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HERSTELLER-SERVICES 2022E R G E B N I S S E E I N E R K U R Z B E F R A G U N G A U F D E R M E S S E M A I N T A I N 2 0 1 2
F R A U N H O F E R - I N S T I T U T F Ü R A R B E I T S W I R T S C H A F T U N D O R G A N I S AT I O N I A O
IMPRESSUM
Autor
Bernd Bienzeisler
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70569 Stuttgart
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Vorwort
1. Zentrale Ergebnisse im Überblick 7
2. Hersteller-Services – Trends und Entwicklungen 8
3. Datengrundlage und Hintergrund 11
3.1 Die Messe MAINTAIN 11
3.2 Datenbasis und Konzeption der Befragung 12
3.3 Befragte Unternehmen 12
4 Ergebnisse »Service-Trends« 14
5 Ergebnisse »Service Szenarien 2022« 18
6 Zum Innovationsverbund Service-Plattform Maschine 22
7 Ihr Ansprechpartner 24
INHALT
5
Gerade weil die Service-Bereiche produzierender Unternehmen im Schnitt über 20 Prozent des
Umsatzes ausmachen und oft weit stärker zum Gewinn der Betriebe beitragen, ist es erstaun-
lich, dass industrielle Dienstleistungen von Produkt- und Komponentenherstellern bei Industrie-
messen eine vergleichbar geringe Rolle spielen. So gibt es keine Messe, die ausschließlich das
Thema »Hersteller-Services« bedient.
Erfreulicher Weise hat die Messe München die Bedeutung des Themas erkannt und auf der
diesjährigen Industriedienstleister-Messe MAINTAIN 2012 einen Themenschwerpunkt zu
Hersteller-Services entwickelt. Wir hatten das Vergnügen, gemeinsam mit den Partnern des In-
novationsverbundes »Service-Plattform Maschine« dazu aktuelle Trends und Entwicklungen mit
dem Themenpavillon »Hersteller-Services« zu präsentieren. Die »Service-Plattform Maschine«
vereint führende Unternehmen aus dem Maschinen- und Anlagenbau, die gemeinsam neue
Konzepten und Lösungen für technische Dienstleistungen erarbeiten.
Ein Baustein unseres Messe-Konzeptes war ein interaktives Befragungskonzept, mit dem wir
Besucher unseres Standes zu Trends und Entwicklungen befragt haben. Die Umfrage war so
angelegt, dass die Antworten in Echtzeit ausgewertet wurden, so dass manche Befragungser-
gebnisse schon in der Befragungssituation diskutiert werden konnten. Methodisch ist das zwar
nicht ganz sauber, aber es wirkt sehr diskussionsanregend, und um interessante Gespräche
geht es ja schließlich bei einer Messe.
Mit der hier vorliegenden Zusammenfassung der Ergebnisse möchten wir auch denjenigen
Personen die Möglichkeit geben, sich über Trends und Entwicklungen im Umfeld von Hersteller-
Services zu informieren, die selbst nicht vor Ort sein konnten. Zugleich sei eine Einladung für
2014 ausgesprochen. Dann wird die MAINTAIN das nächste Mal ihre Türen öffnen und wir
beabsichtigen wieder aktuelle Entwicklungen im Bereich von Hersteller-Services vorzustellen.
Abschließend möchten wir uns noch einmal bei der Messe München GmbH bedanken, welche
die Realisierung unseres Themenpavillons »Hersteller-Services« von Anfang an unterstützt hat.
Stuttgart, im Januar 2013
Bernd Bienzeisler
VORWORT
7
�� Die Zentralisierung von Service-Wissen und die damit verbundene Neuausrichtung
der Informations- und Kommunikationsflüsse im technischen Service ist sowohl
für Hersteller als auch für Dienstleister das Top-Zukunftsthema.
�� Hersteller von Maschinen- und Anlagen sehen darüber hinaus in der Entwicklung
kundenindividueller Service-Pakete und in der Entwicklung neuer Geschäftsmo-
delle bedeutsame Trends und Entwicklungen.
�� Industriedienstleister sehen in einer erweiterten Kundenintegration sowie im
Technologieinsatz an der Kundenschnittstelle weitere bedeutsame Service-Ent-
wicklungen für die Zukunft.
�� Sowohl Hersteller als auch Dienstleister erwarten, dass sich die Geschäftsmodelle
im Maschinen- und Anlagenbau dahingehend verändern, dass vermehrt mit Daten
und Informationen Geld verdient wird, die bei der Nutzung der Maschine anfallen.
