martini: Institutionum Logicarum Libri VII, Wittebergae 1610, S. 359ff., S. 432, S. 491ff. (Eselsbrücken), S. 472 („circuli probatio“); Jo[annes] Henricus Schellenbauerus: Compendium logices, Stuttgardiae 1715, S. 163ff. [Ausg. 1682 u. 1704 nicht auffindbar]; Samuel Grosser: Pharus Intellectus, sive Logica Electiva, Lipsiae 1697, Beiblätter nach S. 110, S. 132. 45 Venns Urteils stehen allerdings die positiven Aussagen zu Langes Nucleus und ferner zu Johann Andreas Segners Specimen Logicae vniversaliter (1740) von Johann Heinrich Lambert: Anlage zur Architectonic, oder Theorie des Einfachen und des Ersten in der philosophischen und mathematischen Erkenntniß, 2 Bde, Riga 1771, hier: Bd. 1, S. XIII, XXI, S. 128 entgegen, die ich in Bezug auf Lange hier nicht entscheiden und in Bezug auf die von mir durchgesehene Ausgabe Segners nur für die algebraische Logik bestätigen kann. 46 Vgl. bes. H[ermann] S[amuel] Reimarus: Vernunftlehre, als eine Anweisung zum richtigen Gebrauche der Vernunft […], Hamburg 1756, S. 196 (= § 136). 47 Ausführliche Abbildungen von Diagrammen zur frühen Neuzeit findet man auch bei Wilhelm Risse: Die Logik der Neuzeit, 2 Bde. Stuttgart-Bad Cannstatt 1964/1970, Bd. 1, S. 221 (Urteilsquadrate), 225 u. 542 (Eselsbrücken); Bd. 2, S. 90f. (Geulincx), 128 (Baumdiagramme), 145 (Weigel), 168 (Sturm), 202 (Leibniz), 280f. (Ploucquet), 286–289 (Euler), 562–564 (Lange), 656f. (Reimarus).
14
Abb. 11
Ploucquet 1759 in seiner Fvndamanta Philosophiæ Speculativaæ drei ineinander geschachtelte
Quadrate einzeichnet, um einen Schluss nach dem dictum (de omni et nullo) zu demonstrieren:
“Ex intuitione patet, P esse prædicatum omnis M, & M esse prædicatum omnis S. Sed prædicatum prædicati est prædicatum Subjecti. P itaque est prædicatum omnis S, id quod ita exprimitur: Omne S est P.” “Durch die Intuition liegt offen vor Augen, dass P das Prädikat von allen M, & M das Prädikat von allen S ist. Aber das Prädikat des Prädikats ist das
Prädikat des Subjekts. P ist daher das Prädikat von allen S, so dass anschaulich wird: Alle S ist P.“48
Bemerkenswert an diesem Zitat ist zunächst die im zweiten Satz befindliche und für das 18.
Jahrhundert typische Wiederaufnahme eines zwischen dem Neuplatonismus und der
Spätscholastik entstandenen Lemmas für das aristotelische Diktum.49 Die drei ineinander
geschachtelten Quadrate zeigen, dass das Urteil der Konklusion ‚Alle S sind P‘ identisch ist mit
dem Urteil ‚P ist in allen S‘ („P esse in omni S, seu, quod idem est, omne S esse P“).
Johann Heinrich Lambert hatte 1762 in der Bürgerbibliothek der Züricher Wasserkirche eine
„alte scholastische Logik, oder […] ein Commentarius uͤber die Logik des Aristoteles“ mit
logischen „Figuren in Holzschnitten“ gefunden, die „viele Begriffe und Verha ͤltnisse“
illustrierten.50 Dass er noch sechs Jahre später einen Brief nach Zürich schickt, um das Buch noch
einmal inspizieren zu dürfen, darf als Indiz dafür genommen werden, dass die 1764 in der Schrift
Neues Organon entwickelten logischen Linien- und Punktdiagramme durch diese „scholastische
Logik“ angeregt wurden. Für Lambert war die Logik more geometrico ein Mittel, „Ungereimtheiten
zu entdecken, weil die Geometrie die Fehlschlüsse bald verräth“.51 Im Neuen Organon wird die
„Ausdehnung“ eines Abstractums mittels einer gezeichneten Linie dargestellt, deren Länge die
Anzahl aller Individua illustriert, die selbst aber mit Punkten dargestellt werden, da sie keine
Ausdehnung besitzen. Das beistehende Diagramm (Abb. 11) ermöglicht
daher eine Erklärung von Schlüssen mit dem dictum de omni et nullo wie
bspw.: alle M sind P, alle S sind M, also alle S sind P.52
Lambert hatte in einem Zeitungsartikel im Januar 1765 eine eher
Ploucquets Methode favorisierende Abhandlung über die Mathematik von Georg Jonathan von
Holland zumindest dafür gelobt, dass sie versuche, die „Epoquen von solchen Rechnungsarten
festzusetzen, damit man, wenn sie einmal zu ihrer wahren Vollkommenheit und Brauchbarkeit
kommen, sich u ͤber ihre Erfindung nicht so bitter zanke, wie es bey dem Differential-calculo
geschehen“.53 Lambert versicherte, dass er seine geometrische Methode mindestens ein Jahr vor
48 Gottfredus Ploucquet: Fvndamenta Philosophiæ Speculativæ. Tübingae 1759, S. 25 (= § 71). 49 Bspw. findet man eine stark überspitzte scholastische Variante dieser Phrase in [Ps.-]Joslenus Suessionensis: “De generibus et speciebus“, in: Victor Cousin (Hrsg.): Ouvrages inédits d'Abélard, Paris 1836, S. 520: „Si enim aliquid praedicatur de aliquo et aliud subiciatur subiecto, subiectum subiecti subicitur praedicato praedicati.“ 50 Johann Heinrich Lambert an Johann Jakob Steinbrüchel, 14.4.1768, in: Joh[ann II.] Bernoulli (Hrsg.): Joh[ann] Heinrich Lamberts deutscher gelehrter Briefwechsel, Bd. 1. Berlin s.a. (1782), S. 403–408. 51 Vgl. J. H. Lambert: „Neue Zeitung von gelehrten Sachen 1765:1 (3. Januar)“, in: August Friedrich Bo ͤk (Hrsg.):
Sammlung der Schriften, welche den logischen Calcul Herrn Prof. Ploucquets betreffen, mit neuen Zusa ͤzen, Frankfurt, Leipzig 1766, S. 149–156, hier: S. 150. 52 J. H. Lambert: Neues Organon. oder Gedanken über die Erforschung und Bezeichnung des Wahren und dessen Unterscheidung vom Irrthum und Schein. 2 Bde. Leipzig 1764, hier: Bd. 1, S. 109–125 (= §§ 173–202). 53 Vgl. J. H. Lambert: „Neue Zeitung von gelehrten Sachen 1765:1 (3. Januar)“, in: Bo ͤk (Hrsg.): Sammlung der Schriften, S. 152.
