+ All Categories
Home > Documents > Die Chance 2011-1

Die Chance 2011-1

Date post: 20-Feb-2016
Category:
Upload: mediamacs-concept-design
View: 214 times
Download: 0 times
Share this document with a friend
Description:
Die Chance 2011-1
Popular Tags:
36
Poste Italiane SpA – Versand im Postabonnement ges. Dekr. 353/2003 (abgeändert in Ges. 27/02/2004 Nr. 46) Art. 1, Komma 2, CNS Bozen Erscheinung: 4 Mal im Jahr, Einschreibung ins Bozner Landesgericht Nr.3/2003 Die Chance Die Zeitschrift der Südtiroler Krebshilfe APRIL 2011 | NR. 1 Die Sanitätsreform Foto: Othmar Seehauser
Transcript

Poste

Itali

ane

SpA

– Ve

rsand

im P

ostab

onne

men

t ge

s. D

ekr.

353/

2003

(abg

eänd

ert i

n G

es. 2

7/02

/200

4 N

r. 46

) A

rt. 1

, Kom

ma

2, C

NS

Boze

n Er

sche

inun

g: 4

Mal

im Ja

hr, E

insc

hrei

bung

ins B

ozne

r Lan

desg

eric

ht N

r.3/2

003

Die ChanceDie Zeitschrift der Südtiroler Krebshilfe April 2011 | Nr. 1

Die Sanitätsreform

Foto

: Oth

mar

See

haus

er

INhalt

IMPRESSUM: DIE CHANCE: Kostenlose Zeitschrift für die Mitglieder der Südtiroler Krebshilfe. Herausgeber: Südtiroler Krebshilfe, Dreiheiligengasse 1, 39100 Bozen, Tel: 0471 28 33 48, Fax: 0471 28 82 82 e-mail: [email protected] In das Landesverzeichnis der ehrenamtlich eingetragen Dek. Nr. 199/1.1-28.10.1997 Einschreibung ins Bozner Landesgericht Nr. 3/2003 Sekretariat: Südtiroler Krebshilfe Chefredakteurin: Dr. Nicole Dominique Steiner Fotos: Othmar Seehauser Grafik und Layout: Studio Mediamacs, Bozen Druck: Athesia Druck GmbH, Bozen Nächste Ausgabe: August 2011

Seite 3 – 5 Sanitätsreform - Wir haben eine Verpflichtung allen gegenüber Interview mit dem Landesrat Richard Theiner

6 – 7 Sanitätsreform - Reform geht in die richtige Richtung - aber zu zögerlich Interview mit Sanitätsdirektor Oswald Mayr

8 – 9 Sanitätsreform - Es braucht eine allgemein zugängliche Datenbank Interview mit dem Präsidenten der Südtiroler Ärztekammer Michele Comberlato

10 – 11 Sanitätsreform - Der Hausarzt als Lotse und Koordinator Interview mit Dr. Adolf Engl

12– 15 So arbeitet ein Referenzzentrum - Seit fünf Jahren erfolgreich: Das Brustgesundheitszentrum Brixen Meran

16 Sanitätsreform - Der Kommentar: Reform und kein Ende

16 Vollversammlung der Südtiroler Krebshilfe

17 Wer sind wir - Die Kraft, die das Leben gibt Monika Gurschler, Vorsitzende der Sektion Bozen Salten Schlern

18 - 21 Auch Krebs lässt sich verhindern - Weltkrebstag am 3. Februar 2011

22 - 25 Zu Gast in der Schule (1) - Vorsorge beginnt in der Schule: Experten zum Thema Krebs und Ernährung

26 – 29 Zu Gast in der Schule (2) - „Krebs ist kein Todesurteil“: Die gleiche Krankheit – aber vier unterschiedliche Geschichten.

30 – 36 Was ist los in den BezirkenS. 26

S. 13

S. 11

S. 7

WIR üBER uNSWir über uns

Renate Daporta JöchlerPräsidentin

Liebe Leserinnen, liebe Leser!

Haustür, dann fahre ich doch lieber 40 Km. Und sind wir doch ehrlich: Zum Einkaufen sind wir ja auch bereit, nach Verona oder Innsbruck zu fahren! Wir berichten in dieser Ausgabe ausführlich über zwei Aktionen an einer Brixner Oberschule. Nicht, weil wir schon wieder Brixen den Vorrang geben wollen. Nein. Aber wir sind von zwei Maturaklassen des Pädagogischen Gymnasiums eingeladen wor-den, im Rahmen von Projekttagen in die Klasse zu kommen. Eine Aktion, die wir, wie ich hoffe in Zu-kunft auf das ganze Land ausweiten können. Wir haben mit den Schülerinnen und Schülern über die Arbeit der Krebshilfe und über Prävention gespro-chen; Betroffene haben über ihre ganz persönliche Erfahrung mit der Krankheit berichtet. Und die Schüler waren nicht etwa gelangweilt, und haben gedacht, das geht mich doch alles gar nichts an, sondern im Gegenteil äußerst interessiert. Und das Thema Krebs geht ja auch alle an. Vorsorge kann gar nicht früh genug beginnen!Das Thema Vorsorge stand auch im Mittelpunkt des diesjährigen Weltkrebstag, am 4. Februar, den wir wieder genutzt haben, um eine Presse-

konferenz abzuhalten. Thema: Prävention und Screenings.So, bleibt mir nur noch allen ein schönes Frühjahr und einen guten Start in den Sommer zu wün-schen. Die Teilnehmer der Ferienaufenthalte haben sich schon eingeschrieben und ich hoffe, dass es auch in diesem Jahr wieder viele schöne Momen-te des Zusammenseins geben wird und alle erholt und ausgeruht voll neuer Kraft zurückkommen.Ach ja. Und ich freue mich natürlich Sie alle bei unserer Vollversammlung am 9. April in Bozen begrüßen zu können. In diesem Jahr wird sich al-les um unser 30jähriges Jubiläum und die dafür vorgesehenen Feierlichkeiten drehen.

IhreRenate Daporta JöchlerPräsidentin

INhalt

Einige werden sich vielleicht gewundert haben, dass die Chance dieses Mal so spät angekommen ist. Wir sind nicht spät, wir haben reduziert. In Zu-kunft wird die Chance dreimal im Jahr erscheinen, im Frühjahr, im Sommer und im Dezember. Wir hof-fen, die Zeitung auf diese Weise noch interessanter gestalten zu können. Das große Thema dieser Ausgabe heißt Sanitäts-reform. Ein viel gebrauchtes Wort. Wir haben mit Entscheidungsträgern, Landesrat Richard Theiner und Sanitätsdirektor Oswald Mayr gesprochen. Wir haben aber auch mit Ärzten gesprochen, die dem ganzen etwas kritisch gegenüber stehen, dem Prä-sidenten der Südtiroler Ärztekammer, Dr. Michele Comberlato und dem Präsidenten der Südtiroler Akademie für Allgemeinmedizin, Dr. Adolf Engl. Wir berichten über eines der in der Reform vorgesehe-nen Exzellenzzentren, das Brustgesundheitszent-rum Brixen – Meran. Ich persönlich bin der Mei-nung, dass wir vor der Zusammenlegung einiger Dienste keine Angst zu haben brauchen. Wenn ich weiß, dass in 40 Km Entfernung wesentlich mehr Fälle behandelt werden, als bei mir direkt vor der

ThemaTHEMA

3

SanitätSreformSANITÄTSREFORM

Wir haben eine Verpflichtung allen gegenüberInterview mit dem Landesrat für Familie, Gesundheit und Soziales, Richard Theiner

Vor vier Jahren ist mit der Durchführung der Sanitätsreform begonnen worden. Zunächst im Bereich der Verwaltung. Nun geht es an die klinische Reform. Die territoriale Grundversorgung soll wieder aufgewertet und die fachärztliche Versorgung in den Krankenhäusern gestrafft werden.

Chance: Was ist ihrer Ansicht nach der zentrale Punkt der klinischen Reform?

lR Richard theiner: Schauen wir zu-nächst einmal, was schon passiert ist. Schließlich hat die Reform des Südtiroler Sanitätswesens bereits 2007 begonnen, mit der Zusammenlegung der bis dato vier Sanitätsbetriebe in einen. Wir haben mit der Verwaltung begonnen. Prozedere vereinfacht, Einsparungen getätigt, in dem beispielsweise Stellen nicht mehr nachbe-setzt wurden. Gleichzeitig haben die Mitar-beiter in den Gesundheitsberufen deutlich zugelegt… Jetzt geht´s an die klinische Reform nach dem Motto, gute medizini-sche Grundversorgung überall, aber nicht überall alles.

Chance: Die Ärzte beklagen, dass es noch kein einheitliches EDV-System gäbe, ihrer Ansicht nach absolute Voraussetzung für das Gelingen der Reform.

lR Richard theiner: Für mich ist das eine Frage der Kultur, das muss zusam-menwachsen. Das kann ich nicht per Ge-setzesmaßnahme von oben verordnen. Für mich liegt die Voraussetzung vielmehr in der überwindung des Bezirksdenkens. Für mich besteht das große Problem, das es zu überwinden gilt, in den Köpfen, die nicht über den eigenen Bezirk hinausschauen.

Chance: Die demographische Entwick-lung, das heißt die überalterung der Ge-sellschaft – auch in Südtirol – wird mit

einer enormen Steigerung der Nachfrage nach medizinischen Leistungen verbunden sein. Wie wollen Sie das bewältigen?

lR Richard theiner: Wir können das nur bewältigen, wenn wir in den Krankenhäu-sern nur das behandeln, was nur dort zu be-handeln ist und alles andere in den Bezirken.

Chance: Gibt es dafür genug Allge-meinärzte?

lR Richard theiner: In Südtirol herrscht noch kein Ärztemangel. Aber in mittle-rer, bzw. ferner Zukunft kann das auch bei uns zum Problem werden. Deshalb setzen wir schon jetzt auf zusätzliche Ausbildungsstellen, z. B. in Nord- Folgt

Foto

: Oth

mar

See

haus

er

ThemaTHEMA

4

SanitätSreformSANITÄTSREFORM

tirol, aber auch bei uns in Südtirol. Die Landesregierung hat die Gründung einer medizinischen Fakultät ins Auge gefasst.

Chance: Die Reform verlangt ein um-denken auch der Patienten. Sind Sie op-timistisch?

lR Richard theiner: Wir hätten keine Reform gemacht, wenn wir nicht wüssten, dass die Patienten dahinterstehen. Das Per-sonal scheint sich dagegen auszusprechen, die Patienten sind dafür. Stichwort Kom-plementärmedizin in Meran. Die Patienten wünschen eine ganzheitliche Behandlung.

Chance: Aber die Ärztekammer hatte sich dagegen ausgesprochen…

lR Richard theiner: und wir haben es gegen den enormen Widerstand der Ärz-tekammer durchgezogen. Heute haben wir eine europaweite positive Resonanz auf diese Abteilung. Fernsehteams kommen. Aber, was für mich das Wichtigste ist: wir haben eine positive Rückmeldung von

Seiten der Patienten. Ich mache Politik für Patienten, nicht für Lobbys.

Chance: Apropos Ärztekammer: Präsi-dent Michele Comberlato hält Ihnen vor, die Ärzte nicht in die Entscheidungen über die Reform mit einbezogen zu haben?

lR Richard theiner: Dazu kann ich nur wiederholen, dass die Gesundheitspolitik von der Politik gemacht wird und nicht von den Lobbys, sonst wären wir im Mittelalter.

Chance: Wie wollen Sie das umdenken der Patienten zu mehr Eigenverantwor-tung erreichen?

lR Richard theiner: Die Gesundheitser-ziehung beginnt in der Wiege – wenn nicht noch früher. Laut Weltgesundheits-Organisa-tion, WHO, ist unsere Gesundheit zu zehn Pro-zent von der Gesundheitsstruktur bestimmt, zu zwanzig Prozent von der Genetik und zu fünfzig Prozent vom Lebensstil. und genau hier setzen wir an. Wir müssen Gesundheits-politik mit Bewusstseinsschulung machen.

Chance: und wie soll das vonstatten gehen?

lR Richard theiner: Indem wir den Schulen Gelder für Gesundheitserziehung geben und indem wir über die Stiftung Vital in allen Bereichen gesundheitsför-dernde Aktionen setzen wie zum Beispiel gesunder Betrieb, gesunde Gemeinde, indem wir gemeinsame Wanderungen initiieren usw. Wir geben unterstützung zur Eigenverantwortung.

Chance: Aber reicht das? Jeder weiß, dass Rauchen schädlich ist und doch rau-chen auch gerade Jugendliche.

lR Richard theiner: Da müssen wir die Gesetze noch strenger machen. Bei uns gibt es keine Raucherräume, wir haben in Zusammenarbeit mit dem HGV eine Kampagne für maßvollen Alkoholgenuss gestartet…

Chance: Könnte eine Lösung sein, die Behandlung von denjenigen, die vorsätz-lich ihre Gesundheit schädigen, z. B. zum Beispiel durch Rauchen oder durch Alko-holmissbrauch, nicht mehr zu finanzieren?

lR Richard theiner: Nein. Das wäre das Ende der Solidarität, das ist nicht mein Bild von Gesellschaft. Wir haben eine Verpflich-tung allen gegenüber.

Chance: Das kleine Südtirol hat sieben Krankenhäuser. Sind das nicht zu viel? Hier sieht die Reform keine Veränderung vor.

lR Richard theiner: Die Krankenhäuser werden bestehen bleiben, aber einer der zentralen Punkte der klinischen Reform ist, dass nicht mehr alles überall angeboten wird. Da müssen wir uns zusammenset-zen und die Fallzahlen untersuchen. Im Interesse der Patienten. Es wird Referenz-zentren für die verschiedenen Behand-lungen geben. Das heißt zum Beispiel für die Tumorpatienten, dass in einem Krankenhaus bestimmte Operationen durchgeführt werden, dort wo ich die Einhaltung der europäischen und inter-nationalen Standards gewährleisten kann und dort, wo hohe Fallzahlen einen gro-ßen Erfahrungsstand gewährleisten. Aber die Nachbehandlung, die kann dann auf territorialer Ebene erfolgen. Ich muss mich als Patient doch fragen, wo habe ich die größten Chancen und nicht, wo muss ich den kürzesten Weg zurücklegen.