�� Dass Kunden durch neue Technologien befähigt werden, technische Dienstleistun-
gen zukünftig selbst durchzuführen, wird für weniger wahrscheinlich, aber nicht
für unmöglich gehalten.
1 ZENTRALE ERGEBNISSE IM ÜBERBLICK
8
Die wachsende Bedeutung des Service-Geschäfts führt zu Veränderungen von Wertschöpfungs-
architekturen und Geschäftsmodellen, bei denen sich die Rollen von Kunden, Herstellern und
Dienstleistern neu ausrichten. Durch Service-Innovation bauen Hersteller ihr Service-Geschäft
aus und differenzieren sich so zugleich von Wettbewerbern.
Im Zentrum der künftigen Ausrichtung von Hersteller-Services steht die Verarbeitung von Infor-
mation und Wissen an der Schnittstelle zum Kunden. Damit verändert sich das Geschäftsmodell
von der reaktiven Wartung hin zu proaktiven, komplexen Mehrwert-Services (vgl. Abbildung 1).
Gleichzeitig führt der Einsatz neuer Technologien an der Kundenschnittstelle zu einer stärkeren
Zusammenarbeit von Herstellern, Kunden und Partnern, wobei ganzheitliche und prozessorien-
tierte Kundenlösungen im Zentrum stehen.
2 HERSTELLER-SERVICES – TRENDS UND ENTWICKLUNGEN
Abbildung 1: Vom Reak-
tiven zum präventiven
Service. Quelle: Eigene Dar-
stellung in Anlehnung an
ABB Research 2012
9
Wie genau sich technische Services in Zukunft entwickeln, ist schwer vorherzusagen. Es zeichnen
sich jedoch wesentliche Trends ab, die das Service-Geschäft von morgen beeinflussen werden:
Trend 1: »Zentralisierung von Service-Wissen«
Aufgrund der wachsenden Komplexität von Produkten, Prozessen und Informationsflüssen
setzen Hersteller zunehmend auf eine Zentralisierung von Service-Wissen in den Back-End-
Bereichen (Datenbanken, Entwicklungsabteilungen, Helplines etc.). Hier werden Spezialisten
vorgehalten, die über Informationstechnologie direkt an die Service-Erbringung vor Ort beim
Kunden angeschlossen sind und Störfälle in Echtzeit bearbeiten. Das dabei anfallende Wissen
wird gesammelt, strukturiert und kann so zu einer kontinuierlichen Verbesserung und Weiter-
entwicklung von Service-Prozessen und Dienstleistungsprodukten genutzt werden.
Trend 2: »Individualisierte Service-Pakete«
Durch die systematische Analyse von Kundendaten in Verbindung mit einem modularisiertem
Service-Portfolio werden Service-Leistungen zukünftig hochgradig kundenindividuell zuge-
schnitten. Daten und Informationen über Kundenbedarfe und die Fähigkeit, diese Informa-
tionen zu verwerten, entwickeln sich dabei zu einem entscheidenden Wettbewerbs- und Diffe-
renzierungsvorteil. Viele führende Hersteller arbeiten bereits an informationstechnischen und
organisatorischen Lösungen, um den Vertrieb komplexer Service-Produkte und Service-Verträge
kundenindividuell gestalten zu können.
Trend 3: »Technologieeinsatz an der Kundenschnittstelle«
Die Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine sowie zwischen Field-Service-Techniker und
Back-Office-Mitarbeitern wird durch den Einsatz neuer Technologien neu ausgerichtet. Die
Kombination von Technologien wie RFID oder Augmented Reality in Kombination mit einer
prozessorientierten Informationsbereitstellung ermöglichen es Herstellern weltweit, eine gleich-
bleibend hohe Service-Qualität anzubieten. Damit verbunden sind veränderte Qualifikations-
und Anforderungsprofile von Service-Technikern. Spezifisches Fach- und Produktwissen wird
durch Informationstechnologie unterstützt, während Problemlösungswissen und Prozesswissen
im Field-Service an Bedeutung gewinnen.
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10
Trend 4: »Integration von Kunden«
Der Trend zu höherwertigen, prozessorientierten Performance-Services führt zu einer engeren
Integration der Service-Prozesse von Herstellern mit den Wertschöpfungsprozessen von
Kunden und zu einer neuen Arbeitsteilung zwischen Herstellern und Kunden. Generell werden
Hersteller ihre eigenen Leistungen stärker an den Wertschöpfungsstrukturen und -architekturen
der Kunden ausrichten. Durch gezielte Bereitstellung von Service-Wissen für Kunden, können
Kunden sogar in die Lage versetzt werden, den Eigenanteil beim Service deutlich zu steigern.
