Date post: | 01-Mar-2023 |
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Kunsthistorisches Institut der Universitt KölnWS 2011/12Klassische Mythologie in Renaissance und BarockDozent: Prof. Dr. Stefan Grohé
Wandel der Darstellung des Herkules-Mythos in Florenz: Anhand der Porta della Mandorla, Pollaiuolos Ausstattung für das Palazzo Medici und Baccio Bandellinis Herkules und Kakus.
! ! ! ! ! ! ! ! Tim W. Hendrix! ! ! ! ! ! ! ! Matrikelnummer: 4648455! ! ! ! ! ! ! ! Luxemburgerstraße 118! ! ! ! ! ! ! ! 50939 Köln! ! ! ! ! ! ! ! Email: [email protected]! ! ! ! ! ! ! ! Telefonnummer: 017684096556! ! ! ! ! ! ! ! Kunstgeschichte 5 Fachsemester! ! ! ! ! ! ! ! English Studies 5 Fachsemester
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung S. 1
2. Die Herkulesdarstellungen an der Porta della Mandorla S. 3
3. Pollaiuolos Darstellungen für das Pallazzo Medici S. 7
4. Herkules und Cacus von Baccio Bandinellie S. 10
5. Fazit S. 15
Abbildungsverzeichnis
Bibliographie
1. Einleitung
Herkules gehört zu denjenigen Figuren der antiken Sagenwelt, welche auch direkt
nach der Christianisierung und im gesamten Verlauf über das Mittelalter in die
Neuzeit hinein, nicht an Beliebtheit verloren haben. Selbst Heute noch ist der Mythos
des Helden Herkules in verschiedensten Formen präsent. In dieser Arbeit soll ein
Zeitraum von der Protorenaissance bis hin zur Mitte des sechzehnten Jahrhunderts
behandelt werden. In dieser Zeit war der Mythos omnipräsent und der Allgemeinheit
in verschiednen Varianten vertraut.1 Die Überlieferung erfolgte dabei nicht nur über
die antiken Schriftquellen, wie bei anderen Mythen, sondern war durchgehend
genutzt worden. Dabei kam es zu christlichen und auch höfischen Umformungen des
Herkulesmythos.2 So steht in einem christlichen Kontext oft für die Tugend
“Fortitudo”. Im humanistischen Kontext wurde er gerne als Beispiel für einen
Tugendhaften Mann herangezogen und diente somit als Beispiel für einen perfekten
Anführer.3 Gerade durch die vielfältigen Bezüge des Mythos war es möglich das er
als Identifikationsfigur für die unterschiedlichsten Gruppen diente. Wie sich zeigen
wird kann Herkules sowohl für die Republic Florenz stehen, als auch für die Familie
Medici und die Macht des Papstes. Daraus ergibt sich ein sehr komplexes Gefüge,
was eine simultane Darstellung verschiedener Rollen, des Herkules, ermöglicht.4
Diese Arbeit soll dabei lediglich auf die Situation in Florenz eingehen, die
Identifizierung mit dem Heroen ist jedoch nicht nur auf Italien beschränkt, sondern
findet in ganz Europa statt.
In Florenz finden sich schon früh viele Bezüge zu Herkules und sowohl die
Kommune, als auch die Familie Medici geben viele Werke zu diesem in Auftrag.
Bereits im 13. Jahrhundert lässt sich die Darstellung des Herkules im Siegel der Stadt
Florenz nachweisen5, auch wenn das originale Siegel heute verloren ist.6 Dabei ist
Florenz eine der wenigen Kommunen, die eine Mythologische Figur in ihrem Siegel
führen. Die Verwendung der Herkulesfigur lässt sich darüber hinaus nur noch für
1
1 Vgl. Marlis van Hessert, Zum Bedeutungswandel der Herkulesfigur in Florenz: von den Anfängen der Republik bis zum Prinzipat Cosimos I., Köln, 1991, S.32 Vgl. Ebd., S.33 Vgl. Leopold Ettlinger, Hercules Florentinus, in: Mitteilungen des Kunsthistorischen Instituts Florenz, 16 Bd., 1972, S. 119- 142, S. 1734 Vgl. Ebd., S. 1285 Vgl. Van Hessert 1991, S. 3 und 76 Siehe Abbildung 1
König Friedrich den II. von Aragon nachweisen.7 Daran lässt sich die enge
Beziehung zu Herkules sehen. Im folgenden soll untersucht werden, in welcher Art
Herkules, in Florenz, dargestellt wird und welche Beziehungen beziehungsweise
Deutungen sich daraus erkennen lassen. Dabei wird Chronologisch aufbauend
vorgegangen und mit den Darstellungen an der Porta della Mandorla, des florentiner
Domes, begonnen, die in der Forschung unterschiedlich gedeutet werden. Während
Himmelmann8 kein einheitliches Programm feststellen kann, spricht Krautheimer9
von einem Beispiel für frühen Humanismus. Erwin Panofsky deutet die Figuren in
einem christlichen Kontext und kann so eine geschlossene Argumentation
aufbauen.10 Darüber hinaus fügt Marlis van Hessert ein, dass neben christlichen und
humanistischen Aspekten auch die historischen Gegebenheiten in die Interpretation
mit einfließen müssen.11 Danach wird die Ausstattung des Palazzo Medici behandelt,
welche ungefähr hundert Jahre nach dem Portal entstand. Im wesentlichen soll über
die drei Tafeln mit Darstellungen von Taten des Herkules, gesprochen werden, die
Pollaiuolo für die Familie Medici anfertigte. Gerade im Ausstellungskontext wird
hierbei zu beobachten sein, wie sich die Rolle der Figur des Herkules zu dieser Zeit
änderte. Leider sind die originalen Tafeln seit dem 16. Jahrhundert verschollen, so
dass eine Rekonstruktion anhand zweier, ungefähr gleichzeitig von Pollaiuolo
ausgeführten, kleinformatigeren Tafeln und einem Stich statt finden muss. Darüber
hinaus beinhalten Vasaris Viten wertvolle Informationen zu den Werken. Mit der
Gruppe Herkules und Kakus von Baccio Bandinelli, die Mitte des 16. Jahrhunderts
geschaffen wurde, soll abgeschlossen werden. Dieses Werk ist ,nicht nur von den
Zeitgenossen, sehr kontrovers aufgenommen worden, sondern wird in der Forschung
auch sehr unterschiedlich aufgegriffen. Während Kenneth Clark ihn mit den Worten “