Chance: Wie beurteilen Sie den Stand der Krebsbehandlung in Südtirol?

Landesrat Richard Theiner

Foto

: Oth

mar

See

haus

er

ThemaTHEMA

5

Chance: Die im neuen Krebsatlas veröf-fentlichten Zahlen zeigen, dass die Zahl an Dickdarmkrebserkrankten steigt und auch immer mehr Frauen davon betroffen sind.

lR Richard theiner: Die Inzidenz und Mortalitätsrate, die im neuen Krebsatlas er-hoben wurde, den wir in Auftrag gegeben haben, sagt aber auch, dass wir dennoch gut im Schnitt liegen. und jetzt haben wir diesbezüglich die Empfehlung erhalten und haben dieses Screening auch eingeführt!

Chance: Wie beurteilen Sie die Arbeit von Organisationen wie der Krebshilfe?

lR Richard theiner: Mir ist die Krebshilfe sehr wichtig. Ich finde es gut, dass sie sich im Interesse ihrer Mitglieder kritisch mit diesen Themen auseinandersetzt. Außer-dem bin ich der Ansicht, dass der Aspekt der gegenseitigen Hilfe und des Halts, der in so einer Gruppe entsteht, gar nicht hoch genug einzuschätzen ist. und ich kann mich natürlich nur bedanken für die wertvolle Hilfe der zahlreichen Freiwilligen.

Chance: Haben Sie manchmal das Ge-fühl auf einem Schleudersitz zu sitzen?

lR Richard theiner: Ich hatte 2008 ein gutes Wahlergebnis und hätte auch ein anderes Ressort wählen können. Natürlich steht mein Ressort im Brennpunkt des In-teresses und damit auch der Kritik. Aber ich spüre die Verantwortung. Gerade in diesem Bereich empfinde ich es als enorm wichtig, viel zu bewegen. Im Interesse der Bevölkerung. und ich weiß den Großteil der Bevölkerung hinter mir.

Chance: Wir haben vorhin von Eigen-verantwortung und Gesundheitsbewusst-sein gesprochen. Wie gesund leben Sie selbst?

lR Richard theiner: Ich arbeite zu viel. Mein Pensum ist sicher alles andere als gesundheitsfördernd, aber sonst versuche ich, mich ausgewogen und gesund zu er-nähren. Ich treibe verschiedene Sportar-ten. und ich muss sagen, ich fühle mich sehr gesund! n

SanitätSreform

lR Richard theiner: Wir stehen sehr gut da und können unseren Patienten die besten Behandlungen nach internationa-len Standards gewährleisten. In Zukunft, mit Schaffung der Referenzzentren wird das noch besser werden.

Chance: Wie kommt es das Südtirol, das sonst immer Klassenprimus sein möchte, sich so lange Zeit gelassen mit der Ein-führung eines allgemeinen Screenings zur Erkenntnis von Dickdarmkrebs. In Nachbarprovinzen und selbst in Südita-lien wird diese untersuchung schon seit Jahren angeboten. Hier wird ein Test des Stuhlgangs auf Blutspuren erst ab diesem Jahr angeboten.

lR Richard theiner: Die Politik ent-scheidet, aber nach Dafürhalten des Sa-nitätsrats. Wir haben nicht die Kompetenz, um das zu entscheiden und halten uns zu hundert Prozent an die Empfehlungen diese Rates, der zum Großteil aus Ärzten besteht. So ein Screening hat auch Nach-teile.

SANITÄTSREFORM

So schön kann gesundheitsförderndes Verhalten sein!Foto

: Oth

mar

See

haus

er

ThemaTHEMA

6

SANITÄTSREFORMSanitätSreform

Die klinische Sanitätsreform wird die Rollen neu verteilen. Die Tätigkeit des Hausarztes wird aufgewertet, komplexe Fälle werden in entsprechenden Referenzzentren behandelt und die Patienten müssen umdenken. Ein Prozess, der noch zu langsam vonstatten geht.

Chance: Das Zauberwort der Sanitäts-reform heißt Referenzzentrum. Was ist darunter zu verstehen?

Dr. Oswald Mayr: Das heißt nichts anderes, als dass wir in jedem Bezirk be-stimmte Dienste anbieten werden, die dort aus irgendeinem Grund eine spezifische Entwicklung erfahren haben. Zum Bei-spiel ein Zentrum für Invitro-Fertilisation in Bruneck. Ein Zentrum für Plastische Chi-rurgie in Brixen. Ein Zentrum für Schlagan-fallbehandlung in Bozen und ein Zentrum für Handchirurgie in Meran usw.

Chance: Es gibt sieben Krankenhäuser in Südtirol. Werden die Krankenhäuser bei einer solchen Aufteilung mitspielen?

Dr. Oswald Mayr: Darum geht es nicht. Würde man heute den Sanitätsbetrieb ex novo aus der Taufe heben, dann gäbe es ohnehin keine sieben Krankenhäuser mehr. Das ist ein altes Konzept. Man wür-de mit drei auskommen und würde von vorneherein die territoriale Betreuung kapillar ausbauen. Aber zurück zur Frage: Auf niedrigem Niveau werden bestimmte Dienstleistungen auch weiterhin überall angeboten, der Basisanteil bleibt auf der lokalen Ebene, aber für komplexe Fälle muss sich der Patient in eines der Refe-

renzzentren begeben. In seinem eigenen Interesse.

Chance: Wie lange wird diese Entwick-lung dauern?

Dr. Oswald Mayr: Wir können diese Refe-renzzentren natürlich nicht aus dem Boden stampfen, sondern werden schrittweise pa-tientenrelevante Bereiche wie zum Beispiel die plastische Chirurgie in der Onkologie einrichten. Die Referenzzentren werden zudem alle im Netzwerk arbeiten.

Chance: Wie ist das zu verstehen?

Dr. Oswald Mayr: Bleiben wir beim Bei-spiel der Tumorbehandlung. Sagen wir eine Patientin aus Schlanders mit einem Mam-makarzinom. Das therapeutische Konzept wird gemeinsam von einem sogenannten Tumorboard beschlossen, dem ein Gynä-kologe, ein Psychologe, ein Onkologe, ein Pathologe, ein Chirurg und ein plastischer Chirurg angehören. Zur Operation kommt die Patientin ins Brustgesundheitszentrum nach Meran. Neben dem Chirurgen ist bei der Operation ein plastischer Chirurg vom Referenzzentrum in Brixen anwesend. Die Chemotherapie und die psychologische Betreuung macht die Patientin aber vor Ort, daheim in Schlanders.

Chance: Die Leute haben Angst vor der Entfernung heißt es.

Dr. Oswald Mayr: Wenn es darum geht, ins Ausland zu fahren oder außerhalb Süd-tirols, dann nehmen die Patienten seltsa-merweise alles in Kauf. In Südtirol sind sie resistent. Bozen – Brixen – Meran – was sind denn das für Strecken?! Was vertretbar ist, wird beim Wohnort bleiben: Erste Ein-stufung der Krankheit, die untersuchung auf genetische Belastung, die Vorgeschich-te und die Klassifizierung des Patienten, die Erstellung des therapeutischen Konzepts.

Chance: Hat der Patient immer mit den-selben Ansprechpartnern zu tun?

Dr. Oswald Mayr: Der Patient hat in der Regel einen Ansprechpartner seines Ver-trauens, einen fixen Bezugspunkt, an den er sich mit allen Fragen richten kann. Im Fall unserer Patientin aus Schlanders den Gynäkologen. Aber der Gynäkologe hat im Tumorboard immer mit den gleichen Kollegen zu tun, die den Fall kennen und an die er die spezifischen Fragestellungen weiter leiten kann. Die therapeutischen Erfolge geben uns recht. Das System be-währt sich.

Chance: Wie erklären Sie sich die Ängste der Bürger von der Reform?

Dr. Oswald Mayr: Im Gesundheitsbe-reich muss gespart werden wie überall. Das verunsichert die Leute. Weil mit diesem Bereich natürlich auch elementare Ängste verbunden sind. Aber wir garantieren den bestmöglichen Einsatz der Steuergelder. Es gibt einen zentralen Bereich, wie zum Beispiel die onkologische Betreuung, da wird mit Sicherheit nicht gespart werden. Aber es gibt viele andere Bereiche, wo die Angemessenheit des Angebots überprüft werden muss, wo Leistungen hinterfragt werden müssen. So wird etwa die Strah-lentherapie von der Bonvicini-Klinik in die

Reform geht in die richtige Richtung - aber zu zögerlichInterview mit Sanitätsdirektor Oswald Mayr

Dr. Oswald Mayr, Sanitätsdirektor

Geboren in Lengmoos am Ritten. Studium der Humanmedizin in Innsbruck, Linz und München.

1987 Facharzt für Anästhesiologie in Berlin; bis 1990 Oberarzt am Klinikum Steglitz der Fu Berlin. Seit 1990 am Krankenhaus Bo-zen, 1999 - 2003, 2006 Primar der Intensiv-station. 2003 - 2005 Sanitätsdirektor Bozen. Ab 2007 Sanitätsdirektor des Südtiroler Sa-nitätsbetriebs

ThemaTHEMA

7

Onkologie im Bozner Krankenhaus verlegt. Wir kommen um eine Rationalisierung nicht herum.

Chance: Der Patient fragt sich: „Wird wohl ausgerechnet bei mir gespart?“

Dr. Oswald Mayr: Wir bieten allen Pati-enten die gleichen Behandlungsniveaus, im Fachjargon LEAS an. Die werden von der öffentlichen Hand bezahlt. Will der Patient mehr, muss er beitragen.

Chance: Wie bei der Komplementärme-dizin?

Dr. Oswald Mayr: Genau. Bei der Kom-plementärmedizin handelt es sich um ein zusätzliches Heilungsverfahren, das außer-halb des evidenz-medizinischen Bereichs im emotionellen Bereich liegt. Hier muss der Patient ein Ticket zahlen.

Chance: Wie stehen Sie zur Komplemen-tärmedizin?

Dr. Oswald Mayr: Der Schulmediziner und der Komplementärmediziner haben die gleiche Patientenakte vor sich liegen. Der unterschied in der Behandlung ist, dass der Komplementärmediziner nicht

die Heilungschancen erhöht, sondern die Lebensqualität des Patienten.

Chance: Stichwort Betreuungskontinuität.

Dr. Oswald Mayr: Mit der Sanitätsreform wollen wir die Rolle des Hausarztes aufwer-ten. In Zukunft werden auch die Hausärzte im Netzwerk arbeiten müssen, um die von uns angestrebte Betreuungskontinuität zu garantieren. Der Hausarzt wird auf dem Territorium für die Behandlung der chro-nisch erkrankten Patienten zuständig sein, also chronisch Lungenkranke, neurologi-sche Erkrankungen, Diabetes usw.

Chance: Wie soll er das alleine schaffen?

Dr. Oswald Mayr: Das muss er nicht al-leine schaffen. Im Bezirk wird er unterstützt von Fachpersonal, Pflegern, Physiothera-peuten, von einer Sekretärin, aber auch von Fachärzten.

Chance: Viele Hausärzte haben heute nicht einmal die Mittel für eine Sekretärin …

Dr. Oswald Mayr: Wir werden die Grün-dung von größeren Gemeinschaftspraxen in den Sprengeln anregen. In der Stadt ist das vielfach schon Realität. Wir streben

insgesamt eine Aufwertung der Ärzte für Allgemeinmedizin an, die im Konzept der Betreuungskontinuität natürlich auch eine große Rolle spielen.

Chance: Werden die Patienten das an-nehmen? In der Ersten Hilfe vom Kranken-haus Bozen werden an manchen Tagen bis zu 400 Patienten gezählt.

Dr. Oswald Mayr: unsere Patienten waren bisher zu krankenhauszentriert. Jetzt müs-sen sie umdenken und Vertrauen in ihren Hausarzt gewinnen. Das mit der Ersten Hil-fe ist ein großes Problem. Mindestens 70 % dieser Patienten wären ein Fall für den Hausarzt.

Chance: Am Wochenende ist zumindest in der Stadt kein Arzt im Dienst. Nach 18 uhr auch nicht mehr…

Dr. Oswald Mayr: Wir müssen sicher auch die Verträge der Hausärzte neu ge-stalten. Das ist alles eine Frage der Zeit. Ich bin mir jedenfalls ganz sicher, dass wir in die richtige Richtung gehen, nur geht alles viel zu zögerlich vonstatten und wir sind im An-satz zu bescheiden. Wir müssen immer noch die Balance finden zwischen dem effektiven Bedarf und der politischen Machbarkeit. n

SanitätSreformSANITÄTSREFORMFo

to: O

thm

ar S

eeha

user

ThemaTHEMA

8

Chance: Alle reden von der klinischen Re-form. Von der Notwendigkeit einzusparen, um einen Zusammenbruch des öffentlichen Sanitätswesens zu verhindern. Aber was ist denn nun, startet die Reform oder nicht?

Dr. Michele Comberlato: Tatsächlich scheint es Widerstand zu geben, dieses Thema anzugehen. Wir gehen von einem Status Quo aus, der allgemein als sehr zu-friedenstellend beurteilt wird. Man weiß nicht recht, was das Neue bringen wird. Das führt zu unsicherheit und Angst.

Chance: Wenn alles so gut funktioniert, wozu braucht es dann eine Reform?

Dr. Michele Comberlato: Wenn wir uns die Vergleichsdaten auf nationaler Ebene anschauen, stellen wir fest, dass eben doch nicht alles so perfekt ist, wie es ausschaut. und unsere Dienste nicht so gut abschnei-den, wie es auf den ersten Blick den An-schein haben mag.

Chance: und der Grund dafür?