Trend 5: »Neue Pfade der Qualifizierung
Hersteller von Maschinen und Anlagen stehen zunehmend vor der Herausforderung eine global
verteilte Service-Mannschaft für eine Vielzahl unterschiedlicher Produkte und Leistungen zu
qualifizieren. Dabei geraten die derzeit verfügbaren Qualifizierungsstrukturen an die Grenzen
ihrer Leistungsfähigkeit. Hersteller werden deshalb künftig vermehrt virtuelle Elemente in
ihren Aus- und Weiterbildungsstrukturen nutzen, da eine flächendeckende Qualifizierung
von Service-Technikern schon allein aus Kostengründen anders kaum noch möglich ist. Weil
zugleich Qualifizierung wichtiger wird, bauen die Hersteller über die Etablierung einer hochpro-
fessionellen und kontinuierlich sich anpassenden Aus- und Weiterbildung künftig substanzielle
Wettbewerbsvorsprünge auf.
Trend 6: »Nutzenbasierte Geschäftsmodelle«
Die Wertschöpfungsstrukturen verlagern sich von der Verkaufssituation beim Neumaschinen-
geschäft stärker auf die Nutzungsphase der Maschine beim Kunden. Denn auf Basis von Daten
und Informationen, die bei der Nutzung entstehen, lassen sich Mehrwertdienste entwickeln,
für die Kunden zunehmend bereit sind, Geld auszugeben. Bereits heute bieten Hersteller
Benchmarking-Services an, bei denen Kunden ihre eigene Maschinenperformance vergleichen,
messen und optimieren können. Wenngleich echte Betreibermodelle im Maschinen- und
Anlagenbau auch künftig die Ausnahme sein werden, wird der Trend zu nutzenbasierten
Geschäftsmodellen die Wertschöpfungsstrukturen in der Branche stark verändern.
Die nachfolgenden Umfrageergebnisse lassen erkennen, für wie bedeutsam diese Trends und
Entwicklungen von unterschiedlichen Zielgruppen eingeschätzt werden.
11
3.1
Die Messe MAINTAIN
Die Messe MAINTAIN versteht sich als Plattform für Impulse, Strategien, Konzepte und spezi-
fische Lösungen in der industriellen Instandhaltung. Zielgruppen sind in erster Linie Unterneh-
men, die Produkte herstellen und Dienstleistungen erbringen, die zur Wartung, Inspektion,
Instandsetzung und Verbesserung von technischen Systemen, Bauelementen, Geräten und
Betriebsmittel dienen.
Hervorzuheben ist, dass es sich bei der MAINTAIN um eine echte Fachmesse handelt, was auch
daran abzulesen ist, dass über 90 Prozent der Messebesucher als Entscheider im Unternehmen
tätig sind. Der Anteil an ausstellenden klein- und mittelständischen Unternehmen (KMU) ist mit
55 Prozent überdurchschnittlich hoch. Dies unterstreicht die vorherrschende mittelständische
Struktur im Bereich der industriellen Instandhaltung. Allerdings liegt der Anteil an ausstellenden
Großunternehmen bereits heute bei 45 Prozent mit steigender Tendenz. Im Jahr 2012 kamen
gut 3.500 Fachbesucher auf die MAINTAIN, was ein leichtes Teilnehmerplus im Vergleich zum
Vorjahr darstellt.
Vom 3. bis 6. Juni 2014 wird die MAINTAIN erstmals parallel zur internationalen Fachmesse für
Automation und Mechatronik AUTOMATICA ihre Tore auf dem Gelände der Messe München
öffnen. Neben der begrenzten Flächenwachstumsmöglichkeit im bisherigen Kongresszentrum
MOC ist die gegenseitige thematische Ergänzung mit der AUTOMATICA ein ausschlaggebender
Punkt für die Parallelität und den Standortwechsel der MAINTAIN.
3 DATENGRUNDLAGE UND HINTERGRUND
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AIN
TAIN
12
3.2
Datenbasis und Konzeption der Befragung
Die Befragung fand während der gesamten dreitägigen Messeveranstaltung, vom 16.10.2012
bis zum 18.10.2012, statt. Die Durchführung erfolgte mittels drei mobiler Tablet-PCs, auf
denen die App des Online-Befragungstools »QuickTapSurvey« installiert worden ist. Insgesamt
nahmen 69 Messebesucher an der Befragung teil. Über eine automatisierte Echtzeit-Daten-
aufbereitung auf einem Dashboard waren in dem Befragungszeitraum stets die aktuellen
Befragungsergebnisse für die Besucher einsehbar.
