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Online-Risiken und -Chancen für Kinder und Jugendliche: Österreich im europäischen Vergleich....

Date post: 07-Mar-2023
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Salzburg, September 2008 Ingrid Paus-Hasebrink und Christina Ortner Online-Risiken und -Chancen für Kinder und Jugendliche: Österreich im europäischen Vergleich Bericht zum österreichischen EU Kids Online-Projekt Bericht an: Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur (bm:ukk) Bundeskanzleramt der Republik Österreich Projektleitung: Univ.-Prof. Dr. Ingrid Paus-Hasebrink, Leiterin der Abteilung für Audiovisuelle Kommunikation, Fachbereich Kommunikationswissenschaft der Universität Salzburg Projektteam: Mag. Christina Ortner, Mag. Manfred Rathmoser, Mag. Dr. Christine Wijnen, Mag. Eva Hammerer, MMag. Andrea Dürager Das österreichische EU Kids Online-Projekt ist Teil des internationalen Forschungsnetzwerks EU Kids Online, koordiniert von Univ.-Prof. Dr. Sonia Livingston und Dr. Leslie Haddon, London School of Economics and Political Science, finanziell unterstützt von der Europäischen Kommission (Safer Internet Plus Programm).
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Salzburg, September 2008

Ingrid Paus-Hasebrink und Christina Ortner

Onl ine-Risiken und -Chancen für

Kinder und Jugendliche:

Österreich im europäischen Vergleich

Bericht zum österreichischen EU Kids Online-Projekt

Bericht an:

Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur (bm:ukk)

Bundeskanzleramt der Republik Österreich

Projektleitung:

Univ.-Prof. Dr. Ingrid Paus-Hasebrink, Leiterin der Abteilung für Audiovisuelle

Kommunikation, Fachbereich Kommunikationswissenschaft der Universität Salzburg

Projektteam:

Mag. Christina Ortner, Mag. Manfred Rathmoser, Mag. Dr. Christine Wijnen, Mag. Eva

Hammerer, MMag. Andrea Dürager

Das österreichische EU Kids Online-Projekt ist Teil des internationalen Forschungsnetzwerks EU Kids

Online, koordiniert von Univ.-Prof. Dr. Sonia Livingston und Dr. Leslie Haddon, London School of

Economics and Political Science, finanziell unterstützt von der Europäischen Kommission (Safer

Internet Plus Programm).

2

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung: Zum Forschungsprojekt EU Kids Online ....................................................... 3

2 Zum Forschungsgegenstand: Online-Risiken und -Chancen............................................ 8

3 Sechs Arbeitspakete, ihre Schwerpunkte und Ergebnisse .............................................. 20

3.1 Arbeitspaket 1: Zum Forschungsstand in Europa und Österreich ............................. 23

3.1.1 Ziele und Vorgehensweise .................................................................................. 23

3.1.2 Zur Datenlage in Europa ..................................................................................... 25

3.1.3 Forschungsmuster und -defizite in Österreich ..................................................... 46

3.2 Arbeitspaket 2: Interkulturelle Forschungskontexte ................................................... 49

3.1.2 Ziele und Vorgehensweise .................................................................................. 49

3.1.2 Rahmenbedingungen der österreichischen Forschung ........................................ 50

3.3 Arbeitspaket 3: Internationaler Vergleich von Online-Erfahrungen ......................... 57

3.3.1 Ziele und Vorgehensweise .................................................................................. 57

3.3.1 Online-Erfahrungen von Kindern und Jugendlichen in Europa .......................... 59

3.4 Arbeitspaket 4: Methodologische Grundlagen ............................................................. 73

3.4.1 Ziele und Vorgehensweise .................................................................................. 74

3.4.2 Inhalt und Struktur der beiden Berichte .............................................................. 74

3.5 Arbeitspaket 5: (Forschungs-)politische Empfehlungen ............................................. 77

3.6 Arbeitspaket 6: Disseminations- und Networkingaktivitäten ...................................... 78

5 Zu den Konsequenzen für Österreich ............................................................................... 82

5.1 Ausbau einer tragfähigen Datenbasis .......................................................................... 83

5.2 Schutz gegen illegale und jugendgefährdende Inhalte ................................................ 86

5.3 Stärkung von Kindern, Jugendlichen und ihren Familien ......................................... 89

5.4 Förderung der Medienkompetenz bei Kindern und Jugendlichen ............................. 91

5.5 Intensive Zusammenarbeit zur Erarbeitung bundesweiter Maßnahmen ................... 95

Literaturliste ........................................................................................................................... 98

3

1 Einleitung: Zum Forschungsprojekt EU Kids Online

Internationales Forschungsnetzwerk

EU Kids Online ist ein europäisches Forschungsprojekts, das von der Europäischen

Kommission im Rahmen des Safer Internet Plus Programms finanziell unterstützt wird.

Zwischen 2006 und 2009 arbeitete ein Forschungsverbund unter Beteiligung von 21 Ländern

in insgesamt sechs Arbeitspaketen zusammen, um europaweit Daten zur Mediennutzung von

Kindern und Jugendlichen zu sammeln, zusammenzuführen, vergleichend auszuwerten und

im Hinblick auf Maßnahmen zur Förderung des sicheren Umgangs mit dem Internet zu

interpretieren. Koordiniert wird das Netzwerk von Univ.-Prof. Dr. Sonia Livingstone und Dr.

Leslie Haddon von der London School of Economics and Political Science (LSE).

Neben dem österreichischen Team sind seit Projektbeginn Wissenschafter und

Wissenschafterinnen aus Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Frankreich,

Griechenland, Großbritannien, Island, Niederlande, Norwegen, Polen, Portugal, Schweden,

Slowenien, Spanien und der Tschechischen Republik beteiligt. Seit 2007 arbeiten zudem

Arbeitsgruppen als Irland, Italien und Zypern an EU Kids Online mit.

Die Projektteams bringen nicht nur verschiedene nationale und kulturelle Kontexte ein,

sondern auch Expertise aus zahlreichen Forschungsfeldern, Disziplinen, methodologische

Ausrichtungen und Forschungstraditionen, wodurch die Betrachtung von Online-Risiken und

Chancen aus unterschiedlichen (wissenschaftlichen) Perspektiven ermöglicht wird.

In diesem Bericht werden die zentralen Ergebnisse dieser Zusammenarbeit mit besonderer

Berücksichtigung der Situation in Österreich dargestellt.1

Zielsetzungen von EU Kids Online

Die dreijährige Zusammenarbeit im Rahmen von EU Kids Online zielt darauf ab, den

vorliegenden Forschungsstand in den beteiligten europäischen Ländern zu erfassen und

systematisch miteinander zu vergleichen. Darüber hinaus zeichnet das Projekt die Datenlage

in den beteiligten Staaten nach, zeigt Forschungslücken auf und identifiziert Faktoren, die die

Forschungskapazität in den einzelnen Ländern kennzeichnen.

Dazu werden zuerst alle verfügbaren Daten hinsichtlich ihrer Qualität und Vergleichbarkeit

evaluiert und Forschungsdefizite benannt. Anschließend wird möglichen Ursachen für die

Dominanz bzw. das Fehlen bestimmter Arten von Forschung und Daten sowohl europaweit

1 Der Bericht greift u.a. auf unterschiedliche Quellen zurück, die im Kontext des EU Kids Online-Projekts in enger Kooperation aller Beteiligten erarbeitet wurden. Als Teil des Gesamtforschungsprojekts ist den Autoren und Autorinnen erlaubt, davon eigenständig Gebrauch zu machen.

4

als auch in einzelnen Ländern nachgegangen. Für zukünftige Forschung zu Online-Risiken

und -Chancen ist es zudem wichtig, das Verständnis von methodologischen Aspekten in

Zusammenhang mit länderübergreifenden Analysen, der Befragung von Kindern sowie der

Erforschung des Umgangs mit dem Internet zu erhöhen.

Ein zentrales Ziel des Projekts besteht darin, Online-Risiken und ihre Konsequenzen für

verschiedene Gruppen von Kindern und Jugendlichen (Alter, Geschlecht, Region, Nation) im

Kontext zu verstehen. Durch den Vergleich der Ergebnisse aller gesammelten Studien werden

sowohl länderspezifische Unterschiede als auch Gemeinsamkeiten hinsichtlich der

Internetnutzung von Kindern und Jugendlichen und dem Auftreten von Risiken

nachgezeichnet, um anschließend die Bedeutung von kulturellen, sozialen, politischen und

regulativen Rahmenbedingungen zu untersuchen.

Diese Arbeitsschritte dienen unter anderem dazu, (politische) Empfehlungen hinsichtlich der

zukünftigen Forschungsagenda und dem Umgang mit Internetrisiken in Europa zu

formulieren. Um die Ergebnisse aus dem Projekt fruchtbar zu machen, wird ein möglichst

umfassender und nachhaltiger Transfer der gewonnenen Erkenntnisse an die Öffentlichkeit,

die Politik, die Medienregulierung und die Medienanbieter angestrebt.

Das österreichische EU Kids Online-Team hat sich über die Vorhaben des Gesamtprojekts

hinaus zum Ziel gesetzt, die spezifische Situation in Österreich zu beleuchten, um auf die

nationalen Besonderheiten zugeschnittene Schlussfolgerungen ziehen zu können.

Fragestellungen von EU Kids Online

Um diese Ziele zu erreichen, umfasst das Arbeitsprogramm des EU Kids Online-Netzwerks

bzw. des österreichischen Projektteams folgende Fragestellungen:

- Welcher Korpus an Daten zum Umgang von Kindern, Jugendlichen, ihren Eltern und

Erziehungspersonen mit Online-Medien liegt in Europa vor? Welche Erkenntnisse gibt

es speziell zur Frage des sicheren Umgangs mit diesen Medien? Welche

Forschungslücken und -defizite existieren?

- Welche Faktoren beeinflussen die Fragestellungen und Themen, die theoretischen

Prämissen und methodischen Zugänge sowie die Forschungskapazitäten in den

einzelnen Ländern?

- Wie lassen sich die vorliegenden Befunde international vergleichend interpretieren?

Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede gibt es zwischen den Ländern? Wie

Verteilen sich Online-Risiken innerhalb Europas?

- Welche Risiken treten in Bezug auf welche Online-Technologien auf? Welche Kinder

und Jugendliche sind besonders betroffen? Wie beeinflussen soziale, kulturelle,

politische und regulative Faktoren die Erfahrungen und den Umgang mit Risiken?

5

- Welche methodologischen Ansätze erweisen sich für international vergleichende

Studien und zur Erforschung des Umgangs von Kindern und Jugendlichen mit Online-

Medien als sinnvoll?

- Welche Schlussfolgerungen können angesichts des internationalen Forschungsstands

hinsichtlich Maßnahmen zur sicheren Nutzung von Online-Medien gezogen werden?

Wie lässt sich die spezifische Situation in Österreich beschreiben?

Das österreichische EU Kids Online-Projekt und seine Schwerpunkte

Univ.-Prof. Dr. Ingrid Paus-Hasebrink, Leiterin der Abteilung für Audiovisuelle

Kommunikation des Fachbereichs Kommunikationswissenschaft an der Universität Salzburg,

hat im Rahmen dieses Forschungsverbunds mit Hilfe ihres Team die Aufgabe übernommen,

einerseits die in Österreich verfügbaren Studien in das Gesamtprojekt einzubringen und an

den länderübergreifenden Analysen mitzuwirken, andererseits die Ergebnisse der

internationalen Auswertungen an interessierte Institutionen in Österreich zurückzuspielen und

sicher zu stellen, dass die betreffenden Erkenntnisse hierzulande bekannt und fruchtbar

werden.

Zum österreichischen EU Kids Online-Team an der Universität Salzburg gehören neben

Univ.-Prof. Dr. Ingrid Paus-Hasebrink noch Mag. Christina Ortner und Mag. Dr. Christine

Wijnen. Mag. Manfred Rathmoser hat das Projekt unter Mithilfe von Mag. Eva Hammerer bis

Herbst 2008 betreut. Die Arbeit des Projektteams wird vom Bundesministerium für

Unterricht, Kunst und Kultur (bm:ukk) und vom Bundeskanzleramt der Republik Österreich

finanziell unterstützt.

Das gesamte EU Kids Online-Projekt ist in sechs Arbeitspaketen unterteilt, bei denen es den

Länderteams frei stand, wie intensiv sie sich beteiligen. Pflicht für alle Länderteams war es

lediglich, Angaben im Rahmen von Arbeitspaket 1 zum jeweiligen nationalen

Forschungsstand zu geben sowie in den Arbeitspaketen 2 und 3 Informationen zu bestimmten

länderspezifischen Hintergründen zuzuliefern. Zudem waren alle Länderteams aufgefordert,

das Projekt im eigenen Land bekannt zu machen. Über diese Aufgaben hinaus hat sich das

österreichische Team in folgender Weise eingebracht:

o Arbeitspaket 1: Forschungsstand – Sammlung österreichischer Studien;

Aufbereitung für die Datenbank des Gesamtprojekts; Länderbericht zur spezifischen

Forschungslage in Österreich sowie eine im Rahmen einer wissenschaftlichen

Qualifikationsarbeit (Magisterarbeit) vorgenommene systematische Aufarbeitung und

Kategorisierung von Forschung in Österreich vor dem Hintergrund aktueller Daten

zum Umgang von Kindern und Jugendlichen mit Medien sowie einer

sozialisationstheoretischen Einbettung. Im Sommer 2008 wurden von Christina Ortner

6

eine Aktualisierung der Datenlage sowie eine internationale Vergleichsanalyse mit

Einbezug Österreichs vorgenommen. Da die Arbeit des österreichischen Teams

insbesondere in Arbeitspaket 1 zentrale für Österreich relevante Forschungen

vornehmen konnte, ist ein Großteil der Gesamtarbeit des Teams in diesen Bereich

eingeflossen (siehe dazu den ausführlichen Bericht in Kapitel 3.1).

o Arbeitspaket 2: Forschungskontexte – Medienanalyse zur Berichterstattung über das

Thema „Kinder, Jugendliche und Internet“ in ausgewählten österreichischen

Printmedien (siehe dazu die Interpretation im Rahmen von Kapitel 3.2); Länderbericht

zu Österreich in Bezug auf Forschungshintergründe und Forschungstraditionen; eigene

Analyse zur Bedeutung von Finanzierungsstrukturen auf die Forschungslage in allen

21 beteiligten Ländern von Christina Ortner (gemeinsam erstellt mit Claudia Lampert

vom deutschen Team). Diese Analyse ist Teil des internationalen Endberichts von EU

Kids Online.

o Arbeitspaket 3: Forschungsergebnisse – Länderbericht zu konkreten Ergebnissen

von österreichischen Forschungen zum relevanten Themenbereich sowie

länderspezifische kontextuelle Faktoren der Internetnutzung von Kindern und

Jugendlichen (siehe dazu Kapitel 3.3).

o Arbeitspaket 4: Methodologie – Mitarbeit von Ingrid Paus-Hasebrink auf

internationaler Ebene der Methodendiskussion zum Forschungsgebiet und am ersten

internationalen Bericht von Arbeitspaket 4; darüber hinaus hat Ingrid Paus-Hasebrink

aufgrund ihrer vielfältigen Forschungsarbeit mit Kindern und Jugendlichen den Best

Practice Guide mitgestaltet (siehe dazu Kapitel 3.4.).

o Arbeitspaket 5: (Forschungs-)politische Empfehlungen – Aufgrund des

projektbedingten späten Arbeitsstarts von Arbeitspaket 5 (Beginn beim

Gesamtprojekttreffen in Salzburg im Juni 2008) liegen dazu noch keine

abschließenden Ergebnisse vor. Das österreichische Team ist durch Christine Wijnen

vertreten. Für den vorliegenden österreichischen Abschlussbericht werden vor dem

Hintergrund der derzeitigen Daten und des aktuellen Arbeitsstandes bereits einige

zentrale Aspekte für Österreich benannt (siehe dazu Kapitel 3.5).

o Arbeitspaket 6: Networking und Dissemination – Über die von allen am EU Kids

Online-Projekt beteiligten 21 Ländern verlangte Dissemination der Projektidee hinaus

hat sich österreichische Team auf vielfältige Weise und weit über das übliche Maß

eingebracht: Erstellung eines Booklets zum Projekt mit Schwerpunkt auf Österreich;

Veranstaltung einer Podiumsdiskussion zum Thema „ Kinder und Jugendliche im

Internet – Chancen und Risiken“ am 4. Juni 2008; Konzeptionierung und

Mitgestaltung einer Radiosendung zum Thema „Safer Internet“ sowie Ausrichtung des

Gesamttreffens aller EU Kids Online-Teams an der Universität Salzburg vom 5. bis 7.

