General Agreement on Trade in Services (GATS) – zur Ökonomisierung der Bildung in der WTO
I. Internationalisierung der Bildung und Außenhandel – empirische EntwicklungenII. GATS – wesentliche VertragsinhalteIII. Resümee – Implikationen des GATS
Werner RazaAK Wien [email protected]
22/11/2007
mailto:[email protected]
I. Internationalisierung der Bildung und Außenhandel – empirische Fakten
Entwicklung der AuslandsstudentInnen
Zahl ausländischer Studierender nach Gastland im Tertiärbereich, 1980-2000
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1980 1990 2000
Quelle: OECDQuelle: OECD
Wirtschaftliche Bedeutung des Handels mit Bildungsdienstleistungen
Bildungsausgaben in OECD: Ø 6,2% des BIP (2004)
Bildungsausgaben in Ö: von 6,4% des BIP (1995) auf 5,4 (2004)
Globaler Handel mit BDL: 30 Mrd $ (1999), d.s. 3% DL-Handels der OECD
Wichtigste Exporteure: USA (3,8%), AUS (11,6%), NZL (4,9%), UK (3,8%)
Wichtigste Form: Konsum im Ausland (Mode 2), rezent zunehmend Mode 1
II. GATS – wesentliche Vertragsinhalte
GATS – Struktur
Rahmenabkommen, Anhänge + Listen (Verpflichtungs- & MFN Ausnahmelisten)
Umfang: alle DL mit Ausnahme solcher in Ausübung hoheitlicher Gewalt bzw Luftverkehr-DL
GATS – Klassifikation: 12 Kategorien, über 150 Subkategorien
1. Business Services (Prof.S., Comp.S., R&D S., Real Est.S., Rental/Leas.S., Other Bus.S.)
2. Communication Services (Postal/Courier Serv., Telecom S., Audiovisual Serv.)
3. Construction and related Engineering S.4. Distribution Services5. Educational Services (Primary, Second., Tertiary, Adult, Other)6. Environmental Services (Sewage, Refuse Disposal, Sanitation,
Other)7. Financial Services (Insurance, Banking, Other)8. Health Related and Social Services (Hospital, Other Human
Health Serv., Social Services, Other)9. Tourism and Travel Related Services10. Recreational, Cultural and Sporting Services (Entertainment,
News Agency, Libraries, Museums, Sporting)11. Transport Services (Maritime, Air, Space, Rail, Road, Pipeline,
Auxiliary Serv.)12. Other Services not included elsewhere
Rahmenabkommen – Inhalte (I)
Art I: Definition des DL-Handels, Unter-scheidung von 4 Erbringungsarten:
mode 1: grenzüberschreitende Lieferung (Fernstudium)mode 2: Konsum im Ausland (zB Auslandsstudium)mode 3: kommerzielle Präsenz im Ausland (zB Gründung einer „Harvard-University-Österreich)mode 4: grenzüberschreitende DL Erbringung durch zeitweise Migration natürlicher Personen (zb US-Professoren unterrichten an H-U-Ö)
Rahmenabkommen – Inhalte (II)
Art II: Meistbegünstigung, dh Diskriminierungs-verbot zwischen Drittstaaten, Ausnahmen:
Art V: regionale IntegrationsabkommenArt VII: gegenseitige Anerkennung von QualifikationenArt XIII: öffentliche AuftragsvergabeArt XIV: Schutz der öffentl. Sicherheit und Ordnung, des Lebens bzwder Gesundheit von Menschen, Tieren und Pflanzen
Art III: Transparenz: Veröffentlichung aller regulatorischen Massnahmen betr. DL-Handel, jährliche Notifizierung der WTO
Rahmenabkommen – Inhalte (III)
Art VI: innerstaatliche Regulierung: jeder Staat hat grundsätzliches Recht, die Erbringung von DL nach eigenen politischen Zielen zu regulieren. Aber vorbehaltlich von Verpflichtungen wie zB
• keine Einschränkung eingegangener GATS-Verpflichtungen
• Einhaltung rechtsstaatlicher Standards in bezug auf Verwaltung von Vorschriften (Unparteilichkeit, Objektivität), Einräumung von Berufungsmöglich-keiten gegen Verwaltungsentscheidungen, Informationspflichten