15
Abb. 12
Abb. 13
Abfassung des Neuen Organons entwickelt habe – scheinbar ging er davon aus, dass Ploucquets
Methode erst 1763/64 entstanden sei.
Natürlich ließ Ploucquet es sich nicht nehmen, auf seine bereits angesprochene Schrift aus den
1750er Jahren zu verweisen: Es sei ihm, so Ploucquet, „nicht undienlich […], dem Verlangen des
Herrn Prof. Lambert ein Genu ͤge zu thun, und die Epoquen dieser Rechnungsart fest zu sezen“.
Schon 1758 kam ihm die Idee, „Schlu ͤsse zu zeichnen, und in Figuren vorzustellen, um dieselbe
auf eine anschauende Erkenntniß dergestalten zu bringen, daß der ganze Schluß mit einem Blik,
ohne an die Folgen zu gedenken, u ͤbersehen, mithin aller Zweifel wider die Untru ͤglichkeit der
Schluͤsse ga ͤnzlich aufgehoben werde“.54 Bemerkenswert ist, dass Ploucquet sich zudem gegen die
historische Zuschreibung von Heinrich Wilhelm Clemm wehrt,55 seine Logik habe Ähnlichkeit
mit der characteristica universalis Ramon Lulls, Richard Suiseths oder Gottfried Leibnizʼ.56 Lambert
konnte in all diesen historischen Zurechtweisungen Ploucquets nur noch eine „umständlichere
Erzählung“ sehen und schwenkte schnell zur inhaltlichen Kritik über.57
Als eine Bestätigung des alten Sprichworts „duobus litigantibus tertius gaudet“ kann man es
ansehen, dass neben John Venn ausgerechnet Leonhard Euler
zum Namenspatron der geometrischen Logik erklärt wurde.
Euler hatte seine Kreisdiagramme fast zeitgleich mit Ploucquet
und Lambert in Band 2 seiner Lettres à une princesse d'Allemagne sur
divers sujets de physique et de philosophie entwickelt, die 1760–62
geschrieben und 1768 veröffentlicht wurden. Euler wollte darin
zunächst den Unterschied zwischen den Individualien und den
davon abstrahierten Abstracta erklären, um dann ähnlich wie
Lambert eine Urteilslogik aufzubauen, die die Relation von
Subjekt und Prädikat anhand von Zirkeln („figures rondes“) vorstellt.58
Wie der Anfang von Lettre CIII zeigt, hat Euler sich nicht bewusst auf Zirkel
festgelegt und sieht allgemein in der Illustration nur eine Erleichterung („faciliter“)
mittels Intuition („faute dʼabord aux yeux“). Euler beginnt ähnlich wie Leibniz
damit (Abb. 12), zunächst die traditionellen vier Urteilstypen darzustellen (A =
Affirmative-Universelle, E = Négative-Universelle, I = Affirmative-Particulière, O
= Négative-Particulière). Anhand dieser Sphärendiagramme kann Euler Bedingungen illustrieren
wie „Si la notion C est contenuë tout entiere dans la notion A, elle sera aussi contenuë toute
entière dans lʼespace B“, die dann zu einem Schluss (Abb. 13) nach dem dictum de omni et nullo
berechtigen wie „Tout A est B: Or Tout C est A: Donc Tout C est B“.59
54 G[ottfried] Ploucquet: „Untersuchung und Aba ͤnderung der logikalischen Constructionen des Hrn. Prof.
Lambert“, in: Bo ͤk (Hrsg.): Sammlung der Schriften, S. 157–202, hier: S. 157. 55 Henr[icus] Gvil[ielmus] Clemmius: Novae amoenitates literariae. Fascicvlvs Qvartvs, Stvtgardiae 1764, S. 549–556, hier: S. 554. 56 G. Ploucquet: „Untersuchung und Aba ͤnderung der logikalischen Constructionen des Hrn. Prof. Lambert“, in: Bo ͤk (Hrsg.): Sammlung der Schriften, S. 157–160. 57 Vgl. J. H. Lambert: „Neue Zeitungen von gelehrten Sachen. 1765:58 (22. Juli)“, in: Bo ͤk (Hrsg.): Sammlung der Schriften, S. 207–215, hier: S. 207. 58 Leonard Euler: Lettres à une princesse d'Allemagne sur divers sujets de physique & de philosophie, 2 Bde. Saint Petersbourg 1768, hier: Bd. 2, S. 96–101 (= L. CIIf.). 59 Ebd., S. 104, (= L. CIII).
