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Die Hentzen von Burg Tannenberg - Drei seltene Schutzbewaffnungsbestandteile im Vergleich.

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1 Die Hentzen von Burg Tannenberg Drei seltene Schutzbewaffnungsbestandteile im Vergleich. Holger Grönwald, Berlin Inhalt: 1. Einführung 1 2. Drei eiserne Hentzen von Tannenberg und ihre Vergleichsstücke 3 3. Hentzen Terminologie, Wertung, Wert 11 4. Zusammenfassung 24 1. Einführung: Zur Bedeutung der Altgrabungen auf Tannen- berg und dem Ansatz einer separaten Betrach- tung der Hentzenfunde Die Ausgrabungen und vor allem die Fundvorla- ge von Tannenberg sind in den letzten Jahren mehrfach und in ihrer forschungsgeschichtlichen Bedeutung ausführlich gewürdigt worden. 1 Dem kann sich nur angeschlossen werden ohne aber- mals ausführlich auf die Bedeutung der im Auf- trag Großherzogs Ludwig III. von Hessen-Darm- stadt durch Arbeiter unter Aufsicht von Bau- und Forstbeamten 1849 durchgeführten Unter- suchungen und vor allem die Vorlage der Er- gebnisse und Funde unter Ägide Jakob Heinrich von Hefner-Alteneck´s 2 einzugehen zu müssen. 3 Auf der bei Darmstadt gelegenen Burg 4 erfolgten danach seit 1972 wiederholt im Zusammenhang mit Bau- und Bodeneingriffen kleinere Untersu- chungen zuletzt 2002 durch Norbert Wand, welcher ebenfalls eine Fundbearbeitung durch Astrid Schmidt im Rahmen einer Dissertation am Institut für Vor- und Frühgeschichte der Universität Mainz betreute. 5 Die Vorreiterrolle 1 Vgl. Schmitt 2008, Küntzel 2009, Wagner o. J. und mit mehreren Einzelbeiträgen Atzbach/Lüken/Ottomeyer 2010, 156, 250-255. 2 18111903; Leiter des bayrischen Nationalmuseum Müchen ab 1868. 3 Ebenso bleiben hier topographische Informationen, Quellen sowie eine Übersicht zum Großteil des erschlosse- nen Materials ausgespart (vgl. dazu die Katalogvorlagen bei Schmitt 2008). 4 Landkreis Darmstadt-Dieburg im Odenwald/Bergstraße; ehem. Seeheim. Vgl. Hefner-Alteneck 1850. 5 Vgl. Schmitt 2008 sowie Rezensionen durch Küntzel 2009 & Wagner o. J. Für weitere, vergleichende Untersuchungen sind besonders die Zeichnungen eines großen Spektrums der Funde auf 74 Tafeln wertvoll (ergänzt um die Tafeln der Erstvorlage), während die Keramikbearbeitung leider kaum repräsentativ ist. der frühen Grabungen für archäologische Unter- suchung von Burgen steht außer Frage. Vor allem durch den umgesetzten Versuch, mit um- fangreicher Vorlage die materiellen Hinterlassen- schaften über Beschreibung und Klassifizierung als Form der Datenerhebung für den Vergleich mit zusätzlichen Quellen und historischen Zu- sammenhängen aufzubereiten bzw. diese bereits zu integrieren. Man kam so dem wesentlichen Ziel archäologischer Untersuchungen, sich den Ursachen der Fundvergesellschaftung und deren Protagonisten anzunähern, bereits entgegen. Die Grabungsmethoden schränkten das Ergebnis allerdings noch ein. Die historische Burgenfor- schung blieb noch über längere Zeit außerstan- de, Individuen unabhängig und extern von Eli- ten und Kriegerkaste zu betrachten so wie die soziale Oberschicht auf Burgen in Form von Einzelpersonen weiter die Geschichtsschreibung und das öffentliche Bild vom Mittelalter domi- nierte. 6 Gern wurde alternativlos auf die be- grenzten historischen Quellen zur Objektanspra- che zurück gegriffen 7 was ebenfalls bei den Funden aus der zwischen 21. und 23.07.1399 wegen vermeintlichen, sicher in weiten Teilen vorgeschobenen Raubrittertums belagerten und zerstörten Burg Tannenberg der Fall war. 8 Wie 6 Nicht zuletzt weil sie in der Lage war, sich in Schriftquel- len zu verewigen. 7 Häufig schließen sich darauf projizierbare Datierungen allerdings aus, etwa bei einem Vergleichsfund des hier im Mittelpunkt stehenden Materials von Hühneberg in der Schweiz dessen Ansprache trotzdem nicht bezweifelt wer- den soll (vgl. Frey 2009, 100 f.; zur Datierung werden parallel zur historischen Überlieferung generalisierend Befunde und Münzfunde vom Gesamtareal ohne stratigra- phischen Zusammenhang zusammen geführt). 8 Nachdem bereits seit Februar 1399 Bündnisübereinkünfte zwischen einzelnen Protagonisten (die Städte Mainz, Frank- furt, Worms, Friedberg und Gelnhausen, der Mainzer Erzbischof, Bischof Raban von Helmstatt und Pfalzgraf Ruprecht III.) des rheinischen Landfriedens (festgelegt durch König Wenzel 1398) geschlossen wurden und man am 26.06.1399 offiziell ein Bruch des Landfriedens durch die Ganerbengemeinschaft auf Tanneberg feststellte (Do- kument des Bündnisses zwischen Erzbischofs Johann von Mainz und Pfalzgraf Ruprecht III. bei Rhein-Boppard vom 11.04.1399 gegen Tanneberg: Staatl. Archive Bayerns, Staatsarchiv Würzburg, Erzstift MZ Urk. Weltl. Schrank L 14/17; vgl. A. Schmitt in: Atzbach/Lüken/Ottomeyer 2010, 250) durch Truppen der Stadt Frankfurt erobert und anschließend zerstört (Das Institut für Stadtgeschichte Frankfurt a. M. bewahrt in einer Mainzer Chronik das Namensverzeichnis der noch der Eroberung noch überle- benden und festgesetzten Burgbesatzung auf (insg. 48; vgl.
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Die Hentzen von Burg Tannenberg Drei seltene Schutzbewaffnungsbestandteile im Vergleich.

Holger Grönwald, Berlin

Inhalt: 1. Einführung 1

2. Drei eiserne Hentzen von Tannenberg und ihre Vergleichsstücke 3

3. Hentzen – Terminologie, Wertung, Wert 11

4. Zusammenfassung 24 1. Einführung: Zur Bedeutung der Altgrabungen auf Tannen-berg und dem Ansatz einer separaten Betrach-tung der Hentzenfunde Die Ausgrabungen und vor allem die Fundvorla-ge von Tannenberg sind in den letzten Jahren mehrfach und in ihrer forschungsgeschichtlichen Bedeutung ausführlich gewürdigt worden.1 Dem kann sich nur angeschlossen werden ohne aber-mals ausführlich auf die Bedeutung der im Auf-trag Großherzogs Ludwig III. von Hessen-Darm-stadt durch Arbeiter unter Aufsicht von Bau- und Forstbeamten 1849 durchgeführten Unter-suchungen und vor allem die Vorlage der Er-gebnisse und Funde unter Ägide Jakob Heinrich von Hefner-Alteneck´s2 einzugehen zu müssen.3 Auf der bei Darmstadt gelegenen Burg4 erfolgten danach seit 1972 wiederholt im Zusammenhang mit Bau- und Bodeneingriffen kleinere Untersu-chungen – zuletzt 2002 durch Norbert Wand, welcher ebenfalls eine Fundbearbeitung durch Astrid Schmidt im Rahmen einer Dissertation am Institut für Vor- und Frühgeschichte der Universität Mainz betreute.5 Die Vorreiterrolle

1 Vgl. Schmitt 2008, Küntzel 2009, Wagner o. J. und mit mehreren Einzelbeiträgen Atzbach/Lüken/Ottomeyer 2010, 156, 250-255. 2 1811–1903; Leiter des bayrischen Nationalmuseum Müchen ab 1868. 3 Ebenso bleiben hier topographische Informationen, Quellen sowie eine Übersicht zum Großteil des erschlosse-nen Materials ausgespart (vgl. dazu die Katalogvorlagen bei Schmitt 2008). 4 Landkreis Darmstadt-Dieburg im Odenwald/Bergstraße; ehem. Seeheim. Vgl. Hefner-Alteneck 1850. 5 Vgl. Schmitt 2008 sowie Rezensionen durch Küntzel 2009 & Wagner o. J. Für weitere, vergleichende Untersuchungen sind besonders die Zeichnungen eines großen Spektrums der Funde auf 74 Tafeln wertvoll (ergänzt um die Tafeln der Erstvorlage), während die Keramikbearbeitung leider kaum repräsentativ ist.

der frühen Grabungen für archäologische Unter-suchung von Burgen steht außer Frage. Vor allem durch den umgesetzten Versuch, mit um-fangreicher Vorlage die materiellen Hinterlassen-schaften über Beschreibung und Klassifizierung als Form der Datenerhebung für den Vergleich mit zusätzlichen Quellen und historischen Zu-sammenhängen aufzubereiten bzw. diese bereits zu integrieren. Man kam so dem wesentlichen Ziel archäologischer Untersuchungen, sich den Ursachen der Fundvergesellschaftung und deren Protagonisten anzunähern, bereits entgegen. Die Grabungsmethoden schränkten das Ergebnis allerdings noch ein. Die historische Burgenfor-schung blieb noch über längere Zeit außerstan-de, Individuen unabhängig und extern von Eli-ten und Kriegerkaste zu betrachten – so wie die soziale Oberschicht auf Burgen in Form von Einzelpersonen weiter die Geschichtsschreibung und das öffentliche Bild vom Mittelalter domi-nierte.6 Gern wurde alternativlos auf die be-grenzten historischen Quellen zur Objektanspra-che zurück gegriffen7 – was ebenfalls bei den Funden aus der zwischen 21. und 23.07.1399 wegen vermeintlichen, sicher in weiten Teilen vorgeschobenen Raubrittertums belagerten und zerstörten Burg Tannenberg der Fall war.8 Wie

6 Nicht zuletzt weil sie in der Lage war, sich in Schriftquel-len zu verewigen. 7 Häufig schließen sich darauf projizierbare Datierungen allerdings aus, etwa bei einem Vergleichsfund des hier im Mittelpunkt stehenden Materials von Hühneberg in der Schweiz dessen Ansprache trotzdem nicht bezweifelt wer-den soll (vgl. Frey 2009, 100 f.; zur Datierung werden parallel zur historischen Überlieferung generalisierend Befunde und Münzfunde vom Gesamtareal ohne stratigra-phischen Zusammenhang zusammen geführt). 8 Nachdem bereits seit Februar 1399 Bündnisübereinkünfte zwischen einzelnen Protagonisten (die Städte Mainz, Frank-furt, Worms, Friedberg und Gelnhausen, der Mainzer Erzbischof, Bischof Raban von Helmstatt und Pfalzgraf Ruprecht III.) des rheinischen Landfriedens (festgelegt durch König Wenzel 1398) geschlossen wurden und man am 26.06.1399 offiziell ein Bruch des Landfriedens durch die Ganerbengemeinschaft auf Tanneberg feststellte (Do-kument des Bündnisses zwischen Erzbischofs Johann von Mainz und Pfalzgraf Ruprecht III. bei Rhein-Boppard vom 11.04.1399 gegen Tanneberg: Staatl. Archive Bayerns, Staatsarchiv Würzburg, Erzstift MZ Urk. Weltl. Schrank L 14/17; vgl. A. Schmitt in: Atzbach/Lüken/Ottomeyer 2010, 250) durch Truppen der Stadt Frankfurt erobert und anschließend zerstört (Das Institut für Stadtgeschichte Frankfurt a. M. bewahrt in einer Mainzer Chronik das Namensverzeichnis der noch der Eroberung noch überle-benden und festgesetzten Burgbesatzung auf (insg. 48; vgl.

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vorsichtig man mit der Fixierung solcher Daten für absolute Aussagen sein sollte, zeigt Tannen-berg selbst, quasi der Ausgangspunkt und Grün-dungsmythos eines eigenen Forschungszweiges: es ist zu berücksichtigen, dass die Kapelle (ent-gegen der nach historischer Überlieferung „voll-ständigen Zerstörung“) in Gebrauch blieb und letzte, durchaus genutzte Gebäude bis 1460 stan-den. Spätere Fundvergesellschaftungen sind da-her ebenso wie frühere möglich – was wegen der frühen Dokumentationsstandards heute nicht mehr prüfbar ist.9 Leider wurde mit der nach wie vor tradierten, überwiegenden Datierung der Tannenberger Fun-de in die zweite Hälfte des 13. Jh. und mit der jüngeren Aufschlüsselung allein von drei Bau-phasen10 ein zu leichter, dem komplexen Anwe-sen und seiner Geschichte wie Entwicklung kaum angemessener Weg gewählt (wobei zu beachten ist, dass die bisherigen Bodeneingriffe ältere Bereiche wohl nicht anschnitten). Archäo-logische Befunde liefern bei gründlicher Befra-gung komplexere Bilder und Informationen – über die Möglichkeiten von im geschlossenen Befund vergesellschafteten Münzen11 oder histo-rischen Überlieferungen hinaus12, die für eine sicherere Eingrenzung zeitlicher Rahmen natür-lich unerlässlich bleiben. Allerdings ist nach wie vor bzw. stärker denn je über die Herausarbei-tung spezifische Funde der Wahrheitsgehalt schriftlicher Quellen kritisch zu prüfen, selbst

M. Matthäus in Atzbach/Lüken/Ottomeyer 2010, 253), aufschlussreich für die Dienstverhältnisse auf der Gan-erbenburg). 9 Sie sollen damit nicht kritisiert werden, da sie einen for-schungsgeschichtlich wesentlichen Schritt bei der Heraus-bildung einer komplexeren Mittelalterarchäologie auf Bur-gen darstellten. 10 Im Rahmen der Bearbeitung von A. Schmitt (2008) herausgearbeitet, zur Kritik vgl. Küntzel 2009. 11 Deren Einzeldatierung wäre für sich genommen kaum aussagekräftig, außer mehrer entsprechen sich zeitlich und können in ihrer Kombination die zeitnahe Einbringung in den Befund und damit einen terminus post quem nahe legen – wie etwa bei den aktuelleren Untersuchungen auf Cucagna (s. u.) oder etwa der Befundlage in Alsnö Hus [Hovgården, Adelsön/Mälaren (S)] als älterem Untersuchungsbeispiel. 12 Bei diesen darf nicht darüber hinweg gesehen werden, dass im Zusammenhang mit Burgen nur ein sich als gesell-schaftliche Elite sehender Teil im Mittelpunkt steht [jüngst noch in größerem Umfang im Rahmen der Ausstellung „Burg und Herrschaft“ thematisiert (Deutsches Historisches Museum Berlin/DHM, 25.06.–24.10.2010), die aber auch Raum für kritische Reflexion bot (u. A. durch Werner Meyer und Thomas Biller, vgl. Grossmann/Ottomeyer 2010, 16–25, 324–333)]. Als Führungsschicht von Burgher-ren oder Rittern ist dieser normalerweise schwer fassbar, während die Archaeologica umfangreiche Informationen zum kulturgeschichtlichen Lebensbild aller Bewohner tragen – eindrucksvoll am Spektrum des Tannenberger Materials sichtbar.

wenn diese statistisch eher irrelevant sind.13 Hier bieten sich zur fachübergreifenden Bearbeitung kunsthistorische Betrachtungen und Verweise an, was Jakob Heinrich von Hefner-Alteneck und Johannes Wilhelm Wolf in ihrem Werk zu Tanneberg bereits gründlich versuchten. Ziel des vorliegenden Beitrags ist nicht, das Fundmaterial abermals Revue passieren zu las-sen. Doch es soll das Potential angedeutet wer-den, dass noch in ihm steckt – und zwar allein anhand der Besprechung dreier Objekte, die zu vergleichen und einzuordnen sind: eiserne Hent-zen bzw. Handpanzerungen. Bei diesen lassen sich die kunsthistorischen Überlegungen anhand von Darstellungen der Bild- bzw. Denkmalgat-tung von Grab- oder Tumbadeckplatten sowie Epitaphen fortsetzen14 – etwa um Datierungs-spielräume enger eingrenzen.15 Die drei Stücke wurden bislang wegen ihrer unterschiedlichen Aufbewahrungsorte nicht ge-meinsam betrachtet.16 Je ein Objekt befindet sich heute im Hessischen Landesmuseum Darmstadt (HLM; Inv.-Nr. W 69:7; hier Nr. 1917)18 sowie

13 Zu den Schwierigkeiten der Trennung der Sachkultur und der Qualität von Burgengrabungen vgl. Gossler 2009, 25–27. 14 Hier werden eben solche Beispiele plastischer Figuren berücksichtigt, deren Auswahl noch erweiterbar ist (vgl. Anhang mit Nummernverweisen in Text und Fußnoten). 15 Wenn auch zu berücksichtigen ist, dass damit zusammen hängende Sterbedaten nicht immer auf die Bildentstehung zu projizieren sind (können früher in Auftrag gegeben oder nach dem Tod der Dargestellten z. T. auch als Epitaphen entstanden sein). Ein Beispiel, wie spät eine Platte entste-hen konnte, ist der Epitaph des Landgrafen Ludwig II. (der Eiserne) von Thüringen († 1172; Nr. 64) aus der Schlosskir-che Rheinhardsbrunn (heute in St. Georgen, Eisenach): entstanden erst nach dem Wiederaufbau der Kirche nach Brandzerstörung 1292 in der ersten Hälfte des 14. Jh. (hier relevant: die Darstellung von Handschuhen mit tatzen-artiger Rückengestaltung). An den Plastiken finden sich erstaunlich genau wiedergegebenen Details (auch im Be-reich der Freskenmalerei zu finden, eine Beschränkung auf weitestgehend eine, dennoch für nahezu „technische“ Ver-gleiche geeignete Bildgattung war notwendig). Die Monu-mente sollten nicht nur die podestas der Verstorbenen her-vorheben, sondern mit Bezug zum Heiligen Guglielmo auch den christlichen Lebenswandel der über den Tod hinaus im Eisenkleid Dargestellten betonen (vgl. Grönwald 2011, 181 FN 124). 16 Herausragende Funde verteilen sich auf verschieden Museen, denen sie wie etwa die bekannte Büchse in Form von Geschenken übereignet wurden (seit 1853 im GNM). 17 Die Nummerierungen beziehen sich, auch im Folgenden, auf Abb. 7 und entsprechen den auf Cucagna bezogenen Veröffentlichungen (Grönwald 2011 & 2012). 18 Hier entgegen auch auf das Stück im MET bezogenen Vermutungen, es sei inzwischen verloren (vgl. Schmitt 2008, 166, nach Thordeman noch von zwei statt drei Fun-den ausgehend) regulär unter der Masse der Tannenberg-Funde aufbewahrt. Ich danke den Mitarbeitern der Abtei-lung Kunsthandwerk, dem Kustos Herrn Wolfgang Glüber, Restauratorin Angelika Wassak und Wolfgang Fuhrmannek