3.3
Befragte Unternehmen
Befragt wurden 69 VertreterInnen und Vertreter unterschiedlicher Unternehmen. Abbildung 2
gibt eine Übersicht über Branchenzugehörigkeit der befragten Personen. Dabei ist auffällig, dass
sich 35 Prozent der Befragten als Hersteller von Maschinen und Anlagen verorten. Dies ist
ein überraschend hoher Wert, verstand sich die MAINTAIN doch bislang primär als Messe für
Industriedienstleister. Der Gruppe der Industriedienstleister rechnen sich ebenfalls 35 Prozent
zu. 30 Prozent zählen zur Gruppe der Sonstigen. Dahinter verbergen sich Unternehmen, die
Industriedienstleistungen nachfragen (Kundenunternehmen) sowie andere Unternehmen (z.B.
Beratung, Software etc.).
Abbildung 2: Branchenzu-
gehörigkeit der befragten
Unternehmen
35%
30%
35%Maschinen-Hersteller
Industriedienstleister
Sonstiges
Fot
o: A
lexa
nder
Sch
letz
, © F
raun
hofe
r IA
O
13
Es zeigt sich, dass über 40 Prozent der befragten Betriebe mehr als 500 Mitarbeiter beschäftigen
und damit unter die Rubrik Großunternehmen fallen (siehe Abbildung 3). Ein differenzierter Blick
in die Daten zeigt zudem, dass die Mehrzahl der Großunternehmen sich als »Hersteller« be-
zeichnen. Im Gegensatz dazu hat die Mehrzahl der befragten Industriedienstleister zwischen 20
und 99 Mitarbeiter, während bei den »Sonstigen« die Kategorie »weniger als 19 Mitarbeiter«
dominiert.
Abbildung 3: Anzahl der
Mitarbeiter der befragten
Unternehmen
17%
19%
23%
41%
19 oder weniger Mitarbeiter
20 bis 99 Mitarbeiter
100 bis 499 Mitarbeiter
mehr als 500 festangestellte Mitarbeiter
0% 10% 20% 30% 40% 50%
gerundete Werte, n = 69
© A
lexa
nder
Sch
letz
Fot
o: A
lexa
nder
Sch
letz
, © F
raun
hofe
r IA
O
14
Im ersten Frageblock wollten wir wissen, für wie bedeutsam die von uns formulierten Trends
im technischen Service eingestuft werden (siehe Kapitel 2: Hersteller-Services – Trends und
Entwicklungen). Dazu mussten die Befragten sechs Trends nach ihrer persönlichen Einschätzung
in eine Reihenfolge bringen, wobei Rang 1 die größte Bedeutung und Rang 6 die geringste
Bedeutung zugewiesen wird.
In Abbildung 4 haben wir die Ergebnisse für alle Befragungsgruppen zusammengefasst. Ein
hinterlegtes Punktesystem dient hierbei als Berechnungsgrundlage. Je nach zugewiesenen
Rangplatz und Häufigkeit der Platzierung werden entsprechende Punktzahlen für die einzelnen
Trends vergeben, die am Ende aufsummiert eine Gesamtpunktzahl pro Trend ergeben. Die Zahl
mit dem höchsten Wert sagt folglich aus, welcher Trend insgesamt am besten das Ranking
abgeschlossen hat beziehungsweise am häufigsten die höchsten Plätze (entspricht der größten
Bedeutung) belegt hatte.
Es wird deutlich, dass dem Trend »Zentralisierung von Service-Wissen« die größte Bedeu-
tung zugemessen wird. Mit einer Gesamtpunktzahl von 23 Prozent im Verhältnis zu den
Gesamtpunktzahlen der anderen Trends wird dieses Thema von den Befragten als Top-Thema
angesehen, belegte demnach also am häufigsten die hohen Rang-Plätze.
Eine etwas niedrigere Bedeutung erhalten die Themen »Integration von Kunden« (17,8 Pro-
zent) in die Dienstleistungserbringung, das Thema „Technologieeinsatz an der Kundenschnitt-
stelle“ (17,5 Prozent) und die Entwicklung »individualisierter Service-Pakete« (17,1 Prozent).