16
Abb. 14
Im ausgehenden achtzehnten Jahrhundert konzentrierte man sich
verstärkt auf die Untersuchung der Möglichkeiten der
algebraischen Logik. Liniendiagramme findet man nur vereinzelt,
wie bspw. 1792 in Johann August Heinrich Ulrichs Institutiones
Logicae et Metaphysi-cae.60 Allein in dem Grundriß der Logik
entwickelte Johann Gebhard Ehrenreich Maaß 1793 eine Semiotik, in der
das Zeichen in Form von geometrischen Dreiecken „die Erfindung neuer Wahrheiten erleichtert,
indem es uns das Bezeichnete in allen seinen Verha ͤltnissen gleichsam mit einem Blicke u ͤbersehen
la ͤßt“. Als Beispiel für diese Heuristik sei hier die Besprechung der ersten beiden Logikdiagramme
angeführt (Abb. 14), an denen diskutiert wird, ob die „Sphaͤre eines Begriffes“ bis zu α, κ oder μ
reiche.61
3.4 Kant
Kant spielt in den historischen Referenzwerken zu den logischen Diagrammen gewöhnlich nur
eine marginale Rolle. Sehr verhalten verweisen mehrere Historiker auf die sog. Jäsche-Logik, deren
Publikation genau auf das Jahr 1800 fällt. Die verhaltene Nennung dürfte darauf beruhen, dass
Kant zum einen seine Logik-Vorlesungen nicht selbst, sondern durch Gottlob Benjamin Jäsche
hat ausarbeiten lassen, und zum anderen darin nur isolierte logische Diagramme vorhanden sind.
Die in dem Werk enthaltene Urteilslogik wird in gewohnter kantischer Manier durch die sog.
‚Urteilstafel‘ charakterisiert. Das heißt, Kant unterteilt die Urteilslogik in die vier Hauptmomente:
Quantität, Qualität, Relation und Modalität (§ 20), und kombiniert in Anm. 5 von § 21 bezüglich
der Quantität der Urteile das geometrische Bild einer Sphäre mit dem Bild eines Quadrats, um
besondere Urteile darstellen zu können:
„Von den besondern Urtheilen ist zu merken, daß, wenn sie durch die Vernunft sollen können eingesehen werden und also eine rationale, nicht bloß intellectuale (abstrahirte) Form haben: so muß das Subject ein weiterer Begriff (conceptus latior) als das Prädicat sein. Es sei das Prädicat jederzeit = ○, das Subject □, so ist
ein besonderes Urtheil, denn einiges unter a Gehörige ist b, einiges nicht b, das folgt aus der Vernunft. Aber es sei
so kann zum wenigsten alles a unter b enthalten sein, wenn es kleiner ist, aber nicht wenn es größer ist, also ist es nur zufälliger Weise particular.“62
Nach der Darstellung der Qualität (§ 22) erläutert Kant ab § 23 die Relation der Urteile und
skizziert anhand eines „Schemas“ die begrifflichen „Sphären“, um den ‚eigentümlichen Charakter
der disjunktiven Urteile‘ zu veranschaulichen. Genau genommen zeigt der § 29 zwei Schemata, da
60 Vgl. Io[annes] Avg[vstvs] Henr[icus] Vlrich: Institvtiones logicae et metaphysicae. Scholae svae scripsit perpetva Kantianae disciplinae ratione habita, Ienae 1792, S. 171. 61 Johann Gebhard Ehrenreich Maaß: Grundriß der Logik, zum Gebrauche bei Vorlesungen, Halle 1793, S. 294 (= § 365). 62 AA IX, S. 103.14–22 (= Immanuel Kant: Logik. Ein Handbuch zu Vorlesungen, Hrsg. v. G. B. Jäsche, Königsberg 1800, S. 149f.).
17
Kant die disjunktiven Urteile mit den kategorischen kontrastiert, wobei er eine Variante des dictum
de omni et nullo anführt, das er auch in den §§ 14 und 63 diskutiert:
„Daß in den disjunctiven Urtheilen nicht die Sphäre des eingetheilten Begriffs, als enthalten in der Sphäre der Eintheilungen, sondern das, was unter dem eingetheilten Begriffe enthalten ist, als enthalten unter einem der Glieder der Eintheilung, betrachtet werde, mag folgendes Schema der Vergleichung zwischen kategorischen und disjunctiven Urtheilen anschaulicher machen. In kategorischen Urtheilen ist x, was unter b enthalten ist, auch unter a:
In disjunktiven ist x, was unter a enthalten ist, entweder unter b oder c etc. enthalten:
“63
Die beiden oben gemutmaßten Gründe für die verhaltene Auseinandersetzung der
Logikhistoriker mit den Schemata aus der Jäsche-Logik sind meiner Meinung nach gegenstandslos.