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im Metropolitan Museum New York (MET; Inv.-Nr. 29.150.108; hier Nr. 9), während der Ver-bleib des 1850 in der Erstveröffentlichung des Tanneberg-Materials von Heffner-Alteneck vor-gestellten Handschuhs unbekannt ist. Ausgangspunkt der Beschäftigung mit diesen Stücken war die umfassende Vorlage zweier Neufunde von der sich wohl ursprünglich aus einer Rodungsburg zum Zentrum einer bedeu-tenden Anlage aus insg. drei Burgen19 entwi-ckelnden Burg Cucagna20 in der Gemeinde Faedis, Friaul/Nord-Ost-Italien.21 In deren Rah-men wurde nach entsprechenden Vergleichen gesucht22 (die Ausgrabung erbrachten generell ein Fundspektrum, das mit dem Tanneberg-Material eng verwandt ist23). (Abb. 6) Es stellte sich dabei heraus, dass nicht allein das aus dem Tafelanhang der Tanneberg-Publikation bekann-te Stück den 1849 durchgeführten Grabungen entstammt. Mindestens drei Handschuhe, die immerhin fast das gesamte Spektrum der Ent-wicklung sog. sanduhr- oder stundenglasförmi-ger Hentzen zwischen der Mitte des 14. Jh. und dem ersten Viertel des 15. Jh. abdecken, gehören dazu. Die Stücke könnten die parallele Verwen-dung unterschiedlicher Typen belegen – so sie nicht getrennten stratigraphischen Zusammen-hängen entstammen.

für freundliche Unterstützung und Bereitstellung von In-formationen und Bildmaterial. 19 Cucagna, Rodingerio/Rodingen und Zucco in einer ohnehin dicht belegten, historisch spannungsreichen Bur-genlandschaft. Im Gemeindebereich liegt zudem die Burg Soffumbergo/Scharfenberg. Zu Rodingerius/Rodingen, der für den gesamten Bergrücken namengebenden Anlage oberhalb Cucagnas, und einem ähnlichen Fall im Friaul (Prampero/Prantperg) vgl. Grönwald 2010, 68 Anm. 55. 20 Sie soll parallelen Untersuchungen zu vergleichenden Studien dienen, was an dieser Stelle und davon ausgehend versucht wird. Zur Grabung Cucagna: Untersuchungen des Autors mit dem Institut für Archäologische Wissenschaften der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg [Abteilung Früh-geschichtliche Archäologie und Archäologie des Mittelalters mit Genehmigung der Soprintendenza ai Beni Archeologici del Friuli-Venezia Giulia (zum Stand der Grabung vgl. Grönwald 2009, 190–198; ders. 2010, 65–77 & 2011, 161-206)] und dem Istituto per la Ricostruzione del Castello di Chucco-Zucco (IRCCZ; Stremiz di Faedis/Udine, unter Leitung von Roberto Raccanello und Katharina von Stietencron, Mi-tglied des Consorzio per la Salvaguardia dei Castelli Storici del Friuli-Venezia Giulia). 21 Dabei handelt es sich um ab 1027 nachweisbare Befesti-gungen oberhalb der Gemeinde Faedis in der Hand eines anfänglich unfreien Ministerialengeschlechts schwäbischer Abstammung (aus der Familie der späteren Auersberger; Ursberg). 1275 wurde es mit Besitz- und Jurisdiktionsrech-ten in Faedis belehnt (vgl. Ludwig 2009, 144 f.; Degani 1895, 105–109, 122–125, 137–142, 154–158). 22 Vgl. Grönwald 2011 & 2012. 23 Auch historisch bieten sich das Untersuchungsobjekt, das Friaul als Landschaft sowie seine geopolitische Einbindung für Vergleiche an.

2. Drei eiserne Hentzen von Tannenberg und ihre Vergleichsstücke Zuerst soll der durch die Abbildung im Tafelan-hang von 1850 und wiederholte Bildvorlage24 sicher bekannteste Hentzenfund vorgestellt wer-den. Die Unsicherheit von Astrid Schmitt, ob die Vorlage Hefner-Altenecks zwei Handschuhe oder nur ein Stück meint25, löst sich in der auf eine rechte Hentze bezogenen Tafelbeschrei-bung der Fundvorlage unproblematisch auf.26 Für das 1849 gefundene Stück ist der Aufbewah-rungsort heute bislang leider nicht zu lokalisie-ren. Die relativ kurzstulpige sanduhrförmige Hentze besitzt nur ansatzweise eine Gliederung des Handrückens über deren charakteristische Gestaltung sich am ehesten typologische Unter-schiede herausarbeiten lassen. Eingezogene Fal-ten bilden hier zwischen leicht ausgearbeiteten Fingeransätzen den distalen Abschluss der Handrückenplatte. Beachtenswert sind „Knö-chelbuckelnieten“, die scheinbar dekorativ da-rauf aufsitzen. Der mit Bedacht gewählte, den martialischen Eindruck des Rüstungsteils unter-streichende Besatz besaß aber eine eher profane Funktion: er diente zur Fixierung von Leder-streifen, auf denen überlappende Metallplättchen zum Schutz der Finger aufsaßen. Leider sind sie nicht im Verbund erhalten – ob sich parallele Einzelfunde von Fingerprotektoren dem Hand-schuh zuweisen lassen, muss offen bleiben. Entsprechend der zur Zerstörung Tannenbergs überlieferten Daten erfolgte die Datierung histo-risch auf 1399 – ohne, wie bereits erwähnt, beim Stand der Grabungsmethodik stratigraphische Informationen berücksichtigen zu können. Bei der typologischen Ansprache ging Hefner-Alteneck in seiner frühen Beschäftigung mit dieser Fundgattung unter Berücksichtigung kunsthistorischer Parallelen bemerkenswert um- und weitsichtig vor. Im Gegensatz zu jüngeren Einzelfundvorstellungen, die Entwicklungsstu-fen aus diesen selbst heraus zu erklären suchen, erkannte er die Auffächerung der Entwicklung über das gesamte 14. Jh.27 und ermöglichte so

24 Beschreibung: Hefner-Alteneck 1850, 25 f. sowie 94 zu Taf. X, Abb. E–F; außerdem Abbildung der Tafel bei Schmitt 2008 & Atzbach/Lüken/Ottomeyer 2010, 255; hier Abb. 1 A & Objekt Nr. 4 in Abb. 7. 25 Schmitt 2008, 17–19. Wie andernorts angemerkt, unter-blieb in der sich der schwierigen Aufbereitung einer Altgra-bung widmenden und damit dankenswert aufwendigen Arbeit weitere Recherche (vgl. Wagner o. J.; Küntzel 2009). 26 Hefner-Alteneck 1850, 94. 27 Ebenda 1850, 94.

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Abb. 01: Hentzenfunde von Burg Tannenberg im Odenwald. A: Hefner-Alteneck 1850, Taf. X, Abb. E–F; B: Metropolitan Museum, New York Inv.-Nr. 29.150.108; Foto: M. Goll, Bildbearbeitung Verf.; C: Hessisches Landesmuseum Darmstadt, Inv.-Nr. W 69:7; Foto: Wolfgang Fuhrmannek.

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Abb. 02: Sanduhrförmige Hentze im Germanischen Nationalmuseum, Inv.-Nr. W 1018 (Fotos: M. Goll).

die vorsichtige Einbindung des zeitlichen Ur-sprung des Handschuhtyps in die erste Hälfte des 14. Jh. – bevor sich aus vielfältigen Varianten regionale Eigenarten ausprägten, die vor allem im 15. Jh. neben tradierten Formen zu manieris-tischen Neuschöpfungen etwa der Ära Maximi-lians führten, in der sich speziell das Spektrum der Militaria umfangreich erweiterte (adäquat zu einer von katastrophalen Ereignissen begleiteten europäischen Umbruchsphase). Für die relativ frühe Ansprache lässt sich zusätz-lich die relativ groß ausfallende und mit dem von der Handrückenplatte auslaufenden, aufgewor-fenen Stulp vernietete Platte zur vollständigen Umfassung des Handgelenks heranziehen. Sie bildet den inneren, pulsseitigen Stulpenbereich. Kleiner ausgeführte Platten sind häufiger nach-weisbar und finden sich etwa beim typologisch weiter entwickelten und noch eingehend vorzu-stellenden, 2006 gefundenen Vergleichstück von Burg Cucagna (Nr. 1a) sowie einer Hentze im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg (GNM; Nr. 8).28 Selbst bei einer relativ späten Variante der weitestgehend aus einer geschlossenen Platte ge-formten Panzerungen von der Schauenburg bei Dossenheim a. d. Bergstraße im Rhein-Neckar-Kreis/BW29 (Abb. 3, Abb 7 Nr. 22) wurde noch

28 GNM Inv.-Nr. W 1018; vgl. Williams 2002, 357. Das GNM bearbeitete Bildanfragen leider nicht, ich danke Herrn Matthias Goll für die Bereitstellung der hier verwen-deten Abbildungen und darüber hinausgehende Unterstüt-zung (vgl. Anm. 113). 29 Vgl. Burkhart 1994, 65-76.

ein derartiger Verschluss verwendet. Derartiges

tritt mit mitunter dekorativ aufgewerteter Vernie-tung ebenfalls bei bildlichen Darstellungen auf.30 Das zweite, im MET aufbewahrte Exemplar (Nr. 9)31 unterscheidet sich wegen seiner „einfachen“, aus einer Platte geschmiedeten und getriebenen Form deutlich vom ersten Fund. Drei deutlich abgesetzte Riefen oder Rinnen gliedern den Handrücken. Die scharf abgesetzte distale Knö-chelpartie führt zu einer tatzenförmigen Gestal-tung des rechten Panzerhandschuhs. Die Stulpe ist pulsseitig – so es die Korrosionsschäden be-urteilen lassen – aus sicher ergonomischen Er-wägungen asymmetrisch geformt. Die Blechsei-ten stoßen nicht deckungsgleich aneinander, wurden nicht verschweißt und es fehlt eine Ver-schlussplatte. Der Stulpenrand läuft glatt aus, ein umgefalzter Bördel (s. u.) fehlt. Ähnlich dem vergleichbaren Fund von Cucagna aus Palazzo III A finden sich zahlreiche kunsthisorische Ent-sprechungen, wie etwa am Reiterstandbild des Bonino da Campione32 für Bernabò Visconti

30 Etwa deutlich hervorgehoben beim Grabmal Günthers von Schwarzburg in Frankfurt a. M. († 1349; Nr. 24 – die Darstellung gibt qualitativ kein exaktes Abbild wieder, hebt aber den Nietbesatz hervor) oder dem William Disneys in St. Peter in Kingerby († 1360; Nr. 25). 31 Inv.-Nr. 29.150.108 (vgl. Leenen u. a. 2010, 135 Abb. 9; 137f). Auf den Verbleib des Fundes wies bereits Tordeman hin – ich danke dem Co-Kurator des Departments of Arms and Armour am MET für die Bestätigung und parallele Vorlage des Stücks (dies. 2010, 135, wenn auch ohne zeitli-chen Bezug im entsprechenden Band). 32 Campione d'Italia (i. e.1325 – 1397). Zwischen 1350 und 1390 einer der wichtigsten Meister gotischer Plastik Italiens.

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Abb. 03: Die Hentze von Dossenheim im Rhein-Neckar-Kreis (Verbleib unbekannt). Reproduktionen der 1995 von Christian Burkhart im Archiv des Heidelberger Schlosses lokalisierten Glasplatten-Negative (heute Generallandesarchiv Karlsruhe des Landesarchivs BW; Signatur GLA 424 e Zugang 1998–40 F aus HD) für die Fundvorlage von Paul Post im Berliner Zeughaus 1933 (ZHWK NF 4, 165 Abb. 1–3).

(† 1385; Nr. 61 = Abb. 4) im Castello Sforzesco in Mailand und den deutlich zeitversetzt darge-stellten Hentzen am Epitaph des Vogts bzw. Kastellans der Engelsburg, Antonio Rizzo bzw. Rido di Padua († 1450; Nr. 65) in der Chiesa di Santa Francesca Romana/Rom. Während die meisten Parallelen die Entstehungszeit in der zweiten Hälfte des 14. Jh. ansiedeln lassen, deu-ten die beiden gewählten Darstellungen an, wie lange vergleichbare Rüstungsbestandteile in Ge-brauch sein konnten, worauf noch zu kommen ist.33 Bei den Hentzen des Bernabò-Standbildes ist mit ihrer erstaunlichen Detailtreue Kenntnis unmittelbar zugänglicher Stücke lokaler Produk-tion vorauszusetzen, wenn nicht gar persönli-cher, sicher modisch auf dem Stand der Zeit befindlicher Besitz als Vorlage diente.34

33 Zudem: Alte Rüstungsteile modisch anzupassen, dürfte weit verbreitete Praxis gewesen sein. Exemplarische Objek-te der Untersuchungen von M. Goll (vgl. Anm. 28), wenn auch zeitlich wesentlich später, sind etwa eine Brustplatte im Philadelphia Museum of Art (Inv.-Nr. 1977.167.135) aus der Zeit um 1480, bemalt nach Art der Schwarzweiß-Har-nische der 2. Hälfte des 16. Jh. Bei einem um 1400 datie-renden Hundsgugel in der Sammlung auf Burg Valeria in Sitten/Sion (CH; Inv.-Nr. MV24) wurde das schnauzen-artige Visier durch einen der 2. Hälfte des 16. Jh. entspre-chenden Sturmhaubenstirnschirm ersetzt. 34 Vgl. Vergani et all. 2001 mit zahlreichen Abb. Bernabò Visconti kann mit seinem exaltierten Auftreten als außer-gewöhnliches Beispiel statusbewusst auftretender Vertreter höfischer Machtstruktur und -kultur gelten. Ähnliches in den Besitzverhältnissen dürfte bei den Handschuhen auf der Grabdeckplatte Herzog Bolesłav II. bzw. V. Mały, auch genannt Bolko II. [der Kleine, aus dem Schweidnitzer Zweig der schlesischen Piasten, † 28.07.1368; Nr. 62; Fürs-tenkapelle der ehem. Zisterzienserabtei Grüssau (bis 1292 Benediktiner) in Krzeszów im Powiat Kamiennogórski/

Unbedingt zu berücksichtigen sind zwei sich gegenüber liegende Nietlöcher neben den Knö-chelbuckeln. Sie deuten an, dass sich hier einst eine vier Bögen bildende, leicht bewegliche Me-tallschiene befand. Diese Schiene diente weniger der Handschuhsicherung als vielmehr der Fixie-rung der bereits beim ersten Exemplar angespro-chenen Lederstreifen zur Befestigung der Finger-protektoren. Sie bestanden wiederum aus einzel-nen Reihen überlappender Metallplättchen oder immer einer Phalangenlänge entsprechenden Plat-ten, die über den Fingergelenken von kleinen, z. T. pyramidal ausgeformten Buckeln überdeckt wurden. An den selten erhaltenen Lederstreifen wurden die textilen oder ledernen Innenhand-schuhe fixiert35, so dass bei deren Austausch im Verschleißfall nur die beiden Nieten der inneren Schiene geöffnet und ersetzt werden mussten.36

Woj. dolnośląskie (Niederschlesien/PL); es ist wohl davon auszugehen, dass die Grabplatte erst mit zeitlicher Verzöge-rung von einigen Jahren angefertigt wurde] gegeben sein, die ebenfalls dem Tannenberg-Stück im MET weitestge-hend entsprechen (vielleicht als eine nachträgliche Rezepti-on italienischer Stücke). 35 Nur überliefert, wenn besondere, klimatisch konstante Lagerungsbedingungen gegeben waren, etwa bei einem Paar in Canterbury (die adäquaten Originale zu Nr. 43, allerdings Funeralhandschuhe mit Messingpanzerung ohne Ge-brauchswert, weshalb hier nicht näher berücksichtigt und weitestgehend nur hinsichtlich der Innenhandschuhe inte-ressant; vgl. Anm. 110) und Stücke aus Ripon, North Yorkshire (GB; Nr. 7, 11) oder Ørum (Midtjylland, DK; Nr. 18; vgl. Anm. 137). 36 Auch jüngere Fingerhandschuhe bedienen sich der glei-chen Technik, vgl. etwa den von Restaurator Kai Miethe bearbeiteten Handschuh des Augustinermuseums Freiburg, Inv. Nr. 973 (Hightech aus alten Zeiten. In: Badische Zeitung vom 18.08.2008, 26 sowie Goll 2009, Abb. 36).

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Abb. 04: Das Reiterstandbild des Bernabò Visconti im Castello Sforzesco/Mailand und Detailansichten der dargestellten Hentzen [Foto: Vittorio Calore; Vergani et all. 2001, 8 (Ausschnitt), Abb. 41, 47, 48].

