+ All Categories
Home > Documents > Der Düsseldorfer Künstler Theodor Lindner und (s)ein Gemälde von Zons. Jahrbuch für den...

Der Düsseldorfer Künstler Theodor Lindner und (s)ein Gemälde von Zons. Jahrbuch für den...

Date post: 16-Nov-2023
Category:
Upload: independent
View: 0 times
Download: 0 times
Share this document with a friend
10
190 Jost Auler / Diana Wolf Der Düsseldorfer Künstler Theodor Lindner und (s)ein Gemälde von Zons Seit 1983 befindet sich ein monumenta- les Gemälde im Besitz des Rhein-Kreises Neuss (Kreismuseum Zons), das im oberen Foyer des Archives im Rhein-Kreis Neuss (Kulturzentrum des Rhein-Kreises Neuss in Dormagen-Zons, Schlossstraße 1) der Öf- fentlichkeit seit vielen Jahren zugänglich ist. Das Gemälde greift ein historisches Mo- tiv in der Rheinzollfeste Zons auf. Es stammt von dem Düsseldorfer Historien- maler Theodor Lindner (Düsseldorf 1882 – Düsseldorf 1956), der der Düsseldorfer Malerschule nahestand, und trägt – den Unterlagen des Kreismuseums zufolge – den Titel ‚Rheinansicht in Zons’. Der nur mäßig bekannt gewordene Künstler, seine Werke und (s)ein Gemälde zu Zons sind Thema der folgenden Ausführungen. Kurzvita von Theodor Lindner 1 Zur Vita von Theodor Lindner 2 liegen kaum Daten vor. Er wurde 1882 in Düssel- dorf geboren und besuchte von 1902 bis 1904 die Kunstgewerbeschule Düsseldorf; sein einflussreichster Lehrer war Georg Hacker 3 (1865-1945). Hacker stammte aus Dessau; er wurde im Atelier Brückner in Coburg ausgebildet. Nach mehreren Statio- nen kam er an die neubegründete Kunst- gewerbeschule, 1896 dann an das Stadt- theater in Düsseldorf, für das er zahlreiche Ausstattungen schuf. Er fertigte Land- schaftsbilder aus dem Düsseldorfer Raum, auch aus Westfalen und weit darüber hinaus. Ab 1896 war er Mitglied des im Revolutions- jahr 1848 gegründeten Künstlervereins ‚Düsseldorfer Malkasten’ und lange Jahre dort im Vorstand tätig. Ab 1919 war er als Lehrer für Bühnenmalerei an der Staatlichen Kunstakademie in Düsseldorf tätig. Theodor Lindner war ein Schwager von Wilhelm Schreuer 4 (1866–1933). Schreuer stammte aus Wesel, wuchs in Köln in der Nähe des Neumarktes auf und wurde 1884 an der Kunstakademie Düsseldorf ange- nommen. Die Akademie wurde damals von dem Historienmaler Peter Janssen geleitet, dessen Meisterschüler mit Atelier in der Akademie Wilhelm Schreuer zwischen 1886 und 1890 war. Ab 1896 war Schreu- er aktives Mitglied des Malkastens. Die Motivwahl des Malers umfasste Düssel- dorfer Straßen-, Kneipen-, Hafen- und Rheinszenen, also Alltagsimpressionen, aber auch gesellschaftliche Musik-, Tanz- und Ballveranstaltungen. Schwerpunkt seiner Arbeit waren Historiengemälde mit regionalem Bezug, wie etwa der ‚Einzug Napoleons auf der Ratinger Straße in Düs- seldorf anno 1811’. Schreuer – er gilt als einer der erfolgreichen Erneuerer der Düs- seldorfer Genremalerei – starb 1933. auler.indd 190 auler.indd 190 11.10.2012 9:39:26 Uhr 11.10.2012 9:39:26 Uhr
Transcript