Zum einen findet man in Kants mit Papier durchschossener Ausgabe zu Georg Friedrich Meiers
Auszüge aus der Vernunftlehre, die Kant seinen Logikvorlesungen ab 1765 zu Grunde gelegt hat,
mehrere und zudem sehr unterschiedliche Schemata und Diagramme. Zum anderen
korrespondieren diese Notizen und Reflexionen Kants zum Teil stark mit dem Text und den
Schemata in der Jäsche-Logik, da Jäsche bei der Erstellung der veröffentlichten Logik Kants eigene
Manuskripte und Notizen kompiliert hat.64 So entspricht bspw. die oben angeführte Anm. 5 zu §
21 (Jäsche-Logik) sehr genau Kants eigenem Kommentar zu Meiers § 292; und auch der zitierte
Absatz aus § 29 ist textlich und besonders schematisch nahe an Kants Kommentar zu den §§
307ff. von Meiers Auszüge aus der Vernunftlehre.65
Der von Erich Adickes herausgegebene Band XVI der Akademie-Ausgabe Kants (mit den
Notizen zu Meier) enthält noch mindestens sieben weitere Reflexionen mit Diagrammen bzw.
Schemata: Nr. 3063, 3215, 3216, 3229, 3235, 3236, 3239–3240. Adickes hatte in seinem
Kommentar zu Nr. 3215 darauf hingewiesen, dass die dort befindlichen Kreisdiagramme Kants
evtl. von Euler übernommen sein könnten. Peter Schulthess hat Adickes Vermutung durch die
These dahingehend verallgemeinert, dass Kants Diagramme von Euler beeinflusst sein dürften,
da zum einen Kant in der sog. Logik Philippi selbst auf Eulers Diagramme hinweist und zum
anderen die Diagramme in den Logikreflexionen erst nach der Veröffentlichung von Eulers
Briefen um 1768 auftreten.66 Von der Zeitangabe selbst hängt nicht viel ab, obwohl man anmerken
kann, dass nach Adickesʼ Datierung einige der sieben genannten Reflexionen mit Diagrammen
evtl. schon vor 1768 entstanden sind.
63 AA IX, S. 108.1–8 (= I. Kant: Logik, S. 168.); Hervorh. v. mir, J.L. 64 Vgl. AA IX, S. 3f. (= I. Kant: Logik, S. V–VIII). 65 AA XVI, S. 627 (= Nr. 3036); AA XVI, S. 657f. (= Nr. 3096). 66 Vgl. Peter Schulthess: Relation und Funktion. Eine systematische und entwicklungsgeschichtliche Untersuchung zur theoretischen Philosophie Kants, Berlin, New York 1981, S. 101, Anm. 28. In der Logik Philippi heißt es (AA XXIV/I, S. 454): „Euler hat das durch Figuren sinnlich zu machen gesucht.“
18
Nicht die Datierung, sondern die Zeichnungen selbst
zeigen, dass Kant von logischen Schemata mehr wusste,
als in Eulers Briefen enthalten war. Besonders die
Reflexion Nr. 3235 zeigt Eselsbrücken (S = Subjekt, M
= Medius, P = Prädikat) in vielen unterschiedlichen
Varianten, von denen mehrere Halbmond- und
Dreiecksformen bilden (zweite Zeile von Abb. 15) –
also in der Gestalt, wie wir sie oben bereits im
Mittelalter und in der frühen Neuzeit nachgewiesen
haben. Da derartige Diagramme bei Euler aber fehlen,
können die Lettres à une princesse d'Allemagne nicht Kants
einzige Informationsquelle zu logischen Diagrammen
gewesen sein – und auch Langes Zusätze zum Nucleus
enthalten nicht alle diese Formen (bspw. Zeile 3 und 4
von Abb. 15). Obwohl die in dem vorliegenden Aufsatz
skizzierte Geschichte logischer Schemata zwar gewiss unvollständig ist, kann man dennoch sagen,
dass es ein zu großer Zufall wäre, wenn Kant ohne Wissen von ihrer Historie genau diejenigen
kontraintuitiven Dreiecks-, Halbmond- und Liniendiagramme konstruiert und mit denselben
Funktionen versehen hätte, wie sie auch im Mittelalter und in der frühen Neuzeit zu finden sind.
Da hier kein abschließender Nachweis erbracht werden kann, woher Kant die vielen logischen
Diagramme kannte, ist es naheliegend, sich dem Urteil von Gardner, Baron und vielen anderen
Historikern anzuschließen, dass besonders die sog. Euler-Diagramme und Eselsbrücken
mündlich durch den Logikunterricht an höheren Schulen über die Jahrhunderte tradiert wurden.
4. Kants „notion of containment“
Ich habe zu Beginn dieses Aufsatzes die These vertreten, dass die umfangslogischen Ausdrücke
(hier: ‚enthalten sein‘, ‚außer(halb) liegend‘), die Kant bei der Definition analytischer und
synthetischer Urteile verwendet, kein ‚shortcoming‘ ist, wie Quine behauptet hat und wie in der
aktuellen Kantforschung diskutiert wird. Vielmehr habe ich zu verstehen gegeben, dass diese
umfangslogischen Ausdrücke eine aus der logischen Tradition erwachsene Bildlichkeit
implizieren, die heutzutage unter dem Stichwort ‚Euler-Diagramme‘ diskutiert wird.