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Vergleichbares ist beim erwähnten Cucagna-Fund, einem parallelen Stück im MNB (MNB; Nr. 12) und ansatzweise bei einer Handschuh von der Henrichenburg37 (Nr. 20) überliefert. Die Brücken liegen immer eng unter der Rü-ckenplatte an und gewährleisteten lange vor der Erfindung eiserner „Geschübe“ Flexibiliät und Fingerbeweglichkeit – obwohl das Tannenberger Exemplar auch zu einer Zeit entstanden sein könnte, in der sich Geschübe durchzusetzen be-gannen. (Abb. 5) Beim dritten, hervorragend erhaltenen und An-fang des 15. Jh. anzusiedelnden Hentzenexem-plar (Nr. 19) mit einer Länge von 18,6 cm, Breite von 13 cm und Höhe von 11,1 cm (Daumen-höhe), hat sich diese Schiene auf Höhe der Fin-gerwurzeln bzw. des Ballens vollständig erhalten. Mit seiner lang ausgezogenen Stulpe ist es als spätester Vertreter der Hentzen mit derartigen Metallbügeln zu begreifen – der sich bereits von der „klassischen“ Sanduhrform der Hentzen löst und ein Bindeglied zu den über Fäustlingen ge-tragenen, erst nach ca. 1410 aufkommenden Schutzplatten á la Haus Herbede (s.u.) darstellt. Während die Knöchelbuckel scharf ausgearbeitet sind und die Phalangen weiter als üblich über-lappen, fehlt eine Binnengliederung des Handrü-ckens. Heute unterbrochen, scheint die Stulpe pulsseitig verschmiedet gewesen zu sein, ohne dass es einer zusätzlichen Platte bedurfte. Gera-dezu typisch für späte, langstulpige Hentzen scheinen die in großen Abständen um den Stulp geführten Nieten zu sein. Sie sitzen mittig zwi-schen Gelenkeinzug und Rand, in etwa auf Höhe des Stulpenrandes kurzer ausgebildeter Vorgän-germodelle. Das damit befestigte Futter bzw. der eingearbeitete eigentliche Handschuh aus organi-schem Material scheint diesen entsprochen zu haben. Das Spektrum der Tannenberger Handprotekto-ren ergänzen die beiden Neufunde von der Burg Cucagna hervorragend – und sie können durch die Arbeit am Objekt selbst näher beschrieben werden. Zudem gehören sie im Gegensatz zu zahlreichen Altfunden durch die im Vorfeld umfangreicher Sanierungsarbeiten durchgeführ-ten Grabungen z. T. in vollständige Inventare38 und sind in komplexe stratigraphische Zusam-menhänge eingebettet.39 Das erste, 2006 gefun-

37 Castrop-Rauxel/Westfalen; vgl. Peine 2004, 40-77 sowie ders. u. a. 1998, 214 f., Abb. 14; Text zu Anm. 186. 38 Wie sie z. B. nach der Zerstörung und Aufgabe einer Burg (oder Teile dieser) und dem geschlossenen Erhalt des hinterlassenen materiellen Bestands gegeben sein können. 39 Die beiden bislang, 2006 und 2008 entdeckten rechten Handpanzerungen ergänzt ein Handschuh von Burg Sof-fumbergo, der sich, integriert in eine zusammengestellte Rüstungskombination aus Funden von dieser, im Museo

dene Stück (Nr. 1a40) stammt aus einem mächti-gen Brandhorizont inkl. inkohlter Reste hölzer-ner Etageneinbauten aus dem sog. Palazzo III A bzw. palazzo grande.41 Unter dem Schutt des eingestürzten Daches, unmittelbar über dem Lehmfußboden des Untergeschosses markiert er die finale Zerstörung des Palasbaus. Bei der Hentze handelt sich um ein relativ schlichtes Exemplar mit ebenfalls durch Riefen (eventuell mit pfeil- oder krähenfußartigen Abschlüssen zum Handgelenk hin, die wohl wegen starker Abnutzung und Korrosion nur noch schemen-haft erkennbar sind42) gegliedertem Handrücken sowie tatzenförmiger Gestaltung der distalen Knöchelpartie der Metacarpen. Bei einem Ge-wicht von 235,44 g weißt es 13,5 cm Länge, 12,0 cm Breite und 10,5 cm Höhe auf. Den hinteren Stulpenrand schließt ein zur Verstärkung nach innen umgefalzter Bördel ab.43 Ausgesprochen gut hat sich eine der bereits beschriebenen Schienen zur Befestigung der Fingerprotektoren auf Lederstreifen über dem innen liegenden Handschuh aus organischem Material erhalten. Der Stulpentrichter wird durch eine eingearbeite-te, nur mit zwei Nieten unterhalb des Handbal-lens fixierte und ansonsten über dem Handge-lenk angeschmiedete, trapezförmige Metallplatte geschlossen.44

Archeologico Medioevale di Attimis befindet. Somit liegen im-merhin drei Stücke aus der Gemeinde Faedis vor. 40 Kat.-Nr. der Cucagna-Grabung: 2006/395. 41 Der große Palasbau wurde zwischen 1311 und 1326 fertig gestellt, die wohl 1511 anzusetzende Brandzerstörung (end-gültige Aufgabe der Burg 1522, vgl. Czoernig 1873, 690; Miotti 1967) lässt sich eng mit dem erhaltenen Baubefund der westlichen Wand des Palasbaus (ehemalige Außen- und später innere Trennwand zu Palazzo III B) mit Spuren intensiver Hitzeeinwirkung des inzwischen restaurierten Gebäudes parallelisieren. Die zeitliche Anbindung des Brandhorizontes legen verschiedene Indizien zwingend nahe - Cucagna war zu diesem Zeitpunkt kaum noch von Bedeutung, erwähnt wurde nur noch die Burg Zucco, mit der Cucagna durch eine Mauer zu einer geschlossen Befes-tigungsanlage verbundenen war (vgl. Grönwald 2010, 66 Abb. 4, zur Überlieferung und Quellenkritik 67 Anm. 31–35, 74 Abb. 21, 75). 42 Beim gegebenen Erhaltungszustand nur noch schemen-haft zu erkennen. Wenn auch anders abgewinkelt ähnlich den Exemplaren in der Churburgsammlung CH S12/13 (15), die ebenfalls stark abgeschmirgelt sind. 43 Es ist zu überlegen, ob er zusätzlich eine lederne oder anders geartete Auskleidung der Panzerung fasste (nicht den innen liegenden, austauschbaren Handschuhs selbst). Reste des organischen Materials sind leider nicht erhalten, bzw. ließ sich der Falz bislang nicht öffnen und sollte zum Schutz des Objektes nicht durch einen derartigen Eingriff beschädigt werden. 44 Die Bergung erfolgte am 14.08.2006 unmittelbar nach Fund, Freilegung und Dokumentation durch Anne Heuß-ner in situ als Blockbergung auf einem Teil des Felsunter-grundes. Der Fund wurde im IRCCZ durch Verf. frei präpariert und vorübergehend gekühlt eingelagert. Erste

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Abb. 05: Funktionsskizze der Befestigung von Fingerpro-tektoren an sanduhrförmigen Hentzen mit eingenieteter Schiene (am Beispiel des Hentzenfundes Kat. 2006/395 von Burg Cucagna; Skizze: Verf.).

Die zweite, ebenfalls sanduhrförmige Hentze von Cucagna (Nr. 1b45) stammt aus Palazzo IV B in der wenn auch nicht als Ruine oberirdisch, so doch als Bodendenkmal seit den 1380er Jah-ren weitgehend ungestört erhaltenen Vorburg.46 Bei einem Gewicht von 206,57 g (ohne kleinere und größere Fehlstellen mindestens 232,40 g) besitzt sie eine Länge von 13,3 cm, Breite von 12,7 und Höhe von 9,5 cm. Sie fällt besonders wegen ihres reichen Dekors mit einst golden wirkenden Messingnieten auf.47 Dieser erzielte wohl preiswerter den Effekt eines wertig schimmernden Besatzes als es mit ebenfalls an Rüstungsteilen auftretenden eisernen Nieten möglich war – denen z. T. vergoldete Kappen

Sicherungsmaßnahmen am weitestgehend stabil erhaltenen Eisenblech nahm Restaurator Domenico Rumo vor und sicherte damit den Erhalt des Stückes. Vorhandene Korro-sionsherde und anhaftendes Fremdagglomerat wurden ent-fernt, partiell Ergänzungen vorgenommen und das Objekt mit einem Korrosionsschutzüberzug gesichert. Die Maß-nahmen wurden dankenswerter Weise vom IRCCZ finan-ziert (21. 8.–29. 9. 2006, L.A.A.R.S.r.l. Conservazione e Restauro Beni Culturali; Bericht vom 5.10.2006). Erneut auftretende Korrosionsprodukte erforderten vom 29.07.–14.08.2008 weitere Restaurierungsmaßnahmen (Restaurie-rungs-Protokoll vom 16.11.2008, Objektrestaurierung: Na-talie Lehnhardt; Monitoring und Nachbearbeitung des Objektes in den Kampagnen 2010 und 2011). 45 Kat.-Nr. 2008/034. Bergung: 27.07.2008; Restaurierung unmittelbar nach der Bergung unter Einbeziehung mehre-rer im Umfeld gefundener Blechfragmente: Susanne Litty (28.07.–14.08.2008; Protokoll 14.10.2008). 46 Inkl. Baubefunden, von denen nur das Fundament des zweigliedrigen, mind. dreiphasigen Palazzo IV bislang er-schlossen ist. 47 Zeitgenössisch wohl auricalcum, womit eine hochmittelal-terliche Messinglegierung in Theophilus Presbyters „De Diversis Artibus“ zu fassen ist (vgl. Neumüller 1973, 1215 sowie Brepohl 1999, 176 und 193). Bislang war zwar keine quantitative Materialanalyse möglich, dennoch ist wegen der weiß-grauen, kristallinen Korrosionsprodukte über dunkel-grüner Patina im Auffindungszustand von der Verwendung eines noch nicht näher zu spezifizierenden Zinkerzes bei der Nietenlegierung auszugehen (vgl. Selwyn 2004, 53f & 153f). Ziel war eine schmiedbare Legierung, die z.T auch um bzw. über Eisenstifte gehämmert werden konnte.

aus einer Kupferlegierung mit Zinnlot aufgesetzt wurden. Beim erhaltenen Bestand an insgesamt 156 Nieten (inkl. Nietlöchern 172) sind 137 als Ziernieten anzusprechen, wobei fünf eine Befes-tigungs- bzw. Doppelfunktion besitzen. Als rekonstruierbarer Gesamtbestand sind ≥ 188 Nieten anzunehmen.48 Ein nahezu quadrati-sches, angenietetes Eisenblech im Bereich der Ziernieten der saumnahen Reihe ersetzt einen fehlenden Niet – offenbar eine provisorische Reparatur in Ermangelung eines Plattners, evtl. in einer mobilen Schmiede im Feld. Die Gestaltung des Stulpensaums und Material-verwendung parallelisieren die zweite Hentze von Cucagna einerseits eng mit dem museal überlieferten Handschuhpaar des Ulrich IV. von Matsch im MNB (Nr. 16)49, anderseits auch mit einem einfacheren, aus dem Bestand der Dresd-ner Rüstkammer stammenden linken Modell, dass einst in Berlin aufbewahrt wurde (um 1380 angesetzt; Nr. 69).50 Ornamentale Gruppen von je drei Messingkugelkopfnieten auf dem Hand-rücken fallen auf (drei erhalten, vier re-konstruierbar) – quasi Kugeln, die unter der Be-zeichnung „Billen“ als plastische, sog. „gemeine Figuren“ ein gängiges heraldisches Motiv sind.51 Ihre vielleicht textiles Blütendekor aufgreifende Anordnung ist unter den erhaltenen, einer Bear-beitung zugänglichen Panzerhandschuhen sowie vergleichbaren Darstellungen fast singulär.52 Das

48 Auf eine detaillierte Aufschlüsselung der einzelnen Nie-tentypen und deren Lokalisierung wird an dieser Stelle verzichtet (vgl. dazu Grönwald 2011, 177, 180, 202f). 49 Inv.-Nr. MNB R.12 (ca. 18,0 x 12,0 cm; je Stück 355 g); Mailänder Meister AN bzw. AM (um 1370; vgl. Scalini 1984, 9–15, 18 f. inkl. Literatur; 1995, 51, Abb. 5). 50 Ehemals Ausstellungskatalog-Nr. 205, ohne Dekornieten auf dem Handrücken (vgl. Uhlemann 1937, 2f, Abb. 1). Ich danke Herrn Sven Lüken vom DHM für Auskunft zu Ob-jekt und Sammlungsbestand. Die heute nicht im DHM vor-handene Hentze wird allerdings auch nicht unter den Ver-lusten des 2. WK geführt. Ob sie ins ehem. Historische Muse-um Dresden (1936 von dort durch Tausch erworben) zurück gelangte bzw. wo sie verblieb, ist unklar (aktuell nicht in der Rüstkammer der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden). 51 Hier wohl nicht als die Brote des Nikolaus von Myra zu verstehen, die bei Stadtwappen ähnlich dargestellt werden. 52 Nahezu identisch, auch vom für einen Grabungsfund sprechenden Erhaltungszustand, ist nur eine wohl auf Burg Kreuzenstein bei Leobendorf/A aufbewahrte linken Hentze (Nr. 66), deren Verbleib und Erhalt noch zu re-cherchieren ist (aufgenommen in ein unpubliziertes Kata-logmanuskript aus den 20er Jahren des letzten Jh. zur Sammlung auf der Gründerzeit-Schauburg, das im Bestand der Hofjagd- und Rüstkammer (Neue Burg) des Kunsthistori-schen Museums Wien aufbewahrt wird. Eine Objektrecherche konnte personell auf Kreuzenstein noch nicht angestrengt werden, ich danke Herrn Hans Christian Wilczek aber für die Berücksichtigung einer Anfrage). Es finden sich eben-falls eine doppelte Nietreihe am Stulpenrand und Nietdrei-ergruppen auf dem Handrücken, die Knöchelpartie hat sich dagegen nicht erhalten.

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Abb. 06: Hentzenfunde aus der Gemeinde Faedis im Friaul/Nord-Ost-Italien [A & B: Cucagna (Kat. 2006/395 & 2008/0354), C: Soffumbergo; Fotos und Umzeichnung: Verf.].

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Dekor der Nietgruppen kann als umlaufendes Band oder Verzierung der spitz zulaufenden Knöchelzwischenräume verstanden werden.53 Der Panzerhandschuh weist außerdem zwei mit Stahlstempeln direkt übereinander eingeschlage-ne Zeichen auf, die wohl zu den frühesten Bele-gen von Schmiedemarken auf Rüstungsteilen gehören.54 Für eine typologische Zuordnung ausschlaggebend und beim Vergleich mit den Tannenberger Funden außerdem zu beachten: Die Stulpe ist in Treibarbeit höchster Qualität soweit ausgearbeitet, dass sie das Handgelenk vollständig umfasste und nur mit einer kleinen (gebrochenen) Platte rückwärtig über dem puls-seitigen Handgelenk verschlossen war. Eine dazwischen eingearbeitete Platte wie beim ältes-ten der Tanneberg Funde oder dem Exemplar aus Palazzo III A (s. o.) brauchte es nicht. 3. Hentzen – Terminologie, Wertung, Wert Mit den drei Handpanzerungen von Tannenberg ist für diese sehr spezielle Fundgattung eine fast einzigartige -dichte gegeben. Einem sehr kleinen Personenkreis vorbehalten, kam sie offenbar im Militariabestand von Burgen und Waffenkam-mern nur in äußerst begrenzter Stückzahl vor. Die Seltenheit, weshalb vergleichbare Stücke immer Beachtung finden, illustrieren Burginven-tare des 14. Jh., die natürlich schlecht zwischen

einzelnen Befestigungen übertragbar sind (selbst bei annähernd vergleichbarer Größe). Deren Rollen, bzw. Wertigkeiten variieren stark – eben-so die Ausstattung. Das geringe Auftreten in den Quellen, die zudem keine Typen unterscheiden, fällt auf. Als Beispiel kann der für 1392 überlie-ferte Bestand der Burg Kapellendorf in Thürin-

53 Wie bei der das Textildesign des Waffenrocks aufgreifen-den Bemalung der Handschuhe am Grab des Robert du Bois in der Parochialkirche Fersfield in Norfolk (um 1340; Nr. 26), könnte das Dekor der Hentze von Cucagna even-tuell Entsprechungen auf anderen Bestandteilen der Be-waffnung bzw. Bekleidung besessen haben. Ebenso sind eine Farbfassung oder gar ein Bezug aus Leder oder Textil vorstellbar, worauf sich die goldenen Kugeln deutlich absetzten. Im Fall eines Bezuges könnten die Nieten des Handrückens das Bezugsmaterial in die Sicken zwischen den Knöchelausformungen spannen. Leider ist davon nichts erhalten, was Rückschlüsse auf ein mögliches Wap-pen des Trägers und seine näher Identifizierung verhindert. Zur Wappen- und räumlichen Zuordnung vgl. Grönwald 2011, 180 sowie Grönwald 2012. 54 Bislang vier des 14. Jh. bekannt (Auflistung bekannter Schmiedemarken an Schutzwaffen und Datierung: Williams 2002, 62–64; zu Aussagemöglichkeiten vgl. Röber 2004). Auf der Suche nach einer vergleichbaren Marke wäre neben dem Vergleich des Nietenbestands die Begutachtung der Kreuzensteiner Hentze (Nr. 66) erforderlich – evtl. liegen Stücke aus einer Werkstatt vor.

gen genannt werden55, der bei einer Stammbe-satzung von 14 Bewaffneten56 ein beeindrucken-des Spektrum an Schutzbewaffnung aufweist57: Immerhin 40 Helme, 18 Sturmhauben, 11 Ei-senhüte, 27 Koller, 13 Panzer, 10 Waffenröcke, 23 Plattenpanzer, 4 Tartschen58 – aber nur 8 Handschuhe (bestenfalls vier Paar)! Eine ver-gleichsweise große Gesamtzahl, die aus der Rolle der Burg beim Schutz des Umfeldes (und) der Stadt Erfurt herrührt und mit einem Bestand im Besitz etwa niederen Adels kaum vergleichbar ist.59 Dort dürfte wohl allein die herausragendste Person mit einem Satz Handpanzerungen ausge-stattet gewesen sein. So erstaunt kaum, dass sanduhrförmige Hentzen sowohl in Sammlun-gen als auch als archäologische Funde norma-lerweise eben nur selten auftreten und bestimm-ten Eigentümern zuzuweisen sind, was noch auszuführen ist. Zuvor ist kurz die verwendete Terminologie zu erläutern: Mit dem Begriff „Hentze“ ist ein spezifischer Panzerungstyp zu fassen – getrennt vom darunter liegenden, ei-gentlichen (Finger-)Handschuh. Hentze, hier traditionell gebraucht60, scheint als hanczke ver-ständlicher Weise wohl vom alt- und mittel-hochdeutschen hant (gleich Macht, Gewalt und Schutz; in Verkleinerungsform hendelîn) verwand-ten althochdeutschen hantscuoh für Handschuh abgeleitet.61 In jüngerer Zeit wurde der überra-schend geläufige Terminus technicus gelegentlich

55 Erstellt aus Anlass der Einführung eines neuen Vogts, vgl. Kowarzik 2011, 6 nach Müller 1988. 56 1 (der) Ritter, 1 Amtmann/Vogt, 3 Reisige, 1 Torwart, 2 Torhüter, 2 Haumänner und 4 Wächter – im Kampffall ist dagegen mit einer Aufstockung auf bis zu 120 Mann zu rechnen. 57 Diverse Schanzwerkzeugen und Hausrat werden eben-falls aufgeführt, Hieb-, Stich- und Schlagwaffen dagegen nicht. Offenbar wurden sie als persönlicher Besitz gewertet bzw. waren selbst zu erbringen. Als Fernwaffen werden dagegen 88 Steigreif-, Bang- und Ringarmbrüste sowie 36 zugehörige Spanngürtel und Armbrustwinden, 30 Sehnen, eine erkleckliche Menge an Pfeilen in Köchern, Tonnen, Laden Büchsen und Bündeln sowie zwei Bänke mit Ge-schossbolzen, 2 Fässchen Feuerpfeilen sowie 9 Torkis gelistet. Auch 11 Büchsen/Feuerwaffen mit Munition sowie 2 Selbstschosse mit Pfeilen (armbrustartige schwere Pfeilge-schütze) sind verzeichnet. 58 Entweder Reiterschilde oder, eher wahrscheinlich, höl-zerne hochrechteckige Schilde für Fußknechte. 59 Vergleichbare Bestandslisten liegen etwa aus dem polni-schen Raum für Brzeg für 1368 und 1375, Jawor für 1386, 1402 und 1414, Strzelin für 1371 sowie Legnica für 1404 vor (vgl. Marek 2008, 102 nach Goliński 1990, 9). 60 Nach Laking 1920–1922 und wie in bisherigen Veröf-fentlichung zum Cucagna-Material (vgl. Grönwald 2011, 162ff & Anm. 6 sowie ders. 2012). 61 Nach Köbler 1993, 158, 162; lat. chirothecis ferreis (vgl. Marek 2008, 102).