GATS – Art VI (Fortsetzung)
Arbeitsprogramm zur Entwicklung sektorübergreifender „Disziplinen“ (Working Party for Domestic Regulation):
– nationale Regelungen zB Qualifikationserfordernisse, technische Standards, Lizenzvergabevorschriften uä sollen keine unnötigen Handelshemmnisse darstellen, dh sie sollen den Handel nur soweit beeinträchtigen als das zur Erreichung eines politischen Ziels unbedingt notwendig ist
– Transparenz hinsichtlich der politischen Ziele; diese sollen objektiv und transparent sein, und nicht belastender als dies für die Qualitätssicherstellung unbedingt erforderlich ist
– Entwicklung von Kriterien zur Bestimmung der Notwendigkeit einer Massnahme zur Erreichung eines Ziels (necessity tests)
– gegenseitige Anerkennung von Qualifikations- und Zulassungserfordernissen
Rahmenabkommen – Inhalte (IV)
• Art XIX - Prinzip fortschreitender Liberalisie-rung: neue Verhandlungen in regelmäßigen Abständen mit dem Ziel schrittweise höheren Liberalisierungsstands
• Rücknahme einer Verpflichtung (Art XXI):frühestens nach 3 Jahren, Notifikation über Maßnahme, Kompensationsverhandlungen mit Ziel der Aufrechterhaltung gleichen Niveaus an Liberalisierung; bei Nicht-Einigung Schieds-verfahren, ev. Strafzölle
• Art XXIII- Streitbeilegungsverfahren: GATS unterliegt WTO Streitbeilegungsverfahren (DSU), Vergeltungsmassnahmen auch im Warenhandelsbereich möglich
Rahmenabkommen – Inhalte (V)
Spezifische Verpflichtungen: Marktzugang (Art XVI) und Inländerbehandlung (Art XVII) gelten nur für DL Sektoren, die in Länderlisten angeführt sind
Art XVI: Marktzugang: untersagt grundsätzlich Beschränkungen bzgl Zahl der DL-Anbieter, Gesamtwert der Geschäfte oder Betriebsvermögen, Zahl der Beschäftigten, Höhe ausländischer Kapitalbeteiligungen, sowie der zulässigen rechtlichen UnternehmensformArt XVII: Inländerbehandlung: qualitative Gleichbehandlung in-und ausländischer Anbieter
GATS – Länderlisten
a) MFN-Ausnahmelisten
b) VerpflichtungslistenPositivlisten-AnsatzHorizontale vs sektorale Verpflichtungen differenziert nach• Marktzugang und Inländerbehandlung• Erbringungsarten (mode 1-4)jeder Staat definiert die Sektoren, wo er Liberalisierungen eingeht, definiert die Art der bzw auch Einschränkungen von der Verpflichtung
Spezifische Verpflichtungen im Bildungssektor
Quelle: OECDQuelle: OECD
Länder mit mind. einer Verpflichtung im betreffenden Bildungssektor
0
10
20
30
40
Primary Secondary Higher Adult Other
Quelle: Anthofer (2005)Quelle: Anthofer (2005)
Anteil der Länderlisten mit uneingeschränkten Verpflichtungen in den Erbringungsmodi 1, 2 und 3 (Angaben in %)
0
20
40
60
80
Primary Secondary Higher Adult Other
Marktzugang Inländerbehandlung
%
Quelle: Anthofer (2005)Quelle: Anthofer (2005)
GATS und öffentliche DL
Nach Art I.3 (b) sind DL „in Ausübung staatlicher Zuständigkeit“ vom GATS ausgenommen. Das sind lt Art I.3 (c) solche DL, die „weder kommerziell noch in Wettbewerb mit einem oder mehreren Anbietern erbracht werden“
Explizit genannte Beispiele (Anhang über Finanzdienstleistungen, Art 1.2.):1. Aktivitäten von Zentralbanken und monetären Behörden2. Aktivitäten von gesetzlichen Sozialversicherungssystemen und staatlichen Pensionsversicherungen3. andere Aktivitäten öffentlicher Einrichtungen im Auftrag, oder mit Garantie, oder mit finanzieller
Unterstützung des Staates
1.,2: Allerdings nur solange nicht im Wettbewerb mit Privaten!!!
