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Extending the Theory of Knowledge Spaces: A Competence-Performance Approach
Tina Ressl
SE Aktuelle Themen psychologischer Forschung
01.06.2006
Korossy, K. (1997):
Zeitschrift für Psychologie, 205, 53-82
Überblick
Dissertationsthema Zusammenfassung des Artikels
Theoretischer Hintergrund Wissensraumtheorie (Doignon & Falmagne) Kompetenz-Performanz-Ansatz (Korossy)
Empirische Anwendung am Bsp. einer Untersuchung
Relevanz für die Dissertation
Dissertationsthema
„Kompetenz-basierte, adaptive Führerscheinprüfung“
Wissensraumtheorie bzw.Kompetenz-Performanz-Ansatz
Theoretische Führerscheinprüfung(Klasse B)
Extending the Theory of Knowledge Spaces: A Competence-Performance Approach (Korossy, 1997)
Wissensraumtheorie (Doignon & Falmagne, 1985):
Wissensbereich charakterisiert durch eine Menge X von Aufgaben (richtig/falsch)
Wissenszustand einer Person = Teilmenge an Aufgaben, die die Person lösen kann
häufig Lösungsabhängigkeiten zwischen Aufgaben eines Wissensbereiches (Aufgabe x richtig Aufgabe z richtig)
nicht mehr alle Antwortmuster sind „erlaubt“ (Familie K) empirisch erwartbare(r) Lösungsmuster Wissenszustände
Wissensstruktur = Menge aller möglichen/erlaubten Wissenszustände
Wissensraumtheorie Kompetenz-Performanz-Ansatz Empirische Anwendung
Extending the Theory of Knowledge Spaces: A Competence-Performance Approach (Korossy, 1997)
Wissensstruktur heißt Wissensraum, wenn Ø, X K und wenn K vereinigungsabgeschlossen ist. Bsp.: 100 010
Wissensraum darstellbar in Form einer Basis B(K): kleinste Teilmenge von K, so dass jeder
Wissenszustand von K als Vereinigung von Zuständen aus B(K) darstellbar ist
Bsp.:
Wissensraumtheorie Kompetenz-Performanz-Ansatz Empirische Anwendung
Auch die Vereinigung, also 110, muss in der Wissensstruktur enthalten sein.
0000 1100 1000 11100010 11111010
1010 und 1110 sind keine Elemente derBasis lassen sich erzeugen
Extending the Theory of Knowledge Spaces: A Competence-Performance Approach (Korossy, 1997)
Lösungsabhängigkeiten auch durch das Konzept des Surmise-Systems erfassbar geordnetes Paar (X, ) mit einer Menge X an
Aufgaben und einer Zuordnung (genannt Surmise Funktion), die jeder Aufgabe eine Familie (x) von Teilmengen von X (genannt Klauseln) zuordnet
Wenn eine Person Aufgabe x lösen kann, dann kann sie vermutlich auch alle Aufgaben in mindestens einer dieser Klauseln lösen. z.B.: Verfügt eine Person über die Fähigkeit Y, dann
verfügt diese Person vermutlich auch über mindestens eine der Fähigkeiten W oder Z.
Wissensraumtheorie Kompetenz-Performanz-Ansatz Empirische Anwendung
Extending the Theory of Knowledge Spaces: A Competence-Performance Approach (Korossy, 1997)
Vorteile: bereichsspezifisches Wissen wird als Familie
empirisch erwarteter Zustände modelliert, welches grundsätzlich durch Lösungsmuster von Aufgaben beobachtet werden kann
individuelle Wissensdiagnose
Kritik: rein deskriptiv und verhaltensorientiert keine theoretische Erklärung für die beobachteten
Wissenszustände kein Bezug auf zugrunde liegende Fähigkeiten (welche
Fähigkeiten sollte sich eine Person aneignen, um das Problem das nächste Mal lösen zu können?)