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nur auf eiserne Fäustlinge reduziert62 und für Panzerungsarten mit separatem Schutz der ein-zelnen Finger verallgemeinernd Handschuh verwendet. Das sich allein bei Rüstungsbestand-teilen dahinter verbergende Variantenspektrum ist aber zu breit, um sich damit zu begnügen. Der weitestgehend aus einer Platte geformte, Handrücken und -gelenk umfassende Schutz mit ausgestellter Stulpe (daher die „Sanduhrform“) und Futter aus Leder oder Textil wurde über dem Handschuh getragen. Die exemplarische Bedeutung der Handpanze-rungen bei der Körperschutz-Entwicklung hin zum Plattenharnisch oder der „blanken Rüs-tung“ wird immer wieder betont63, da in ihrer Kleinteiligkeit Details der Entwicklung mittelal-terlicher Militaria gut zu beobachten sind. Es wurde selbst anhand weniger Einzelstücke – quasi aus ihnen heraus – versucht, die Entwick-lung mittelalterlicher Handpanzerungen lücken-los zu beschreiben.64 Wegen ihrer komplexen Ausführung entstand in technikaffinen, militär-historisch interessierten Kreisen und für museale Präsentationen zudem ein umfangreiches Spekt-rum an Nachschöpfungen – sowohl im Histo-rismus als auch verstärkt in jüngerer Zeit, worauf hier nicht einzugehen ist.65 Unglücklicher Weise – und die Tannenberg-Funde stehen damit am Anfang einer ganzen Epoche – fielen die Entdeckung und Bearbei-tung außergewöhnlich reicher Rüstungsfunde inkl. Handpanzerungen66 in eine Phase konzen-trierter Militarisierung der europäischen Gesell-

62 Siehe Kühnel 1992, 114 - mit dem Versuch, Terminolo-gien unter eigenem Namen zu (über-)prägen, durchaus mit Einfluss auf rezente „Harnischkundler“. 63 Bis jüngst Nørlund/Thordeman 1931 (vgl. Rezension durch Paul Post in ZHWK NF 4, 1933, 44) und Thordeman 1939, 244 folgend. 64 Vgl. etwa ZHWK NF 4, 47. 65 Bei historistischen Repliken mitunter in einer Qualität, die exakte Ansprachen ohne Materialanalysen erschwert. Zu verweisen ist etwa auf Objekte im Kunsthandel, wie ein über Hermann-Historica München angebotener Handrü-cken, wo zudem mit dem Bestand der Berliner Sammlung Karsten Klingbeil weitere Paare in Rüstungszusammenstel-lungen angeboten werden. Ähnliche Objekte finden sich bei Figurinen wie etwa auf der Marksburg bei Braubach/ Rhein-Lahn-Kreis [D; Erstvorlage im Versteigerungskatalog des Auktionshaus Rudolph Lepke, Mai/Juni 1904: Waffen- und Kunst-Sammlung Karl Gimbel, Baden-Baden. (Han-nover 1904)] oder in der Sammlung des MSF, Abt. Armeria europea; vgl. etwa: Frederick Stibbert. Gentiluomo, collezionista e sognatore (Florenz 2000)]. Moderne Nach-schöpfungen aus dem Living-History-Bereich entstammen anderen Intentionen. 66 Besonders zu beachten sind die Visbyer Grabungen zwischen 1905 und 1929 (vgl. Thordeman 1939, 232–244, und Wertung in ZHWK NF 4, 46). Die Einzigartigkeit des Materials steht außer Frage, ist allerdings nicht mehr ohne Spektrum und Interpretation erweiternde Vergleiche.

schaften. Für damalige Maßstäbe vorbildlich vorgelegt, lässt uns das historische Umfeld der Neueren Neuzeit erklärte Forschungsinteressen an Waffen verständlich werden67, die auf öffent-liche Wahrnehmung und administrative Förde-rung einzelner Forschungszweige abzielten. Es braucht hier kaum näher ausgeführt zu wer-den, dass im Gegensatz zur Ausstattung norma-ler Waffenknechte bei Defensivwaffen des quasi personalisierten ritterlichen Körper- und auch Handschutzes ungleich größerer Aufwand be-trieben wurde. Ausstattungs- und Kostenlisten für Heere von Landesherren oder Kirchenreprä-sentanten sind vereinzelt überliefert und es lässt sich selbst an diesen nachvollziehen, wie sich die finanziellen Aufwendungen entsprechend dem gesteigerten technischen Aufwand seit der Kos-tenüberlieferung in der fränkischen lex ripuaria verstärkten. Vom Preis für die Ausstattung eines geharnischten spätmittelalterlichen Ritters ist dennoch nur ein grober Eindruck zu gewinnen. Abgesehen von starken Differenzen entspre-chend individueller Möglichkeiten und finanziel-ler Rahmenbedingungen bedingten diesen nicht allein die zentrale kampftaktische Rolle des Rit-ters. Neben technisch-ergonomischen unterlag die Ausstattung ebenfalls repräsentativ-modischen Erfordernissen der Zeit und des Fehdewesens. Speziell die Hentzen sind im Ver-gleich der allgemeinen Entwicklungen bei Handprotektoren geeignet, anhand ihrer „funk-tionalen“ Merkmale diese Aspekte näher zu betrachten. Speziell anhand von Neufunden lassen sich Verwendung und Umlaufzeit dieser auf Basis archäologisch erschlossenen Informa-tionen hinterfragen – und zum Teil auf die Altfunde und ihre einstigen Fundzusammenhän-ge übertragen. Daher wird an dieser Stelle ein repräsentatives Spektrum an bislang relevanten musealen Vergleichsstücken und Funde vorge-stellt (auf kulturhistorische Parallelen kann nur am Rande verwiesen werden68) um dazu anzure-gen, Typologie und relativchronologische An-sprache hoch- und spätmittelalterlicher Schutz-bewaffnung zu überdenken69 – wozu gerade die üppigen Funde von Tannenberg über die be-kannten Stücke wie den Topfhelm, das Becken-

67 Etwa an der „stolze(n) Schöpfung des spätgotischen Ritterharnischs, der künstlerisch einer ganzen Epoche seinen Stempel aufgedrückt hat“ (Paul Post in ZHWK NF 4, 1933, 47). Wie weit dabei entworfene Bilder kultureller und waffentechnischer Dominanz des Abendlandes Ver-breitung fanden, lässt sich auch an dieser Stelle nicht aus-führen. 68 Vgl. dazu Grönwald 2012. 69 Ich danke an dieser Stelle allen mit Hinweisen dienlichen Kollegen sowie speziell den Herausgebern der Schriftenrei-he Acta Militaria Mediaevalia und Herrn Arkadiusz Michalak.

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haubenfragment, diverse Harnischfragmente, den

Dolch mit Ringknauf, den Basilard, das Schwert, die „Tannenberger Büchse“ und verschiedene repräsentative Metallgeräte hinaus anregen.70 Mit der Vorstellung der Funde von Tannenberg und Cucagna und den Verweisen auf Vergleichs-stücke deutet sich an, dass bei den bislang be-kannten Objekten Neubewertungen nötig sind71: Handpanzerungen aus einem zusammenhängen-den Blech fanden nach „frühen“ Formen unter-schiedlicher Materialkombinationen72 weite Ver-breitung bei der Ausstattung gehobener Krieger. Die getriebene, die Handfläche aussparende Ausprägung des aus einer Eisenplatte gefertigten Handschutzes entspricht der Handanatomie und gewährleistet als effektiver Kompromiss an die martialischen Ansprüche größtmögliche manuel-le Bewegungsfreiheit.73 Die Funktion bedingt die namengebend trichterförmigen, am Handgelenk mittig einziehenden Konen: die auffällige Stulpe und die über die Knöchel des Handrückens ausgezogener Platte sollte dem Handrücken soliden Schutz vor Schlageinwirkung bieten. Dagegen blieben die von Metallplättchen74 um-fassten Finger im Handschuh frei beweglich. Die metallenen Fingerglieder sind archäologisch bislang eher selten in unmittelbaren Zusammen-hang mit sanduhrförmigen Hentzen bzw. Hand-panzerungen aufgetreten.75 Neben den „Altfun-den“ ist besonders auf die jüngeren Nachweise aus dem polnischen Raum aufmerksam zu ma-chen76, unter denen die beiden geläufigen, bereits

70 Vgl. etwa die Fundvorlagene bei Schmitt 2008, Atzbach/Lüken/Ottomeyer 2010 und Leenen u. a. 2010. 71 Wesentliche Entwicklungen bei Plattenhandschuhen wurden kürzlich, Thordeman folgend, nochmals zusam-mengestellt (Frey 2009), wobei man dessen Einzeluntersu-chungen (da fast jeder der von ihm bearbeiteten Funde einen besonderen Typ vertrat und neue Fragen aufwarf [vgl. ZHWK NF 4, 44]) auf eine stringente Entwicklung reduzierte. 72 Organischen Materials. Frühformen erhielten mitunter Schutzplatten aus Walfischkochen (derart noch 1290 in Paris gefertigt; vgl. Thordeman 1939, 232 Anm. 145 f). 73 Weshalb die ebenfalls gebräuchliche Bezeichnung „steifer Handschutz/stiff gauntlet“ hier nicht verwendet wird. 74 Auf ledernem Trägermaterial befestigt und nicht mitei-nander verbunden. 75 Abgesehen von den Fingern an den Handschuhen aus der Kathedrale von Ripon (Nr. 8, 12; Mann 1942, 113–122 Taf. 8) etwa in Alsnö Hus (Nr. 7; Thordeman 1939, 235, 236 Abb. 215), wovon 1920 nur die Fingerglieder vorgelegt wurden (Thordeman 1920, 57 f. Abb. 27:11) und das Stück selbst der Visby-Publikation von 1939 vorbehalten blieb, oder Burg Ørum mit erhaltenem Daumenschutz (Nr. 18; Thordeman 1939, 236 f.). Ähnlich auf Tannenberg gefun-denen Fingerplättchen wurden weitere Funde generell den Handschuhen zugeordnet, was durch den unbekannten Verbleib der Teile nicht zu überprüfen ist (vgl. Schmitt 2008, 166 nach Müller-Hickler 1923, 32). 76 Etwa aus der Residenz von Nowe Miasto an der Wartą (PL; vgl. Grygiel/Jurek 1996, 87, 127 Abb. 101:1-4), von

kurz angeschnittenen Grundtypen einer flexiblen Fingerbewehrung vertreten sind: ein dichter Besatz aus einzelnen überlappenden Blechen über die gesamte Länger der Finger (jeweils un-ter der Überlappung auf Lederstreifen aufgenietet) oder jeweils drei längliche Bleche pro Finger über den einzelnen Phalangen, deren zueinander gerichteten Enden mit Vernietung buckelförmige bzw. pyramidal ausgeformte Ble-che überdeckten.77 Den verbreiteten Besatz der Handschuhfinger mit beiden Arten dieser Plat-ten belegen daneben zahlreiche bildliche Über-lieferungen.78 Nach dem Aufkommen eiserner Protektoren im 12. Jh.79 dominierten bis in das erste Viertel des 14. Jh. Handschützer aus „Ketten-“, bzw. Ring-geflecht: grobe Fäustlinge als Bestandteil des Ringpanzerhemdes oder über einem dicken Handschuhfutter separat getragen und im Hand-gelenk von einer dünnen Kette mit Metallhaken oder Ähnlichem zusammen zu ziehen und zu befestigen. Selbst mit angearbeiteten Daumen war die Feinmotorik eingeschränkt, weshalb mitunter Fingerspitzen und Handflächen vom Geflecht ausgespart blieben.80 Als Schlagschutz wurden neben Polsterungselementen bereits auf diese mitunter Handrückenplatten aufgebracht – Ursprung aller eisernen Plattenhandschuhe und

Burg Czchów/Weißenkirchen (Nr. 73; Woj. małopolskie, vgl. Marek 2008, 101 sowie Szpunar/Glinianowicz 2006, 139f Abb. 6), von Burg Bolesławiec an der Prosna/Kreis Wieruszów (vgl. Marek 2008, 101 nach Maik 1997), von Grunwald/Tannenberg (Nr. 74; Stębark Fundort 1 bei der Kapelle der Gefallenen; wohl den Ereignissen von 1410 und dem dt. Rückzugsweg zuzuordnen, vgl. Mielczarek u. a. 1992, 85 Abb. 5) sowie der 1428 von den Hussiten zerstör-ten Burg Szczerba/Schnallenstein (Gemeinde Gniewoszów im Kładzko-Becken, PL; Nr. 75; vgl. Marek 2008, 90 Abb. 4:1-3). 77 Zum ersten Typ gehören die Funde von Burg Czchów, zum zweiten die von Grunwald und von Szczerba (hier in die Kartierung aufgenommen, da die Indizien für eine Zuordnung zu sanduhrförmigen Hentzen sprechen). 78 Kettengeflecht tritt auf Darstellungen nicht als Finger-schutz auf, was z. T. der schwierig umzusetzenden Kleinteiligkeit geschuldet sein kann. Auf Trägermaterial aufsitzende Originale sind kaum erhalten (vgl. Nr. 7 und 11, sowie den Funeralhandschuh in Canterbury). Auf Cucagna waren sie bislang nicht nachzuweisen, während sie andern-orts auch einzeln auftreten, etwa in Hertogenbosch (vgl. Nijhof 2007, 241 Abb. 4). 79 Wohl zuerst auf dem Siegel des Richard Löwenherz auf einem Dokument von 1195 abgebildet (vgl. Thordeman 1939, 232). 80 So auch noch unter dem Visbyer Kettengeflecht vertre-ten (vgl. ZHWK NF 4, 44). Im mitteleuropäischen Raum sind Funde rar; Fragmente eines Stücks des 13. oder frühen 14. Jh. stammen von der Alt-Wartburg im Kanton Aargau (vgl. Krauskopf 2005, Taf. 28.1, nach Meyer 1974, 75, C 33).

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Hentzen. Die „einfachen“ Formen wurden aller-dings nie aufgegeben.81 Ähnlich der Körper- bzw. Brustpanzerung ka-men daneben auf Leder- und Textilhandschuhe aufgenietete Metallplättchen auf, die wohl bereits im zweiten Viertel des 13. Jh. Schutzplatten aus einem größeren Blechstück ergänzten. Weit über das frühe 14. Jh. hinaus wurden mehrteilige Plättchenapplikationen auf organischem Material wegen bewährter, haptisch Freiraum bietender Möglichkeiten bevorzugt.82 Bekannt sind die Funde der Hansestadt Visby auf Gotland83 und mehrere Exemplare aus Westfalen: von der Kugelsburg84, von Burg Kakesbeck in Bechtrup85

und aus Lipperode.86 Des Weiteren liegen Bei-spiele aus den Grabungen in Burg Boringholm auf Jütland87 und von der Gesslerburg bei Küss-nacht vor.88 Jüngere Funde stammen mit einer den Visby-Funden vergleichbaren Handrücken- bzw. Metapodienplatte von Burg Bolesławiec an der Prosna aus Polen89, sowie aus der Schweiz, etwa von der Wildenburg90 und vom Hünen-berg.91 Nicht nur, dass sich die Metallplatten92 letzterer einem weiter entwickelten, über Schar-

81 Der Fertigungsaufwand des Ringgeflechts schließt dieses als „Billigvariante“ aus. Beispiele stammen noch vom Be-ginn des 17. Jh. (vgl. Spätform höchster Qualität: Royal Armouries Leeds, Inv.-Nr. III.790/Bild-Nr.: A4855.138), wobei die Verwendung älteren Panzergeflechts nicht auszu-schließen ist (etwa bei fünf bislang unpublizierten, um 1500 anzusetzenden Handschuhpaaren im Augustinermuseum Freiburg, bei denen einige der wieder verwendeten Ringrei-hen sogar aus Messing bestehen; vgl. Goll 2009). 82 Archäologisch sind gegenüber deren bildlichen Darstel-lungen bisher nur die Metallteile nachgewiesen, selbst bei der bislang einzigartigen Handschuhgruppe des Visbyer Materials (Thordeman 1939, 244). 83 Thordeman 1939, 230–244, 414–434 sowie Nørlund/ Thordeman 1931. Zusammenfassende Beschreibung der Ereignisse bei Visby: Krauskopf 2007, 249). 84 Heute im British Museum in London (vgl. Thordeman 1939, 233). 85 Bei Lüdinghausen-Bechtrup; vgl. Peine u. a. 1998, 214 f., Abb. 1–4, 7, 8, 11. 86 Ortsteil von Lippstadt im Kreis Soest; vgl. ebd. 1998, 214 f., Abb. 5, 6. 87 Im Nationalmuseum Kopenhagen; Thordeman 1939, 234. 88 Zerstört 1351. Thordeman 1939, 233, Abb. 211; Schnei-der 1984, 120 (Kat.-Nr. D1–D2). 89 Kreis Wieruszów (PL), zerstört 1393 sowie 1396-1401 von polnischen Truppen (vgl. Marek 2008, 101 nach Maik 1997, 21). Den Gebrauch dieses Handschuhtyps belegt ebenso die Darstellung auf dem Epitaph Herzog Heinrichs VI. Wratislav aus der polnischen Königsdynastie in der St. Annen-Kapelle der Franziskanerkirche von Opole (Marek 2008, 102). Die Rückenplatte eines jüngeren, gotischen Handschuhs stammt von Spytkowice, Woj. małopolskie (vgl. Klimek/Strzyż 2011, 217 Abb. 2:3). 90 Speck 1986, 62 f. Abb. 75. 91 Mit typologischen Vergleich vorgestellt bei: Frey 2009, 91–102. 92 Ein zweiteiliger Handrücken (bzw. Handgelenkplatte), eine Manschette und zwei Fingerfragmente (ders. 2009, 93).

nierverbindung bzw. sog., bislang vor 1400 nicht bekannte Geschübe am Handgelenk bewegli-chen Panzerhandschuhtyp zuweisen ließen93 – in diesem Fall war auch eine archäologische Datie-rung des ihn bergenden, massiven Schutt- bzw. Mauerversturzpaketes in die Mitte bzw. zweite Hälfte des 14. Jh. möglich.94 Nebenbei ist anzumerken, dass ein reicher Be-satz mit Nieten die Entwicklung der Blechhand-schuhe quasi einleitete.95 Er zielte in weiten Tei-len auf ein repräsentatives Äußeres ab, selbst wenn die Nieten Metallplättchen unter einem Überzug aus organischem oder textilem Material verbunden. Ein in dieser Hinsicht modischer Höhepunkt folgt bei den kleinteiligen Platten-handschuhen auf die Mitte des 14. Jh. und scheint einem wohlhabenden96, wenn nicht gar gehoben-höfischen Umfeld vorbehalten gewesen zu sein. Spitzenprodukte wie für den Hof Jeans II. (Johann der Gute; 1350–1364), für die Platt-ner (mehr Fein- und Silberschmiede) pro Paar rund 860, 1000 oder gar 1200 Nieten verwende-ten97, sollten sicher kaum zu praktischem Ein-satz gelangen. Anders als ebenfalls üppig besetz-te, zeitnahe Originale mit Eisennieten.98 Die Mode dieses Besatzes stellt ein Bindeglied zwi-schen Plattenhandschuhen aus vielen einzelnen Segmenten und einteiligen, nietbesetzten Hand-panzerungen dar.99 Panzerungen aus größeren Blechen – ob sanduhrförmig und aus mehreren geschobenen Platten oder aus einem Stück – erfordern diese zur Festigung des Innenfutters, besonders am Stulpenrand.

