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No. 28
Wandel durch Diskontinuität oder Stabilität?
Zum Wechsel institutioneller Verfahren in japanischen Unternehmen
Prof. Dr. Cornelia Storz Japan-Zentrum der Philipps-Universität Marburg
Marburg 2002
Verantwortlicher Herausgeber Japan-Zentrumder Philipps-Universität MarburgBiegenstr. 935037 MarburgTel.: +49 (0)6421 28 24627Fax: +49 (0)6421 28 28914Email: [email protected]
Autorin Cornelia StorzJapan-Zentrumder Philipps-Universität MarburgBiegenstr. 935037 MarburgTel.: +49 (0)6421 28 24627Fax: +49 (0)6421 28 28914Email: [email protected]
Verantwortliche Redakteurin Petra KienleJapan-Zentrumder Philipps-Universität MarburgBiegenstr. 935037 MarburgTel.: +49 (0)6421 28 24908Fax: +49 (0)6421 28 28914Email: [email protected]
ISBN 3-8185-0364-8
Wandel durch Diskontinuität oder Stabilität? Zum Wechselinstitutioneller Verfahren in japanischen Unternehmen ∗
Cornelia Storz
∗ Dieser Beitrag wird erscheinen in: ORDO (Jahrbuch für die Ordnung von Wirtschaft und
Gesellschaft), Band 53, 2002, Stuttgart: Lucius & Lucius.
Zusammenfassung
Unter dem Einfluß evolutionsbiologischer Entwicklungsmodelle, die die
Entwicklungsgeschichte der Menschheit in Schüben beschreibt, die erst durch Brüche
ermöglicht werden, gewann in den Wirtschaftswissenschaften ein Modell institutionellen
Wandels an Bedeutung, welches Brüche als für den Fortschritt unumgänglich ansieht. Diesem
Modell liegen zwei Überlegungen zugrunde. Erstens: Institutionen müssen dauerhaft angelegt
sein, um den Individuen Orientierung und Entlastung zu bieten – erzielt über die Stabilisatoren
Kultur, Investititionen, Unsicherheit und Interessen. Zweitens: Institutionen geraten aufgrund
ihrer Stabilität langfristig in ein Mißverhältnis zu ihrer Umwelt. Im Unterschied hierzu wird in
diesem Beitrag die These vertreten, daß nur durch die gegebenen Restriktionen des Erkennens
Akteuren zwar nicht alle Entscheidungsvarianten offenstehen, daß aber gerade durch diese
Entlastung die Suche nach neuen Lösungen ermöglicht wird – dann, wenn Institutionen die
Möglichkeit einer Anpassung durch Wettbewerb gewährt wird. Vor dem Hintergrund dieser
Überlegungen wurde die Wandlungsfähigkeit japanischer Unternehmen reflektiert:
Systemimmanent unterliegen diese erheblichen Restriktionen durch einen hohen Grad an
Unsicherheit, einer hohen Spezifität der getätigten Investitionen und verfestigten
Interessenstrukturen. Eine neue Perspektive erhält die Stabilität des Wandels unter der
Berücksichtigung einer spezifischen japanischen Kultur, innerhalb der die Unternehmen
agieren: Kulturen mit einer Präferenz für Langfristigkeit wie die japanische können neue
Handlungsspielräume und Freiheitsgrade entstehen lassen, indem sie dazu beitragen,
Gefangenendilemmata zu lösen und Lernen zu erleichtern. So können sie zu der Lösung eines
Problems beitragen, das Hayek als Hauptproblem moderner Wirtschaften identifizierte: Die
Anpassungsfähigkeit von Institutionen an eine veränderte Umwelt. Eine solche spezifische
kulturelle Prägung bietet ein nur schwer nachahmbares Potential. Dieses Potential kann
allerdings beschränkt werden: Durch sekundäre Stabilisatoren wie Unsicherheit, Investitionen
und Interessen, und durch die spezifische Auswirkung einer langfristig orientierten Kultur auf
die Gestaltung mitmenschlicher Beziehungen, da eine solche eine Präferenz persönlicher
Beziehungen bedingt, die eine Durchsetzung von Regeln sowohl auf politischer als auch auf
Unternehmensebene erschweren kann.
Summary
Under the influence of evolutionary models developed in the 1980s, which describe the
development of mankind as intermittent and in ruptures, a model of institutional change which
regards ruptures as essentially necessary for progress has gained in importance in economics.
Two considerations form the basis of this model. First, institutions need to have a long-term
dimension in order to offer orientation and relief to the individual. This is achieved by the
stabilizing elements of culture, investments, uncertainty and interest. Secondly, institutions
eventually become maladjusted to their environment in the long run because of this stability. In
contrast to this position, in this contribution a differing theory is postulated: Because cognitive
restrictions reduce the quantity of possible decisions, they encourage members of institutions to
open the door and search for new solutions. Institutions do not need radical change. Their
stability allows for gradual congruence with their environment - if they have the chance to adapt
to competition. It is within the framework of these considerations that the ability of Japanese
enterprises to change and adapt has been reflected. Due to their long-term orientation,
restrictions in terms of a high degree of uncertainty, specific investments and consolidated
interests are immanent to them. But another perspective can also be added: the specific qualities
of the Japanese culture in which their enterprises act. A culture which encourages long-term
contracts such as that of the Japanese can contribute to the solution of a problem which has been
identified by Hayek as the main problem of modern economies – the ability of institutions to
adapt to their environment. Enterprises may gain new leeway of action, since a long-term
oriented culture can reduce the prisoner’s dilemma and facilitate learning. A specific cultural
orientation offers a potential that is difficult to construct, and in this sense the Japanese culture
represents a comparative advantage of Japanese enterprises. This potential can, to be sure, be
reduced. Other stabilizing factors such as uncertainty, investments and interests, as well as the
impact on the formation of human relations induced by a culture oriented towards the long term,
the preference of certain personnel relations for example, make a more favourable orientation
towards abstract and general rules on the political as well as the enterprise level difficult.
1 Einführung .......................................................................................................3
2 Wandel durch Stabilität.....................................................................................4
2.1 Kultur: Kognitive Modelle, Emotionen, Präferenzen.............................5
2.2 Unsicherheit, Investitionen, Interessen .................................................8
2.3 Der Einfluß des räumlichen Kontextes – das Beispiel Japan .................11
3 Prozesse institutionellen Wandels – Die japanische Industrie- und
Arbeitsmarktorganisation als Anwendungsbeispiel...........................................18
3.1 Industrieorganisation...........................................................................18
3.2 Arbeitsmarktorganisation....................................................................21
4 Fazit: Wandel und Wandlungsfähigkeit von Institutionen ...............................27
Literatur ..................................................................................................................33
3
1 Einführung
Ein Großteil ökonomischer Beziehungen in Japan kann durch Langfristigkeit und kollektive
Entscheidungsmuster charakterisiert werden. Bis vor wenigen Jahren galt das relationale,
von westlichen Industrieländern abweichende Modell als Stärke Japans, da es im Unterschied
zum neoklassischen Modell Kooperationsvorteile bietet: Eine einfachere Erschließung neuer
Märkte durch unterbewertete Preise, niedrigere Kapitalkosten, eine größere Flexibilität, die
Vermeidung von Massenentlassungen - Potentiale, die in der politökonomischen Praxis
genutzt wurden.1 Der Tenor der Debatte hat sich heute radikal gewandelt: Unter den
veränderten globalen und technologischen Wettbewerbsbedingungen sei das japanische
Kooperationsmodell nicht mehr wettbewerbsfähig, da es auf die neuen Anforderungen –
Kostenbewußtsein, Schnelligkeit der Anpassung, hohe Innovationskraft – nicht angemessen
reagieren könne: Die Präferenz für Langfristigkeit und Gruppenentscheidungen behindere
eine günstige Beschaffungspolitik, reduziere schnelles Reaktionsvermögen und senke die
Innovationsfähigkeit. Kurzum, in einer dynamischen Welt sei das japanische Modell nicht
nur unterlegen, sondern auch unzureichend wandlungsfähig. Auf die Defizite haben
verschiedene Entwicklungen aufmerksam gemacht: So wurde in Japan kein venture–Boom
realisiert; digitale Verfahren und Internettechnologien spielen im Vergleich zu den USA eine
nachgeordnete Rolle; Japan hat an der new economy keinen bedeutenden Anteil gehabt. Die
Individualisierung des Lebensstils jüngerer Japaner steht im Widerspruch zu traditionellen
Systemelementen. Die fehlende Möglichkeit einer Schaffung von Führungspositionen im
Rahmen von in-house-Karrieren führt zu Motivationsverlusten bei jüngeren Arbeitnehmern.
Die Unternehmen selbst stehen seit der Einführung veränderter Bilanzierungsrichtlinien und
der Öffnung japanischer Kapitalmärkte unter hohem Rentabilitätsdruck.
Um wieder wettbewerbsfähig zu werden, wird Japan eine „kreative Zerstörung“ des bisherigen
Modells nahegelegt.2 Dahinter steht die Überzeugung, daß Diskontinuitäten, Brüche,
radikaler Wandel erforderlich sind, da sich Institutionen im Zeitverlauf in einem
Mißverhältnis, in einem unauflöslichen Spannungsverhältnis zu ihrer Umwelt befinden. Die
1 Vgl. zu diesen Argumenten auch Jackson (2000).
2 Auf japanisch sôzôteki hakai. Vgl. auch Rudi Dornbusch (1998): „Japan needs a vigorous marketeconomy; the old model is dead ... Like sclerotic Europe, Japan must now adopt the US model.“ (zit.nach Huchet, Dirks und Ribault 1999: 9).
4
vermeintliche Allgemeingültigkeit dieser Aussage soll zum Anlaß genommen werden, um
über eine ganz grundsätzliche Frage nachzudenken, nämlich: Wie wandeln sich
Institutionen? In Kapitel II werden Faktoren angeführt, die Wandel durch Stabilität
ermöglichen: Kultur (II.1) sowie Unsicherheit, Investitionen und Interessen (II.2). Die
Ausgestaltung dieser Stabilisatoren wird anschließend in bezug auf Japan untersucht (II.3), um
räumliche Varietäten institutionellen Wandels aufzuzeigen und diejenigen Stabilisatoren
institutionellen Wandels einzuführen, die für Japan relevant werden (III). Am Beispiel der
japanischen Industrie- und Arbeitsmarktorganisation nämlich soll gezeigt werden, wie sich
Prozesse des institutionellen Wandels ereignen und wie tragfähig das hier postulierte Modell
des Wandels ist (III.1, III.2). In einem abschließenden Fazit werden die theoretischen und
anwendungsbezogenen Erkenntnisse zusammengeführt (IV).
2 Wandel durch Stabilität
„Brüche sind für den Fortschritt notwendig“ - dieser These liegen zwei Überlegungen
zugrunde: Erstens müssen Institutionen dauerhaft angelegt sein, um Handlungsorientierung
zu bieten. Die Dauerhaftigkeit von Institutionen wird durch die Existenz von Stabilisatoren
ermöglicht, die Institutionenmitglieder daran hindern, bei jeder veränderten Kosten-
Nutzenkalkulation bestehende Institutionen in Frage zu stellen und neue Institutionen zu
schaffen. Zweitens können Institutionen in ein Mißverhältnis zu ihrer Umwelt geraten, da
die Stabilisatoren eine unzureichende Wandlungsfähigkeit bedingen. Daher sind, um
Institutionen an veränderte Umweltbedingungen anzupassen, Brüche unvermeidlich. Wandel
ist mithin zwangsläufig von Diskontinuitäten geprägt. Dieses Transformationsmodell geht
auf die Erkenntnis zurück, nach der sich die evolutionsbiologische Entwicklung in Schüben
und Brüchen vollzogen hat: Lange Phasen der Stagnation werden von der plötzlichen
Erscheinung neuer Phänomene abgelöst (Gowdy 1992, 4; siehe auch Eggertson 1997). Diese
Vorstellung, die seit den 80er Jahren die Auffassung vom Wandel und Fortschritt in den
Sozialwissenschaften wesentlich beeinflußt hat, besitzt eine hohe intuitive Plausibilität, da
sich zahlreiche historische Ereignisse (z.B. Revolutionen) mit ihm abbilden lassen. Die
Problematik dieses Modells liegt darin, daß insbesondere in der praktischen Anwendung
Stabilisatoren ausschließlich als Restriktionen betrachtet werden, die durch diese
umzeichneten Möglichkeitsfelder aber unzureichend erkannt werden. Daher wird hier eine
alternative Argumentation entwickelt: Es gilt nicht „Stagnation und Stauung durch
Stabilität“, sondern „Dynamik und Kreativität durch Stabilität“. Im ersten Gedankenschritt
folgt diese These mithin dem etablierten Modell: Stabilität als Voraussetzung für die
Glaubwürdigkeit und Funktionalität von Institutionen. Die neuere Literatur hat eine Reihe
5
von Argumenten entwickelt, um zu zeigen, daß Institutionen stabil sind. Die Diversität der
Argumente kann hier nicht wiedergegeben werden, so daß nachfolgend als besonders relevant
eingeschätzte Faktoren ausgewählt und diskutiert werden. Das Hauptaugenmerk der
Ausführungen richtet sich auf den Primärstabilisator Kultur (II.1). Die nachgeordneten,
sekundären Stabilisatoren werden eingeführt, um die Diversität stabilisierender Faktoren und
potentielle Spannungsverhältnisse zwischen den Stabilisatoren zu illustrieren (II.2).