Certainly the ugliest Hercules in excistence”12 beschreibt, ist Virginia Bush von den
Qualitäten dieser Gruppe Überzeugt.13
2
7 Vgl. Van Hessert 1991, S. 138 Nikolaus Himmelmann, Nuditá ideale, in: Memoria dell`antico nell`arte italiana, Hg.v. S. Settis, Turin, 1985, S.199- 2789 Richard Krautheimer, Lorenzo Ghiberti, Princeton, 195610 Erwin Panofsky, Die Renaissance der europäischen Kunst, Frankfurt am Main, 199011 Vgl. Van Hessert 1991, S. 3912 Vgl. Kenneth Clark, The Nude, 1956, S. 21113Vgl. Virginia Bush, Bandinellie`s Hercules and Cacus and the Florentine Tradition, in: Memoirs of the American Academy in Rome, Vol. 36, 1980, S. 163-206
Gerade anhand der Werksgenese soll dabei auf die politische Brisanz der Gruppe
eingegangen werden. Abschließend wir zu überprüfen sein, in wie weit sich ein
Wandel in der Darstellung und Rezeption des Herkulesmythos in Florenz in der
beschriebenen Zeit vollzieht.
2. Die Herkulesdarstellungen an der Porta della Mandorla
Die Porta della Mandorla ist das nördliche Seitenportal des Florentiner Domes, sie
wurde zwischen 1391 und 1423 geschaffen. Die Rankenornamentik des Türsturzes
wurde von 1391 bis 1397, unter der Leitung von Giovanni d`Ambrogio angebracht.14
Laut Ettlinger geht aus den Dokumenten zwar hervor, welche Bildhauer beteiligt
waren, jedoch lässt sich nicht nach vollziehen, welcher dieser für welchen Teil des
Portals zuständig war.15 Die neuere Forschung scheint in der Lage zu sein Niccolo di
Piero die rechte Hälfte des Rankenornaments und Nanni di Banco die linke Hälfte,
sowie den Schlussstein zuzuschreiben.16 Im Portalgewände befinden sich, zwischen
den Ranken, Tiere und Putten, sowie christliche und heidnische Figuren.17 Herkules
kommt hier direkt mehrfach vor und ist die einzige Figur die überhaupt mehrmals
dargestellt ist, was seine Bedeutung noch herausstellt.18 Das untere innere Gewände
zeigt Herkules als bärtigen Helden mit Keule, diese ist heute jedoch nicht mehr zu
sehen.19 Über dieser Kartusche folgen drei weitere mit Taten des Herkules, welche
dem Dedokathlos entnommenen sind.20 Die unterste Szene zeigt den Helden im
Kampf mit der Hydra. Er scheint dabei breitbeinig zu stehen, was jedoch der
Immagination überlassen ist, da sein Oberkörper aus einer Knospe entspringt, und
mit einem kraftvollen Schlag auszuholen. Das Schwert deutet Bayer als orientalisch,
was mir jedoch nicht zwingend notwenig erscheint.21 Die Katusche darüber stellt den
Kampf zwischen Herkules und Antaeus dar. Herkules scheint wieder aus einer
Knospe zu wachsen und hebt Antaeus, ihn fest umklammernd hoch. Im Obersten
Feld ist Herkules zu sehen wie er über dem nemesischen Löwen sitzt und dessen
3
14 Vgl. Van Hessert 1991, S. 2615 Vgl. Ettlinger 1972, S. 12516 Vgl. Andreas Bayer, Herkules in den sakralen Kontexten der Renaissance, Saarbrücken, 2008, S.16617 Siehe Abbildung 318 Vgl. Van Hessert 1991, S. 2719 Vgl. Van Hessert 1991, S. 2620 Vgl. Bayer 2008 S. 172 und Siehe Abbildung 421 Vgl. Ebd., S. 172
Kopf mit Gewalt zurück reißt. Seine Beine sind dabei, wie bei einem Ringer, um den
Hals des Monsters geschlungen. Im äußeren Gewände der linken Seite wird Herkules
umrahmt von zwei Engeln dargestellt. Er zeigt sich als jugendlicher Held und bartlos,
im Sinne einer ”figura all`antica”, im Gegensatz zu den Figuren in den anderen
Kartuschen, welche dem Mittelalter noch verhaftet sind.22 Er steht in einem
klassischen Kontrapost und stützt sich, mit seinem, fast ausgesteckten, rechten Arm
auf seine Keule, das Löwenfell ist über seine linke Schulter geworfen. Dieser
Antikenbezug findet sich zuvor nur in der ca. 1260, von Andrea Pisano, gestalteten
Herkulesfigur an der Kanzel des pisaner Baptisteriums.23 Des weiteren deutet das
Rankenmotiv auf die Übernahme antiker römischer Reliefs hin. Einzig das Motiv des
über die linke Schulter geschmissenen Löwenkopfes schein in weder der antiken
Plastik , noch in nachantiken Darstellungen aufzutauchen, findet sich aber in vielen
florentiner Herkulesdarstellungen, dieser Zeit, wieder. 24 Krautheimer wies 1956 auf
eine, sich in Florenz befindliche, Kleinbronze25 hin, hielt sie aber für eine Replik des
16. Jahrhunderts. Laut Marlis van Hessert hat sich jedoch ergeben, dass es sich um
ein antikes Original handelt, welches seit 1589 im Inventar der “Tribuna”
nachzuweisen ist. Darüber hinaus will sie nicht nur im Löwenfell diese als Vorbild,
für die Porta della Mandorla Darstellungen, identifizieren können, sondern deutet
auch auf einen Strahlenkranz hin, der sich in beiden Darstellungen befindet. Dies
Begründet sie damit, dass es sich bei der antiken Kleinbronze ursprünglich um den
Gott Sol handelt. Der Strahlenkranz würde in seine Ikonographie passen. Durch das
hinzufügen der Attribute des Herkules wurde diese Bronze dann in den beliebten
Helden umgewandelt.26 Sollte diese Behauptung stimmen scheint es logisch zu sein,
dass die Meister der Porta della Mandorla auch den Strahlenkranz übernahmen. Ein
weiteres Indiz, welches für die Kleinbronze als Vorbild sprechen scheint zu sein, dass
ihre Größe von 23cm fast der Porta della Mandorla Darstellungen mit 22,8 und einer
Kleinbronze von Pollaiuolo entspricht, welche 23cm hoch ist.27 Genauso
unterschiedlich wie die stilistischen Vorbilder diskutiert werden, scheint die
Interpretation der Herkulesdarstellungen an der Porta della Mandorla zu sein.