190

Jost Auler / Diana Wolf

Der Düsseldorfer Künstler Theodor Lindner

und (s)ein Gemälde von Zons

Seit 1983 befindet sich ein monumenta-les Gemälde im Besitz des Rhein-Kreises Neuss (Kreismuseum Zons), das im oberen Foyer des Archives im Rhein-Kreis Neuss (Kulturzentrum des Rhein-Kreises Neuss in Dormagen-Zons, Schlossstraße 1) der Öf-fentlichkeit seit vielen Jahren zugänglich ist. Das Gemälde greift ein historisches Mo-tiv in der Rheinzollfeste Zons auf. Es stammt von dem Düsseldorfer Historien-maler Theodor Lindner (Düsseldorf 1882 – Düsseldorf 1956), der der Düsseldorfer Malerschule nahestand, und trägt – den Unterlagen des Kreismuseums zufolge – den Titel ‚Rheinansicht in Zons’. Der nur mäßig bekannt gewordene Künstler, seine Werke und (s)ein Gemälde zu Zons sind Thema der folgenden Ausführungen.

Kurzvita von Theodor Lindner1

Zur Vita von Theodor Lindner2 liegen kaum Daten vor. Er wurde 1882 in Düssel-dorf geboren und besuchte von 1902 bis 1904 die Kunstgewerbeschule Düsseldorf; sein einflussreichster Lehrer war Georg Hacker3 (1865-1945). Hacker stammte aus Dessau; er wurde im Atelier Brückner in Coburg ausgebildet. Nach mehreren Statio-nen kam er an die neubegründete Kunst-gewerbeschule, 1896 dann an das Stadt-

theater in Düsseldorf, für das er zahlreiche Ausstattungen schuf. Er fertigte Land-schaftsbilder aus dem Düsseldorfer Raum, auch aus Westfalen und weit darüber hinaus. Ab 1896 war er Mitglied des im Revolutions-jahr 1848 gegründeten Künstlervereins ‚Düsseldorfer Malkasten’ und lange Jahre dort im Vorstand tätig. Ab 1919 war er als Lehrer für Bühnenmalerei an der Staatlichen Kunstakademie in Düsseldorf tätig.

Theodor Lindner war ein Schwager von Wilhelm Schreuer4 (1866–1933). Schreuer stammte aus Wesel, wuchs in Köln in der Nähe des Neumarktes auf und wurde 1884 an der Kunstakademie Düsseldorf ange-nommen. Die Akademie wurde damals von dem Historienmaler Peter Janssen geleitet, dessen Meisterschüler mit Atelier in der Akademie Wilhelm Schreuer zwischen 1886 und 1890 war. Ab 1896 war Schreu-er aktives Mitglied des Malkastens. Die Motivwahl des Malers umfasste Düssel-dorfer Straßen-, Kneipen-, Hafen- und Rheinszenen, also Alltagsimpressionen, aber auch gesellschaftliche Musik-, Tanz- und Ballveranstaltungen. Schwerpunkt seiner Arbeit waren Historiengemälde mit regionalem Bezug, wie etwa der ‚Einzug Napoleons auf der Ratinger Straße in Düs-seldorf anno 1811’. Schreuer – er gilt als einer der erfolgreichen Erneuerer der Düs-seldorfer Genremalerei – starb 1933.

auler.indd 190auler.indd 190 11.10.2012 9:39:26 Uhr11.10.2012 9:39:26 Uhr

191191

Schiffsbauer, 1926.

Georg Hacker, Lindners Verwandter Wilhelm Schreuer und sicher auch viele andere Mitglieder des Düsseldorfer Mal-kastens prägten die Arbeiten von Theodor Lindner, der bisweilen auch als Theater-maler tätig war. Lindner malte in einem ähnlichen Stil und mit ähnlicher histo-risierender Motivik, zumeist Landschaf-ten sowie Stadt- und Dorfszenen, vor allem aber auch Interieurs und militäri-sche Szenen. Bedauerlicherweise hat der Malkasten in Düsseldorf keinerlei Schrift- oder Bildquellen von Lindner, und auch eine umfangreiche Briefsammlung aller Malkastenkünstler seiner Zeit erwähnt ihn nicht. Auch in den einschlägigen Nachschlagewerken ist er nicht erfasst.

