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Nephroblastome : Praktisch immer in Studien! · the pathological evaluation of the nephrectomy...

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Zurich Open Repository and Archive University of Zurich Main Library Strickhofstrasse 39 CH-8057 Zurich www.zora.uzh.ch Year: 2016 Nephroblastome : Praktisch immer in Studien! Bode, Peter K; Moch, Holger Abstract: Nephroblastomas are the most commonly occurring renal neoplasms in childhood and are treated almost exclusively in clinical trials. An important factor for further therapeutic management is the pathological evaluation of the nephrectomy specimen. Tumor stage and risk group classification are the most crucial parameters. An independent assessment of the tumor by a reference pathology center is an essential standard procedure. Although many molecular genetic discoveries have been made in nephroblastomas over recent years, molecular parameters do not (yet) play a role in treatment stratifi- cation. DOI: https://doi.org/10.1007/s00292-016-0148-x Other titles: Nephroblastomas : Almost exclusively in clinical trials! Posted at the Zurich Open Repository and Archive, University of Zurich ZORA URL: https://doi.org/10.5167/uzh-124024 Journal Article Accepted Version Originally published at: Bode, Peter K; Moch, Holger (2016). Nephroblastome : Praktisch immer in Studien! Der Pathologe, 37(2):166-171. DOI: https://doi.org/10.1007/s00292-016-0148-x
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Zurich Open Repository andArchiveUniversity of ZurichMain LibraryStrickhofstrasse 39CH-8057 Zurichwww.zora.uzh.ch

Year: 2016

Nephroblastome : Praktisch immer in Studien!

Bode, Peter K; Moch, Holger

Abstract: Nephroblastomas are the most commonly occurring renal neoplasms in childhood and aretreated almost exclusively in clinical trials. An important factor for further therapeutic management isthe pathological evaluation of the nephrectomy specimen. Tumor stage and risk group classification arethe most crucial parameters. An independent assessment of the tumor by a reference pathology centeris an essential standard procedure. Although many molecular genetic discoveries have been made innephroblastomas over recent years, molecular parameters do not (yet) play a role in treatment stratifi-cation.

DOI: https://doi.org/10.1007/s00292-016-0148-x

Other titles: Nephroblastomas : Almost exclusively in clinical trials!

Posted at the Zurich Open Repository and Archive, University of ZurichZORA URL: https://doi.org/10.5167/uzh-124024Journal ArticleAccepted Version

Originally published at:Bode, Peter K; Moch, Holger (2016). Nephroblastome : Praktisch immer in Studien! Der Pathologe,37(2):166-171.DOI: https://doi.org/10.1007/s00292-016-0148-x

Schwerpunkt: Nierentumoren

Pathologe 2016 · 37:166–171DOI 10.1007/s00292-016-0148-xOnline publiziert: 4. März 2016© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016

SchwerpunktherausgeberH. Moch, Zürich

P. K. Bode · H. MochInstitut für Klinische Pathologie, UniversitätsSpital Zürich, Zürich, Schweiz

NephroblastomePraktisch immer in Studien!

Hintergrund

Das Nephroblastom (Synonym Wilms-Tumor) nimmt innerhalb der WHO-Klassifikation der renalen Neoplasieneine gewisse Sonderstellung ein, da essich in mehrerlei Hinsicht von denanderen Entitäten unterscheidet:4 Nephroblastome treten fast aus-

schließlich im Kindesalter auf.4 Nephroblastome besitzen eine eigene

Tumorstadiumklassifikation, dasTNM-System spielt keine Rolle.

4 Die Patienten werden praktischimmer in Studien behandelt, sodassdie Aufgaben der Pathologie auchim Studienprotokoll explizit definiertsind.

4 Eine referenzpathologische Zweitbe-urteilung ist Standard.

Der vorliegende Artikel fasst die wich-tigen Fakten zum Nephroblastom zu-sammen und soll einen Überblick ins-besondere über die Rolle der Pathologiebeim Management dieser Tumorerkran-kung verschaffen.