93 Einem „gefingertem, dreifach geschobenen Panzerhand-schuh mit eisernen Geschüben“ (sog. Folgen) nach Krenn 1992, 80, 89 (Frey 2009, 92 Anm. 6; Funktionsbeschreibung ebd., 93 f. Abb. 5). 94 Datierende Beifunde: Becher- und Napfkachelreste (ebd. 2009, 92). 95 Vgl. Thordeman 1939, 241. 96 Vgl. ZHWK NF 4, 47. 97 1352. ZHWK NF 4, 46; Thordeman 1939, 24 (danach Frey 2009, 97 Anm. 27). 98 Exemplarisch an den Visbyer Panzerhandschuhen 2 und 4 (immerhin bis zu 650 Nieten nachweisbar; Thordeman 1939, 415–421 Abb. 410, 414). 99 Angeblich waren bei einem Fragment einer sanduhrför-migen Panzerung im Londoner Tower [ehemals in dessen Waffenkammer unter den in den Tischvitrinen des zweiten Raums aufbewahrten Funden; Herkunft unbekannt, ver-meintlich Produktion einer englischen Schmiede und dem späten 14. Jh. zugewiesen (Loftie 1897, 29; Armoury of the Tower of London I 3 I); aktuell ist zum Verbleib des Objekts nach Auskunft von M. Goll nichts in Erfahrung zu bringen, eigene Museumsanfragen blieben unbeantwortet] einst Reste eines mit Nieten fixierten Überzugs aus organischem Material erhalten [vgl. Thordeman 1939, 236 Anm. 163 – als Vergleichsbeispiel für Stoffüberzüge bei den Visby-Handschuhen herangezogen (siehe auch. Laking 1920-1922, Abb. 562); auch für andere Handschuhe wie Nr. 14-16 (hier in Abb. 7) ist eine äußere Stoffbespannung denkbar].

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Abb. 07: Sanduhrförmige Hentzen im Vergleich. Funde und museal überlieferte Originale. Bei erhaltenen Paaren ist nur die rechte Hentze abgebildet, bei Nr. 14 ist der daran nicht erhaltene Handgelenkring ergänzt (Zusammenstellung & Bildbearbeitung Verf.). © Nr. 5 Hessisches Landesmuseum Darmstadt, Foto: Wolfgang Fuhrmannek; Nr. 9 Germanisches Nationalmuseum, Bild-Nr. GNM W 1018; Nr. 10 Department of Arms and Armour, Metropolitan Museum, New York; Nr. 14 Board of Trustees of the Armouries, Leeds, Bild-Nr. A4855.422; Nr. 23 LWL-Archäologie für Westfalen, Stefan Brentführer; Nr. 67 Foto: M. Goll.

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So leiten sich die Nietreihen beim Cucagna-Fund aus Palazzo IV B von weiter auseinander, in einer Reihe gesetzten Nieten früher sanduhr-förmiger Handpanzerungen ab. Eine doppelte Nietreihe um die Stulpe findet sich gleichfalls bei einem Exemplar aus der Brick (Hill) Lane in London (Nr. 13). Die Dekoration des Handrü-ckens beim Fund von Cucagna, die wie eine Aufwertung des aus Palazzo III A vorliegenden, dem zweiten Tannenberger Exemplar entspre-chenden Typs wirkt, legt eine enge Verwandt-schaft mit diesem nahe, auch wenn die gliedern-de Aufreihung der Nieten beim Londoner Stück das Vorbild von Handrückenrippen aufgreift.100 Modelle aus größeren, fest miteinander verbun-denen Metallkörpern bzw. -platten oder ganz aus einer solchen durchlaufen unabhängig davon eine eigene Formevolution. Eventuell befindet sich eine frühe, eng am Lederhandschuh orien-tierte Handpanzerung aus einer Platte im Be-stand des MET (leider stammt es ohne Her-kunftsnachweis und Fundumstandsinformatio-nen aus dem Kunsthandel, eine Kopie ist eben-falls nicht auszuschließen).101 Flächige, großköp-fige Nieten fixierten an dieser den ledernen Un-terhandschuh. Der gekerbte, als Halbkreis-Welle gegliederte Saum stellt ein Unikum an der ext-rem kurzen, kaum ausgeprägten Stulpe dar. Da-gegen nimmt die distale Knöchelpartie die „ty-pisch“ ausgeprägten Hentzenformen vorweg. Noch einmal ist daran zu erinnern, dass nach Sichtung kunsthistorischer Vergleiche Handpro-tektoren aus fest verbundenen Metallplatten oder nur einer Platte offenbar bestimmten Per-sonenkreisen (oder Waffengattungen) vorbehal-ten waren. Exemplare mit starr verbundener Stulpe und Handdecke wie etwa beim Reiter-standbild für das Grab des Cangrande della Scala in Verona († 1330; Nr. 27) und diesen ähnliche mehrteilige Formen kamen mit dem zweiten Viertel des 14. Jh. auf.102 Dies widerspricht tra-dierten Ansichten, die sich allein auf von

100 Altfund des 19. Jh., heute in den Royal Armouries Leeds (Inv.-Nr. III.773); vgl. Williams 2002, 356; Abb. bei Gravett 2002, 56. Zu durchgehenden Handrückenrippen vgl. etwa die Handschuhe des Ulrich IV. von Matsch im MNB. 101 Inv.-Nr. 29.150.106 – vgl. Grönwald 2012, Abb. 11. Ähnliche Nachbildungen sind etwa aus der Sammlung Karl Gimbels bekannt, so dass trotz Korrosionsspuren und Schichtenbildung im Material eine Replik nicht auszuschlie-ßen ist. 102 Vgl. Grabeswächter am Sarkophagunterbau des Heiligen Grabes im Freiburger Münster (um 1330; 29 – hier finden sich parallel unterschiedliche Handschuhformen, von Ket-tengeflecht und solchen mit geschobenem Plattenbesatz bis hin zu einteiligen Plattenhandschuhen, deren Finger mit Metallplättchen versehen sind) und Grabmal des Burgmann auf Stolberg, Albrecht von Hohenlohe-Möckmühl in der Klosterkirche Schöntal († 1338; Nr. 28).

Nørlund und Thordeman ab 1368 berücksichtig-te Beispiele beziehen.103 In relativ kurzer Zeit hatten sich – wiederum parallelisiert mit der Modeentwicklung bei ledernen Handschuhen104 – ausgreifende Stulpen ausgebildet.105 Separat gearbeitet oder dem Handkörper angesetzt wie beim sog. Grabmal Bertholds V. von Zähringen im Freiburger Münster († 1218, Plastik um oder nach 1350; Nr. 29), führten sie zur erwähnten typischen Form der „Stundenglashandschuhe“ der zweiten Hälfte des 14. Jh.106 Das Handgelenk umfassend, konnten sie mit Schnallen oder wie-derum einer zusätzlichen Platte verschlossen sein. Besonders hochwertige Produkte aus einem Stück kamen ohne diese aus. Trotzdem finden sich wie bei den Plattenhandschuhen auch später noch Beispiele der anfänglich kurzen Stulpen.107 Zwar konzentriert sich die „klassische“ Gestalt-gebung im dritten Viertel des 14. Jh. – die euro-paweite, bis zum Ende des Jahrhunderts anhal-tende Verbreitung ist dagegen nicht auf die Zeit zwischen 1360 und 1370 einzugrenzen, was seit Thordemans zusammenfassenden Entwurf der Typochronologie der Visbyer Plattenhandschuhe gern beibehalten wird.108 Das offenbart die Zu-sammenstellung weiterer typischer Modelle: Be-sonders frühe Darstellungen lassen sich im an-gelsächsischen Raum nachweisen, etwa – wenn auch mit abgesetzter, möglicherweise separat gearbeiteter Stulpe – am Grabmal des Hugh de

103 ZHWK NF 4, 46; die Suche und Zusammenstellung jüngerer Vergleiche konzentrierte sich verständlicher Weise auf Plattenhandschuhe. 104 Vgl. Thordeman 1939, 241 f., 244 105 Sowohl „stulpenlose“ Plattenhandschuhe als auch kurzstulpige sanduhrförmige Hentzen können mit großen Lederstulpen kombiniert gewesen sein (auch vermutet für einen Ringpanzerhandschuh aus Visby). Exemplarische Darstellungen findet man am wohl 1340 entstandenen Grabmal des Askaniers Otto VI. von Orlamünde, Stiftskir-che Kloster Himmelkron († 1345; gefältelter Stulp) oder auf den um 1345/1350 datierten Hochreliefs am Hl. Grab in Straßburg (worauf bereits früh im Zusammenhang mit Plattenhandschuhen verwiesen wurde; Musee de L’Ouevre Notre Dame; Thordeman 1939, 239; Abb.: Z.H.W.K 9, 47). 106 Vgl. Thordeman 1939, 234, 244. 107 Auf den Grabplastiken Lord Robert Bourchiers in St. Andrew und der Heiligen Trinität in Halstead († 1349; Nr. 30), des Nicholas de Longford in St. Chad, Longford († 1350; Nr. 31 – bei beiden ist allerdings der Stulpenrand bestoßen), des Markgrafen Rudolf IV. (des Langen) in der Abtei Lichtenthal, Baden-Baden († 1372; Nr. 32) oder des Burkhard von Steinberg im Roemer- und Pelizaeus-Museum Hildesheim († 1397; Nr. 33, Gipsabguss im GNM). 108 Nach Thordeman 1939, 236 f., 241, 243, und trotz dessen vorsichtiger Relativierung im Zusammenhang mit parallel existierenden Entwicklungsstadien und -varianten. Angesichts der Probleme beim zeittypischen Ordnen einer Serie aus dem zeitgleich vergesellschafteten Material betont dieser bereits, dass nicht von einer stringenten, evolutionis-tischen Formentwicklung und -abfolge auszugehen ist (vgl. ZHWK NF 4, 47).

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Audley in St. Bartholomew in Much Marcle († 1336; Nr. 34)109 und vollständig ausgeprägt beim Grab des Roger de Kerdiston in St. Maria von Reepham in Norfolk († 1337; Nr. 35). Dieser entsprechen die Handschuhe auf den Tumba-platten des William de Kerdiston (ebenda, † 1361; Nr. 36), Albrechts II. in St. Johannis in Barby an der Elbe († 1350; Nr. 37), des Reginald Cobham in St. Peter und Paul in Lingfield († 1361; Nr. 38), des Johannes von Falkenstein im Kloster Arnsburg († 1365; Nr. 39) – mit beson-ders langer Stulpe), Richard de Willoughbys in St. Mary (und aller Heiligen) in Willoughby on the wolds († 1369; Nr. 40), des Konrad von Seinsheim in Schweinfurt († 1369; Nr. 41) und Gottrieds IV. von Cuyk-Arnsberg im Kölner Dom († 1371; Nr. 42 – Kopie in St. Johannes in Arnsberg-Neheim). Das bekannteste Beispiel sind die Handschuhe des Edward von Wood-stock bzw. Plantagenet in Canterbury († 1376; Nr. 43)110 denen die Henry Fitzrogers in St. Ma-ry in Chewton Mendip († 1388 bzw. 1350; Nr. 44) mit ihrer Nietreihe am Stulpensaum ähneln. Die Funde aus Palazzo III A von Cucagna sowie der Tannenberger Hentze im MET (Nr. 9) sind exemplarisch für die voll entwickelten sanduhr-förmigen Hentzen – trotz des wesentlich jünge-ren stratigraphischen Zusammenhangs. (Abb. 1–3, 9; Nr. 13) Auch ihre frühe, flächig gehaltene und mit Nieten auf den Knöchelbuckeln verse-hene Form ist mehrfach durch Originale belegt. Etwa mit dem bereits erwähnten ersten der drei Handschuhfunde der Grabung auf Tannenberg (Nr. 4). Zudem mit einem vermutlich italieni-schen Exemplar in Leeds (Nr. 5)111, dem leider zum Bestand unkontrolliert durchgeführter Alt-grabungen gehörenden Panzerhandschuh aus der Wasserburg Mülenen (Nr. 3)112 und einem

109 Wobei hier Vorsicht angebracht ist, da die Stulpe des Handschuhs auch separat gearbeitet sein könnte und die Grabplatte wohl erst später entstand. 110 Neben Einzelfunden. Die erhaltenen, wohl für die Bestattung oder Aufbahrung des Prince of Wales (1330–1376; vgl. Jones 1986) langfristig im Vorfeld aus Messing und mit Futter mit Seidenanteil angefertigten Panzerhand-schuhe befinden sich mit der sie ebenfalls abbildenden Tumbadeckplatte in der Kathedrale von Canterbury (vgl. ZHWK NF 4, 46; Thordeman 1939, 235 Abb. 213). Auf erneute Abbildung und nähere Beschreibung wurde wegen des Materials und der speziellen Funktion verzichtet (gerade diese Handschuhe und ihre Fingerglieder dienen meist als Vorlage für Reproduktionen). 111 Royal Armouries Leeds, Inv.-Nr. III.1713; Vesovera bei Pavia, ehemals Sammlungen Luigi Marzoli und Claude Blair. Ich danke M. Goll für Übermittlung der Inv.-Nr., da das Objekt leider nicht über die Katalogdatenbank der Royal Armouries verfügbar ist und auf Anfrage keine Auskünfte erteilt wurden. 112 Bevor es zu systematischen, bauvorbereitenden Unter-suchungen kam (Berner Oberland/Kanton Schwyz, heute

Stück mit länger ausgeformter Stulpe aus dem Bestand der Engelsburg in Rom (Nr. 68).113 Besonders ist auf den 1994 in der Stadtwüstung Alt-Weesen gefundenen Handschuh (Nr. 2)114 und jenen aus der nordwestlich von Stockholm gelegenen Königshalle von Alsnö Hus (Nr. 6) zu verweisen.115 Gegenüber dem zwischen 1511 und 1522 anzusetzenden Zerstörungshorizont auf Cucagna sind sie näher an den eigentlichen Verbreitungszeitraum dieser Schutzbewaffnung datiert, da sie mit der Eroberung Alt-Weesens 1386 (bzw. seiner Rückeroberung und dem an-schließenden Wüstfallen 1388) oder der Zerstö-rung Alsnö Hus´ um 1390 (eventuell durch die Vitalier) verbunden werden. Leider sind auch zu den Vergleichsstücken der in die zweite Hälfte des 14. Jh. eingeordneten, bereits erwähnten Hentze im GMN (Nr. 8)116 und der sehr gut erhaltenen im MNB (Nr. 12)117 sowie im Museo Stibbert in Florenz/I (MSF; Nr. 67)118 keine In-formationen zu Fundort oder -umständen ver-fügbar. Recht engen zeitlichen Bezug besitzen die Hentzen wohl milanesischer Prouktion der Waffen Charles V. (der Weise; 1364–1380) bzw. der Anfertigungen für seinen Sohn Charles IV. (le Bien-Aimé bzw. le Fou; 1380–1422) aus der Kathedrale von Chartres (Nr. 10).119 Ob ihrer

im Schweizerischen Landesmuseum Zürich; Krauskopf 2005, 82, 197, Taf. 29 Abb. 4 nach Meyer 1970, E 9; Taf. 29, 4). 113 Museo Nazionale di Castel Sant´Angelo, Rom (I), Abt. Armeria storica – vgl. Terenzi 1967, Nr. 119 [Begleitband zur Ausstellung in Poppi in Casentino (Arezzo)/Castello di Conti Guidi – hrsg. von Marcello Terenzi vom Museo Nazionale; eine Anfrage zu Herkunft und Inv.-Nr. blieb leider unbeantwortet]. Auf das Objekt verwies M. Goll, dem ich an dieser Stelle für Hinweise und Unterstützung danke. Im Rahmen eines Projektes zu „Interdisziplinäre(n) Forschungen zur spätmittelalterlichen Plattnerkunst in Mitteleuropa zwischen 1350 und 1500“ ist er mit parallelen Untersuchungen befasst. Er vermutet hinter Nr. 68/Abb. 13 eine Replik, was ohne Materialuntersuchung und Er-werbsgeschichte nicht auszuschließen ist (angesichts be-schränkter möglicher Vorlagen aber weitgehend unwahr-scheinlich). 114 St. Gallen, Linthgebiet; Schindler 2001, 24 Abb. 15, ebenfalls bei Frey 2009, 98 f. Anm. 39, Abb. 13. 115 Hovgården, Adelsön/Mälaren (S), heute Statens His-toriska Museet Stockholm (Thordeman 1920, 58; 1939, 236 Abb. 216). 116 Inv.-Nr. W 1018, vgl. Anm. 37; Materialanalyse; Abb. vgl. Williams 2002, 357, dem Ende des 14. Jh. zugewiesen. Anfragen um Informationen zu Erwerb und Herkunft wurden vom GNM nicht berücksichtigt. 117 Norditalienischer bzw. Mailänder Produktion um 1380 zugewiesen. Inv.-Nr. MNB R.13 (ca. 15,0 x 13,0 cm, 195 g); vgl. Scalini 1984, 12, 19; Laking 1922, II, 213; Rossi 1938, 63; Boccia/Coelho 1967, Nr. 121. 118 Inv.-Nr. 3551 im MSF, Abt. Armeria europea – basierend auf Anschaffungen des Sammlers aus der zweiten Hälfte des 19. Jh. Ich danke Herrn Riccardo Franci (ass. Curatore dell´Armeria) für Informationen zum Objekt. 119 Musée des Beaux-Arts de Chartres; vgl. Cripps-Day 1942.