Erste Werke von Lindner stammen von der Jahrhundertwende – im Jahre 1900 war er 18 Jahre alt – und aus seinen Jah-ren an der Kunstgewerbeschule. Die The-men des Malers waren von den Arbeiten seiner Lehrer geprägt und entsprachen dem damaligen Zeitgeschmack. Diesen historisierenden dörflichen und städti-

schen Szenen, Darstellungen von Militär und so weiter blieb er auch in den Folge-jahren und bis zu seinem Ende treu. Ein signiertes und datiertes Bild aus dem Jah-re 1916 trägt den Zusatz „z. Z. im Felde“ und belegt seine Teilnahme als Soldat am

Postkutsche und Husar am Stadttor, o. J.

auler.indd 191auler.indd 191 11.10.2012 9:39:26 Uhr11.10.2012 9:39:26 Uhr

192192

Ersten Weltkrieg; auch sein Lehrer Georg Hacker nahm von 1914-1916 am Krieg teil. Bis um 1930 können regelmäßig Ar-beiten nachgewiesen werden; diese Jahre zeugen von einer intensiven Schaffens-phase. Aus diesen Jahren stammt auch sein hier zu besprechendes Werk zu Zons. Aus den 1930er Jahren liegen bislang keine Belege vor; dies mag eine Lücke in der Forschung sein oder dem Umstand geschuldet, dass zahlreiche Werke bisher undatiert sind. Aber auch andere Gründe können nicht ausgeschlossen werden. Aus den 1940er Jahren stammen wenige weitere Arbeitsbelege. Ab 1947 bis zu seinem Tode rund eine Dekade später – Theodor Lindner starb 1956 im Alter von 74 Jahren in seiner Geburtsstadt Düssel-dorf – sind keine Werke mehr bekannt.

Theodor Lindner blieb seiner Geburts-stadt Düsseldorf bis zu seinem Tode treu; er soll in Bilk gewohnt haben. Die Alt-stadt von Düsseldorf diente oftmals als Kulisse für seine geschichtliche Szenen aufgreifenden Motive. Andere histori-sche Gebäudekomplexe dürften dem ge-samten niederrheinischen Raum entlehnt

sein; räumlich exakt ansprechbar sind seine Arbeiten aus dem Jahre 1922 zu Zons5 und seine Werke zu Rees.6 Beide niederrheinischen Kleinstädte haben mit-telalterliche Wurzeln, deren historische Bausubstanz sich bis heute hervorragend erhalten hat. Die Präzision der Wieder-gabe der Baulichkeiten beider Städte in den Arbeiten von Lindner legt die An-nahme nahe, dass er vor Ort zumindest Skizzen fertigte. Zons war von Düssel-dorf aus leicht erreichbar. Rees hat Lind-ner vielleicht durch seinen Schwager Wilhelm Schreuer kennen- und schätzen gelernt, denn der stammte aus dem na-hen Wesel.

Für Theodor Lindner können Arbeiten zwischen 1900 und 1947 nachgewiesen werden. Dies deckt sich grob mit den Angaben des Sammlers Dr. Dr. Horst Schumacher, der vor fast vierzig Jahren schrieb: „Theo Lindner wirkte zwischen 1910 und 1940 in Düsseldorf“7. Seinem Genre blieb Lindner zeitlebens treu; nur wenige Werke – gemeint sind die Öl-gemälde mit mythologischen Szenen oder die Darstellung einer Wasserkapelle

Postkutsche vor niederrheinischem Stadttor, 1914.

auler.indd 192auler.indd 192 11.10.2012 9:39:27 Uhr11.10.2012 9:39:27 Uhr

193193

mit Gondel – zeugen von Versuchen des Künstlers mit anderen Themen.

Das Oeuvre von Theodor Lindner

Ein Werkverzeichnis von Theodor Lindner liegt bislang nicht vor. Die nach-folgende Liste stellt erstmals seine be-kannten Werke vor, insgesamt wenig mehr als fünfzig, auf der Grundlage der publizierten Literatur (Auktions- und Ausstellungskataloge) und einer In-ternetrecherche, die vor allem in den Online-Katalogen von Auktionshäusern fündig wurde, sowie von privaten Samm-lungsbeständen. Ermitteln konnten wir nur solche Werke, die aktuell (Winter 2011) zum Verkauf auf dem Kunstmarkt angeboten werden beziehungsweise wur-

den. Lindnergemälde, die sich seit lan-gem in Privatbesitz befinden oder in Ma-gazinen von Ausstellungshäusern lagern, konnten durch uns nicht ermittelt und erschlossen werden. Ein Anspruch auf Vollständigkeit kann also explizit nicht erhoben werden.