Sie werden im Durchschnitt dem mittleren Rangbereich zugeordnet. Geringere Rangpositionen
(Rang 4, 5, 6) erzielen die Themen »Nutzenbasierte Geschäftsmodelle« (12,3 Prozent) und
»Neue Pfade in der Qualifizierung« (12,2 Prozent).
4 ERGEBNISSE »SERVICE-TRENDS«
© S
ymm
edia
15
Die Befragungsergebnisse decken sich mit unseren Erfahrungen. Eines der zentralen Themen
im technischen Service ist aktuell der effizientere und effektivere Umgang mit Information
und Wissen. Viele Unternehmen sind deshalb bestrebt, die technischen und organisatorischen
Informationsflüsse im Service neu zu gestalten, wobei zunehmend das produkt- und maschinen-
bezogene Wissen in den Back-End-Bereichen (z.B. Call Centern, Datenbanken etc.) zentralisiert
wird. Zugleich verändert sich das Aufgabenprofil von Service-Technikern am Front-End bzw.
an der Schnittstelle zum Kunden. Hier ist zu beobachten, dass Service-Techniker über mehr
kundenspezifisches Prozesswissen verfügen müssen, um nicht nur Produkte zu warten und zu
reparieren, sondern um kundenspezifische Probleme und Bedarfe zu identifizieren und Lösungen
anbieten zu können. Die Zentralisierung von Information und Wissen geht folglich mit einer
Neustrukturierung von Aufgaben- und Qualifikationsprofilen einher, wobei der Interaktion mit
dem Kunden eine größere Bedeutung beigemessen wird.
Die Relevanz des Themas »Zentralisierung von Wissen« zeigt sich auch daran, dass es von allen
Befragungsgruppen als Top-Thema genannt wird. In den Abbildungen 5 bis 7 haben wir die
Ergebnisse differenziert nach Zielgruppen aufbereitet. Dabei wird deutlich, dass Hersteller mit
25 Prozent das Thema »Zentralisierung von Wissen« sogar noch häufiger auf Platz 1 gelistet
haben. Als zweitwichtigstes Trendthema nennen Hersteller »Individualisierte Service-Pakete«
(22 Prozent), gefolgt von den »Nutzenbasierten Geschäftsmodelle« auf Platz 3 mit 17 Prozent.
Diese Einschätzung verweist darauf, dass der Vertrieb komplexer Service-Verträge und die damit
einhergehende Herausforderung in der Strukturierung und Bepreisung von Service-Leistungen
von den Herstellern als wichtig eingestuft wird.
Abbildung 4: Einschätzung
der Bedeutung von Service
Trends (alle Befragten)
12,2%
12,3%
17,1%
17,5%
17,8%
23%
Neue Pfade der Qualifizierung
Nutzenbasierte Geschäftsmodelle
Individualisierte Service-Pakete
Technologieeinsatz
Integration von Kunden
Zentralisierung von Service-Wissen
0% 5% 10% 15% 20% 25%
n = 69
Rang 1
Rang 2
Rang 3
Rang 4
Rang 5
Rang 6
16
In gewisser Weise stehen individualisierte Service-Pakete mit der Zentralisierung von Wissen in
einer Verbindung, gilt es doch die Informationen, die man zur Erstellung kundenspezifischer
Service-Leistungen benötigt, zu sammeln, zu strukturieren und für den Service-Vertrieb
verfügbar zu machen. Auch der dritte Trend, die nutzenbasierten Geschäftsmodelle, werden
derzeit intensiv im Maschinen- und Anlagenbau diskutiert. Allerdings gibt es bislang wenig
Beispiele von Unternehmen, die bereits mit Nutzungsdaten ihrer Maschinen und Anlagen Geld
verdienen.
Ein etwas anderes Bild ergibt sich für die Gruppe Industriedienstleister. Zwar rangiert auch hier
die Zentralisierung von Service-Wissen auf Rang eins. Dahinter folgen jedoch die Trend-Themen
„Integration von Kunden (21,2 Prozent) und „Technologieeinsatz an der Kundenschnittstelle“
mit 19 Prozent. Daraus kann man schließen, dass sich der Wettbewerb zwischen Industrie-
dienstleistern und Herstellern verschärft. Während die Hersteller sich über neue Service-
Produkte und neue Geschäftsmodelle von Dienstleistern differenzieren, wählen die Dienstleister
den Weg, kundenspezifische Leistungen anzubieten und Kunden stärker in die Erbringung
von Dienstleistungen einzubeziehen. Dazu zählt der verstärkte Einsatz von Informations- und
Kommunikationstechnologie bei Service-Technikern. Vor allem Dienstleister sehen die Chance,
komplexere Service-Leistungen erbringen zu können, wenn die eigenen Mitarbeiter oder die
Kunden mithilfe von Technologie dazu in die Lage versetzt werden.