Kant selbst hat an einer Stelle seines Handexemplars zu Meiers Auszüge aus der Vernunftlehre
explizit die Bildlichkeit dargestellt, die den analytischen und synthetischen Urteilen zugrunde
liegt. Diese Darstellung befindet sich in der Reflexion Nr. 3216 und kommentiert zusammen mit
den Reflexionen 3214–3219, denen Adickes eine Abhängigkeit von Euler-Diagrammen attestiert
hat, den § 363 der meierschen Logik. Dieser Hinweis auf § 363 von Meier ist keinesfalls unnütz,
sondern zeigt überhaupt erst deutlich, in welcher Tradition Kants ‚Euler-Diagramme‘ in diesen
Reflexionen stehen: Meier führt in § 362 zunächst den Satz des Widerspruchs ein und begründet
damit in § 363 das dictum de omni et nullo. Wie Vives, Reimers, Keckermann, Alsted, Leibniz,
Ploucquet, Lambert und auch Euler selbst verwendet Kant ‚Euler-Diagramme‘, um das dictum de
omni et nullo zu kommentieren, darzustellen und zu bewerten.
Aufgrund verschiedener Aspekte erscheint Kants Bewertung des dictum de omni et nullo sowohl
progressiv und problematisch als auch konservativ und traditionsbewusst. Der Jäsche-Logik (§ 63)
Abb. 15
19
und vielen weiteren Logikmitschriften der Schüler Kants kann man entnehmen, dass Kant
progressiv das dictum de omni (et nullo) aus dem obersten Prinzip nota notae est nota rei ipsius… (Was
dem Merkmal einer Sache zukommt, das kommt auch der Sache selbst zu…) ableiten wollte. Es
ist leicht ersichtlich, dass das nota notae-Prinzip, das Kant schon in Die Falsche Spitzfindigkeit der vier
syllogistischen Figuren 1762 publik gemacht hatte, eine – evtl. an Meier (§ 115–123) angepasste –
Paraphrase des bereits oben bei Ploucquet zitierten neuplatonisch-scholastischen Lemmas
praedicatum praedicati est praedicatum subjecti ist. Einerseits ist nun die Abhängigkeit des dictum de omni
vom nota notae-Prinzip problematisch, da das Prinzip und das Diktum in ihrer
ideengeschichtlichen Verwendung bis Kant meistens synonym gebraucht wurden (siehe
Ploucquet) und zudem Kant sogar selbst, bspw. in Reflexion Nr. 3218, das dictum de omni et nullo
mit dem nota notae übersetzt. Andererseits zeigt aber die Erklärung des Diktums bzw. Prinzips
durch die vermeintlichen ‚Euler-Diagramme‘, dass Kant die Diagramme an dieser Stelle weder
gewählt hat, weil sie durch Euler in Mode gekommen sind, noch weil sie, wie bspw. bei Sturm
oder Lange, irgendwelche problematischen Schlüsse demonstrieren können. Somit liegt eine
Zweischneidigkeit von Konservatismus und Progression vor: Kants logische Diagramme
knüpfen nicht nur an eine Tradition an – sie führen diese auch bewusst fort.
Nähern wir uns aber nun den Diagrammen und somit der Bildlichkeit der kantischen containment-
Metaphern, wie man sie in Kants Kommentaren zu Meiers Auszüge aus der Vernunftlehre § 363,
besonders in Reflexion Nr. 3216 findet. In Reflexion Nr. 3214 gibt Kant zunächst ein Beispiel für
das Diktum bzw. das Prinzip an; In Reflexion Nr. 3215 finden wir dann die Illustration der vier
Satztypen (A, E, I, O) in ähnlicher Form wie bei Euler und ferner bei Leibniz67 sowie die
Darstellung von drei Schlüssen anhand von zwei grafischen Kombinationen der vier Satztypen.
In Reflexion Nr. 3216 finden wir schließlich eine kreisdiagrammatische Illustration der
analytischen und synthetischen Schlüsse:
„Das logische Verhältnis aller Urt Begriffe ist, daß der eine unter der sphaera
notionis des Subjects andern enhalten sey: . Das metaphysische Verhältnis besteht darin, ob der eine mit dem andern synthetisch oder analytisch verbunden
sey: .“
Das Zitat Kants dürfte genauso viele Antworten geben, wie es neue Fragen aufwirft. Ich möchte
an dieser Stelle den angesprochenen Unterschied zwischen dem „logischen Verhältnis“ und dem
„metaphysischen“68 ebenso wenig diskutieren wie die Frage, inwiefern die Illustration des
‚logischen Verhältnisses‘ mit dem Euler-Diagramm des Satztyps 1 von Reflexion Nr. 3215 und
mit Eulers eigenem Diagramm übereinstimmt. Auch die sich aufdrängende Vermutung über die
Funktion von Reflexion Nr. 3216 in den Kommentaren zu Meiers Auszüge aus der Vernunftlehre §
363 – nämlich dass Kant die Unterscheidung zwischen analytischen und synthetischen Urteilen
67 Adickes Kommentar ist m.M. in mehrfacher Hinsicht nicht schlüssig und müsste überprüft werden. 68 Vgl. dazu aber Schulthess: Relation und Funktion, S. 118–121. Schulthess deutet das ‚logische Verhältnis‘ von P (größerer Kreis) und S (kleinerer Kreis) extensional, das metaphysische Verhältnis von S (größerer Kreis) und P (kleinerer Kreis) bei analytischen Urteilen intensional. Auch wenn man die Interpretation von Bernhard: Euler-Diagramme, S. 42f., S. 55–69 hinzuzieht, korrespondiert nur Kants ‚logisches Verhältnis‘ mit den extensionalen Euler-Diagrammen.
20
hier einschiebt, um den Status des nota notae-Satzes selbst zu klären – kann hier nicht behandelt
werden.