Definition, Klinik undBehandlungsprinzipien

DasNephroblastomgehörtzurKlassedermalignen embryonalen Tumoren (Blas-tome), die vorwiegend im Kindesalterauftreten. Es leitet sich von nephrogenenResten ab und imitiert histomorpho-logisch die Nierenentwicklung unterAusbildung epithelialer, stromaler undblastemreicher Anteile (charakteristi-sches triphasisches Muster, . Abb. 1a).Das Nephroblastom ist mit einem Anteilvon > 80% aller renalen Neoplasien der

häufigste Nierentumor im Kindesalter(. Tab. 1; [1]).

Etwa eines von8000Kindernerkranktan einem Nephroblastom [6]. Mädchenund Jungen sind gleichermaßen betrof-fen. Im Durchschnitt sind die Patientenbei Diagnosestellung etwa 2 bis 3 Jahrealt. Nur ungefähr 2% der Nephroblas-tome treten jenseits des 10. Lebensaltersauf. Innerhalbderersten6Lebensmonateist dieser Tumor höchst selten [5, 8]. Ob-wohl Nephroblastome in der Regel spo-radisch auftreten, sindAssoziationenmitverschiedenenfamiliärenSyndromenbe-kannt (s. unten, Abschn. „Molekularge-netik“).

Klinisch fallen die betroffenen Kinderhäufig durch einen tastbaren Tumor imAbdomen auf. In der Bildgebung impo-niert das Nephroblastom als scharf ab-grenzbare solide und heterogene Raum-forderung, die Nierenparenchym und-becken verdrängt. Der Tumor me-tastasiert typischerweise in regionäreLymphknoten, Leber und Lunge [2]. BeiMetastasen in anderen Organen solltendifferenzialdiagnostisch andere Tumor-entitäten in Betracht gezogen werden.

Im deutschsprachigen Raum werdenNephroblastome fast ausschließlich inStudien gemäß Protokoll der SociétéInternationale d’Oncologie Pédiatrique(SIOP) behandelt. Darin ist eine bi-optische Abklärung vor präoperativerChemotherapie nicht zwingend vorgese-hen. Trotzdem kann die Diagnosesiche-rung mithilfe einer Biopsie sinnvoll sein,damit Patienten mit anderen renalenRaumforderungen einer adäquaten The-rapie zugeführt werden, die sich teilweisedeutlich vom Nephroblastomprotokollunterscheidet. Die meisten Nephroblas-tome zeigen ein gutes Ansprechen auf

die Chemotherapie, was sich positiv aufTumorgröße und -stadium auswirkt.

Rolle der Pathologie imtherapeutischen Management

Nach Abschluss der präoperativen Che-motherapie erfolgt die Resektion des Pri-märtumors, dessen pathologische Unter-suchung direkten Einfluss auf das weite-re Procedere hat. Je nach postoperativemTumorstadium und Risikogruppenzuord-nung schließen sich weitere Therapienunterschiedlicher Intensität und Moda-lität (Chemo- und/oder Radiotherapie)an oder nicht [17].

Die Kriterien für die Tumorstadi-eneinteilung beim Nephroblastom un-terscheiden sich grundlegend von derTNM-Klassifikation der Nierenzellkar-zinome, was beim Zuschnitt beachtetwerden muss (insbesondere die Berück-sichtigung der Hilusregion und allerfraglicher Resektatränder siehe auch

Tab. 1 Häufigkeitsverteilung der Nieren-tumoren im Kindesalter [1]

Neoplasie Häufig-keit (%)

Nephroblastom (nicht anaplas-tisch)

75–80

Nephroblastom (anaplastisch) 5–8

Kongenitales mesoblastischesNephrom

4

Klarzellsarkom der Niere 3–4

Rhabdoidtumor 2

Nierenzellkarzinom (inklusiveTranslokationskarzinome)

3–4

Andere, z. B. Neuroblastom,Ewing-Sarkom, Synovialsarkom,Angiomyolipom, Lymphom

1–2

166 Der Pathologe 2 · 2016

Abb. 19 a Typisches tri-phasischesMustermit tu-bulären undglomeruloi-den Strukturenmit Blas-temkomponente in spin-delzelligem Stroma.b Epi-theliale Differenzierungmit Ausbildung primitiver,teilweise rosettenartigerTubuli. cHeterologe Dif-ferenzierungmitmuzinö-sem Epithel.d Stromakom-ponentemit heterologerrhabdomyogener Differen-zierung

Tab. 2 Stadieneinteilung nach der Société Internationale d’Oncologie Pédiatrique (SIOP)