4
22 Vgl. Van Hessert 1991, S. 2723 Vgl. Ebd., S.27f und Abbildung 524 Vgl. Ebd., S. 29f25 Siehe Abbildung 626 Vgl. Van Hessert 1991, S. 31-3327 Vgl. Van Hessert 1991, S. 34
Allgemein scheint es problematisch der Porta della Mandorla ein einheitliches
Programm zu Grunde zu legen und Himmelmann geht sogar so weit zu sagen, dass
es keine Hinweise für ein solches gibt.28 Krautheimer sagt, dass es sich um ein klar
humanistisches Programm handelt, welches von der zur gleichen Zeit, von Coluccio
Salutatis, publizierten Abhandlung über Herkules beeinflusst ist.29 Darüber hinaus
sagt er, dass hier das erste Mal antike Ikonographie direkt übernommen worden ist,
so dass die Herkulesdarstellungen fremd im Gesamtprogramm wirken.
"The reliefs on the jambs of the Porta della Mandorla throw light on the links between humanism and art in Florence during these years [...] The preponderance of incidents from the Hercules story [...] calls to mind the fact that it is in these years that Coluccio Salutati completed work on the Labors of Hercules [...] It cannot be amere coincidence that both the Florentine humanists and the masters of the Porta della Mandorla developed a simultaneous interest in Hercules"30
Erwin Panofsky sieht zwar die humanistische “Gewandung” gegeben, deutet jedoch
die Figuren in einem einheitlichen christlichen Programm.31 Bei Ihm nimmt Herkules
die Rolle der “Fortitudo” ein. In Verbindung mit den anderen Darstellungen der Porta
della Mandorla kommt er somit auf die vier “virtus generalis” Justizia,
Temperamentia, Prudenzia und eben Fortitudo, so dass sich Herkules in das
Programm einfügt. Die einzelnen Dargestellten Taten werden damit auch zu
Beispielen für die Tugenden. So ist der Kampf gegen die Hydra zum das Besiegen
des Bösen und Lasters.32 Der Kampf mit Antaeus wird demnach zu dem Kampf
Davids gegen Goliath, ein Vergleich, der bereits bei Dante zu finden ist33 und aus
dem Sieg über den Löwen wird zum Kampf des Samson gegen die Löwen. überkrönt
werden die Szenen dann vom dem Symbol für alle Tugenden, eben wieder
Herkules.34 Das Programm scheint sich so glaubwürdig entschlüsseln zu lassen,
gerade wenn man den religiösen Kontext der Anbringung an einem Kirchenportal
bedenkt. Interessant schein Marlis van Hesserts Ansatz zu sein neben den
humanistischen und christlichen auch historische Aspekte mit in die Interpretation
einzubinden.35 Florenz und Mailand waren in anhaltenden Konflikten gegeneinander,
welche 1390 zum Krieg führten. Genau im Siegesjahr 1392 wird die Neudekoration
5
28 Vgl. Himmelmann 1885, S. 6329 Vgl. Krautheimer 1956, S. 52f30 Vgl. Krautheimer 1956, S. 2931 Vgl. Panofsky 1990, S. 390f32 Vgl. Ettlinger 1972, S. 12733 Vgl. Van Hessert 1991, S. 3534 Vgl. Bayer 2008, S. 19035 Vgl. Van Hessert 1991, S. 39
der Porta Mandorla in Auftrag gegeben, so dass mit Sicherheit auch dieser Konflikt
in den Köpfen der Auftraggeber eine wichtige Rolle Spielte. Beachtet man dazu noch
das nicht nur in geographischer Sicht, sondern auch in der mittelalterlichen
italienischen Ansicht, das Böse von Norden kommt und es sich um ein Nordportal
handelt, so ist die Darstellung des Herkules hier durchaus ein Symbol für den Sieg
und die Stärke der Republik Florenz.36 I. Gregorio Datti, ein florentiner Humanist
schrieb “[…]Ercole fu giogante, che andava spegnendo tutti i Tiranni, e inique
signorie, ecosi hanno futto Florentini?”37 und stellt damit den direkten Bezug
zwischen Herkules und Florenz her, die den Tyrannen aus dem Norden,
Giangaleazzo Visconti, besiegt hatten. In diesem Zusammenhang gewinnt die
Kartusche mit dem Kampf des Herkules gegen die Hydra neue Bedeutung, da
Visconti eine Schlange in seinem Wappen trug, somit also die Personifizierung der
Stadt Florenz hier die Personifizierung der Visconti besiegt. Auch andere Florentiner
Schriften stellen den Bezug zu Herkules her, so setzt zum Beispiel Sacchetti in
seinem “libro delle rime” die zwölf Taten des Herkules mit zwölf florentiner
Schlachten gleich.38 So lässt sich über die Herkulesdarstellungen in der Porta della
Mandorla sagen, das es sich um ein komplexes Werk handelt, welches deutlich zeigt,
das Herkules im Florenz der Protorenaissance bereits mit der Stadt eng verbunden
war. Dabei spielen sowohl religiöse als auch humanistische Aspekte eine wichtige
Rolle. Herkules ist zu dieser Zeit bereits ein Symbol für die Republik Florenz
aufgrund seiner Taten gegen Tyrannen, welchen sich die Florentiner auch gegenüber
sahen und seiner christlichen Tugendhaftigkeit, welche ihn zu einem wichtigen
Bezugspunkt machten.