2.1 Kultur: Kognitive Modelle, Emotionen, Präferenzen
Neuere Untersuchungen zum institutionellen Wandel greifen auf den stabilisierenden Faktor
Kultur zurück, ohne ihn begrifflich zu fixieren. Dies spiegelt sich in der nur vermeintlich
klaren, inhaltlich einer Konkretisierung entbehrenden Umschreibung als Ideologie, mentales
Modell, Sozialkapital, informelle Institution, kulturelles Erbe oder Denkstil wider. Es
erscheint daher geboten, sich erst der offenen Frage – „Was ist Kultur?“ – zu widmen, um
anschließend zu fragen, wie sich Kultur auf ökonomische Prozesse auswirkt. Herrmann-
Pillath (1993) unterscheidet kognitive Modelle, Emotionen und Präferenzen. Kognitive
Modelle sind grundlegende, konstante Denk- und Orientierungsmuster auf subjektiver Ebene,
die durch Sozialisation kollektiv eingeübt werden. Als solche beeinflussen sie Emotionen und
Präferenzen, die mithin als nachgeordnet zu betrachten sind. Kognitive Modelle sind „Denk-
“ oder „Wahrnehmungsfilter“, die dazu führen, daß sich in Gruppen ähnliche Präferenzen
und Emotionen finden.3 Kultur kann damit empirisch erfaßt werden, nämlich über
„Emotionen“ und „Präferenzen“ .4,5
Eine solche Zuordnung soll im folgenden nicht als fixe Eigenschaft verstanden werden, denn
eine Verhaltensannahme rational handelnder Individuen setzt voraus, daß diese ihre eigene
Kultur kritisch reflektieren, ihre Kultur also als nur eine von vielen möglichen erkennen,
3 Herrmann-Pillath (1993: 95) spricht von „informal constraints“. Er differenziert diese in Emotionenund Präferenzen, die entweder subjektiv oder kollektiv verankert sind, oder aber lediglich öffentlichdargestellt werden. Als eine solche öffentlich gezeigte, aber nicht unbedingt individuell odergesellschaftlich verankerte Präferenz seien die sogenannten „asiatischen Werte“ angeführt, die bewußtinszeniert wurden, um einen Gegenentwurf zu den Wertevorstellungen westlicher Demokratien zuerzeugen (vgl. Storz erscheint 2002a).
4 Zu den nachfolgenden Ausführungen siehe Storz (erscheint 2002a).
5 Hingewiesen sei auf die bisher nicht gelösten Schwierigkeiten der Werte- und Einstellungsforschung,von denen nur eine genannt werden soll: Wertvorstellungen müssen sich nicht in Handlungenniederschlagen, so daß Werte nicht zwangsläufig handlungsrelevant werden müssen.
6
und mithin in der Lage sind, neue Verhaltensstrategien zu entwerfen und anzuwenden. Wenn
der erwartete Nutzen der (alten) Kultur kleiner als der erwartete einer neuen ist, ist mit dem
Versuch zu rechnen, neue Elemente von Kultur (veränderte Verhaltensregeln oder Werte) in
die Gruppe einzuführen. Kommt es zu Austritten aus der Gruppe, können neue Kulturen
(„Gegenkulturen“) entstehen, die sich dann im Zeitverlauf durchsetzen können. Ähnliches
gilt für die Veränderung alter und für die Einführung neuer Regeln in einer Gruppe: Entweder
wird der Sinnhorizont alter Regeln neu verhandelt oder es werden neue Regeln eingeführt;
dies wird immer dann geschehen, wenn aus subjektiver Perspektive die Kosten der zu
lernenden Regel geringer sind als der erwartete Nutzen, und wenn Abweichungen von der
Kultur nicht verfolgt bzw. die Kosten der Verfolgung geringer als der Nutzen bewertet
werden. In dieser Perspektive wird Kultur akzeptiert, weil sie von den Individuen intendiert
wird; Individuen gehen deswegen mit Kultur konform, weil sie an dem Gestaltungsprozeß
teilnehmen können und von der Sinngebung ihrer Kultur überzeugt sind. Kultur kann daher
keine unverwechselbare Einheit sein und kein dauerhaftes Ganzes. Die Offenheit des
Prozesses und die individuelle Möglichkeit der Mitgestaltung grenzen diese Definition von
der herkömmlichen Definition ab, die wie Hofstede (1991: 4) Kultur als „mental
programming“ verstehen. Kultur ist damit wandlungsfähig und deswegen zustimmungsfähig:
Zu einem gegebenen Zeitpunkt t2 bestehen Regeln, die zu einem früheren Zeitpunkt t1
ausgehandelt wurden, sowie Regeln, die zu diesem Zeitpunkt t2 entweder re-formuliert oder
neu entwickelt werden können.6,7
Damit die oben ausgeführten Überlegungen aber richtig sind, bedürfen sie einer wesentlichen
Einschränkung: Daß Kultur wandelbar ist, bedeutet ja nicht, daß sie beliebig wandelbar ist.
Nur die der Kultur inhärente Stabilität ermöglicht es, daß Kultur die Funktionen der
Erwartbarkeit und Sinngebung erfüllen kann. Schlicht (1993) mißt der Kultur8 für
6 Hutchison (1984: 26-28) betont ebenfalls die Vielzahl menschlicher Entscheidungsmöglichkeiten und-fähigkeiten, die nur unter Annahme eines nicht endgültigen Kulturbegriffs möglich sind.
7 Auch in der neueren Literatur wird die Frage der Wandlungsfähigkeit von Kultur (als „fundamentale“oder „informelle Institution“ bezeichnet) oft aus der Betrachtung ausgespart. Somit werdenweitgehend fixe Präferenzen unterstellt (Dietl 1993: 67-89; Eggertsson 1998: 347-353; North 1992).Möglicherweise ist dieses Menschenbild nicht überraschend, da es implizit auf das neoklassischeMenschenbild rekurriert, das eben nicht mehrere Entscheidungsmöglichkeiten offenläßt, sondernmenschliches Verhalten letztlich determiniert sieht. Ausgenommen hiervon sind Versuche, derDynamik von Kultur durch Modellvariationen Rechnung zu tragen, etwa in jüngerenordnungsökonomischen Ansätzen.
8 Von ihm bezeichnet als custom.
7
ökonomische Austauschbeziehungen eine zentrale Funktion bei, da sie Ansprüche und
Erwartbarkeiten schafft. Dafür aber ist eine Stabilität von Kultur Voraussetzung. Sie wird
dadurch ermöglicht, daß der „Rucksack“ dieses kulturellen Erbes nur langsam veränderbar ist:
Kultur wird durch langjährige Sozialisation erlernt, so daß jeder Wandel von vielfältigen
Transaktionskosten begleitet wird. Internalisierte Regelmäßigkeiten müssen als internalisiert
erkannt, abgelegt und durch neu zu definierende und neu zu erlernende Regelmäßigkeiten
ersetzt werden. Lernkosten fallen daher in den Dimensionen Wissenserschließung und -
aneignung an. Die Beharrungstendenz von Kultur wird verstärkt durch den Umstand, daß die
Höhe dieser Kosten ex ante nicht bekannt ist und Akteure grundsätzlich dazu neigen dürften,
Unsicherheit zu vermeiden (vgl. Fußnote 14). Die Rigidität von Verhaltensregeln, die damit
definierten einhergehenden Ansprüche an den Transaktionspartner und die mit einer
Einführung neuer Regeln einhergehenden Lernkosten erklären die Bestandsfestigkeit von
Kultur und daher jeder gruppenbezogenen distinctiveness .9 Im Ergebnis gibt es kulturelle
Dispositionen, die durchaus nicht effizienzsteigernd sind, sondern eine Adaption an
veränderte Umweltbedingungen erschweren (vgl. III). Damit wird Kultur aus der
Vergangenheit gelernt, ist insofern ein historisches Erbe und besetzt als solches immer eine
gegenwärtige Realität. Zukunftsgerichtete Entscheidungen entspringen mithin immer einer
kultur- und kontextgebundenen Rationalität.10,11 Es werden daher nicht beliebig neue
Kulturen durch die Gründung von Sub- oder Gegenkulturen geschaffen, sondern im Sinne
einer Wahrung der Orientierungsfunktion wandeln sich bestehende Kulturen nur langsam.
Werden kulturelle Eigenschaften bspw. über Werte- und Einstellungsbefragungen erfaßt, wie
dies nachfolgend in II.3 erfolgt, so ist immer zu berücksichtigen, daß diese Präferenzen im
9 So von Dore (1997) für Japan postuliert. Vgl. auch Befu und Kreiner (1992), die in dem Buch„Othernesses of Japan“ der Frage nachgehen, warum Japan immer wieder als andersartig beschriebenwurde.
10 Zur Illustration: Jeder Idee einer „richtigen“ Unternehmensführung liegt eine normative, werthaltigeVorentscheidung zugrunde. So kann das Gewinnprinzip der älteren neoklassischen Ökonomie auchmit seiner Verankerung in religiösen Tiefenstrukturen erklärt werden, nämlich einer calvinistischenPrädestinationslehre, nach der wirtschaftlicher Erfolg an sich moralisch gut ist (vgl. Weber 1988).
11 Die Beständigkeit von Kultur ergibt sich weiter aus der Überlegung heraus, daß Kultur sozialeIdentitäten schafft und dadurch dem Einzelnen Sinn und Orientierung bietet. Die Vermutung, daßKultur nur langsam wandelbar ist, wird zudem durch die Erkenntnisse der Konsistenztheorieunterstützt, die davon ausgeht, daß Individuen Sicherheit anstreben und Orientierungslosigkeit zumeiden versuchen. Vgl. dazu die klassischen Beiträge von Festinger und Carlsmith (1959), Heider(1944) oder Rosenberg (1960).
8
Wandel begriffen sein können oder je nach Kontext eine unterschiedliche Wirkung
entfalten können.
Eine weitere Einschränkung muß bei der Erfassung kultureller Werte und Einstellungen
eingefügt werden, denn die identifizierten Eigenschaften existieren nicht für sich, sondern
werden in Anlehnung an neueres erkenntnistheoretisches Verständnis als Realität
konstruiert, und zwar nicht nur durch die Teilnehmenden, sondern auch durch den
Beobachter der Kultur, so daß beide Kulturschaffende sind.12 Für ein kulturelles Ereignis gibt
es daher verschiedene Wahrnehmungen. Pollack (1986) zeigt beispielsweise anschaulich, daß
Japaner die chinesische Kultur gänzlich anders wahrnehmen als Chinesen selber. Kultur kann
also nicht die Einmaligkeit des anderen meinen (Baecker 2000: 12), auch wenn dies immer
wieder postuliert wird, und ein Grund ist, warum Japan oder China in den westlichen
Industrieländern gerne als ferner Osten bezeichnet werden. Der erkenntnistheoretische Wert
des Beobachterbegriffes ist als außerordentlich anzusetzen. Es macht einen Unterschied, ob
aus der Vogelperspektive heraus Kulturen beobachtet werden oder aus einer horizontalen
Betrachtungsweise: Dinge, die „von oben“ aus ähnlich wirken, können aus der unmittelbaren
Beobachterperspektive unterschiedlich gestaltet sein und eine aus der Vogelperspektive
nicht nachvollziehbare Wirkung entfalten.
Mit den angeführten Einschränkungen erscheint es als legitim, kulturelle Eigenschaften zu
definieren. Die Definition kultureller Dispositionen soll beispielhaft für Japan in Abschnitt
II.3 erfolgen.
2.2 Unsicherheit, Investitionen, Interessen
Unsicherheit, Investitionen und Interessen sind weitere Stabilisatoren, durch die
institutionelle Brüche vermieden werden.13 Sie werden nachfolgend als
Sekundärstabilisatoren bezeichnet, da, wie oben gezeigt wurde, Kultur zwei Eigenschaften
besitzt, die ihr eine vorrangige Position verschafft: Kultur prägt die Wahrnehmung der
12 Zur Konstruktion von Kultur durch den Beobachter siehe auch Herrmann-Pillath (2000).
13 Genschel (1996) erläutert am Beispiel des europäischen Telekommunikationssektors, wie trotzRestriktionen institutioneller Wandel möglich ist. Nicht berücksichtigt werden von ihm kulturelle
9
Realität, in der die Akteure leben, und Kultur ist langfristig angelegt und nur langfristig
veränderbar. Diese Sekundärstabilisatoren sind aber von Relevanz für die Gestaltung und
Gestaltbarkeit institutionellen Wandels, denn sie wirken zurück auf die Potentiale von
Kultur: So dürften beispielsweise eine hohe Unsicherheit oder aber die Festschreibung von
Interessen durch institutionell Begünstigte auch wandlungsfördernde Kulturen in ihrer
Wandlungsfähigkeit entscheidend behindern.