StadiumnachSIOP

Kriterien

I Der Tumor ist auf die Niere beschränkt und vollständig reseziert– Die Nierenkapsel darf infiltriert sein ohne extrakapsuläre Ausbreitung des Tumors– Der Tumor darf sich in das Nierenbecken vorwölben, wobei die Ureterwand nicht

infiltriert sein darf– Die Nierengefäße des Nierensinus sind tumorfrei. Intrarenale Gefäßinvasionen

sind erlaubt– Nachweis von nekrotischem Tumorgewebe im Nierensinus oder extrarenalem

Gewebe ist mit einem Stadium I vereinbar

II Vitaler Tumor infiltriert extrarenales Gewebe, Nachbarorgane, den Nierensinus oderextrarenale Gefäße (inklusive V. cava), wurde jedoch komplett reseziert

III Resttumorgewebe im Abdomen, wobei eines der folgenden Kriterien für einStadium III qualifiziert:– Positiver Resektionsrand (unabhängig, ob vitales oder vollständig regressiv

verändertes Tumorgewebe)– Nachweis von Lymphknotenmetastasen (auch vollständig regressiv veränderte

Metastasen ohne vitale Tumorzellen)– Prä- oder intraoperative Tumorruptur– Peritoneale Tumorinfiltrate– Der Tumor wurde in Teilstücken reseziert

IV HämatogeneMetastasen oder Lymphknotenmetastasenaußerhalb der abdomino-pelvinen Region

V Bilaterale Tumoren bei Diagnosestellung, wobei pro Seite ein separates Lokalstadiumangegebenwerden sollte

. Infobox 2). Die Stadieneinteilung nachSIOP ist in . Tab. 2 zusammengefasst.

Die Einteilung desNephroblastoms ineine Risikogruppe (niedrig, intermediär,hoch) ist der zweite Parameter, der ausder pathologischen Untersuchung her-vorgehen muss (. Tab. 3). Hierfür ist ei-nerseits der Prozentsatz der regressivenAnteile als histomorphologisches Kor-relat des Therapieansprechens wichtig.Andrerseits ist der histologische Subtypinklusive dem Fehlen oder Vorhanden-sein von Anaplasiezeichen entscheidend.Für eine aussagekräftige Diagnostik soll-te eine komplette repräsentative Schei-be des Tumors im größten Durchmessereingebettet und kartographiert werden(. Abb. 2, siehe auch . Infobox 2).

Makroskopisch imponieren Nephro-blastome in der Regel als solitäre, durcheine Pseudokapsel scharf begrenzteRaumforderungen. Multifokale Tumo-ren kommen viel seltener vor. Primärresezierte Nephroblastome erscheinengrau bis beige und besitzen eine weicheKonsistenz (. Abb. 3a). Bei vorthera-pierten Tumoren ist die Schnittflächejedoch in der Regel bunt mit nekroti-schen, eingebluteten und teilweise auch

Der Pathologe 2 · 2016 167

(pseudo-)zystischen Arealen (. Abb. 2aund 3b). Histologisch präsentieren sichdie typischen Veränderungen nach Che-motherapie als mehr oder weniger zell-reiches Narbengewebe, dichte Schaum-zellaggregate, Blutungsresiduen in Formvon Siderophagen oder als frische Ne-krosen mit schemenhaft erkennbaremTumorgewebe. Beim regressiven Typ desNephroblastoms sollten die eben be-schriebenen Areale mehr als zwei Drittelausmachen. Das übrige vitale Tumorge-webe kann alle anderen Komponentenenthalten. Komplett nekrotische Nephro-blastome haben eine exzellente Prognoseund bedürfen keiner weiteren Behand-lung. Für diese Diagnose ist allerdingsein extensives Sampling erforderlich [4].