Wissensraumtheorie Kompetenz-Performanz-Ansatz Empirische Anwendung
Extending the Theory of Knowledge Spaces: A Competence-Performance Approach (Korossy, 1997)
Kompetenz-Performanz-Ansatz: Erweiterung der Wissensraumtheorie durch
Korossy (1996) Unterscheidung zwischen Kompetenz und
Performanz Performanz: empirisch beobachtbares
Lösungsverhalten (einer Person) bei Aufgaben Kompetenz: nicht beobachtbares, theoretisches
Konstrukt zur Erklärung und Prognose von Performanz (Wissen, Fähigkeit)
Wissensraumtheorie Kompetenz-Performanz-Ansatz Empirische Anwendung
Extending the Theory of Knowledge Spaces: A Competence-Performance Approach (Korossy, 1997)
Kompetenzstruktur = geordnetes Paar (ℰ,K), bestehend aus einer Menge ℰ von Elementarkompetenzen und einer Familie K von Teilmengen von ℰ (Kompetenzzustände) Ist Ø, ℰ K und K vereinigungsabgeschlossen, dann heißt die
Kompetenzstruktur Kompetenzraum
Performanzstruktur = geordnetes Paar (A,P), bestehend aus einer Menge A von Aufgaben und einer Familie P von Teilmengen von A (Performanzzustände) Ist Ø, A P und P vereinigunsabgeschlossen, dann heißt die
Performanzstruktur Performanzraum
Wissensraumtheorie Kompetenz-Performanz-Ansatz Empirische Anwendung
Extending the Theory of Knowledge Spaces: A Competence-Performance Approach (Korossy, 1997)
Empirische Anwendung: Zur Überprüfung der Anwendbarkeit und
Nützlichkeit des Ansatzes Wissensbereich: Satzgruppe des Pythagoras Lehr-/Lernziele laut Bildungsplan
(Gymnasium): Phytagoräischer Lehrsatz: Satz des Phytagoras,
Kathetensatz, Höhensatz Anwendungen dieser drei Lehrsätze:
Flächenumwandlungen und Längenberechnungen
Wissensraumtheorie Kompetenz-Performanz-Ansatz Empirische Anwendung
Extending the Theory of Knowledge Spaces: A Competence-Performance Approach (Korossy, 1997)
Wissensraumtheorie Kompetenz-Performanz-Ansatz Empirische Anwendung
Kürzel Bereichsspezifische Interpretation
P Wissen und Anwenden-Können des Satzes des Phythagoras
K Wissen und Anwenden-Können des Kathetensatzes
H Wissen und Anwenden-Können des Höhensatzes
A Wissen und Anwenden-Können der Formel zur Bestimmung des Flächeninhalts eines (rechtwinkligen) Dreiecks
Z Fertigkeit der zeichnerisch-konstruktiven Verwandlung einer Rechtecks- in eine inhaltsgleiche Quadratfläche
T Wissen um die Eigenschaft einer Kreistangente
Elem
entarkompetenze
n
Extending the Theory of Knowledge Spaces: A Competence-Performance Approach (Korossy, 1997)
Vorhaben: Modellierung eines Lehr-/Lernzielnetzes in Form
eines Kompetenzraumes Auswahl geeigneter Aufgaben sowie
Konstruktion des resultierenden Performanz-raumes
Vergleich der hypothetisch erwarteten Lösungsmuster (der Performanzzustände) mit empirisch auftretenden Lösungsmustern Hinweise auf die empirische Validität der Modellierung
Wissensraumtheorie Kompetenz-Performanz-Ansatz Empirische Anwendung
Extending the Theory of Knowledge Spaces: A Competence-Performance Approach (Korossy, 1997)
Kognitive Aufgabenanalyse: Identifizierung jener Fähigkeiten, die für das
richtige/falsche Lösen der jeweiligen Aufgabe benötigt werden
bei typischen Aufgaben eines Geometrie-Lehrbuchs 3 Schritte:
Lösungsweg-Analyse: Bestimmung aller möglichen (und akzeptablen) Lösungswege
Kompetenzanalyse: Bestimmung einer Familie ℰ von Elementarkompetenzen
Um die Hinlänglichkeit der Elementarkompetenzen zu überprüfen, wird jeder Lösungsweg einer Teilmenge von ℰ zugeordnet
Wissensraumtheorie Kompetenz-Performanz-Ansatz Empirische Anwendung
Extending the Theory of Knowledge Spaces: A Competence-Performance Approach (Korossy, 1997)
Elementarkompetenzen: E = {P, K, H, A, Z, T} in diesem Fall sehr abstrakt eine
Elementarkompetenz beschreibt eine Einheit an mathematischem Wissen (deklarativ und prozedural)
Grundlage für die Modellierung der Kompetenz- zustände
