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Wandel der Darstellung des Herkules-Mythos in Florenz

Date post: 01-Mar-2023
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Kunsthistorisches Institut der Universitt Köln WS 2011/12 Klassische Mythologie in Renaissance und Barock Dozent: Prof. Dr. Stefan Grohé Wandel der Darstellung des Herkules-Mythos in Florenz: Anhand der Porta della Mandorla, Pollaiuolos Ausstattung für das Palazzo Medici und Baccio Bandellinis Herkules und Kakus. Tim W. Hendrix Matrikelnummer: 4648455 Luxemburgerstraße 118 50939 Köln Email: [email protected] Telefonnummer: 017684096556 Kunstgeschichte 5 Fachsemester English Studies 5 Fachsemester
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Kunsthistorisches Institut der Universitt KölnWS 2011/12Klassische Mythologie in Renaissance und BarockDozent: Prof. Dr. Stefan Grohé

Wandel der Darstellung des Herkules-Mythos in Florenz: Anhand der Porta della Mandorla, Pollaiuolos Ausstattung für das Palazzo Medici und Baccio Bandellinis Herkules und Kakus.

! ! ! ! ! ! ! ! Tim W. Hendrix! ! ! ! ! ! ! ! Matrikelnummer: 4648455! ! ! ! ! ! ! ! Luxemburgerstraße 118! ! ! ! ! ! ! ! 50939 Köln! ! ! ! ! ! ! ! Email: [email protected]! ! ! ! ! ! ! ! Telefonnummer: 017684096556! ! ! ! ! ! ! ! Kunstgeschichte 5 Fachsemester! ! ! ! ! ! ! ! English Studies 5 Fachsemester

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung S. 1

2. Die Herkulesdarstellungen an der Porta della Mandorla S. 3

3. Pollaiuolos Darstellungen für das Pallazzo Medici S. 7

4. Herkules und Cacus von Baccio Bandinellie S. 10

5. Fazit S. 15

Abbildungsverzeichnis

Bibliographie

1. Einleitung

Herkules gehört zu denjenigen Figuren der antiken Sagenwelt, welche auch direkt

nach der Christianisierung und im gesamten Verlauf über das Mittelalter in die

Neuzeit hinein, nicht an Beliebtheit verloren haben. Selbst Heute noch ist der Mythos

des Helden Herkules in verschiedensten Formen präsent. In dieser Arbeit soll ein

Zeitraum von der Protorenaissance bis hin zur Mitte des sechzehnten Jahrhunderts

behandelt werden. In dieser Zeit war der Mythos omnipräsent und der Allgemeinheit

in verschiednen Varianten vertraut.1 Die Überlieferung erfolgte dabei nicht nur über

die antiken Schriftquellen, wie bei anderen Mythen, sondern war durchgehend

genutzt worden. Dabei kam es zu christlichen und auch höfischen Umformungen des

Herkulesmythos.2 So steht in einem christlichen Kontext oft für die Tugend

“Fortitudo”. Im humanistischen Kontext wurde er gerne als Beispiel für einen

Tugendhaften Mann herangezogen und diente somit als Beispiel für einen perfekten

Anführer.3 Gerade durch die vielfältigen Bezüge des Mythos war es möglich das er

als Identifikationsfigur für die unterschiedlichsten Gruppen diente. Wie sich zeigen

wird kann Herkules sowohl für die Republic Florenz stehen, als auch für die Familie

Medici und die Macht des Papstes. Daraus ergibt sich ein sehr komplexes Gefüge,

was eine simultane Darstellung verschiedener Rollen, des Herkules, ermöglicht.4

Diese Arbeit soll dabei lediglich auf die Situation in Florenz eingehen, die

Identifizierung mit dem Heroen ist jedoch nicht nur auf Italien beschränkt, sondern

findet in ganz Europa statt.

In Florenz finden sich schon früh viele Bezüge zu Herkules und sowohl die

Kommune, als auch die Familie Medici geben viele Werke zu diesem in Auftrag.

Bereits im 13. Jahrhundert lässt sich die Darstellung des Herkules im Siegel der Stadt

Florenz nachweisen5, auch wenn das originale Siegel heute verloren ist.6 Dabei ist

Florenz eine der wenigen Kommunen, die eine Mythologische Figur in ihrem Siegel

führen. Die Verwendung der Herkulesfigur lässt sich darüber hinaus nur noch für

1

1 Vgl. Marlis van Hessert, Zum Bedeutungswandel der Herkulesfigur in Florenz: von den Anfängen der Republik bis zum Prinzipat Cosimos I., Köln, 1991, S.32 Vgl. Ebd., S.33 Vgl. Leopold Ettlinger, Hercules Florentinus, in: Mitteilungen des Kunsthistorischen Instituts Florenz, 16 Bd., 1972, S. 119- 142, S. 1734 Vgl. Ebd., S. 1285 Vgl. Van Hessert 1991, S. 3 und 76 Siehe Abbildung 1

König Friedrich den II. von Aragon nachweisen.7 Daran lässt sich die enge

Beziehung zu Herkules sehen. Im folgenden soll untersucht werden, in welcher Art

Herkules, in Florenz, dargestellt wird und welche Beziehungen beziehungsweise

Deutungen sich daraus erkennen lassen. Dabei wird Chronologisch aufbauend

vorgegangen und mit den Darstellungen an der Porta della Mandorla, des florentiner

Domes, begonnen, die in der Forschung unterschiedlich gedeutet werden. Während

Himmelmann8 kein einheitliches Programm feststellen kann, spricht Krautheimer9

von einem Beispiel für frühen Humanismus. Erwin Panofsky deutet die Figuren in

einem christlichen Kontext und kann so eine geschlossene Argumentation

aufbauen.10 Darüber hinaus fügt Marlis van Hessert ein, dass neben christlichen und

humanistischen Aspekten auch die historischen Gegebenheiten in die Interpretation

mit einfließen müssen.11 Danach wird die Ausstattung des Palazzo Medici behandelt,

welche ungefähr hundert Jahre nach dem Portal entstand. Im wesentlichen soll über

die drei Tafeln mit Darstellungen von Taten des Herkules, gesprochen werden, die

Pollaiuolo für die Familie Medici anfertigte. Gerade im Ausstellungskontext wird

hierbei zu beobachten sein, wie sich die Rolle der Figur des Herkules zu dieser Zeit