Histologischer Subtyp

Abgesehen vom Ausmaß der RegressionberuhtdieRisikogruppeneinteilungauchauf dem histologischen Subtyp, wobeidie namensgebende Komponente (epi-thelialer Typ, Stromatyp, blastemreicherTyp) mit mehr als zwei Dritteln Anteilmorphologisch dominierend sein muss.Der epitheliale Typ zeigt überwiegendtubuläre bis glomeruloide Strukturen(. Abb. 1a). Auch primitive Rosettenkönnen vorkommen (. Abb. 1b). Teil-weise ist eine heterologe Differenzierungin schleimbildendes oder squamösesEpithel zu beobachten (. Abb. 1c). ImStromatyp dominieren fibroblastenrei-che oder glattmuskuläre Anteile, wo-bei die heterologe Differenzierung einegroße Bandbreite aufweisen kann. Sokann Fett-, Knorpel-, Knochen- undauch neuronales Gewebe vorkommen.Sehr typisch und häufig ist eine rhab-domyogene Komponente – insbeson-dere nach Chemotherapie (. Abb. 1d).Der blastemreiche Typ ist charakterisiertdurch eine solide oder trabekuläre His-toarchitektur (. Abb. 4a, b). Die Zellenweisen eine klein-, blau- und rundzelligeMorphologie auf. Zytoplasma ist prak-tisch nicht erkennbar. Das Chromatinist leicht gekörnt, kleine Chromozentrenkönnen sichtbar sein. Die mitotischeAktivität ist hoch. Beim blastemreichenTyp kann eine Risikogruppeneinteilungnur dann erfolgen, wenn bekannt ist, obeine präoperative Chemotherapie erfolgt

ist oder nicht. Primär resezierte blas-temreiche Nephroblastome werden derintermediärenRisikogruppe zugeordnet,wohingegen vorbehandelte blastemrei-che Nephroblastome als Tumoren derHochrisikogruppe weiter behandelt wer-den.

Ungefähr 5–8% der NephroblastomeweisenAnaplasiezeichenauf.Siekommenim Vergleich zu Nephroblastomen ohneAnaplasie kaum während der ersten 2Lebensjahre vor, sondern betreffen typi-scherweise ältereKinder (Durchschnitts-alter 5 Jahre). Folgende Kriterien müssenfür eine Anaplasie erfüllt sein:4 anaplastische Kerne müssen min-

destens 3-mal so groß sein wie dieübrigen Kerne des Tumorgewebes,

4 die Kerne müssen hyperchromatischsein (. Abb. 4c),

4 atypische tri- oder multipolareMitosefiguren müssen vorliegen(. Abb. 4d).

Anaplasiezeichen können in allen Tu-morkomponenten vorkommen, sindaber in der Blastemkomponente amhäufigsten. Für die Risikogruppeneintei-lung ist die Verteilung der anaplastischenZellen im Tumor entscheidend, da nurNephroblastome mit diffuser Anapla-sie aufgrund der schlechten Prognoseder Hochrisikogruppe zugeteilt werden,während Nephroblastome mit fokalerAnaplasie als Tumoren der intermedi-ären Risikogruppe eingeteilt werden [9].Die Kriterien für eine diffuse Anapla-sie sind streng definiert (. Infobox 1),von denen mindestens eines erfüllt seinmuss.

Molekulargenetik

Etwa 10% aller Nephroblastome ent-stehen im Rahmen von Syndromen mitdefinierter genetischerAberration [7, 11,12, 14, 15]. Das Tumorsuppressor-GenWT1 (lokalisiert auf Chromosom11p13)spielt eine wichtige Rolle während derrenalen und gonadalen Entwicklung undin der Pathogenese zweier Syndrome:Deletionen der gesamten 11p13-Regionliegen dem WAGR-Syndrom (Wilms-Tumor/Aniridie/urogenitale Fehlbildun-gen und mentale Retardierung) zugrun-de und gehen mit einem Risiko von

Zusammenfassung · Abstract

Pathologe 2016 · 37:166–171DOI 10.1007/s00292-016-0148-x© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016

P. K. Bode · H. Moch

Nephroblastome. Praktischimmer in Studien!

ZusammenfassungNephroblastome stellen die häufigstenrenalen Neoplasien im Kindesalterdar. Sie werden praktisch immerin Studien behandelt, wobei derpathologischen Beurteilung desTumorpräparats eine wichtige Bedeutunghinsichtlich der Weichenstellung für dasweitere therapeutische Managementbeigemessen wird. Entscheidendhierbei sind das Tumorstadium unddie Risikogruppeneinteilung. Einereferenzpathologische Zweitbeurteilung iststandardmäßig erforderlich. Auch wenn inden letzten Jahren wichtige Entdeckungenim Bereich der Molekulargenetik vonNephroblastomen gemacht wurden, spielenmolekularpathologische Parameter alsTherapiestratifizierung (noch) keine Rolle.