6
36 Vgl. Ebd., S.42ff37 Siehe Gregorio Dati, istoria di firenze di gregorio dati dal 1380 al 1405 hg l pratesi, nachruck norcia 190238 Siehe F. Sacchetti, il libro delle rime, Hg.v. A Chiari, Bari, 1936
3.Pollaiuolos Darstellungen für das Pallazzo Medici
Obwohl Antonio Pollaiuolos drei großformatige Gemälde mit den Taten des Herkules
seit Ende des 16. Jahrhunderts verschollen sind kann davon ausgegangen werden, das
sie zu den bedeutendsten Werken ihrer Zeit in Florenz gegolten haben.3940 Mit einer
Größe von sechs mal sechs Braccia dürften sie die einzigen großformatigen
Mythologien in Florenz gewesen sein und zogen alleine dadurch schon
Aufmerksamkeit auf sich.41 Durch die ausführliche Schilderung, welche in Vasaris
Vite der Brüder Pollaiuolo überliefert ist, lässt sich jedoch ihr Aussehen sehr gut
rekonstruieren. Darüber hinaus sind zwei kleinformatige Tafeln erhalten, die fast
identisch mit den in Vasaris Viten beschriebenen Werken sind und auch von Antonio
Pollaiolo geschaffen worden.42 Wie wir im Kampf mit dem Antaeus sehen stellt
Pollaiuolo die Szene sehr bewegt und emotional aufgeladen dar. Die Gesichter der
Protagonisten sind sehr expressiv gestaltet. Dies gilt auch für den Kampf mit der
Hydra. Die Figuren scheinen allgemein im Kampf verwickelt zu sein und in einander
überzulaufen, ähnlich wie dies in einer Kleinbronze von Pallaiuolo zu sehen ist,
welche die Tafeln ebenfalls zum Vorbild gehabt haben könnte43 Darüber hinaus
erkenne ich eine Ähnlichkeit in der Pose des Antaeus und der antiken Laokoon
Gruppe44 Es ist unbekannt, wer den Auftrag an Pollaiuolo vergeben hatte. Leopold
Ettlinger argumentierte in seinem Aufsatz Hercules Florentinus 1972, dass zum einen
die Tafeln gleichzeitig mit der Fertigstellung des Palazzo Medici geschaffen sein
können, zum anderen aber Piero de Medici kein großer Bewunderer von Pollaiuolo
gewesen sei, im Gegensatz zu Lorenzo, welcher jedoch erst 1469 zum
Familienoberhaupt wurde und 1460 gerade einmal 11 Jahre alt gewesen war.45 In
seinem Buch zu den Brüdern Pollaiuolo von 1978 führt er dann einen Brief von
7
39 Vgl. Van Hessert 1991, S. 5140 Im Inventar der Medici sind sie für das Jahr 1492 aufgeführt dort steht:! “Nella sala grande di Lorenzo […]: Uno panno, cornicie intorno messa d`oro, di br. 6 per ! ogni verso, dipintovi dentro Erchole ch`amaza l`Idra. […] Uno panno, intro messa d`oro, ! di br. 6 per ogni verso, dipintovi drento Erchole che sbarra el Lione […] Uno panno di ! br. 6 chorniciato in torno e messo d`oro, depintovi Erchole che scappia Anteo, tatte ! queste fatiche d`Ercole sonodi mano del Pollaiuolo” Müntz 1888, S. 62f41 Leopold Ettlinger, Antonio and Piero Pollaiuolo, New York, 1978, S. 2842 Siehe Abbildung 7 und 843 Siehe Abbildung 9 und 1044 Siehe Abbildung 1345 Vgl. Ettlinger 1972, S. 128
Antonio Pollaiuolo auf, welcher meiner Meinung nach ausreichend ist für eine
eindeutige Datierung.
“I think he will be willing to agree, because he knows that I have always sided with his family, and he will remember that 34 years ago, I made the exploits of Herkules in the sala of his palace, made by me and my brother”46
Damit dürften die Werke 1460 geschaffen worden sein, was mit der Fertigstellung
des Familiensitzes und daher auch mit seiner Ausstattung, überein stimmt.
Um die Bedeutung der drei Tafeln zu verstehen muss zuerst die politische Situation
in Florenz beleuchtet werden. 1434 kommt Cosimo de Medici aus der Verbannung
zurück und übernimmt die Führung der Republik, welche dennoch eine solche bleibt,
auch wenn im Endeffekt die Familie Medici die gesamte Regierung bestimmt.47 Die
Regierungsgeschäfte dürfen dabei offiziell nur im Palazzo Vecchio, dem Sitz der
Segnoria abgehalten werden, jedoch übergeht Cosimo dieses Gesetzt mit der ihm
zustehenden Macht, so dass es vermehrt zu politischen Sitzungen im Palazzo Medici
kommt. Dieser wird auch als offizielle Unterkunft für Gäste der Republik genutzt.