Dr. Michele Comberlato: Bei uns dreht sich der gesamte Gesundheitsdienst um

das Krankenhaus. Das Territorium ist – zum Großteil jedenfalls – leer. unsere Kranken-häuser, oder zumindest einige davon haben täglich mit einer völligen überlastung zu kämpfen. Die Erste Hilfe Abteilungen sind völlig überlaufen, weil alle wegen jedem Wehwehchen dorthin gehen, das wesent-lich besser und kostengünstiger vom Haus-arzt im Sprengel behandelt werden könnte.

Chance: Das Sanitätswesen hat mit 1.300 Millionen Euro den größten Anteil am Lan-deshaushalt. Reicht das nicht?

Dr. Michele Comberlato: An Geld fehlt es uns eigentlich nicht. Wir haben eine Pro-Kopf-Quote um die uns andere nur benei-den können. Das Problem ist ein anderes: Wir müssen das Verteilungsprinzip dieser Ressourcen ändern, wenn wir weiterhin leistungsstark bleiben wollen.

Chance: Wenn es nicht an den Mitteln liegt, woran dann?

Dr. Michele Comberlato: In meinen Augen fehlt eine klare Linie. Oft werden Entscheidungen vorschnell getroffen, ohne die entsprechenden Fachleute mit

einzubeziehen oder jedenfalls nicht in ausreichendem Maße. Ein Beispiel: Die Ärztekammer wurde in die Entscheidung eine Abteilung für Komplementärmedizin in Meran zu eröffnen oder das Vorhaben der Landesregierung, eine Struktur für Neuro-Rehabilitation in Sterzing einzu-richten nicht mit einbezogen. Wir haben uns gegen beides ausgesprochen. Weil es unserer Ansicht nach keine eigene Abtei-lung für Komplementärmedizin braucht, bzw. weil in Sterzing jede Voraussetzung fehlt für ein Funktionieren einer solchen komplexen Abteilung mit Patienten, die einer ganzen Reihe anderer Dienste be-dürfen, die es dort nicht gibt. Wir wollen keine Politik machen, aber wir wollen unsere Kompetenz, unser Fachwissen den Entscheidungsträgern zur Verfügung stellen. Leider wird das nicht in Anspruch genommen!

Chance: Sitzen in der Arbeitsgruppe der 26 er Kommission nicht auch Ärzte und Vertreter des Pflegepersonals?

Dr. Michele Comberlato: Natürlich, aber dieses Gremium, dem die Vorhaben im Bereich Sanitätswesen unterbreitet werden, kann nur Empfehlungen ausspre-chen und hat kein Entscheidungsrecht.

Chance: Was braucht es Ihrer Meinung nach, bevor man an den Aufbau neuer Strukturen denkt?

Dr. Michele Comberlato: Ganz Süd-tirol hat nicht einmal eine halbe Million Einwohner. Aber es gibt sieben Kranken-häuser, das Territorium ist in Sprengel aufgeteilt, die wiederum von den Kran-kenhäusern abhängen. So weit so gut. Aber wenn jetzt ein Patient zu mir in die Gastroenterologie kommt, dann habe ich keinerlei Zugriff auf seine Gesundheitsda-ten und auf seine Krankengeschichte, weil wir nicht adäquat vernetzt sind. Wenn ich einen Patienten entlasse, dann gebe ich

Es braucht eine allgemein zugängliche DatenbankInterview mit dem Präsidenten der Südtiroler Ärztekammer Michele Comberlato

SanitätSreformSANITÄTSREFORM

Doktor Michele Comberlato, Präsident der Südtiroler Ärztenkammer

Michele Comberlato wurde in Bozen ge-boren. Studium der Medizin in Verona und Spezialisierung in Gastroenterologie.

Seit 1986 arbeitet Comberlato auf der Ab-teilung für Gastroenterologie, Physiopa-thologie und Endoskopie des Verdauungs-traktes im Krankenhaus Bozen.

Doktor Comberlato ist Oberarzt, sein Spe-zialgebiet ist die Behandlung chronischer Darminfektionen und er ist Direktor des multi–disziplinären Zentrums für die Be-handlung von chronischen Darmerkran-kungen im Krankenhaus Bozen.

Comberlato ist Mitglied der wichtigsten in-ternationalen und nationalen Gesellschaf-ten für Gastroenterologie. Seit 2000 gehört er der Südtiroler Ärztekammer an, der er seit 2009 als Präsident vorsteht.

Eine Reform des Südtiroler Gesundheitswesens braucht es. Längst schon. Aber den Ärzten fehlt bisher eine klare Linie. Und: Sie würden gerne ihre fachspezifische Kompetenz in die Planung der klinischen Reform mit einbringen.

9

Brustgesundheitszentrum Brixen – Meran, das sehr gut funktioniert.

Chance: Nach dem Motto mehr Fälle – mehr Erfahrung und Kompetenz?

Dr. Michele Comberlato: Genau. In der Medizin gilt das Prinzip des evidence based, d. h. wenn ein Eingriff Routine ist und entsprechend oft durchgeführt wird, hat der Patient mehr Aussicht auf Erfolg. überall wird schon nach diesem Prinzip gearbeitet, bei uns noch nicht. Diese Vor-teile muss ich dem Patienten erklären.

Chance: Damit er versteht, dass es kei-ne Verschlechterung des Angebots ist, wenn er einen Eingriff in 30 Km Entfer-nung vornehmen lassen muss…

Dr. Michele Comberlato: Eben. Von einer Verschlechterung kann keine Rede sein, im Gegenteil. Die Behandlung in ei-nem Referenzzentrum erhöht die Chan-cen auf Heilung. Dort wird der Patient nach den neuesten Standards behandelt und von einem Chirurg operiert, der die-sen Eingriff hunderte Male und nicht zehn Mal durchgeführt hat. und dann, seien wir doch ehrlich. Was heißt denn hier bei uns in Südtirol große Entfernung? Ich brauche länger um in Mailand in das nächstgele-gene Krankenhaus zu kommen, als um vom Vinschgau nach Brixen zu fahren! n

ThemaTHEMASanitätSreformSANITÄTSREFORM

ihm den Entlassungsbrief mit, in dem u. a. steht, welche weitere Behandlung er be-nötigt. Wer sagt mir, dass er diesen Brief auch tatsächlich seinem Hausarzt zeigt? Wenn er es nicht tut, wer garantiert mir, dass er seine Behandlung auch tatsächlich fortsetzt? Verstehen Sie, dass es hier ein Problem gibt und dass aus diesem Manko Kosten, sogar erhebliche Kosten entste-hen können?

Chance: In Trient gibt es ein solches Netz schon seit zehn Jahren…

Dr. Michele Comberlato: Ja, und es funktioniert! Bei uns hingegen wurden enorme Summen in ein EDV System in-vestiert, das nicht funktioniert und das das Krankenhaus eben nicht online mit dem Territorium verbindet. Wir stecken Millionen von Euro in die Renovierung un-serer Krankenhäuser aus, aber wir haben keine gemeinsame Datenbank. In Bruneck haben sie entschieden alleine eine aufzu-bauen und es funktioniert. Mehr als hun-dert Ärzte und natürlich das Krankenhaus haben sich daran beteiligt.

Chance: Könnte das Problem der Pri-vacy eine ursache dafür sein, dass ein solches Netzwerk noch nicht funktioniert?

Dr. Michele Comberlato: Mag sein; es stimmt schon dass die Behandlungskon-

tinuität mitunter von den Vorschriften der Privacy behindert wird. Aber glauben Sie mir, ohne eine Vernetzung kann das Territorium nicht funktionieren. Eine sol-che allgemeine Datenbank wäre gerade auch für die Behandlung von Tumorpa-tienten von größter Bedeutung, für den Austausch der Behandlungsprotokolle in den verschiedenen Phasen, akut, postakut und chronisch. Viele unserer Hausärzte können sich nicht einmal eine Sekretärin leisten, sie sind ohne eine gemeinsame Datenbank isoliert und werden unserer Ansicht nach auch nicht genügend in die Reform des territorialen Sanitätsdienstes involviert.

Chance: Damit die Reform überhaupt greifen kann, müsste man auch die Be-völkerung miteinbeziehen?

Dr. Michele Comberlato: Absolut. Veränderungen müssen entsprechend vorbereitet werden, wenn sie greifen sollen. In Zukunft wird beispielsweise die Chirurgie im Bereich der Onkologie nur noch in vier Bezirkskrankenhäusern angeboten. und auch da werden nicht überall alle chirurgischen Eingriffe ange-boten, es ist vorgesehen sogenannte auf eine bestimmte Pathologie spezialisierte Referenzzentren zu schaffen, um dem Patienten eine höhere Kompetenz garan-tieren zu können. Nach dem Modell des

Foto

: Jyo

ti O

rlan

di

ThemaTHEMA

10

Chance: Den Hausärzten kommt im Rah-men der klinischen Reform eine wichtige Rolle zu. Die Allgemeinmedizin soll als eine der Säulen des Sanitätswesens das Kranken-haus entlasten und damit helfen Ressour-cen einzusparen. Wie stehen die Hausärzte dazu?

Dr. adolf Engl: Für uns ist die Reform im Territorium bisher nicht erkennbar. Bisher hieß es nur, es sollen 50 neue Ärzte einge-stellt werden, um das Territorium zu entlas-ten. Aber wo soll man die hernehmen? Die Reform kann nicht sein, Krankenhausärzte kurz vor der Pension für einige Jahre aufs Land zu schicken.

Chance: Wie sieht die Situation auf dem Territorium aus?

Dr. adolf Engl: Die Arbeit eines Haus-arztes hat sich in den letzten 20 Jahren grundlegend geändert. Die Bevölkerung wird älter, die Menschen sind gesund-heitsbewusster und fordern daher mehr, sie wollen alles sofort. Die Krankheiten haben sich geändert. Der bürokratische Aufwand ist so angewachsen, dass mehrere Stunden am Tag nur dafür verloren gehen. Abgese-hen davon, dass die Bürokratisierung den

Arzt von seinem effektiven Auftrag und von seinem Patienten entfremdet. Die Zeit für den einzelnen wird immer weniger. Die Arzt –Patientenbeziehung droht zur bloßen Vertragsbeziehung zwischen Dienstleister und Konsument zu werden. Viele Hausärzte fühlen sich überfordert, alleingelassen und sind demotiviert.

Chance: Was unterscheidet die Tätigkeit des Allgemeinarztes von der eines Facharz-tes im Krankenhaus?

Dr. adolf Engl: Die Allgemeinmedizin ist das einzige Fach, das einen ganzheitli-chen, sprich biopsychosozialen Ansatz hat. unsere Arbeit basiert auf dem Vertrauen, das sich während der Langzeit Patienten-Arzt-Beziehung aufbaut. unsere Aufgabe ist die medizinische Grundversorgung des Patienten, und hat zum Ziel, Patientenpro-bleme individuell mit möglichst einfachen Mitteln gesundheitsfördernd und gemein-sam mit dem Patienten zu lösen und – ein ganz wichtiger Aspekt - dabei gleichzeitig den eigenverantwortlichen umgang mit der Gesundheit zu fördern.

Chance: Viele Patienten übergehen heu-te den Hausarzt, d. h. sie gehen gleich ins

Krankenhaus, weil sie glauben, beim Spezi-alisten besser aufgehoben zu sein.

Dr. adolf Engl: Daran krankt ja auch un-ser System, daher die Kostenexplosion und die totale überlastung bestimmter Dienste der Krankenhäuser. Die Behandlung von All-gemeinarzt und Krankenhausarzt ist wie ich schon sagte grundverschieden. Der Facharzt ist auf seinen Bereich fokussiert. Sofort zum Facharzt zu gehen ist aber wie mit Kanonen auf Spatzen zu schießen. Wenn der Patient den Hausarzt übergeht, kann dieser seiner Funktion als Lotse, als Koordinator nicht mehr nachkommen. Die spezialistische Pa-tientenversorgung im Krankenhaus ist aber umso besser und angemessener, je mehr sie vom Allgemeinarzt koordiniert wird.

Chance: Was muss geschehen, um die Arbeit des Hausarztes wieder aufzuwerten?

Dr. adolf Engl: Wenn ich einen besseren Dienst möchte, komme ich um Investitionen nicht umhin. Seit 30 Jahren ist nichts mehr in dieser Richtung geschehen.

Chance: Das heißt seit der Einführung der Sprengel?

Dr. adolf Engl: Ja, wobei die Sprengel-reform auf halbem Weg steckengeblieben ist. Was damals als Entlastung des Allge-meinarztes gedacht war, ist heute nur der verlängerte Arm des Krankenhauses. Eine leere Struktur, die mehrere Dienstleistun-gen anbietet, aber ohne von einem Arzt koordiniert zu werden und ohne deshalb eine Entlastung für uns zu sein. Die Hälfte der niedergelassenen Hausärzte hat nicht einmal eine Sekretärin.

Chance: Was ist nach Meinung der Haus-ärzte notwendig, damit das Territorium tatsächlich das Krankenhaus entlasten und wieder seiner Rolle als Basisversorgung ge-recht werden kann, damit der Patient das Vertrauen in seinen Hausarzt bewahrt bzw.

Der Hausarzt als Lotse und KoordinatorInterview mit Dr. Adolf Engl, Präsident der Südtiroler Akademie für Allgemeinmedizin

SANITÄTSREFORMSanitätSreform

Dr. Adolf Engl, Allgemeinmediziner

Adolf Engl wurde in Terenten geboren. Stu-dium der Humanmedizin an der Leopold Franzens universität in Innsbruck.

Seit 1982 als Hausarzt tätig, zunächst in Pfalzen, seit 1988 in Brixen. Neben sei-ner Tätigkeit als Allgemeinmediziner ist Adolf Engl mit der Aus- und Weiterbildung von Allgemeinmedizinern sowie mit For-schungsprojekten in diesem Bereich be-fasst. Adolf Engl ist seit 2004 Gründungspräsi-dent der Südtiroler Akademie für Allge-meinmedizin.

Die Südtiroler Hausärzte tun sich noch schwer, die Reformansätze zu erkennen. Sie sind bereit, die ihnen zugedachte Rolle im Sanitätswesen zu übernehmen. Unter der Voraussetzung, dass in ihre Tätigkeit investiert und die Bedingungen für die Ausübung ihrer verantwortungsvollen Tätigkeit geschaffen werden, die den Veränderungen der letzten zwanzig Jahre Rechnung tragen.