SchlüsselwörterNephroblastom · Wilms-Tumor · SIOP ·Krebs · Kindesalter

Nephroblastomas. Almostexclusively in clinical trials!

AbstractNephroblastomas are the most commonlyoccurring renal neoplasms in childhood andare treated almost exclusively in clinicaltrials. An important factor for furthertherapeuticmanagement is the pathologicalevaluation of the nephrectomy specimen.Tumor stage and risk group classificationare the most crucial parameters. Anindependent assessment of the tumor by areference pathology center is an essentialstandard procedure. Although manymolecular genetic discoveries have beenmade in nephroblastomas over recent years,molecular parameters do not (yet) play arole in treatment stratification.

KeywordsNephroblastoma · Wilms tumor ·International Society of PaediatricOncology · Cancer · Childhood

168 Der Pathologe 2 · 2016

Abb. 28 aNephroblastommit regressiven Veränderungen (Einblutungen, Nekrosen, Narben) nachpräoperativer Chemotherapie.b Repräsentative Aufarbeitung einer kompletten TumorscheibemitKartographierung.cAbschätzungderregressivenAnteileunddervitalenTumorkomponente(schwarzmarkiert) nach histologischer Aufarbeitung in Korrelationmit der kartographierten Tumorscheibe

30% einher, ein Nephroblastom zu ent-wickeln. Beim Denys-Drash-Syndrom(Trias aus Intersexualität, Mesangioskle-rose und Nephroblastom) hingegen liegtdas Risiko bei 90%. Ursächlich ist in die-sem Fall eine Keimbahnpunktmutationim WT1-Gen. In sporadischen Nephro-blastomen findet man nur in etwa 20%der Fälle eine WT1-Mutation, die imGegensatz zu WT1-Wildtyp-Tumoreninteressanterweisehäufignochzusätzlicheine β-Catenin-Mutation aufweisen.

Beim Beckwith-Wiedemann-Syn-drom kommt es durch fehlreguliertesgenomisches Imprinting von Genender 11p15-Region (insbesondere vonInsulin Growth Factor [IGF]-2) zur ty-

pischen Konstellation von Hemihyper-trophie, Makroglossie, Viszeromegaliemit Bauchwandfehlbildungen, postnata-ler Hypoglykämie und erhöhtem Risikofür Nephroblastome, Hepatoblastomesowie Neuroblastome in den ersten8 Lebensjahren.

Ein Verlust der Heterozygotie („lossof heterocygosity“, LOH) von Chromo-som 1p und 16q [10] und der Zugewinnvon Chromosom 1q [16] wurden jeweilsin der Literatur mit einer schlechterenPrognose in Verbindung gebracht, wobeidiese Daten momentan (noch) keinenEinfluss auf die Therapiestratifizierunghaben. Mutationen im SIX 1/2 Pathwayund DROSHA/DGCR8-miRNA-Mikro-

Tab. 3 RevidierteWorking Classificationof Nephroblastoma der Société Internatio-nale d’Oncologie Pédiatrique (SIOP)

Vorbehandelte FälleI. Tumoren der niedrigen Risikogruppe

– Zystisches partiell differenziertesNephroblastom

– Vollständig nekrotisches Nephro-blastom

II. Tumoren der intermediären Risiko-gruppe

– Nephroblastom, epithelialer Typ

– Nephroblastom, Stromatyp

– Nephroblastom, gemischter Typ

– Nephroblastom, regressiver Typ

– Nephroblastommit fokaler Anapla-sie

III. Tumoren der Hochrisikogruppe

– Nephroblastom, blastemreicherTyp

– Nephroblastommit diffuserAnaplasie

Primär resezierte FälleI. Tumoren der niedrigen Risikogruppe

– Zystisches partiell differenziertesNephroblastom

II. Tumoren der intermediären Risiko-gruppe

– Alle nicht anaplastischenNephro-blastome (inkl. blastemreicher Typ)

– Nephroblastommit fokaler Anapla-sie

III. Tumoren der Hochrisikogruppe

– Nephroblastommit diffuserAnaplasie

prozessorkomplexwurden in blastemrei-chen Nephroblastomen der Hochrisiko-gruppe beschrieben [18]. AnaplastischeNephroblastome sind eng mit Mutatio-nen im TP53-Gen gekoppelt, währendNephroblastome mit günstigem Verlaufkeine TP53-Mutationen aufweisen [3].Möglicherweise wird in Zukunft derTP53-Mutationsstatus in anaplastischenNephroblastomen zu einer besseren Ri-siko- undTherapiestratifizierung führen,da die chemotherapieinduzierte Tumor-apoptose eng mit einem funktionalenp53-Protein verbunden ist, was auch dieChemoresistenz von TP53-mutiertenanaplastischenNephroblastomen erklärt[13].