änderte. Leider sind die originalen Tafeln seit dem 16. Jahrhundert verschollen, so

dass eine Rekonstruktion anhand zweier, ungefähr gleichzeitig von Pollaiuolo

ausgeführten, kleinformatigeren Tafeln und einem Stich statt finden muss. Darüber

hinaus beinhalten Vasaris Viten wertvolle Informationen zu den Werken. Mit der

Gruppe Herkules und Kakus von Baccio Bandinelli, die Mitte des 16. Jahrhunderts

geschaffen wurde, soll abgeschlossen werden. Dieses Werk ist ,nicht nur von den

Zeitgenossen, sehr kontrovers aufgenommen worden, sondern wird in der Forschung

auch sehr unterschiedlich aufgegriffen. Während Kenneth Clark ihn mit den Worten “

Certainly the ugliest Hercules in excistence”12 beschreibt, ist Virginia Bush von den

Qualitäten dieser Gruppe Überzeugt.13

2

7 Vgl. Van Hessert 1991, S. 138 Nikolaus Himmelmann, Nuditá ideale, in: Memoria dell`antico nell`arte italiana, Hg.v. S. Settis, Turin, 1985, S.199- 2789 Richard Krautheimer, Lorenzo Ghiberti, Princeton, 195610 Erwin Panofsky, Die Renaissance der europäischen Kunst, Frankfurt am Main, 199011 Vgl. Van Hessert 1991, S. 3912 Vgl. Kenneth Clark, The Nude, 1956, S. 21113Vgl. Virginia Bush, Bandinellie`s Hercules and Cacus and the Florentine Tradition, in: Memoirs of the American Academy in Rome, Vol. 36, 1980, S. 163-206

Gerade anhand der Werksgenese soll dabei auf die politische Brisanz der Gruppe

eingegangen werden. Abschließend wir zu überprüfen sein, in wie weit sich ein

Wandel in der Darstellung und Rezeption des Herkulesmythos in Florenz in der

beschriebenen Zeit vollzieht.

2. Die Herkulesdarstellungen an der Porta della Mandorla

Die Porta della Mandorla ist das nördliche Seitenportal des Florentiner Domes, sie

wurde zwischen 1391 und 1423 geschaffen. Die Rankenornamentik des Türsturzes

wurde von 1391 bis 1397, unter der Leitung von Giovanni d`Ambrogio angebracht.14

Laut Ettlinger geht aus den Dokumenten zwar hervor, welche Bildhauer beteiligt

waren, jedoch lässt sich nicht nach vollziehen, welcher dieser für welchen Teil des

Portals zuständig war.15 Die neuere Forschung scheint in der Lage zu sein Niccolo di

Piero die rechte Hälfte des Rankenornaments und Nanni di Banco die linke Hälfte,

sowie den Schlussstein zuzuschreiben.16 Im Portalgewände befinden sich, zwischen

den Ranken, Tiere und Putten, sowie christliche und heidnische Figuren.17 Herkules

kommt hier direkt mehrfach vor und ist die einzige Figur die überhaupt mehrmals

dargestellt ist, was seine Bedeutung noch herausstellt.18 Das untere innere Gewände

zeigt Herkules als bärtigen Helden mit Keule, diese ist heute jedoch nicht mehr zu

sehen.19 Über dieser Kartusche folgen drei weitere mit Taten des Herkules, welche

dem Dedokathlos entnommenen sind.20 Die unterste Szene zeigt den Helden im

Kampf mit der Hydra. Er scheint dabei breitbeinig zu stehen, was jedoch der

Immagination überlassen ist, da sein Oberkörper aus einer Knospe entspringt, und

mit einem kraftvollen Schlag auszuholen. Das Schwert deutet Bayer als orientalisch,

was mir jedoch nicht zwingend notwenig erscheint.21 Die Katusche darüber stellt den

Kampf zwischen Herkules und Antaeus dar. Herkules scheint wieder aus einer

Knospe zu wachsen und hebt Antaeus, ihn fest umklammernd hoch. Im Obersten

Feld ist Herkules zu sehen wie er über dem nemesischen Löwen sitzt und dessen

3

14 Vgl. Van Hessert 1991, S. 2615 Vgl. Ettlinger 1972, S. 12516 Vgl. Andreas Bayer, Herkules in den sakralen Kontexten der Renaissance, Saarbrücken, 2008, S.16617 Siehe Abbildung 318 Vgl. Van Hessert 1991, S. 2719 Vgl. Van Hessert 1991, S. 2620 Vgl. Bayer 2008 S. 172 und Siehe Abbildung 421 Vgl. Ebd., S. 172

Kopf mit Gewalt zurück reißt. Seine Beine sind dabei, wie bei einem Ringer, um den

Hals des Monsters geschlungen. Im äußeren Gewände der linken Seite wird Herkules

umrahmt von zwei Engeln dargestellt. Er zeigt sich als jugendlicher Held und bartlos,

im Sinne einer ”figura all`antica”, im Gegensatz zu den Figuren in den anderen

Kartuschen, welche dem Mittelalter noch verhaftet sind.22 Er steht in einem

klassischen Kontrapost und stützt sich, mit seinem, fast ausgesteckten, rechten Arm

auf seine Keule, das Löwenfell ist über seine linke Schulter geworfen. Dieser

Antikenbezug findet sich zuvor nur in der ca. 1260, von Andrea Pisano, gestalteten

Herkulesfigur an der Kanzel des pisaner Baptisteriums.23 Des weiteren deutet das

Rankenmotiv auf die Übernahme antiker römischer Reliefs hin. Einzig das Motiv des