Zu den Stabilisatoren im einzelnen; zunächst zum Stabilisator Unsicherheit: Das Wissen
bezüglich der eigenen Handlungsmöglichkeiten kann wie folgt klassifiziert werden. Wissen
kann (1) vollständig und bestimmt, (2) unvollständig und bestimmt, (3) vollständig und
unbestimmt, sowie (4) unvollständig und unbestimmt sein. In der Realität ist letztgenannte
Variante die häufigste: Zwar wissen die Akteure, daß Handlungsalternativen existieren, aber
ihnen ist weder die Existenz aller Alternativen noch deren Ausgestaltung, noch deren
Konsequenzen hinreichend bekannt. Entscheidungen werden daher in Unsicherheit gefällt.
Geht man davon aus, daß Menschen dazu neigen, Unsicherheit zu vermeiden14, dann
tendieren sie dazu, die sichere Lösung der unsicheren Lösung vorzuziehen, denn sowohl die
Höhe der neu anfallenden fixen Kosten für die Schaffung neuer institutioneller Verfahren als
auch die variablen Kosten für das Erlernen dieser bleiben unbekannt. Im Ergebnis wird an
bestehenden Institutionen festgehalten (Heiner 1983; Wessling 1991: 37-40).
Das gleiche gilt für Investitionen: Individuen investieren in „ihre“ Institution: Sie müssen
deren Regeln wie Sprachspiele, Codes, Routinen, Konventionen oder Vereinbarungen
einüben. Dies verursacht Kosten. Diese Kosten sind spezifisch und versunken, da das
spezifische Wissen nicht ohne weiteres auf andere Institutionen übertragen werden kann, da
in anderen Institutionen andere Sprachspiele, andere Codes, andere Routinen, andere
Konventionen, andere Vereinbarungen gelten. Je länger eine Institution besteht und je
erfolgreicher sie war, desto höher sind die versunkenen Investitionen. Auf Basis dieser fixen
Kosten können Grenzkosten günstig hinzugefügt werden. Mit einer neuen Institution
entstehen sowohl neue fixe als auch neue variable Kosten. Individuen stehen damit immer
vor der Frage, ob sich diese Investitionen lohnen. Denn selbst wenn die Erträge bestehender
Institutionen sinken, können sie hingenommen werden, nämlich dann, wenn erwartet wird,
Dispositionen, die sich aber, wie zu zeigen sein wird, auf die Wandlungsfähigkeit von Institutionenerheblich auswirken können.
10
daß die Erträge der bestehenden Institution immer noch höher sind als der Erwartungswert
der neuen Institution (vgl. auch Lanzara 1998: 5-20).
Schließlich zu den politischen Interessen: Die Allokationswirkung von Institutionen ist nicht
für alle Mitglieder gleich. Einige Mitglieder werden von der bestehenden Institution
begünstigt. Es ist anzunehmen, daß sich die Begünstigten (wenngleich auch keinesfalls
ausschließlich) gegen eine Veränderung der Verteilungsstrukturen stellen werden. Sollten die
Begünstigten einer neuen Institution zustimmen, kostet dies etwas, denn die bisher
Begünstigten müssen entschädigt werden. Selbst in dem Fall, in dem alle gemeinsam eine
neue Lösung anstreben, stehen die Akteure vor dem Problem einer „collective action“, dem
aus der Spieltheorie bekannten Problem, daß zwar eine neue Institution für alle Beteiligten
wohlfahrtssteigernd wäre, es aus individueller Sicht aber vorteilhafter ist, sich an bestehende
Institutionen zu halten. Die neue Institution wird nicht durchgesetzt (Genschel 1996;
Lanzara 1998).15
Unsicherheit, Investitionen und Interessen sind nicht für sich existent, sondern werden
durch die Wahrnehmung des Beobachters konstruiert: Unterschiedliche kognitive Modelle
prägen die Wahrnehmung des Grades an Unsicherheit, der Höhe der versunkenen
Investitionen, der Intensität unterschiedlicher Interessen. So wird eine Kultur mit einer
kollektiven Bereitschaft zur Übernahme von Risiko oder mit einem hohen Glauben an
Machbarkeit in Fragen der Absicherung von Existenzgründern oder der Gestaltbarkeit von
Gentechnologien andere Positionen beziehen als eine Kultur, die risikoavers ist oder die
Gestaltbarkeit von Realität in Frage stellt, da beide Unsicherheiten, Investitionen und
Interessen verschieden bewerten. Ebenso kann die jeweilige zeitliche Präferenz den Grad der
Wandlungsfähigkeit von Institutionen beeinflussen, da in Abhängigkeit von dieser Präferenz
das Problem des Gefangenendilemmas unterschiedliches Gewicht besitzt. Die kulturelle
Prägung der Wahrnehmung dieser Stabilisatoren ist daher ein gewichtiger Faktor, der Kultur
14 Die Annahme einer Stabilisierung formeller und informeller Institutionen durch Unsicherheit geht vonrisikoaversen „Heiner-Akteuren“ aus. Siehe hierzu Priddat (1994: 6), der risikoaverse „Heiner-Akteure“von risikofreudigen „Lachmann-Akteuren“ unterscheidet.
15 Unsicherheit, Investitionen und Interessen wirken nicht nur auf formale, sondern auch auf informelleInstitutionen zurück: Ein spezifisches Interesse an einer bestimmten Unternehmenskultur wird dazuführen, daß Unternehmen ihre Mitarbeiter von dieser Kultur zu überzeugen versuchen (vgl. III).
11
einen erheblichen Einfluß auf die Dynamik und Richtung des Wandels zukommen lassen
kann.16
2.3 Der Einfluß des räumlichen Kontextes – das Beispiel Japan
Die genannten Stabilisatoren finden sich in jeder Kultur. Das bedeutet aber auch, daß ihre
konkrete Ausgestaltung kulturspezifisch ist. Wie sieht es damit in Japan aus? Was bedeutet
dies für Wandlungsprozesse in Japan?
Oben wurde formuliert, daß Kulturen existieren. Nun wird formuliert, daß eine japanische
Kultur existiert, also eine räumliche, sogar national geprägte Kultur. Dies ist
erklärungsbedürftig, zumal besonders nationale Kulturen in Gefahr stehen, vereinfacht,
instrumentalisiert und popularisiert zu werden.
Eine räumliche Kultur ist eine von möglichen Gruppenbildungen. Kulturen können in
unterschiedlichen (und sich überschneidenden) Dimensionen gebildet werden, nämlich in
räumlichen, funktionalen und zeitlichen. Räumliche Kulturen wiederum können differenziert
werden in lokale, nationale oder globale Kulturen, funktionale Kulturen in Unternehmens-,
Branchen-17 oder Berufskulturen. Räumlichen und funktionalen Kulturen ist ganz allgemein
gemeinsam, daß die kulturbedingten interpersonalen Verknüpfungen horizontal angelegt
sind. Auch in der zeitlichen Dimension existieren Kulturen: So können sich Angehörige
einer Religion, in denen die Verehrung der Vorfahren eine wichtige Rolle spielt, mit den
Verstorbenen gemeinsam als eine religiöse Gruppe begreifen. Ähnliches dürfte für Firmen
gelten, die den Unternehmensgründer als Schöpfer verhaltensleitender Hausordnungen ehren
und ihn in ihr Selbstverständnis einbeziehen.
Unter den genannten Kulturen zählen räumliche Kulturen insbesondere im Vergleich zu
funktionalen Kulturen hinsichtlich ihres Sanktionspotentials zu den schwächeren
Gruppierungen. Dennoch gibt es sie: Gemeinsame Geschichte, die Diskussion über die
Gültigkeit gemeinsamer Emotionen und Präferenzen, wie sie sich in Wertvorstellungen,
Traditionen oder Symbolen ausdrücken, schaffen die Vorstellung einer nationalen,
16 Die Betonung liegt auf „kann“: Sekundärstabilisatoren können als Gegenkräfte zu den Kräften wirken,die einer Kultur inhärent sind.
17 Zu den Charakteristika von Industrien siehe Hollingsworth und Streeck (1994) oder Hollingsworth,Schmitter und Streeck (1994).
12
kulturellen Identität.18 Dies belegen Studien zu Japan und den USA. Für Japan haben
wirtschaftshistorische Forschungen die Verbindlichkeit expliziter Leitkulturen in Form von
Slogans aufgezeigt. Durch das gemeinsam in der Industrialisierung postulierte nationale Ziel
eines in Slogans niedergelegten „Wirtschaftswachstums“ wurde eine Schicksalsgemeinschaft
entworfen, indem der Einzelne auf Motive wie Gemeinschaftssinn, Loyalität und
Patriotismus verpflichtet wurde und nicht, wie in Europa, individuelle Naturrechte
zugeschrieben erhielt. In der Nachkriegszeit scheinen in Japan Wirtschaftspläne und
Visionen ähnlich gewirkt zu haben (Pauer 1995: 7). Auch implizite Leitkulturen lassen sich
für Japan nachweisen: Hirschmeier (1964) hat gezeigt, daß die Gründung kapitalintensiver
Unternehmungen in der Industrialisierung Japans durch ehemalige Kriegsadlige (samurai)
eben nicht auf Gewinnstreben, sondern auf kulturelle Wertvorstellungen zurückzuführen
ist.19 Für die USA liegen mit den verhaltensbindenden Zielvorstellungen „Leistung“,
„Freiheit“ und „Gerechtigkeit“ ähnliche Ergebnisse vor (Bellah et. al. 1992). Nationale
Kulturen werden mithin auch in modernen Industriegesellschaften konstruiert. Zwar bleiben
nationale Kulturen, da auf einem hohen Abstraktionsniveau aggregiert, diffus, und gestatten
eher abweichendes Verhalten, aber gerade durch diese Verschwommenheit ist eine
Anschlußfähigkeit durch individuelle Deutungsmöglichkeiten gegeben. Der
Kompromißcharakter von Kultur tritt daher bei einer nationalen Kultur, die sich über
größere geographische Einheiten erstreckt, sehr viel deutlicher als bei kleineren oder
funktionalen Gruppen zutage.
Die ergiebigste Studie, die auf die aufgeworfene Frage einer spezifisch japanischen Kultur
eine Antwort zu geben versucht, ist eine auf dem Konzept der Austauschtheorie20 beruhende
18 Zur Existenz räumlicher Kulturen vgl. ausführlicher Storz (erscheint 2002a).
19 Dies gilt bekannterweise grundsätzlich auch für Europa, wenngleich auch aus einer unterschiedlichenkulturell-religiösen Prägung heraus.
20 Die Austauschtheorie geht von einer Nutzenmaximierung der Individuen bei einem Austausch vonRessourcen (Einkommen, Macht, Prestige, Information) in sozialen Interaktionen aus. Individuenwählen dasjenige Verhaltensmodell, durch das sie ihren Nutzen (Liebe, Status, Information, Geldu.a.) maximieren und ihre Kosten (Ärger, Zeitaufwand, Anstrengung, Unsicherheit) minimieren. Dasoziale Interaktionen keine isolierten Aktionen sind, sondern sich in zeitlichen und räumlichenKontinuitäten abspielen, bilden Individuen Erwartungen bezüglich wahrscheinlicher Konsequenzen.Die Parallelität zum konventionellen ökonomischen Menschenbild dürfte erklären, warum dieAustauschtheorie in der ökonomischen Literatur besonders rezipiert wurde. Damit muß sich dieAustauschtheorie aber auch mit der an ökonomischen Verhaltensannahmen geübten Kritikauseinandersetzen, nämlich der Annahme eines mechanistischen, behaviouristischen Menschenbildes,dessen Verhalten aus primär einer Motivation, nämlich der des Eigeninteresses zu erklären ist, das,
13
Untersuchung von Harumi Befu (1989).21 Befu untersucht für Japan empirisch den
Zusammenhang zwischen verschiedenen Handlungsformen – Geschenke, Bürgschaften,
Einladungen, finanzielle Hilfen – und dem Wert, der dieser Handlung zugemessen wird: Hat
die Handlung für den Handelnden eine emotionale oder eine zweckorientierte Bedeutung?
Welchen Personen wird mit Emotionalität begegnet? Das Ergebnis ist: In Japan differenziert
man weniger zwischen Handlungen, die instrumentell, und Handlungen, die emotional sind.