7

Juni 2008 (siehe dazu Kapitel 3.6). Zudem hat das österreichische Team das Projekt in

Vorträgen und Publikationen bekannt gemacht.

Um die Ergebnisse des Projekts in die österreichische Diskussion einzubringen und im Land

vorhandenes Know How für EU Kids Online fruchtbar zu machen, wurde in Österreich ein

Beirat eingerichtet, der sich aus wissenschaftlich ausgewiesenen Kollegen und Kolleginnen

sowie aus Vertretern und Vertreterinnen der Institutionen zusammensetzt, die als Förderer für

das Projektvorhaben gewonnen werden konnten. Dieses Expertenteam, das regelmäßig zu

Beiratstreffen2 zusammen kommt, berät das Projekt in zentralen wissenschaftlichen sowie

praxisrelevanten Fragen.

Mitglieder3 des österreichischen EU Kids Online-Beirats sind:

- Dr. Ingrid Geretschlaeger, Leiterin der Medienpädagogischen Beratungsstelle an der

Niederösterreichischen Landesakademie,

- DI Ronald Hechenberger, MBA, Koordinator der Initiative Saferinternet.at und

Geschäftsführer des Österreichischen Instituts für angewandte Telekommunikation,4

- Mag. Erich König, Bundeskanzleramt der Republik Österreich,

- MinR Mag. Susanne Krucsay, Leiterin der Präsidialabteilung 8 Medienpädagogik,

Bildungsmedien, Medienservice des Bundesministerium für Unterricht, Kunst und

Kultur,

- Herbert Rosenstingl, Leiter der Bundesstelle für die Positivprädikatisierung von

Computer- und Konsolenspielen, Bundesministerium für Gesundheit, Familie und

Jugend sowie

- Univ.-Prof. Dr. Christian Swertz, Universitätsprofessor für Medienpädagogik am

Institut für Bildungswissenschaft der Universität Wien.

2 Das erste Treffen fand am 19.10.2006 an der Universität Salzburg statt. Am 25.09.2007 traf sich der Beirat erneut im Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend (BMGFJ) in Wien. Das dritte Treffen war für 04.06.08 angesetzt; die Themen mussten wegen terminlicher Probleme der Mitglieder jedoch über Austausch per E-Mail diskutiert werden. Das vierte Treffen wird nach Abschluss des Gesamtprojekts im Juni 2009 in Wien stattfinden. 3 Bis September 2007 war zudem Andrea Cuny-Pierron, Internet Service Provider Austria (ISPA), Mitglied des EU Kids Online Beirats. 4 Nach Ausscheiden von Herrn DI Hechenberger aus seiner bisherigen Position bei Saferinternet.at gehört Ing. Mag: DI Bernhard Jungwirth, M. Ed. dem Beirat an.

8

2 Zum Forschungsgegenstand: Online-Risiken und -Chancen

Neue Medien – Neue Chancen – Neue Risiken

Seit Jahren steigt die Internetnutzung weltweit kontinuierlich an, und Online-Technologien

werden auch in Europa mehr und mehr zum festen Alltagsbestandteil der Bevölkerung.

Kinder, Jugendliche und ihre Familien zählen zu jenen Gruppen, die diese neuen

Technologien vergleichsweise rasch für sich nutzbar machen. Schon 2006 hatten 50 Prozent

der Kinder unter 18 Jahren in den Mitgliedsstaaten der EU das Internet zumindest einmal

genutzt, in Dänemark sogar zwei Drittel. In der Altersgruppe der 17- bis 18-Jährigen war die

Nutzung mit 88 Prozent am höchsten, und auch unter Sechsjährige verwendeten das Internet

bereits, wenn auch zu einem geringeren Anteil (neun Prozent EU-weit). (Europäische

Kommission 2006: 6)

Durch den raschen Einstieg profitieren Kinder, Jugendliche und Familien einerseits frühzeitig

von den zahlreichen Chancen des Internets. Sie bekommen Zugang zu globalen

Informationen, zu Bildungsressourcen und zu Ratgebern rund um Fragen des alltäglichen

Lebens (Gesundheit, Schule, Karriere etc.). Sie haben die Möglichkeit, sich in politischen und

öffentlichen Fragen zu engagieren, aktiv in Interessensgruppen einzubringen oder Inhalte

selbst zu gestalten. Darüber hinaus bietet das Internet eine Reihe an Unterhaltungsangeboten

und vielfältige Kommunikationsmöglichkeiten zur Pflege bestehender sowie zum Aufbau

neuer Kontakt. Nicht zuletzt erwerben Kinder und Jugendliche wichtige Qualifikationen im

Umgang mit neuen Technologien.

Andererseits sind Kinder und Jugendliche durch die Internetnutzung auch Risiken ausgesetzt.

Sie laufen Gefahr, negative Erfahrungen zu erleben, die sie möglicherweise unvorbereitet

treffen und sie überfordern können. Diese gehen über technische Schwierigkeiten mit Viren,

Spyware oder Hackerangriffen weit hinaus. So können Kinder beispielsweise beabsichtigt

oder durch Zufall auf Websites treffen, mit deren Inhalten sie nicht umgehen können (illegale,

pornographische, rassistische, diskriminierende oder gewalthaltige Seiten, aber auch

Verharmlosung von Selbstmord, Selbstverletzung, Magersucht etc.). Sie können auf falsche

oder verkürzte Informationen treffen oder in kommerzielle Fallen tappen (beim Einkaufen,

bei Gratisangeboten, Gewinn- oder Glückspielen etc.). Sie können online belästigt,

schikaniert oder bedroht werden (Cybermobbing, -stalking) oder unwissentlich in Kontakt mit

Pädophilen geraten, was besonders problematisch ist, wenn sie sich mit Fremden auch offline

treffen. Zudem besteht die Gefahr des Missbrauchs persönlicher Angaben und sensibler

Daten.

9

Herausforderung für Kinder, Eltern, Lehrer und Lehrerinnen

Obwohl einige dieser Risiken in unserer Gesellschaft nicht grundsätzlich neu sind, ist doch

eine Reihe an Gefahren hinzugekommen. Zudem treten manche in neuen

Kommunikationsumgebungen in veränderter Form auf, sind schwerer zu erkennen oder zu

vermeiden und scheinen sich zu häufen.

Im Laufe des Erwachsenwerdens müssen Kinder und Jugendliche Wissen über den Umgang

mit Risiken in unterschiedlichen Lebensbereichen erlernen. Es handelt sich dabei um Teile

der Alltagskompetenz, um Bildungsgüter, die von Eltern, Erwachsenen, Lehrern und

Lehrerinnen aber auch von Geschwistern, Freunden und Freundinnen vermittelt werden.

Gerade im Bereich von Online-Technologien haben Erwachsene selbst jedoch häufig

Lernbedarf und können Kindern daher nur bedingt als Ratgeber und Vorbilder dienen. Eltern,

die für die Sicherheit ihrer Kinder auch in neuen Kommunikationsumgebungen

verantwortlich sind, begegnen Problemen der Internetkompetenz, der elterlichen Autorität,

des zeitlichen Aufwands sowie der Rechte ihrer Kinder auf Privatsphäre und Selbstentfaltung,

die gerade im Bereich der Online-Nutzung potenziell im Konflikt mit Schutzmaßnahmen

stehen (Informationssuche, eigene Websites oder Blogs, Kommunikation mit Peers etc.).

Eltern, Lehrer und Lehrerinnen sollten daher in ihrer Aufgabe unterstützt werden, und Kinder

brauchen zusätzliche Hilfe, um sich das nötige Wissen aneignen zu können. Zudem stellen

sich Fragen nach möglichen Regulierungen des Internets sowie nach Maßnahmen des

Jugendmedienschutzes.

Wissensbasierte Konzepte sind erforderlich

Um Erziehungsberechtigten und Pädagogen ihre Aufgabe zu erleichtern und Kinder vor

Gefahren zu schützen und zu befähigen, mit unvermeidbaren Risiken umzugehen, ist die

Zusammenarbeit einer Vielzahl von Akteuren und Maßnahmen nötig, die auf unterschiedliche

Bereiche abzielen. Neben dem Kampf gegen illegale oder schädliche Inhalte ist auch die

Förderung des Bewusstseins für Online-Risiken und nicht zuletzt die Vermittlung von

Medien- und Internetkompetenz an Eltern, Lehrer, Lehrerinnen, Kinder und Jugendliche von

Nöten.

Zur Planung und Durchführung effektiver Initiativen wird detailliertes Wissen über

unterschiedliche Arten von Online-Risiken, ihre Verbreitung, ihre Auswirkungen und den

Umgang von Eltern und Kindern damit gebraucht. Da sowohl die Risiken selbst als auch der

alltägliche Kontext, in dem sie auftreten, ständig im Wandel begriffen sind, ist für die

Entwicklung eines flexiblen politischen Rahmens kontinuierliche und kontextuelle Forschung

von zentraler Bedeutung. Es ist Aufgabe der Wissenschaft, die sich verändernden Muster von

Internetnutzung und damit verbundenen Risiken zu identifizieren, aufzuspüren und

einzuschätzen, denn nur auf Basis umfassender Erkenntnisse kann sicher gestellt werden, dass

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Eltern, Lehrer, Lehrerinnen und Kinder aktuelle und verständliche Informationen erhalten, die

auf die Bedürfnisse moderner Familien in all ihrer Diversität, auf die sozialen und kulturellen

Gegebenheiten des jeweiligen Landes sowie auf ökonomische und bildungsbedingte

Unterschiede zugeschnitten sind.

Vielfältige und uneinheitliche Datenbasis innerhalb Europas

Um dieser Agenda nachzugehen, erforschen Wissenschafter und Wissenschafterinnen in

verschiedenen Ländern Europas aus unterschiedlichen Institutionen, Disziplinen und

Forschungstraditionen mit einer Vielfalt an Methoden den Umgang von Kindern,

Jugendlichen und ihren Familien mit dem Internet. Die Studien in Europa variieren deutlich

hinsichtlich Fragestellungen, Anzahl, Alter und Herkunft der Befragten, Erhebungsmethoden

und -instrumenten, Reichweite der Ergebnisse sowie Ausführlichkeit und Sprache der

Berichte. In einigen Ländern liegen zahlreiche Daten vor, manche Regionen sind hinsichtlich

einer Vielzahl von Aspekten aber auf Erkenntnissen aus anderen Staaten angewiesen. Dies

hängt unter anderem mit den unterschiedlichen (forschungs-)politischen Prioritäten der

jeweiligen Länder zusammen, denn bisher beschränkt sich der Großteil der Forschung auf die

nationale Ebene.

Zwar ist länderspezifische Forschung besser geeignet die jeweiligen nationalen Eigenheiten

mit zu bedenken, die Diversität der Zugänge erschwert jedoch die Vergleichbarkeit der Daten

über mehrere Länder hinweg. So bleibt sowohl unklar, in welchem Ausmaß sich Ergebnisse

einzelner Studien auf das jeweilige Land beschränken oder generelle Gültigkeit haben, als

auch wie kulturelle Faktoren Erfahrungen mit Online-Risiken in unterschiedlichen Ländern

beeinflussen.

Zwischen nationalen Besonderheiten und länderübergreifenden Gemeinsamkeiten

Welche potenziellen Gefahren auftreten, was überhaupt als Gefährdung bewertet wird und

welche Reaktionen darauf folgen, hängt von kulturellen, sozialen und politischen

Rahmenbedingungen ab, denn Risiken ergeben sich aus einem spezifischen Zusammenspiel

von unterschiedlichen Faktoren, die national variieren. Dazu zählt die Beschaffenheit des

Internetmarkts, die Art und Vielfalt an Websites und Services in der jeweiligen Sprache, die

regulativen Rahmenbedingungen, Jugendmedienschutzbestimmungen und deren Kontrolle,

der öffentliche und mediale Diskurs zum Thema Online-Medien, die Diffusion von

(Breitband-)Internet in der Bevölkerung, die Verbreitung von Internetzugängen in Schulen,

Ausbildungseinrichtungen, Bibliotheken und öffentlichen Räumen und nicht zu letzt die

Arten der Internetnutzung, das Problembewusstsein und die Internetkompetenz von Eltern,

Lehrern, Lehrerinnen und Kindern. Auch unterschiedliche Auffassungen von Kindheit, der

Verantwortung von Eltern, Schule, Politik und Internetindustrie, der Balance zwischen

persönlicher Freiheit und Protektion sowie grundlegende Werte spielen eine Rolle.

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Online-Risiken sind daher nicht per se vorhanden, sondern entstehen unter bestimmten

Bedingungen und müssen als kultur- und länderspezifische Konstruktionen verstanden

werden. Dennoch gibt es hinsichtlich der Erfahrungen von Kindern in Europa auch

Übereinstimmungen, die auf Grund ähnlicher Rahmenbedingungen oder grundlegender

Zusammenhänge entstehen. Das Wissen um diese Gemeinsamkeiten ist ein wichtiger

Ausgangspunkt für länderübergreifende Zusammenarbeit auf wissenschaftlicher und

politischer Ebene und ermöglicht es, Erkenntnisse und Erfahrungen von einem Land auf

andere zu übertragen, um Lehren daraus zu ziehen.