über die linke Schulter geschmissenen Löwenkopfes schein in weder der antiken

Plastik , noch in nachantiken Darstellungen aufzutauchen, findet sich aber in vielen

florentiner Herkulesdarstellungen, dieser Zeit, wieder. 24 Krautheimer wies 1956 auf

eine, sich in Florenz befindliche, Kleinbronze25 hin, hielt sie aber für eine Replik des

16. Jahrhunderts. Laut Marlis van Hessert hat sich jedoch ergeben, dass es sich um

ein antikes Original handelt, welches seit 1589 im Inventar der “Tribuna”

nachzuweisen ist. Darüber hinaus will sie nicht nur im Löwenfell diese als Vorbild,

für die Porta della Mandorla Darstellungen, identifizieren können, sondern deutet

auch auf einen Strahlenkranz hin, der sich in beiden Darstellungen befindet. Dies

Begründet sie damit, dass es sich bei der antiken Kleinbronze ursprünglich um den

Gott Sol handelt. Der Strahlenkranz würde in seine Ikonographie passen. Durch das

hinzufügen der Attribute des Herkules wurde diese Bronze dann in den beliebten

Helden umgewandelt.26 Sollte diese Behauptung stimmen scheint es logisch zu sein,

dass die Meister der Porta della Mandorla auch den Strahlenkranz übernahmen. Ein

weiteres Indiz, welches für die Kleinbronze als Vorbild sprechen scheint zu sein, dass

ihre Größe von 23cm fast der Porta della Mandorla Darstellungen mit 22,8 und einer

Kleinbronze von Pollaiuolo entspricht, welche 23cm hoch ist.27 Genauso

unterschiedlich wie die stilistischen Vorbilder diskutiert werden, scheint die

Interpretation der Herkulesdarstellungen an der Porta della Mandorla zu sein.

4

22 Vgl. Van Hessert 1991, S. 2723 Vgl. Ebd., S.27f und Abbildung 524 Vgl. Ebd., S. 29f25 Siehe Abbildung 626 Vgl. Van Hessert 1991, S. 31-3327 Vgl. Van Hessert 1991, S. 34

Allgemein scheint es problematisch der Porta della Mandorla ein einheitliches

Programm zu Grunde zu legen und Himmelmann geht sogar so weit zu sagen, dass

es keine Hinweise für ein solches gibt.28 Krautheimer sagt, dass es sich um ein klar

humanistisches Programm handelt, welches von der zur gleichen Zeit, von Coluccio

Salutatis, publizierten Abhandlung über Herkules beeinflusst ist.29 Darüber hinaus

sagt er, dass hier das erste Mal antike Ikonographie direkt übernommen worden ist,

so dass die Herkulesdarstellungen fremd im Gesamtprogramm wirken.

"The reliefs on the jambs of the Porta della Mandorla throw light on the links between humanism and art in Florence during these years [...] The preponderance of incidents from the Hercules story [...] calls to mind the fact that it is in these years that Coluccio Salutati completed work on the Labors of Hercules [...] It cannot be amere coincidence that both the Florentine humanists and the masters of the Porta della Mandorla developed a simultaneous interest in Hercules"30

Erwin Panofsky sieht zwar die humanistische “Gewandung” gegeben, deutet jedoch

die Figuren in einem einheitlichen christlichen Programm.31 Bei Ihm nimmt Herkules

die Rolle der “Fortitudo” ein. In Verbindung mit den anderen Darstellungen der Porta

della Mandorla kommt er somit auf die vier “virtus generalis” Justizia,

Temperamentia, Prudenzia und eben Fortitudo, so dass sich Herkules in das

Programm einfügt. Die einzelnen Dargestellten Taten werden damit auch zu

Beispielen für die Tugenden. So ist der Kampf gegen die Hydra zum das Besiegen

des Bösen und Lasters.32 Der Kampf mit Antaeus wird demnach zu dem Kampf

Davids gegen Goliath, ein Vergleich, der bereits bei Dante zu finden ist33 und aus

dem Sieg über den Löwen wird zum Kampf des Samson gegen die Löwen. überkrönt

werden die Szenen dann vom dem Symbol für alle Tugenden, eben wieder

Herkules.34 Das Programm scheint sich so glaubwürdig entschlüsseln zu lassen,

gerade wenn man den religiösen Kontext der Anbringung an einem Kirchenportal

bedenkt. Interessant schein Marlis van Hesserts Ansatz zu sein neben den

humanistischen und christlichen auch historische Aspekte mit in die Interpretation

einzubinden.35 Florenz und Mailand waren in anhaltenden Konflikten gegeneinander,

welche 1390 zum Krieg führten. Genau im Siegesjahr 1392 wird die Neudekoration

5

28 Vgl. Himmelmann 1885, S. 6329 Vgl. Krautheimer 1956, S. 52f30 Vgl. Krautheimer 1956, S. 2931 Vgl. Panofsky 1990, S. 390f32 Vgl. Ettlinger 1972, S. 12733 Vgl. Van Hessert 1991, S. 3534 Vgl. Bayer 2008, S. 19035 Vgl. Van Hessert 1991, S. 39

der Porta Mandorla in Auftrag gegeben, so dass mit Sicherheit auch dieser Konflikt

in den Köpfen der Auftraggeber eine wichtige Rolle Spielte. Beachtet man dazu noch

das nicht nur in geographischer Sicht, sondern auch in der mittelalterlichen

italienischen Ansicht, das Böse von Norden kommt und es sich um ein Nordportal

handelt, so ist die Darstellung des Herkules hier durchaus ein Symbol für den Sieg

und die Stärke der Republik Florenz.36 I. Gregorio Datti, ein florentiner Humanist

schrieb “[…]Ercole fu giogante, che andava spegnendo tutti i Tiranni, e inique

signorie, ecosi hanno futto Florentini?”37 und stellt damit den direkten Bezug

zwischen Herkules und Florenz her, die den Tyrannen aus dem Norden,

Giangaleazzo Visconti, besiegt hatten. In diesem Zusammenhang gewinnt die

Kartusche mit dem Kampf des Herkules gegen die Hydra neue Bedeutung, da

Visconti eine Schlange in seinem Wappen trug, somit also die Personifizierung der