ThemaTHEMA

11

SanitätSreformSANITÄTSREFORM

wiedergewinnt und ihn als den besten Weg zur Genesung und zur Wahrung seiner Ge-sundheit ansieht?

Dr. adolf Engl: Für Ärzte gibt es heute keinerlei Investitionsbeiträge. Für eine Praxis braucht es aber mehr als nur eine Personen-waage, einen Schreibtisch, eine Liege und ein Stethoskop. Es bedarf Förderungen für Investitionen in moderne Praxisstrukturen und vor allem auch in Personal. Der Haus-arzt braucht eine zeitgemäße Arztpraxis mit Sekretärin, Krankenschwester und anderen Sanitätshilfsberufen, er braucht eine medi-zintechnische Grundausstattung, am besten im Rahmen einer Gemeinschaftspraxis, die im Idealfall in einem Gebäude zusammen mit anderen Diensten des Sanitätsbetriebs wie Blutabnahme, Reha; Langzeitpflege-station etc. untergebracht ist. Es braucht Starthilfen für Jungärzte, Förderungen für Praxen, die Jungärzte aufnehmen. Die Pati-entenzahl muss optimiert werden. Das heu-te rein pauschale Pro Kopf Honorierungssys-tem sollte leistungs- und qualitätsbezogen sein. Die Wahlfreiheit der Patienten sollte vergrößert werden, die Arzt-Patienten-Beziehung ist schließlich das Herzstück der Allgemeinmedizin. Die Forschung in der Allgemeinmedizin muss gefördert werden.

Chance: Eine lange Liste, wenn die Re-form des Territoriums Einsparungen brin-gen soll…

Dr. adolf Engl: Wenn ich zwanzig sparen will, muss ich bereit sein zehn zu investieren.

Chance: Was sagen die politischen Ent-scheidungsträger zu diesen Forderungen. Sind die Allgemeinmediziner in die Reform mit eingebunden?

Dr. adolf Engl: Wir unterbreiten Vor-schläge inhaltlicher Natur, wollen dabei helfen, Konzepte zu erstellen und hoffen natürlich mit unseren Argumenten zu über-zeugen. Bisher gab es allerdings noch keine offiziellen Kontakte mit den politischen Ent-scheidungsträgern.

Chance: Im Zusammenhang mit der kli-nischen Reform ist immer wieder die Rede von notwendigen Einsparungen. Gleich-zeitig werden Investitionen in nicht unum-strittene neue Abteilungen getätigt wie die Komplementärmedizin in Meran oder das geplante Neuro-Reha-Zentrum in Sterzing.

Dr. adolf Engl: Die Komplementärmedi-zin zeigt uns doch wieder auf, wo die Defizi-te liegen, nämlich in der mangelnden Bezie-hung Patient – Arzt. In dieser Hinsicht han-delt es sich bei der Komplementärmedizin

um Kosmetik. Das Problem ist, dass sie iso-liert dasteht und nicht in Behandlungsteams eingebunden ist, gerade im onkologischen Bereich wäre das sehr zielführend.

Chance: Wie ist der Allgemeinarzt heute in die onkologische Behandlung eingebun-den?

Dr. adolf Engl: Das ist territorial sehr unterschiedlich. In Brixen funktioniert das schon sehr gut. Wir haben regelmäßige in-terdisziplinäre Besprechungen, auch mit der Palliativmedizin. Das sollte auf ganz Südti-rol ausgeweitet werden. Wir haben schon ein fertig ausgearbeitetes Konzept dafür vorliegen.

Chance: Die Südtiroler Gesellschaft für Allgemeinmedizin fordert auch die Schaf-fung einer Facharztausbildung für den Allgemeinarzt. Wie stehen Sie dazu? Sie sind im Rahmen der Südtiroler Akademie für Allgemeinmedizin ja intensiv mit der Aus- und Weiterbildung sowie der For-schung befasst.

Dr. adolf Engl: Ich glaube der Facharzt ist sekundär. Nach dem Studium erhält der angehende Hausarzt eine dreijährige Ausbildung in den verschiedenen Fächern und arbeitet in einer Lehrpraxis. Gegebe-nenfalls könnte man im Rahmen der Wei-terbildung, die bis jetzt frei zu gestalten ist, gewisse Thematiken vorschreiben. n

Die Südtiroler Gesellschaft für Allgemeinmedizin, SüGAM und

ihre Stiftung Südtiroler Akademie für Allgemeinmedizin, SAkAM sind uneigen-nützige Vereinigungen, die in Zusammen-arbeit mit den Instituten für Allgemein-medizin der Heinriche-Heine-universität Düsseldorf und der Paracelsus-universität Salzburg die Ausbildung und Forschung der Südtiroler Hausärzte durchführen und

allgemeinmedizinische Forschung be-treiben. Rund zwei Drittel der Südtiroler Hausärzte sind Mitglieder dieser wissen-schaftlichen Vereinigung. Sie organisiert u. a. Kongresse, führt Forschungsprojekte durch und gibt eine Newsletter für Haus-ärzte heraus.

Präsident der SüGAM ist der Grödner Arzt Simon Kostner; Präsident der SAkAM der Brixner Arzt Adolf Engl.

Südtiroler Gesellschaft für Allgemeinmedizin

ThemaTHEMA

12

TITELTiTel

Die Sanitätsreform sieht den Auf-bau von sogenannten Referenz-

zentren vor. Viele Patienten können mit diesem Begriff nichts anfangen und fürch-ten, dadurch eine schlechtere Versorgung als bisher zu bekommen. Das Gegenteil ist der Fall – wie das 2006 gegründete Brust-gesundheitszentrum Brixen – Meran zeigt.

Das Einzugsgebiet des Zentrums, das in die beiden Abteilungen für Gynäkologie der Krankenhäuser Brixen und Meran so-wie in die gynäkologische Ambulanz integ-

riert ist, ist vorzugsweise Brixen und Meran mit umgebung, aber auch Gröden, das Ga-dertal, das unterland und der Vinschgau. Mittlerweile kommen auch Patientinnen aus dem Trentino in das Zentrum; die am weitesten entfernt wohnende Patientin kommt aus Apulien.

Strenge Zertifizierungsstandards

Das Brustgesundheitszentrum Brixen Meran ist Partner der universitätsklinik Innsbruck und nach den strengen Richt-

linien des Qualitätsmanagementsystems ISO 9001:2000 sowie der deutschen Krebsgesellschaft und der deutschen Ge-sellschaft für Senologie zertifiziert.

Für das Brustgesundheitszentrum ist kein eigenes Personal abgestellt. Die Ärz-te, Pfleger und die eigens ausgebildeten Brustpflegeschwestern (Breast Care Nur-ses) sind zwar auf die Arbeit mit Brust-krebspatientinnen spezialisiert, aber sie versehen auch den normalen Dienst in der Ambulanz und auf den beiden Abtei-

Aufklärungs- und Informationsarbeit, Bestimmung von Standards und Behandlungsstrategien, interdisziplinäre Zusammenarbeit mit der Pathologie, psychologischem Dienst, Radiologie und Nuklearmedizin. Das Brustgesundheitszentrum Brixen – Meran ist ein zertifiziertes Referenzzentrum. Das erste in Südtirol. Im Zeitraum 2006 bis 2010 wurden hier mehr als 900 an Mammakarzinom erkrankte Frauen behandelt.

So arbeitet ein ReferenzzentrumSeit fünf Jahren erfolgreich: Das Brustgesundheitszentrum Brixen Meran

TITELTiTelDAS BRuSTGESuNDHEITSZENTRuM BRIxEN MERANDas BrustgesunDheitszentrum Brixen meranFo

to: O

thm

ar S

eeha

user

ThemaTHEMA

13

DAS BRuSTGESuNDHEITSZENTRuM BRIxEN MERANDas BrustgesunDheitszentrum Brixen meran

lungen für Gynäkologie der Krankenhäu-ser Brixen und Meran. In Brixen sind drei Fachärzte für Gynäkologie im Zentrum tätig, Primar Arthur Scherer, Sonia Pra-der und Verena Thalmann; in Meran sind es vier, Primar Herbert Heidegger, Anita Domanegg, Johann Hübner und Irmgard Himmel.

Eine gemeinsame Datenbank

Voraussetzung für die Koordinierung und gemeinsame Durchführung der Ar-beit, ist ein gemeinsamer Server, auf den

die beiden gynäkologischen Abteilungen in Brixen und Meran Zugriff haben und in den alle Patientinnen eingetragen sind. Studien werden gemeinsam durchge-führt, Standards und Behandlungsstrate-gien sind aufeinander abgestimmt. Die technische Ausstattung des Brustgesund-heitszentrums entspricht den neuestens technischen Standards. Sowohl in Brixen als auch in Meran kann beispielsweise die Magnetresonanztomographie der Brust durchgeführt werden.

Die örtliche Distanz der beiden Abteilun-gen und der universitätsklinik Innsbruck

wird durch ein Videokonferenzsystem überbrückt. Auf diese Weise werden wö-chentliche Besprechungen abgehalten, die es erlauben, jede Patientin, die in den bei-den Häusern in Südtirol wegen Brustkrebs behandelt wird, in einem interdisziplinären Team zu diskutieren und gemeinsam Vor-schläge zu erarbeiten, die dem neuesten Stand der Forschung entsprechen. In die Videokonferenzen, die auch als Qualitäts-zirkel bezeichnet werden, sind auch die Kollegen der anderen an der Behandlung beteiligten Abteilungen eingebunden. Jedes Jahr veranstaltet das BGZ Folgt

Foto

: Oth

mar

See

haus

er

ThemaTHEMA

14

DAS BRuSTGESuNDHEITSZENTRuM BRIxEN MERANDas BrustgesunDheitszentrum Brixen meran

einen Kongress für die Ärzte und das Pfle-gepersonal.

Sonia Prader und Anita Domanegg sind zwei Ärztinnen, die im Brustgesund-heitszentrum arbeiten, Prader in Brixen und Domanegg in Meran. Sie haben mit der Einführung des Brustgesundheitszen-trum nur positive Erfahrungen gemacht. Sonia Prader: „Die Zertifizierung zwingt Dinge zu ändern, Qualitätsmerkmale ein-zuführen, die ansonsten, ohne

Druck, schwieriger zu realisieren sind, die aber, wenn sie Routine werden, eine wesentliche Verbesserung des gesamten Behandlungsablaufes mit sich bringen.“

Jede Patientin hat einen Hauptbehandler

Was ist das herausragendste Merkmal der Behandlung im Brustgesundheitszen-trum? „Mit Sicherheit die Tatsache, dass

jede Patientin es in erster Linie mit ei-nem - nennen wir es -Hauptbehandler zu tun hat“, betont Anita Domanegg. über diesen Vertrauensarzt wird die gesamte Behandlung durch das Team koordiniert, Chirurg, Onkologe, Radiologe, Psychologe, Physiotherapeut. Die Patientin selbst hat aber in erster Linie nur einen Ansprech-partner. „Das ist in unseren Augen funda-mental, zumal die Frauen sich am Beginn der Behandlung, wenn sie noch die Diag-

Dr. Sonia Prader Fachärztin für Gynäkologie

Sonia Prader wurde in Brixen geboren. Nach der Matura zweijähriges Studium der Wirt-schaft an der universität Verona, anschlie-ßend Studium der Humanmedizin an der Leopold Franzens universität Innsbruck.

Ausbildung zum Facharzt für Gynäkologie in München im April 2004. Seit 2004 tätig in der Abteilung für Gynäkologie am Krankenhaus Brixen.

Besonderes Interesse für Krankenhauspsy-chologie und Psychoonkologie.

Spezialisiert auf Behandlung des Mammakar-zinoms. Seit 2006 Koordinatorin des Standort Brixen des Brustgesundheitszentrum Brixen Meran. Seit 2006 Mitglied des Ärztekam-merausschusses; seit 2009 Mitglied des Bei-rates der Südtiroler Mamazone und seit 2010 Mitglied des Ärztebeirates der Südtiroler Krebshilfe.

Vorträge, Radio-und TV Beiträge für Laien über Onkologie, Hormontherapie, Frauen-gesundheit, Ehevorbereitungskurse, Aufklä-rung an Schulen.

Foto

: Oth

mar

See

haus

er

ThemaTHEMA

15

gets wie Kugelschreiber tragen ebenfalls dasselbe Logo.

Aufklärungs- und Informationsarbeit

Sowohl in Meran als auch in Brixen wer-den Selbstuntersuchungskurse für Frauen angeboten. Sonia Prader: „Die Informa-tions- und Aufklärungsarbeit ist für uns von großer Wichtigkeit.“ Deshalb, so Ani-

ta Domanegg, „sehen wir uns als Anlauf-stelle nicht nur für betroffene Patientin-nen, sondern generell für alle Frauen, die Krebsvorsorge ernst nehmen.“ In diesem Zusammenhang arbeitet das Brustgesund-heitszentrum eng mit Organisationen wie der Krebshilfe oder Mamazone zusammen.

Das Fazit der ersten fünf Jahre ist jeden-falls mehr als positiv. Darauf ist das Team des BGZ zurecht stolz. Die Patientinnen können sich sicher sein, nach den neues-ten internationalen Standards behandelt zu werden. In Zukunft soll auch eine Zu-sammenarbeit mit den entsprechenden Abteilungen am Krankenhaus Bozen an-gebahnt werden.

Speerspitze des Sanitätsbetriebs

„Sanitätsdirektor Oswald Mayr“, betont die Gynäkologin Sonia Prader, „bezeichnet uns gerne als Speerspitze des Betriebes; unsere Zertifizierung und das kontinu-ierliche Arbeiten an der Zusammenarbeit haben nicht zuletzt eine ganze Reihe von positiven Kollat eralveränderungen mit sich gebracht.“ n

nose verarbeiten müssen und schon mit Operation usw. konfrontiert sind, sich im Strudel der Ereignisse völlig verloren und ausgeliefert vorkommen.“

Auch nach außen treten Brixen und Me-ran gemeinsam auf. Für die Aufklärungs- und Informationsarbeit benutzen sie die gleichen Broschüren und Folder mit dem gleichen Logo. Vorträge werden sowohl in Brixen als auch in Meran abgehalten. Gad-

Das BrustgesunDheitszentrum Brixen meranDAS BRuSTGESuNDHEITSZENTRuM BRIxEN MERAN

Dr. Anita Domanegg, Fachärztin für Gynäkologie

Anita Domanegg wurde in Brixen geboren. Studium der Humanmedizin an der Leo-pold Franzens universität in Innsbruck.