Dies bedeutet natürlich nicht, daß in Japan Emotionen nicht (auch) zweckgebunden sind,
aber im Unterschied zu den USA wird dem Adressaten der Handlung gleichermaßen
instrumentell und emotional begegnet. Instrumentelle Beziehungen werden im allgemeinen
von einem hohen Grad an Emotionalität begleitet.22 Im Ergebnis liegt eine umfassende
einem naturhaften Trieb gleich, auf Belohnung und Strafe reagiert. Derartige Reziprozitätsthesenkönnen menschliche Beziehungen aber nur zum Teil erklären, wie der hypothetische Fall einer Anti-Schuld-Tablette, die Elster (1998) ins Gespräch bringt, illustrativ zeigt: Sollte es sie geben, so müßtesie dazu führen, daß man eine strafbare Tat durchführte, wenn man dieselbe vorher einnähme. Dieserscheint als wenig wahrscheinlich. In der Realität lassen sich andere Determinanten menschlicherHandlungen anhand des Wählerverhaltens demonstrieren, das als irrational erscheint, da der Aufwanddes Wählens in keinem unmittelbaren Bezug zu der abgegebenen Stimme steht, da diese alsEinzelstimme kein Gewicht besitzt und Entscheidungen nicht beeinflussen kann. Obige Ausführungensollen nicht das Eigeninteresse der Akteure leugnen – dann wäre die Austauschtheorie kein geeignetesKonstrukt –, aber man muß akzeptieren, daß es auch andere Antriebskräfte menschlichen Verhaltensgibt, so Fairneß, Streben nach Gerechtigkeit, soziale Werte, Vermeidung von Dissonanzen.
21 Die Studie von Befu mit ihren Rückschlüssen auf spezifische japanische und US-amerikanischeVerhaltensdispositionen wurde in Deutschland von Pascha und Haaf (1994) eingeführt. Die von Befu(1989) zitierte Studie geht auf ältere Primärerhebungen (1970) zurück.
22 Auf japanisch: shinmitsu (emotional); bengido (instrumentell, zweckgebunden). DieAustauschbeziehung sollte in Bezug auf Personen in unterschiedlichen hierarchischen Positionen undunterschiedlichen sozialen Beziehungen (Geschäftspartner, Freund u.a.) gedacht werden. Insbesonderezwei konkrete Ergebnisse der Studie legen die genannte Schlußfolgerung nahe. Erstens konnte einepositive nichtlineare Korrelation zwischen dem beigemessenen emotionalen und instrumentellen Wertfestgestellt werden. Bei Mittelwerten für Emotionalität und Instrumentalität, die einzelnenHandlungen beigemessen wurden und die sich im oberen Bereich befanden, lag der durchschnittlicheemotionale Wert deutlich über dem instrumentellen. Mit der Bedeutung, die einerAustauschbeziehung zugemessen wird, steigt also die relative Disparität zwischen emotionalen undinstrumentellen Werten. Untersuchungen in den USA kommen, wenn auch teilweise mit Hilfe andererKategorien durchgeführt, zu anderen Ergebnissen, nämlich zu einer Negativkorrelation. Nach Foa (zit.nach Befu 1989: 48) werden unterschiedliche Ressourcen (Liebe, Geld, materielle Güter u.a.)bevorzugt dann ausgetauscht, wenn sie eine gewisse Ähnlichkeit aufweisen. Zweitens wurden dieBefragten darum gebeten, sich einzelne Individuen zu denken und anzugeben, in welchem Umfangdiesen gegenüber Emotionen gehegt würden, und das Ausmaß, in welchem Maße der Befragte vondiesen Nutzen ziehe (instrumenteller Wert). Auch hier zeigte sich eine positive Korrelation zwischenInstrumentalität und Emotionalität. Derjenige also, von dem man einen Nutzen für etwas erwartet, istgleichzeitig jemand, dem man emotional gegenüber tritt (Befu 1989: 46-49).
14
gegenseitige Verpflichtung vor.23 Dies ist ein kulturelles japanisches Spezifikum: In den USA
werden diese Dimensionen getrennt gedacht; Deutschland dürfte sich in einem Mittelfeld
bewegen.24
Von Bedeutung in dem hier zu untersuchenden Zusammenhang ist, daß sich die Art des
Austausches auf die Fristigkeit der Beziehungen auswirkt: Instrumentelle Beziehungen, so ist
zu vermuten, sind auf Kurzfristigkeit angelegt. Für ein Gut A wird in einem absehbaren
Zeithorizont ein Gut B verlangt. Im Unterschied dazu sind gleichzeitig instrumentell und
emotional strukturierte Beziehungen auf Langfristigkeit angelegt, da der Austauschmodus bei
Beziehungen, die zwischen Instrumentalität und Emotionalität nicht unterscheiden, sehr viel
komplexer ist. Mithin ist ein Ausgleich nur langfristig zu erzielen. Adressaten einer
Handlung, denen instrumentell und emotional begegnet wird, sind naturgemäß als langfristige
Transaktionspartner gedacht. Komplexe Austauschmodi führen so zu einer Präferenz für
Langfristigkeit, um die Beziehung ausgleichen zu können (Befu 1989).
Eine weitere Präferenz wird für Japan identifiziert, nämlich die der Gruppenorientierung. Es
ist zu vermuten, daß die Zurechnungseinheit des Einzelnen in Japan im Vergleich zu
westlichen Industrieländern eher das Kollektiv ist. Das Gegenteil einer Abhängigkeit von
einer Gruppe ist nicht etwa Freiheit, sondern die „Vorstellung von Einsamkeit“ (Pörtner
1993: 5).25 Dies schließt nicht aus, daß Individualität positiv konnotiert ist26, aber die
gegenseitige Verantwortungsübernahme erfolgt über Gruppen (Pörtner 1993) – ein Grund,
warum der internationale Standard ISO 9000, der Kriterien für ein
23 Der Trend zu einer stark ausgeprägten Verpflichtung auf Gegenseitigkeit läßt sich im übrigen auspsychologischer Sicht mit Hilfe eines spezifischen Krankheitsbildes bestätigen, für das ein eigenerjapanischer Terminus geprägt wurde, das der Anthropophobie, die „Angst vor anderen“ (taijinkyôfushô) (Pörtner 1993: 9).
24 Die Präferenz für Langfristigkeit und kollektive Entscheidungen findet sich zwar auch in Deutschland;so werden in beiden Länder korporatistische Entscheidungen und langfristigeTransaktionsbeziehungen bevorzugt. Gleichwohl scheinen diese Präferenzen – Gruppenorientierung,Langfristigkeit – in Japan deutlicher ausgeprägt zu sein, wenn etwa in der unternehmenspolitischenPraxis die Anstellungsdauer oder in der industriellen Arbeitsteilung die Dauer von Transaktionen mitDeutschland verglichen werden.
25 Die Präferenz gruppenorientierter Entscheidungen ist nicht mit Harmonie gleichzusetzen. Gerade ausder Zuordnung zur Gruppe kann Konfliktpotential entstehen. Wäre dies nicht so, wäre bspw. dieSelbstmordrate in Japan niedriger.
15
Qualitätsmanagementsystem definiert, aufgrund seiner Anforderung, Verantwortung
individuell zuzuschreiben, anfangs zu Implementationsschwierigkeiten in japanischen
Unternehmen geführt hat (Storz erscheint 2002b). Über die Ursachen dieser
japanspezifischen Präferenz ist viel gesagt worden. Überzeugend sind wirtschaftshistorische
Untersuchungen, die die Präferenz für kollektive Entscheidungen in einer
Entwicklungsideologie in Japan verorten, die zu Beginn der Industrialisierung politisch
inszeniert worden ist.27 Auch heute ist diese Gruppenorientierung offenbar politisch gewollt:
In ihrer edukativen Karriere werden japanische Kinder zu einem spezifisch sozialisierten
Mitglied „ihrer“ Gesellschaft. Die japanische Erziehung weist hierzu eine Vielzahl von
Instrumenten auf, die vom Kindergarten bis in den Firmenalltag sich in der primären und
sekundären Sozialisationsphase für den außenstehenden Betrachter gar nicht so sehr
unterscheiden – so die Absorption der Freizeit des Einzelnen durch gemeinschaftliche
Initiativen, gemeinsames Singen „traditioneller“ Hymnen, Verantwortung für die jeweilige
Lebensumwelt durch Übernahme von identitätsstiftenden Aktivitäten wie gemeinsame
Säuberung der Räumlichkeiten und anderes mehr (Schubert 1992: 96-198). Dieses
Kollektivprinzip kann dann, gemeinsam mit der oben beschriebenen Präferenz für
langfristige Beziehungen, in exklusive Beziehungen münden, wie es bspw. lange Zeit bei
japanischen Unternehmensgruppen gegeben war. Es dürfte unstrittig sein, daß eine solche
gemeinsame Präferenzordnung, ist sie einmal etabliert, Stabilität, Entlastung, Identität
verschafft.28
Die Präferenz für Langfristigkeit und Gruppenorientierung dient in Japan mithin als ein
Orientierungsmuster, mit Hilfe dessen die Umwelt versteh- und interpretierbar wird. Die
Genese dieser Präferenzen hat gezeigt, daß Kulturen nicht gegeben sind, sondern gestaltet
und politisch strukturiert werden. Sie liegen durchaus im Interesse etwa japanischer
Arbeitgeber, die eine entsprechende Literatur neu eingestellten Arbeitnehmern zum
Selbststudium empfehlen (vgl. Storz erscheint 2002a). Sind sie dann etabliert, findet eine
26 Der Wettbewerb ist ausgeprägt - man denke an die harten Aufnahmeprüfungen japanischerUniversitäten. Die Orientierung an Gruppen meint damit keineswegs, daß Harmonie, Konsens,konfliktfreier Raum herrschen, wie in älteren Studien postuliert.
27 So Kinzley (1991) in seiner beachteten Studie: „Industrial harmony in modern Japan“.
28 Vgl. Antoni (1992), der die Debatte um Tradition und Moderne aus historischer Sicht differenziertbeleuchtet. Antoni weist auch auf die grundsätzliche Nähe des Gruppenkonzepts zur manipulierten
16
entsprechende Sozialisation statt, so daß eine Aufgabe dieser Präferenzen hohe,
möglicherweise sogar prohibitiv hohe Lernkosten bedeutete. Damit bilden Langfristigkeit
und Gruppenorientierung eine relative Konstante in der japanischen Kultur. Diese
Präferenzzuschreibung ist im Rückgriff auf obige Ausführungen allerdings um die Bemerkung
zu ergänzen, daß sie der Perspektive eines Beobachters entstammt, sie insofern relativen
Charakter besitzt, eine potentielle Fluidität aufweist und als eine verhaltensleitende und
Interaktion ermöglichende Regel anerkannt wird.
Flankiert werden die Präferenzen Langfristigkeit und Gruppenorientierung von
Unsicherheiten, Investitionen und Interessen in einer japanspezifischen Ausprägung: Die
Unsicherheit, mit der Akteure in japanischen Unternehmen konfrontiert werden, darf als
besonders hoch gelten, denn die gegenwärtig diskutierten Modelle der
Unternehmensverfassung (corporate governance), des Arbeitsmarktes oder der
Beschaffungsmärkte weisen durch ihre Herkunft überwiegend aus dem US-amerikanischen
Kulturraum eine große Distanz zu etablierten japanischen Modellen auf. Je größer aber die
Distanz zwischen der etablierten und neuen Institution, desto höher sind die Unsicherheit
und die Kosten, die die Einführung und Durchsetzung der neuen Institution begleitet. Dies
erschwert einen Wandel institutioneller Verfahren. Ebenso sind die versunkenen
Investitionen in langfristigen Beziehungen, wie wir sie in japanischen Unternehmen finden,
aufgrund ihrer Spezifität naturgemäß höher als in kurzfristigen: Die Vertrautheit mit
Sprachspielen, positive wechselseitige Erwartungs- und Vertrauenseffekte, Lerneffekte bei
der Produktion und Anwendung von Technik sowie Investitionen in Sozialkapital führen zu
höheren Übergangskosten. Schließlich dürfte für japanische Interaktionen gelten, daß
aufgrund des langfristigen Denkens eine Verfestigung von Machtstrukturen eher gegeben ist,
so von der Kernbelegschaft gegenüber Teilzeitarbeitskräften oder von männlichen gegenüber
weiblichen Arbeitnehmern. In dieser Perspektive befördern die Sekundärstabilisatoren in
besonderer Weise die Dauerhaftigkeit japanischer Institutionen. Aus Sicht der Kritiker führt
diese Stabilität zu Rigidität und erfordert einen institutionellen Bruch. Wenn in jüngerer Zeit
die Stagnation der japanischen Wirtschaft auf die japanische Kultur zurückgeführt wird, geht
es offenbar (auch) um diesen Begründungszusammenhang. Zu einer gänzlich anderen Aussage
gelangt man allerdings, wenn die Perspektive der Langfristigkeit in das Blickfeld gerückt
wird, denn dann weisen japanische Unternehmen Potentiale von Wandel und
Tradition des Familismus hin, deren radikalste Ausformung Japan in Form einer ethnisch definiertenGroßfamilie im japanischen Faschismus erlebt hat.