Somit handelt es sich nicht mehr um ein privates Gebäude, sondern ein
Repräsentanzgebäude, dessen öffentliches Prunkstück der “sala grande” ist. In
diesem sind die drei Tafeln mit Herkulesdarstellungen von Pallaiuolo ausgestellt.
Neben diesen befindet sich auch noch eine Darstellung Johannes des Täufers, des
Schutzpatrons von Florenz, welches von Andrea del Castagno gemalt worden war,
eine Tafel mit Löwendarstellungen von Pesellino sowie Wappenschilder der
Kommune und Familie Medici.48 In diesem Kontext sind die Darstellungen des
Herkules sowohl als Symbol der Tugenden, als auch in ihrer Verbindung mit der
Republik Florenz, welche bereits anhand der Porta della Mandorla erörtert worden
ist, zu sehen. Interessant ist, das die für den Saal ausgewählten Tafeln in Ihrer
Thematik mit denen des Portals übereinstimmen. Dies untermauert meiner Meinung
nach ihre Bedeutung in politischer Hinsicht. Vergleichbar wäre es darüber hinaus mit
dem Rathaus in Siena, in welchem sich die Darstellung der guten und schlechten
Regierung als Fresko an den Wänden befindet. Hier übernimmt Herkules die
Repräsentation für die Guten Tugenden, welche die Regierenden verkörpern müssen
um die Republik erfolgreich zu vertreten. Obwohl van Hessert auf den
Ausstellungskontext eingeht betrachtet sie diesen Vergleich jedoch nicht und auch
8
46 Siehe Ettlinger 1978, S. 27 ( Aus den Orsini Briefen, Archivo Capitolino, Rom)47 Vgl. Van Hessert 1991, S. 4548 Vgl. Ebd., S. 54f
sonst scheint er nicht gezogen zu werden. Neben den beiden genannten
Betrachtungsweisen kommt jedoch auch noch ein weiterer Aspekt zum tragen.
Da es sich um den Familiensitz der Medici handelt, wird Herkules nun offenbar
direkt als Symbol der Familie in Anspruch genommen. Darauf weist auch hin, das
die Medici beginnen viele Herkulesdarstellungen in Auftrag zu geben, so zum
Beispiel die, um 1475 entstandene, Kleinbronze von Pallaiuolo,49 welche den Kampf
von Herkules und Antaeus darstellt.50 Die Zentrale Rolle die Herkules für die Medici
einzunehmen scheint lässt sich jedoch nicht nur an der Fülle von Aufträgen ableiten,
sondern auch an schriftlichen Überlieferungen. So wird Lorenzo il Magnifico in
Schriften posthum mit Herkules, als “homo nobilis” verglichen.51 Besonders in
Landinos Schrift “De vera Nobilitate” wo dieser schreibt “Laurentium Medicem vera
nobilitate donandum censeo”52 später im Werk wird Herkules dann mit den gleichen
Worten beschrieben. Wie weit diese Identifikation mit Herkules geht wird
anschaulich in Anekdote, welche uns von Vasari in der Vita des Michelangelo
überliefert ist. Als Michelangelo vom Tode Lorenzos erfährt ist er in so tiefer Trauer
versunken, dass er Tage lang weder arbeiten noch essen kann. Als er sich in der Lage
sieht wieder zu arbeiten schafft er eine, leider verschollene, Marmorskulptur des
Herkules im Andenken an Lorenzo.53 Somit muss zu diesem Zeitpunkt klar gewesen
sein, dass die Figur des Herkules ein Denkmal für Lorenzo de Medici darstellen
kann. Der Herkulesmythos scheint die ideale Personifizierung für die Familie Medici
zu sein, da Herkules nicht nur über Tugenden verfügte, die sie für erstrebenswert
hielten, sondern auch eine entsprechend lange Herleitung von Machtansprüchen zum
Wohle des Volkes bot. Herkules als Sinnbild des idealen Anführers ist somit zum
Symbol der führenden florentiener Familie geworden. Wie weit diese Übernahme
geht wird im nächsten Kapitel zu sehen sein, als die Interessen der Medici und die
der Kommune Florenz gegeneinander stehen.
9
49 Siehe Abbildung 1050 Vgl. Van Hessert 1991, S. 5851 Vgl. Van Hessert 1991, S. 4752 Siehe C Landino,De vera Nobilitate, Hg.v. M Lentzen, Genf 1970, S. 10453 Vgl. Van Hessert 1991, S. 60
4.Herkules und Kacus von Baccio Bandinelli
Baccio Bandinellis Herkules und Kakus Gruppe steht neben Michelangelos David
am Eingang zum Palazzo Vecchio.54 Der heroisch aufrechte Herkules steht im
klassischen Kontrapost. In seiner rechten Hand hält er die Keule fast schon ruhend
seine Linke hält den vor ihm kauernden Kakus an den Haaren. Dieser klammert sich
an die Felsen, aber schein seine Niederlage schon akzeptiert zu haben. Die Figur ist
stark an die antike Skulptur angelegt. Dies lässt sich dadurch erklären, dass
Bandinelli in den Jahren 1520 bis 1525 für den Papst eine marmorne Kopie der
Antiken Laokoon-Gruppe55 anfertigte. Dabei musste er nicht nur die Formensprache
studieren, wie dies von vielen Künstlern gemacht wurde, sondern auch die Technik
der antiken Bildhauer ergründen.56 Neben dem eindeutigen Antikenbezug lässt sich
aber auch in Florenz eine Anleihe finden. So erinnert die Pose des Herkules stark an
Donatellos Hl. Georg.57 Das Bandinelli diese Statur kannte kann als bewiesen gelten,