2010 Fachärztin für Gynäkologie in Saal-felden/ A. Seit 2004 tätig in der Abteilung für Gynäkologie des Krankenhauses Meran. Seit 2010 Qualitätsmanagement-Beauf-tragte des Brustkrebszentrum Innsbruck-Brixen Meran für den Standort Meran.

Foto

: Oth

mar

See

haus

er

ThemaTHEMA

16

Die diesjährige ordentliche Vollver-sammlung der Südtiroler Krebshilfe fin-det am Samstag, 9. April ab 14.30 Uhr im Haus de Handwerks (LVH) in Bozen statt.

SANITÄTSREFORM - DER KOMMENTARSanitätSreform - Der Kommentar

Die Verwaltung sei nun gestrafft, überflüssige Posten gestrichen,

Stellen durch einfaches Nichtnachbeset-zen schmerzlos abgeschafft, die Kosten seien reduziert – heißt es.

Nun geht es an die klinische Reform. Was heißt nun? Schon im Juni vergan-genen Jahres verkündete Landeshaupt-mann Luis Durnwalder: In zwei Monaten ziehen wir die klinische Reform durch. Die zwei Monate sind vergangen – und auch noch etwas mehr, aber eigentlich stehen wir noch immer an derselben Stelle. Die Politik verkündet, die Interessenvertretun-gen, vor allem die Ärztekammer und die Vertreter des Pflegepersonals protestie-ren, die Patienten stehen dazwischen und haben Angst, dass am Ende die Reform auf ihrem Rücken ausgetragen wird.

Reformen sind unpopulär. Verände-rungen machen Angst. und wenn es darum geht, Veränderungen zu setzen, um öffentliche Gelder einzusparen, dann macht das noch mehr Angst. Wi-dersprüchliches Verhalten verunsichert. Zum Beispiel wenn die Landesregierung verkündet, im Sanitätswesen müsse ein-gespart werden und gleichzeitig in Meran eine Abteilung für Komplementärmedizin eröffnet wird und in Sterzing ein kostspie-liges Neuro-Reha-Zentrum entstehen soll, das zumindest laut Experten, dort völlig

fehl am Platz sei. Nichts gegen die Kom-plementärmedizin. Es geht um die Kom-munikation. Vielleicht sollte man (noch) besser informieren und vor allem gewisse Entscheidungen besser begründen. Viel-leicht sollte man auch die Grabenkämpfe beiseite lassen und im Interesse der Pa-tienten gemeinsam nach für alle Seiten zufriedenstellenden Lösungen suchen.

Politische Entscheidungsträger folgen anderen Logiken als Ärzte und umge-kehrt. Beide Seiten werden auf ihre Weise Recht haben. Ist es so schwer, zusammen an einem Strang zu ziehen im Interesse der Patienten?

Wir haben in dieser Ausgabe der Chan-ce versucht, die verschiedenen Seiten und ihre Positionen zu beleuchten. Wir haben mit Landesrat Theiner gesprochen und mit Sanitätsdirektor Oswald Mayr. Aber wir haben auch den Präsidenten der Ärz-tekammer, Michele Comberlato und den Präsidenten der Südtiroler Akademie für Allgemeinmedizin, Adolf Engl zu Wort kommen lassen. Wir stellen Ihnen ein Referenzzentrum und seine Arbeitsweise vor.

Machen Sie sich selbst ein Bild. Eines ist klar. Jeder dieser Beteiligten hat auf seine Weise das Wohl der Patienten im Auge. Eine Reform braucht es, sonst ist

unser schönes Sanitätswesen in wenigen Jahren bankrott. Wir sind alle zu kran-kenhauszentriert, viele Abteilungen sind hoffnungslos überlastet und unsere Haus-ärzte brauchen Hilfe, um den neuen An-forderungen ihrer verantwortungsvollen Tätigkeiten wieder bzw. besser gerecht werden zu können.

Vielleicht braucht es bei dieser Reform vor allem zwei Dinge, um endlich in die richtige Richtung starten zu können: ge-sunden Menschenverstand und einen ungetrübten Blick in die Zukunft. Wir Patienten können auch das unsere dazu tun. Verantwortungsvoller mit uns um-gehen, unseren Lebensstil den wenigen Vorschriften des europäischen Krebsko-dex anpassen und uns an die Hierarchi-en halten. Nicht immer gleich ins Kran-kenhaus rennen, um sicher zu sein, die beste Behandlung zu erhalten. Für viele Dinge ist der Hausarzt bzw. der territoriale Sprengeldienst wesentlich kompetenter. Eines sollten wir Patienten uns alle vor Augen halten: Ein noch so gut organisier-tes Gesundheitssystem kann nicht funk-tionieren, wenn wir nicht lernen, selbst auf uns aufzupassen und wenn wir nicht aufhören, unsere Gesundheit an andere zu delegieren.

Nicole Dominique Steiner

Die Sanitätsreform – wie lange wird davon schon gesprochen. Vor vier Jahren wurde mit der Reform auf Verwaltungsebene begonnen. Das scheint nun abgeschlossen zu sein.

Reform und kein Ende

Vollversammlung der Südtiroler Krebshilfe

Dr. Nicole Dominique SteinerChefredakteurin

Wie jedes Jahr eine Gelegenheit nicht nur Näheres über die Tätigkeit der Südti-roler Krebshilfe zu erfahren, sondern auch um einen Nachmittag in der Gesellschaft Gleichgesinnter zu verbringen.

WichtigDonnerstag, 22. September 2011 findet der Landesmitgliederaus-flug statt. Bitte diesen Termin unbedingt freihalten.

Genaueres in der nächsten Ausgabe im August!

ThemaTHEMA

17

WER SIND WIRWrr sind Wir

Seit ihrer Erkrankung ist sie an-spruchslos geworden. Am Mor-

gen aufwachen und einen erfüllten Tag vor sich haben. Das reicht, um glücklich und zufrieden zu sein.

Monika Gurschler Robatscher, seit Feb-ruar 2010 Vorsitzende des Bezirks Bozen Salten Schlern, hat es nicht leicht gehabt. Ein Kind der Option. Die schwierigen Nachkriegsjahre. Armut. Diese Erfahrun-gen haben sie gezeichnet. Für viele Jahre war sie ohne Wurzeln, heimatlos. Sie sagt, es habe sie hart gemacht. Aber vielleicht ist, was sie Härte nennt vielmehr Stärke. Die Stärke, die es braucht, um das zu be-wältigen, was das Leben einem so bereit hält.

Heute hat sie Wurzeln. In ihrer Ehe mit Ludwig Robatscher, die seit 44 Jahren hält. In ihrer Beziehung zu ihrer Tochter Birgit, die im Mai ihr erstes Kind erwartet. In ih-rem wunderschönen Garten in Tiers, wo sie Stunden verbringen kann, um ihre Blu-men zu versorgen. In der Krebshilfe, der sie seit 1996 angehört. In der Beziehung zu vielen Menschen, die sie während ihrer Arbeit im Hotel, in der Krebshilfe oder mit ihren Feriengästen in Tiers aufgebaut hat.

Der erste Eindruck, wenn man Moni-ka Gurschler sieht, täuscht nicht. Sie ist freundlich, zuvorkommend. Direkt, wie der Blick ihrer Augen. Ehrlich und offen. Sie hat die Begabung, auf ihr Gegenüber einzugehen, den Menschen das Gefühl zu geben, dass sie Anteil nimmt. „Ich re-de gerne mit den Menschen”, sagt Monika Gurschler, „höre zu, was sie zu erzählen haben, versuche sie zu verstehen.” Sie ist eigentlich immer freundlich. Aber wenn sie sich ungerecht behandelt fühlt, dann ist sie auch imstande den Kontakt abzu-brechen. „Ich bin nachtragend“, gibt sie zu.

Was für sie ganz wichtig ist in ihrer Tä-tigkeit für die Krebshilfe: „Ich will. Dass sich alle zuhause fühlen, egal ob sie nun deutsch oder italienisch sprechen, ob sie aus der Stadt kommen oder vom Land.“ Ei-ne nicht immer leichte Aufgabe. „Wenn ich sehe, dass die Leute zufrieden sind, dann bin ich glücklich, auch wenn ich weiß, dass ich nie alle zufriedenstellen kann!”

Ihre Geschichte unterscheidet sich nicht von der vieler anderer Frauen und gera-de deshalb gelingt es ihr, sich in andere hineinzufühlen und sie zu trösten. Im Ju-li 1990 hat sie ihre Mutter begraben, die nach 20 Jahren Krebs gestorben ist. Einen Monat später wurde sie selbst operiert. Brustkrebs. Zunächst nur eine Teiloperati-on, nach sechs Jahren die Amputation der ganzen Brust. Sie begegnet einer Patientin, die sich einen Brustaufbau machen lässt. Die Ärzte überreden sie, auch nach Vero-na zu fahren und sich dieser Operation zu unterziehen. Im Krankenhaus in Verona be-gegnet sie einer Südtiroler Patientin, die ihr von der Krebshilfe erzählt. Monika Gursch-ler beschließt sich einzuschreiben. Zufall.

Für die Strahlentherapie nach der Opera-tion muss sie jeden Tag nach Trient fahren. Danach ist sie müde. Sie gibt ihre Tochter Birgit in den Mariengarten. Schwierige Zei-ten für ihre kleine Familie. Aber die schweren Herzens getroffene Entscheidung kommt letztendlich Birgit zu Gute, die als Einzelkind drei Jahre in Gesellschaft Gleichaltriger lebt.

Mit Brustaufbau und Rekonstruktionen kennt sich Monika Gurschler inzwischen aus. 2000 hat sie sich einer zweiten Opera-tion unterzogen und auch im vergangenen Jahr. Im Krankenhaus von Bozen und mit immer besseren Ergebnissen. „Heute müs-sen die Frauen den Brustkrebs wenigstens nicht mehr als Verstümmelung erleben”, betont Monika Gurschler.

Ihr Verhältnis zur Krankheit ist zwiespäl-tig. Auch wenn das Engagement für die Krebshilfe ihre Tage füllt, hat sie nie zu-gelassen, dass der Krebs Besitz von ihrem Leben ergreift. „Aber Krebs ist Krebs“, sagt sie. „Eine Krankheit, die man nie ganz ver-steht. Die Angst bleibt immer, du weißt nie wann und wo er wieder zuschlägt.“ Aber heute ist Monika Gurschler gelassen und sie möchte anderen helfen, den Schrecken der Krankheit zu überwinden.

Die Arbeit für den Bezirk ist nicht immer leicht. Auch wegen der Entfernungen und wegen des Stadt-Landgefälles. Mehr als 800 Mitglieder gehören dazu, aber der größte Teil davon bleibt der Krebshilfe fern, ist die akute Phase erst einmal über-wunden. „Viele sagen, ich will nichts mehr davon wissen und bei euch redet man ja von nichts anderem.” Aber, so Monika Gur-schler, „wir haben Spaß miteinander und reden nie vom Krebs.“

Ihr Mann unterstützt sie in ihrer ehren-amtlichen Tätigkeit. Er war nie eifersüch-tig auf ihren Einsatz für die Krebshilfe. Im Gegenteil. Im nächsten Herbst veran-staltet er bereits das zehnte Preiswatten zugunsten der Organisation, erzählt sie stolz. und dann muss sie gehen. Draußen wartet schon jemand, der mit ihr sprechen möchte… n

Englisch würde sie gerne noch sprechen lernen. Nach all den Jahren ihrer Arbeit im Hotel Adler in St. Ulrich kann sie es zwar verstehen, aber sprechen – nein. Andere Wünsche hat Monika Gurschler nicht. Jedenfalls keine großen. Einige Aktivitäten mehr mit den Mitgliedern der Krebshilfe. Ein Monatstreff zum Kartenspielen oder Ratschen. Basteln, um einen Weihnachtsmarkt zu veranstalten.

Die Kraft, die das Leben gibtMonika Gurschler, Vorsitzende der Sektion Bozen Salten Schlern

ThemaTHEMA

18

WELTKREBSTAGWeltkrebstag

Drei Ärztinnen aus drei unter-schiedlichen Bereichen befassten

sich mit dem Thema Krebs-Vorsorge aus drei verschiedenen Blickwinkeln. Die Onko-login Susanne Baier beantwortete die Fra-ge, Lassen sich Krebserkrankungen durch einen gesunden Lebensstil vermeiden? und stellte in diesem Zusammenhang er-neut den Europäischen Krebs-Kodex vor. Lucia Piazzi, stellvertretende Primarin der Gastroenterologie des Bozner Krankenhau-ses, erläuterte das Screening zur Früher-kennung von Dickdarmkrebs. Die Leiterin des Ambulatoriums für Hepatologie und Lebertransplantation des Krankenhauses Bozen, befasste sich schließlich mit der Fra-ge, ob die Hepatitis B Impfung sinnvoll zur Vorbeugung von Leberkrebs sei.

Der europäische Krebskodex

1. Ich rauche nicht. 2. Ich vermeide übergewicht. 3. Ich bewege mich täglich. 4. Ich esse mehr frisches Obst und Gemüse. 5. Ich trinke nur wenig Alkohol. 6. Ich schütze meine Kinder und mich vor der Sonne. 7. Ich schütze mich vor krebserregenden Stoffen. 8. Ich gehe jährlich zur Krebs- Früherkennungsuntersuchung. 9. Ich nutze die Darmkrebs- Vorsorge. 10. Ich lasse mich gegen Hepatitis B impfen.