17
Zukunftsfähigkeit auf: Langfristigkeit und Gruppenorientierung, die als stabilisierende
Faktoren eingeführt wurden, können selbst zur Bedingung für Wandel werden, indem sie die
Wahrnehmung von Realität prägen und so veränderte Interaktionen erleichtern:
Spieltheoretische Untersuchungen haben gezeigt, daß langfristige Verträge
Gefangenendilemmata lösen können, da die Beteiligten dann eher im Interesse der Gruppe
bereit sind, auf individuelle Vorteile zugunsten von Kooperationsvorteilen zu verzichten.
Langfristige Vereinbarungen erleichtern die Selbstbindung und damit die Durchsetzung
alternativer Institutionen29. Eine Kultur der Langfristigkeit kann so zu der Lösung eines
Problems beitragen, das Hayek (1945) als Hauptproblem modernen Wirtschaftens
identifizierte: Die Anpassungsfähigkeit von Institutionen an eine veränderte Umwelt.
29 Zur Rolle von Selbstbindung für den institutionellen Wandel siehe Herrmann-Pillath (1994: 294-297), der die Bedeutung dieser für die öffentliche Verwaltung, für das Zivilrecht und für die rechtlicheOrdnung des Arbeitsmarktes in Transformationsprozessen diskutiert.
18
3 Prozesse institutionellen Wandels – Die japanische Industrie- und
Arbeitsmarktorganisation als Anwendungsbeispiel
Die folgenden Ausführungen gehen der Frage der Wandlungsfähigkeit von Institutionen
nach. Anwendungsbeispiel ist die japanische Industrie- und Arbeitsmarktorganisation. Diese
Bereiche sind für den betrachteten Gegenstand des institutionellen Wandels besonders
geeignet, da sie durch hohe versunkene Investitionen, hohe Unsicherheit und Kosten
gegenüber alternativen Modellen und durch wohlformulierte Interessen gekennzeichnet sind,
die die Wandlungsfähigkeit beeinträchtigen. Der erste Abschnitt widmet sich der
industriellen Organisation (III.1), der zweite dem Arbeitsmarkt und der Beschäftigung
(III.2).
3.1 Industrieorganisation
Die japanische Industrieorganisation ist heute durch einen hohen Grad der Arbeitsteilung,
eine Langfristigkeit von Transaktionen und eine diese begleitende hohe Spezifität von
Investitionen gekennzeichnet. Die hiervon begleitete starke Orientierung auf die
Unternehmensgruppe, in Folge dessen die von den Unternehmen dieser Gruppe
unterhaltenen Geschäftsbeziehungen auch als exklusiv bezeichnet wurden, hat sich in der
Kriegswirtschaft entwickelt. Unterstützt wurde die Herausbildung dieser Charakteristika
durch verschiedene Instrumente, so insbesondere durch die bekannten
Kooperationsvereinigungen (kyôryokukai), denen die Funktion einer vertrauensbildenden
Maßnahme und eines Instruments zum Lernen zukam.30 Dieses Erbe wurde in der
Nachkriegszeit ausgebaut und intensiv genutzt.
Seit den 80er, verstärkt seit den 90er Jahren steht dieses Modell unter Druck: Das Modell
hat sich, so die Kritik, durch seine Innenorientierung „erschöpft“; es mangele an externem
Wissen. Die zunehmende Wettbewerbsfähigkeit asiatischer Zulieferer, die anhaltende Yen-
Aufwertung und die verbesserte Wettbewerbsfähigkeit amerikanischer und europäischer
Unternehmen, die bspw. früher neue Beschaffungsstrategien unter Nutzung von
internetbasierten unternehmensübergreifenden Plattformen einführen konnten, haben
19
zudem dazu geführt, daß japanische Unternehmen ihres Kostenvorsprungs verlustig zu gehen
drohen. Um die Kosten zu senken, beziehen japanische Hersteller daher zunehmend aus dem
Ausland, insbesondere aus Nachbarregionen. Ähnliches gilt für deren Produktionsstätten in
Asien: Noch 1992 wurden über 60% der Teile, die von Tochtergesellschaften japanischer
Hersteller in den ASEAN- und den NIC-Staaten beschafft wurden, zu über 70% aus Japan
importiert (Ernst und Ravenhill 2000: 230-235). Dieser Anteil soll künftig reduziert
werden. Hierfür soll der regionale Beschaffungsanteil aus Asien um 3% erhöht werden;
einzelne Spitzenunternehmen wie Densô, einem der Top-Ten Zulieferer weltweit, liegen mit
ihrer angestrebten Steigerungsrate deutlich über diesem Wert.
Durch diese Trends treten neue Wettbewerber auf, nämlich asiatische Zulieferer.31
Qualitativ findet ebenso eine Änderung statt, da asiatische Produzenten zunehmend
anspruchsvolle Teile32 produzieren. In der Folge kommt es zu einem auffälligen Anstieg
regionaler Forschungsaktivitäten; erstmals werden Forschungszentren im asiatischen
Ausland gegründet. Gleichzeitig entstehen neue Formen der Unternehmenskooperation. Die
bisherige Präferenz für die Lizenzvergabe und für Direktinvestitionen wird ergänzt oder
ersetzt durch industrielle Allianzen in den Bereichen Produktion, Marketing und
Entwicklung. Kurzfristige Opportunitäten durch die Asienkrise, wie die einfachere
Möglichkeit einer Unternehmensbeteiligung, verstärken diesen Trend (CKC 1997: 126-128,
133, 157; Lecler 1999; Legewie 2000).
Umgekehrt scheinen die Spezifika japanischer Unternehmensgruppen – Langfristigkeit,
Gruppenorientierung, Exklusivität – im japanischen Inland an Bedeutung zu verlieren. Dies
illustrieren zum einen plakativ die ausländischen Beteiligungen im Automobilsektor als
demjenigen Sektor, der am stärksten durch diese Merkmale geprägt war, insofern
hinsichtlich der Ausgestaltung der Industrieorganisation als „besonders japanisch“ galt. Zum
30 Die Kooperationsvereinigungen weisen im übrigen in der Vor- und Nachkriegszeit häufig dieselbeninstitutionellen, teils sogar persönlichen Mitglieder auf. Wada (1984: 67-71) zeigt dies am Beispielvon Toyota.
31 In der Folge steigen die Anforderungen an inländische Zulieferer hinsichtlich ihres Kostenprofils undhinsichtlich ihrer Innovationsfähigkeit. Japanische Zulieferer, die den Anforderungen nicht genügenkönnen – dies gilt insbesondere für Zulieferer, die einfache Teile produzieren –, müssen aus demMarkt ausscheiden. In der Folge sinkt der Anteil mittelständischer Unternehmen, die in derverarbeitenden Industrie als Zulieferer tätig sind (von 65,5% (1981) auf 47,9% (1998; CKC 2000:408).
32 Zu einer Klassifikation in anspruchsvolle und einfache Teile Nobeoka (1999: 69).
20
anderen sinkt der Umsatz japanischer Zulieferer in Folge der zunehmenden asiatischen
Konkurrenz. Um in diesem Prozeß nicht aus dem Markt austreten zu müssen, werden
Zulieferer zu Innovatoren, etablieren ein eigenes Marketing, entwickeln erstmals
Schnittstellen zum Markt.33 Die japanische Literatur beschreibt diesen Prozeß als jiritsuka,
als Prozeß des Eigenständigwerdens und des Unabhängigwerdens vom Mutterunternehmen.
Im Ergebnis sind heute deutlich weniger mittelständische Unternehmen in Japan als
Zulieferer tätig als zu Beginn der 80er Jahre. Die Arbeitsteilung ist mithin eine andere
geworden: Japanische Unternehmen sind offener, es gibt neue Spieler, gruppeninterne
Bindungen lockern sich. Die japanischen Unternehmensgruppen scheinen sich aufzulösen.
Dieser Eindruck gilt allerdings nur bei einer oberflächlichen Betrachtung. Eine
differenziertere Analyse zeigt, daß der im In- und Ausland stattfindende Wandel die zugrunde
liegenden Präferenz der Langfristigkeit, aber auch der Gruppenorientierung nur teilweise
berührt. So ist zu beobachten, daß die Langfristigkeit der Transaktionsbeziehungen und die
Förderung des gruppenweiten Lernens beibehalten und sogar intensiviert werden:
Ausgewählte asiatische Zulieferer werden durch die Aufnahme in Kooperationsvereinigungen
(kyôryokukai) bis zu einem gewissen Grad in die japanischen Unternehmensgruppen
integriert. Die Mehrheit der asiatischen Zulieferer hingegen übernimmt die Produktion
einfacher und erst allmählich höherwertiger, kaum aber hochspezifischer Teile. Sie werden
so in die gruppeninterne Arbeitsteilung integriert, indem sie diejenigen Aufgaben
übernehmen, die zuvor japanischen Zulieferern oblagen, die (stark vereinfacht formuliert)
am Fuße der Pyramide tätig und insofern „austauschbar“ waren. Innerhalb Japans wird die
Präferenz einer langfristigen Kooperation auf einen restringierten Kreis von Zulieferern
fokussiert. Diese Strukturveränderungen lassen den eingetretenen Wandel in einem anderen
Blickwinkel erscheinen: Japanische Hersteller überlassen japanischen Zulieferern die
Entwicklung und Produktion anspruchsvoller Teile und stärken die Zusammenarbeit mit
ihnen, so durch die vollständige Offenlegung von Produktionsplänen wie bei Fujitsû oder
durch die Erhöhung von Beteiligungen wie bei Toyota an den Unternehmen Densô, Aishin
und Daihatsu. Die verstärkte Integration und damit Intensivierung der Zusammenarbeit
erklärt, warum rund ein Viertel der japanischen Zulieferer von einem Umsatzplus von bis zu
100% berichtet. Das nach der Gewinn- und Kursentwicklung im letzten Jahr erfolgreichste
33 Auf die Frage, wie sie auf das veränderte Unternehmensumfeld reagierten, antworteten 29,6% derZulieferer mit „Produktentwicklung“, 25,2% mit „Diversifikation“ (Einfachantworten; CKC 2000:411; Nobeoka 1999: 63).
21
japanische Unternehmen, Toyota, hat sich ebenfalls nur in ausgewählten Geschäftsfeldern
geöffnet. Am unteren Ende der Pyramide, um dieses vereinfachte Bild zu nutzen, ersetzen
asiatische Zulieferer ehemals japanische Zulieferer. Die japanische Industrieorganisation mit
seiner Präferenz langfristiger Beziehungen behält so weiter grundsätzlich Gültigkeit, wenn
auch für eine fokussiertere Gruppe von Zulieferern innerhalb Japans, und für eine
beschränkte Gruppe asiatischer Zulieferer. Im Ergebnis sind die Transaktionsbeziehungen
daher nach wie vor durch eine von westlichen Industrieländern deutlich abweichende
zeitliche Präferenz geprägt: Über die Hälfte der japanischen Zulieferer (51,5%) berichtet
auch noch Ende der 90er Jahre von mehr als 20jährigen Transaktionen mit ihrem
Hauptabnehmer. Die am Beispiel von Fujitsû oder Toyota vorgestellten Strategien der
stärkeren Einbindung ausgewählter japanischer Zulieferer deuten darauf hin, daß auch künftig
zu diesen langfristige Beziehungen angestrebt werden (CKC 1997: 149 und 2000: 167, 409;
Ernst und Ravenhill 2000; Legewie 2000; o.V. 2001e und 2001f; Raupach-Sumiya erscheint
demnächst).
Der Wandel in der industriellen Organisation ist mithin durch zentrifugale und zentripedale
Kräfte gekennzeichnet. In diesem Prozeß wurden neue Spielregeln definiert und bestehende
Regeln re-interpretiert. Investitionen in spezifische Transaktionsbeziehungen, neu
anfallende Kosten, und die Unsicherheit gegenüber neuen Handlungsmodellen umschreiben
zwar einen begrenzten Möglichkeitskorridor, innerhalb dessen aber eine Adaption an innere
und äußere Herausforderungen gegeben ist. Eine „schöpferische Zerstörung“, die prohibitiv
hohe Entwertungskosten, höhere Unsicherheit, politische Konflikte induziert hätte, wurde
vermieden.34
3.2 Arbeitsmarktorganisation
Das japanische Beschäftigungssystem ist durch eine hohe Firmenbindung gekennzeichnet,
die durch eine beförderungs- und gehaltsbezogene Seniorität sowie eine lebenslange
34 Diese Erklärung bedarf der Ergänzung, daß die Situation Japans als latecomer in der internationalenArbeitsteilung einen Rekurs auf inländische Instrumente nahelegte, da die Akteure aufgrund einer
22
Beschäftigung erzielt wird. Die Wurzeln des Systems können auf die Zwischenkriegszeit und
die Kriegswirtschaft im Zweiten Weltkrieg zurückgeführt werden: Bis zum Zweiten
Weltkrieg hatten japanische Unternehmen – im Unterschied zu heute – eine hohe
Fluktuation von Arbeitskräften zu verzeichnen. Vorarbeiter wechselten mit ihren Teams zu
anderen Firmen immer dann, wenn andere Firmen bessere Konditionen boten. Zwar
versuchten einige Unternehmen eine stärkere Bindung der Arbeitskräfte durch in-house-
Trainings und die Gründung von Hilfsvereinen auf Gegenseitigkeit zu erreichen, aber diese
Anreize entfalteten ihre Wirkung kaum. Auch staatliche Regulierungen, so ein 1918 für die
Textilbranche formuliertes Gesetz, das der Mobilität der Arbeitskräfte Einhalt gebieten
sollte35, konnte die Arbeitskräftefluktuation nur bedingt senken. Die Arbeitsmärkte waren
daher offen, die Arbeitskräfte mobil, die Beschäftigung kurzfristig, das Gehalt
leistungsorientiert.