Stadt Florenz hier die Personifizierung der Visconti besiegt. Auch andere Florentiner

Schriften stellen den Bezug zu Herkules her, so setzt zum Beispiel Sacchetti in

seinem “libro delle rime” die zwölf Taten des Herkules mit zwölf florentiner

Schlachten gleich.38 So lässt sich über die Herkulesdarstellungen in der Porta della

Mandorla sagen, das es sich um ein komplexes Werk handelt, welches deutlich zeigt,

das Herkules im Florenz der Protorenaissance bereits mit der Stadt eng verbunden

war. Dabei spielen sowohl religiöse als auch humanistische Aspekte eine wichtige

Rolle. Herkules ist zu dieser Zeit bereits ein Symbol für die Republik Florenz

aufgrund seiner Taten gegen Tyrannen, welchen sich die Florentiner auch gegenüber

sahen und seiner christlichen Tugendhaftigkeit, welche ihn zu einem wichtigen

Bezugspunkt machten.

6

36 Vgl. Ebd., S.42ff37 Siehe Gregorio Dati, istoria di firenze di gregorio dati dal 1380 al 1405 hg l pratesi, nachruck norcia 190238 Siehe F. Sacchetti, il libro delle rime, Hg.v. A Chiari, Bari, 1936

3.Pollaiuolos Darstellungen für das Pallazzo Medici

Obwohl Antonio Pollaiuolos drei großformatige Gemälde mit den Taten des Herkules

seit Ende des 16. Jahrhunderts verschollen sind kann davon ausgegangen werden, das

sie zu den bedeutendsten Werken ihrer Zeit in Florenz gegolten haben.3940 Mit einer

Größe von sechs mal sechs Braccia dürften sie die einzigen großformatigen

Mythologien in Florenz gewesen sein und zogen alleine dadurch schon

Aufmerksamkeit auf sich.41 Durch die ausführliche Schilderung, welche in Vasaris

Vite der Brüder Pollaiuolo überliefert ist, lässt sich jedoch ihr Aussehen sehr gut

rekonstruieren. Darüber hinaus sind zwei kleinformatige Tafeln erhalten, die fast

identisch mit den in Vasaris Viten beschriebenen Werken sind und auch von Antonio

Pollaiolo geschaffen worden.42 Wie wir im Kampf mit dem Antaeus sehen stellt

Pollaiuolo die Szene sehr bewegt und emotional aufgeladen dar. Die Gesichter der

Protagonisten sind sehr expressiv gestaltet. Dies gilt auch für den Kampf mit der

Hydra. Die Figuren scheinen allgemein im Kampf verwickelt zu sein und in einander

überzulaufen, ähnlich wie dies in einer Kleinbronze von Pallaiuolo zu sehen ist,

welche die Tafeln ebenfalls zum Vorbild gehabt haben könnte43 Darüber hinaus

erkenne ich eine Ähnlichkeit in der Pose des Antaeus und der antiken Laokoon

Gruppe44 Es ist unbekannt, wer den Auftrag an Pollaiuolo vergeben hatte. Leopold

Ettlinger argumentierte in seinem Aufsatz Hercules Florentinus 1972, dass zum einen

die Tafeln gleichzeitig mit der Fertigstellung des Palazzo Medici geschaffen sein

können, zum anderen aber Piero de Medici kein großer Bewunderer von Pollaiuolo

gewesen sei, im Gegensatz zu Lorenzo, welcher jedoch erst 1469 zum

Familienoberhaupt wurde und 1460 gerade einmal 11 Jahre alt gewesen war.45 In

seinem Buch zu den Brüdern Pollaiuolo von 1978 führt er dann einen Brief von

7

39 Vgl. Van Hessert 1991, S. 5140 Im Inventar der Medici sind sie für das Jahr 1492 aufgeführt dort steht:! “Nella sala grande di Lorenzo […]: Uno panno, cornicie intorno messa d`oro, di br. 6 per ! ogni verso, dipintovi dentro Erchole ch`amaza l`Idra. […] Uno panno, intro messa d`oro, ! di br. 6 per ogni verso, dipintovi drento Erchole che sbarra el Lione […] Uno panno di ! br. 6 chorniciato in torno e messo d`oro, depintovi Erchole che scappia Anteo, tatte ! queste fatiche d`Ercole sonodi mano del Pollaiuolo” Müntz 1888, S. 62f41 Leopold Ettlinger, Antonio and Piero Pollaiuolo, New York, 1978, S. 2842 Siehe Abbildung 7 und 843 Siehe Abbildung 9 und 1044 Siehe Abbildung 1345 Vgl. Ettlinger 1972, S. 128

Antonio Pollaiuolo auf, welcher meiner Meinung nach ausreichend ist für eine

eindeutige Datierung.

“I think he will be willing to agree, because he knows that I have always sided with his family, and he will remember that 34 years ago, I made the exploits of Herkules in the sala of his palace, made by me and my brother”46

Damit dürften die Werke 1460 geschaffen worden sein, was mit der Fertigstellung

des Familiensitzes und daher auch mit seiner Ausstattung, überein stimmt.

Um die Bedeutung der drei Tafeln zu verstehen muss zuerst die politische Situation

in Florenz beleuchtet werden. 1434 kommt Cosimo de Medici aus der Verbannung

zurück und übernimmt die Führung der Republik, welche dennoch eine solche bleibt,

auch wenn im Endeffekt die Familie Medici die gesamte Regierung bestimmt.47 Die

Regierungsgeschäfte dürfen dabei offiziell nur im Palazzo Vecchio, dem Sitz der

Segnoria abgehalten werden, jedoch übergeht Cosimo dieses Gesetzt mit der ihm

zustehenden Macht, so dass es vermehrt zu politischen Sitzungen im Palazzo Medici

kommt. Dieser wird auch als offizielle Unterkunft für Gäste der Republik genutzt.