Der Pathologe 2 · 2016 169

Schwerpunkt: Nierentumoren

Abb. 38 aPrimär reseziertes, bifokalesNephroblastommit homogenerbeigefarbener Schnittfläche.bVortherapiertes Nephroblastommit kleinherdigen Einblutungen und xanthomatösen Veränderun-gen. Beachte die extrarenale Ausbreitung (mindestens Stadium II)

Abb. 49 a Blastemkom-ponentemit solidemWachstumsmuster.b Blas-temkomponentemittrabekuläremWachstums-musterundfibromyxoidemStroma. cAnaplasiezei-chen:Mehr als 3-mal sogroße Tumorzellemit hy-perchromatischemKernundbizarrer Kontur.dAna-plasiezeichen: AtypischemultipolareMitose inBlastemkomponente

170 Der Pathologe 2 · 2016

Infobox 1 Kriterien für diffuseAnaplasie

4 Anaplastische Zellen in verschiedenenHerden des Tumors (auf verschiedenenSchnittpräparaten)

4 Anaplastische Zellen außerhalb derTumorkapsel

4 Anaplastische Zellen in Gefäßen, imNierensinus oder in Metastasen

4 Anaplastische Zellaggregate, die nichtscharf vom nicht anaplastischen Tumorabgrenzbar sind

4 Anaplastische Zellen in einem einzelnenHerd, wobei das übrige Tumorgewebestärker ausgeprägte Atypien aufweist, dieaber die Anaplasiekriterien noch nichterfüllen (sogenannter „nuclear unrest“)

4 AnaplastischeZellen ineinerTumorbiopsie

Infobox 2 Checkliste für dieHandhabung und Beurteilungvon Nephrektomiepräparaten beiNephroblastomen

1. Vorbereitung des frisch eingesandtenPräparats für die weitere Aufarbeitung,insbesondere Überprüfung der Intaktheit(Kapselrupturen?), Markierung derkritischen Resektionsränder, Identifikationder Nierenvene, -arterie sowie des Uretersmit Absetzungsrändern, Asservierunghilärer Lymphknoten

2. Sagittalschnitt und Beurteilung derextrarenalen Ausbreitung, insbesondereim Bereich der Hilusregion

3. Tumorbanking mit Asservierung vonFrischgewebe

4. Fixation des Präparats in 4%igem Formalinfür 24 h

5. Fotodokumentation und Zuschnitteiner kompletten Tumorscheibe mitKartographierung

6. Obligate Parameter im pathologischenBericht: Tumorstadium nach SIOP unddie Risikogruppenzuordnung (. Tab. 2und 3)

7. Versand eines HE-gefärbten Schnitt-satzes der fotodokumentierten undkartographierten Tumorscheibe zurreferenzpathologischen Beurteilung andas Kindertumorregister Kiel

Fazit für die Praxis

4 Nephroblastome sind die häufigstenNierentumoren im Kindesalter.

4 Sie werden in der Regel in Studienbehandelt.

4 Die pathologische Beurteilung desTumorpräparats hat unmittelbarenEinfluss auf das weitere therapeuti-sche Management.

4 Tumorstadium und Risikogruppen-einteilung sind die entscheidendenParameter.

4 Die referenzpathologische Zweitbe-urteilung ist Standard.

Korrespondenzadresse

Dr. P. K. BodeInstitut für Klinische Pathologie,UniversitätsSpital ZürichSchmelzbergstr.12, 8091 Zürich, [email protected]

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt. P. K. BodeundH.Mochgebenan,dass kein Interessenkonflikt besteht.

Dieser Beitragbeinhaltet keine Studien anMenschenoder Tieren.

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Der Pathologe 2 · 2016 171


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