Zehn einfac he Regeln mit großer Wir-kung – das ist laut Susanne Baier der Eu-ropäische Krebskodex. Die erste Ausga-be dieser zehn Regeln geht auf das Jahr 1989 zurück, 2003 wurde sie überarbeitet. „Sechzig Prozent aller Krebsarten sind ver-meidbar; wer diese zehn Regeln einhält, kann sein persönliches Krebsrisiko um ein Erhebliches senken“, bestätigt Susan-ne Baier. Bleibt die Frage: Warum sind wir noch nicht weiter, warum steigt sie Anzahl der Krebserkrankten noch weiter?

Die Antwort heißt Gewohnheiten, die unfähigkeit seinen persönlichen Lebens-stil an diese wenigen Regeln anzupassen und die Einstellung, mich betrifft das sicher nicht. und wenn doch?

Starke Medienpräsenz und starkes Medienecho. Auch in diesem Jahr ist die Rechnung der Krebshilfe aufgegangen: Die Pressekonferenz zum Weltkrebstag richtete die Aufmerksamkeit der Südtiroler Öffentlichkeit zumindest für einen Tag auf dieses wichtige Thema und das Motto: Auch Krebs lässt sich verhindern.

Auch Krebs lässt sich verhindernWeltkrebstag am 4. Februar 2011

ThemaTHEMA

19

WeltkrebstagWELTKREBSTAG

Die Regeln, die das persönliche Verhal-ten betreffen, kennen wir alle zur Genüge: nicht rauchen, maßvollen Genuss von Al-kohol, eine gesunde, fettarme Ernährung, tägliche Bewegung, ausreichender Schutz vor Sonnenstrahlen usw. Was vielleicht vie-len noch nicht so bewusst ist, ist die Be-deutung der Selbstkontrolle.

Seinen Körper gut kennen

Susanne Baier: „Wir sollten uns alle angewöhnen, unseren Körper kontinu-ierlich zu beobachten. Wer seinen Kör-per gut kennt, merkt auch die kleinsten Veränderungen.“ und das macht den unterschied. Bei Früherkennung sind die meisten Krebsarten gut heilbar. „Deshalb sollten die Menschen nicht nur regelmä-ßig die Krebsvorsorgeuntersuchungen wahrnehmen, sondern sich auch selbst untersuchen.“ Das heißt Autopalpation der Brust von Frauen, aber auch regel-mäßiges Abtasten des Hodens. und zwar auch schon in jungen Jahren.

Dickdarmkrebs steht mittlerweile mit 350 Fällen pro Jahr an erster Stelle in Südtirol – noch vor dem Brustkrebs und dem Prostatakrebs. Das müsste nicht sein. Denn dieser Krebs ist bei Früherkennung absolut heilbar. Weltweit ist der Dick-darmkrebs eine der am weitesten ver-breiteten Tumorarten. Lucia Piazzi: „In den Industrieländern ist dieser Krebs die Todesursache Nummer zwei!“ In Südtirol

erkranken 73 Männer und 58 Frauen von 100.000 an diesem Krebs.

Dickdarmkrebs-Screening endlich auch in Südtirol

Weltweit, so die stellvertretende Prima-rin der Gastroenterologie Piazzi, steigen

zwar die Fälle, aber die Sterblichkeitsrate ist im Sinken. „Diese Ergebnis erwarten wir uns auch hier in Südtirol mit Einführung des Screenings.“ Dickdarmkrebs kann ver-hindert werden. Risikofaktoren sind auch hier Rauchen, übermäßiger Alkoholgenuss, übergewicht und die familiäre Belastung. Piazzi: „Wer einen Verwandten Folgt

Dr. Martina Felder

ThemaTHEMA

20

mit Dickdarmkrebs hat, sollte sich ab ei-nem Alter von 45 Jahren im Abstand von fünf Jahren einer Endoskopie unterziehen.“

In Südtirol wird mit Ende des Jahres - mit großer Verspätung im Vergleich zum restli-chen Italien und zu Europa - das Dickdarm-screening in die Vorsorgeuntersuchungen aufgenommen. Ideal wäre die Kombinati-on von Endoskopie und einem Test auf Blut im Stuhlgang und zwar ab einem Alter von 55 Jahren. Das Screening in Südtirol sieht zunächst nur den Stuhltest vor, der zwi-schen 50 und 70 Jahren im Abstand von zwei Jahren durchgeführt werden soll. Bei einem positiven Testergebnis wird der Pa-tient zur Endoskopie eingeladen.

77 % der Leberkrebs-Erkrankungen gehen auf Hepatitis B Infektionen zurück

Hepatitis B ist die am weitesten verbrei-te Viruserkrankung weltweit. 350 Millionen Menschen sind Träger dieses Virus, jeder Vierte davon stirbt an Leberzirrhose, Leber-tumor oder Leberversagen. Die Leiterin des Ambulatoriums für Hepatologie und Le-bertransplantation des Krankenhauses Bo-zen, Martina Felder stellte die Frage in den Raum: „Ist die Hepatitis B Impfung zur Vor-beugung von Leberkrebs wirksam?“ Frage, die die Ärztin absolut mit Ja beantwortet. „In Italien“, so Felder, „gehen fast 80 % der

Lebertumore auf eine Infektion mit dem Virus B zurück, die restlichen Prozent sind erhöhtem Alkoholkonsum zuzuschreiben.“

Das Virus wird durch den Austausch von Flüssigkeiten übertragen, in Europa vorwiegend durch Sexualkontakte oder die Verwendung verunreinigter Nadeln (z. B. Drogen, Piercings). Ein Screening, d. h. ein Test, ob man Träger dieses Virus ist, empfiehlt sich all denjenigen, die einer Risikogruppe angehören: Hämodialyse-Patienten, HIV-Positive, Schwangere, Dro-genabhängige, Angehörige von Hepatitis-B-Trägern, Häftlinge oder Sanitätspersonal. Seit 1991 werden in Italien alle Neugebo-renen gegen Hepatitis B geimpft, eine Wiederholung ist im Alter von zwölf vor-gesehen. Schwangere werden auf das Virus getestet. Die Impfung wird in drei Gaben verabreicht, es handelt sich um ein gut ver-trägliches Kombipräparat. Der Impfschutz beträgt 15 Jahre.

Vortragsreihe zum Thema Prävention und Früherkennung

Vorbeugung und Früherkennung sind die wichtigste Basis für ein Leben ohne Krebs, betonte auch die Präsidentin der Südtiroler Krebshilfe zum Abschluss der Veranstaltung. Jeder kann etwas dagegen tun – und man kann nicht früh genug da-mit anfangen. Organisationen wie die Süd-

tiroler Krebshilfe oder das Brustgesund-heitszentrum Brixen – Meran leisten einen wichtigen Beitrag dazu, z. B. mit der Veran-staltung einer sechsteiligen Vortragsreihe in Brixen und Meran, bei der Experten die Möglichkeiten und Grenzen der Krebsvor-sorge und Früherkennung erläutern.

WELTKREBSTAGWeltkrebstag

ThemaTHEMA

21

Wenn der innere Schweinehund nicht wäre…

Chance: Warum schaffen es so viele nicht, sich an die Regeln des europäischen Krebs-Kodex zu halten?

Dr. Susanne Baier: Eigentlich wäre es ja ganz leicht. Aber da ist der innere Schwei-nehund, den es zu überwinden gilt. Da sind die fixen Gewohnheiten. Der Alltag ist schwierig zu verändern. Außerdem leben wir in einer Gesellschaft, in der alles in Hül-le und Fülle vorhanden ist. In den Entwick-lungsländern, wo weniger Fleisch gegessen wird, gibt es viel weniger Darmkrebs…

Chance: Es wird von niemandem ver-langt, wie ein Asket zu leben.

Dr. Susanne Baier: Nein, das kann es ja auch nicht sein. Wir wollen weder als Spass-verderber noch als Moralapostel auftreten.

Chance: Wie kann man Ihrer Meinung nach die Leute von einem gesundheitsför-dernden Lebensstil überzeugen?

Dr. Susanne Baier: Indem man es immer wieder wiederholt. und vor allem, indem man schon ganz früh beginnt, gesunde Ge-wohnheiten zu fördern. Von Kindesbeinen an. Damit es in Fleisch und Blut übergeht. Dreißig Minuten Bewegung täglich, es muss ja nicht joggen sein, spazieren gehen tut´s auch. Weniger, aber über den Tag verteilt essen, weniger Fette, weniger Zucker und mehr Gemüse und Obst. n

Gefährlich ist alles, was die Haut verletzen kann

Chance: Sollten sich Erwachsene, wer vor 1992 geboren ist auch gegen Hepatitis impfen lassen?

Dr. Martina Felder: Ich empfehle es al-len, die eine Reise in unterentwickelte Län-der planen. Es kann vorkommen, dass man dort sanitäre Hilfe beanspruchen muss und die Hygiene ist da einfach nicht so wie bei uns. Natürlich ist es auch den Familiengehö-rigen von Menschen die Hepatitis B positiv sind zu empfehlen. Bei diesen Patienten ist die Impfung übrigens kostenlos. Außerdem sollten sich alle Patienten mit chronischen Erkrankungen, deren Immunsystem ge-schwächt ist, impfen lassen. Wer häufig sa-nitäre Maßnahmen beansprucht ebenfalls. Außerdem natürlich alle Risikogruppen, HIV-Positive, Menschen mit häufig wech-selnden Sexualpartnern, Dialysepatienten, Sanitätspersonal etc.

Chance: Gibt es Dinge, auf die man ach-ten sollte, auch wenn man keiner der Risi-kogruppen angehört?

Dr. Martina Felder: Das Virus ist über Körperflüssigkeiten, also auch Blut über-tragbar. Deshalb sollte man besonders da-rauf achten, dass alles, was die Haut irgend-wie verletzten könnte, mit absolut sterilen Geräten durchgeführt wird. Kosmetische Behandlungen, Fußpflege, Maniküre, aber auch Tätowierungen oder Piercings. In den 90er Jahren hatten wir z. B. gerade bei den beiden Letzteren eine sehr hohe Anste-ckungsrate. Heute unterliegen diese Studios strengen Auflagen. n

Es ist nie zu spät, den Lebensstil zu ändern

Chance: Wenn das Screening für Dick-darmkrebs so einfach ist, warum haben wir es nicht längst eingeführt?

Dr. lucia Piazzi: Meine Abteilung hat das entsprechende Projekt schon vor Jahren präsentiert. Wir haben zunächst ein Scree-ning mit Endoskopie für alle diejenigen vor-geschlagen die 55 Jahre alt sind. Dies wurde als zu teuer verworfen. Jetzt sind wir sehr erfreut, dass zumindest der Stuhltest allen Bürgern zwischen 50 und 70 angeboten wird. Ich kann verstehen, dass der ökono-mische Aspekt wichtig ist, ein Screening muss natürlich bezahlbar sein und sollte auch leicht angenommen werden von der Bevölkerung, die Endoskopie ist zugegebe-nermaßen etwas unangenehm. Aber man sollte auch bedenken, welche Kosten ein Dickdarmkrebs-Patient verursacht.

Chance: Ab welchem Alter empfiehlt sich eine Endoskopie?

Dr. lucia Piazzi: Wenn man Familien-gehörige hat, die Darmkrebs hatten, sollte man diese untersuchung ab 45 im Abstand von fünf Jahren durchführen lassen. An-sonsten ab 55 und alle zehn Jahre.

Chance: Hat es Sinn, seinen Lebensstil mit 50 zu ändern, ins positive natürlich?

Dr. lucia Piazzi: um seinen Lebensstil zu ändern, dafür ist es nie zu spät. Ich kann natür-lich niemandem versprechen, dass er dann nicht an Krebs erkrankt, aber seine Chan-cen nicht zu erkranken, steigen dennoch. n

WeltkrebstagWELTKREBSTAG

Ich hätte eine Frage…

Dr. Susanne Baier Dr. Martina Felder Dr. Lucia Piazzi

ThemaTHEMA

22

Zu GAST IN DER SCHuLE (1)Zu Gast in der schule (1)

Am nächsten Tag hatte mehr als die Hälfte der Klasse Obst für die

Pause mitgebracht. Zeichen, dass das The-ma alles andere als an den Schülern vor-beigegangen ist! Was ist der unterschied zwischen einem gutartigen und einem bösartigen Tumor? Welches sind die ursa-chen für das Wachstum von bösartigen Tu-moren? Wie entstehen Metastasen? Diese und andere Fragen stellte die Onkologin Verena Thalmann den vierzehn Schülerin-nen und drei Schülern der 5 D, zum Auftakt des dreistündigen Projektunterrichts mit Biologielehrer Andreas Declara. Renate Da-porta Jöchler hatte die drei Expertinnen an diesem Freitagnachmittag Ende Januar in die Klasse begleitet und die Gelegenheit genutzt, den Schülern auch die Tätigkeit der Südtiroler Krebshilfe kurz vorzustellen.

Gezielte Fragen und Beiträge sowie die Stille in der Klasse zeugten vom Interes-se der Schüler. Auch wenn das Thema Er-nährung und Krebs im unterricht bereits behandelt worden war, gehörte den Re-ferentinnen die ganze Aufmerksamkeit. Wer hätte schon gedacht, dass bereits Di-nosaurier Krebs hatten oder die Ägypter schon medizinische Abhandlungen über Formen und Behandlung von Krebs auf ihre Papyrus schrieben.

Anschaulich wusste Verena Thalmann ihren Zuhörern zu vermitteln, welches die Hauptursachen für Veränderungen im Zellwachstum und damit Tumorer-krankungen sind: Erbanlagen, Strahlen, chemische Substanzen wie Nikotin, Asbest oder Farbstoffe, Viren oder Pa-

rasiten, Ernährung und Alter. In diesem Zusammenhang war es interessant zu erfahren, warum die Krebshäufigkeit mit zunehmendem Alter steigt. Weil junge Menschen noch über ein intaktes Erbgut verfügen, das aber mit zunehmendem Alter immer mehr geschädigt wird und deshalb zu unkontrolliertem Zellwachs-tum führen kann.