Erst der Employment Restriction Act von 1939 sowie ein Nachfolgegesetz von 1940 mit
einem Verbot des Firmenwechsels senkte die Mobilität der Arbeitskräfte erstmals umfassend
und förderte eine hohe Firmenspezifität in Ausbildung, Gehalt und Beförderung. Um die
langfristige Bindung der Arbeitnehmer moralisch zu legitimieren, wurden, im Rückgriff auf
historische Vorläufer, paternalistische und kollektivistische Firmenideologien entwickelt.
Weiter beförderten die in der Kriegswirtschaft gegründeten „Verbesserungskommittees“ mit
ihrer angesichts instabiler Umweltbedingungen notwendigen Vermeidung detaillierter
Arbeitsplatzbeschreibungen eine intensive Zusammenarbeit in der Gruppe und bereiteten
damit den Boden für die heutige Form der Gruppenarbeit, so die Organisation von
Produktionsbereichen in Qualitätszirkeln, in denen Aufgabenbereich und persönliche
Zuständigkeiten nicht eindeutig festgelegt sein müssen (Okazaki und Okuno-Fujiwara 1997:
17-40).
Die im wesentlichen in der Kriegswirtschaft entwickelten Kennzeichen der
Beschäftigungspolitik japanischer Unternehmen, Langfristigkeit, Senioriät und Spezifität,
wurden in die Nachkriegszeit transferiert. Nach dramatischen Gewerkschaftskonflikten in
den 50er Jahren rekonstruierten neben den großen Industrie- und Arbeitgeberverbänden
insbesondere das Japan Productivity Center (Nihon Seisansei Honbu) diese Elemente des
hohen Unsicherheit der veränderten regionalen Produktionsmuster auf im Inland bekannte underfolgreiche Interaktionsmodi zurückgriffen.
35 Erich Pauer gilt der Dank für diesen Hinweis.
23
später als Japanese style management (Nihonteki keiei) bezeichneten Stils als eine Form der
Unternehmensführung, die für alle Interessengruppen vorteilhaft sei.
Im Ergebnis sind die Arbeitsideologien politisch gewollt, wobei diese aber auf bestehende
Werte zurückgreifen und so ein besonderes Maß an Glaubwürdigkeit erzielen konnten. Die
Schaffung komplementärer Institutionen, wie beispielsweise das Hausbank-System (main-
bank-system) der japanischen Unternehmensgruppen, unterstützte die spezifische
Arbeitsmarktstruktur durch den geringen Einfluß der Aktionäre (Makino 1999: 3; Okazaki
und Okuno-Fujiwara 1997). Dieses in der Ölkrise bereits flexibilisierte System steht heute
zur Disposition: Es wird als zu teuer, unzureichend renditeorientiert und
innovationshemmend kritisiert.
Japanische Unternehmen haben auf diese Probleme in den 90er Jahren zunächst
konventionell mit einer Senkung der Aufwendungen für Forschung und Entwicklung und für
Personal reagiert. Für Aufsehen hat insbesondere gesorgt, daß japanische Unternehmen
begonnen haben, die implizite Beschäftigungsgarantie aufzukünden. Massenentlassungen sind
offenbar kein Tabubruch mehr. Führende Großunternehmen wie Fujitsû, Matsushita oder
Mitsubishi haben zwischen 2001 und 2002 jeweils bis zu 10.000 Stellen gestrichen. Weiter
wurde der Anteil regulär beschäftigter Arbeitnehmer (seishain), der langfristig angestellten
und nach Seniorität entlohnten Kernbelegschaft36, um 7% gesenkt. Der Anteil temporär
Beschäftigter und externer Fachkräfte wurde entsprechend erhöht. Diese Entwicklung dürfte
sich künftig fortsetzen, denn Teilzeitarbeitskräfte mit bisher wenig verantwortungsvollen
Aufgaben übernehmen zunehmend Aufgaben der Kernbeschäftigten. Damit erodiert die
bisherige Arbeitsteilung zwischen regulären und temporären Arbeitnehmern und schwächt die
Position regulär Beschäftigter. Eine Intensivierung dieses Trends ist auch aufgrund
veränderter Rahmenbedingungen zu erwarten: Das Employment Security Law, bis 1999 in
Kraft, verbot mit Ausnahme einer Positivliste Arbeitsvermittlungen (rôdô haken), so daß
Zeitarbeitsfirmen, die in der Folge gegründet wurden, weitgehend in der Grauzone operierten.
Durch regulative Änderungen desselben Jahres37, die Leiharbeit grundsätzlich gestatten, sind
36 Je nach Stichprobe liegt der Anteil der regulär Beschäftigten zwischen 73-83% (Rebick 2001a: 125;Rengô Sôken 2001: 2).
37 Eine erste Lockerung wurde 1996 vorgenommen, indem einige weitere Berufe, in denenVermittlungen bisher untersagt waren, nun hierfür zugelassen wurden. 1999 erfolgte dann diegrundsätzliche Genehmigung von Vermittlungen, allerdings mit der Einschränkung, daß bei neuenBerufen die Dauer der Entsendung auf ein Jahr begrenzt ist (CKC 2001: 284).
24
eine weitere Belebung des Marktes für externe Arbeitskräfte und damit eine Öffnung der
firmenspezifischen internen (und häufig idealtypisch als exklusiv beschriebenen)
Arbeitsmärkte zu erwarten. Neu eingeführt wurden zudem flexibilisierte, leistungsorientierte
und individualisierte Gehaltsverträge. Im Ergebnis hat sich der senioritätsabhängige Verlauf
der Gehälter deutlich verflacht: Während in den 80er Jahren die Gehaltsdifferenz zwischen
Firmeneinsteigern und älteren Arbeitskräften das rund Fünffache betrug, liegt sie heute bei
dem nur Dreifachen. Die regulären Arbeitnehmern bisher leistungsunabhängig gewährten
unternehmensseitigen Sozialleistungen wie Firmenwohnungen werden drastisch reduziert.38
Zunehmend wird in Anlehnung an das US-amerikanische System eine jährliche
Leistungsvereinbarung für Führungskräfte getroffen (nenpôsei). In Befragungen sprechen
sich japanische Führungskräfte dafür aus, künftig das Gehalt noch stärker vom Alter und von
der Betriebszugehörigkeit zu entkoppeln (Araki 1999; Bosse 2001: 469; CKC 2001: 284;
Inagami 2000: 59; o.V. 2000; o.V. 2001a, 2001b, 2001c und 2001d; Rebick 2001a: 125,
129; Rengô Sôken 2001: 2).
Durch diese Neuerungen in der Beschäftigungspolitik verliert die Firmenbindung hinsichtlich
Ausbildung, Gehalt und Beförderung allmählich an Bedeutung. In der Folge dürfte dies den
Trend der Unternehmensöffnung verstärken. Das japanische Beschäftigungssystem ist heute
durch veränderte Gehalts- und Vertragsgestaltungen, neue Arbeitsformen für verantwortliche
Tätigkeiten von Teilzeitkräften und hinsichtlich der Quantität von Entlassungen ein
anderes als in den 80er Jahren.
Eine solche Bestandsaufnahme hat sich zudem zu vergegenwärtigen, daß die Einschnitte auf
dem japanischen Arbeitsmarkt aus der Binnenperspektive sehr viel drastischer sind, als sie
zunächst scheinen, denn mit einer Aufgabe der Firmenbindung geht ein Verlust an sozialer
Sicherheit einher, der im Unterschied etwa zu Deutschland kaum durch ein soziales
Sicherheitsnetz aufgefangen wird. Personalpolitische Reformen sind daher aus der
japanischen Binnenperspektive sehr viel einschneidender als es für den ausländischen
Beobachter zu sein scheint.
Die Bewältigung der neuen Herausforderungen scheint allerdings an kulturellen Präferenzen
orientiert zu sein. Zur Personalanpassung: Auch wenn nach verschiedenen Berichten die
38 Die Liste der Maßnahmen, die zu einer sinkenden Firmenbindung führen, ließe sich beliebigfortsetzen. So werden flexible Rentensysteme eingeführt, die nicht mehr firmen-, sondernarbeitnehmergebunden sind (Rebick 2001a: 136).
25
Personalentlassung die präferierte Anpassungsmaßnahme japanischer Unternehmen ist, zeigt
sich bei einer differenzierten Betrachtung, daß gleichzeitig das Instrument des vertraglich
geregelten Mitarbeiteraustauschs zwischen zwei Unternehmen (einem Hersteller und einem
Zulieferer derselben Unternehmensgruppe; shukkô) in den 90er Jahren an Bedeutung
gewonnen hat, und dies trotz einer Belebung des externen Arbeitsmarktes. Im Ergebnis
arbeiten heute schätzungsweise 10% der japanischen Arbeitnehmer als entsendete
Arbeitskräfte. Japanische Unternehmen behalten somit die Praxis bei, in Krisenzeiten die
Entlassung von Stammbeschäftigten weitestgehend zu vermeiden und andere Wege der
Beschäftigungsflexibilisierung zu suchen, auch wenn dies nicht Bestandteil formaler Verträge
ist. Es ist anzunehmen, daß dieses Charakteristikum japanischer Personalpolitik bestehen
bleibt, da die Langfristigkeit der Beschäftigung auch heute von japanischen Führungskräften
präferiert wird: Nach aktuellen Befragungen gehen nur 10% der japanischen Führungskräfte
davon aus, daß sich in den nächsten fünf Jahren kürzere Beschäftigungsverhältnisse
durchsetzen werden, und ebenfalls nur 10% halten Entlassungen ohne dringende
ökonomische Notwendigkeiten für möglich.39 Eine Studie des Dachverbandes japanischer
Gewerkschaften Rengô, die in Kooperation mit Wissenschaftlern der Tôkyô Universität
durchgeführt wurde, geht daher von der Dominanz langfristiger Beschäftigungsverhältnisse
aus (Dirks 1997 und 1999; Inagami 2000: 57-59; Nitta 2000: 112; Nikkei 2001b; Rebick
2001a: 12340; Satô 2000: 131).
Auch das Element der Seniorität, das die Arbeitnehmer an ihre Gruppe, an ihre Firma bindet,
wird nur bedingt abgeschafft: Individuelle Leistungsentgelte haben sich nicht in dem Maße
durchsetzen können, wie dies in der Öffentlichkeit – auch seitens der Unternehmen –
dargestellt wurde. Statt dessen wird der Leistungsmaßstab an das senioritätsorientierte
Gehaltssystem angelehnt. Ein konkretes Beispiel: Bei Matsushita werden unterschiedliche
Laufbahn- und Gehaltssysteme angeboten, die an der individuellen Leistung orientiert sind
und von den Arbeitnehmern gewählt werden können. Alle Systeme orientieren sich aber
letztlich in unterschiedlicher Gewichtung an der Seniorität der Mitarbeiter (Dirks und Otto
1998; Hallier 2001: 10; Hilpert u.a. 1999; Nikkei 2001a; o.V. 2001a und 2001b).
39 Zur Problematik der Werte- und Einstellungsforschung siehe Fußnote 5.
40 Rebick (2001b) weist darauf hin, daß die Praxis des shukkô durch rechtliche Rahmenbedingungenflankiert wird, welche die Entlassung von Mitarbeitern starken Restriktionen unterwirft.