Ohne vergleichende Perspektive läuft nationale Forschung Gefahr, einerseits die Ergebnisse

aus nationalen Studien über zu interpretieren und kulturelle Spezifika zu übersehen, und

andererseits generelle Erkenntnisse als Eigenheiten einzelner Länder zu interpretieren und

somit Erkenntnisgewinn und -austausch zu behindern. Im schlechtesten Fall könnte jedes

Land damit fortfahren, punktuelle Forschung durchzuführen, nationalen Krisen und medialen

Paniken zu folgen, die Erfahrungen aus anderen Ländern weitgehend zu ignorieren oder aber

Ergebnisse aus vergleichbaren Staaten unangemessen auf den eignen nationalen Kontext zu

übertragen.

Welche Online-Risiken und -Chancen lassen sich konkret identifizieren?

Um Studien aus 21 unterschiedlichen Ländern im Hinblick auf den sicheren Umgang von

Kindern und Jugendlichen mit Online-Medien vergleichen zu können, ist es vorab nötig, ein

Verständnis von Online-Risiken und -Chancen zu entwickeln, das sich auf alle Arbeiten

gleichermaßen anwenden lässt.

Das Verständnis von Möglichkeiten und Gefahren des Internets hängt mit einer Reihe von

Faktoren zusammen, die national zum Teil erheblich variieren. Auch innerhalb einzelner

Länder unterscheiden sich Auffassungen z.B. zwischen Eltern, Pädagogen und Kindern bzw.

Jugendlichen in Abhängigkeit von persönlichen Erfahrungen und Einstellungen.

In einem ersten Schritt wurden daher möglichst viele potenzielle Gefahren und Möglichkeiten

im Zusammenhang mit der Nutzung von Online-Technologien gesammelt, ohne Bewertungen

vorzunehmen. Manche davon sind in erster Linie für Kinder, andere eher für Erwachsene

relevant.

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Chancen Risiken

- Zugang zu globalen Informationen und Bildungsressourcen für private, berufliche und Ausbildungszwecke

- Zugang zu neuen Unterhaltungsmöglichkeiten

- Ausdruck der eigenen Identität, Selbstentfaltung, Selbstpräsentation

- Möglichkeiten zur kreativen Betätigung und der Gestaltung eigener Inhalte

- Download von Daten: Programme, Spiele, Musik, Filme etc.

- Erleichterung bei der Erledigung alltäglicher Tätigkeiten (Einkaufen, Reservierungen, Reiseplanung, Behördenwege, Banking etc.)

- Möglichkeiten zu öffentlichem oder politischem Engagement

- Plattformen zur Bildung von und Teilhabe an neuen Gemeinschaften

- Erleichterung der Pflege bestehender und dem Aufbau neuer Kontakt durch neue Kommunikationstools

- Gemeinsame Erfahrungen mit Personen, die nicht vor Ort sind

- Teilhabe an der Jugendkultur

- Neue Möglichkeiten der Karriereförderung

- Zugang zu Ratgebern zu beruflichen, gesundheitlichen, rechtlichen, sexuellen u.a. Fragen

- Aneignung von Qualifikationen im Umgang mit neuen Technologien

- Beschädigung von Computer oder Daten durch Viren, Spyware, Trojaner etc.

- Zugang Fremder zu sensiblen Daten (Phishing, Knacken von Passwörter, Hackerangriffe, polizeiliche Überwachung etc.)

- Missbrauch von persönlichen Informationen, Missachtung der Privatsphäre

- Unerwünschte Kontaktaufnahme oder Zusendungen (Spam)

- Unausgewogene oder falsche Informationen

- Konfrontation mit illegalen Inhalten (Kinderpornographie, Verstöße gegen das Wiederbetätigungsgesetz)

- Konfrontation mit bedenklichen Inhalten (Gewalt, Hass, Pornographie, Rassismus, Diskriminierung)

- Verharmlosung von Selbstmord, Selbstverletzung, Magersucht etc.

- Aufforderung und Anleitungen zu gewalttätigen oder strafbaren Handlungen

- Unangenehme, verletzende oder bedrohliche Online-Kontakte, Cybermobbing oder -stallking

- Kontakt zu Fremden (online und offline)

- Kommerzielle Beeinflussung durch (ungekennzeichnete) Werbung

- Kommerzielle Fallen

- Internetsucht

Tabelle 1: Online-Chancen und -Risiken. Quelle: Hasebrink/ Livingstone/ Haddon 2008: 6.

Klassifizierung von Online-Chancen und -Risiken

In einem zweiten Schritt wurde der Versuch unternommen, die zentralen Voraussetzungen für

Online-Risiken und -Chancen zu beschreiben und unterschiedliche Arten von negativen und

positiven Erlebnissen inklusive ihrer Konsequenzen systematisch darzustellen. Das Ergebnis

ist in Form von zwei Modellen (Abbildung 1 für Risiken und Abbildung 2 für Chancen)

dargestellt und wird im Folgenden näher beschrieben.

Da Online-Möglichkeiten und -Gefahren mit Erfahrungen während oder in Folge der

Verwendung von Online-Technologien zusammen hängen, stellen Zugang und Nutzung zwei

grundlegende Voraussetzungen für das Auftreten von Chancen oder Risiken dar. In den

beiden Modellen (siehe Abbildung 1 und 2, Kästchen links) sind sie daher der Klassifizierung

unterschiedlicher Gefahren bzw. Möglichkeiten vorgeschalten.

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Dabei ist nicht nur von Bedeutung, ob Kinder Zugang zum Internet haben und damit

potenziell Chancen vorfinden oder Risiken ausgesetzt sind, sondern auch an wie vielen und

welchen Orten sie online gehen können (zu Hause, in der Schule, bei Freunden oder

Freundinnen etc.); denn diese unterscheiden sich hinsichtlich Einschränkungen,

Regulierungen oder Begleitung durch Eltern, Lehrer, Lehrerinnen oder Aufsichtspersonen.

Auch die gemeinsame Nutzung mit Peers, Geschwistern oder Bekannten kann bestimmte

Risiken oder Möglichkeiten verstärken, da die Entscheidung, was wie lange genutzt wird,

nicht mehr bei einem Kind alleine liegt.

Das Verhalten der Kinder online, die Bandbreite und Art der Aktivitäten, denen sie online

nachgehen, sowie die Häufigkeit und Dauer der Nutzung sind ebenfalls zentrale

Einflussgrößen hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit, positive oder negative Erfahrungen zu

machen. Hohe Intensität der Nutzung bringt einerseits die Gefahr von Internetsucht mit sich,

andererseits aber auch die Chance, sich zahlreiche Kompetenzen im Umgang mit Online-

Technologien anzueignen. Darüber hinaus spielen Vorlieben der Kinder für mehr oder

weniger risikobehaftete Aktivitäten und Faktoren wie Internetkenntnisse und

Medienkompetenz eine Rolle.

In Abhängigkeit von Art des Zugangs und der Nutzung sind Kindern potenziell einer Reihe

von Risiken ausgesetzt, die in Abbildung 1 in einer zweidimensionalen Matrix systematisch

geordnet und in Beziehung zueinander gesetzt werden. Abbildung 2 zeigt eine ähnliche

Darstellung für die Chancen von Online-Technologien. Ausgangspunkt für die

Systematisierung ist die Frage, welche Prozesse zu Risiken oder Möglichkeiten führen. Da es

sich dabei um Kommunikationsprozesse handelt, in denen Kinder einerseits verschiedene

Rollen einnehmen können und die Kommunikationspartner anderseits auf Grund

verschiedener Motive handeln, wurden diese beiden Dimensionen der Klassifizierung zu

Grunde gelegt.

Die erste Spalte der Matrix referiert auf die Rolle des Kindes, das entweder Rezipient, aktiver

Teilnehmender an einem Kommunikationsprozess oder aber Akteur und Initiator einer

kommunikativen Handlung sein kann. In Abhängigkeit davon handelt es sich um Risiken oder

Chancen durch angebotene Inhalte, durch Kontakte oder durch das Verhalten des Kindes

(siehe Abbildung 1 und 2).

Die oberste Reihe der Matrix verweist auf die Motive der Kommunikationsteilnehmer, die

entweder potenziell problematisch oder aber förderlich sind. Als Beweggründe, die negative

Konsequenzen nach sich ziehen können, wurden kommerzielle, aggressive und sexuelle

Interessen sowie Motive im Zusammenhang mit bestimmten Wertvorstellungen oder

Ideologien festgelegt (Abbildung 1). Zu potenziell förderlichen Motiven zählen (Aus-)bildung

und Lernen, Partizipation und öffentliches Engagement, kreative Betätigung sowie Identitäts-

und Beziehungsmanagement (Abbildung 2).

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Jede Zelle der Matrix gibt Beispiele für spezifische Risiken bzw. Chancen an, die aus der

Kombination einer bestimmten Transaktionsart (und damit einhergehenden einer bestimmten

Rolle des Kindes) und einer bestimmten Motivation der Kommunikationsteilnehmer

entstehen können. Die Auflistung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Im unteren

Teil der Abbildung wird zudem notiert, welche negativen bzw. positiven Konsequenzen

jeweils daraus folgen können.

Abbildung 1: Klassifizierung von Online-Risiken. Quelle: Hasebrink/ Livingstone/ Haddon 2008: 9.

Falsche, verzerrte, rassistischen,

blasphemische etc. Informationen

verbreiten

Problematische sexuelle oder

pornographische Inhalte

veröffentlichen

Andere bedrohen, verletzten oder

verfolgen, Täter von Cybermobbing oder

-stallking

Urheberrechtsver-letzungen (z.B.

illegaler Download), kommerzielle Mails

verbreiten

Verhalten (Kind kontaktiert jemanden) “Kind als Akteur”

Falsche, verzerrte, rassistischen,

blasphemische etc. Informationen

erhalten

Sexuelle Belästigung, Kontakt zu

Pädophilen (online und offline)

Unangenehme, verletzende oder

bedrohliche Online-Kontakte, Opfer von Cybermobbing oder

-stallking

Kommerzielle Fallen, Glücksspiel

Kontakt (Jemand anderer stellt Kontakt her) “Kind als Teilnehmer”

Fehlinformationen, Rassismus, Blasphemie,

Verharmlosung von Selbstmord,

Selbstverletzung, Magersucht etc.

Problematische sexuelle oder

pornographische Inhalte

Gewalthaltige, hasserfüllte Websites/ Inhalte, Aufforderung und Anleitungen zu

gewalttätigen Handlungen

Kommerzielle Beeinflussung durch

Werbung

Missbrauch persönlicher

Informationen

Inhalt (Was wird im Web angesehen) “Kind als Rezipient”

Werte/ Ideologien

Sexualität Aggression Kommerzielle Interessen

Motive

Rolle des Kindes

Zugang Zu Hause, in der

Schule, bei Freunden oder

Freundinnen, an anderen Orten?

Kontrolliert oder un-beaufsichtigt?

Von wem?

Nutzung Welche Services

zu welchem Zweck?

Häufigkeit und Dauer der Nutzung

Zeitverlust, Internetsucht, Abhängigkeit

Orientierung im alltäglichen

Leben

Körperlicher und seelischer Schaden,

sexuelle Orientierung

Körperliche und seelischer

Schaden, Angst, Aggressivität

Finanzielle Konsequenzen,

Beeinträchtigung der Privatsphäre

Negative Konsequenzen

16

Ausdruck der eigenen Identität, Selbstentfaltung,

Selbstpräsentation

Gestaltung eigener Inhalte

Konkrete Formen öffentlichen Engagements

Selbst initiierte Formen von

kollaborativem Lernen

Verhalten (Kind kontaktiert jemanden)

“Kind als Akteur”

Social Networking, Online-Communities,

gemeinsame Erfahrungen mit

Personen, die nicht vor Ort sind,

Teilhabe an der Jugendkultur

An kreativen Prozessen mit

anderen teilnehmen

Austausch in Interessens-

gemeinschaften

Austausch mit anderen, die

dieselben Themen bearbeiten,

kollaboratives Lernen

Kontakt (Jemand anderer stellt Kontakt her) “Kind als Teilnehmer”

Kommunikations-services und

Plattformen zur Pflege und dem

Aufbau von Kontakten, Online-

Ratgeber

Websites/ Plattformen/ Online-Tools zur kreativen Betätigung und der Gestaltung eigener

Inhalte

Zugang zu globalen Informationen von

öffentlichem Interesse, zu

Behörden- und Regierungsseiten

oder -portale

Zugang zu Bildungs-ressourcen

(Informationen, Lernmaterialien, Lernplattformen,

Online-Lernspiele)

Inhalt (Was wird im Web angesehen) “Kind als Rezipient”

Identität und soziale

Vernetzung

Kreativität Partizipation und öffentliches

Engagement

(Aus-)bildung und Lernen

Motive

Rolle des Kindes

Zugang Zu Hause, in der

Schule, bei Freunden oder

Freundinnen, an anderen Orten?

Kontrolliert oder un-

beaufsichtigt? Von wem?

Nutzung Welche Services

zu welchem Zweck?

Häufigkeit und Dauer der Nutzung

Technische Fähigkeiten,

Medien-kompetenz

Identitäts- und Beziehungs-management

Kreative Fähigkeiten

Öffentliche Teilhabe/

Engagement

Wissen, Fähigkeiten,

Karriereförderung

Positive Konsequenzen

Abbildung 2: Klassifizierung von Online-Chancen. Quelle: Hasebrink/ Livingstone/ Haddon 2008: 10.

17

Die vorliegende Klassifizierung ermöglicht eine systematische Betrachtung von Online-

Chancen bzw. -Risiken und ihrer Konsequenzen; sie beinhaltet jedoch auch einige

Einschränkungen, auf die an dieser Stelle hingewiesen werden soll:

1) Einerseits sind die Grenzen der unterschiedlichen Kategorien zum Teil nicht

trennscharf, denn unterschiedliche Motive (z.B. Aggression und Sexualität) können

gleichzeitig zutreffen. Anderseits umfassen manche Kategorien sehr

unterschiedliche Arten von Risiken und sind damit etwas breit gefasst (z.B. im

Bereich der Sexualität).

2) Aspekte der Verletzung von Privatsphäre lassen sich in diesem Modell nicht

eindeutig zuordnen, sondern liegen quer zu den Kategorien. Darunter fallen Risiken

durch Viren, Spyware, Trojaner, unerwünschte Kontaktaufnahme oder

Zusendungen (Spam) sowie der Zugang Fremder zu sensiblen Daten (etwa durch

Phishing, das Knacken von Passwörter, Hackerangriffe, polizeiliche Überwachung

etc.).

3) Des Weiteren lassen sich in die Klassifizierung der Online-Chancen bestimmte

Vorteile der Internetnutzung nicht einordnen. Dies gilt z.B. für den Zugang zu

neuen Unterhaltungsangeboten und -formen, Downloadmöglichkeiten von

Programmen, Spielen, Musik oder Filme und Erleichterungen bei der Erledigung

alltäglicher Tätigkeiten (Einkaufen, Reservierungen etc.).