Somit handelt es sich nicht mehr um ein privates Gebäude, sondern ein

Repräsentanzgebäude, dessen öffentliches Prunkstück der “sala grande” ist. In

diesem sind die drei Tafeln mit Herkulesdarstellungen von Pallaiuolo ausgestellt.

Neben diesen befindet sich auch noch eine Darstellung Johannes des Täufers, des

Schutzpatrons von Florenz, welches von Andrea del Castagno gemalt worden war,

eine Tafel mit Löwendarstellungen von Pesellino sowie Wappenschilder der

Kommune und Familie Medici.48 In diesem Kontext sind die Darstellungen des

Herkules sowohl als Symbol der Tugenden, als auch in ihrer Verbindung mit der

Republik Florenz, welche bereits anhand der Porta della Mandorla erörtert worden

ist, zu sehen. Interessant ist, das die für den Saal ausgewählten Tafeln in Ihrer

Thematik mit denen des Portals übereinstimmen. Dies untermauert meiner Meinung

nach ihre Bedeutung in politischer Hinsicht. Vergleichbar wäre es darüber hinaus mit

dem Rathaus in Siena, in welchem sich die Darstellung der guten und schlechten

Regierung als Fresko an den Wänden befindet. Hier übernimmt Herkules die

Repräsentation für die Guten Tugenden, welche die Regierenden verkörpern müssen

um die Republik erfolgreich zu vertreten. Obwohl van Hessert auf den

Ausstellungskontext eingeht betrachtet sie diesen Vergleich jedoch nicht und auch

8

46 Siehe Ettlinger 1978, S. 27 ( Aus den Orsini Briefen, Archivo Capitolino, Rom)47 Vgl. Van Hessert 1991, S. 4548 Vgl. Ebd., S. 54f

sonst scheint er nicht gezogen zu werden. Neben den beiden genannten

Betrachtungsweisen kommt jedoch auch noch ein weiterer Aspekt zum tragen.

Da es sich um den Familiensitz der Medici handelt, wird Herkules nun offenbar

direkt als Symbol der Familie in Anspruch genommen. Darauf weist auch hin, das

die Medici beginnen viele Herkulesdarstellungen in Auftrag zu geben, so zum

Beispiel die, um 1475 entstandene, Kleinbronze von Pallaiuolo,49 welche den Kampf

von Herkules und Antaeus darstellt.50 Die Zentrale Rolle die Herkules für die Medici

einzunehmen scheint lässt sich jedoch nicht nur an der Fülle von Aufträgen ableiten,

sondern auch an schriftlichen Überlieferungen. So wird Lorenzo il Magnifico in

Schriften posthum mit Herkules, als “homo nobilis” verglichen.51 Besonders in

Landinos Schrift “De vera Nobilitate” wo dieser schreibt “Laurentium Medicem vera

nobilitate donandum censeo”52 später im Werk wird Herkules dann mit den gleichen

Worten beschrieben. Wie weit diese Identifikation mit Herkules geht wird

anschaulich in Anekdote, welche uns von Vasari in der Vita des Michelangelo

überliefert ist. Als Michelangelo vom Tode Lorenzos erfährt ist er in so tiefer Trauer

versunken, dass er Tage lang weder arbeiten noch essen kann. Als er sich in der Lage

sieht wieder zu arbeiten schafft er eine, leider verschollene, Marmorskulptur des

Herkules im Andenken an Lorenzo.53 Somit muss zu diesem Zeitpunkt klar gewesen

sein, dass die Figur des Herkules ein Denkmal für Lorenzo de Medici darstellen

kann. Der Herkulesmythos scheint die ideale Personifizierung für die Familie Medici

zu sein, da Herkules nicht nur über Tugenden verfügte, die sie für erstrebenswert

hielten, sondern auch eine entsprechend lange Herleitung von Machtansprüchen zum

Wohle des Volkes bot. Herkules als Sinnbild des idealen Anführers ist somit zum

Symbol der führenden florentiener Familie geworden. Wie weit diese Übernahme

geht wird im nächsten Kapitel zu sehen sein, als die Interessen der Medici und die

der Kommune Florenz gegeneinander stehen.

9

49 Siehe Abbildung 1050 Vgl. Van Hessert 1991, S. 5851 Vgl. Van Hessert 1991, S. 4752 Siehe C Landino,De vera Nobilitate, Hg.v. M Lentzen, Genf 1970, S. 10453 Vgl. Van Hessert 1991, S. 60

4.Herkules und Kacus von Baccio Bandinelli

Baccio Bandinellis Herkules und Kakus Gruppe steht neben Michelangelos David

am Eingang zum Palazzo Vecchio.54 Der heroisch aufrechte Herkules steht im

klassischen Kontrapost. In seiner rechten Hand hält er die Keule fast schon ruhend

seine Linke hält den vor ihm kauernden Kakus an den Haaren. Dieser klammert sich

an die Felsen, aber schein seine Niederlage schon akzeptiert zu haben. Die Figur ist

stark an die antike Skulptur angelegt. Dies lässt sich dadurch erklären, dass

Bandinelli in den Jahren 1520 bis 1525 für den Papst eine marmorne Kopie der

Antiken Laokoon-Gruppe55 anfertigte. Dabei musste er nicht nur die Formensprache

studieren, wie dies von vielen Künstlern gemacht wurde, sondern auch die Technik

der antiken Bildhauer ergründen.56 Neben dem eindeutigen Antikenbezug lässt sich

aber auch in Florenz eine Anleihe finden. So erinnert die Pose des Herkules stark an