da sie eine der berühmtesten in Florenz war und eine Skizze Bandinellis58 von eben
dieser nachweisbar ist.59 Objektiv betrachtet scheint die Gruppe ein
aussergewöhnliches Kunstwerk zu sein, umso erstaunlicher ist jedoch die Rezeption,
nicht nur durch die Zeitgenossen, sondern auch durch die ältere und neuere
Kunstgeschichte. Benvenuto Cellini bezeichnete die Gruppe als Perversion ihrer
Möglichkeiten. Der Kopf des Herkules ist, seiner Meinung nach, zu klein für ein
Gehirn, seine Gesichtszüge erinnern an eine Mischung aus Ochsen und Löwe, seine
Pose sei nicht würdevoll und viele andere Punkte stimmen ebenfalls nicht mit seinem
Kunstverständnis überein.60 John Symonds schreibt im 18. Jahrhundert das die
Gruppe so aussehe wie “The wrestling bout of a parker and a coal heaver”.61
10
54 Siehe Abbildung 11 sowie Abbildungen 12 für mehrseitige Ansichten.55 Siehe Abbildung 13 und 1456 Vgl. Johannes Myssok, Bildhauerische Konzeption und plastisches Modell in der Renaissance, Münster, 1999, S. 240f57 Siehe Abbildung 1558 Siehe Abbildung 1659 Vgl. Paul Joannides, Two drawings related to Michelangelo`s Hercules and Antaeus, in: Master Drawings, Vol. 41, No.2, 2003, S. 105- 118, hier S. 10860 Siehe Vita di Benvenuto Cellini, ed O.Bacci, Florence, 1901, p 353ff61 Siehe John A. Symonds the fine arts 1877, in: Renaissance in Italy, New York, 1961, III, S. 126
Valentiner geht noch weiter und schreibt:
“The character of the two sculptors was such as their works resulted in a divergent expression of idealistic and demonic forces” David “the expression of the noblest spirit of the fighting youth, a spirit kindled by supernal aspiration, the Hercules that of satanic power, slaying mankind with bestial brutality”62
Natürlich ist Valentiner durch seine Intensive Michelangelo Forschung beeinflusst,
jedoch verwundert es dennoch das noch in den 1950er Jahren eine solche Ablehnung
gegenüber Bandinelli und seine Gruppe besteht. Erst Virginia Bush scheint sich
objektiv mit ihr auseinander zu setzten und sieht sie nicht nur als qualitativ
hochwertiges Kunstwerk, sondern auch mehr in den florentiner Traditionen als ihr
vorher zugestanden wurde.63 Um die Gründe für diese extreme Ablehnung
gegenüber Bandinellis Werk nachvollziehen zu können ist es sinnvoll seine
Entstehungsgeschichte zu beleuchten. Der eigentliche Anlass für die monumentale
Figur war, das Brechen eines erneuten gigantischen Marmorblocks in Carrara. Bis
dahin hatte Michelangelos David als nicht wiederholbares Geniestück gegolten und
selbst Michelangelo war sich nicht sicher ob er dies wiederholen könne.64
Demzufolge ist die Republik Florenz wohl direkt auf Michelangelo zugekommen,
nachdem sie 1508 das Angebot aus Carrara erhalten hatte. Dieser scheint zu diesem
Zeitpunkt schon Skizzen zu einer möglichen Herkules und Antaeus Gruppe65
angefertigt zu haben, auch wenn die Datierung seiner Zeichnungen schwer fällt.66
Die Möglichkeiten, welche dieser Block bot sollten eine kurze Erwähnung finden.
War der David die erste nachantike Kolossalfigur gewesen, so hätte eine
Kolossalgruppe aus Marmor die erste nachantike dargestellt. Gruppen waren bis
dahin nur in Bronze ausgeführt worden oder wie Nanni di Bancos Quaddro Coronati,
als zusammengestellte Einzelfiguren. Dadurch hätte Michelangelo beide Ehren auf
sich vereinen können.67 Die Gruppe macht jedoch keinen Fortschritt, gerade weil
Michelangelo durch andere Aufträge gebunden ist. Als Papst Leo X. am 30.
November 1515 feierlich in Florenz einzieht und damit die Herrschaft der Medici
wieder herstellt, fertigt Baccio Bandinelli eine Herkules Statur aus Stuck in den
11
62 Siehe W.R. Valentiner, Bandinelli rival of Michelangelo, in: Art Quaterly, XVIII, 1955, S. 241-263, 63 Vgl. Bush 1980, S. 166 und S. 17264 Vgl. Myssok 1999, S. 22865 Siehe Abbildung 1766 Vgl. Myssok 1999, S. 229f67 Vgl. Ebd., S. 230
Dimensionen des Davids an.68 Mit dieser will er Anspruch auf den Marmorblock
geltend machen und gibt sogar an, dass er besser sein als Michelangelo.69 Obwohl
diese Herkulesdarstellung negativ von der florentiner Bevölkerung aufgenommen
wurde, setzte sich Bandinelli mit einem Entwurf für die Marmorgruppe durch. Diese
scheint ähnlich der in Berlin befindlichen Bronze gewesen zu sein.70 Dies wird
durch Vasaris Schilderung gestützt, der in Bandinellis Vita schreibt:
“Hercules... gripped the head of Cacus between two stones with one knee, grasped him with great force with the left arm, and held him crouched under his legs in a tortured attitude; in this Cacus showed his suffering and the strain and weight of Hercules above him, bursting every smallest muscle in his whole body. In the same way Hercules, with his head bent downdown towardshis crushedenemy,grindingand gnashinghis teeth,raised his rightarmandgavehim anotherblow with his club,fiercelydashing his head to pieces.”71