Abgrenzungsproblem: wenn DL öffentlich und privat angeboten wird (zB in Ö: Bildung, Gesundheit)
ÖÖsterreich sterreich –– Verpflichtungsstand im Verpflichtungsstand im Bildungsbereich per 1.1.1995Bildungsbereich per 1.1.1995
Volle bzw weitgehende GATS Liberalisierung bzglMarktzugang und Inländerbehandlung:
Primäre Bildungsdienstleistungen (Vorschule) sekundäre Bildungsdienstleistungen (Grundschulen, AHS, BHS), Erwachsenenbildung: voll für modes 1-3, eingeschränkt für mode 4;
Keine GATS Liberalisierungsverpflichtungen bzglMarktzugang und Inländerbehandlung:
Tertiäre Bildungsdienstleistungen (Hochschulen, Universitäten) Sonstige Bildungsdienstleistungen
GATS 2000 Verhandlungen (I)
Zeitplan: bis 30.Juni 2002: Abgabe der Forderungenbis 31.März 2003: Abgabe der AngeboteSeptember 2003: 5. WTO Ministerratskonferenz in Cancun (gescheitert!)Juli 2004: Einigung über Modalitäten der weiteren Verhandlungen im Rahmen der Doha-Runde; Aufforderung, ausstehende erste Angebote baldmöglichst zu präsentierenNeue Deadline Mai 2005: Abgabe revidierter Angebote
GATS 2000 Verhandlungen (II)
Von EU:
•Forderung an USA (v.a. tertiärer Sektor)
•Kein Angebot bei Bildungs-DL
•Versuch Public Utility-Vorbehalt der EU-12 und Einschränkung auf „privat finanzierte Bildungs-DL“ auf EU-25 auszudehnen
An EU:
•Tertiärer Sektor
•Berufliche Fortbildung
Training Services
•Sonstige Bildungsdienstleistungen
Testing ServicesEducation Agency Services
III. Resümee – Implikationen des GATS
• Bisheriger Einfluss des GATS auf Liberalisierung/ Kommerzialisierung der Bildung eher gering GATS dient eher der juristischen Verankerung (de-facto Irreversibilität) demokratiepolitische Problematik
• Strukturelle Voraussetzungen einer umfassenden Liberalisierung hauptsächlich in Ö geschaffen (Privat-Unis, FHs)
• Problem der öffentlichen Förderungen/Beihilfen könnte sich insb. bzgl. Unis und Erwachsenen-bildung stellen
• Problem der politischen Normierung von Bildungsinhalten und der Setzung von Qualitätsstandards wird sich akzentuieren
General Agreement on Trade in Services (GATS) – zur Ökonomisierung der Bildung in der WTOI. Internationalisierung der Bildung und Außenhandel – empirische FaktenEntwicklung der AuslandsstudentInnenZahl ausländischer Studierender nach Gastland im Tertiärbereich, 1980-2000Wirtschaftliche Bedeutung des Handels mit BildungsdienstleistungenII. GATS – wesentliche VertragsinhalteGATS – StrukturGATS – Klassifikation: 12 Kategorien, über 150 SubkategorienRahmenabkommen – Inhalte(I)Rahmenabkommen – Inhalte (II)Rahmenabkommen – Inhalte (III)GATS – Art VI (Fortsetzung)Rahmenabkommen – Inhalte (IV)Rahmenabkommen – Inhalte (V)GATS – LänderlistenSpezifische Verpflichtungen im BildungssektorLänder mit mind. einer Verpflichtung im betreffenden BildungssektorAnteil der Länderlisten mit uneingeschränkten Verpflichtungen in den Erbringungsmodi 1, 2 und 3 (Angaben in %)GATS und öffentliche DLÖsterreich – Verpflichtungsstand im Bildungsbereich per 1.1.1995GATS 2000 Verhandlungen (I)GATS 2000 Verhandlungen (II)III. Resümee – Implikationen des GATS