Abbildung 5: Einschätzung
der Bedeutung von Service
Trends für Hersteller.
6%
16%
16%
17%
22%
25%
Neue Pfade der Qualifizierung
Integration von Kunden
Technologieeinsatz
Nutzenbasierte Geschäftsmodelle
Individualisierte Service-Pakete
Zentralisierung von Service-Wissen
0% 5% 10% 15% 20% 25% 30%
n = 24
Rang 1
Rang 2
Rang 3
Rang 4
Rang 5
Rang 6
17
Abschließend sind noch einmal die Top-3-Trends der jeweiligen Zielgruppen für einen besseren
Überblick in einem Chart zusammengefasst.
Abbildung 6: Einschätzung
der Bedeutung von Service
Trends für Industriedienst-
leister.
Abbildung 7: TOP-3-Ent-
wicklungstrends im techni-
schen Service differenziert
nach den Befragungsgrup-
pen
10%
13%
15%
19%
21,2%
21,5%
Nutzenbasierte Geschäftsmodelle
Neue Pfade der Qualifizierung
Individualisierte Service-Pakete
Technologieeinsatz
Integration von Kunden
Zentralisierung von Service-Wissen
0% 5% 10% 15% 20% 25%
n = 21
Rang 1
Rang 2
Rang 3
Rang 4
Rang 5
Rang 6
17,3%
13%
17,3%
19,8%
21,2%
22,0%
22,2%
21,5%
25,0%
Sonstiges
Industriedienstleister
Maschinen-Hersteller
10% 12% 14% 16% 18% 20% 22% 24% 26%
n = 69
Zentralisierung von Service-Wissen
Zentralisierung von Service-Wissen
Individualisierte Service-Pakete
Nutzenbasierte Geschäftsmodelle
Integration von Kunden
Technologieeinsatz Kundenschnittstelle
Zentralisierung von Service-Wissen
Integration von Kunden
Neue Pfade der Qualifizierung
18
Im vorangegangenen Abschnitt wurde dargestellt, welche Bedeutung unterschiedliche Service-
Trends aus der persönlichen Sicht der Befragten zugeschrieben wird. Darüber hinaus wollten
wir von den Teilnehmern wissen, wie realistisch konkrete Zukunftsszenarien in den sechs Trend-
feldern eingeschätzt werden. Dazu haben wir für jeden Trend ein Service-Szenario entwickelt,
mit dem wir unsere Gesprächspartner konfrontiert haben. Diese haben auf einer Skala von 1 bis
5 angeben, wie realistisch sie das Eintreffen dieses Szenarios für das Jahr 2022 halten, wobei
1 den Wert „äußerst unwahrscheinlich“ und 5 den Wert „sehr wahrscheinlich“ markiert.
Mit folgenden Szenarien wurden die befragten Unternehmen konfrontiert:
5 ERGEBNISSE »SERVICE-SZENARIEN 2022«
Szenario 1: „Zentralisierung von Wissen“ Zukünftig wird das Service-Wissen zentral vorgehalten und Kunden bzw. Service-Techniker werden über technologische Schnittstellen an dieses Wissen angebunden.
Szenario 2: „Individualisierte Service-Pakete“ Durch hocheffizientes Informationsmanagement erhält der Kunde bereits im ersten Kontakt das perfekt auf ihn abgestimmte Service-Paket.
Szenario 3: „Technologieeinsatz“ Zukünftig werden Field Service Techniker standardmäßig mit Augmented-Reality-Technologien ausgestattet sein.
Szenario 4: „Kundenintegration“ Hersteller nutzen neue Technologien um Kunden zu befähigen, Services vermehrt selbst durchzuführen.
Szenario 5: „Neue Pfade der Qualifizierung“ Service-Techniker werden sich künftig überwiegend in virtuellen Schulungswelten bewegen.
Szenario 6: „Nutzenbasierte Geschäftsmodelle“ Die Information, die bei der Nutzung von Maschinen- und Anlagen anfallen, werden künftig zur Grundlage für Geschäftsmodelle.
19
Abbildung 8 zeigt die eingeschätzte Wahrscheinlichkeit der sechs Szenarien für alle Befragten.