Festhalten kann man aber, dass die die analytischen und synthetischen Urteile darstellenden
Schemata, also die beiden ‚metaphysischen Verhältnisse‘, zwar auf Euler-Diagrammen basieren,
selbst aber keine Euler-Diagramme im engeren Sinn sind. Die eulersche Basis besteht darin, dass
Kant zum einen für die analytischen Urteile auf das ineinander geschachtelte Kreisverhältnis für
den Satztyp a (Reflexion Nr. 3215) bzw. auf Eulers ‚Affirmative – Universelle‘-Sätze und zum
anderen für synthetische Urteile auf Satztyp e bzw. Eulers ‚Négative – Universelle‘-Sätze
zurückgreift. Der Unterschied zwischen Kants Schemata und Eulers Diagrammen entsteht aber
durch den jeweils äußeren Kreis, da dieser bei Kant keine klar zugewiesene Funktion in Form
einer Variablen, Konstanten, eines Quantors o.ä. besitzt. Da alle Diagrammelemente in Eulers
Lettres à une princesse aber eine derart klare Funktion besitzen – bspw. A, B als Variable oder
Konstante, ein Stern ✳ für die Schnittmenge usw. –, so können die letzten beiden Diagramme
im angegebenen Zitat keine Euler-Diagramme im strengen Sinn sein. Alles Weitere, was sich zu
diesen Schemata sagen lässt, ist somit Interpretation.
Da Kant in dem zweiten Satz des Zitats den Unterschied zwischen analytischen und
synthetischen Urteilen an der Art festmacht, wie die Begriffe miteinander verbunden sind, so
vermute ich, dass mit der jeweils äußeren Linie die Verbindung (Kopula) bzw. das Urteil selbst
dargestellt wird. Wenn die beiden inneren Kreise die Begriffe darstellen und S und P jeweils für
‚Subjekt‘ und ‚Prädikat‘ stehen, dann sind Subjekt und Prädikat im synthetischen Urteil nur durch
die Kopula verbunden, wohingegen im analytischen Urteil die Verbindung von Subjekt und
Prädikat bereits vollständig durch das Subjekt gegeben zu sein scheint, da das Prädikat schon im
Subjekt ‚enthalten‘ ist. Anders gesagt kann im synthetischen Urteil Subjekt und Prädikat –
aufgrund ihrer Differenz (‚Négative – Universelle‘) – nur die Kopula verbinden, während im
analytischen Urteil die Kopula entweder das Prädikat ersetzen kann, da das Subjekt schon das
Prädikat impliziert, oder nur als Hilfsmittel fungieren kann, um das implizierte Prädikat explizit
zu machen.69
Da nun die beiden besprochenen Schemata bildlich das illustrieren, was die eingangs in Kap. 1
angeführten Definitionen der analytischen und synthetischen Urteile aus der KrV begrifflich
darstellen, kann man die die Ausdrücke ‚enthalten in‘ und ‚außer(halb) liegen‘ weder als
metaphorische ‚shortcomings‘ noch als Uneigentlichkeit, die einer Logisierung bedürfen,
verstehen. Denn ‚enthalten in‘ und ‚außer(halb) liegen‘ sind in der KrV diejenigen Ausdrücke, die
das verbalisieren, was Kant in Reflexion Nr. 3216 nur bildlich exemplifiziert hat. Was in der KrV
allein ‚metaphorisch‘ angedeutet zu sein scheint, wird in Reflexion Nr. 3216 als ausschließende
Alternativen visuell wahrnehmbar schematisiert: In analytischen Aussagen liegt das Prädikat im
Subjekt und nicht außerhalb des Subjekts; In synthetischen Aussagen liegt das Prädikat außerhalb
des Subjekts und nicht im Subjekt.
Man könnte nun darüber debattieren, ob die Ausdrücke, die Kant bei der Definition analytischer
und synthetischer Urteile in der KrV verwendet und die Quine unter dem ‚notion of
containment‘ subsumiert, tatsächlich eine metaphorische Bedeutung haben.70 Sicherlich würde ein
Urteil davon abhängen, was man selbst wieder als Metapher definiert und welcher
69 Das ist der Sinn der scholastischen Merksätze: Omne subjectum est praedicatum sui. Quod in subjecto implicite est, in praedicato est explicite. 70 Bspw. plädiert Bernhard unter Rückgriff auf viele Studien zur logischen Diagrammatik dafür, dass zwischen dem umfangslogischen Vokabular und den Euler-Diagrammen weniger eine negativ konnotierte Metaphorik als vielmehr eine gleichwertige Isomorphie vorliegt.
21
Metapherntheorie man sich bedient. Und natürlich könnte man in der KrV das Fehlen einer
derartigen Bildlichkeit wie in Reflexion Nr. 3216 als ein Argument dafür verwenden, dass die
Ausdrücke ‚enthalten in‘ und ‚außer(halb) liegen‘ metaphorisch bleiben.
Wenn man aber bedenkt, dass der Logikunterricht wohl spätestens seit der Zeit Augustinus‘
diejenigen Bilder lebendig gehalten hat, die eine verbale Entsprechung in Ausdrücken wie
‚enthalten in‘ und ‚außer(halb) liegen‘ findet, kann man sich dann nicht zu Recht die Frage stellen,
ob auch Kant und seine Zeitgenossen es so empfunden haben, ‚that the notion of containment is
left at a metaphorical level‘? Ist nicht auch derjenige, der Ausdrücke wie
‚Verknüpfung‘, ‚hinzutun‘, ‚Zergliederung‘, ‚zerfällen‘, ‚in etw. denken‘, ‚herausziehen‘ u.v.a. – also
die Ausdrücke, die Kant bei weiteren Definitionen analytischer und synthetischer Urteile
gebraucht – den entsprechenden logischen Bildern zuzuordnen weiß, im Vorteil gegenüber
demjenigen, der diese Ausdrücke nur als solche Metaphern versteht, die reformuliert und
übersetzt werden müssen?