26
Der Versuch, formale Institutionen auf spezifische Präferenzen zurückzuführen, besitzt trotz
Werte- und Einstellungsbefragungen immer ein spekulatives Element. Die hier identifizierte
Präferenz für Langfristigkeit beruht auf einer aus Beobachtersicht formulierten
Gleichsetzung formaler und informaler Institutionen. So kann das Verhalten japanischer
Unternehmen ebenso wie im Falle der Industrieorganisation auch mit kurzfristigen
Opportunitäten erklärt werden – so besteht nach der Asienkrise eher die Möglichkeit einer
Unternehmensbeteiligung an aisatischen Unternehmen oder angesichts der Rezession eine
höhere Bereitschaft der Kernbelegschaft zum Gehaltsverzicht. Dessen ungeachtet kann aber
festgestellt werden, daß sich die Akteure zumindest einer von westlichen Industrieländern
unterschiedlichen Rationalität bedienen: So ist es ein erklärtes Ziel des Mitarbeiteraustauschs
und der Bindung der Mitarbeiter an das Unternehmen, endogenes Innovationspotential zu
erhalten und zu schaffen. Shukkô-Arbeitnehmer werden häufig in eigens hierfür gegründeten
Tochtergesellschaften oder in anderen rechtlich selbständigen Geschäftseinheiten
(bunshaka) beschäftigt. Diese Strategie unterscheidet sich deutlich von der des Zukaufs
externen Wissens über Unternehmenskäufe oder verwandte Instrumente.
Die Anpassungsproblematik, die sich zunächst aus den Präferenzen für Langfristigkeit und
für kollektive Entscheidungen ergibt, teilt Japan mit Deutschland. Im Vergleich zu
Deutschland dürfte die Problematik aus verschiedenen Gründen sogar noch deutlicher
ausgeprägt sein: Unsicherheit, Investitionen und Interessen stehen gerade in Japan einem
Wandel entgegen – die japanischen Beschäftigungsmodelle unterscheiden sich grundlegend
von westlichen (insbesondere angloamerikanischen); die spezifischen Investitionen in
Humanvermögen sind in Japan besonders hoch; die Interessen der Stammbelegschaft werden
seit der Nachkriegszeit über Betriebsgewerkschaften vertreten, die zumindest bis in die 90er
Jahre ein erhebliches Gewicht in der Mitbestimmung besaßen. Weiter wurde die Dringlichkeit
des Wandels erst zu einem relativ späten Zeitpunkt deutlich (die Wachstumsrate lag 1996
mit 3,6% noch über bzw. im Durchschnitt anderer OECD-Staaten; der Außenwert des Yen
stieg bis 1995). Zudem dürften die anstehenden Reformen hinsichtlich des durch sie
erzeugten Leidensdrucks grundsätzlich schwieriger als in Deutschland durchzuführen sein.
Schließlich werden Reformen dadurch erschwert, daß anstehende Veränderungen in einer
Dimension häufig Veränderungen gerade in denjenigen Dimensionen nach sich ziehen, die
bisher als Ursache des Erfolgs japanischer Unternehmen galten. Daß dennoch seitens der
Unternehmen teils recht drastische Anpassungsschritte vorgenommen wurden – so die
Reduktion der Kernbelegschaft oder die Reduktion inländischer Zulieferer – kann als Signal
einer Reformwilligkeit und -fähigkeit interpretiert werden (Pascha 2001).
27
Trotz der geschilderten besonderen Restriktionen konnten aber verschiedene Optionen des
Wandels genutzt werden – neue Institutionen wie das leistungsorientierte Gehalt werden an
das bestehende Senioritätsprinzip angekoppelt; bestehende Regeln werden auf neue
Gegebenheiten ausgeweitet, indem Tätigkeitsbereiche von Stammarbeitnehmern auf
Randbelegschaften übertragen werden; Unternehmen geben Instrumente der Personalbindung
auf. Eine grundlegende Veränderung der bestehenden institutionellen Verfahren war damit
nicht erforderlich. Daß trotz der Restriktionen veränderte Institutionen eingeführt werden
konnten (eine Änderung, die so weitreichend ist, daß die Angemessenheit des Begriffes
Japanese style management in Frage gestellt wird), ist vermutlich auf die immanente
Anpassungsfähigkeit des Systems und die Interdependenz von Kultur und
Sekundärstabilisatoren zurückzuführen.
4 Fazit: Wandel und Wandlungsfähigkeit von Institutionen
Unter dem Einfluß intuitiv plausibler evolutionsbiologischer Entwicklungsmodelle, die die
Entwicklungsgeschichte der Menschheit dergestalt beschreiben, daß lange Phasen der
Stagnation von der plötzlichen Erscheinung neuer Phänomene abgelöst werden, hat in den
Wirtschaftswissenschaften ein Modell institutionellen Wandels an Bedeutung gewonnen,
welches Brüche als für den Fortschritt unumgänglich ansieht. Dieser These von der
notwendigen Radikalität des Wandels liegen zwei Annahmen zugrunde. Erstens:
Institutionen müssen dauerhaft angelegt sein, um den Individuen in einer Institution
Orientierung und Entlastung zu bieten. Die neuere Literatur hat eine Reihe von Argumenten
entwickelt, um die Stabilität von Institutionen nachzuweisen. In diesem Beitrag wurde auf die
Faktoren Kultur, Investitionen, Unsicherheit und Interessen rekurriert, wobei der kulturellen
Disposition eine besondere Bedeutung zugewiesen wurde, da sie den anderen genannten
Stabilisatoren vorgeordnet ist. Zweitens: In dieser Perspektive wird gefolgert, daß
Institutionen aufgrund ihrer Stabilität langfristig in ein Mißverhältnis zu ihrer Umwelt
geraten. Daher sind, um veraltete Institutionen an veränderte Umweltbedingungen
anzupassen, Brüche unvermeidlich. Wandel ist mithin zwangsläufig von Diskontinuitäten
geprägt, deren Ursachen in der Stabilität von Institutionen liegen.
Dieser Beitrag verfolgt eine andere Argumentation. Es gilt nicht „Stagnation und Stauung
durch Stabilität“, sondern „Dynamik und Kreativität durch Stabilität“. Im ersten
Gedankenschritt folgt diese These dem etablierten Modell: Stabilität als Voraussetzung einer
Funktionsfähigkeit von Institutionen. In einem zweiten Gedankenschritt wird nun gefolgert,
28
daß durch die gegebenen Restriktionen des Erkennens den Akteuren zwar nicht alle
Entscheidungsvarianten offenstehen, daß aber gerade durch diese Entlastung die Suche neuer
Lösungen ermöglicht wird. Grundsätzlich gilt zudem, daß erst durch die vorhandenen
Beschränkungen knappe Ressourcen auf (weniger) Möglichkeiten alloziiert und so
tiefergehende Lösungsversuche ermöglicht werden. Für diese Lösungssuche steht eine
Bandbreite an Instrumentarien zur Verfügung, die Wandel ermöglichen, indem bestehende
Institutionen variiert und neu interpretiert werden. Institutionen bieten damit zahlreiche
Möglichkeiten des Wandels in Reserve an. Individuen wählen aus diesem Grund auch dann,
wenn sich ihre Kosten-Nutzen-Relation verändert, nicht die exit-Möglichkeit: Nicht, weil sie
die Institution nicht verlassen können, sondern weil sie sie nicht zu verlassen brauchen. Die
prinzipielle Stabilität institutioneller Strukturen muß damit kein Nachteil für Adaption sein;
sie behindert zwar radikalen Wandel, aber sie läßt andere Formen des Wandels zu.
Anhand der Anwendungsbeispiele der industriellen Organisation und des
Beschäftigungssystems in Japan wurde dies illustriert: Beide unterscheiden sich von ihren
Vorläufern, aber ihre Neuartigkeit macht die Stabilität in früheren Zeitperioden zur
Voraussetzung. Ein evolutionstheoretischen Ansätzen entlehntes gradualistisches
Entwicklungsmodell wird damit der Beschreibung institutionellen Wandels gerechter als das
in den 80er Jahren von Evolutionsbiologen und in der Folge den Sozialwissenschaften
bevorzugte Modell einer Entwicklung in Schüben, die durch Brüche ermöglicht werden.41
Dies schließt nicht aus, daß das Modell einer bruchhaften Entwicklung unter bestimmten
zeitlichen und lokalen Restriktionen Gültigkeit besitzt; wie etwa beim japanischen Banken-
und Finanzsystem, das sich bisher aufgrund seiner Überregulierung nicht im globalen
Wettbewerb behaupten mußte und daher kaum einem Veränderungsdruck unterlag.
Mit Hilfe der obigen Überlegungen lassen sich weiter Rückschlüsse auf die künftige
Wandlungsfähigkeit der japanischen Wirtschaft und seiner Unternehmen ziehen. Wie lösen
sich die Probleme, die sich aus inneren Fehlentwicklungen und äußeren Herausforderungen
41 Die bevorzugte Rezeption des Modells einer bruchhaften Entwicklung läßt, dies sei am Randeerwähnt, auch interessante Schlußfolgerungen auf die Art wissenschaftlichen Arbeitens zu: Seitens derSozialwissenschaften wurde ein Erklärungsmodell präferiert, das sich in bestehende kognitive Modelleder ökonomischen Wissenschaft einpaßte. Anders formuliert: Die Einführung desevolutionsbiologischen Paradigmas eines „Fortschritts durch Brüche“ in die Sozialwissenschaften istkein Ausdruck interdisziplinären Arbeitens, sondern erfolgt entlang der Wahrnehmungsmuster derrezipierenden Wissenschaft. Es konnte gezeigt werden, daß dieses evolutionsbiologischeEntwicklungsmodell in der regionalen Anwendung auf die japanische Wirtschaft nicht zutrifft, so daßhier die Integration unterschiedlicher Ansätze aus der Evolutionsbiologie wünschenswert wäre.
29
ergeben? Wie wirken kulturelle Präferenzen auf japanische Unternehmen zurück, und wie
beeinflussen sie die Wettbewerbsfähigkeit der japanischen Wirtschaft?
Anhand von Werte- und Einstellungsbefragungen wurde dargestellt, daß langfristige
Beziehungen und kollektive Entscheidungen als kulturelle Dispositionen japanischer Akteure
bezeichnet werden können. Diese eröffnen Möglichkeitskorridore, indem sie nicht nur eine
Lösung des Gefangenendilemmas, sondern auch das Lernen in Unsicherheit erleichtern.
Zu dem ersten Punkt, der Lösung von Gefangenendilemmata: Spieltheoretische
Untersuchungen haben gezeigt, daß gerade ein an Langfristigkeit orientiertes Verhalten
Gefangenendilemmata durch die Selbstbindung der Spieler lösen kann. Eine entsprechende
kulturelle Disposition kann so zu der Lösung eines Problems beitragen, das Hayek (1945) als
Hauptproblem moderner Wirtschaften identifizierte: Die Anpassungsfähigkeit von
Institutionen an eine veränderte Umwelt. Dieses Potential hat die japanische Wirtschaft
verschiedentlich unter Beweis gestellt: Erinnert sei an die Ölkrisen in den 70er Jahren, die
Japan trotz einer stärkeren Betroffenheit (höhere Rohölabhängigkeit, höhere
Inflationsrate) besser bewältigen konnte als westliche Industrieländer. Heute sind drastische
Reformen auf wirtschaftspolitischer (Schaffung eines modernen Marktes für Wagniskapital,
Aufgabe der staatlichen Schutzfunktion für bisher überregulierte Branchen), politischer
(Reform des Wahlrechts) und auf Unternehmensebene (Reduktion der Vorstandsmitglieder,
der Kernbelegschaft und der Zulieferer) getroffen worden, die aufgrund der geschilderten
Konsequenzen für die Betroffenen als drastisch bezeichnet werden müssen (vgl. Pascha
2002; Storz 2000).
Zweitens verweist dieser Beitrag im Unterschied zur gängigen Auffassung einer
Nachteilhaftigkeit langfristiger Orientierung auf die potentielle Zukunftsfähigkeit dieser
Disposition, denn: Sie vereinfacht das Lernen. Durch die mittels Langfristigkeit erzielte
Selbstbindung werden Verläßlichkeit und Vertrauen geschaffen und neue Gestaltungsräume
eröffnet. Vertrauen ist in einer Welt, in der nicht nur Spotmärkte, sondern unvollkommene
und unvollständige Verträge an Bedeutung gewinnen, eine ökonomisch knappe Ressource.