Schaubilder verdeutlichten den Schü-lern z. B. den unterschied zwischen einem gutartigen Gewächs, das das umliegende Gewebe nur verdrängt und intakt lässt, bzw. einem Krebs, der in das Gewebe hi-nein wuchert, es zerstört und über Blut-bahnen, Lymphgefäße oder Austropfen die bösartigen Zellen im ganzen Orga-nismus verteilt.

Siebzehn angehende Maturanten, zwei Ärztinnen, eine Ernährungsberaterin und ein Thema: Krebs. Drei Stunden verbrachten die Onkologin Verena Thalmann, die Diätärztin Klara Vigl und die Ernährungstherapeutin Herlinde Wieser in der 5D des Pädagogischen Gymnasiums in Brixen, um die Schüler im Rahmen des Projektunterrichts rund um das Thema Krebs und die Zusammenhänge von Ernährung und Krebs zu informieren.

Vorsorge beginnt in der Schule Zu Gast in der Schule (1): Experten zum Thema Krebs und Ernährung

Die Onkologin Verena Thalmann erklärte den Zusammenhang von Zellwachstum und Tumorerkrankung

Foto

: Oth

mar

See

haus

er

ThemaTHEMA

23

Zu GAST IN DER SCHuLE (1)Zu Gast in der schule (1)

in vielen alkoholischen Getränken enthal-tenen Farb- und Aromastoffe. Oder dass eine zu fettreiche Ernährung ebenso un-gesund ist wie eine zu fettarme.

konsum allein nicht krebsfördernd ist, wohl aber die mit dem übermäßigen Konsum verbundene falsche Ernährung, die Kom-bination von Alkohol und Nikotin, bzw. die

Auch den beiden Ernährungsexpertin-nen Klara Vigl und Herlinde Wieser gehörte die ganze Aufmerksamkeit der Klasse. Die meisten wussten z. B. nicht, dass Alkohol-

Dr. Klara ViglDr. Verena Thalmann

Ein kompakt und interessant aufbereitetes Thema vor einem aufmerksamen Publikum

Folgt

Foto

: Oth

mar

See

haus

er

ThemaTHEMA

24

Dass es „gute“ und „schlechte“ Fette gibt, nämlich die gesättigten und ungesättig-ten bzw. mehrfach ungesättigten Fett-säuren. Die Diätärztin zeigte auch auf, welche Zusammenhänge zwischen dem Lebensstil und dem Auftreten bestimmter Krebsarten stehen.

Am interessantesten dürfte in diesem Zusammenhang die Erkenntnis für die Schüler der 5 D gewesen sein, dass Krebs in vielen Fällen auch hausgemacht ist und durch verantwortlichen umgang mit sich selbst, eine gesunde und ausgewogene Ernährung sowie die konsequente Teil-

nahme am Vorsorgeprogramm durchaus verhindert werden kann.

Die Ernährungstherapeutin Herlinde Wieser gab den Schülern konkrete Anwei-sungen für eine gesunden Lebensstil mit nach Hause, der mit der gesunden Ernäh-rung beginnt. Fünfmal am Tag Obst und Gemüse, möglichst Saisonprodukte. „Hier gilt der Grundsatz viel hilft viel“, so Herlin-de Wieser.

Die wichtigste Information, die die Schüler an diesem Freitagnachmittag mit nach Hause nahmen war wahrscheinlich vor allem eines: das Thema Krebs geht uns alle an und man kann nicht früh ge-nug anfangen, durch einen vernünftigen Lebensstil dazu beizutragen, dass man diese tückische Krankheit nie von Nahem kennenlernen muss! Krebs geht alle an und darf kein Tabuthema sein.

Schüler haben das Thema selbst gewählt

Andreas Declara ist der Biologielehrer der 5 D des Pädagogischen Gymnasiums in Brixen. „Im Rahmen des Projektunter-richts haben die Schüler die Möglichkeit,

Zu GAST IN DER SCHuLE (1)Zu Gast in der schule (1)Fo

to: O

thm

ar S

eeha

user

ThemaTHEMA

25

einiges von diesem Nachmittag bleiben werde. „Ich glaube, dass ich in Zukunft bewusster sein werde, z. B. was das Essen anbelangt.“ Wie hoffentlich auch der Rest der Klasse. Immerhin, erzählt Magdalena, hatten am nächsten Tag schon mehr als die Hälfte der Klassenkameraden Obst als Pausenbrot dabei!

„Sollte man in allen Schulen machen“

Lukas Neuwirth befasste sich schon vor dem Projektunterricht aus eigenem Inte-resse ausführlich mit dem Thema Krebs und Ernährung. „Es war eigentlich wenig Neues für mich dabei. Aber alles so kom-pakt aufbereitet erklärt zu bekommen, das war schon toll!“ Lukas fand die Beiträge der Referentinnen gut an das Niveau der Klasse angepasst und auch die Aufteilung der Themen sehr gelungen. „Zunächst ei-ne allgemeine Information, was ist Krebs. Dann die Zusammenhänge mit dem, was wir essen und zum Schluss alles, was jeder einzelne konkret tun kann.“

Nach Ansicht von Lukas sollten solche Informationsveranstaltungen in allen Schulen für die dritten, vierten und fünf-ten Klassen angeboten werden. n

Besuch bei einem Biobauern und in der Landwirtschaftsschule. „Im Biologieunter-richt haben wir unter anderem über die Inhaltsstoffe von Lebensmitteln und die Zusammenhänge von Ernährung und Kör-per gesprochen“, erklärt Declara. Auch Ko-chen mit Bioprodukten gehörte zu dieser Lerneinheit. Neben der Vermittlung von Fachwissen steht im Projektunterricht vor allem die praktische Anwendung des erworbenen Wissens im Vordergrund, wie z. B. die Anleitung für einen verantwortli-chen Lebensstil.

„Einerseits schockierend…“

…fand Magdalena Mair den Informa-tionsnachmittag mit den drei Experten zum Thema Krebs und Ernährung: „Scho-ckierend, weil ich nicht gedacht hätte, dass es so schnell gehen kann und dass doch so viele Menschen an Krebs erkran-ken und dass unser Verhalten Krebs verur-sachen kann.“ Die Vorträge hätten sie aber auch zum Nachdenken angeregt.

„Mein Opa ist an Krebs gestorben“, er-zählt Magdalena, „aber ich habe mich nie genauer für dieses Thema interessiert.“ Magdalena glaubt, dass ihr persönlich

Schwerpunkte zu wählen.“ Die 5 D hat sich für das Thema Ernährung, Gesund-heit und Körper entschieden. Die Schüler und Schülerinnen konnten selbst Ideen für die Beiträge zu diesem Thema ein-bringen. Im Rahmen des Projektunter-richts war die Klasse unter anderem zu

Andreas Declara

Zu GAST IN DER SCHuLE (1)Zu Gast in der schule (1) Fo

to: O

thm

ar S

eeha

user

ThemaTHEMA

26

Die Präsidentin der Südtiroler Krebshilfe Renate Daporta war

mit drei Betroffenen zu Gast bei den 17 Schülern.

Was der Klasse 5 B des Pädagogischen Gymnasiums von Brixen im vergangenen Februar während des Religionsunterrichts geboten wurde, war mehr als nur eine Einführung in das Thema Krebs, sondern vielmehr ein bewegendes Zeugnis, wie man damit umgehen kann und vor allem, wie man mit und nach der Krankheit lebt, welche Kraft man aus solch einer Lebens-erfahrung schöpfen kann.

Zwei Stunden, dicht, mitunter auch schwer, aber die Schüler gaben kein Zei-chen von Müdigkeit oder Langeweile. Den Anfang machte Renate Daporta. Bevor sie einen überblick über die Tätigkeit der Südtiroler Krebshilfe gab, die Anfänge ab 1981, als Medikamente noch von Deutsch-land eingeführt werden mussten, den Auf-

bau, die Ziele, die Arbeit der zahlreichen Freiwilligen usw., ging auch sie kurz auf ihre eigene Lebensgeschichte ein.

Ihr Mann Karl erkrankte gerade 40jährig vor zehn Jahren an einem höchst bösar-tigen Tumor, die Familie war im Aufbau, die Töchter klein und der selbständige Ma-lermeister der Alleinernährer der Familie. Die Präsidentin der Krebshilfe erzählte, wie sie durch diesen Schicksalsschlag da-zu gekommen sei, sich dafür einzusetzen, Krebskranken ihr Schicksal zu erleichtern und ihnen die bestmögliche Versorgung zu garantieren.

Johann Astner, Monika Oberhofer und Elfriede Scapin haben Renate Daporta begleitet, um den Schülern ihre bewe-gende Lebensgeschichte zu erzählen. Ein jeder von ihnen fand auf seine Weise die richtigen Worte, um den Kontakt zu den jungen Menschen herzustellen. Johann Astner, der vor sechs Jahren bei der spä-

ten Diagnose seines Mastdarmkarzinoms von den Ärzten schon aufgegeben war, beeindruckte sein junges Publikum durch seine gelassene Ausstrahlung und seinen Optimismus. „Am Anfang hab ich mit Gott und der Welt gehadert.“ Dann habe er es angenommen. „und von dem Augenblick an geht´s. Die Diagnose Krebs ist kein To-desurteil. Ich bin das beste Beispiel.“

„Ich bin durch die Krankheit gläubig geworden.“ Die Geschichte von Monika Oberhofer ging den Schülern besonders nahe, da ein halbes Jahr nachdem sie an Schilddrüsenkrebs erkrankt war, ihre 18jährige Tochter an Lymphdrüsenkrebs erkrankte. „Da musste ich meine ganze Kraft für sie zusammen nehmen.“ Auf die Frage, wie lange es gedauert habe, bis sie ihre Krankheit akzeptiert habe, antwortet Monika Oberhofer frei heraus: „Bis heute noch nicht.“ und welche Emotionen sie heute mit der Krankheit verbinde? „Be-dauern“, sagt Monika Oberhofer. „Wenn ich

Bewegende Lebensgeschichten - die Klasse 5 B des Pädagogischen Gymnasiums in Brixen hat sich kein einfaches Thema ausgesucht für ihren Projektunterricht. Drogen, AIDS – das sind eher Themen, mit denen sich 18jährige auseinandersetzen. Aber Krebs?

„Krebs ist kein Todesurteil“Die gleiche Krankheit – Aber vier unterschiedliche Geschichten.

Zu GAST IN DER SCHuLE (2)Zu Gast in der schule (2)

unterricht einmal anders - mitten im Leben

Foto

: Oth

mar

See

haus

er

ThemaTHEMA

27

Jetzt packen wir´s an.“ Kraft hätten ihr auch die vielen Krebskranken gegeben, denen sie im Lauf ihrer sechsjährigen Tätigkeit als Freiwillige für die Krebshilfe begegnet sei. „Ich sagte mir immer, wenn die es geschafft haben, dann schaff ich es auch.“

der endgültigen Diagnose als man sie im Krankenhaus vor zwei Jahren nach einer Routineuntersuchung weiter zu Blutun-tersuchungen schickte. Nach einer Woche der Verzweiflung, in der Kinder und Mann sie nur umarmten oder in Tränen ausbra-chen, habe sie beschlossen: „Schluss jetzt.

nochmal zurückkönnte, würde ich nicht mehr anfangen zu rauchen, mehr Sport treiben und an die frische Luft gehen.“

„Zehn Minuten habe ich geweint. Da-nach nie mehr“, beantwortet Elfriede Sca-pin die Frage einer Schülerin. Noch vor

Zu GAST IN DER SCHuLE (2)Zu Gast in der schule (2)

Maria Theresia unterkircherMonika OberhoferRenate Daporta Jöchler

Folgt

Elfriede Scapin: "Zehn Minuten habe ich geweint. Danach nie mehr!"

Foto

: Oth

mar

See

haus

er

ThemaTHEMA

28

Eine Erfahrung, die allen drei Betroffe-nen gleich ist und die sicher auch auf Rena-te Daporta zutrifft: Nach dem Krebs erhält das Leben einen anderen Wert. Johann Astner stellvertretetend für alle: „Heute steht für mich das Leben im Vordergrund. Ich kann die Kleinigkeiten schätzen.“ Das

Aufwachen jeden Morgen. Den Frühling. Einen Vogel, der singt. Das Beisammensein in der Familie. Einen Spaziergang.

An der Wand im Klassenzimmer hängt ein Schild: Ein Prozent Hilfe ist mehr als hundert Prozent Mitleid. Diesen Satz kön-

nen alle Betroffenen unterschreiben. Durch die Krankheit stellt man nicht zuletzt auch fest, wer die echten Freunde sind. Sicher nicht die Personen, die die Straßenseite wechseln, sobald sie einen sehen, aus Angst mit der Krankheit konfrontiert zu werden. „Oder die einem versichern, wie gut man aussähe, obwohl man selbst weiß, dass das nicht stimmt“, erinnert sich Elfrie-de Scapin.

Die wichtigste Botschaft, die die 16 Schülerinnen und ihr einziger Klassenka-merad mit nach Hause genommen haben, ist sicherlich: Krebs ist kein Todesurteil, aber es kommt auch auf einen selbst an, wie man sich der Krankheit stellt.