Interessanter Weise hat wohl die Republik Florenz den Block gekauft, doch Papst
Leo X. vergab den Auftrag, sogar ohne das Modell Michelangelos zu sehen.72 Dieser
hatte sogar angeboten kostenlos zu arbeiten, wurde jedoch vom Papst zurück
gewiesen. Als der Block 1525 endlich nach Florenz gebracht wird kommt es beinahe
zum Scheitern des Projektes, denn als der Marmor vom Arno auf den Landweg
verladen wird fällt er ins Wasser und muss aufwändig geborgen werden. Die
Zeitgenossen spotteten schon, dass der Block versucht habe Selbstmord zu
begehen.73 Als Bandinelli endlich den Block zu Gesicht bekommt muss er feststellen,
dass die Maße des Blockes eine Umsetzung seiner Gruppe nicht ermöglichen und
muss dem Papst andere Modelle unterbreiten. Eines seiner Konzepte lässt sich
anhand der beiden Stuck Riesen in der Villa Madama in Rom ableiten, die dazu
gedient haben sollen die spätere Aufstellung auf dem Palazzo Vecchio
nachzustellen.74 Der rechte Koloss lässt sich heute zwar nur noch schlecht als
Herkules identifizieren, in einer Zeichnung von Martin van Heemskerck, aus seiner
Zeit in Rom ist dies jedoch noch möglich.75 Der Papst ist schnell mit einem Modell,
das fast identisch mit der ausgeführten Gruppe ist, zufrieden, so dass Bandinelli mit
der Arbeit beginnen kann. Nach dem “Sacco di Roma” 1527 und der damit
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68 Siehe Abbildung 18 69 Vgl. Myssok 1999, S. 23070 Siehe Abbildung 1971 Siehe Vasari-Milanesi,VI, I49.!The translationis from Pope Hennessy, High Renaissance, S. 363.72 Vgl. Bush 1980, S. 17873 Vgl. Ebd., S. 17574 Siehe Abbildung 20 und 2175 Siehe Abbildung 22
eingehenden Vertreibung der Medici verlässt auch Bandinelli Florenz. Zu diesem
Zeitpunkt hat er laut Vasari die Gruppe bereits bis zum Bauchnabel des Herkules
bossiert.76 In einer ähnlichen Situation wie 1501 soll nun Michelangelo die Arbeit für
die Republik vollenden und eine Gruppe nach seiner freien Wahl schaffen.77
Nachdem die Medici jedoch zurück kehren wird Bandinelli wieder eingesetzt und
vollendet das werk 1534, nach der offiziellen Enthüllung muss er jedoch noch die
Muskeln nachtiefen.78 Der Papst scheint mit dem Werk zufrieden zu sein, denn
Bandinelli erhält eine großzügige Entlohnung, welche unter anderen aus dem Haus
eines seiner Konkurrenten besteht, welches der Papst konfiszieren lässt.79 Die
Wechselhafte Geschichte ist voller Wendungen und zeigt deutlich das es sich bei dem
Kunstwerk nicht nur um ein solches handelt, sondern auch um ein politisches
Ausdrucksmittel. Wie im vorherigen Kapitel bereits erwähnt hatten die Medici
Herkules als Teil ihrer Ikonographie angenommen, Papst Leo X., welcher vor seiner
Ernennung 1513 Giovanni de`Medici gewesen war, stellt sich ebenfalls in diese
Tradition.80 Daher macht es für ihn Sinn, als erstes Kunstwerk eine so monumentale
Statur in Auftrag zu geben, welche ein klares Zeichen setzt und die Herrschaft der
Medici erneut in Florenz etabliert. Vor diesem Gesichtspunkt ist auch der Konflikt
um die Vergabe zu sehen.81 Virginia Busch schreibt dazu “The statue does embody an
aesthetic and political comfrontation with Michelangelo`s David”82 Dabei steht
Michelangelo für die Republik und Bandinelli, als treu den Medici ergebener, für den
Papst und seine Familie.83 Die Tatsache das Bandinelli den Konflikt zwischen
Herkules und Kakus als schon beendet zeigt ist dabei für den Papst vorteilhaft, da
somit den Florentinern gezeigt wird das sie schon besiegt sind. Das nicht agressive
Auftreten des Herkules, wird dadurch zur Milde die der Großmütige walten lassen
kann, somit der Papst gegenüber der Kommune von Florenz.84 Die enge
Verknüpfung des Papstes mit der Figur des Herkules scheint die Verknüpfung mit der
Republik Florenz stark angegriffen haben, was zum unter anderem daran gesehen
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76 Vgl. Myssok 1999, S. 23577 Vgl. Joannides 2003, S. 10878 Vgl. Myssok 1999, S. 238 und S.24279 Vgl. Bush 1980, S. 17580 Vgl. Van Hessert 1991, S. 7381 Vgl. Ebd., S. 8482 Siehe Bush 1980, S. 16483 Vgl. Myssok 1999, S. 23284 Vgl. Bush 1980, S. 179ff
werden kann, dass Michelangelo in der Zeit nach dem Sacco di Roma nicht etwa eine
Herkules Gruppe anfertigen, sondern Samson, das biblische Äquivalent zu Herkules,
im Kampf mit seinen Feinden darstellen wollte.85 Somit kann durchaus behauptet
werden, das Herkules nicht mehr für die Republik Florenz steht sondern nur noch für
das Haus der Medici.
1485 Vgl. Ebd., S. 176
5.FazitAnhand der drei verschiedenen Beispiel lässt sich eine klare Entwicklung absehen.