5. Übersetzung und der ‚concept of meaning‘
Obwohl viele historische und systematische Ausführungen hier nur skizzenhaft dargelegt werden
konnten, hoffe ich, einige Fragen zur geometrischen Logik aufgeworfen und andere beantwortet
zu haben. Sicherlich sind die historischen Lücken immer noch unbefriedigend und sicherlich
haben die bisherigen Ausführungen keine Lösung zu dem in der Kantforschung stark
diskutierten Thema ‚Extensionalität/Intensionalität‘ geleistet, dessen Nennung ich hier
größtenteils zu umgehen versucht habe.71 Ich hoffe aber vor allem gezeigt zu haben, dass die
Annäherung aus der logischen Entwicklungsgeschichte (Kap. 2–3) eine neu begründete Antwort
(Kap. 4) auf die Frage gegeben hat, ob Kants Definition analytischer und synthetischer Urteile
nur metaphorisch bleibt.
Ich hatte in der Einleitung (Kap. 1) erklärt, mit einer von der Forschung bislang vernachlässigten
Logik eine Antwort auf die Frage liefern zu können, ob Quines Reformulierung und Übersetzung
der scheinbar nur metaphorischen Definition analytischer Urteile mit dem Begriff der Bedeutung
aus der Sicht einer kantischen Logik befriedigend gewesen wäre. Bei dieser kantischen Logik
handelt es sich um ein Vorlesungsmanuskript Arthur Schopenhauers, das erst 1913 im
Handschriftlichen Nachlaß von Franz Mockrauer ediert und herausgegeben wurde. Schopenhauer
erweiterte seine geometrische Logik aus § 9 der Welt als Wille und Vorstellung, die allgemein für ein eher
bildungsbürgerliches Publikum geschrieben war, für seine Berliner Studenten in den 1820er Jahren
um fast 200 Seiten. Damit ist Schopenhauers sog. ‚große Logik‘ die wohl ausführlichste geometrische
Logik bis zu John Venn, die darüber hinaus eine konsequente diagrammatische Interpretation der
kantischen Logik liefert.
Ich möchte aus dieser großen Logik hier besonders eine Textstelle hervorheben, in der viele für
Wittgenstein, Quine oder auch Davidson wichtige Themen wie bspw. das Übersetzungsproblem, die
Gebrauchstheorie der Sprache, das Kontextprinzip und die Bedeutungsfrage an einem logischen
Diagramm dargestellt werden.72 Ich bin der Meinung, dass bereits diese Textstelle aufzeigt, dass aus
der Sicht eines – ob ‚guten‘ oder ‚schlechten‘ – Kantianers wie Schopenhauer, Quines Versuch einer
71 Vgl. dazu Rico Hauswald: „Umfangslogik und analytisches Urteil bei Kant“, in: Kant-Studien 101 (2010), S. 283–308. 72 Vgl. die ausführliche Analyse in Jens Lemanski: „Schopenhauers Gebrauchstheorie der Bedeutung und das Kontextprinzip. Eine Parallele zu Wittgensteins Philosophischen Untersuchungen“, im Ersch.
22
Übersetzung von Kants scheinbar metaphorischer Definition der analytischen Urteile mit einem
Begriff der Bedeutung nicht die Bildlichkeit ausspart, die Quine zu eliminieren gehofft hatte.
Während ich in Kapitel 4 gezeigt habe, dass – im Unterschied zu Quine – Kant seine Definition
analytischer Urteile nicht als Übertragung (Metapher), sondern als Vermittlung (Schema) zwischen
Begrifflichkeit und Sinnlichkeit versteht, werde ich hier abschließend zeigen, dass in einer kantischen
Logik auch Bedeutungstheorien schematisch verstanden werden.