Strukturierung des Forschungsfeldes

Ein wesentliches Ziel von EU Kids Online ist es, Unterschiede und Gemeinsamkeiten

hinsichtlich Erfahrungen von Kindern und Jugendlichen mit Online-Risiken bzw. -

Chancen in Europa nachzuzeichnen und zu erklären. Dazu müssen all jene Faktoren

benannt und in einen systematischen Zusammenhang gebracht werden, die darauf Einfluss

nehmen können. Es handelt sich dabei um eine große Anzahl an Aspekten, da der Zugang

und die Nutzung des Internets in familiale, schulische, soziale, kulturelle, politische und

ökonomische Kontexte eingebettet ist. Um die unterschiedlichen Faktoren zu organisieren,

wurden sie in unabhängige Variablen, intervenierende Variablen und kontextuelle Faktoren

eingeteilt.

Zu den wesentlichen unabhängigen Variablen zählen bisheriger Forschung zu Folge Alter,

Geschlecht und der sozioökonomische Status der Familie (finanzieller Wohlstand,

Bildungshintergrund, beruflicher Status, Wohnumgebung etc.). Diese Faktoren können

sowohl Zugang und Nutzung von Online-Technologien als auch damit verbundene

Aktivitäten, Einstellungen und Kompetenzen beeinflussen.

18

Zugang, Nutzung, Einstellungen, Kompetenzen und Aktivitäten sind einerseits von

sozioökonomischen Gegebenheiten abhängig, stellen anderseits aber wiederum zentrale

Faktoren für unterschiedliche Erfahrungen mit Risiken und Gefahren dar. Aus diesem

Grund können sie als intervenierende Variablen bezeichnet werden. Weitere vermittelnde

Faktoren sind das Verhalten von Eltern, Lehrern, Lehrerinnen, Geschwistern, Peers,

Verwandten und Bekannten. Eltern ermöglichen ihren Kinder auf unterschiedliche Weise

Zugang zu Online-Technologien bzw. beschränken diesen, sie begleiten oder regulieren

Online-Aktivitäten ihrer Kinder und beeinflussen damit ihre Erfahrungen mit Gefahren und

Chancen. Ihre Handlungen sind wiederum durch den eigenen Umgang mit dem Internet

(Nutzung, Erfahrungen, Fähigkeiten, Einstellungen) und indirekt mit sozioökonomischen

Faktoren verbunden. Für Lehrer, Lehrerinnen, Freunde und Freundinnen – möglicherweise

auch für Geschwister, Verwandte oder Bekannte – können ähnliche Einflüsse

angenommen werden; dazu liegen bisher allerdings kaum Ergebnisse vor.

Über diese auf der individuellen Ebene einzelner Kinder angesiedelten Faktoren hinaus,

lassen sich noch eine Reihe kontextueller Variablen benennen, die vermutlich Erfahrungen

mit Risiken und Möglichkeiten in unterschiedlichen europäischen Ländern beeinflussen.

Es handelt sich dabei um makrogesellschaftliche bzw. länderspezifische

Rahmenbedingungen. Dazu zählen a) die Medienumgebung des jeweiligen Landes, b) ICT

Regulierungen, c) der öffentliche Diskurs zur Internetnutzung von Kindern und möglichen

Chancen und Risiken des Internets, d) generelle Werte und Einstellungen in Bezug auf

Erziehung, Kindheit und Technologie und e) das jeweilige Bildungssystem.

Die folgende Grafik (Abbildung 3) bildet sämtliche zentralen Variablen und ihre

hypothetischen Verbindungen zueinander ab und zeichnet damit die Struktur des

Forschungsfeldes nach.

Die in diesem Kapitel beschriebenen Systematisierungen von Online-Risiken bzw. -

Chancen und deren zentralen Einflussfaktoren bilden das zentrale begriffliche

Handwerkszeug für sämtliche Arbeitsschritte von EU Kids Online, wenngleich sie auch

nicht für alle Analysen in gleichem Ausmaß relevant sind.

19

Länderebene

Vermittlung durch Eltern, Lehrkräfte und Peers

Online-Aktivitäten von Kindern und Jugendlichen

Risiken und Chancen

Geschlecht

Sozio-ökonomischer Status

Alter

Medien- umgebung

IKT Regulation

Bildungs- system

Einstellungen und Werte

Öffentlicher Diskurs

Nutzung

Zugang

Einstellungen Fähigkeiten

Individuelle Ebene

Abbildung 3: Strukturierung des Forschungsfeldes. Quelle: Hasebrink/ Livingstone/ Haddon 2008: 7.

20

3 Sechs Arbeitspakete, ihre Schwerpunkte und Ergebnisse

Das Arbeitsprogramm von EU Kids Online umfasst verschiedene Fragestellungen5 und

Aufgaben, denen im Rahmen von sechs Arbeitspaketen (Workpackages) nachgegangen

wird. Für jedes dieser Pakete ist ein Wissenschafter oder eine Wissenschafterin

(Workpackage leader) hauptverantwortlich; er bzw. sie leitete die Arbeiten und führt sie in

Zusammenarbeit mit anderen Mitgliedern des EU Kids Online-Projekts durch. Alle 21

Projektteams sind – wenn auch in unterschiedlicher Form und Intensität – an allen sechs

Arbeitsschritten beteiligt.

In halbjährlichen Projekttreffen werden die Tätigkeiten des Netzwerks koordiniert und die

weitere Vorgehensweise besprochen. Die bisherigen Treffen fanden in London (Juni

2006), Hamburg (Dezember 2006), Warschau (Juni 2007), Brüssel (November 2007) und

zuletzt in Salzburg (Juni 2008) statt. Das nächste Mal treffen sich die EU Kids Online-

Mitglieder im November 2008 in Lissabon. Eine Abschlusskonferenz zu Projektende im

Juni 2009 in London dient der öffentlichen Präsentation der Ergebnisse.

Im Folgenden werden die sechs Arbeitspakete und der Zeitplan des Projekts kurz

beschrieben; anschließend geht je ein Unterkapitel näher auf die Ziele und Ergebnisse der

unterschiedlichen Arbeitsbereiche ein.

Arbeitspaket 1: Forschungsstand

Das Ziel dieses Arbeitspakets ist es, Muster der Verfügbarkeit von Daten in Europa

nachzuzeichnen und Forschungslücken zu identifizieren. Zu diesem Zweck wurden

sämtliche Studien zum Umgang von Kindern, Jugendlichen und ihren Familien mit dem

Internet zusammen getragen, um Quantität, Qualität und Vergleichbarkeit von Daten in

Europa zu erheben. Der Korpus aus inzwischen 358 Studien6 umfasst Arbeiten aus den 21

beteiligten Ländern sowie länderübergreifende Forschung. Die Recherchearbeiten werden

bis zum Ende des Projekts im Juni 2009 weiter geführt.

Arbeitspaket 2: Forschungskontexte

Das zweite Arbeitspaket widmet sich der Frage nach Ursachen für die unterschiedliche

Forschungslage innerhalb Europas. Dazu werden Forschungskontexte in den

teilnehmenden Ländern erhoben, miteinander verglichen und hinsichtlich ihrer Bedeutung

für die Verfügbarkeit von Daten zum Umgang von Kindern, Jugendlichen, ihren Eltern,

Lehrern und Lehrerinnen mit dem Internet analysiert. Neben Finanzierungsstrukturen,

5 Siehe dazu Kapitel 1 des vorliegenden Berichts. 6 Stand Juni 2008.

21

institutionellen Rahmenbedingungen und nationalen Forschungstraditionen werden auch

politische Initiativen und mediale Debatten in den Blick genommen. Die Analysen dieses

Arbeitspakets sind noch in Arbeit und werden mit Ende 2008 abgeschlossen.

Arbeitspaket 3: Länderübergreifender Vergleich der Ergebnisse

Ein weiteres, zentrales Arbeitspaket widmet sich dem länderübergreifenden Vergleich

verfügbarer Daten, um Unterschiede und Gemeinsamkeiten hinsichtlich negativer und

positiver Erfahrungen von Kindern und Jugendlichen mit Online-Technologien innerhalb

Europas nachzuzeichnen und zu erklären. Auf Basis eines Modells zu möglichen

Einflussfaktoren auf Online-Chancen und Risiken,7 das mögliche Einflussvariablen

benennt und ihre Relationen zueinander abbildet, wurden Hypothesen und Fragestellungen

entwickelt. Diese wurden anschließend an Hand von Ergebnissen aus den beteiligten

Ländern und aus internationalen Studien überprüft.

Arbeitspaket 4: Forschungsmethodologie

Da die identifizierten Studien innerhalb Europas sehr verschieden angelegt sind, will das

EU Kids Online-Netzwerk durch seine Tätigkeiten in Arbeitspaket 4 zukünftigen

Forschern und Forscherinnen einen Überblick über methodologische Zugänge zur

Erforschung von Online-Erfahrungen von Kindern und Jugendlichen sowie zu

kulturübergreifenden Analysen an die Hand geben (Lobe/ Livingstone/ Haddon 2007).

Darüber hinaus wurde ein Best-Practice-Guide (Lobe et al. 2008) entwickelt, der bisherige

Erfahrungen in diesem Forschungsfeld zusammen trägt und Hilfestellung für Planung und

Durchführung weiterer Studien bietet.

Arbeitspaket 5: (Forschungs-)politische Empfehlungen

Aus den Erkenntnissen aller vorangehenden Arbeitsschritte werden in der letzten Phase des

Projekts Empfehlungen für politische Maßnahmen im Bereich Kinder, Jugendliche und

Internet formuliert. Diese betreffen sowohl forschungsstrategische Entscheidungen als

auch Maßnahmen zur Förderung der öffentlichen Aufmerksamkeit und des sicheren

Umgangs mit Online-Medien. Die Tätigkeiten in diesem Bereich haben erst im Juni 2008

begonnen; derzeit liegen daher noch keine Ergebnisse vor. Das österreichische Team wird

sich an den Arbeiten aktiv beteiligen.

7 Siehe dazu Seite 17ff. des vorliegenden Berichts.

22

Arbeitspaket 6: Dissemination

Um die Arbeit in EU Kids Online für Wissenschaft, Politik, Anbieter von Internetservices,

NGOs, (Medien-)Pädagogen und nicht zuletzt für die Betroffenen Kinder, Jugendlichen

und ihre Familien furchtbar zu machen, arbeiten die Mitglieder von EU Kids Online

kontinuierlich daran, das Projekt und seine Ergebnisse bekannt zu machen. Die Aktivitäten

richten sich sowohl an internationale Akteure als auch an Stakeholder innerhalb der

beteiligten Länder.

Die folgende Tabelle zeigt, wie sich die einzelnen Arbeitsschritte auf die Laufzeit des

gesamten Projekts zwischen Juni 2006 und 2009 verteilen. Die Angaben zum Abschluss

der Arbeitspakete beziehen sich dabei auf die Fertigstellungen der zentralen

Ergebnisberichte. Dies bedeutet aber nicht, dass danach keine weitere Recherchen,

Analysen oder Aktualisierungen zu den einzelnen Bereichen mehr vorgenommen werden

müssen.

2006 (ab Juni)

2007 2008 2009 (bis Juni)

AP 1

AP 2

AP 3

AP 4

AP 5

AP 6

Tabelle 2: Zeitplan der einzelnen Arbeitspakete. Quelle: Eigene Darstellung.

23

3.1 Arbeitspaket 1: Zum Forschungsstand in Europa und Österreich

3.1.1 Ziele und Vorgehensweise

Die Grundlage für sämtliche Arbeitsschritte von EU Kids Online bildete Arbeitspaket 1,

das nach der Datenlage zum Umgang von Kindern, Jugendlichen, ihren Familien, Lehrern

und Lehrerinnen mit dem Internet fragt. Es zielte darauf ab, sämtliche empirische Studien

in den beteiligten Ländern zu identifizieren, einen Überblick über Aktualität,

Zugänglichkeit, Finanzierung, methodische Ansätze und thematische Aspekte der Studien

zu liefern, Forschungstrends innerhalb Europas zu benennen und Defizite zu identifizieren.

Dazu sammelten die Länderteams nationale und internationale Studien, die a) auf Kinder

(insbesondere Null bis 17 Jahre), deren Familien, Lehrer oder Lehrerinnen fokussieren,

sich b) mit Online-Technologien (vor allem dem Internet) befassen und c) empirische

Daten zu mindestens einem europäischen Land enthalten. Besonderes Augenmerk lag auf

Aspekten der Nutzung sowie auf Chancen und Risiken von Online-Technologien.

Da ein und dieselbe Untersuchung oft in unterschiedlichen Artikeln und Berichten

publiziert wird, ist die Untersuchungseinheit nicht ein Veröffentlichung sondern ein

Projekt.8 Voraussetzung für die Berücksichtigung einer Studie ist ein öffentlich

zugänglicher Bericht oder zumindest eine Zusammenfassung, die zentrale Informationen

über die methodische Vorgehensweise und das Sample sowie aussagekräftige Teile der

Ergebnisse beinhaltet. Studien, die zu kommerziellen Zwecken durchgeführt wurden,

Erhebungen mit Fokus auf die Gesamtbevölkerung oder Mehrthemenstudien zur Lage der

Kinder bzw. der Jugend erfüllen diese Bedingungen leider häufig nicht.

Bis Ende Juni 2008 wurden insgesamt 358 Studien identifiziert und nach Kriterien der

Reichweite, Zugänglichkeit und Relevanz codiert. Dabei wurde erfasst, wer die Studien

finanziert, zu welchen Ländern Daten enthalten sind, in welcher Form und Sprache

Berichte zugänglich sind, welcher methodologischer Ansatz verfolgt und welche Methoden

eingesetzt werden, auf welche (Alters-)Gruppe die Studie abzielt, welche Reichweite das

Sample hat und insbesondere welche thematischen Aspekte behandelt werden.

8 Veröffentlichungen, die keine Ergebnisse empirischen Erhebungen berichten, sind nicht in der Sammlung enthalten, wurden aber gesichtet und bei unterschiedlichen Arbeitsschritten des Netzwerks mit bedacht.

24

27 der 358 Studien beinhalten zumindest zum Teil Daten für Österreich. Weitere sechs

Studien aus Österreich konnten wegen mangelnder Aussagekraft der Ergebnisse oder

fehlender Informationen nicht aufgenommen werden.9 Leichte Abweichungen hinsichtlich

der Anwendung der Auswahlkriterien zwischen den Länderteams konnten nicht vermieden

werden.10 Unterschiede gibt es vor allem hinsichtlich des Umgangs mit unveröffentlichten

Dissertationen und Magister- bzw. Diplomarbeiten.11 Die Aussagekraft von Arbeitspaket 1

liegt daher weniger in den exakten Zahlen – diese sollten nicht überinterpretiert werden –

sondern vielmehr in der Identifizierung von Forschungstrends und -mustern.

Die Ergebnisse aus Arbeitspaket 1 wurden verschiedenen Formen und Berichten

veröffentlicht:

1) Sämtliche identifizierte Studien sind in einer Online-Datenbank erfasst, die über die

Website des Projekts (www.eukidsonline.net) abgerufen werden kann und

kontinuierlich erweitert wird. Sie ermöglicht die Suche nach nationalen und

länderübergreifenden Studien entlang 16 unterschiedlicher Suchkategorien. Diese

Form der Publikation ermöglicht dem EU Kids Online-Netzwerk, Interessierten

einfachen Zugang zu Studien aus ganz Europa zu verschaffen und somit Teile der

Arbeit des Projekts zeitnah fruchtbar zu machen.