Kaufleute in einem Kontor vor Segelschiffmodell, 1941.

Kurze Rast zu Pferde, 1940.

auler.indd 193auler.indd 193 11.10.2012 9:39:27 Uhr11.10.2012 9:39:27 Uhr

194194

Datierte Arbeiten8:

• Lesende Frau mit Hut, 18 cm x 13 cm, unten links signiert und datiert: T. Lindner 9.9.1900.

• Rast an der Hafenkneipe, Mischtechnik, 73 cm x 59 cm, unten rechts signiert und datiert: Theo Lindner 1901.

• Personen in einer Stadt, Pastellmalerei (?), < 83 cm x 68 cm, unten rechts signiert, datiert und topografiert: Th. Lindner 1904.

• Zwei Männer in der Schreibstube, Öl auf Malpappe, 57 cm x 45 cm, unten links si-gniert, datiert und topografiert: Theo Lindner Ddf. 1907.

• In der Schänke*9, Gemälde, 1907.• Vier Männer und eine Frau in historischen Kostümen*, Gemälde, 1907.• Vor dem Wirtshaus*, Gemälde, 1908.• Die Stadtwache vespernd vor einer Schänke*, Zeichnung-Aquarell, 1908.• Gasthausinterieur, Öl auf Karton, 59,5 cm x 50 cm, unten links signiert, datiert und

topografiert: Theo Lindner Df. 1911.• Soldaten am alten Berger Tor in Düsseldorf, Öl auf Papier, 106 cm x 80,5 cm, unten

links signiert, datiert und topografiert: Theo Lindner Df. 1911.• Plausch vor Dorfkulisse, Öl auf Malkarton, ca. 60 cm x 80 cm, links unten

signiert und datiert: Theo Lindner 1913.• Herrschaftlicher Ausritt, Öl auf Malkarton, ca. 60 cm x 80 cm, links unten

signiert, datiert und topografiert: Theo Lindner Ddf. 1913.• Mythologische Szene eines jagenden Knaben mit drei Hunden, 17 cm x 13 cm, signiert

und datiert: Th. L. 1913.• Aufbruch vor dem Landgasthof*, Gemälde, 1913.• Postkutsche vor niederrheinischem Stadttor, Tempera auf Papier, 88 cm x 105 cm,

unten links signiert und datiert: Theo Lindner 191410.• Der Abschied, Öl auf Papier, 98 cm x 78 cm, unten links signiert und datiert:

Theo Lindner 1914.• Ausritt am Rhein, Öl auf Papier, 105 cm x 81 cm, signiert, datiert und topografiert:

Theo Lindner Dsf. 1914.• Figurenreiche Szenerie vor dem Seegericht im Habit des 18. Jahrhunderts, Öl auf

Leinwand, 74 cm x 52 cm, unten rechts signiert, datiert und topografiert: „z. Z. im Felde“ 1916.

• Vor dem Wirtshaus, Öl auf Papier, 80 cm x 59,5 cm, unten links signiert, datiert und topografiert: Theo Lindner Dd. 1918.

• Abschied eines Mannes in Uniform von Frau und Kind am Flussufer*, Gemälde, 1919.

• Besprechung beim Schiffsbauer, Öl auf Papier, 78 cm x 60 cm, Mitte links signiert, datiert und topografiert: Theo Lindner Df. 1919.

• Rheinansicht in Zons, Öl auf Leinwand, 168 cm x 130 cm, rechts unten signiert und datiert: Th. Lindner 1922.