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Größe werden sie übrigens als Sonderformen für einen Jugendlichen angesehen, ähnlich den Handschuhen der Alabasterplastik für das Grab des Christoffer im Dom zu Roskilde († 1363; 45).120 Nur setzen generell die erhaltenen Hentzen-Originale nach heutigen Maßstäben filigrane Hände voraus, die nicht auf die mittelal-terliche Physis zu übertragen sind. Dass die ähn-liche Gestaltung aller sanduhrförmigen Hand-protektoren Ergebnis einer übergreifenden typo-logischen Entwicklung ist, wurde angesprochen. Eine nahezu identische, tatzenartige Ausfor-mung der Knöchelpartie findet sich daher nicht nur bei diesen. Sie lässt sich auch an mehrteiligen Handschutzvarianten beobachten, deutlich zu sehen bei den Handschuhen des John Plantage-net, Earl of Cornwall in Westminster Abbey in London († 1336; Nr. 46), den Varianten auf einer Tumbaplatte in der Michaelskapelle in St. Maria degli Frari in Venedig (Nr. 47)121 sowie den detailliert ausgearbeiteten Handpanzerungen des Junkers Christoffer und z. B. dem parallel zu diesen verwendeten Handschuh 3 aus Visby.122 Damit ist das Variationsspektrum unterschiedli-cher Handschützer weitestgehend erfasst. Es sind noch Modifizierungen im Detail zu be-obachten: Früh belegbare und nicht desto trotz konstant tradierte Formen bzw. Darstellungen weisen flach gehaltene Platten auf123, während funktionale Weiterentwicklungen der Hentzen- und Plattenhandschuhrücken zur plastischen Verstärkung bei gleichem Materialaufwand be-reits Mitte des 14. Jh. anzutreffen sind. Extrem ausgeformt finden sie sich etwa am Grab des Walter Bopfinger in Bopfingen († 1349/1359; Nr. 48) und in ähnlicher Form noch an dem des Walter von Hohenklingen im Kloster Feldbach († 1386; 49). Wesentlich flächiger gehalten, setz-ten sie sich in der zweiten Hälfte des 14. Jh. mit der den Sehnenverlauf nachvollziehenden Glie-derung und Fassung der Fingerknöchel in sepa-raten Ausarbeitungen durch [womit sich eine Gliederung von Typen ansatzweise vornehmen

120 Prinz von Dänemark und Sohn des bei Visby siegrei-chen Dänenkönigs Waldemar Atterdag (1340–1375). Trotz seiner Jugend sehr wohl kampferfahren (u. a. bei Visby). 121 Grabplatte mit Liegefigur, Mitte des 14. Jh. (ohne In-schrift und Personenzuweisung). Einen der Handschuhe der zum Gebetsgestus zusammen gelegten Hände bildete bereits Thordeman (1939, 242 Abb. 230) in Umzeichnung ab. 122 Thordeman 1939, 423–426 Abb. 413–416. 123 Hier lassen sich etwa die Darstellungen der bewaffneten Grabeswächter vom Heiligen Grab in der Südseite des Langhauses im Freiburger Münster aus den 1340er Jahren als Beispiele aufführen (Frey 2009, 96; Thordeman 1939, 237–239).

lässt: hier entsprechend Typ A124 – gleichzeitig die größte Gruppe erhaltener Originale bildend s. u.)].125 Die Panzerung erhielt dadurch die er-wähnte, charakteristischere tatzenförmige Ge-stalt, wobei die abgerundeten Fingeransätze und Handrückengliederungen mit Konvexbögen wie an den Beispielen (Typ B) aus Alsnö Hus, bei der rechten Hentze aus der Kathedrale von Ripon (Nr. 7)126 und dem kleinpolnischen Fund von Burg Czchów (Nr. 73)127 andere ästhetische Vorlieben erkennen lassen, als geometrischere Formen (ganz abgesehen von der räumlichen Verbreitung, s. u.). Unterscheiden sich auch regionaler Ursprung oder die Werkstätten – sie sind parallel anzutreffen, wie sich an der linken Panzerung aus Ripon zeigt (Nr. 11, vgl. Abb. 7).128 Diese weist ebenfalls drei scharf abgesetzte Furchen zur Handrückenteilung auf, deren an-nähernd parallele Führung sich auch beim im MET befindlichen Stück von Burg Tannenberg (Nr. 9) und bei einem Paar aus Chartres findet (Nr. 10).129 Sie beginnen an den deutlich abge-setzten, abgewinkelten Umbrüchen über den Knöcheln der Metacarpen zu den proximalen Phalangen, auch deutlich am Nürnberger Exem-plar und den Hentzen einer italienischen Rüs-tungszusammenstellung im MET zu sehen (o. Nr.)130, und laufen zum Handgelenk hin aus. Die Beispiele aus Palazzo III A von Cucagna, der

124 Eine derartige Benennung innerhalb der überschaubaren Fundgruppe sanduhrförmiger Hentzen aus einer Platte ist sicher schwierig – zumal Mischformen und reich dekorierte Exemplare Typ-Grenzen verwischen. Der Versuch ist als Experiment zur erweiterten Informationsgewinnung zu werten (s. u. sowie Abb. 9). 125 Wie bei der Hentze aus Palazzo III A von Cucagna. Einen ähnlichen Datierungsansatz sieht J. Frey im Ver-gleich mit den Buckeln der Mittelhandplatten im Visbyer Material. Als Ausnahme vereinzelter früherer Verwendung wird nach Thordeman (1939, 303 Abb. 307) die Grabplatte des Albrecht von Hohenlohe-Möckmühl († 1338) genannt (Frey 2009, 97 Anm. 28). 126 North Yorkshire (GB). Vergleichbar den Handschuhen des Hermann von Everstein in der Abtei Amelungsborn († 1350; Nr. 50); vgl. Gilyard-Beer 1941, 27–35 (Einbettung ins damals bekannte Material an derselben Stelle: Mann 1941, sowie bei Mann 1942, 113–122). 127 Inkl. Funden von Fingergliedern. Woj. małopolskie (PL), Ende 14. Jh.; vgl. Szpunar/Glinianowicz 2006, 139f Abb. 6 sowie Marek 2008, 101. 128 Den Waffen des Thomas de Markenfield zugewiesen und traditionell zwischen 1400 und 1420 angesetzt. Beide Stücke entstammen wohl der Sammlung Sir Edward Blacketts II. (1649–1718; vgl. Hanna 2008, 174 Anm. 35). 129 Gleichfalls am Grab des Heinrich Reich von Reichen-stein im Basler Münster († 1403; Nr. 51) gut zu erkennen (s.u.). 130 Inv.-Nr. 29.154.3 (Bashford Dean Memorial Collection, MET; Schenkung von Helen Fahnestock Hubbard 1929; angeblich Originale, bei denen nur die dekorativen Mes-singstreifen ergänzt wurden – die Stulpenform lässt aber eine vollständige Replik vermuten).

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Einzelstücke im MNB (Nr. 12) und MSF (Nr. 67) sowie die Handschuhe Ulrichs IV. von Matsch in der Tiroler Churburg bei Schluderns (Nr. 15)131 bündeln diese Furchen in Anlehnung ans anatomische Vorbild zum Handgelenk hin. Neben den ebenfalls Ulrich IV. gehörenden Handschuhen im MNB (Nr. 16), die gleich dem Visby-Material für 1361 angesetzt sind, stellen die Paare der Churburg-Rüstkammer und der Wallace Collection in London (Nr. 14)132 ein qualitatives und hierarchisches Optimum unter den erhaltenen Stücken dar. Rückengestaltung, geriffelte Bleche um die Stulpe, Handgelenkring und die Fassung der Fingeransätze mit Dekor-blechen legen trotz Unterschieden im Detail und ihren Gravuren die Herkunft aus der selben Mailänder Werkstatt nahe. Auffällig sind die Spruchbänder am Stulpenrand der Hentzenpaare in Florenz und London, zu denen es eine kaum bekannte archäologische Parallele aus dem Friaul gibt. Sie fand sich auf der unweit von Cucagna gelegenen und ebenfalls zur Gemeinde Faedis gehörenden Burg Soffumbergo (Soumbech/ Scharfenberg) neben weiteren Waffenteilen (wie bereits kurz erwähnt).133 Dem auf den ersten Blick vergleichsweise einfach gestalteten linken Exemplar (Nr. 17; Abb. 4) ließen sich zudem angeblich zwei ehemals vergoldete Bronzeblech-fragmente eines solchen Bandes über die vor-handenen, deckungsgleichen Nietlöcher am heute in der Restaurierung stark ergänzten Stul-penrand zuordnen. Ähnlich den museal überlie-ferten Vergleichen wurde als Beschriftung ein Vers aus dem Lukasevangelium (Lk 4, 30) ge-wählt, der noch im 16. und 17. Jh. als apotropä-isch-magischer Spruch und Gebetsformel unter Söldnern Verwendung fand, um Unverwundbar-keit zu sichern.134

131 In dessen Rüstungszusammenstellung CH S12/S13 integriert (vgl. Trapp/Mann 1995, Abb. 13; Scalini u. a. 1995, 225, 253; Williams 2002, 69 f.; Meister P, IO und andere). 132 Inv.-Nr. A.251/2; 1360–1380 (Williams 2002, 158). 133 Die Schutthorizonte der Burg Soffumbergo, aus denen der Fund stammt, gehören eher zu einer Zerstörung durch die Bürger Cividales 1420 als zur Belagerung und Einnahme durch Nicolaus von Luxemburg 1352 (Was nicht datierend auf den Hentzenfund übertragen werden sollte!). In der zweiten Hälfte des 14. Jh. residierten dort die Patriarchen Ludovicus I. de la Torre und Johannes von Mähren (vgl. Grönwald 2005, 155–158). 134 Erhalten: … IESUS•AUTEM / TRANS•IE …, ent-sprechend dem Paar MNB R.12 in Florenz (16) zu ergän-zen als: IESUS•AUTEM•ITEM•TRANSIENS•PER•ME-DIUM•ILLORUM•IBEAT•[IESUS•AUT(EM)] (vgl. Boccia 1994; Gremese 2000, 84, nach Scalini 1984, 9, 19) – Jesus aber schritt mitten durch die Menge und ging seinen Weg (nach Ablehnung in seiner Heimat und in höchster Gefahr; unter Edward III. [1327–1377] und noch Heinrich VII. [1485–1509] als Umschrift auf englischen Münzen

Die Vergleichsbeispiele einteiliger Handpanze-rungen illustrieren mit den Funden von Tannen-berg und Cucagna unabhängig von chronologi-schen Betrachtungen den zwischenzeitlichen Gipfel einer qualitativen Typologie. Nicht zuletzt finden sich diese daher bei zeitgenössischen Darstellungen des Ritter- Archetyps, des Heili-gen Georg135, und diversen anderen Beispie-len.136 Parallel und darauf folgend fächerten sich im frühen 15. Jh. verschiedene Varianten auf. Ein um 1380 angesetzter sanduhrförmiger Pro-tektor aus Burg Ørum (Midtjylland, DK; Nr. 18)137 markiert vielleicht mit seiner Parallele auf der Tumbaplatte des Reichsschultheißen Rudolf von Sachsenhausen in Frankfurt a. M. († 1370; Nr. 52) bereits den Abschluss der Entwicklung einteiliger Handpanzerungen. Zwischen Finger-schutz und gegliederten Handrücken ist wohl eine den Knöcheln entsprechend gegliederte, mit zwei Nieten beweglich am Blech des Handrü-ckens befestigte Platte eingefügt. Der getriebene Metallring um den Einzug des Handgelenkes ist nur noch als typologisches, in die Metallplatte eingearbeitetes Rudiment vorhanden138 – un-gleich einfacher gestaltet als bei den Pachtexem-plaren der Churburgsammlung (mit pyramidalen Spitzen zwischen Perlstäben), in Florenz (mit rechteckigem Dekor) und in der Wallace Collec-tion in London (mit tordiertem Ornament).139 Modelle aus mehreren Platten, wie an der Holz-plastik des Grabes des Michael de la Pole, Earl of Suffolk, in der Kirche von Wingfield in Suffolk († 1415; Nr. 53) waren zwar fast unver-ändert beibehalten worden, doch deuten sich fürs 15. Jh. verschiedene Vorlieben zwischen Mittel- und Westeuropa an. Abgesehen von möglichen Bindegliedern in der Entwicklung, wie dem mit zwei die Fingergliederung ungeteilt nachvollziehenden, einmal geschobenen Platten

gebraucht). Zum „Festmachen“ bzw. der sog. Passauer Kunst und dem Schutz gegen Feinde vgl. Funke 2009, 19 f., 25. 135 Etwa im Musée des Beaux-Arts in Dijon, beim Standbild in Basel (1372) oder einer Elfenbein-Miniatur im MNB (Inv.-Nr. 125 C). 136 Sehr genau z. B. bei einem Krieger bei der Gefangen-nahme Christi auf einem Altar des späten 14. Jh. im Isabella Steward Gardner Museum Boston, Massachusetts, aber auch in der Kleinkunst, etwa bei einer Messergriffplatte im MNB (Inv.-Nr. 147 C) oder an Bronzeaquamanilen. 137 Thisted Museum bzw. Museet for Thy og Vester Hanherred, Thisted/Thy am Limfjord (vgl. Thordeman 1939, 237 Abb. 217). 138 Die Rückenplatte der Plattenhandschuhfragmente von Burg Küssnach (Schweiz) weist eine ornamentierte Wulst auf, bei der es sich wie bei der Nietreihe am Kugelsburger Stück ebenfalls um ein solches Rudiment handeln kann (vgl. Thordemann 1939, 232 f. Abb. 209, 211). 139 Um 1360–1380 angesetzt; Inv.-Nr.: A.251/2 (vgl. Wil-liams 2002, 158).

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ergänzten Stundenglas-Fäustling der Sammlung von Burg Kreuzenstein bei Leobendorf (A; Nr. 21)140, kamen in Mitteleuropa mehrere Konzepte auf. Wenn nicht wie im Gestech bzw. Tjost oder beim beim Rennen141 besonders starre Panze-rung nötigt war, legte man Panzerhandschuhe elitärer Kreise142 für den sportiven Einsatz be-weglicher aus.143Sie erforderten in ihrer neuen Kleinteiligkeit konstruktiv-mechanisch qualitativ besseres, nahezu entwerfendes Plattnerhand-werk, bei dem sich die pragmatischen Gestalt-gebungen des 14. Jh. verlieren.144 Es entwickel-ten sich als handwerkliche Höhepunkte die ge-fingerten, „echten“ (spät-)gotischen Panzer- bzw. Blechhandschuhe mit geschobenen Fingerde-cken der zweiten Hälfte des 15. und des 16. Jh. Zum anderen entstanden nach einteiligen Hent-zen mit länger ausgezogener, über die ursprüng-lich am Rand sitzende Futtervernietung hinaus reichender Stulpe wie beim dritten Exemplar von Tannenberg im HLM (Nr. 19) und dem von der Henrichenburg (Nr. 20; leider ohne Knö-chelbereich erhalten), brachial wirkende, rein funktionale Hentzen mit kantiger, die Profilie-rung des Handrückens aufgebender Knöchelpar-tie, deren Platte immer mehr auf die Finger über greift.145 Diese gingen wie ein bereits in der ers-ten Hälfte des 15. Jh. in den Befund gekomme-ner, langstulpiger Panzerhandschuh von Haus Herbede in Witten (Nr. 23)146, wohl aus umfang-

140 Vgl. ZHWK NF 4, 46 Abb. 4a–b, bereits von Laking (1922 II, 209 f.) berücksichtigt. Die Fingerteile müssen allerdings keine Originale sein, was sich nur in direkter Untersuchung des Objektes feststellen ließe (es ist ebenfalls nicht auszuschließen, dass das gesamte Stück eine Replik ist). Derartige geschobene Fingerplatten sind bislang nicht vor 1400 und eigentlich erst ab 1450 anzusetzen. 141 Knapp zusammengefasst am Beispiel der Funde von Haus Herbede (Peine u. a. 1998, 220), siehe auch: Baumeis-ter 2010. 142 Bezogen auf museal überlieferte, personalisierte Stücke – während es ansonsten vor ca. 1460 natürlich schwer festzu-stellen ist, ob ein Rüstungsteil ausschließlich dem Feld- oder Turniergebrauch diente. 143 Sanduhrförmige Typen entsprachen diesen Anforderun-gen bereits. So findet sich auf der Darstellung des Har-nischpolierers Hans Derrer von 1469 im ersten Band der Hausbücher der Mendelschen Zwölfbrüderstiftung ein derartiger, im Handgelenk evtl. beweglicher Handschuh in „traditioneller“ Form (vielleicht um aufpoliert zu werden) neben wesentlich „moderneren“ Waffen für´s Gestech (Stadtbibliothek Nürnberg, Amb. 317.2° Folio 87r). 144 An fast allen Panzerungen nachvollziehbar (vgl. dazu Gamber 1953, 58), während allerdings Brigantinen über-dauern. 145 Vorerst bleiben die Finger dennoch einzeln von kleinen Platten oder Panzergeflecht geschützt. 146 Mittleres Ruhrtal, Ennepe-Ruhr-Kreis. Aus den Gra-bungen durch Gabriele Isenberg 1985–1989/1991, vgl. Peine u. a. 1998, 219 f. sowie ders. 2004, 40-77; http:// www.lwl.org/pressemitteilungen/mitteilung.php?urlIDAlt=1034849406_0 vom 17.10.2002. Ich danke dem LWL-

reicher Serienproduktion spezialisierter Hand-werker in urbanem Umfeld hervor. Die enger ausgebildeten Stulpen werden dabei auf der Pulsseite nicht mehr auf ganzer Länge geschlos-sen. Derartige, auf den Plattner- und Harnisch-poliererdarstellungen der Handwerkermotive der Mendelschen Zwölfbrüderstiftung als Produkte sehr exakt wiedergegebene147 und hier als Ver-gleiche kaum mehr relevante Hentzen blieben noch lange konstant in Gebrauch. Ihre Form ist noch mit den Beispielen am Grab des Burckhard von Massmünster im Basler Münster († 1383; Nr. 54) oder den Hentzen auf dem Epitaph des Wildgrafen Johann II. von Dhaun in der Stiftkir-che St. Johannisberg in Hochstetten-Dhaun (nach 1383; Nr. 63) verwand, doch auch später erscheinen sie an prominenter Stelle, etwa am Grabmal des Martin von Seinzheim in der Würz-burger Marienkapelle († 1446; Nr. 55) oder bei der Darstellung eines Grabwächters auf dem Isenheimer Altar des Matthias Grünewald (1515).148 Über das 15. Jh. und darüber hinaus verbreitete sich die Verbindung mehrerer Platten über paarig um eine Rotationsachse bewegliche Friktions- und vor allem Gleitnieten, die ähnlich dem Kreuzensteiner Beispiel einteiligen Hentzen (Nr. 21) vergleichbar stabile Panzerungen erlaub-ten.149 Ein derartiges Modell fand sich mit weite-ren zugeordneten Platten auf der mit der be-nachbarten Burg Handschuhsheim durch Trup-pen Pfalzgraf Friedrichs des Siegreichen 1460 zerstörten Schauenburg bei Dossenheim (Nr. 22).150 (Abb. 6)151 Typologisch folgen diesem

Museum für Archäologie in Herne und Brunhilde Leenen für die Bereitstellung von Bildmaterial des Panzerhandschuhs (Inv.-Nr. M 1731; © Stefan Brentführer). 147 1. Band der Hausbücher; Stadtbibliothek Nürnberg, Amb. 317.2°; Folio 7v (Polierer Georg; vor 1414), Folio 17r (Harnischpolierer Bernhard Polyrer; 1414), Folio 42r (Harnischmacher Bernhard Platner; vor 1423), Folio 101v (Harnischpolierer Hans Pernecker; vor 1483); vgl. Grön-wald 2011, 189 Abb. 16. 148 Colmar, Musée d’Unterlinden. 149 Allerdings nicht erst im 15. Jh. in Italien entwickelt, wie gelegentlich behauptet. Bei einteiligen Handschuhformen der zweiten Hälfte des 14. Jh. wie dem Stück aus Palazzo III A von Cucagna, finden sich wie an der nur gering be-weglichen Brücke zur Befestigung der Fingerprotektoren ausschließlich „einfache“, nur um ihre Achse drehbare (Friktions-)Nieten. 150 Rhein-Neckar-Kreis. Vgl. Fundvorlage unter der Be-zeichnung „Spangenhandschuh“ von Paul Post im Berliner Zeughaus 1933: ZHWK NF 4, 165 Abb. 1–3 (Sitzungsbe-richte; Objektverbleib unbekannt). Eine reich mit Nieten besetzte Knöchelschiene aus Bronze ist davon auszuschlie-ßen, da sie einem anderen Plattenhandschuhtyp zuzurech-nen ist. Erste Freilegungen auf der Schauenburg erfolgten 1902 unter Karl Pfaff, 1931 vom Gemeinnützigen Verein bzw. Heimatverein Dossenheim und ab 1932 unter Ludwig Schmieder (1884–1939) im Auftrag des Badischen Bezirks-bauamtes Heidelberg und unter Beteiligung des Reichsar-

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anatomisch besser angepasste mit lang ausgezo-gener Stulpe und mehrfach geschobenen Finger-decken.152 In Westeuropa lässt sich dagegen die anhaltende Tradierung der im dritten Viertel des 14. Jh. voll ausgeprägten einteiligen Hentzen nachweisen. Nur bei der optischen Aufwertung scheint sich ein Sonderweg abzuzeichnen. So fassen etwa reich dekorierte Metallbänder den Stulpensaum und Handrückenrippen treten in rautenförmiger Ausprägung auf, wie an den Gräbern des Sir Thomas Arderne in der Kirche von Elford in Staffordshire († 1391; Nr. 56), des Ralph de Neville, Earl of Westmorland, in der Staindrop-Kirche von Durham († 1425; Nr. 57) oder des William Philipp Lord Bardolf in St. Maria Dennington in Suffolk (um 1430; Nr. 58). Wohl eine Mode der Regierungsjahre Heinrichs IV. und V., die in England und Frankreich Verbrei-tung fand. In Übersicht der erhaltenen Panzerungstypen und bereits anhand der Tannenberg-Funde fällt die bereits kurz mit Typbenennungen ange-schnittene Differenzierung ins Auge, die sich z. T. räumlich aufschlüsseln lässt: Selbst wenn für eine zeitliche Gliederung das Fundaufkommen zu gering erscheint, sie deutet sich bei einer Kar-tierung des Materials nach unterschiedlichen Typen wenigstens an. Über die Beschreibungen der Hentzen mit tatzenförmig ausgebildeter, eine „Zickzacklinie“ beschreibender Fingerwurzelpar-tie ist ein möglicher Typ A definierbar – deutlich zu trennen von Hentzen, bei denen die Rücken-partie von vier aneinander liegenden Konvexbö-gen gebildet wird (Typ B). Von diesen unter-scheiden sich Panzerhandschuhe ohne spezifi-sche Rückengliederung153 als ein dritter Typ C. Bis auf die Vermutung, dass verschiedene Pro-duktionszentren für diese unterschiedliche Aus-bildung verantwortlich sind, gibt es keine schlüs-sige Erklärung dieses Phänomens, das in der parallelen Existenz der ersten beiden Gestal-tungsvarianten immerhin noch bei den „Falten-bündelhandschuhen“ des letzten Viertels des 15.

beitsdienstes fortgesetzt, bei denen der Handschuh gefun-den wurde (baubegleitende Grabungen 1994). 151 Ich danke Herrn Christian Burkhart aus Dossenheim für die Überlassung von Reproduktionen der drei Glasplatten-Negative des Handschuhs, die er 1995 im Archiv des Hei-delberger Schlosses lokalisierte (heute im Generallandesar-chiv Karlsruhe des Landesarchivs Baden-Württemberg; Signatur GLA 424 e Zugang 1998–40 F aus HD). 152 Etwa die breit geformte rechte Hentze aus drei Platten im DHM: Katalognummer 36, Inv. W 976, PC 14528 (wohl italienisch, um 1450–1460); L. 32cm, Br. 13,5cm, Gewicht: 1100 g. 153 Meist mit Nieten auf den Handknöchelbuckeln, welche (ohne bereits beschriebene Schiene bzw. Brücke) Leder-streifen für Fingerglieder fixierten.