2) Alle bis zum Frühjahr 2007 erfassten Studien wurden zudem vergleichend

ausgewertet, um Muster der Verfügbarkeit von Daten innerhalb Europas

nachzuzeichnen und Forschungslücken zu identifizieren. Die Ergebnisse sind in

Form eines Berichts (Staksrud/ Livingstone/ Haddon 2007) dokumentiert, der

ebenfalls auf der Website des Projekts abgerufen werden kann. Eine aktualisierte

Version erscheint zum Projektabschluss im Juni 2009. Für den vorliegenden Text

wurde der Großteil der Analysen auf Basis aller bis Juni 2008 identifizierten

Studien neu durchgeführt.

9 So weisen öffentliche zugängliche Zusammenfassungen des Austrian Internet Monitor (AIM), des GfK Online Monitors und der Media Analyse, die Jugendliche ab 14 Jahren berücksichtigen, die Ergebnisse nur für die Gesamtbevölkerung aus. Da sie – mit Ausnahme weniger Eckdaten zur Nutzung – nicht zwischen Altersgruppen unterscheiden, lassen sich daraus kaum relevanten Ergebnisse für Jugendliche ablesen. Auch Mehrthemenstudien zur Lage der Jugend enthalten zum Teil nur eine Frage zur Nutzung des Internets und liefern daher wenig brauchbare Informationen. Dies gilt in Österreich für die Jugendstudie 2003, die vom market Institut durchgeführt wurde. Auch zur regelmäßigen GfK Erhebung Jugend Online liegen für das Jahr 2006 und 2007 zu wenig öffentliche Informationen vor. Jugend Online 2005 (GfK 2005) konnte jedoch berücksichtigt werden, da für dieses Jahr ausführlichere Angaben zugänglich sind. 10 So gibt es beispielsweise leicht unterschiedliche Auffassungen davon, ob Informationen in kurzen Zusammenfassungen oder Pressesendungen ausreichend sind, um die Studie aufzunehmen. 11 In manchen Ländern, insbesondere in jenen, die insgesamt eine große Anzahl an Studien aufweisen, wurden sie grundsätzlich nicht berücksichtigt, andere Länderteams – darunter auch Österreich – erfassten nur jene Arbeiten, die als qualitativ hochwertig zu bezeichnen sind und damit die Forschung in diesem Bereich zweifelsohne bereichern.

25

Manfred Rathmoser, Mitarbeiter des österreichischen EU Kids Online-Team hat im

Rahmen seiner Magisterarbeit die Aufgabe übernommen, den österreichischen

Forschungstand systematisch aufzuarbeiten und für die internationalen Analysen im

Rahmen von Arbeitspaket eins aufzubereiten. Die Abschlussarbeit von Rathmoser (2007)

liefert einerseits einen ausführlichen Überblick über österreichische Studien in diesem

Forschungsfeld, ihre Vorgehensweise und Ergebnisse und beleuchtet andererseits die

Arbeit von österreichischen Initiativen zur sicheren Nutzung des Internets.

Darüber hinaus wiederholte Christina Ortner im Sommer 2008 den Großteil der

internationalen Analysen, die das Londoner Team im ersten Jahr des Projekts durchgeführt

hatte, auf Basis der aktualisierten Datenbank (siehe das das folgende Kapitel). Da das

österreichische EU Kids Online-Team also wesentlich an den Tätigkeiten im Rahmen von

Arbeitspaket 1 beteiligt war, werden die Ergebnisse in den folgenden Kapiteln ausführlich

dargestellt.

3.1.2 Zur Datenlage in Europa 12

Große Unterschiede zwischen den Ländern

Der Korpus aus insgesamt 358 Studien, die bis Juni 2008 zusammengetragen wurden, setzt

sich aus nationalen und multinationalen Arbeiten unterschiedlicher Größe zusammen. Die

Mehrheit der Studien interessiert sich hauptsächlich für den Umgang von Kindern oder

Jugendlichen mit dem Internet.

Es sind jedoch auch Jugendstudien enthalten, die eine Reihe unterschiedlicher Themen –

darunter auch Aspekte der Internetnutzung – behandeln. Andere wiederum zielen zwar auf

Online-Technologien ab, interessieren sich aber in erster Linie für Daten zur gesamten

Bevölkerung und berücksichtigen dabei Personen ab 14 bzw. 16 Jahren. Sowohl

Mehrthemenstudien als auch Erhebungen zur Gesamtbevölkerung machen ca. 19 Prozent

der österreichischen Studien aus; nur 17 Arbeiten (ca. 63 Prozent) stellen die

Internetnutzung von Kindern und Jugendliche in den Mittelpunkt.

In allen 21 Ländern des EU Kids Online-Netzwerks sind Daten zur Internutzung von

Kindern und Jugendlichen vorhanden, allerdings in sehr unterschiedlichem Ausmaß.

Während das Thema in Deutschland (74 Studien) und Großbritannien (67 Studien) sehr

häufig bearbeitet wird, wurden in Island (elf), Bulgarien (neun) und Zypern (fünf) nur

vereinzelt Erhebungen durchgeführt. Österreich liegt mit 27 Studien zusammen mit Italien

(29), Portugal (27), Frankreich (26) und Norwegen (25) im oberen Mittelfeld.

12 Stand vom Juni 2008.

26

Tabelle 3 zeigt die Anzahl der Studien pro Land – einmal mit und einmal ohne

unveröffentlichte Dissertationen und Magister- bzw. Diplomarbeiten. Die zweite Zahl

bildet eine bessere Vergleichsbasis, da Abschlussarbeiten von den Länderteams

unterschiedlich berücksichtigt wurden. Rechnet man studentische Arbeiten nicht hinzu

rutschen Österreich, Schweden und vor allem Portugal in der Reihung etwas zurück.

Anzahl der Studien Mit unveröffentlichten Ohne unveröffentlichte Land Abschlussarbeiten Abschlussarbeiten

Deutschland 74 69 Großbritannien 67 65 Griechenland 39 39 Belgien 37 36 Dänemark 33 29 Schweden 31 23 Italien 29 29 Österreich 27 23 Portugal 27 19 Frankreich 26 25 Norwegen 25 25 Estland 22 22 Spanien 21 21 Niederlande 19 19 Tschechische Republik 15 15 Polen 14 14 Slowenien 14 14 Irland 14 14 Island 11 11 Bulgarien 9 9 Zypern 5 5

Tabelle 3: Anzahl an Studien pro Land. Quelle: Eigene Berechnungen (Stand Juni 2008).

Bei näherer Betrachtung fällt auf, dass Länder des ehemaligen Ostblocks (Polen,

Slowenien, Tschechische Republik und Bulgarien) – mit Ausnahme von Estland –

tendenziell weniger Erhebungen aufweisen. Zudem ist die Datenlage in kleineren

Inselstaaten (Island, Zypern) schwach. Eine größere Anzahl an Studien liegt eher in

nördlichen und nordwestlichen Staaten Europas vor (Deutschland, Großbritannien,

Belgien, Dänemark, Schweden). Auch hier gibt es allerdings Ausnahmen (Island, Irland,

zum Teil auch Norwegen). Mitteleuropäische und südliche Länder divergieren stark.

Die Bedeutung internationaler Studien

Europäische Länder unterscheiden sich nicht nur hinsichtlich der Anzahl an Studien,

sondern auch in Bezug auf die Bedeutung internationaler Erhebungen für die nationale

Datenlage. In manchen Ländern liegt ein ausführlicher Korpus an eigenen Daten zur vor,

27

andere sind zu einem großen Ausmaß auf internationale Studien angewiesen, um zu

Erkenntnissen über die Situation im eigenen Land zu kommen.

In ungefähr der Hälfte der Staaten (zehn) beziehen sich weniger als 50 Prozent der Studien

ausschließlich auf das eigene Land; tendenziell handelt es ich dabei um Nationen, in denen

insgesamt wenige Arbeiten vorliegen. Am stärksten dominieren internationale Studien in

Island (91 Prozent) und Zypern (80 Prozent); beide Länder haben je nur eine nationale

Erhebung. Die andere Hälfte der beteiligten Länder (elf) weist überwiegend nationale

Studien auf, allen voran Deutschland (82 Prozent) und Großbritannien (78 Prozent). In

Österreich enthalten 16 der 27 Studien (59 Prozent ausschließlich Ergebnisse zum eigenen

Land, ein wesentlicher Teil davon beschränkt sich sogar auf einzelne Bundesländer;13

ungefähr ein Drittel der für Österreich relevanten Arbeiten (elf) liefert auch Daten zu

anderen Staaten.

Obwohl internationale Studien für manche Staaten eine zentrale Datenquelle darstellen,

machen sie insgesamt nur einen kleinen Anteil der europaweiten Forschung aus. Von den

358 Studien umfassen nur 32 (neun Prozent) mehr als ein Land. Dabei handelt es sich um

Erhebungen verschiedener Reichweite mit einer unterschiedlich breiten Palette an Themen,

Altersgruppen und Ländern. Während die kleinsten nur zwei Nationen bearbeiten,

berücksichtigen die größten bis zu 25 Länder und mehr. Leider konnte keine Erhebung

identifiziert werden, die alle 21 Länder des EU Kids Online-Netzwerkes einschließt.14

Auch liegen zu einigen länderübergreifenden Studien nur spärlich Berichte vor, sodass die

Datenbasis für direkte Vergleiche zwischen europäischen Ländern als schwach bezeichnet

werden muss.

Zugänglichkeit und Sprache von Ergebnisberichten

Nicht alle Ergebnisse der identifizierten Studien sind für alle Interessierten in Europa

gleichermaßen zugänglich, denn die Berichtlegung ist zum Teil spärlich und erfolgt häufig

in der Nationalsprache, die außerhalb des eigenen Landes nur wenige verstehen.

Die wichtigste Quelle für Daten zur Online-Nutzung von Kindern und Jugendlichen ist das

Internet, denn mehr als die Hälfte aller europäischen Projekte (je 56 Prozent) stellen mehr

oder weniger ausführliche Berichte online zur Verfügung. Das gilt im selben Ausmaß für

österreichische Studien (ebenfalls 56 Prozent).

Akademische Publikationen sind vergleichsweise selten. Nur 23 Prozent aller Projekte

veröffentlichen Ergebnisse auf diese Weise (14 Prozent in Zeitschriften, acht Prozent in

13 Dies hängt insbesondere damit zusammen, dass überdurchschnittlich viele Studien durch die Landesregierungen finanziert werden; darüber hinaus beschränken sich auch studentische Projekte und Abschlussarbeiten sowie Studien mit geringen finanziellen Ressourcen häufig auf subnationale Samples. 14 Eurobarometer-Studien umfassen die größte Anzahl an Ländern (EU Mitglieder und zum Teil auch die Kandidatenländer), berücksichtigen aber nicht Norwegen und Island.

28

Sammelbänden, vier Prozent auf Konferenzen und nur zwei Prozent als Monographien). In

Österreich ist dies sogar noch seltener der Fall (sieben Prozent). Da akademische

Publikationen der Selektion, Bewertung, Bearbeitung und Korrektur von Kollegen,

Herausgebern oder Verlagen unterliegen, ist die Qualität dieser Veröffentlichungen

tendenziell höher. Es ist daher bedenklich, dass so wenige Studien diesen Weg erfolgreich

durchlaufen. Der Grund dafür könnte darin liegen, dass viele Studien ausschließlich

deskriptiv und wenig theoriegeleitet vorgehen. Es handelt sich vielfach um

Momentaufnahmen, die schnell an Aktualität verlieren.

Ausgesprochen problematisch ist die Tatsache, dass elf Prozent aller Studien nur in kurzen

Zusammenfassungen erhältlich sind, die zum Teil zentrale Informationen zur Evaluation

der Forschung und Einordnung der Ergebnisse vorenthalten (Finanzierung, Zeitpunkt der

Feldarbeit, Alter der Befragten, Modus der Befragung etc.). Weitere 19 Prozent sind

schwer zugänglich, weil sie entweder nur gegen Bezahlung bzw. Anfrage erworben

werden können oder weil es sich um unveröffentlichte studentische Arbeiten handelt, die

nur in den jeweiligen Universitäten aufliegen. In Österreich stellt sich dieses Problem noch

deutlicher dar: 26 Prozent aller Arbeiten (inklusive internationaler Studien) und sogar 44

Prozent der nationalen Studien müssen als schwer zugänglich bezeichnet werden.

Die sprachliche Verständlichkeit der für Österreich aussagekräftigen Studien ist hingegen

gut, denn mehr als zwei Drittel der Berichte (74 Prozent) sind in deutscher Sprache

verfasst. Dies trifft auf alle nationalen und auf 36 Prozent der internationalen Studien zu,

die zum Teil sogar ausschließlich in Deutsch vorliegen. Der Rest der Berichte wurde mit

einer Ausnahme15 auf Englisch geschrieben. Der hohe Anteil an deutschsprachigen

Berichten erleichtert zwar die Lesbarkeit im Inland, die Tatsache, dass keine der nationalen

Studien in Englisch vorliegt, erschwert aber die Sichtbarkeit, Rezeption und

Verwertbarkeit österreichischer Forschung in anderen europäischen Ländern.

Forschungsfinanzierung im Bereich Kinder, Jugendliche und Internet

Für die Forschungsschwerpunkte, die öffentliche Zugänglichkeit von Ergebnissen und die

Forschungskapazitäten in unterschiedlichen Ländern ist die Art und Vielfalt der

Finanzierungsquellen ausschlaggebend. Kommerzielle Auftraggeber sind in erster Linie an

aktuellen Zugangs- und Nutzungsdaten, an Online-Aktivitäten und -Präferenzen

interessiert, politisch motivierte Forschung orientiert sich an der Agenda der jeweiligen

politischen Institution und Forschungsförderungsinstitute oder Universitäten sind stärker

von akademischen Interessen geleitet und widmen sich häufiger theoriegeleiteter

Forschung.

15 Dabei einer Erhebung handelt es sich um eine Vergleichsstudie zwischen Österreich und Norwegen, deren Ergebnisse nur auf Norwegisch publiziert wurden.

29

Im Folgenden wird daher ein Überblick über die zentralen Finanzierungsquellen von

Forschung zum Umgang von Kindern und Jugendlichen mit dem Internet gegeben.

Dissertationen, Magister- und Diplomarbeiten wurden dabei nicht berücksichtigt, weil es

sich um private Finanzierungsformen im Rahmen einer Ausbildung handelt. Zudem

konnten 16 Studien (fünf Prozent) nicht miteinbezogen werden, da die Berichte keine

Angaben zur Finanzierung enthalten. Alle übrigen Erhebungen wurden nach 14 möglichen

Finanzierungsquellen codiert,16 wobei Mehrfachcodierungen möglich waren.

Abbildung 4: Finanzierungsquellen in Europa und Österreich (Mehrfachcodierung). Quelle: Eigene Berechnungen.

2

21

5

1

5

1

23

34

16

7

0,3

14

27

0

17

0

4

00

44

0

17

00

39

22

0%

5%

10%

15%

20%

25%

30%

35%

40%

45%

EC

Regier

ung

Regulieru

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Konsumenten

org.