Die Bedeutungsfrage an der entsprechenden schopenhauerschen Textstelle eröffnet sich ähnlich wie
bei Quine an der Frage, inwiefern die Bedeutung eines Wortes bei einer lexikalischen Übersetzung in
eine andere Sprache erhalten bleiben kann. Vorauszuschicken ist, dass Schopenhauer zwischen Wort
und Begriff unterscheidet: jenes ist das Zeichen, das die Semantik von diesem repräsentieren soll. Das
Bedeutungsproblem entsteht dadurch, dass es in manchen Sprachen gar keine Wörter für einen
Begriff aus einer anderen Sprache gibt, weshalb man sich dann gegebenenfalls eines Lehnwortes
bedient. Bei lexikalischen Übersetzungen ist es aber oftmals so, dass das zu übersetzende Wort einer
Sprache A durch viele Wörter der Sprache B repräsentiert wird, weil kein Begriff von B genau dem
Begriff von A entspricht. Vielmehr ‚kreisen‘ die Wörter der Begriffe von B den Begriff von A ein:
„bildlich: keine der Sphären die die Worte der zweiten Sprache bezeichnen liegt genau auf der Sphäre
des fremden Worts […]“.73 Schopenhauer illustriert nun gemäß seiner geometrischen Logik an einem
exemplarischen Begriff, dass das Bedeutungsproblem bei Übersetzungen ein ‚anschauliches Schema‘
impliziert:
„nehmen Sie das Wort honestum: seine Sphäre wird nie konzentrisch getroffen von der des Begriffs den irgend ein Teutsches Wort bezeichnet, wie etwa Tugendhaft, Ehrenvoll, anständig, ehrbar, geziemend, rühmlich: sie treffen alle nicht koncentrisch: sondern so:
“74
Bedeutung ist für Schopenhauer nichts anderes, als sich den Umfang eines Begriffes durch eine
geometrische ebene Figur vorzustellen, auf den die Metapher ‚Begriff‘ (conceptum) selbst hindeutet:
„er begreift mehrere Dinge: dies ist ohne Zweifel der Ursprung des Namen[s] Begriff“.75 Insofern sind
die „anschaulichen Schemata viel besser“ als jeder Beweis, da „sie eine ganz genaue Analogie zum
Umfang der Begriffe haben“.76 Diese Erkenntnis ist für Schopenhauer Grund genug, um
Bedeutungstheorien – wie im Neuaristotelismus des neunzehnten und der Analytischen Philosophie
des zwanzigsten Jahrhunderts77 – nicht aus einer Repräsentations-, sondern aus einer
Gebrauchstheorie der Sprache abzuleiten, die selbst wieder durch das Kontextprinzip gestützt wird:
73 Arthur Schopenhauer: Handschriftlicher Nachlaß. Philosophische Vorlesungen. Erste Hälfte. Theorie des Erkennens, hrsg. v. F. Mockrauer. München 1913, S. 245. 74 Ebd., S. 246. 75 Ebd., S. 257. 76 Ebd., S. 272. 77 Vgl. Jens Lemanski: „Die neuaristotelischen Ursprünge des Kontextprinzips und die Fortführung in Freges Begriffsschrift“, in: Zeitschrift für philosophische Forschung 67:4 (2013), S. 566–587.
23
„Darum lernt man nicht den wahren Werth der Wörter einer fremden Sprache durch das Lexikon, sondern erst ex usu, durch Lesen bei Alten Sprachen und durch Sprechen, Aufenthalt im Lande, bei neuen Sprachen: nämlich erst aus dem verschiednen Zusammenhang in dem man das Wort findet abstrahirt man sich dessen wahre Bedeutung, findet den Begriff aus, den das Wort bezeichnet.“78
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1 Aristoteles: Organon, Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, Katalog-Nr. 4211, Cod. Guelf. 24 Gud. graec., fol. 32r (<http://diglib.hab.de/mss/24-gud-graec/start.htm>). – Abb. 2 Aristoteles: De interpretatione, mit einem Kommentar von Michael Psellus, Terra d'Otranto, 13.–15. Jh., Magdalen College, P. Magdalen Gr. 15, fol. 1r ( <http://image.ox.ac.uk/show?collection=magdalen&manuscript=msgr15>). – Abb. 3 Ps.-Lull: „De Audito Kabbalistico seu Kabbala“, in: Raymundi Lulli Opera ea quae ad adinventam ab ipso artem universalem […], Argentinae 1598, S. 109. – Abb. 4 Bodelain Lib. MS Digby 23, fol. 54v; <http://image.ox.ac.uk/images/bodleian/msdigby23/f054av.jpg>. – Abb. 5 Jacobus Faber Stapulensis: Libri logicorum, ad archetypos recogniti […], Parisius 1503, fol. 169r. – Abb. 6 Vgl. Bartholomæo Keckermanno: Systema Logicæ. Sompendiosa methodo […], Hanoviae 1601, S. 91 (= III, I 3). – Abb. 7 Bartholomæo Keckermanno: Systema Logicæ. Tribus Libris Adornatvm, […], Hanoviae 1611, S. 426 (= III, I 6). – Abb. 8 G. W. Leibniz: “De formæ logicæ per
linearum ductus”, in: Louis Couturat (Hrsg.): Opuscules et fragments ine ́dits de Leibniz. Extraits des manuscrits de la Bibliothegue royale de Hanovre. Paris 1903, S. 292–321, hier: 294. – Abb. 9 Erhardus VVeigelus: Idea Matheseos universæ cum speciminibus Inteventionum Mathematicarum, Jenae 1669, Anhang. – Abb. 10 Iohannes Christianus Langius: Nvclevs Logicae Weisianae. […] illustrates […] per varias schematicas […] ad ocularem evidentiam deducta […]. Editus antehac Avctore Christiano Weisio, Gissae-Hassorum 1712, S. 250. – Abb. 11 J. H. Lambert: Neues Organon. oder Gedanken über die Erforschung und Bezeichnung des Wahren und dessen Unterscheidung vom Irrthum und Schein. 2 Bde. Leipzig 1764, hier: Bd. 1, S. 124 (= § 201). – Abb. 12 Leonard Euler: Lettres à une princesse d'Allemagne sur divers sujets de physique & de philosophie, 2 Bde. Saint Petersbourg 1768, hier: Bd. 2, S. 101 (= L. CIII). – Abb. 13 Ebd., S. 104 (= L. CIII). – Abb. 14 Johann Gebhard Ehrenreich Maaß: Grundriß der Logik, zum Gebrauche bei Vorlesungen, Halle 1793, Beiblatt S. III. – Abb. 15 Immanuel Kant, AA XVI, S. 726 (= Nr. 3235).
Datenbanken, Digitale Repositorien und Blogs
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hagen.de/emto/>.
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Manuscripta Mediaevalia (Staatsbibliothek zu Berlin, Bildarchiv Foto Marburg, Bayerische
Staatsbibliothek München), <http://www.manuscripta-mediaevalia.de/>.
Ramon Llull Database, Centre de Documentació Ramon Llull (University of Barcelona),
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