Jh. zu beobachten ist. Die Verbreitungskarte deutet zumindest für Typ B eine bevorzugte Verwendung in Nord- und Nordosteuropa an. Die südliche Verteilung von Typ C kann aus der engen Verwandtschaft mit den weit verbreiteten Hentzen mit tatzenförmiger Fingerwurzelpartie herrühren, die sich vielleicht aus diesem entwi-ckelten und durch die erwähnte bewegliche Schiene als Halterung der Fingerglieder techno-logisch aufgewertet wurden (es könnte sich so-mit um die älteste Form handeln). Eine stringente typologische Evolution von va-riabel verwendeten Fingerhandschuhen mit di-versen Schutzelementen hin zur Verbreitung ein-teiliger Hentzen ist dennoch nicht konstruierbar. Traditionelle Ansichten und Versuche in dieser Hinsicht dürften mit den bisherigen Ausführun-gen stark aufgeweicht sein. Dennoch ist das Zeitfenster, in dem die auf Tanneberg und Cucagna vertretenen Formen entwickelt und verwendet wurden, eingrenzbar. Was aber löste ihre Entwicklung aus und wieso hielt sich die Form seit der Mitte des 14. Jh. lange unverändert und wurde über das frühe 15. Jh. hinaus tradiert, selbst mit kurzer Stulpe? Speziell ritterliche Kampfweisen erfordern effektive Panzerung der unmittelbar gegnerischen Schlägen und der Ge-fahr von Quetschungen ausgesetzten Hände. Neben der Standardausrüstung Bewaffneter (Ritter wie Söldner) mit einhändig geführter Waffe und Schild konnten Paare einteiliger, mas-siver Panzerungen bei der Führung eines Schwertes mit beiden Händen (nicht unbedingt ein „Zweihänder“) der Krafteinwirkung vorbeu-gen. Doch Sets sind nur in wenigen Fällen mu-seal und mit Bezug zu besonderen Personen überliefert. Funde rechter Handpanzerungen müssen keine Pendants besessen haben, wenn der Schutz des rechten Schlagarms ausreichte und man den finanziellen Aufwand für ein zwei-tes Exemplar scheute. Während mehrteilige Modelle aus vernieteten Platten längere Stulpen besaßen, z. T. in eine Unterarmschiene integriert154, überlappten kurze, breite Stulpen der Stundenglashentzen das Armzeug kaum.155 Weit ausgestellt, bot eine Trichterform nicht nur dem Handgelenk Bewe-gungsspielraum, sie lenkte zudem gegen die Ar-me geführte Schläge ab – ebenso wie frontal geführte Stöße, was die am Reiterstandbild des Scalingers Mastino II. im Castelvecchio von Verona († 1351; Nr. 59) erhaltenen Stulpen il-

154 Erhalten in den Visbyer Gräbern. 155 Als zeittypische Kombination kann zum Schutz der Unterarme von zu Röhren geformten, geschlossenen Stahl-blechen ausgegangen werden, die Ringpanzerärmlinge oder Segmentarmschienen ersetzten.

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lustrieren und nicht zuletzt Schäden an überlie-ferten Originalen eindrucksvoll zeigen.156 Diese Handpanzerungen dokumentieren damit den Spezialisierungsgrad zeitgenössischer Kampf-technik, die bei Einzelkämpfern zu Fuß und Pferd andere Ausstattung erforderte, als bei der Masse städtischer Bürger- oder Söldnerheere. Deren taktische Kriegsführung sah vor, Gegner mit übergroßen Lanzen (Stangenwaffen) auf Distanz zu halten. Offenbart sich hier, neben den Darstellungen auf den Grabmälern des seine podestas mit Waffenbewehrung unterstreichenden Adels, die gehobene Stellung der Träger dieser Schutzbewaffnung innerhalb der „Kriegerkaste“? Die dem Zeitrahmen der Fundvergesellschaf-tung der Hentzen von Tanneberg und Cucag-na/Palazzo IV im ausgehenden 14. Jh. entspre-chenden Bildwerke stützen den Eindruck und belegen ihre Tradierung als bevorzugte Ausstat-tung im gehobenen ritterlichen Umfeld. Regel-rechte Exklusivität wird neben den zahlreichen mittel- und westeuropäischen Belegen deutlich, wenn man sich vor Augen führt, dass Epitaphe und Tumbadeckplatten schlesischer Piasten157 im ausgehenden 14. Jh. bevorzugt mit sanduhrför-migen Hentzen ausgestattet wurden.158 Während die Hentzendarstellungen beim Grabmal Bo-lesłav II. († 1368; Nr. 62) in Krzeszów fast als zeitgenössische Ausstattung zu werten sind, kann davon beim Epitaph des Henryk II Po-bożny bzw. Heinrich II. dem Frommen von Schlesien († 09.04.1241159; Nr. 72) in Wrocław160 keinesfalls die Rede sein. Der Bildstein wurde ebenso wie im besonderen Fall des Doppelgra-bes von Bolesław I. opolski/ Bolko I. von Oppeln († 1313; Nr. 70) und Bolesław II. opolski/Bolko II. von Oppeln († 1356; Nr. 71)161 nachträglich im Rahmen statuarischer Konsolidierung der Dynastie gestiftet. Letzteres Doppelgrab ließ Bolko III. zwischen 1380 und 1382 ausführen. Bemerkenswert ist dabei, dass für die Vertreter zweier Generationen unter-schiedliche Typen sanduhrförmiger Hentzen

156 Vgl. die deformierten Stulpen der Funde aus Alt-Weesen (Nr. 3) und von Cucagna aus Palazzo IV B (Nr. 2). 157 Die älteste von vier Stammlinien der polnischen Herr-scherdynastie der Piasten, deren Herrschaftsraum ab 1348 weitestgehend nicht zum pol. Reichsgebiet zählte, sondern zu Böhmen und dem Heiligen Römischen Reich. Diesem fiel mit Tod Bolko´s II. Mały († 28.07.1368; Nr. 62) auch Schweidnitz als letztes schlesisches Herzogtum zu. 158 Es handelt sich gleichzeitig um die östlichste, kleinräu-mig konzentrierte Verbreitung dieser Denkmalgattung (vgl. Abb. 8). 159 Gefallen in Schlacht bei Wahlstatt gegen die Mongolen. 160 In St. Vinzenz (bis 1530 St. Jakob); Woj. dolnośląskie/ PL. 161 In der St. Annen- bzw. Piasten-Kapelle des Franziska-nerklosters Opole/PL.

gewählt wurden, einmal mit aus Konvexbögen geformtem Handrücken sowie mit tatzenför-miger Rückengestaltung (B + A). Während er-haltene Originale beider Arten offenbar zeitlich parallel Verwendung fanden, scheint hier eine zeit-genössische chronologische und modische Wer-tung greifbar (Typ A als jüngste/modernste Va-riante). Trotz kleinteiligen Differenzierungen wirft die grundsätzlich ähnliche Ausführung der hier be-sprochenen Schutzbewaffnung die Fragen auf, wo die sanduhrförmigen Handpanzerungen her-stammen und wie man sie bezog. Metallurgische Untersuchungen liegen kaum vor – und wenn, dann stehen sie isoliert, bislang ohne Aussage-wert.162 Nur zur Herstellung des Halbzeugs und Formgebung lassen sich Eckpunkte zusammen-fassen – Beobachtungen, die für Objektverglei-che und Werkstatteingrenzungen nicht unbeach-tet bleiben sollten: Dem eingehandelten Halb-zeug als unmittelbares Ausgangsmaterial gingen spezielle Arbeitsprozesse voran, die mit entspre-chenden Schmieden anderer Handwerker be-durften, als die später die Werkstücke ausfor-menden Plattner.163 Halbwegs bzw. ausreichend von Verunreinigungen gereinigtes Material wur-de zur Verarbeitung in verschiedene Formen von Halbzeugen weitergereicht. Zumindest ab dem 14. Jh. ist davon auszugehen, dass gleich-mäßig dünne, ebene Blechplatten, wie sie Platt-ner für Werkstücke wie Handschuhe benötigten, nochmals in einer Zwischenstufe von speziali-sierten Werkstätten überarbeitet wurden.164 Klei-nere Bleche konnte ein Plattner allerdings auch selbst von Hand herstellen – die Arbeitsschritte sind weitestgehend bis heute unverändert (wenn auch durch die Walztechnik verdrängt)165 und im Prinzip inkl. weiterer Vergütungstechniken seit der Antike bekannt. Abgelängte und an den Enden gebreitete Eisen wurden mittig umgebo-gen, die aufeinander liegenden Teile weiter ge-

162 Vgl. Analysen bei Williams 2002, etwa zum Handschuh von Brick (Hill) Lane (S. 356) oder dem Exemplar in Nürnberg. 163 Die knappen Ausführungen dazu basieren auf von M. Goll erarbeiteten, hier ergänzten und um technologische Details erweiterten Beschreibungen des Arbeitsvorganges. Auf den Prozess, homogenes, dichtes Material aus der Luppe auszuschmieden und von Kohle- und Schlacke-verunreinigungen zu befreien, kann nicht näher eingegan-gen werden. Bereits im ersten Schmiedeprozess erhöhte gelegentliches Falten und Verschweißen des Materials dessen Elastizität durch Herausbildung einer lagenartigen Struktur. 164 Dabei möglicherweise genutzte wasserbetriebene Blech-hämmer sind in zeitgenössischen Schriftquellen belegt, Nachweise über Materiallieferungen an Plattnerwerkstätten fehlen aber für das 14. Jh. 165 Zur ethnogr. Beschreibung des praktischen Arbeitsvor-gangs vgl. etwa Grönwald/Jeute/Krauss 2000, 40, 42f.

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breitet. Getaucht in eine lehmhaltige Flüssigkeit (zu Beginn des 19. Jh. z. T. als „Hahnenbrei“ bezeichnet), blieben die flächigen Lagen unverschweißt. So ließen sich mehrere Rohlinge ineinander stecken und als Paket weiter breiten (gelegentlich umgeschichtet) – Blechstärke und Oberflächen wurden so einander angeglichen, was einiger Praxis und Erfahrung bedurfte.166 War die gewünschte Stärke von etwa 1 mm er-reicht, wurden die Pakete zerlegt und die Falze abgetrennt167 – aus einer Schiene entstanden zwei Bleche. Beschneiden der Ränder und feines Glätten durch Hämmern beendete den Pro-zess.168 Um die Stahlqualität zu erhöhen, vor allem um das Material zu härten, konnte durchaus eine das mikrokristalline Gefüge verändernde Wärmebe-handlung erfolgen – wobei generalisierende Aus-sagen kaum möglich sind, da nur wenig Untersu-chungsobjekte für die Zeit vor 1400 vorliegen.169 Angesichts der Wissenslücken zur zeitgenössi-schen Stahlvergütung ist zu hoffen, dass sich Funde und Museumsinventare künftig systema-tisch untersuchen lassen, jedes erhalten Artefakt ist dabei zur Klärung von Ursprung und Tech-nologie interessant.170 Eine Oberflächenhärtung zur Erhöhung der Widerstandskraft gegen Krafteinwirkung konnte durch beschleunigtes Abkühlen fertig ausgeschmiedeter, rot- bis gelb-glühender Werkstücke mit einem Kohlenstoff-gehalt zwischen 0,2% und 0,8% im Eisenbasis-

166 Im Rahmen des erwähnten Projektes von M. Goll (vgl. Anm. 113) wurden zahlreiche erhaltene Plattenrüstungsteile aufgenommen, wenn auch leider nur z. T. vermessen und ansonsten ohne Maßstab erfasst. Für Panzerhandschuhe lässt sich danach ein Variationsspektrum der Blechstärken zwischen 0,7 und 1,2 mm festsetzen, wobei das Ausgangs-material sicher geringfügig stärker war und beim Schleifen und Polieren nochmals etwa 0,2 – 0,5 mm an Dicke verlor. Die Blechstärke scheint gering, es ist aber zu bedenken, dass bei einer mit Messerstahl vergleichbaren Materialgüte hervorragende Schutzeigenschaften gegeben sind. 167 Mit einer Blechschere oder einem durch Schlag geführ-ten Keil mit breiter Schneide. 168 Zur Schwarzblechfabrikation ausführlicher: Karsten 1816, 601 ff. 169 Selbst den umfangreich angelegten Untersuchungen A. Williams waren nur vier Rüstungsteile von vor 1400 zu-gänglich. Immerhin konnte die Anwendung der Vergü-tungstechnik belegt werden, etwa an der Brustplatte W195 des Bayerischen Nationalmuseums München – mit einer Härte von 374HV bislang das früheste bekannte, gesteuert gehär-tete Rüstungsteil (um 1395; vgl. Williams 2002, 62). 170 Derartige Datenerhebungen sind zudem zur Beurteilung musealen Materials nötig um Nachbildungen ausschließen zu können. Allerdings sind sie bislang noch nicht zerstö-rungsfrei und relativ unsicher im Ergebnis (vgl. Ders. 2002, 19-28). Es bleibt auf bessere Verfahren zu hoffen (wie die bislang bei historischen Metallartefakten nur stichprobenar-tig eingesetzte Mikrocomputertomografie; vgl. Kastner/ Salaberger/Grabner 2007, 60-65).

werkstoff bzw. Stahl erfolgen.171 Zwei Wegen sind möglich: „Abschrecken“ in kalten Flüssig-keiten (Wasser/Eiswasser), wobei einer Material-versprödung (Martensitbildung im Härtegefüge des Stahls) anschließend mit längerer Temperie-rung auf etwa 250°C zur Vermeidung von Bruchbildungen im Blech zu begegnen ist, dem sog. Anlassen. Alternativ ließ sich das Werkstück aus einem glühenden Zustand verzögert abküh-len, beispielsweise in einem erhitzten Bleibad in heißem Wasser, in Ölbädern oder durch Luftzu-fuhr. Die dadurch erzielte Flexibilität erübrigte das Anlassen.172 Bereits bei den frühen, kleinteilig gegliederten Plattenhandschuhen lässt sich mitunter von einem Erwerb südlich der Alpen ausgehen173, wo entsprechend Werkstätten in der Lage waren, diese Stahlverarbeitungstechnologien zu beherr-schen. Schlagmarken174 und die unmittelbare Verwandtschaft der fast die Hälfte aller erhalte-nen Stücke umfassenden Gruppe vom Typ A der hier betrachteten Hentzen weisen nach Norditalien und Mailand – was sich anhand des Beispieles der Grabplastik des Bernabò Visconti in Mailand bereits andeutete. Zu den Objekten von Tannenberg (Nr. 9), aus Chartres (Nr. 10), des linken Handschuh aus Ripon (Nr. 11), den Funden von Cucagna, sowie den Exemplaren in Florenz und auf der Churburg ist sicher auch der Handschuh im GNM zu zählen (Nr. 8), der bislang spekulativ deutscher Produktion zuge-wiesen ist. (vgl. Karte Abb. 9)

171 Austenitisierungstemperatur >850°C bei untereutek-toiden (weniger als 0,8% Kohlenstoff) Stahl [je nach Legie-rung 50-100°C über der Ac3-Grenze, so dass der Kohlen-stoff noch im Austenit (Hauptgefügebestandteil kubisch-flächenzentrierter Mischkristalle in Eisenlegierungen) gelöst ist; bei Eisenbasiswerkstoff etwa >723°C]; die Abschre-ckungstemperatur wird als Prozessparameter beim Glühen für spannungs- und zugfesteres, durch Bildung des ferro-magnetischen, metastabilen Gefüge Martensit besseres Material angesetzt (höhere Temperaturen wären an sich besser, führen aber zu Grobkornbildung und grobnadeligen Martensit, das den Festigkeitswert des Materials wiederum verringert). Die empirisch ermittelten Temperaturen sind sowohl vom Stahl selbst, als auch der gewählten Wärmebe-handlungsart abhängig (vgl. Spur/Stöferle 1987, 771f, 779ff). 172 Bei bainit- (entspr. der lamellenartig angeordneten eu-tektoiden Gefügebestandteile am Phasenübergang der Ei-sen-Kohlenstoff-Kristalle) oder perlitischen Gefüge (= Stahl); vgl. Williams 2002, 17-19. 173 Auch wenn zu diesen keine Herstellermarken vorliegen (vgl. Frey 2009, 100). 174 Während das Kopieren oder Imitieren von Schlagmar-ken bei Blankwaffen aus allen Epochen bekannt ist, wird eine solche Möglichkeit allerdings für die Plattnerei bislang nicht in Betracht gezogen oder diskutiert. Dieses Problem sollte an anderer Stelle aufgegriffen werden, was hier wegen der geringen Zahl zudem sich nicht entsprechender Marken auf Handschuhen nicht getan werden kann.