Kirche

Andere

gemeinnü

tzige O

rg.

Forschungsin

st.

Sonstig

e

Europa Österreich

Abbildung 4 zeigt die Bedeutung der unterschiedlichen Finanzierungsquellen auf

europäischer und österreichischer Ebene. Dabei werden große Unterschiede sichtbar.

Während für die gesamte europäische Forschung nationale Regierungen und Ministerien

die wichtigste Finanzierungsform darstellen – sie fördern 27 Prozent aller Studien –, spielt

in Hinblick auf österreichische Studien die Europäische Kommission die größte Rolle. Sie

finanziert den Großteil der internationalen Studien, an denen Österreich beteiligt ist, sowie

16 Regierung/ Ministerium, Forschungsförderungsinstitut, Europäische Kommission, Regulierungsbehörde, Landesregierung, öffentlich-rechtliche Fernsehanstalt, kommerzielles Unternehmen, Handelsorganisation, Wohltätigkeitsorganisation, Konsumentenschutzorganisation, andere gemeinnützige Organisation, Kirche, Forschungsinstitut, andere Finanzierungsquelle.

30

eine nationale Erhebung und trägt somit die Kosten für 39 Prozent aller für Österreich

relevanten Studien. Die österreichische Regierung bzw. die Bundesministerien sind an 22

Prozent der Erhebungen finanziell beteiligt, was etwas unter dem europäischen Schnitt (27

Prozent) liegt. Überdurchschnittlich hoch ist hingegen der Beitrag der österreichischen

Landesregierungen (17 Prozent) zur Erforschung der Internetnutzung von Kindern und

Jugendlichen; regionale Behörden haben in anderen europäischen Ländern im Vergleich

dazu nur eine marginale Bedeutung (maximal sieben Prozent der Studien). Auffällig ist

auch, dass die einzige von der Kirche finanzierte Studie in Europa aus Österreich stammt.

Kommerzielle Unternehmen sind für die europäische Forschung insgesamt der

zweitwichtigste Geldgeber (23 Prozent); in Österreich beschränkt sich ihr Beitrag

allerdings auf die Finanzierung einer einzigen Studie (vier Prozent). Universitäten oder

Forschungsinstitute leisten durch Eigenfinanzierung sowohl für die gesamteuropäische als

auch für die österreichische Forschung einen relevanten Beitrag.

Wenige Forschungsgelder kommen von öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten,

Handelsorganisationen oder gemeinnützigen Organisationen (Wohlfahrtsorganisationen,

Konsumentenschutz, Kirche etc.). In Österreich wurde zudem keine einzige Studie von

einer Regulierungsbehörde oder einem Forschungsförderungsinstitut (FWF, FFG etc.)

finanziert.

Lässt man die länderübergreifenden Studien außer Acht und betrachtet nur die

Finanzierungsformen der nationalen Erhebungen in Österreich, so wird die Bedeutung der

Landesregierungen und der Eigenfinanzierung durch Forschungsinstitute noch deutlicher.

Je 33 Prozent der nationalen Studien zu Kindern, Jugendlichen und dem Internet wurden in

dieser Weise finanziert.

Nicht nur Österreich weicht deutlich vom europäischen Schnitt ab. Insgesamt

unterscheiden sich die 21 beteiligten Länder beträchtlich hinsichtlich ihrer

Finanzierungsstrukturen. Schon allein die Anzahl an unterschiedlichen

Finanzierungsformen und damit die Vielfalt an Möglichkeiten, Geldgeber für Studien zu

finden, variiert deutlich (siehe dazu rechte Spalte von Tabelle 4). Während in Zypern

finanzielle Mittel ausschließlich von der Regierung, ihren Ministerien oder der

Europäischen Kommission stammen, lassen sich in Belgien insgesamt zwölf

unterschiedliche Finanzierungsformen beobachten. Groß ist die Streuung auch in

Großbritannien (zehn), Deutschland und Italien (je neun). Weniger vielfältig sind die

Möglichkeiten – neben Zypern – in Bulgarien (vier), Slowenien und in der Tschechischen

Republik (je fünf). Der Großteil der Länder (14) liegt mit sieben bis acht unterschiedlichen

Geldgebern im Mittelfeld, darunter auch Österreich.

31

Fasst man die 14 unterschiedlichen Finanzierungsformen in vier übergeordneten

Kategorien (öffentliche, kommerzielle, gemeinnützige und akademische Finanzierung)

zusammen,17 ergibt sich ein anschauliches Bild der Finanzierungsstrukturen in Europa

(siehe Tabelle 4).

Finanzierung Land

Öffentlich Kommerziell Gemeinnützig Akademisch Anzahl an Quellen

Belgien 64% (23) 17% (6) 8% (3) 25% (9) 12 Bulgarien 78% (7) 0% (0) 0% (0) 0% (0) 4 Dänemark 83% (24) 17% (5) 0% (0) 10% (3) 8 Deutschland 49% (34) 48% (33) 1% (1) 19% (13) 9 Estland 55% (12) 14% (3) 5% (1) 32% (7) 7 Frankreich 72% (18) 28% (7) 0% (0) 8% (2) 7 Griechenland 77% (30) 5% (2) 0% (0) 3% (1) 8 Großbritannien 60% (39) 38% (25) 22% (14) 7% (11) 10 Irland 93% (13) 7% (1) 14% (2) 7% (1) 7 Island 91% (10) 27% (3) 9% (1) 0% (0) 7 Italien 48% (14) 24% (7) 17% (5) 28% (8) 9 Niederlande 84% (16) 16% (3) 0% (0) 11% (2) 7 Norwegen 88% (22) 16% (4) 12% (3) 4% (1) 8 Österreich 74% (17) 9% (2) 4% (1) 17% (4) 7 Polen 86% (12) 7% (1) 7% (1) 21% (3) 7 Portugal 63% (12) 5% (1) 0% (0) 37% (7) 7 Schweden 87% (20) 22% (5) 0% (0) 13% (3) 8 Slowenien 93% (13) 7% (1) 0% (0) 7% (1) 5 Spanien 67% (14) 24% (5) 10% (2) 19% (4) 7 Tschechische Republik 93% (14) 7% (1) 0% (0) 7% (1) 5 Zypern 80% (4) 0% (0) 0% (0) 20% (1) 2 Gesamteuropa 58% (186) 24% (79) 10% (33) 21% (69) 14

Tabelle 4: Finanzierungsstrukturen im europäischen Vergleich (Mehrfachcodierung). Quelle: Eigene

Berechnungen.

Dabei zeigt sich, dass in ausnahmslos allen Ländern öffentliche Geldgeber die wichtigste

Finanzierungsquelle darstellen. Bis auf Deutschland und Italien fördern öffentliche

Institutionen in allen Nationen mehr als die Hälfte der Studien. In Slowenien, Irland, Island

und der Tschechischen Republik werden sogar mehr als 90 Prozent aller Arbeiten auf diese

Weise finanziert. Hoch ist der Anteil an öffentlich finanzierten Studien auch in Norwegen,

Schweden, Polen, den Niederlanden, Dänemark und Zypern (je mindestens 80 Prozent)

17 Zu öffentlichen Finanzierungsformen zählen Regierungen/ Ministerien, Forschungsförderungsinstitute, die Europäische Kommission, Regulierungsbehörden, Landesregierungen und öffentlich-rechtliche Fernsehanstalten. Für die kommerzielle Finanzierung wurden die beiden Kategorien kommerzielle Unternehmen und Handelsorganisationen zusammengefasst. Wohltätigkeitsorganisationen, Konsumentenschutzorganisationen, die Kirche und andere gemeinnützige Organisationen bilden zusammen die Kategorie gemeinnützige Finanzierung. Akademische Finanzierung schließlich betrifft ausschließlich Eigenfinanzierung durch Universitäten und Forschungsinstitute.

32

Eine geringere Rolle spielen öffentliche Gelder in Italien (48 Prozent), Deutschland (49

Prozent) und Estland (55 Prozent). In Österreich beträgt der Anteil an öffentlich

finanzierten Studien insgesamt 74 Prozent; damit ist die öffentliche Hand mit Abstand der

wichtigste Geldgeber, die Dominanz ist jedoch nicht so groß wie in manchen anderen

Ländern.

Unterschiede gibt es auch hinsichtlich der Rolle verschiedener öffentlicher Institutionen.

Nationale Regierungen sind vor allem für Griechenland, Slowenien und die Tschechische

Republik von Bedeutung, die Europäische Kommission hingegen für Zypern und Island.

Forschungsförderungsinstitutionen erweisen sich in Deutschland und Frankreich als

besonders aktiv, Regulierungsbehörden in Norwegen und Großbritannien, das öffentlich-

rechtliche Fernsehen ebenfalls in Großbritannien sowie in Belgien und Deutschland und

Landesregierungen in Österreich.

Kommerzielle Mittel sind zwar nicht so bedeutend wie öffentliche, machen aber dennoch

einen relevanten Anteil der Forschungsfinanzierung im Bereich Kinder, Jugendliche und

Internet aus (siehe Tabelle 4). Nichts desto trotz gibt es vereinzelt Länder (Bulgarien,

Zypern), in denen diese Finanzierungsform bisher nicht vorkommt, und in einer Reihe

anderer Staaten (fünf) wurde nur eine kommerzielle Studie durchgeführt. Besonders

engagiert sind Unternehmen und Handelsorganisationen in Deutschland, wo sie fast die

Hälfte der Erhebungen (mit-)finanzieren, aber auch in Großbritannien (38 Prozent),

Frankreich (28 Prozent), Island (27 Prozent), Italien, Spanien (je 24 Prozent) und

Schweden (22 Prozent) ist der Anteil kommerzieller Forschung hoch. Die Gelder stammen

in fast allen Ländern in größerem Ausmaß von Einzelunternehmen als von

Handelsorganisationen.

Zwei der 27 Studien mit Daten zu Österreich wurden ebenfalls durch kommerzielle Mittel

(mit)finanziert: Handelsorganisationen unterstützten die länderübergreifende

Gesundheitsstudie HBSC, die unter anderem Internetzugang und -nutzung von Schülern

erhoben hat. Zudem wurde im Auftrag der Telekom Austria an der Universität Salzburg

eine Studie zu Lernen mit Web 2.0 durchgeführt.

Ähnlich verbreitet wie kommerzielle Finanzierung ist auch die Eigenfinanzierung durch

Forschungsinstitute und Universitäten (siehe Tabelle 4), allerdings spielt sie für andere

Länder eine Rolle. Während kommerziell finanzierte Forschung vorwiegend in

Deutschland, Großbritannien und Frankreich durchgeführt wird, ist die Eigenfinanzierung

durch Forschungsinstitute vor allem in Portugal (37 Prozent), Estland (32 Prozent) und

Belgien (25 Prozent) verbreitet. In Bulgarien und Island gibt es hingegen keine

eigenfinanzierte Studie und in fünf weiteren Ländern nur je eine.

Für österreichische Forschung zur Internetnutzung von Kindern und Jugendlichen ist diese

Finanzierungsform durchaus relevant. Vier Studien (17 Prozent) wurden mit eigenen

33

Mittel von Universitäten oder (Markt-)Forschungsinstituten durchgeführt. Zwei davon sind

allerdings nicht öffentlich zugänglich, sondern können nur gegen Bezahlung erworben

werden. Die Ausgaben der Institute werden letztlich durch den Verkauf gedeckt, sodass

eher von kommerzieller als von akademischer Finanzierung gesprochen werden muss.18

Eine weitere Arbeit wurde mit Hilfe von Studenten im Rahmen einer Lehrveranstaltung

abgewickelt. Nur eine Erhebung wurde tatsächlich von einem universitären

Forschungsinstitut ohne externe Finanzierung durchgeführt.19

Am seltensten werden Studien zur Internetnutzung von Kindern und Jugendlichen in

Europa von gemeinnützigen Organisationen finanziert (zehn Prozent, siehe Tabelle 4). In

knapp der Hälfte der beteiligten Länder (zehn) kommt diese Finanzierungsform gar nicht

vor, in weiteren fünf Staaten existiert nur eine solche Studie. Dies trifft auch auf Österreich

zu, wo eine Erhebung von der Katholischen Jungschar in Auftrag gegebenen wurde. Eine

wichtige Rolle spielen gemeinnützige Vereine vor allem in Großbritannien (22 Prozent)

und Italien (17 Prozent).

Aktualität der Forschung

Durch die rasante Weiterentwicklung von Online-Technologien, die Diversifizierung von

Online-Services und die rasch ansteigende Verbreitung des Internets verändert sich auch

der Umgang von Kindern, Jugendlichen und ihren Familien mit diesen Technologien sehr

schnell. Forschungsergebnisse, insbesondere aus rein deskriptiven Studien, verlieren daher

innerhalb kurzer Zeit an Aktualität.

Zeitpunkt der Europa Österreich Feldphase Studien Anteil (%) Studien Anteil (%)

2008 1 0,3% 0 0% 2007 32 9% 4 15% 2006 66 18% 5 19% 2005 66 18% 5 19% 2004 52 15% 5 19% 2003 46 13% 2 7% 2002 40 11% 3 11% 2001 23 6% 1 4% 2000 16 4% 1 4% 1999 5 1% 1 4% 1998 1 0,3% 0 0% keine Angabe 10 3% 0 0%

Tabelle 5: Durchführungszeitpunkt der Studien. Quelle: Eigene Berechnungen.

18 Es handelt sich dabei um die GfK Fessel Jugend Online Studie 2005 (GfK 2005) und um ELF/ 18 (Großegger 2005), eine Jugendstudie des Instituts für Jugendkulturforschung. 19 Gemeint ist die Studie ePartizipation (Maier-Rabler/ Hartwig 2007) des ICT&S Salzburg.

34

Betrachtet man das Alter der europäischen Studien, zeigt sich, dass der Großteil der Daten

aus den Jahren 2005 oder 2006 stammt. Neuere Daten von 2007 oder 2008 sind seltener zu

finden. Für Österreich lässt sich ein ähnliches Muster beobachten, wenn auch der

Rückgang an Studien 2007 nicht so deutlich ausfällt.

Bei genauerer Betrachtung der österreichischen Datenlage wird deutlich, dass die

Beteiligung an internationalen Studien später einsetzte als die Auseinandersetzung mit dem

Thema auf nationaler Ebene. Seit 1999 wurde regelmäßig zumindest eine Studie in

Österreich durchgeführt. An länderübergreifenden Erhebungen beteiligte sich Österreich

hingegen erst ab 2004. Das bedeutet aber nicht, dass internationale Studien aktuellere

Daten liefern als österreichische, denn seit 2005 ist die Anzahl an nationalen und

internationalen Arbeiten ähnlich groß.

Untersuchte Altersgruppen

Um Forschungsdefizite zu identifizieren, ist es wichtig zu wissen, welche Altersgruppen in

welchen Ländern schon ausgiebig erforscht sind und zu welchen Kindheitsphasen bisher

wenig bekannt ist. Aus diesem Grund wurden die 358 Studien nach dem Alter der

beforschten Kinder codiert.