Dabei sind interessante Abweichungen im Vergleich zu der Bedeutung der Service-Trends zu
beobachten. So erzielt zwar das Szenario „Zentralisierung von Wissen“ auch hier die höchsten
Zustimmungswerte (Mittelwert 4,09). Am zweitwahrscheinlichsten wird jedoch das Szenario
„Nutzenbasierte Geschäftsmodelle“ eingeschätzt (Mittelwert 3,78), gefolgt vom Szenario
„Individualisierte Service-Pakete“ (Mittelwert 3,10). Dagegen wird das Szenario „Kunden-
integration“ für weniger realistisch eingestuft (Mittelwert 2,86). Offenkundig glauben nur
wenige der Befragten, dass Kunden künftig befähigt werden, eigenständig Service-Leistungen
durchzuführen.
Dass das Szenario „Zentralisierung von Service-Wissen“ von den Befragten als sehr realistisch
eingestuft wird, zeigt sich auch an der Verteilungskurve der einzelnen Antworten. So zeigt
Abbildung 9, dass die überwiegende Mehrzahl der Befragten die Werte 4 und 5 vergeben hat.
Im Vergleich dazu ist die Varianz, also die Verteilung der einzelnen Werte über die gesamte
Skala, bei den anderen Szenarien deutlich höher ausgeprägt.
Abbildung 8: Einschätzung
der Wahrscheinlichkeit
aller Szenarien für alle Be-
fragten
2,86
3,03
3,09
3,1
3,78
4,09
1 2 3 4 5
Mittelwerte, n = 69
Punkte auf der Skala
äußerst unwahrscheinlich sehr wahrscheinlich
Szenario 1Service-Wissen zentralisieren
Szenario 6Nutzenbasierte Geschäftsmodelle
Szenario 2Individualisierte Service-Pakete
Szenario 3Technologieeinsatz
Szenario 5Neue Pfade der Qualifizierung
Szenario 4Kundenintegration
20
Abbildung 10 und Abbildung 11 zeigen die Einschätzung der Szenarien differenziert nach
Herstellern und Industriedienstleistern. Dabei fällt auf, dass die Unterschiede in der Bewertung
von Herstellern und Dienstleistern vergleichsweise gering ausfallen. Vor allem die Tatsache,
dass Dienstleister das Szenario 6 („Nutzenbasierte Geschäftsmodelle“) für äußerst realistisch
einschätzen, überrascht, untergräbt dieser Ansatz doch stark das bisherige Geschäftsmodell der
Industriedienstleister.
Abbildung 10: Einschät-
zung der Wahrscheinlich-
keit aller Szenarien für
Maschinen-Hersteller
2,63
2,67
2,92
3,21
3,67
4,21
1 2 3 4 5
Mittelwerte, n = 24
Punkte auf der Skala
äußerst unwahrscheinlich sehr wahrscheinlich
Szenario 1Service-Wissen zentralisieren
Szenario 6Nutzenbasierte Geschäftsmodelle
Szenario 2Individualisierte Service-Pakete
Szenario 5Neue Pfade der Qualifizierung
Szenario 3Technologieeinsatz
Szenario 4Kundenintegration
4 4
12
3842
0 %
15 %
30 %
45 %
60 %
1 2 3 4 5
gerundete Werte; n = 69
äußerst unwahrscheinlich sehr wahrscheinlich
Punkte auf der Skala
Abbildung 9: Verteilung
der Antworten für die
Einschätzung des Szena-
rios „Zentralisierung von
Service-Wissen“
21
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass alle von uns ausgewählten Trends und Entwicklungen
und die abgeleiteten Szenarien zukunftsrelevant sind. Denn es handelt sich um Themen, die
wir im Rahmen mehrjähriger Forschungs- und Beratungsarbeit gemeinsam mit Unternehmen
des Maschinen- und Anlagenbaus identifiziert und verdichtet haben. Viele der Befragungsteil-
nehmer hatten deshalb Schwierigkeiten, eine eindeutige Rangfolge der Themen zu benennen.
Allerdings zeigen die Ergebnisse durchaus interessante Zusammenhänge, die wir im Vorfeld
so nicht erwartet haben. So ist es schon überraschend, dass das Thema „Zentralisierung von
Service-Wissen“ und die damit verbundene Herausforderung der Neugestaltung des Informa-
tions- und Kommunikationsmanagement im technischen Service mit so deutlichem Abstand
als Top-Thema bewertet wird. Für uns wird dies Anlass sein, unserer Forschungsaktivitäten und
unsere Fachveranstaltungen noch stärker an diesem Themenkomplex auszurichten.