• Mußestunde / Hof eines südlichen Bergdorfes*, Gemälde, 1922.• Berittene Soldaten in der Düsseldorfer Altstadt*, Gemälde, 1923.• Schiffsingenieure des 18. Jahrhunderts besprechen ein neues Modell*, 1924.• Pfeifenrauchender Soldat auf einer Sitzbank im Innenhof, Öl auf Leinwand, 72 cm

x 61 cm, unten rechts signiert und datiert: [Theodor Lindner] 1925.• Schiffbauer, 98 cm x 83 cm, signiert und datiert: [Theodor Lindner] 1926.

auler.indd 194auler.indd 194 11.10.2012 9:39:29 Uhr11.10.2012 9:39:29 Uhr

195195

Unleserlich datierte Arbeiten:

• Hafenszene vor Dreimaster auf Fluss, Öl auf Leinwand auf Holzplatte, 110 cm x 82 cm, signiert und datiert und topografiert unten rechts: Theo. Lindner Df. 1927.

• In der Düsseldorfer Altstadt, Öl auf Leinwand, 113 cm x 89 cm, signiert und datiert: [Theodor Lindner] 1929.

• Der Brief*, Gemälde, 1929.• Die Besprechungsrunde*, Gemälde, 1930.• Die kurze Rast zu Pferde, Öl auf Hartfaser, 96,5 cm x 76,5 cm, unten rechts signiert,

datiert und topografiert: Th. Lindner Ddf. 1940.• Kaufleute in einem Kontor vor Segelschiffmodell, 75,5 x cm 71 cm, unten links

signiert, datiert und topografiert: Th. Lindner Ddf. 1941.• Wasserkapelle mit Gondel, Öl auf Holz, < 73,5 cm x 62,5 cm, signiert und datiert:

Th. Lindner Düsseldorf 1942 (?).• Ratsherren im Gespräch, Öl auf Karton, 32 cm x 40 cm, unten rechts signiert und

datiert: Theo Lindner (19)47.

• Postkutsche und Husar am Stadttor, Öl auf Leinwand, 65 cm x 80 cm, unten rechts signiert und unleserlich datiert: Theo Lindner.

• Fortuneteller / Der Wahrsager, Öl, 47 cm x 29 cm, unten rechts signiert [Theodor Lindner].

• Alter Posthof in Düsseldorf, Öl auf Leinwand, 91 cm x 65 cm, unten links signiert und topografiert: Th. Lindner Dlf.

• Mythologische Szene eines jungen Paares, Öl auf Leinwand, 78 cm x 121 cm, si-gniert: Th. Lindner.

• Segelschiff vor Danzig, Öl auf Leinwand, < 57 cm x 46 cm, signiert und topogra-fiert: Th. Lindner Düsseldorf.

• Berger Tor – Düsseldorfer Altstadt / Reges Treiben am Berger Tor in Düsseldorf, Öl auf Leinwand, 110 cm x 90 cm, unten links signiert: Th. Lindner.

• Im Schiffskontor*, Zeichnung-Aquarell.• Reeder vor einem Schiffsmodell*, Gemälde, 120 cm x 95 cm.• Mutter mit Kindern bestaunen Reiter in der Düsseldorfer Altstadt*, Gemälde.• Besuch beim Ratsherrn*, Gemälde.• The Waiting Room*, Gemälde.• Reiter in Uniform warten auf Fähre am Rheinufer*, Gemälde.• Schlossinterieur mit musizierendem Paar*, Gemälde.• Preussen vor dem Wirtshaus*, Gemälde.• Die Deichwache*, Gemälde.• Rees am Rhein zur Zeit Friedrichs des Großen*, Öl auf Leinwand, 60 cm x 50 cm,

unten links signiert: Th. Lindner D’f.• Rees am Rhein. Dorfstraße mit Soldat mit Pferd und Kindern, Öl auf Leinwand,

unten links signiert. • Blick auf Rees aus Richtung Emmerich, Öl, ca. 30 cm x 40 cm (telef. Roos)• Freie Nachbildung des Zons-Bildes mit Reiter, Gebäuden, Personen und Pferden,

Gemälde, Reproduktion im Archiv im Rhein-Kreis Neuss.