Nimmt man alle europäischen Studien zusammen, so liegt das größte Ausmaß an Daten zu

15-Jährigen vor (235 Studien), gefolgt von 14-Jährigen (234 Studien) und 16-Jährigen (230

Studien). Sowohl im Hinblick auf die Lebensjahre davor als auch auf die Jahre danach

sinkt die Anzahl der Studien kontinuierlich ab. Am geringsten ist das Ausmaß an

Erhebungen zu Ein- bis Fünfjährigen (maximal 24 Studien). Bemerkenswerter Weise gibt

es jedoch kein Lebensjahr zu dem überhaupt keine Erkenntnisse vorliegen. Kleinkinder

werden allerdings selten selbst befragt; die Auskünfte stammen in der Regel von ihren

Eltern.

Ein Vergleich der Anzahl an Studien zu bestimmten Lebensjahren mit der Verbreitung der

Internetnutzung unter Kindern dieses Alters zeigt eine deutliche Korrelation. Je jünger die

Kinder sind, desto weniger nutzen sie das Internet und desto weniger Forschung wird

durchgeführt. Ein ähnlicher Zusammenhang trifft auf Jugendliche über 15 Jahren aber

nicht mehr zu.

In Österreich sind zu 14-Jährigen die meisten Daten vorhanden, was vor allem an der

Vielzahl nationaler Studien zu Jugendlichen in diesem Alter liegt. Zu ein- und

zweijährigen Kindern wurde bisher hingegen noch nicht geforscht, und Daten zu Drei- bis

Sechsjährigen finden sich nur in einer Studie, die sich auf Oberösterreich beschränkt.

35

Um einen besseren Überblick über Forschungsschwerpunkte hinsichtlich des Alters zu

bekommen, wurden sechs Altersgruppen20 definiert und zur Analyse herangezogen.

Studien, die mehrere Gruppen umfassen, wurden dabei mehrfach codiert. Abbildung 5

zeigt das Ausmaß an europäischer und österreichischer Forschung zu unterschiedlichen

Altersgruppen (prozentualer Anteil an Studien zu einer bestimmten Altergruppe an der

Gesamtzahl an Studien).

25%

73% 72%

49%

4%

22%

44%

59%

48%47%

7%

67%

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

1 bis 5 Jahre 6 bis 8 Jahre 9 bis 11 Jahre 12 bis 14 Jahre 15 bis 17 Jahre 18 Jahre plus

Europa Österreich

Abbildung 5: Anteil an Studien zu unterschiedlichen Altersgruppen (Mehrfachcodierung). Quelle:

Eigene Berechnungen.

Dabei fällt auf, dass europaweit der Wert für sämtliche Altersgruppen höher ausfällt als auf

österreichischer Ebene. Dies kommt durch die Mehrfachcodierung zu Stande und deutet

darauf hin, dass die Bandbreite einzelner Studien in Bezug auf das Alter der beforschten

Kinder europaweit tendenziell größer ist.

Am größten fallen die Unterschiede zwischen Europa und Österreich in der Gruppe der

Zwölf- bis 14-Jährigen aus. Diese Altersgruppe dominiert auf europäischer Ebene,

zusammen mit 15- bis 17-Jährigen. Obwohl in Österreich zu 14-Jährigen die meisten

Studien durchgeführt wurden, liegt diese Gruppe hier nur an zweiter Stelle. In Summe

wurden zu Zwölf-, 13- und 14-Jährigen deutlich weniger Studien durchgeführt als zu 15-,

16- und 17-Jährigen. Der Schwerpunkt scheint in Vergleich zu Gesamteuropa etwas stärker

20 Diese sind Null- bis Fünfjährige, Sechs- bis Achtjährige, Neun- bis Elfjährige, Zwölf- bis 14-Jährige, 15- bis 17-Jährige, 18+.

36

bei älteren Teenagern zu liegen. Abgesehen davon stellt sich das Muster in Österreich

ähnlich dar wie auf europäischer Ebene. Der Mangel an österreichischen Erhebungen zu

Kleinkindern (Ein bis zwei Jahre) lässt sich aus dieser Grafik nicht ablesen, da diesen

Lebensjahren keine eigene Kategorie zugeordnet ist.

Sowohl in Österreich als auch europaweit ist die Anzahl an Studien zu 18-Jährigen und

Älteren überraschend niedrig. Das kommt jedoch eher durch den thematischen

Schwerpunkt des EU Kids Netzwerks zu Stande, als durch den tatsächlichen Mangel an

Forschung zu dieser Altersgruppe, denn Studien zur Gesamtbevölkerung ab 18 Jahren

wurden nicht mehr berücksichtig, sofern sie nicht auch jüngere Teenager behandeln.

Themenschwerpunkte im Hinblick auf die Online-Nutzung von Kindern

Obwohl alle gesammelten Studien in irgendeiner Weise den Umgang von Kindern,

Jugendlichen und ihren Familie mit Online-Technologien untersuchen, variieren sie

hinsichtlich ihrer thematischen Schwerpunkte und Bandbreite erheblich.

Um zu erfahren, welchen Aspekten besonders viel bzw. wenig Aufmerksamkeit zukommt

und um Forschungslücken zu identifizieren, wurden die Studien entlang einer Reihe an

unterschiedlichen Themen codiert. Drei Teilbereichen waren dabei von Bedeutung:

Aspekte der Internetnutzung von Kindern, Umgang der Eltern mit Online-Medien sowie

Online-Risiken. In den nächsten Seiten wird auf thematische Schwerpunkte in Bezug auf

den ersten Bereich – die Internetnutzung von Kindern und Jugendlichen – eingegangen.

Dabei werden folgende Themenbereiche in den Blick genommen:

• Online-Nutzung • Online-Zugang • Online-Interessen und -aktivitäten • Online-Kompetenz • Geschlechtsspezifische Unterschiede • Auswirkungen von Online-Nutzung • Lernen mit Online-Medien • Anliegen und Frustrationen • Social Networking • Online-Spiele • Gestaltung von Online-Inhalten • Interpretation von Online-Inhalten • Suchstrategien • Internet als Ratgeber • Identitätsspiele • Öffentliche und politische Partizipation

37

Von all diesen Aspekten ist die Online-Nutzung von Kindern oder Jugendlichen (77 Prozent

aller Studien) gefolgt vom Zugang zu Online-Medien (65 Prozent) sowie von Online-

Interessen und -aktivitäten (60 Prozent) europaweit mit Abstand am besten untersucht. Dies

gilt in ähnlicher Form auch für Österreich, wobei hier der Schwerpunkt noch deutlicher auf

der Online-Nutzung (96 Prozent) liegt; dem Zugang zu Online-Medien kommt hingegen

etwas weniger Aufmerksamkeit zu (56 Prozent) als auf europäischer Ebene (siehe Tabelle 6).

Thema Europa Österreich Studien Anteil (%) Studien Anteil (%)

Online-Nutzung 276 77% 26 96% Online-Zugang 231 65% 15 56% Online-Interessen und -aktivitäten 214 60% 16 59% Online-Kompetenz 141 39% 10 37% Geschlechtsspezifische Unterschiede 103 29% 6 22% Social Networking 101 28% 3 11% Online-Spiele 81 23% 3 11% Auswirkungen von Online-Nutzung 77 22% 3 11% Lernen mit Online-Medien 74 21% 3 11% Anliegen und Frustrationen 71 20% 5 19% Identitätsspiele 57 16% 1 4% Gestaltung von Inhalten 45 13% 4 15% Suchstrategien 39 11% 1 4% Interpretation von Inhalten 37 10% 2 7% Internet als Ratgeber 36 10% 0 0% Öffentliche und politische Partizipation 23 6% 2 7%

Tabelle 6: Datenlage zu Aspekten der Internetnutzung von Kindern (Mehrfachcodierung). Quelle: Eigene

Berechnungen.

In allen beteiligten Ländern liegt eine relevante Anzahl an Studien zu diesen Aspekten vor:

Erhebungen zum Zugang machen zwischen 20 Prozent (Zypern) und 91 Prozent (Island) der

Forschung in europäischen Ländern aus, Befragungen zur Online-Nutzung zwischen 59

Prozent (Griechenland) und 100 Prozent (Slowenien, Spanien) und Studien zu Online-

Interessen und -aktivitäten zwischen 20 Prozent (Zypern) und 67 Prozent (Spanien). Dennoch

lassen sich einige Forschungsdefizite feststellen: So unterscheiden viele Studien nicht

zwischen den Orten, an denen Kinder Online-Medien nutzen (zu Hause, in der Schule, bei

Freunden oder Freundinnen etc.), und die Online-Nutzung wird zum Teil sehr allgemein

abgefragt,21 ohne Häufigkeit, Dauer oder Zeitpunkt zu berücksichtigen. Zudem liegen kaum

Daten dazu vor, aus welchen Gründen manche Kinder keinen Zugang zu Online-Medien

haben und was das für sie bedeutet.

21 Zum Teil wird nur die Frage gestellt, ob das Internet schon einmal genutzt wurde.

38

Da nicht allen Studien repräsentative Daten zur Gesamtbevölkerung des jeweiligen Landes zu

Grunde liegen und die meisten Erhebungen auf bestimmte Altersgruppen eingeschränkt sind,

existieren in manchen Ländern nicht für alle Altersstufen repräsentative Daten. Repräsentative

Ergebnisse liegen in Österreich beispielsweise nur für elf- bis 19-Jährige und Ältere vor. Zum

Teil stammen sie aus Erhebungen zur Gesamtbevölkerung ab 14 Jahren, zum Teil aus

Jugendstudien, die neben einer Reihe anderer Themen Internetnutzung und -zugang mit

erheben. Für die Altersgruppe zwölf- bis 19-Jährige gibt es zudem repräsentative Daten zu

Online-Interessen und -aktivitäten. Die Hälfte der Studien, die diese Informationen

beinhalten, ist nur gegen Bezahlung erhältlich, sodass die Datenlage in Österreich sogar im

Hinblick auf die zentralen Eckdaten als eingeschränkt bezeichnet werden muss. Zu Kindern

unter elf Jahren existieren überhaupt keine für das gesamte Bundesgebiet repräsentativen

Ergebnisse, allerdings liegen zwei repräsentative Studien für das Bundesland Oberösterreich

vor (eine für Elfjährige bzw. Ältere und eine für Sechs- bis Zehnjährige).

Neben Nutzung, Zugang, Interessen und Aktivitäten zählen auch Online-Kompetenzen (39

Prozent), geschlechtsspezifische Unterschiede (29 Prozent) sowie Social Networking (28

Prozent) zu häufig erforschten Themen innerhalb Europas, gefolgt von Online-Spielen (23

Prozent), Auswirkungen von Online-Medien (22 Prozent), Lernen mit Online-Medien (21

Prozent) sowie Anliegen und Frustrationen (20 Prozent) (siehe Tabelle 6). Bis auf Social

Networking, das in manchen Ländern (Schweden, Norwegen, Irland, Dänemark) sehr

ausführlich, in anderen hingegen gar nicht beforscht wurde (Slowenien, Bulgarien, Zypern),

existiert in allen Ländern zumindest je eine Studie zu diesen Aspekten.

Viel geforscht wurde zu diesen Themen vor allem in Skandinavien (Schweden, Norwegen,

Dänemark, Island) und Irland. Geschlechtsunterschiede spielen zudem in Spanien und Polen

eine wichtige Rolle, E-Learning in Portugal und Anliegen bzw. Frustrationen im

Zusammenhang mit Online-Medien in Großbritannien und Polen. Zu Online-Kompetenz

wurde in den nördlichen Ländern zwar auch viel geforscht, im Spitzenfeld liegen hier aber nur

Island und die beiden südlichen Länder Spanien und Portugal. In Österreich spielen die

genannten Aspekte eher eine untergeordnete Rolle. Auffällig ist des Weiteren, dass

geschlechtsspezifische Unterschiede in Großbritannien kaum beforscht wurden und dass

Studien zu E-Learning in insgesamt fünf Ländern (Deutschland, Niederlande, Polen,

Slowenien und Tschechien) deutlich unter zehn Prozent ausmachen.22

Von allen 16 erfassten Themenbereichen wurden Identitätsspiele (16 Prozent), Gestaltung (13

Prozent) und Interpretation (zehn Prozent) von Inhalten, Suchstrategien (elf Prozent) Internet

als Ratgeber (zehn Prozent) sowie öffentliche bzw. politische Partizipation (sechs Prozent)

europaweit am wenigsten erforscht (siehe Tabelle 6). Zur Gestaltung und Interpretation von

22 Dies ist erstaunlich, da Pädagogik bzw. Erziehungswissenschaft hinsichtlich des Forschungsfelds Kinder, Jugendliche und Internet eine wichtige Disziplin darstellt.

39

Inhalten existiert trotz allem in jedem Land zumindest eine Studie; alle anderen Aspekte

werden in einige Staaten gar nicht behandelt.

Unterschiede zwischen den Ländern lassen sich auch in Bezug auf die thematische Vielfalt

feststellen. Während in einem Drittel der beteiligten Länder (acht) alle sechs erfassten

Aspekte der Internetnutzung von Kindern beforscht wurden und weitere neun Länder –

darunter auch Österreich – in nur einem Themenbereich Lücken aufweisen, fehlen in anderen

Staaten Daten zu einer Reihe von Aspekten. Am geringsten ist die Vielfalt in Zypern und

Slowenien,23 was darauf zurück zu führen ist, dass die Forschungslage dort insgesamt sehr

schwach ist. Auffällig ist hingegen Island: Dort existieren Studien zu sämtlichen thematischen

Bereichen, obwohl insgesamt nur wenige Erhebungen identifiziert werden konnten (elf).

Vergleicht man die thematische Ausrichtung der Forschung in Österreich mit den

europäischen Durchschnittswerten, so lassen sich kaum österreichische

Forschungsschwerpunkte identifizieren (siehe Tabelle 6). Bis auf die Online-Nutzung, die

häufiger untersucht wurde, liegt Österreich hinsichtlich der meisten Themen nahe am

europäischen Durchschnitt. Deutlich weniger Aufmerksamkeit erlangten hierzulande

Identitätsspiele, Lernen mit Online-Medien, Online-Spiele, Social Networking sowie Internet

als Ratgeber. Zu letzterem liegt bisher keine einzige Studie vor.

Forschung zum Umgang der Eltern mit dem Internet und der Online-Nutzung ihrer Kinder

Hinsichtlich Online-Risiken und -Chancen für Kinder und Jugendliche sind auch die

Erfahrungen der Eltern mit neuen Online-Technologien und ihr Umgang mit der

Internetnutzung ihrer Kinder von Bedeutung. Wie sie selbst zu neuen Medien stehen, wie sie

die Online-Nutzung ihrer Kinder begleiten, regulieren oder einschränken, ob und in welcher

Weise sie ihnen Zugang zum Internet verschaffen, hat Einfluss auf die Online-Erlebnisse der

Kinder. Zu diesem Themenbereich gibt es insgesamt deutlich weniger Forschung als zu

Aspekten der Internetnutzung von Kindern und Jugendlichen selbst, dennoch lassen sich in

allen Ländern Studien dazu finden.