Abbildung 11: Einschät-
zung der Wahrscheinlich-
keit aller Szenarien für
Industriedienstleister
3,1
3,14
3,19
3,24
3,71
4,33
1 2 3 4 5
Mittelwerte, n = 24
Punkte auf der Skala
Szenario 1Service-Wissen zentralisieren
Szenario 6Nutzenbasierte Geschäftsmodelle
Szenario 3Technologieeinsatz
Szenario 5Neue Pfade der Qualifizierung
Szenario 2Individualisierte Service-Pakete
Szenario 4Kundenintegration
äußerst unwahrscheinlich sehr wahrscheinlich
22
Die »Service-Plattform Maschine« ist ein Innovationsverbund, der führende Unternehmen
aus dem Maschinen- und Anlagenbau und angrenzenden Branchen vereint, um gemeinsam
im vorwettbewerblichen Bereich neue Service-Konzepte und praxisorientierte Lösungen für
zukunftsweisende Geschäftsmodelle für technische Dienstleistungen zu entwickeln.
Die Gesamtkoordination des Projekts liegt beim Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und
Organisation IAO. Durch die Verknüpfung zwischen Praxis und Forschung entsteht ein in dieser
Form einmaliges branchenspezifisches Innovationsnetzwerk.
Aktuelle Forschungsthemen im Innovationsverbund
• Echtzeit-Informationstransparenz im Service-Vertrieb:
Im Innovationsverbund »Service-Plattform-Maschine« ist ein wesentliches Thema Echtzeit-
Informationstransparenz im Service-Vertrieb. Es werden Lösungsansätze entwickelt, um
selbst komplexe Service-Verträge im ersten Kundengespräch erfolgreich verkaufen zu
können. Dazu zählen z.B. neue Ansätze in der Modularisierung und Konfiguration von
Dienstleistungsangeboten sowie Konzepte zum Management von Datenflüssen.
• Störungsfreier Service durch Komplexitätsmanagement:
Im Fokus dieses Innovationsthemas werden Lösungsansätze entwickelt, wie der störungs-
bedingte Ausfall von Maschinen durch eine Optimierung von Informations- und Wissens-
flüsse entlang der Service-Prozesse minimiert werden kann. Hierbei spielen Ansätze eines
prozessbezogenen Wissensmanagements sowie Konzepte zur Visualisierung von Informati-
onen im Field-Service eine wichtige Rolle.
• Datenbasierte Geschäftsmodelle:
Im Zentrum des Innovationsthemas »Datenbasierte Geschäftsmodelle« steht die Frage,
wie auf Basis von Daten und Informationen, die bei der Nutzung der Maschine beim
Kunden anfallen, neue Services und neue Geschäftsmodelle entwickelt werden können.
6 ZUM INNOVATIONSVERBUND »SERVICE-PLATTFORM MASCHINE«
Vorteile
�� Benchmarking von Best-
Practice-Lösungen
�� Erkennen und Bewerten
von Trends und Entwick-
lungen
�� Optimierung bestehender
Service-Angebote und
Prozesse
�� Mitgliedschaft in einem
exklusiven FuE-Netzwerk
�� Dienstleistungsforschung
»on demand«
23
Welche Partner sind am Innovationsverbund beteiligt?
Die »Service-Plattform Maschine« bringt Service-Verantwortliche aus Unternehmen mit einer
hohen Dienstleistungsorientierung zusammen. Neben Unternehmen aus dem Maschinen- und
Anlagenbau adressiert der Innovationsverbund angrenzende Branchen und spezialisierte
Software-Anbieter.
Wenn Sie mehr über die Arbeit im Innovationsverbund wissen wollen oder an einer Mitglied-
schaft interessiert sind, wenden Sie sich bitte an die Ansprechpartner des Fraunhofer IAO oder
besuchen Sie die Webseite www.service-plattform-maschine.de.
Abbildung 12: Derzeitige
Innovationspartner der
»Service-Plattform Maschi-
ne«
© f
otol
ia.c
om
24
Bernd Bienzeisler
Leiter Competence Center »Dienstleistungsarbeit«
Fraunhofer-Institut für Arbeits-
wirtschaft und Organisation IAO
Nobelstraße 12
70569 Stuttgart
Telefon. +49 711 970 2088
Mobil: +49 151 1632 7691
7 ANSPRECHPARTNER
25
1
In Kooperation mit dem Innovationsverbund «Service-Plattform Maschine».
www.service-plattform-maschine.de