Diese Ressource befördert die Lernfähigkeit von Unternehmen, denn Lernen bedeutet das
gemeinsame Einlassen auf neue, unsichere Situationen und eine Abkehr von bisherigen
Problemlösungsstrategien. In einer solchen Situation, also bspw. bei
Forschungskooperationen, senden monetäre Anreize alleine den Wissensschaffenden nicht
die richtigen Anreize bezüglich der gemeinschaftlich zu erbringenden Leistung – sehr wohl
30
aber eine Präferenz für Langfristigkeit, da diese einen Denkstil prägt, der Motivation,
Teamgeist, Engagement und das gemeinsame Einlassen auf Neues fördert42 und so die
Durchsetzung unvollständiger, unvollkommener Verträge erleichtern kann. Dies vereinfacht
die Genese und die Verarbeitung von Wissen. Die Lernfähigkeit japanischer Unternehmen,
von Fujimoto (2001, 12) als „evolutionary learning capabilities“ bezeichnet, ist so
ausgeprägt, daß japanische Autoren wie Nonaka u.a. (2000) als führend in der Theorie
organisationalen Lernens gelten. So zeigen sich japanische Unternehmen bspw. in der
Verkürzung von Produktneuentwicklungen als besonders lernfähig: Nachdem in den 80er
Jahren ein Aufholprozeß westlicher Unternehmen an das japanische Modell stattgefunden
hatte, bei dem die Dauer von Produktneuentwicklungen auf 30 Monate gesenkt werden
konnte, übernahmen japanische Unternehmen in den 90er Jahren erneut die Führungsrolle,
so daß Zeiten von weniger als 20 Monaten erreicht wurden. Ebenso sind japanische
Unternehmen weiterhin in der Qualität oder der Werksproduktivität überlegen. Interpretiert
man wie Fujimoto (2000; 2001) die Fähigkeit einer verkürzten Entwicklungszeit als einen
Anwendungsfall der Fähigkeit, Lernkompetenzen intern zwischen Abteilungen und extern an
den Schnittstellen Kunden/ Lieferanten aufzubauen, dann reicht die Bedeutung der erzielten
Verkürzung über den Aspekt der Produktivitätssteigerung hinaus, und kann als Indikator für
eine grundsätzliche Fähigkeit zur Problemlösung interpretiert werden.43 Ein vielzitiertes best
practice-Beispiel für diese Fähigkeiten ist Toyota, das nach der Gewinn- und
Kursentwicklung im letzten Jahr erfolgreichste japanische Unternehmen, welches immer
wieder internationale Standards für organisationales Lernen gesetzt hat (Fujimoto 2000;
Fujimoto 2001; Jürgens 2000). Die kulturelle Disposition zur Langfristigkeit begünstigt
mithin die Lernfähigkeit von Organisationen. Da diese Präferenz in der institutionellen
formalen Ausprägung (bspw. Unternehmensnetzwerke) durch hohe versunkene Kosten
gekennzeichnet ist, dürfte dies ein beständiger Wettbewerbsvorteil japanischer Unternehmen
sein.
42 So schreibt Wieland (1996: 63): „Denn kaum ein Arrangement wäre so wenig innovativ, produktivund anpassungsfähig, wie eine durch genaue Überwachung hergestellte Teamordnung, die alle explizitvereinbarten Leistungen erbringt, aber sonst nichts.“
43 Einschränkend sei hinzugefügt, daß diese Fähigkeiten in empirischen Studien für diejenigen Branchenals relevant festgestellt wurden, die nicht, wie Computertechnologien, durch offene, modulareProduktionsarchitekturen gekennzeichnet sind, sondern durch geschlossene, integrale undkundenspezifische Produktionsarchitekturen wie die Automobil- und Elektroindustrie.
31
Für eine nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit japanischer Institutionen wird allerdings nicht
nur deren Lernfähigkeit entscheidend sein, sondern auch, ob die mit den genannten
kulturellen Dispositionen einhergehenden Restriktionen erfolgreich bewältigt werden. Damit
sind zwei Probleme angesprochen: Erstens das Problem der Exklusivität, zweitens das
Kontrollproblem.
Zu dem ersten angeführten Problem: Offenbar ist es im Bereich der Industrie- und
Arbeitsmarktorganisation gelungen, die bisherigen Spielregeln auf neue Gruppenmitglieder
auszudehnen, so durch die Integration externen Fachwissens in das Beschäftigungssystem
oder asiatischer Akteure in japanische Unternehmensgruppen. Zu dem zweiten angeführten
Problem, welches ein grundlegenderes ist: Die Präferenz langfristiger Beziehungen bedingt
ein Kontrollproblem, denn anstelle einer abstrakten Regelorientierung werden persönliche,
flexible Regelungen bevorzugt (Pascha 2002). Dies zeigt sich, wie erwähnt, in der Banken-
und Finanzkrise, in einer defizitären Evaluierung wirtschaftspolitischer Maßnahmen durch
Dritte, in der Schwierigkeit einer Durchsetzung alternativer Modelle der
Unternehmensführung, oder in dem begrenzten Erfolg einer Umsetzung zentraler
Unternehmensstrategien in den Tochtergesellschaften (vgl. auch Fujimoto 2000; Fujimoto
2001; Storz 2002b). Trotz umfassender Restrukturierungsbemühungen (vgl. z.B. Nobeoka
1999: 65) wurde bisher nur teilweise der westliche Standard erreicht. In Folge hiervon ist die
Kontrolle des Kapitalmarktes gering, die Überschuldung der Unternehmen hoch, die
Unternehmensrentabilität niedrig. Befragungen unter japanischen Firmen zeigen, daß auf
diesen Bereich künftig besondere Anstrengungen gelegt werden sollen (Teramoto, Iwasaki
und Takai 1999: 50). Die Wandlungsfähigkeit japanischer Unternehmen dürfte daher
weniger durch die Präferenz für Gruppenorientierung denn durch die Präferenz für
Langfristigkeit, die eine Komplexität der Beziehungen bedingt, restringiert werden. Diese
Problematik bedarf sicherlich noch einer Lösung.
Gleichwohl stehen dieser Restriktion Potentiale entgegen, die langfristig optimistisch
stimmen können: Institutioneller Wandel meint ja gerade einen Lernprozeß aller
Beteiligten, und dieser Herausforderung scheinen japanische Unternehmen – wenn ihnen die
Chance der Anpassung gegeben wird – aufgrund ihrer besonderen Fähigkeit zum Lernen
begegnen zu können. Empfehlungen eines radikalen Wandels, wie sie japanischen
32
Entscheidungsträgern nahegelegt werden44, sind daher gründlich zu überdenken. Dies gilt
umso mehr, als eine kurzfristige Perspektive des Beobachters langfristige
Wettbewerbsvorteile des japanischen Systems zu negieren droht: Die aufgezeigten
kulturellen Dispositionen können unter Berücksichtigung der genannten Einschränkungen
selbst zur Voraussetzung einer Dynamisierung wirtschaftlicher Prozesse werden.
44 Vgl. Fußnote 2 oder die in der führenden Wirtschaftszeitung Nikkei Weekly geäußertenHandlungsempfehlungen eines „Reform plan to push creative destruction“ oder eines „radical change“in der Personalpolitik (o.V. 2001c und 2001e).
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Japan-ZentrumJapan-ZentrumPhilipps-Universität MarburgPhilipps-Universität Marburg
OCCASIONAL PAPERSOCCASIONAL PAPERS
Occasional Papers No. 1Ulrike Schaede The Introduction of Commercial Paper (CP): A Case Study in the Liberalization of the
Japanese Financial Market.Marburg, 1988.
Occasional Papers No. 2Ulrike Schaede Forwards and Futures in Tokugawa-period Japan: A New Perspective on the Dôjima
Rice Market.Marburg, 1988.
Occasional Papers No. 3Erich Pauer The Years Economic Historians Lost: Japan 1850-1890.
Marburg, 1988.
Occasional Papers No. 4Ulrike Schaede Liberalization of Money Markets: A Comparison of Japan and West Germany.
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Occasional Papers No. 5J. A. A. Stockwin (Nissan Institute of Japanese Studies, Oxford)
Politics, Power and Parties in Japan.Marburg, 1990.
Occasional Papers No. 6David M. Morris (Oxford University)
The Miki/Kômoto Faction: A Case Study of a Faction of the LDP.Marburg, 1990.
Occasional Papers No. 7David Williams (Oxford University)
The Revolutionary 1980s. Towards a New Era in the Euro-American Science ofJapanese Government.Marburg, 1991.
Occasional Papers No. 8Lee W. Farnsworth (Brigham Young University)
The Japanese Zoku-Giin: A Comparison to Policy Roles of U. S. Congressmen andState Legislators.Marburg, 1991.
Occasional Papers No. 9Janet Hunter (London School of Economics)
Women in the Japanese Economy: A Historical Perspective.Marburg, 1992.
Occasional Papers No. 10Peter Wetzler (Fachhochschule Rheinland-Pfalz)
The Information Epoch and the New Consensus in Japan. Culture Revised andReinterpreted for the Future.Marburg, 1992.
Occasional Papers No. 11Yoshio Sugimoto (La Trobe University, Melbourne, Australia)
Towards a Multicultural Analysis of Japanese Society.Marburg, 1993.
Occasional Papers No. 12James Lincoln (Walter A. Haas School of Business, University of California at Berkeley)Arne L. Kalleberg (Department of Sociology, University of North Carolina at Chapel Hill)
Commitment, Quits, and Work Organization in Japanese and U. S. Plants.Marburg, 1993.
Occasional Papers No. 13James Lincoln (Walter A. Haas School of Business, University of California at Berkeley)
Work Organization in Japan and the United States. Marburg, 1993.
Occasional Papers No. 14Ulrike Schaede (Walter A. Haas School of Business, University of California at Berkeley)
The „Old Boy“ Network and Government-Business Relationship in Japan: A CaseStudy of „Consultative Capitalism“.Marburg, 1994.
Occasional Papers No. 15Kathleen Sue Uno (Temple University Philadelphia)
‚Good Wife, Wise Mother‘ in Early Twentieth Century Japan. Marburg, 1994.
Occasional Papers No. 16Tetsuji Okazaki / Masahiro Okuno-Fujiwara (Faculty of Economics, University of Tôkyô)
Historical Origins of the Contemporary Japanese Economic System.Marburg, 1994.
Occasional Papers No. 17Osamu Itô (Department of Economics, Kanagawa University)
The Second World War and the Transformation of the Japanese Economic System.Marburg, 1994.
Occasional Papers No. 18James R. Lincoln (Walter A. Haas School of Business, University of California at Berkeley)Nakata Yoshifumi (Department of International Relations, Dôshisha University)
The Transformation of the Japanese Employment System: Nature, Depth, and Origins.Marburg, 1996.
Occasional Papers No. 19James R. Lincoln / Michael L. Gerlach (Walter A. Haas School of Business, University of California atBerkeley) and Christina Ahmadjian (Graduate School of Business, Columbia University, New York)
Keiretsu Networks and Corporate Performance in Japan.Marburg, 1996.
Occasional Papers No. 20Erich Pauer (Philipps-Universität Marburg, Center for Japanese Studies)
Rules, Goals, Information - A Key to the Question of Continuity and Change in Japan.Marburg, 1996.
.Occasional Papers No. 21Aiuchi Takatomo, Kitagawa Ryuta, Masumura Noriko, Shichino Yoshihiko and Yamaji Toshiyuki (KôbeUniversity, Graduate School of Business Administration)
Impact of the International Accounting Standards on Japanese Financial StatementsApplying to the IAS to the Financial Statements prepared under Japanese AccountingStandard.Marburg, 1997.
Occasional Papers No. 22Abe Kenya, Higashine Minoru and Kamada Kazuhiro (Kôbe University, Graduate School of BusinessAdministration)
Foreign Exchange Risk Management. Practices of Japanese Export Firms.Marburg, 1997.
Occasional Papers No. 23Hashimoto Tomoko, Maeda Kensaku, Sumida Kazuhiro and Uematsu Kenji (Kôbe University, GraduateSchool of Business Administration):
Employer‘s Accounting for Pensions of Japanese Firms.Marburg, 1997.
Occasional Papers No. 24Ôhata Takashi, Kura Mitsuyoshi, Sumida Yutaka and Yamaguchi Tomoyuki (Kôbe University, GraduateSchool of Business Administration)
A Financial Analysis of Some Rapidly Growing Venture Businesses in Japan. Marburg, 1997.
Occasional Papers No. 25Ulrike Schaede (Graduate School of International Relations and Pacific Studies, University of California,San Diego)
Industry Rules: The Replacement of Government Rules by Self-Regulation.Marburg, 2001.
Occasional Papers No. 26Hendrik Meyer-Ohle (Department of Japanese Studies, National University of Singapore)
The Crisis of Japanese Retailing at the Turn of the Millennium: A Crisis of CorporateGovernance and Finance.Marburg, 2001.
Occasional Papers No. 27Kobayashi Tatsuya (Chûkyô University, Japan)
Strengthening the Bridge Between Japan and Africa - Technological Choice inDevelopment Aid.Marburg, 2001.
Occasional Papers No. 28Cornelia Storz (Japan-Zentrum, Philipps-Universität Marburg)
Wandel durch Diskontinuität oder Stabilität? Zum Wechsel institutioneller Verfahren injapanischen Unternehmen.Marburg, 2002.
Occasional Papers No. 29Shibata Masashi (Richter am Familiengericht Tôkyô)
Struktur, Aufgaben und Arbeit der japanischen Familiengerichte.Marburg, 2002. (in Vorbereitung zum Druck)
Occasional Papers No. 30Gregory Jackson (Research Institute of Economy, Trade and Industry, Tôkyô)
Corporate Governance in Japan: Between Change and Stagnation.Marburg, 2002. (in Vorbereitung zum Druck)