Undatierte Arbeiten:

auler.indd 195auler.indd 195 11.10.2012 9:39:29 Uhr11.10.2012 9:39:29 Uhr

196

Rheinansicht in Zons

Bei dem Gemälde zu Zons von Theodor Lindner handelt es sich um ein großfor-matiges Werk (168 cm x 130 cm) in Öl auf Leinwand. Es wurde 1983 vom Rhein-Kreis Neuss in Neuss erworben und trägt die Inventarnummer ‚G 83 / 1’. Das Werk ist signiert und datiert: Th. Lindner 1922.

Das Bild bietet eine Ansicht der Rhein-straße in der Zonser Altstadt von Norden kurz hinter dem Rheintor. Dargestellt sind die ältesten erhalten gebliebenen Wohnhäuser, links die Hausnummern 3-7, rechts die Hausnummern 6-10a; hinter der – hier nicht erkennbaren – Ein-mündung der Turmstraße ist das Haus mit der Nummer 12 erkennbar. Diese Häuserzeilen entstanden nach dem letz-ten großen Stadtbrand von 1620, dem

nahezu die gesamte Wohnbebauung der Stadt zum Opfer fiel. Die erhaltenen Brandmauern zwischen den Häusern zei-gen, dass die Vorgängerbauten einst hö-her waren. Dieser Straßenabschnitt war und ist übrigens auch eines der beliebte-sten Motive Zonser Ansichtskarten.

Theodor Lindner malte ein Szenario mit einem berittenen, möglicherweise französischen Soldaten, der gemächlich entlang der unbefestigten und regennas-sen Rheinstraße hinter einem Planwagen auf eines der rheinseitigen Wachtürm-chen, eine der sogenannten Pfefferbüch-sen, zureitet. Der uniformierte Reiter trägt quer einen Zweispitz (Bicorn), also einen sogenannten Napoleonshut, und einen Nackenzopf. Der dunkle Westen-rock mit geteilten Schößen hat einen Stehkragen. Darüber trägt er von der lin-ken Schulter zur rechten Taille einen

Französischer Reitersoldat in der Rheinstraße in Zons, 1922.

auler.indd 196auler.indd 196 11.10.2012 9:39:29 Uhr11.10.2012 9:39:29 Uhr

197

breiten weißen Quergurt. Seine beigefar-bene Hose steckt in kniehohen schwarzen Reitstiefeln. Der (nicht sichtbare) Sattel liegt auf einer Satteldecke; dahinter ist eine wollene Decke festgezurrt. Der Rei-ter ist naturgemäß in Rückansicht darge-stellt; ihm schauen von der linken Häu-serzeile her eine Frau mit zwei Kindern hinterher. Bildmittig ist ein zivil geklei-deter Mann neben zwei gesattelten und gezäumten Pferden zu sehen, die quer auf der Straße vor einem Haus mit einem auffälligen Steinpfeiler stehen. Dieses Haus mit dem vorgesetzten Pfeiler trägt heute die Hausnummer 8. Der Steinpfei-ler davor stammt wohl noch von einem der Vorgängerhäuser, mit Sicherheit aber nicht aus der alten, 1876 abgerissenen Pfarrkirche, wie gelegentlich behauptet wird, denn er findet sich auch bereits auf früheren Abbildungen.

Links neben dem Reiter geht der Blick über die Mauer, hinter der unmittelbar der Rhein mit einigen Schiffen zu sehen ist. Diese Situation mit dem Fluss unmittelbar an der östlichen Stadtmauer gab es bereits um 1800 nicht mehr. Die Darstellung der Protagonisten von der Rückseite – keine Person blickt den Betrachter dieses Werkes direkt an – nimmt dem Bild jegliche Dra-matik. Es zeigt dagegen eine beschauliche Alltagsszene ohne jede Spannung. Das Bild ist in weichen Pastelltönen gehalten; der Mittelpunkt des Werkes wird durch das blaue Hemd des stehenden Zivilisten ge-kennzeichnet. Der Reiter in napoleonischer Uniform sowie der Wagen und das Wach-türmchen bilden in Verlängerung zwei senkrechte Achsen in der linken Bildhälfte. Diese Achsen werden in der rechten Bild-hälfte von der oben erwähnten Säule und der hölzernen Haustüre gespiegelt.