Donatellos Hl. Georg.57 Das Bandinelli diese Statur kannte kann als bewiesen gelten,

da sie eine der berühmtesten in Florenz war und eine Skizze Bandinellis58 von eben

dieser nachweisbar ist.59 Objektiv betrachtet scheint die Gruppe ein

aussergewöhnliches Kunstwerk zu sein, umso erstaunlicher ist jedoch die Rezeption,

nicht nur durch die Zeitgenossen, sondern auch durch die ältere und neuere

Kunstgeschichte. Benvenuto Cellini bezeichnete die Gruppe als Perversion ihrer

Möglichkeiten. Der Kopf des Herkules ist, seiner Meinung nach, zu klein für ein

Gehirn, seine Gesichtszüge erinnern an eine Mischung aus Ochsen und Löwe, seine

Pose sei nicht würdevoll und viele andere Punkte stimmen ebenfalls nicht mit seinem

Kunstverständnis überein.60 John Symonds schreibt im 18. Jahrhundert das die

Gruppe so aussehe wie “The wrestling bout of a parker and a coal heaver”.61

10

54 Siehe Abbildung 11 sowie Abbildungen 12 für mehrseitige Ansichten.55 Siehe Abbildung 13 und 1456 Vgl. Johannes Myssok, Bildhauerische Konzeption und plastisches Modell in der Renaissance, Münster, 1999, S. 240f57 Siehe Abbildung 1558 Siehe Abbildung 1659 Vgl. Paul Joannides, Two drawings related to Michelangelo`s Hercules and Antaeus, in: Master Drawings, Vol. 41, No.2, 2003, S. 105- 118, hier S. 10860 Siehe Vita di Benvenuto Cellini, ed O.Bacci, Florence, 1901, p 353ff61 Siehe John A. Symonds the fine arts 1877, in: Renaissance in Italy, New York, 1961, III, S. 126

Valentiner geht noch weiter und schreibt:

“The character of the two sculptors was such as their works resulted in a divergent expression of idealistic and demonic forces” David “the expression of the noblest spirit of the fighting youth, a spirit kindled by supernal aspiration, the Hercules that of satanic power, slaying mankind with bestial brutality”62

Natürlich ist Valentiner durch seine Intensive Michelangelo Forschung beeinflusst,

jedoch verwundert es dennoch das noch in den 1950er Jahren eine solche Ablehnung

gegenüber Bandinelli und seine Gruppe besteht. Erst Virginia Bush scheint sich

objektiv mit ihr auseinander zu setzten und sieht sie nicht nur als qualitativ

hochwertiges Kunstwerk, sondern auch mehr in den florentiner Traditionen als ihr

vorher zugestanden wurde.63 Um die Gründe für diese extreme Ablehnung

gegenüber Bandinellis Werk nachvollziehen zu können ist es sinnvoll seine

Entstehungsgeschichte zu beleuchten. Der eigentliche Anlass für die monumentale

Figur war, das Brechen eines erneuten gigantischen Marmorblocks in Carrara. Bis

dahin hatte Michelangelos David als nicht wiederholbares Geniestück gegolten und

selbst Michelangelo war sich nicht sicher ob er dies wiederholen könne.64

Demzufolge ist die Republik Florenz wohl direkt auf Michelangelo zugekommen,

nachdem sie 1508 das Angebot aus Carrara erhalten hatte. Dieser scheint zu diesem

Zeitpunkt schon Skizzen zu einer möglichen Herkules und Antaeus Gruppe65

angefertigt zu haben, auch wenn die Datierung seiner Zeichnungen schwer fällt.66

Die Möglichkeiten, welche dieser Block bot sollten eine kurze Erwähnung finden.

War der David die erste nachantike Kolossalfigur gewesen, so hätte eine

Kolossalgruppe aus Marmor die erste nachantike dargestellt. Gruppen waren bis

dahin nur in Bronze ausgeführt worden oder wie Nanni di Bancos Quaddro Coronati,

als zusammengestellte Einzelfiguren. Dadurch hätte Michelangelo beide Ehren auf

sich vereinen können.67 Die Gruppe macht jedoch keinen Fortschritt, gerade weil

Michelangelo durch andere Aufträge gebunden ist. Als Papst Leo X. am 30.

November 1515 feierlich in Florenz einzieht und damit die Herrschaft der Medici

wieder herstellt, fertigt Baccio Bandinelli eine Herkules Statur aus Stuck in den

11

62 Siehe W.R. Valentiner, Bandinelli rival of Michelangelo, in: Art Quaterly, XVIII, 1955, S. 241-263, 63 Vgl. Bush 1980, S. 166 und S. 17264 Vgl. Myssok 1999, S. 22865 Siehe Abbildung 1766 Vgl. Myssok 1999, S. 229f67 Vgl. Ebd., S. 230

Dimensionen des Davids an.68 Mit dieser will er Anspruch auf den Marmorblock

geltend machen und gibt sogar an, dass er besser sein als Michelangelo.69 Obwohl

diese Herkulesdarstellung negativ von der florentiner Bevölkerung aufgenommen

wurde, setzte sich Bandinelli mit einem Entwurf für die Marmorgruppe durch. Diese

scheint ähnlich der in Berlin befindlichen Bronze gewesen zu sein.70 Dies wird

durch Vasaris Schilderung gestützt, der in Bandinellis Vita schreibt:

“Hercules... gripped the head of Cacus between two stones with one knee, grasped him with great force with the left arm, and held him crouched under his legs in a tortured attitude; in this Cacus showed his suffering and the strain and weight of Hercules above him, bursting every smallest muscle in his whole body. In the same way Hercules, with his head bent downdown towardshis crushedenemy,grindingand gnashinghis teeth,raised his rightarmandgavehim anotherblow with his club,fiercelydashing his head to pieces.”71