Herkules wurde schon früh in Florenz aufgegriffen und galt zunächst primär als
Verkörperung der Tugenden und insbesondere der “Fortitudo”. Zu dem christlichen
Kontext gesellte sich jedoch schon in der Protorenaissance eine weitere Ebene, der
Verbindung des Mythos mit der Stadt Florenz. Herkules mit seinem Kampf gegen
Tyrannen tritt an die Stelle der Stadt Florenz, die als Republik um ihre Freiheit
kämpfen muss. Die Darstellungen dieser Zeit sind teilweise noch in der
mittelalterlichen Tradition verankert andere übernehmen jedoch schon antike
Vorbilder. Ob die in der Literatur herangezogene vermeintlich antike Kleinbronze
jedoch auch Vorbild zu sehen ist mag ich nicht zu beurteilen, jedoch erscheint mir die
Argumentation schlüssig zu sein. In den Darstellungen im Palazzo Medici zeigt sich
ein beginnender Wandel. Die Rolle der Verdeutlichung der Tugenden scheint immer
noch wichtig zu sein, genau wie Herkules immer noch als Symbol für die Republik
Florenz steht, jedoch beginnen die Medici ihn für Ihre Familie zu beanspruchen. Dies
geht einher mit ihrem Machtzuwachs innerhalb der Republik. Im Letzen Teil dieser
Arbeit wurde deutlich, das die Entwicklung so weit geht, dass der Symbolgehalt für
die Republik fast gänzlich verloren geht und sogar gegen sie gerichtet wird. Von nun
an scheint Herkules alleine für die Repräsentanz der Familie Medici genutzt zu
werden. Der Herkulesmythos bietet somit eine universelle Anwendbarkeit und taucht
in vielen verschiedenen Darstellungsformen auf. Dabei muss nicht immer nur eine
Interpretationsweise Anwendung finden, da der Mythos eine vielschichtige Deutung
ermöglicht. Interessant ist, das die Forschung genau dies jedoch meist nicht zu
beachten scheint. Wie stark politisch aufgeladen die Darstellungen des Herkules sind
ist gerade in Bandinellis Herkules und Kakus klar geworden, dessen schlechter Ruf,
auch in der neueren Forschung, nicht zu letzt der politischen Situation, in welcher er
geschaffen wurde geschuldet ist. Schlussendlich ist zu sagen, dass die Behauptung
das Herkules omnipräsent im Stadtgefüge des Florenz der Neuzeit war sich bestätigt
hat. Kaum ein anderer Mythos ist so gut in das christliche und humanistische Gefüge
eingegliedert wie der des Herkules. Dies ist bis in die heutige Zeit nachwirkend,
während andere antike Mythen längst vergessen sind ist Herkules immer noch
geläufig.
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Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1Florentiner Kommunalsiegel auf Titelblatt von D. M. Mannis "Osservazioni istoriche"Bildnachweis: von Hessert, Marlis: Zum Bedeutungswandel der Herkules-Figur in Florenz, Köln, 1991, Abb. 1.
Abbildung 2Piero di Lamberti, Hercules-Fortitude, Detail der Dekoration, Porta della Mandorla, Florenz, um 1393-1434
Abbildung 3Saturn, Porta della Mandorla, Florenz, 1391 bis 1397
Abbildung 5Nicola Pisanom Herkules Detail aus der Baptisteriums Kanzel, Pisa, 1260
Abbildung 6Antike Kleinbronze, Herkules, Florenz Muesum Nazionale
Abbildung 7Antonio Pollaiuolo, Herkules und Antaeus, 16 x 9 cm, Galleria degli Uffizi, Florenz, 1470?
Abbildung 8Antonio Pollaiuolo, Herkules und Hydra, 17 x 12 cm, Galleria degli Uffizi, Florenz, 1470?
Abbildung 13Laokoon-Gruppe, Rom, Vatikanische Sammlungen, um 50 BC
Abbildung 14Baccio Bandinelli, Laokoon Gruppe Kopie, Uffizien, Florenz, 1525
Abbildung 15 Donatello, Hl. Georg, 209cm, Florenz, Bargello, 1416/1417
Abbildung 16Bandinelli, St. Georg (Nach Donatelo), Uffizien, Florenz, Inventarnr.: 489F
Abbildung 18Vasari, Einzug Leo X Palazzo Vecchio, Florenz
Abbildung 19Bandinelli, Hercules und Cacus, Bode Museum, Berlin
Abbildung 20Bandinelli, Riesen, Villa Madama, Rom
Abbildung 21Palazzo Vecchio vom Piazza della Signoria aus, Florenz
Abbildung 22Martin van Heemskerck, Villa Madama, Detail aus dem Skizzenbuch I, f.24r, Staatliche Museum Preussischer Kulturbesitz Kupferstichkabinett, Berlin
Bibliographie
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Bayer 2008 Andreas Bayer, Herkules in den sakralen Kontexten der Renaissance,
Saarbrücken, 2008
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Kunsthistorischen Instituts Florenz, 16 Bd., 1972, S. 119- 142
Ettlinger 1978 Leopold Ettlinger, Antonio and Piero Pollaiuolo, New York, 1978
Himmelmann 1985 Nikolaus Himmelmann, Nuditá ideale, in: Memoria dell`antico
nell`arte italiana, Hg.v. S. Settis, Turin, 1985, S.199- 278
Joannides 2003 Paul Joannides, Two drawings related to Michelangelo`s Hercules
and Antaeus, in: Master Drawings, Vol. 41, No.2, 2003, S. 105- 118
Krautheimer 1956 Richard Krautheimer, Lorenzo Ghiberti, Princeton, 1956
Müntz 1888 E. Müntz, Les collections des Médicis au XVe siècle, 1888
Myssok 1999 Johannes Myssok, Bildhauerische Konzeption und plastisches Modell
in der Renaissance, Münster, 1999
Panofsky 1990 Erwin Panofsky, Die Renaissance der europäischen Kunst, Frankfurt
am Main, 1990
Valentiner 1955 W.R. Valentiner, Bandinelli rival of Michelangelo, in: Art Quaterly,
XVIII, 1955, S. 241-263
Van Hessert 1991 Marlis van Hessert, Zum Bedeutungswandel der Herkulesfigur in
Florenz: von den Anfängen der Republik bis zum Prinzipat Cosimos I., Köln, 1991
Waldman 1994 Louis Waldman, “Miracol`novo et raro”: Two Unpublished
Contemporary Satires on Bandinelli`s Hercules, in: Mitteilungen des
Kunsthistorischen Institutes in Florenz, 38 Bd., 1994, S. 419- 427