Neunzig Jahre später: Blick in die Rheinstraße in Zons. Foto: Petra Hiller, Dormagen, Oktober 2011.

auler.indd 197auler.indd 197 11.10.2012 9:39:30 Uhr11.10.2012 9:39:30 Uhr

198

Historischer Hintergrund

Die militärische Besetzung des linken Rheinufers durch Frankreich erfolgte im Laufe des Jahres 1794; Zons (heute Stadt Dormagen, Rhein-Kreis Neuss) gehörte ab diesem Zeitpunkt für zwei Jahrzehnte zu Frankreich. Die offizielle Abtretung der linksrheinischen Gebiete an Frankreich er-folgte dann 1798. Der Fluss bildete von nun an nicht nur die Landesgrenze Frank-reichs zum rechtsrheinischen Territorium des (Groß-)Herzogtums Berg, sondern auch die Zollgrenze. Zum Schutz der franzö-sischen Wirtschaft wurden die Ein- und Ausfuhr bestimmter Waren nun besteuert, andere Güter unterlagen Ein- und Aus-fuhrbestimmungen. Diese Situation be-dingte eine starke Präsenz von Militär un-mittelbar am Rheinstrom. Seit Oktober 1795 war auch die Zollstelle in Zons wieder mit französischen Zöllnern besetzt. Bis zur endgültigen Abtretung des linken Rhein-ufers an Frankreich 1798 galt es allerdings lediglich, die bereits 1795 verbotene Ge-treideausfuhr ins Bergische zu überwachen. Ab Ende Juni 1798 bewachten dann Zoll-brigaden – genauer: Douaniers – im Zu-sammenspiel mit den französischen Solda-ten die Zollgrenze. Ihre Aufgabe war es, den bilateralen und überaus lukrativen Schmuggel über den Rhein zu unterbinden. Diese Soldaten und Zöllner im Dienste Frankreichs waren auf den Höfen der rheinnahen Dörfer und in den Hausstellen der Ackerbürger von Zons untergebracht. Genau diese Ackerer aber waren es, die mit der riskanten Schmuggelei ihren Verdienst aufbesserten. Die Häscher wohnten also bei den Schmugglern; man lebte unter einem Dach, man aß zusammen, man rauchte ge-meinsam eine Tabakspfeife …Tagsüber gin-gen die Einheimischen ihrem Tagwerk nach und die Franzosen kontrollierten Wege und Wagen. Nachts schlichen sich die Rheinan-rainer zu ihren Nachen am Ufer des Stro-mes, luden Schmuggelgut und setzten ins Bergische über. Und die Soldaten und Zoll-beamten patrouillierten an den ihnen zu-Der Abschied, 1914.

Alter Posthof in Düsseldorf, o. J.

Rast an der Hafenkneipe, 1901.

auler.indd 198auler.indd 198 11.10.2012 9:39:31 Uhr11.10.2012 9:39:31 Uhr

gewiesenen Uferabschnitten. Es waren dramatische Jahre damals, es gab Verletzte und Tote auf beiden Seiten, über die wir durch zeitgenössische Quellen gut unter-richtet sind.11 Theodor Lindner mag in Ge-danken, ein solches Szenario vor Augen gehabt haben. So kann man mit etwas Phantasie in dem Bild sehen, wie ein fran-zösischer Soldat – langsam und entspannt – tagsüber durch die Zonser Altstadt reitet; es ist die Ruhe vor dem Sturm, denn der Mann weiß, dass er auch zur nächtlichen Patrouille in Richtung Stürzelberg einge-teilt ist …

Zusammenfassung

Über den Düsseldorfer Genremaler Theodor Lindner (1882-1956) und seine Werke liegen nicht viele Daten vor. Er war Schüler von Georg Hacker und Wilhelm Schreuer. Diese beiden bekannten Künstler stellen seine Verbindung zum Malkasten dar; mit diesem Düsseldorfer Künstlerver-ein wird Lindner, wenn er überhaupt Er-wähnung in der einschlägigen Literatur findet, immer in Verbindung gebracht. An-lässlich der Würdigung eines Ölgemäldes von Lindner, zu dem die kurkölnische Rheinzollfeste Zons die Kulisse bildet und das der Rhein-Kreis Neuss vor drei Deka-den käuflich erworben hat, gehen die Ver-fasser auch auf den Künstler ein. Zudem bietet der Text ein erstes Werkverzeichnis.