Interessanter Weise hat wohl die Republik Florenz den Block gekauft, doch Papst

Leo X. vergab den Auftrag, sogar ohne das Modell Michelangelos zu sehen.72 Dieser

hatte sogar angeboten kostenlos zu arbeiten, wurde jedoch vom Papst zurück

gewiesen. Als der Block 1525 endlich nach Florenz gebracht wird kommt es beinahe

zum Scheitern des Projektes, denn als der Marmor vom Arno auf den Landweg

verladen wird fällt er ins Wasser und muss aufwändig geborgen werden. Die

Zeitgenossen spotteten schon, dass der Block versucht habe Selbstmord zu

begehen.73 Als Bandinelli endlich den Block zu Gesicht bekommt muss er feststellen,

dass die Maße des Blockes eine Umsetzung seiner Gruppe nicht ermöglichen und

muss dem Papst andere Modelle unterbreiten. Eines seiner Konzepte lässt sich

anhand der beiden Stuck Riesen in der Villa Madama in Rom ableiten, die dazu

gedient haben sollen die spätere Aufstellung auf dem Palazzo Vecchio

nachzustellen.74 Der rechte Koloss lässt sich heute zwar nur noch schlecht als

Herkules identifizieren, in einer Zeichnung von Martin van Heemskerck, aus seiner

Zeit in Rom ist dies jedoch noch möglich.75 Der Papst ist schnell mit einem Modell,

das fast identisch mit der ausgeführten Gruppe ist, zufrieden, so dass Bandinelli mit

der Arbeit beginnen kann. Nach dem “Sacco di Roma” 1527 und der damit

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68 Siehe Abbildung 18 69 Vgl. Myssok 1999, S. 23070 Siehe Abbildung 1971 Siehe Vasari-Milanesi,VI, I49.!The translationis from Pope Hennessy, High Renaissance, S. 363.72 Vgl. Bush 1980, S. 17873 Vgl. Ebd., S. 17574 Siehe Abbildung 20 und 2175 Siehe Abbildung 22

eingehenden Vertreibung der Medici verlässt auch Bandinelli Florenz. Zu diesem

Zeitpunkt hat er laut Vasari die Gruppe bereits bis zum Bauchnabel des Herkules

bossiert.76 In einer ähnlichen Situation wie 1501 soll nun Michelangelo die Arbeit für

die Republik vollenden und eine Gruppe nach seiner freien Wahl schaffen.77

Nachdem die Medici jedoch zurück kehren wird Bandinelli wieder eingesetzt und

vollendet das werk 1534, nach der offiziellen Enthüllung muss er jedoch noch die

Muskeln nachtiefen.78 Der Papst scheint mit dem Werk zufrieden zu sein, denn

Bandinelli erhält eine großzügige Entlohnung, welche unter anderen aus dem Haus

eines seiner Konkurrenten besteht, welches der Papst konfiszieren lässt.79 Die

Wechselhafte Geschichte ist voller Wendungen und zeigt deutlich das es sich bei dem

Kunstwerk nicht nur um ein solches handelt, sondern auch um ein politisches

Ausdrucksmittel. Wie im vorherigen Kapitel bereits erwähnt hatten die Medici

Herkules als Teil ihrer Ikonographie angenommen, Papst Leo X., welcher vor seiner

Ernennung 1513 Giovanni de`Medici gewesen war, stellt sich ebenfalls in diese

Tradition.80 Daher macht es für ihn Sinn, als erstes Kunstwerk eine so monumentale

Statur in Auftrag zu geben, welche ein klares Zeichen setzt und die Herrschaft der

Medici erneut in Florenz etabliert. Vor diesem Gesichtspunkt ist auch der Konflikt

um die Vergabe zu sehen.81 Virginia Busch schreibt dazu “The statue does embody an

aesthetic and political comfrontation with Michelangelo`s David”82 Dabei steht

Michelangelo für die Republik und Bandinelli, als treu den Medici ergebener, für den

Papst und seine Familie.83 Die Tatsache das Bandinelli den Konflikt zwischen

Herkules und Kakus als schon beendet zeigt ist dabei für den Papst vorteilhaft, da

somit den Florentinern gezeigt wird das sie schon besiegt sind. Das nicht agressive

Auftreten des Herkules, wird dadurch zur Milde die der Großmütige walten lassen

kann, somit der Papst gegenüber der Kommune von Florenz.84 Die enge

Verknüpfung des Papstes mit der Figur des Herkules scheint die Verknüpfung mit der

Republik Florenz stark angegriffen haben, was zum unter anderem daran gesehen

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76 Vgl. Myssok 1999, S. 23577 Vgl. Joannides 2003, S. 10878 Vgl. Myssok 1999, S. 238 und S.24279 Vgl. Bush 1980, S. 17580 Vgl. Van Hessert 1991, S. 7381 Vgl. Ebd., S. 8482 Siehe Bush 1980, S. 16483 Vgl. Myssok 1999, S. 23284 Vgl. Bush 1980, S. 179ff

werden kann, dass Michelangelo in der Zeit nach dem Sacco di Roma nicht etwa eine

Herkules Gruppe anfertigen, sondern Samson, das biblische Äquivalent zu Herkules,

im Kampf mit seinen Feinden darstellen wollte.85 Somit kann durchaus behauptet

werden, das Herkules nicht mehr für die Republik Florenz steht sondern nur noch für

das Haus der Medici.

1485 Vgl. Ebd., S. 176

5.FazitAnhand der drei verschiedenen Beispiel lässt sich eine klare Entwicklung absehen.