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Es sind mehrere Herstellungswege vorzuschla-gen, etwa indem eine Blechröhre oder vielmehr ein zylindrisch aufgebogenes oder ausgeschmie-detes Blech mittig durch Stauchen des Materials beim zuvor erhitzen Werkstück eingezogen bzw. die Enden eines schmalen Zylinders aufgeweitet wurden. In diesen Fällen musste ein vorheriges Verschließen oder Vernieten ungewollten Ver-formungen entgegenwirken. Die mehrfach erhal-tenen, pulsseitig nur im Stulpenbereich einge-setzten Metallplatten sprechen allerdings dafür, dass die Ausarbeitung der Form vollständig über einem Amboss oder dessen Horn erfolgte – ebenso wie die Detailarbeit beim Treiben der Fingerwurzelpartien und der Sicken des Handrü-ckens. Für diese konnte das Material allerdings bereits erkaltet sein, ebenso wie für die anschlie-ßende, aufwendige Versäuberung. Die Herstel-lung und Montage von Fingerplättchen erfolgte in separaten Arbeitsgängen. Zubehörteile wie Nieten, Nietköpfe und Buntmetallapplikationen wurden sicher von anderen spezialisierten Werk-stätten bezogen, so wie Teilvergoldungen an außergewöhnlich reich gestalteten Exemplaren sicher andernorts als in der eigentlichen Schmie-de erfolgten. Dass diese Arbeitsprozesse an verschiedenen Orten beherrscht wurden, wie etwa im auf Waf-fenproduktion spezialisierten Westfriaul175 oder in England, wo sich eine bevorzugte Verwen-dung abzeichnet, ist keinesfalls auszuschlie-ßen.176 Solch ein Ursprung ist etwa für den Fund aus der Brick (Hill) Lane (Nr. 13) trotz vorlie-gender Materialanalyse nur zu vermuten.177 Wär´ dem so, handelt es sich sicher um eine Kopie italienischer Produkte. Die hier aufgegriffenen späten Modifizierungen, in Form von den Hand-rücken verstärkenden und den anatomischen Sehnenverlauf nachvollziehender Rippen, schei-nen in Italien entwickelt worden zu sein und finden etwa ebenfalls an den für Ulrich IV. von Matsch möglicherweise aus Anlass seiner Er-nennung zum Burggrafen und Statthalter von Tirol gefertigten Hentzen im MNB (Mailand 1361, Nr. 16)178 oder auf den Darstellungen des Thomas de Vere in Earls Colne in Essex († 1371; Nr. 60) und des Heinrich Reich von Rei-chenstein im Basler Münster († 1403; Nr. 51).

175 Vgl. Grönwald 2011, 192 FN 199. 176 Zu den technischen Aspekten der Eisenerzverhüttung vgl. Williams 2002, 3-6; zur räumlichen Verteilung von Ressourcen und spezialisierter Produktion vgl. Henning 1974. 177 Vgl. Williams 2002, 356. 178 Florenz MNB R.12. Hier sind die Rippen an den Knö-cheln mit Messingkegeln und am Handgelenk mit stilisier-ten Eicheln verziert; die Handschuhe tragen ebenfalls eine Herstellermarke.

Die räumliche Zuweisung lässt sich mit einer ausgreifenden Interpretation stützen, indem sie mit den spätmittelalterlichen Kreuzzugsvorha-ben gegen das Mameluckenreich und zur Rück-eroberung Jerusalems parallelisiert wird. Deren nur partiellen Erfolge spielen hier keine Rolle – wohl aber ihre umfangreichen Vorbereitun-gen.179 Von Philipp IV. von Frankreich (dem Schönen; 1285–1314) eingeleitet180, warb nach Humberts II. von Viennois (1333–1349) Smyr-nazug 1345–1347 vor allem Peter I. von Zypern (1358–1369; 1360 König von Jerusalem) erfolg-reich im gesamten Abendland um Kreuzzugsbe-teiligung.181 Er löste regelrecht eine neue Begeis-terung an derartigen Vorhaben aus, die von päpstlicher Seite gezielt, wenn auch nicht son-derlich erfolgreich gegen die sich anbahnende osmanische Bedrohung gelenkt wurde. Mit der Integration verschiedenster territorialstaatlicher Heere in die Kreuzzugsvorhaben und außerge-wöhnlicher Persönlichkeiten in das damit ver-bundene Pilgerwesen (um nur auf Waldemar Atterdags Jerusalemzug 1347 zu verweisen) etab-lierten sich waffengattungsübergreifende Stan-dards in Ausrüstung und Kampftaktik, was sich auch an der Verbreitung der Hundsgugel ausfüh-ren ließe. Dass Teile der erforderlichen und be-stimmte Ränge unterstreichenden Ausstattung aus logistischen Gründen und wegen der Quali-tät der dortigen Werkstätten in Italien ange-schafft wurden, liegt nahe. 4. Zusammenfassung Eiserne Panzerhandschuhe bzw. Hentzen sind, ganz abgesehen von der überschaubaren Zahl musealer Stücke, seltene Funde. Entsprechend der gesellschaftlichen Rolle ihre Träger gelangten sie nur unter Umständen in einen archäologi-schen Befund und für ihre Überlieferung bedurf-te es bestimmter Erhaltungsbedingungen. Unter dem an sich besser überlieferten anorganischen Material sind so zu den Militaria zählende Be-kleidungssonderformen und Schutzbewaffnungs-bestandteile rar – selbst der vor 1500 und erst recht der vor 1400 verwendeten Plattenpanze-rungen. Ausschlaggebend für die sporadische Überlieferung sind u. a. Materialwert und Recyc-lingfähigkeit, wobei Zerstörungshorizonte in Be-festigungsanlagen ohne umgehende Nachnut-zung dichtere Überlieferung sicherstellen, als sie

179 Vgl. Riley-Smith 1991, 1514 f. 180 Die Nachfolger, speziell Philipp VI. (1328–1350), konn-ten die Vorhaben wegen innenpolitischer Probleme und Kriegen mit französischen Nachbarstaaten kaum fortfüh-ren. 181 Bis hin zur Eroberung von Alexandria am 10. 10. 1365.

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etwa konstant genutzte Siedlungen bieten.182 Auf Tannenberg und Cucagna scheinen ‚günstige‘ Umstände verkettet gewesen zu sein, in letzte-rem Fall sind zudem durch die stratifizierte Ber-gung und detailliert herauszuarbeitende techno-logische sowie formale Merkmale zusätzliche Informationen zur zeitlichen Ansprache zu ge-winnen. Die Vorlage der sanduhrförmigen Hent-zen soll über formenkundliche Betrachtungen hinaus zur Beschäftigung mit der Rolle von Funden anregen, die zur Diskussion des Aussa-gepotentials statusrelevanter Objekte geeignet und daher nicht nur lokal von Interesse sind – obwohl anhand einzelner Fundgruppen gehobe-ner Ausstattung und selbst Panzerhandschuhen letztlich keine klaren Entwicklungsstufen kons-truierbar sind. Viele der zum Vergleich heran ge-zogenen Stücke wurden bislang nur unvollstän-dig vorgelegt bzw. besprochen. Oft lassen sich aber ähnliche Überlieferungszusammenhänge annehmen – meist scheint ein Verlust in Zu-sammenhang mit einer militärischen Auseinan-dersetzung wahrscheinlich. Illustrativ: verlorene Handschuhe stehen auf vielen Schlachtszenerien speziell bei Miniaturen der zweiten Hälfte des 14. Jh. synonym für die Niederlage eines Geg-ners und liegen deutlich im Vordergrund plat-ziert umher.183 Die Fundvergesellschaftung der Hentzen von Tannenberg und Cucagna resultiert offenbar aus kriegerischer Gewalt und einherge-henden Folgeerscheinungen (inkl. Brandzerstö-rung). In letzterem Fall lassen sich die Ereignisse enger eingrenzen: Mit der Zerstörung der Vor-burg von Cucagna in den 1380er Jahren wurde nicht die gesamte Burg erobert. Die Zuweisung der hier gefundenen, reich dekorierten Hentze

182 Nur in Siedlungen mit entsprechenden, geschlossenen Befunden wie auf Tannenberg und Cucagna vergleichbaren Verhältnissen anzutreffen (vgl. Siedlung Lausen, Schweiz, und Ödenburg; Tauber 1991, 26). In Siedlungen wurde das Material normalerweise immer wieder geborgen und ver-wertet, weshalb Metall nur gering anzutreffen ist – selbst wenn metallverarbeitendes Handwerk lokalisiert wurde (eventuell gerade deswegen). Dazu ist anzumerken, dass Schmiede nach Beurteilung der raren Gewerkeindizien [dazu zu zählen: Schmiedeschlacken (weniger der Nachweis von Rohmaterialproduktion in Form von Ofensauen) sowie Werk- und Halbzeuge] selten auf Burgen ansässig wären – obwohl vielfältiger Bedarf vorauszusetzen ist. 183 Quasi entsprechen den bislang bekannten Fundsituatio-nen; vgl. Grönwald 2011, 199 Abb. 20 A: als Beispiel wurde die Darstellung der Schlacht beim burgundischen Fontenoy im Puisaye 841 in den Grandes Chroniques de France gewählt (Bibliothèque Nationale Paris, Ms Français 73, fol. 150), Ähnliches findet sich dort des Öfteren auf den die Inkunabeln schmückenden Miniaturen. Besonders detail-lierte Darstellungen Gepanzerter mit Hentzen finden sich etwa bei Guiron le Courtois (Bibliothèque Nationale Paris, Ms. Nouvelles Acquisitionbs Françaises 5243, f. 46v, 10v und 22r) oder im Lancelot du Lac (Bibliothèque Nationale Paris, Ms. Français 343, f. 33v und 10v).

auf eine mögliche Herkunft aus einer städtischen norditalienischen Werkstatt deutet wie die Her-steller- und Beschaumarke sowie möglichen Ver-bindungen des Ornaments zu einem Wappen-motiv an, dass das Stück einem der Belagerer zuzurechnen ist.184 Beim zweiten Stück weisen die Indizien auf einen Besitzer aus der Burg und Verlust in Folge einer erfolgreichen Eroberung Cucagnas.185 Für breit gefächerte Spektren von Metallfunden auf Burgen stehen die außeror-dentlich reichen Fundkonvolute von Tannen-berg und Cucagna exemplarisch (so unterschied-lich sie sind).186 Wie auf allen mittelalterlichen Befestigungsanlagen repräsentieren sie die ge-samte Bewohnerschaft und dementsprechend sind gesellschaftliche Differenzierungen sowohl von ‚Sachen‘ als auch vermeintlichen Eigentü-mern vornehmbar. Eine Materialtrennung bleibt bei der Vergesellschaftung in Befunden schwie-rig – es sei denn, es handelt sich um identifizier-bare Bekleidungsbestandteile.187 Sie gewähren Einsicht in die individuelle Ausstattung von Protagonisten der Befundzusammenhänge, über die wir uns den Individuen zu nähern suchen, was sonst kaum möglich ist.188 Das breite Feld

184 Aus den Truppen des bourbonischen Patriarchen Phi-lipp von Alençon (1381/1382–1388 temporär Patriarch von Aquileia). 185 Im Zuge der großen friulanischen Bauernerhebung 1511 (ausgehend vom sog. Giovedi Grasso, des letzten Donners-tag der Maskenzeit im Karneval), während dessen ca. 3000 Bauern im gesamten Friaul etwa 30 Burgen nieder brannten (aus Besitzstandskonflikten der ländlichen Aristokratie heraus forciert von Antonio Savorgnan; vgl. Wiesflecker 1999, 135f). 186 Cucagna bietet etwa diverse Messer, mehrere Krähenfü-ße, Scharniere, ein Buchschließenfragment, ein Randstück einer bronzenen Handglocke, Kettenglieder, Schnallen, Ringe und Fingerhüte, Zierbeschläge aus Bronze und Eisen, außergewöhnliche Schlösser (vgl. etwa Grönwald 2010, 72 Abb. 14), verschiedene Münzen, der agrarischen Nutzung und Selbstversorgung der Burgbewohner zuzuschreibende Funde und handwerkliches Gerät (Zimmermannsbohrer, Meißelspitzen, ein Lot). „Standardmaterial“, das separater typologischer Bearbeitung bedarf. 187 Zu an sich schlecht überlieferten Textilien stehen immer mehr Detailinformationen zur Verfügung. Oft wegen schlechter Erhaltungsbedingungen nur in Rudimenten an Korrosionsprodukten von Metallen nachgewiesen, ist ein umfangreiches Spektrum inzwischen rekonstruier- und bis hin zur Funktion untersuchbar (vgl. Kania 2009; 2010). 188 Trotz grundsätzlichen Interesses der Archäologie. In letzter Zeit erhielten sie im Bereich des sog. Reenactment intensive Berücksichtigung, jüngst anhand der Rezeption frühmittelalterlich ausgelegter Motive in kultischen Män-nerbünden thematisiert (vgl. Wamers 2009, 1 f. Anm. 4). Ohne den Wert von Experimentalarchäologie und der Rekonstruktion historischer Ereignisse schmälern zu wol-len: leider wird damit der Weltflucht von Selbstdarstellern und den Vorlieben bestimmter Personenkreise an (mittelal-terlichen) Militaria und ihrer Nutzung ein Forum geboten. Dessen Umfang erstaunt umso mehr, wenn die begrenzte Materialbasis deutlich wird, auf der viele der verwendeten,

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unterschiedlicher, keinesfalls auf Militaria be-schränkter Metallfunde wird von sog. ‚Barome-terobjekten‘ wie den Hentzen durchbrochen, die mit besonderer Bedeutung belegt oder zu bele-gen sind. Sie heben sich aus den materiellen Quellen der Bewohnergemeinschaft hervor und sind für eine Kategorisierung unterschiedlichen sozialen Status geeignet. Es handelt sich um Material, dessen Besitz eine gewisse wirtschaft-lich-finanzielle Potenz voraussetzt und hinterfra-gen lässt, was evtl. sogar höfische Kultur oder höfischen Lebensstandard einer feudalen Hier-archiespitze bzw. die Kopie einer solchen im Fundgut impliziert und wie sich daran anlehnen-de Inhaber einer Burg im Besitzstand von Nichtadeligen unterschieden. Die Objekte sind nicht allein Waffen, sie sind mit der Praktizie-rung eines aufwendigere Vorbilder kopierenden Lebensstils und der Pflege damit verbundener Standards verknüpft. Bei der Interpretation ist aber Vorsicht geboten: So gilt etwa zur Verifizie-rung des Status ‚Adelsstand‘ das Auftreten von Reitzubehör in der Mittelalterarchäologie als signifikant.189 Dazu zählen speziell Sporen (Sta-chel- oder Rädchensporen), die zu etwa zwei Dritteln der Gesamtfunde in Burgen auftreten. Man darf eine adelige Bindung der Fundgattung aber nicht zwingend voraussetzen, da sie ebenso im Kontext eines Torhauses mit Bezug zum ‚niederen‘ Wachpersonal190, auf einem Patrizier-hof191 oder auf einer Ganerbenburg auftreten kann.192 Trotzdem sind die auf Burgen auftretenden Me-tallfunde auf Indizien zur Bewertung der sozia-len Anbindung ihrer Eigentümer, etwa aus der landständigen Ritterschaft, hin zu untersuchen. Relativ sicher sind die erwähnten ‚Barometerob-jekte‘ und Waffen identifizierbar, die als entspre-chende und ansprechende Ausstattungsbestand-teile zur Pflege der Fehde als Rechts- und Res-pektseinforderung sowie zentrales Element poli-tischer Präsenz und Repräsentation zählten. Ihre Verwendung in anderen Zusammenhängen ist zwar eingeschränkt, aber nicht ausgeschlossen –

variabel modifizierten Nachschöpfungen basieren. Starken Zuspruch genießt diese „Bewegung“ in Osteuropa – z. B. in Polen, wo bis zu sieben Millionen Interessenten geschätzt werden, wo denen etwa 6000 aktiv an Schlachtnachstellun-gen wie bei Grunewald teilnehmen (vgl. Hreczuk 2010). 189 Vgl. Gossler 2003, 348 f. 190 Wie auf dem Wartenberg in Nordhessen, zerstört um 1260. 191 Etwa Wasserburg Goldstein bei Schwanstein in Frank-furt (Fundvergesellschaftung evtl. in Folge von Kampf-handlungen im Rahmen einer Fehde, in deren Anschluss 1397 ein Burgfrieden zwischen den Eignern des befestigten Hofes geschlossen wurde; 1552 wurde Goldstein endgültig zerstört). 192 Etwa Bommersheim, zerstört 1382.

zumal auch im Mittelalter für eine zeitgemäße Ausstattung materieller Besitz bzw. die materielle und personelle Basis einer größeren Gemein-schaft mehr als die Zugehörigkeit zur feudalen Oberschicht ausschlaggebend war.193 Immerhin scheint sie in einer Adels-, Ministerialenburg und selbst Ganerbenburg eng an eine vermeintlich gehobene Klasse mit spezifischen Verhaltens-mustern gebunden194, die – den Erwerb des Rittertitels vorausgesetzt – bestimmte Vorrechte zum Tragen den Status unterstreichender Waf-fen besaß. Neben dem Schwert trifft dies (bis zu einem gewissen Zeitpunkt) auch auf eiserne Handprotektoren bzw. sanduhrförmige Hand-panzerungen zu. Als Bestandteil des seinen Trä-ger hervorhebenden Eisenkleids zeigten sie die Bedeutung einer schützenswerten Person wegen Fähigkeiten und Nutzen (im Konflikt) oder ihrer Herkunft an.195 Bei der Ansprache von nur z. T. dem Körperschutz eines Ritters dienenden Sta-tussymbolen kann man ansonsten allein in Fällen von Gürteln bzw. -bestandteilen, z. T. von Spo-ren, Steigbügeln und speziellen Stichwaffen rela-tiv sicher sein. Hentzen waren Bestandteil einer repräsentativen und (wie die aufgeführten Bild-beispiele zeigen) im gehobenen ritterlichen Um-feld quasi standardisierten Ausstattung, die indi-viduell nach finanziellen Möglichkeiten verschie-dene Dekorelemente aufwerten konnten.

Vorliegender Beitrag wurde im Mai 2012 für die Zeitschrift `Der Odenwald´ zusammengestellt, konnte bislang aber noch nicht veröffentlicht werden.

193 Die alte Weisheit, nur Reiche konnten Rüstungen und Pferde bezahlen (Loftie 1897, 17), ist abzuwandeln. 194 Dazu gehören neben den Hentzen weitere Rüstungsbe-standteile bzw. Reste von Defensivwaffen zum unmittelba-ren Körperschutz, auf die hier nicht weiter eingegangen werden konnte. 195 Verklärte Vorstellungen, mit einer technisch perfektio-nierten Rüstung ihren Träger quasi unverwundbar zu ma-chen, sind erst für die Neuzeit geltend zu machen. Im Mittelalter wird sich ihnen niemand hingegeben haben.

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Abb. 08: Sanduhrförmige Handpanzerungen bzw. Hentzen. Funde, museal überlieferte Originale und Auswahl bildlicher Darstel-lungen auf Grabmälern. Die Beschränkung auf eine Bildgattung vermittelt höchstens eine Tendenz, kein reales Bild. Es ist über andere Darstellungen (etwa Miniaturen) speziell für den westeuropäisch-französischen Raum aufzuweichen (Karte: Verf.).

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Abb. 09: Räumlicher Verteilung überlieferter Originale sanduhrförmiger Hentzen bei Unterteilung in drei verschiedene Typen: A = mit tatzenförmiger Handrücken- bzw. Knöchelgestaltung, B = mit Handrücken aus Konvexbögen, C = ohne spezifische Rü-ckengliederung, mit Nieten auf den Knöchelbuckeln (Karte: Verf.).

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