Theo Lindner malte historische dörfliche und städtische Szenen; oftmals wählte er als Protagonisten preußische oder franzö-sische Kavalleriesoldaten vor historischen Bauwerken, die von zivilen Staffagefigu-ren flankiert werden. Diese Figurengrup-pen tauchen auf zahlreichen Bildern in leicht modifizierter Darstellung immer wieder auf, etwa auf dem Bild einer Post-kutsche vor einem niederrheinischen Stadttor aus dem Jahre 1914.

Die Gemälde von Theodor Lindner bie-ten stimmungsvolle und recht detailreiche Szenen; dies gilt auch für sein Ölbild zu

Zons mit einer Darstellung einer histori-schen Szene aus der Geschichte der Stadt zu der Zeit, als die linken Rheinlande von den Franzosen besetzt waren und das im Jahre 1922 entstanden ist. Wirklichkeits- und detailgetreu gibt er Zons wieder.

199

1 Dank für weiterführende Hinweise und die Überlassung von Materialien zu Theodor Lind-ner schulden die Verfasser Herrn Dieter Roos, Rees, und Frau Jennifer Lindner, Hilden; Theodor Lindner war ihr Urgroßonkel.

2 Roos, Dieter: Rees. Seine Zeichner, Maler und Bildhauer. Reeser Künstler-Lexikon, Rees 2005, S. 57.

3 Thieme, Ulrich / Becker, Felix: Allgemeines Lexi-kon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart 15, Leipzig 1922, S. 410.

4 Köhn, Silke: Wilhelm Schreuer (1866 Wesel - 1933 Düsseldorf). Sammler Journal 2006, S. 62-69.

5 Hansmann, Aenne: Geschichte von Stadt und Amt Zons, Düsseldorf 1973.

6 Kastner, Dieter: Rees. Geschichte der Stadt im Überblick. In: Städtisches Museum Koenraad Bosman. Museum für Kunst und Stadtgeschich-te Rees, Rees 1997, S. 63–98.

7 Katalog Niederrheinisches Museum der Stadt Duisburg. Aus der Postkutschenzeit. Sammlung Schumacher, Duisburg 1974, Nr. 38.

8 Titel, Materialien, Maße (Breite x Höhe) und Legende.

9 Alle mit einem hochgestellten Sternchen (*) gekennzeichneten Werke wurden am 28. Okto-ber 2011 einer Auflistung im Internet (www.artprice.com) entnommen; weitere Daten wa-ren öffentlich nicht zugänglich.

10 Katalog Niederrheinisches Museum der Stadt Duisburg. Aus der Postkutschenzeit. Sammlung Schumacher. Duisburg 1974, Nr. 38 und Abbil-dung.

11 Zum historischen Hintergrund siehe: Auler, Jost: 1803: Rhein – Zoll, in: ders.: Stürzelberg. Ein Lesebuch von Rheinfischern, Getreideschmugg-lern, Dormagen 2005, S. 61-69; Cardauns, Her-mann / Müller, Reiner (Hrsg.): Die rheinische Dorfchronik des Joan Peter Delhoven aus Dor-magen (1783-1823), Dormagen 1966; Jarren, Volker: Schmuggel um Dormagen und Zons. Be-obachtungen aus der Sicht des Dorfchronisten Joan Peter Delhoven, in: Jahrbuch für den Kreis Neuss 2001, Neuss 2000, S. 78-93; Kirchhoff, Hans Georg: Dormagen lag in Frankreich. Die Jahre 1794-1814 im Spiegel eines rheinischen Tagebuchs, in: Almanach für den Kreis Neuss 1984, S. 59-64.

auler.indd 199auler.indd 199 11.10.2012 9:39:32 Uhr11.10.2012 9:39:32 Uhr


Recommended