Wissensraumtheorie Kompetenz-Performanz-Ansatz Empirische Anwendung
Extending the Theory of Knowledge Spaces: A Competence-Performance Approach (Korossy, 1997)
Modellierung des Kompetenzraumes: Kompetenzzustände reflektieren das Wissen, welches dem
beobachtbaren Lösungsverhalten zugrunde liegt
B(K) = {K, H, PK, PH, KA, HA, KZ, HZ, PKTA, KHTA} Kompetenzraum (K,e) durch Abschluss von B(K) unter
Vereinigung: 31 Kompetenzzustände
Wissensraumtheorie Kompetenz-Performanz-Ansatz Empirische Anwendung
E P K H A Z T
() {PK, PH} {K} {H} {KA, HA} {KZ, HZ} {PKTA, KHTA}
Extending the Theory of Knowledge Spaces: A Competence-Performance Approach (Korossy, 1997)
Wissensraumtheorie Kompetenz-Performanz-Ansatz Empirische Anwendung
Extending the Theory of Knowledge Spaces: A Competence-Performance Approach (Korossy, 1997)
Wissensraumtheorie Kompetenz-Performanz-Ansatz Empirische Anwendung
Extending the Theory of Knowledge Spaces: A Competence-Performance Approach (Korossy, 1997)
Erstellung einer Performanzstruktur: Interpretationsfunktion: ordnet jeder Aufgabe jene
Kompetenzzustände zu, in denen die Lösung der Aufgabe erwartbar scheint z.B.: Um Aufgabe a lösen zu können, muss sich eine Person
in einem Kompetenzzustand befinden, welcher {P,K} und/oder {H} enthält
Repräsentationsfunktion: ordnet jedem Kompetenzzustand die in ihm lösbaren Aufgaben zu Z.B.: Befindet sich eine Person in einem der
Kompetenzzustände {P,K}, {K,H} oder {P,K,H}, kann sie die Aufgaben a, c und g (und nur diese) lösen.
Wissensraumtheorie Kompetenz-Performanz-Ansatz Empirische Anwendung
Extending the Theory of Knowledge Spaces: A Competence-Performance Approach (Korossy, 1997)
xA x K H PK PH KA HA KZ HZ PKTA KHTA
a {H, P} x x x x x x x
b {A} x x x x
c {K, P} x x x x x x x
d {Z} x x
e {T} x x
p() c a ac ac bc ab cd ad abce abce
x Basis-Interpretationen
xA x K H PK PH KA HA KZ HZ PKTA KHTA
a {H, P} x x x x x x x
b {A} x x x x
c {K, P} x x x x x x x
d {Z} x x
e {T} x x
p() c a ac ac bc ab cd ad abce abce
E P K H A Z T
() {PK, PH} {K} {H} {KA, HA} {KZ, HZ} {PKTA, KHTA}
Surmise-Interpretationen
x Basis-Interpretationen
Extending the Theory of Knowledge Spaces: A Competence-Performance Approach (Korossy, 1997)
xA x K H PK PH KA HA KZ HZ PKTA KHTA
a {H, P} x x x x
b {A} x x
c {K, P} x x x x
d {Z}
e {T}
p() c a ac ac bc ab cd ad abce abce
x Basis-Interpretationen Surmise-Interpretationen
Wo ist a, b, c,… überall enthalten?
Extending the Theory of Knowledge Spaces: A Competence-Performance Approach (Korossy, 1997)
Wissensraumtheorie Kompetenz-Performanz-Ansatz Empirische Anwendung
x A p(kx~) s(x) = Min p(kx
~)
a {a, ac, ab, ad, abde} {a}
b {bc, ab, abce} {ab, bc}
c {c, ac, bc, cd, abce} {c}
d {cd, ad} {ad, cd}
e {abce} {abce}
B(P) = {a, c, ab, ad, bc, cd, abce}
Anm.: {ac} nicht in Basis enthalten lässt sich aus {a} und {c} erzeugen
B(P) = {a, c, ab, ad, bc, cd, abce}
Performanzraum:
Extending the Theory of Knowledge Spaces: A Competence-Performance Approach (Korossy, 1997)
Methode: 2 Paralleltestgruppen (L, R – aufgrund Gruppenversuch)
mit je 5 Aufgaben + 2 Aufwärmitems Mindestens 5 min, maximal 10 min pro Item Stichprobe: 21 SchülerInnen im Alter von 15 bis 17
Jahren (Gymnasium in Deutschland) 2 Gruppenversuche (jeweils mit L und R)
in einer Mathematikstunde in einer „mathematical study group“
Papier-Bleistift-Test 2-kategorielle Bewertung (richtig/falsch)
Wissensraumtheorie Kompetenz-Performanz-Ansatz Empirische Anwendung
Extending the Theory of Knowledge Spaces: A Competence-Performance Approach (Korossy, 1997)
Auswertung: Theorie bedingt zweikategorielles Antwort-
verhalten (richtig/falsch) Untersuchung (Papier-Bleistift) liefert
zusätzliche Informationen (Lösungswege) 2 Auswertungen:
Die Aufgabe ist vollständig richtig gelöst. Der Lösungsweg ist richtig, das numerische
Ergebnis jedoch falsch (Rechenfehler).