Herkules wurde schon früh in Florenz aufgegriffen und galt zunächst primär als

Verkörperung der Tugenden und insbesondere der “Fortitudo”. Zu dem christlichen

Kontext gesellte sich jedoch schon in der Protorenaissance eine weitere Ebene, der

Verbindung des Mythos mit der Stadt Florenz. Herkules mit seinem Kampf gegen

Tyrannen tritt an die Stelle der Stadt Florenz, die als Republik um ihre Freiheit

kämpfen muss. Die Darstellungen dieser Zeit sind teilweise noch in der

mittelalterlichen Tradition verankert andere übernehmen jedoch schon antike

Vorbilder. Ob die in der Literatur herangezogene vermeintlich antike Kleinbronze

jedoch auch Vorbild zu sehen ist mag ich nicht zu beurteilen, jedoch erscheint mir die

Argumentation schlüssig zu sein. In den Darstellungen im Palazzo Medici zeigt sich

ein beginnender Wandel. Die Rolle der Verdeutlichung der Tugenden scheint immer

noch wichtig zu sein, genau wie Herkules immer noch als Symbol für die Republik

Florenz steht, jedoch beginnen die Medici ihn für Ihre Familie zu beanspruchen. Dies

geht einher mit ihrem Machtzuwachs innerhalb der Republik. Im Letzen Teil dieser

Arbeit wurde deutlich, das die Entwicklung so weit geht, dass der Symbolgehalt für

die Republik fast gänzlich verloren geht und sogar gegen sie gerichtet wird. Von nun

an scheint Herkules alleine für die Repräsentanz der Familie Medici genutzt zu

werden. Der Herkulesmythos bietet somit eine universelle Anwendbarkeit und taucht

in vielen verschiedenen Darstellungsformen auf. Dabei muss nicht immer nur eine

Interpretationsweise Anwendung finden, da der Mythos eine vielschichtige Deutung

ermöglicht. Interessant ist, das die Forschung genau dies jedoch meist nicht zu

beachten scheint. Wie stark politisch aufgeladen die Darstellungen des Herkules sind

ist gerade in Bandinellis Herkules und Kakus klar geworden, dessen schlechter Ruf,

auch in der neueren Forschung, nicht zu letzt der politischen Situation, in welcher er

geschaffen wurde geschuldet ist. Schlussendlich ist zu sagen, dass die Behauptung

das Herkules omnipräsent im Stadtgefüge des Florenz der Neuzeit war sich bestätigt

hat. Kaum ein anderer Mythos ist so gut in das christliche und humanistische Gefüge

eingegliedert wie der des Herkules. Dies ist bis in die heutige Zeit nachwirkend,

während andere antike Mythen längst vergessen sind ist Herkules immer noch

geläufig.

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Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1Florentiner Kommunalsiegel auf Titelblatt von D. M. Mannis "Osservazioni istoriche"Bildnachweis: von Hessert, Marlis: Zum Bedeutungswandel der Herkules-Figur in Florenz, Köln, 1991, Abb. 1.

Abbildung 2Piero di Lamberti, Hercules-Fortitude, Detail der Dekoration, Porta della Mandorla, Florenz, um 1393-1434

Abbildung 3Saturn, Porta della Mandorla, Florenz, 1391 bis 1397

Abbildung 4Drei Taten des Herkules an der Porta della Mandorla, Florenz

Abbildung 5Nicola Pisanom Herkules Detail aus der Baptisteriums Kanzel, Pisa, 1260

Abbildung 6Antike Kleinbronze, Herkules, Florenz Muesum Nazionale

Abbildung 7Antonio Pollaiuolo, Herkules und Antaeus, 16 x 9 cm, Galleria degli Uffizi, Florenz, 1470?

Abbildung 8Antonio Pollaiuolo, Herkules und Hydra, 17 x 12 cm, Galleria degli Uffizi, Florenz, 1470?

Abbildung 9Antonio Pollaiuolo, Herkules und Antaeus, 45cm, Bargello, Florenz, 1490

Abbildung 10Antonio Pollaiuolo, Herkules und Antaeus, 45cm, Bargello, Florenz, 1490

Abbildung 11 Baccio Bandinelli, Herkules und Kakus, 496cm, Piazza della Signoria, Florenz, 1534

Abbildung 12 Baccio Bandinelli, Herkules und Kakus, 496cm, Piazza della Signoria, Florenz, 1534

Abbildung 13Laokoon-Gruppe, Rom, Vatikanische Sammlungen, um 50 BC

Abbildung 14Baccio Bandinelli, Laokoon Gruppe Kopie, Uffizien, Florenz, 1525

Abbildung 15 Donatello, Hl. Georg, 209cm, Florenz, Bargello, 1416/1417

Abbildung 16Bandinelli, St. Georg (Nach Donatelo), Uffizien, Florenz, Inventarnr.: 489F

Abbildung 17Michelangelo, Herkules und Cacus,Florenz, Casa Buonarroti, ca. 1506

Abbildung 18Vasari, Einzug Leo X Palazzo Vecchio, Florenz

Abbildung 19Bandinelli, Hercules und Cacus, Bode Museum, Berlin

Abbildung 20Bandinelli, Riesen, Villa Madama, Rom

Abbildung 21Palazzo Vecchio vom Piazza della Signoria aus, Florenz

Abbildung 22Martin van Heemskerck, Villa Madama, Detail aus dem Skizzenbuch I, f.24r, Staatliche Museum Preussischer Kulturbesitz Kupferstichkabinett, Berlin

Bibliographie

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Himmelmann 1985 Nikolaus Himmelmann, Nuditá ideale, in: Memoria dell`antico

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Krautheimer 1956 Richard Krautheimer, Lorenzo Ghiberti, Princeton, 1956

Müntz 1888 E. Müntz, Les collections des Médicis au XVe siècle, 1888

Myssok 1999 Johannes Myssok, Bildhauerische Konzeption und plastisches Modell

in der Renaissance, Münster, 1999

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Valentiner 1955 W.R. Valentiner, Bandinelli rival of Michelangelo, in: Art Quaterly,

XVIII, 1955, S. 241-263

Van Hessert 1991 Marlis van Hessert, Zum Bedeutungswandel der Herkulesfigur in

Florenz: von den Anfängen der Republik bis zum Prinzipat Cosimos I., Köln, 1991

Waldman 1994 Louis Waldman, “Miracol`novo et raro”: Two Unpublished

Contemporary Satires on Bandinelli`s Hercules, in: Mitteilungen des

Kunsthistorischen Institutes in Florenz, 38 Bd., 1994, S. 419- 427


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