Projekt: Bewegende Lebensgeschichten

Maria Theresia unterkircher ist Reli-gionslehrerin und hat die 5 B in ihrem Projekt „Bewegende Lebensgeschichten“ begleitet. „Die Klasse hat sich das Thema selbst gewählt. Wir haben bereits ande-re Gäste gehabt, wie z. B. den Missionar Josef Knapp oder eine Schülerin unserer Schule, die nach einem unfall sprechen, schreiben und gehen hat neu lernen

Zu GAST IN DER SCHuLE (2)Zu Gast in der schule (2)

Elfriede ScapinJohann Astner

Foto

: Oth

mar

See

haus

er

ThemaTHEMA

29

schluss an alle Schüler verteilte, zu Hause gleich gelesen. „Jetzt überlegt man sich, ob man nicht doch zum Frauenarzt geht, um sich untersuchen zu lassen.“ Annalena jedenfalls fand es kein bisschen langwei-lig: „Von mir aus hätte ich noch Stunden zuhören können.“

„Eine super positive Ausstrahlung“

Barbara Mader hat es imponiert, mit welcher Offenheit die drei Betroffenen vor der Klasse über ihre Krankheit und ihre ganz persönlichen Emotionen gespro-chen haben. Ganz neu war das Thema Krebs für Barbara nicht, weil eine Freundin ihrer Mutter betroffen ist. „Ich habe aber viel Neues erfahren und war total beein-druckt von der super positiven Ausstrah-lung.“ Die Infobroschüre hätte sie auch gleich ihrer Mutter weitergegeben. Sehr beeindruckt hat Barbara auch der Vortrag von Renate Daporta über die Tätigkeit der Krebshilfe. „Ich wusste gar nicht, was die alles machen.“ Insgesamt sei die ganze Klasse sehr betroffen gewesen im An-schluss an die Veranstaltung. „Es war viel, aber es war aushaltbar, vor allem, weil alle gesagt haben, dass sie es geschafft haben!“ n

auch die Tatsache, dass es Organisationen wie die Krebshilfe gibt, die in so einer Si-tuation Hilfe bieten und die sich auch aktiv um die Prävention bemühen.“

„Infofluss top, nicht langweilig und ganz emotionell“

Von Krebs hat sie vorher so gut wie gar nichts gewusst. Annalena Hvala fand den Vormittag mit den drei Betroffenen und der Präsidentin der Krebshilfe „sehr, sehr, sehr interessant.“ „Die Personen waren toll, auch wie sie mit uns geredet haben, ihre Offenheit. Das war ganz emotionell und megainformativ.“ Annalena hat die Bro-

schüre, die die Präsidentin der Süd-tiroler Krebshilfe im An-

müssen. Wir sind aber auch in Strukturen wie z. B. das Haus Emmaus gegangen, wo AIDS-Patienten betreut werden; wir sind im Haus der Solidarität mit einer Frau aus Afghanistan zusammengekommen und hatten eine Begegnung mit Suchtkranken. Auch diese Begegnung mit den Betroffe-nen war sehr intensiv und sehr wertvoll für die Klasse. Sie werden viel mitnehmen aus dieser Begegnung. Das plötzliche Herein-brechen der Krankheit in dein Leben. Wie man damit fertig wird. Der Optimismus, den die Betroffenen ausstrahlen; ihre Of-fenheit über ihre Krankheit zu reden. Aber

Zu GAST IN DER SCHuLE (2)Zu Gast in der schule (2)

Beeindruckend, was die Krebshilfe alles machtFoto

: Oth

mar

See

haus

er

Was ist los in den Bezirken“„WAS IST LOS IN DEN BEZIRKEN“

30

Tanzen ab der Lebensmitte

Ein Kurs mit Christa Wieland,

der sehr gut ankommt wie

die begeisterten Teilnehmer

zeigen!

EISaCktal

Adventsfrühstück der SVP-Frauen Marling

Für die perfekte Atmosphäre der

Benefizveranstaltung zu Maria Empfängnis

sorgten die Klänge der Burggräfler

Alphornbläser im tief verschneiten Marling.

Viele freiwillige Helferinnen, die 3. und 4.

Grundschulklassen mit den Lehrpersonen und

Eltern, haben mit viel Engagement zum guten

Gelingen beigetragen.

Die Köstlichkeiten für den Frühstückstisch

waren von Privatpersonen, vom Marlinger

Bauernmarkt, Geschäften, sowie Firmen aus

dem Burggrafenamt von Herzen gespendet

worden. „Ziachorglspieler“ Tobias Schwarz, die

Zitherklänge von Heinz Gamper, der Marlinger

Jugendchor IchDuWir sowie die von Renate

Wopfner vorgetragenen Adventsgeschichten

sorgten für die richtige Stimmung. Der

Reinerlös kommt der Südtiroler Krebshilfe für

den Kinderhilfsfond zugute. Dank auch an

Roland Strimmer und Reinhard Waldner vom

Alpenverein für ihre großzügige Spende.

MERaN - BuRggRaFENaMt

Save the dateBenefizabend der Südtiroler Krebshilfe Bezirk EisacktalAm: 03.09.2011Beginn um 20.00 uhr

WichtigAmbulatorium Klausen:

Tel. Nr. 0472 813135

Was ist los in den Bezirken“„WAS IST LOS IN DEN BEZIRKEN“

31

Benefizkonzert in Jenesien am 12. März Es spielten Oswald Sattler, das Ensemble Osttirol, Die Pustertaler, Die Schwarzensteiner und die Salten Oberkrainer. Organisiert wurde der Abend vom „Amateursportverein Jenesien – Sektion Soltnflitzer“. Neben der Musik waren es vor allem die Gags von Moderator Josef Runggaldier, die das Publikum erheiterten. Der Eintritt war frei, der Bitte um eine freiwillige Spende für die Südtiroler Krebshilfe sind viele Besucher gerne nachgekommen. Im Rahmen der Veranstaltung wurde ein Bild versteigert, das die Stiftung Sparkasse zur Verfügung gestellt hat. Ein urlauber aus Stuttgart konnte das schöne Stück für sich gewinnen.

Tag des Kranken

Wie bereits Tradition hat der Bezirk Bozen Salten Schlern den

Tag des Kranken mit einer Messe in der Pfarrkirche Gries

begangen. Nach der Messe trafen sich die Mitglieder auf

eine Gulaschsuppe, Strudel und Kaffee im Hotel Post.

BOzEN - SaltEN - SChlERN

Adventskonzerte in Klobenstein und in Sarnthein Mit großer Freude haben Mitglieder des Vorstands an den Adventskonzerten in Klobenstein und Sarnthein teilgenommen, die das „Institut für Musikerziehung in deutscher und ladinischer Sprache“ im vergangenen Dezember organsiert hat. Die jungen Musiker haben durch großes Können beeindruckt. Den Eltern dan-ken wir für die großzügigen Spenden. Ein besonderer Dank geht auch an Christine Herbst und an Josef unterhofer, die die Veranstaltung künftig auch auf andere Orte ausweiten wollen. Der Erlös ging an den Kinderhilfsfond.

Interessanter Vortragsabend

um genetische Veränderungen,

Vorbeugung und Behandlungsmaß-

nahmen von Krebserkrankungen

sowie Risikofaktoren bzw. um die

Modalitäten des Mammakarzinoms,

Symptome und Behandlungsmetho-

den informierten am vergangenen 22.

Dezember die beiden Onkologinnen

des Bozner Krankenhauses, Dr. Susan-

ne Baier und Dr. Elisabetta Cretella.

Was ist los in den Bezirken“„WAS IST LOS IN DEN BEZIRKEN“

32

In memoriam Seppl Lamprecht Tief betroffen zeigt sich die Bezirkspräsidentin Maria Angela Berlanda vom plötzlichen Tod von SVP Politiker Seppl Lamprecht (li.): „Er war ein großer Förderer unserer Vereinigung und bei der letzten Weihnachtsfeier im Bürgerhaus von Tramin genoss er es sichtlich, mit dabei zu sein. Seppl Lamprecht wird immer in unseren Herzen bleiben“.

Gourmet-Menü in Tramin

Einen geselligen Nachmittag mit Gourmet-Menu und

weihnachtlicher Stimmung verbrachten die Mitglieder und

Angehörigen im Bürgerhaus in Tramin.

ÜBEREtSCh – uNtERlaND

Vortrag Auch im unterland stieß der Vortragsabend mit den beiden Onkologinnen, Dr. Susanne Baier und Dr. Elisabetta Cretella auf großes Interesse.

Tag des Kranken

Wie alljährlich am 11. Februar feierten zahlreiche Betroffene den internationalen Tag des Kranken im Kapuzinerkloster in Neumarkt, und begaben sich anschließend in das Refektorium zu einer zünftigen Gulaschsuppe.

Der Ausflug

zur Wallfahrtskirche

von Caravaggio

findet am SONNTAG, den 29. MAI und

nicht am Donnerstag, den 19. Mai statt

Wir möchten darauf hinweisen, dass der Ausflug auf die Cisloner Alm am Donnerstag, den 07. Julistattfindet.

Vormerkungen bitte vom 01. – 24. Juni 2011

Frühjahrsprogramm 2011

Wer am Ferienaufenthalt in Fennberg interessiert

ist, soll bitte im Büro in Neumarkt anrufen, weil

möglicherweise das Datum geändert wird und der Aufenthalt erst am

Montag, den 30. Mai beginnt.

Was ist los in den Bezirken“„WAS IST LOS IN DEN BEZIRKEN“

33

Krebsnachsorgeturnen

Wieder gut

angekommen ist das

Krebsnachsorgeturnen

im Hallenbad von Mals.

Das Wohlbefinden

und die gegenseitige

unterstützung im

Wasser sind Balsam für

die Seele.

Weihnachtsmarkt in Neumarkt

Fleißige Hände bastelten das ganze Jahr über für den Weihnachtmarkt und

andere fleißige Hände backten Strauben am Weihnachtsstand in Neumarkt.

VINSChgau

Infoabend Prostatakrebs und Selbsthilfe Zahlreiche Interessierte folgten der Einladung zum Informationsabend am 15. Februar in Schlanders über Prostatakrebs und Selbsthilfe. Dr. Josef Aufderklamm erläuterte die wichtigsten Vorsorgeprogramme.

Anschließend stellte sich die neue Selbsthilfegruppe für Krebskranke

im Vinschgau vor. „unser Motto: Niemand vermag besser zu trösten,

als wer Gleiches erfahren und durchlitten hat“, erklärten Monika Telser

(li) und Margarete Auier (re), die die Selbsthilfegruppe begleiten. Die

offene Gruppe trifft sich jeden 1. und 3. Mittwoch im Monat um 15 uhr

im Sitz der Krebshilfe Schlanders.

Was ist los in den Bezirken“„WAS IST LOS IN DEN BEZIRKEN“

34

Dr. Johann Steiner (re.) und Primar Hermann Kuepacher (li.) vom Krankenhaus Innichen überreichten Blumen an die Solistinnen des Konzerts. Mit einem Dankeschön an alle Teilnehmer beschlossen Renate Daporta Jöchler und Ida Schacher Baur den Abend.

Benefizkonzert

Schöne Stimmen und gekonnt dargebotene Instrumentalmusik vor einem vollen Haus. Das Benfizkonzert der Sektion Oberpustertal am 29. Januar war ein großer Erfolg.

Eine starke Darbietung: der Kirchenchor Toblach.

PuStERtal

Jazzige und mitreißende Rhythmen

mit den Bläsern des

TOWAu Brass

In unseren Breiten ungewöhnlich:

die Dudelsack Musik

Sektion Oberpustertal

Wichtig

Der Benefizlauf des Bezirks

Oberpustertal wurde vom 4. Juni

2011 auf den 28. Mai vorverlegt.

Start 17 uhr,

Strecke Toblach – Cortina

Was ist los in den Bezirken“„WAS IST LOS IN DEN BEZIRKEN“

35

Hans Jud, Egon Kahns Schwester Iris, Trainer Armando Tavola und

Bürgermeister Guido Bocher (v. li. n. re.)

Sie waren die schnellsten Damen im Ziel

Toni Taschler begleitet die schöne Stimme

von Martina Stifter am FlügelSo schön singen unsere Förster

Gedächtnisskirennen

In memoriam Egon Kahn nahmen 151 Skiläufer im

Februar am Skirennen am Trenkerlift in Toblach teil.

Trainer Armando Tavola und der Skiclub Toblach hatten

die Benefizveranstaltung in Erinnerung an den 2004 erst

14jährig verstorbenen talentierten Skiläufer organisiert.

36

[ BOzEN-SaltEN-SChlERN ] Sitz u. Ambulatorium: Drei-Heiligen-Gasse 1Tel. 0471 283 [email protected]

[ BRuNECk ] Sitz: Bruder-Willram-Str. - Tel. 0474 551 327 Ambulatorium: A.Hofer Str. 52 Tel. 0474 550 320 - [email protected]

[ tOBl aCh ] Sitz u. Ambulatorium: Gustav-Mahlerstr. 3Tel. 0474 972 800 - [email protected]

BezirksBürosBEZIRKSBüROS

[ BRIxEN ] Sitz u. Ambulatorium: Brennerstr. 1Tel. 0472 832 448Ambulatorium: Tel. 0472 774 346 Krankenhaus Sterzing 4. [email protected]

[ SChl aNDERS ] Sitz: Krankenhausstr. 13Tel. 0473 621 721 Ambulatorium: Hauptstr. 134Tel. 0473 736 640 - [email protected]

[ NEuMaRk t ]Sitz u. Ambulatorium: C.-Battisti-Ring 6Tel. 0471 820 466 Ambulatorium: LeifersTel. 0471 820 [email protected]

[ MER aN ] Sitz: Rennweg 27 - Tel. 0473 445 757Ambulatorium: Romstr. 3Tel. 0473 496 [email protected]

Was ist los in den Bezirken“„WAS IST LOS IN DEN BEZIRKEN“

Sektion Unterpustertal

PuStERtal

Der Bezirk Pustertal feiert das 30-jährige Bestehen der Südtiroler Krebshilfe mit einem Grillfest auf der Silvesteralm bei Toblach. Am 22. Juni wandern wir gemeinsam, d.h. die Mitglieder aus dem Ober-und dem unterpustertal von der Enzianhütte in Toblach zur Silvesteralm (1800 m).

Treffpunkt in Toblach um 10 uhr bei der Enzianhütte. Treffpunkt in Bruneck um 9.30 uhr am Autobahnhof.

Bitte anmelden bis 15. Juni. In Toblach unter Tel. 335 - 1511353; in Bruneck unter Tel.0474 – 551327

Anfahrt von Toblach an Wahlen vorbei nord-ostwärts hinauf zum sogenannten Stofferhaus (1391 m) und hier bei der Straßenteilung rechts weiter zu einem Parkplatz unter dem Schönegger-Hof („Schönegger-Säge“, ca. 1520 m; zu Fuß hierher 1:30 Std.). Von da an geht’s zu Fuß weiter. Es besteht die Möglichkeit einige Personen mit dem Auto auf die Alm zu führen.

Grillfest auf der Silvesteralm zum 30jährigen


Recommended