Wissensraumtheorie Kompetenz-Performanz-Ansatz Empirische Anwendung
Aufgabe (Itemnummer im Test) Lösungs-muster
vorher-
gesagtVpn a(3) b(5) c(4) d(7) e(6)
1 H HA K KZ --- abcd ja
4 H --- K KZ --- acd ja
6 H PKA PH --- --- abc ja
9 H HA PH KZ;HZ --- abcd ja
10 H HA (PH) --- --- ab(c) ja (ja)
11 H --- K --- --- ac ja
13 H PHA PH --- --- abc ja
15 H PHA PH --- --- abc ja
16 H;* HA K;* HZ (KHTA) abcd(e) ja (ja)
19 H --- PH HZ (PHTA) acd(e) ja (nein)
21 H HA K HZ --- abde ja
Ergebnisse der Gruppe L (nach Korossy, 1997):
--- Aufgabe wurde nicht bzw. nicht richtig gelöst( ) Lösungsweg richtig, numerisches Ergebnis falsch* nicht-modell-konformer Lösungsweg
Aufgabe (Itemnummer im Test) Lösungs-muster
vorher-
gesagtVpn a(4) b(6) c(3) d(5) e(7)
3 H HA K HZ --- abcd ja
5 --- --- --- --- --- Ø ja
7 --- --- --- --- --- Ø ja
12 * --- --- --- --- a ja
14 --- --- --- --- --- Ø ja
18 H HA PH --- --- abc ja
20 H --- (PH) HZ --- a(c)d ja (ja)
Ergebnisse der Gruppe R (nach Korossy, 1997):
--- Aufgabe wurde nicht bzw. nicht richtig gelöst( ) Lösungsweg richtig, numerisches Ergebnis falsch* nicht-modell-konformer Lösungsweg
Anm.: 3 SchülerInnen wurden aufgrund eines Missverständnisses bei Aufgabe b von der Auswertung ausgeschlossen
Extending the Theory of Knowledge Spaces: A Competence-Performance Approach (Korossy, 1997)
Ergebnisse: Bzgl. Auswertung 1 (vollständig richtige Beantwortung)
stimmen bei allen 18 Vpn (Gruppe L und R) die Lösungsmuster mit den erwarteten Performanz-zuständen überein.
Bzgl. Auswertung 2 (richtiger Lösungsweg, falsches numerisches Ergebnis) wurde lediglich ein nicht-erwartetes Antwortmuster (Vpn 19) beobachtet.
Bei Ausschluss jener drei Vpn mit dem Lösungsmuster = Ø bleiben 15 Vpn (Auswertung 1) bzw. 14 Vpn (Auswertung 2), bei denen die Antwortmuster mit den Performanzzuständen übereinstimmen.
Wissensraumtheorie Kompetenz-Performanz-Ansatz Empirische Anwendung
Extending the Theory of Knowledge Spaces: A Competence-Performance Approach (Korossy, 1997)
Diskussion: geringe Stichprobengröße nur 5 Items kleine Auswahl an Lösungsmuster
Ergebnisse „not very powerful“ (Korossy, 1997)
trotzdem Beweis für die psychologische Validität des zugrunde liegenden Kompetenz-Modells (und der Aufgabenanalyse) aufgrund großer Übereinstimmung zw. erwarteten und beobachteten Antwortmustern
Vorhersage des Lösungsverhaltens bei neuen Problemen sowie gezieltes Lernen möglich
ev. zu „grobe“ Elementarkompetenzen
Wissensraumtheorie Kompetenz-Performanz-Ansatz Empirische Anwendung
Relevanz für meine Dissertation
Anwendung des Kompetenz-Performanz-Ansatzes Entwicklung eines Auswahlverfahrens
adaptive Testung Umsetzung muss realisierbar sein (geringe Kosten,…)
Möglichkeit, größeres Wissensgebiet mit gleicher Anzahl von Fragen abzuprüfen „Glück“ bzw. „Pech“ mit Fragen soll im Rahmen gehalten werden
besseres Feedback bei Nicht-Bestehen qualitativ besser ausgebildete FahrschülerInnen
positive Auswirkungen auf den Straßenverkehr (weniger Unfälle etc.)
Danke für die Aufmerksamkeit!
Literatur:Korossy, K. (1997). Extending the Theory of Knowledge Spaces: A Compe-tence-Performance Approach. Zeitschrift für Psychologie, 205, 53-82.