Der Anteil an Erhebungen zu elterlichem Wissen, Einstellungen, Erfahrungen und Verhalten

liegt in den beteiligten Ländern zwischen 23 Prozent (Estland) und 80 Prozent (Zypern). In

einem Drittel der Länder widmen sich zumindest die Hälfte der Studien (unter anderem)

diesen Fragen. Dies trifft neben Zypern auf Irland (71 Prozent), Italien (59 Prozent),

Bulgarien (56 Prozent), Frankreich (54 Prozent), Großbritannien (51 Prozent) und Slowenien

(50 Prozent) zu. Die höchste absolute Zahl an empirischen Arbeiten konnte in Großbritannien

identifiziert werden. Mit 34 Studien stellt Großbritannien 26 Prozent aller europäischen

Erhebungen zum Umgang von Eltern mit Online-Medien. Niedrige Anteile finden sich neben

23 In Zypern wurden fünf Themen nicht bearbeitet, in Slowenien vier.

40

Estland auch in den Niederlanden und Deutschland (je 32 Prozent) sowie in Portugal,

Griechenland, Tschechien und Österreich (je 33 Prozent).

Im Hinblick auf den Umgang der Eltern mit Online-Technologien und der Internetnutzung

ihrer Kinder wurde für die vorliegenden Analysen zwischen neun Aspekten unterschieden

(siehe Tabelle 7). Am besten untersucht sind mit Abstand Formen der elterliche Regulierung

(23 Prozent aller europäischen Studien). Reaktionen der Kinder darauf werden hingegen

selten in den Blick genommen (acht Prozent), ebenso wenig wie die Effektivität von Filtern,

die als Schutz vor ungeeigneten Inhalten dienen sollen. Vergleichsweise häufig wird hingegen

das Wissen der Eltern über das Online-Verhalten ihrer Kinder (17 Prozent), das elterliche

Risikobewusstsein (16 Prozent) sowie ihre Anliegen in Bezug auf Online-Technologien (15

Prozent) abgefragt.

Thema Europa Österreich Studien Anteil (%) Studien Anteil (%)

Regulierungsstil der Eltern 82 23% 8 30% Wissen über die Online-Nutzung der Kinder 62 17% 4 15% Risikobewusstsein der Eltern 56 16% 4 15% Anliegen der Eltern bzgl. Online-Technologien 54 15% 2 7% Einstellungen der Eltern zu Online-Technologien 47 13% 2 7% Online-Kompetenz der Eltern 44 12% 5 9% Medienkompetenz der Eltern 36 10% 2 7% Reaktion der Kinder auf elterliche Regulierung 28 8% 2 7% Effektivität von Filtern 27 8% 1 4%

Tabelle 7: Datenlage zum Umgang der Eltern mit Online-Technologien (Mehrfachcodierung). Quelle:

Eigene Berechnungen.

Ein Blick auf die Werte für Österreich zeigt, dass die Reihung der Themen relativ ähnlich

ausfällt, wobei Online-Kompetenzen der Eltern auf der österreichischer Prioritätenliste etwas

weiter oben stehen. Dies ist allerdings nicht die Folge von überdurchschnittlich viel

Forschung in diesem Bereich – der Wert liegt unter dem europäischen Mittel –, vielmehr

kommt dies dadurch zu Stande, dass alle anderen Aspekte noch deutlicher unter dem

Durchschnitt liegen. Insgesamt wurden die meisten Themen in Österreich weniger intensiv

bearbeitet als auf europäischer Ebene; dies gilt in besonderem Maße für die Anliegen und

Einstellungen von Eltern in Bezug auf Online-Medien. Ein Ausnahme stellt nur der

Regulierungsstil der Eltern dar; diese wurden in Österreich tendenziell häufiger beforscht

(siehe Tabelle 6).

Ohne die Beteiligung an internationalen Befragungen würde sich die ohnehin schwache

Datenlage in Österreich noch spärlicher darstellen, denn die drei nationalen Studien zu diesem

Themenbereich liefern keine Informationen zum Wissen der Eltern über das Online-Verhalten

ihrer Kinder, zu Reaktionen der Kinder auf elterliche Regulierungsmaßnahmen, zur

Medienkompetenz der Eltern sowie zur Effektivität von Filtern. Ähnlich oder zum Teil noch

problematischer stellt sich die Situation in anderen Ländern dar: In Island und Zypern existiert

keine einzige nationale Studie zu diesem Themenbereich, und beinahe ein Drittel der

beteiligten Staaten (sieben) hätte ohne länderübergreifende Erhebungen zu mehr als der Hälfte

der oben genannten Aspekte keine Daten.

Die internationalen Erhebungen, die eine Vielzahl von Staaten einschließen und zahlreiche

Aspekte des Umgangs der Eltern mit der Online-Nutzung ihrer Kinder behandeln, sind daher

von großer Bedeutung. Nur auf Grund dieser Studien können alle beteiligten Länder

zumindest auf ein Minimum an Daten zurückgreifen. Zu nennen sind hier insbesondere der

Spezial-Eurobarometer-Studie 250 zu Safer Internet (Europäische Kommission 2006), der

Eurobarometer-Erhebung EB 60.2 zu illegalen und schädlichen Inhalten im Internet

(Europäische Kommission 2004) und der ebenfalls im Rahmen der Eurobaromenter-

Erhebungen durchgeführten qualitativen Studie „Studie Safer Internet for Children“

(Europäische Kommission 2007).

Datenlage zu Online-Risiken

Im Zentrum des Interesses von EU Kids Online steht die Frage nach Erkenntnissen zu Online-

Risiken für Kinder und Jugendliche in Europa. Aus diesem Grund wurde erfasst, wie viele

Studien sich diesem Aspekt widmen. Dabei zeigt sich, dass Risiken europaweit etwas

häufiger erforscht werden als der Umgang von Eltern mit neuen Online-Medien.24 Beide

Themenbereiche erregen jedoch deutlich weniger Aufmerksamkeit als die Internetnutzung

von Kindern und Jugendlichen.

Den größten Stellenwert scheinen Online-Risiken in der irischen Forschung zu haben, denn

93 Prozent (13 Studien) aller irischen Erhebungen widmen sich unter anderem diesem Thema

(siehe Tabelle 9, rechte Spalte). Hohe Anteile finden sich zudem in Zypern (80 Prozent),

Norwegen (72 Prozent), Island (64 Prozent) und Spanien (62 Prozent). In Großbritannien liegt

der Wert bei 51 Prozent; dort wurden jedoch insgesamt die meisten Arbeiten zu Online-

Risiken durchgeführt. Mit 34 Einzelstudien stellt Großbritannien 23 Prozent aller

europäischen Erhebungen zu diesem Themenbereich. Geringe Beachtung finden Gefahren

von Online-Medien in Studien aus Griechenland (28 Prozent), Deutschland und Portugal (je

30 Prozent), Estland (32 Prozent), Belgien (35 Prozent) und Österreich (37 Prozent). In allen

Ländern berücksichtigen jedoch zumindest vier Erhebungen Online-Risiken.

Am häufigsten untersucht wurden europaweit Erfahrungen von Kindern und Jugendlichen mit

potenziell schädlichen Inhalten, die ihnen Angst machen oder sie überfordern können (22

41

24 Gefahren des Internets wurden europaweit in 149 Erhebungen (42 Prozent) berücksichtigt, Aspekte des elterlichen Umgangs mit dem Internet hingegen in 131 (37 Prozent). In etwas mehr als der Hälfte der beteiligten Ländern (zwölf), darunter auch Österreich, stellt sich das Verhältnis ähnlich dar, in vier weiteren Ländern ist es umgekehrt, und in fünf Ländern kommt den beiden Themenbereichen gleiche Aufmerksamkeit zu.

42

Prozent aller Studien). Dies trifft in Österreich sogar noch in stärkerem Ausmaß zu, wo 30

Prozent aller Studien diesen Aspekt beleuchten (siehe Tabelle 8).

Während der Kontakt zu Fremden sowie pornographische, gewaltige, rassistische oder

hasserfüllte Inhalte auf europäischer Ebene fast ebenso häufig untersucht wurden, existieren

zu dieser Art von Gefahr in Österreich deutlich weniger Erkenntnisse (je elf Prozent).

Hierzulande werden hingegen Erfahrungen von Kinder und Jugendlichen mit illegalen

Inhalten häufiger untersucht, wobei bedacht werden muss, dass Seiten mit

nationalsozialistischen Inhalten in Österreich auf Grund des Wiederbetätigungsgesetz in die

Kategorie illegale Inhalte fallen, während sie in anderen Länder zum Bereich rassistischer

oder hasserfüllter Websites fallen.

Auch die Weitergabe von persönlichen Informationen sowie Cybermobbing oder -stalking

werden in Österreich deutliche seltener untersucht. Wenig Forschung gibt es sowohl auf

europäischer als auch auf österreichischer Ebene zur Missachtung der Privatsphäre,

Beeinflussung durch Werbung, illegale Downloads, Falschinformationen, problematischem

User-Genereted Content, Hacking, Verharmlosung von Selbstmord, Selbstschädigung,

Magersucht, Drogen etc. sowie zu Glücksspielen und Wetten.

Risiken Europa Österreich Anteil Anteil

Studien (%) Studien (%)

Schädliche Inhalte 78 22% 8 30% Kontakt zu Fremden 79 22% 3 11% Pornographische, gewalthaltige, rassistische Inhalte 70 20% 3 11% Herausgabe persönlicher Informationen 65 18% 2 7% Illegale Inhalte 58 16% 5 19% Cybermobbing oder -stalking 56 16% 2 7% Missachtung der Privatsphäre 35 10% 3 11% Beeinflussung durch Werbung 33 9% 2 7% Illegale Downloads 30 8% 1 4% Falschinformationen 25 7% 2 7% Problematischer User-Generated Content 20 6% 1 4% Hacking 17 5% 1 5% Verharmlosung von Selbstmord, Selbstschädigung,

9 3% 1 4% Magersucht, Drogen etc. Glückspiele, Wetten 11 3% 0 0%

Tabelle 8: Datenlage zu unterschiedlichen Online-Risiken (Mehrfachcodierung). Quelle: Eigene

Berechnungen.

43

Fasst man sämtliche Risiken zu den vier Überkategorien „inhaltliche Risiken“,

„Kontaktrisiken“, „kommerzielle Risiken“ und „Gefährdung der Privatsphäre“25 zusammen

(siehe Tabelle 9), so zeigt sich, dass inhaltliche Risiken europaweit am häufigsten untersucht

wurden (110 Studien). Diese Risikoart wurde nicht nur im europäischen Schnitt sondern in

jedem der 21 Länder am meisten erforscht.

Risiken

Inhaltliche Risiken

Kontakt-r isiken

Kommerzielle Risiken

Gefährdung der

Risiken gesamt

Land Privatsphäre

Belgien 30% (8) 19% (5) 22% (6) 30% (8) 48% (13) Bulgarien 56% (5) 44% (4) 22% (2) 44% (4) 56% (5) Dänemark 45% (15) 36% (12) 21% (7) 36% (12) 52% (17) Deutschland 26% (19) 16% (12) 5% (4) 18% (13) 30% (22) Estland 23% (5) 9% (2) 9% (2) 18% (4) 32% (7) Frankreich 46% (12) 31% (8) 15% (4) 19% (5) 54% (14) Griechenland 28% (11) 18% (7) 13% (5) 21% (8) 28% (11) Großbritannien 33% (22) 31% (21) 13% (9) 18% (12) 51% (34) Irland 86% (12) 64% (9) 36% (5) 64% (9) 93% (13) Island 55% (6) 45% (5) 45% (5) 45% (5) 64% (7) Italien 41% (12) 28% (8) 17% (5) 17% (5) 59% (17) Niederlande 42% (8) 21% (4) 11% (2) 16% (3) 42% (8) Norwegen 72% (18) 56% (15) 40% (10) 60% (15) 72% (18) Österreich 33% (9) 11% (3) 7% (2) 15% (4) 37% (10) Polen 57% (8) 43% (6) 14% (2) 29% (4) 57% (8) Portugal 30% (8) 11% (3) 7% (2) 11% (3) 30% (8) Schweden 39% (12) 32% (10) 19% (6) 26% (8) 45% (14) Slowenien 57% (8) 21% (3) 21% (3) 29% (4) 57% (8) Spanien 52% (11) 33% (7) 24% (5) 33% (7) 62% (13) Tschechische Republik 27% (4) 27% (4) 13% (2) 20% (3) 40% (6) Zypern 80% (4) 40% (2) 20% (1) 40% (2) 80% (4) Gesamteuropa 31% (110) 26% (92) 14% (50) 22% (80) 42% (149)

Tabelle 9: Datenlage Online-Risiken im europäischen Vergleich (Mehrfachcodierung). Quelle: Eigene

Berechnungen.

An zweiter Stelle liegen europaweit Kontaktrisiken (92 Studien, 26 Prozent); in Österreich,

Deutschland, Griechenland und Norwegen spielt hingegen die Gefährdung der Privatsphäre

eine größere Rolle. Am geringsten Aufmerksamkeit wird Kontaktrisiken in der belgischen

und estnischen Forschung zu Teil. Auffälliger Weise stammen sämtliche österreichischen

Daten zu Kontaktrisiken aus internationalen Studien. Kommerzielle Online-Risiken werden in

25 Zu inhaltlichen Risiken zählen schädliche Inhalte, pornographische, gewalthaltige bzw. rassistische Inhalte, Fehlinformationen, problematischer User-Generated Content, Verharmlosung von Selbstmord, Selbstschädigung, Magersucht und Drogen. Kontaktrisiken sind einerseits Cybermobbing oder -stalking und andererseits Kontakt zu Fremden, die potenziell eine Gefahr darstellen können. Die Kategorie kommerzielle Risiken setzt sich aus Beeinflussung durch Werbung, illegalen Downloads und Glückspielen bzw. Wetten zusammen und zur Gefährdung der Privatsphäre zählen die Weitergabe persönlicher Informationen, Hacking sowie die Missachtung der Privatsphäre.

44

allen beteiligten Ländern am seltensten untersucht (50 Studien). Dies gilt auch für Österreich,

wo wie in Schweden, Estland, Bulgarien, den Niederlanden, Polen und Tschechien nur zwei

Studien dieses Thema berücksichtigen. Nur in Zypern findet sich noch weniger Forschung

dazu (eine Studie).

Insgesamt lässt sich das Ausmaß an Forschung zu Online-Risiken in Österreich im

Vergleich zum europäischen Mittel als unterdurchschnittlich bezeichnen. Dies gilt sogar

für inhaltliche Risiken, der einzigen Risikotyp, zu der mehr als eine nationale Studie vorliegt.

Zu allen anderen Arten von Online-Gefahren stammen die Daten (beinahe) ausschließlich aus

multinationalen Erhebungen, an denen Österreich beteiligt war. Die Bedeutung internationaler

Untersuchungen für die österreichische Datenlage zeigt sich auch daran, dass ohne diese

Studien keinerlei Ergebnisse zu Gefahren des Kontakts zu Fremden, Cybermobbing oder

Cyberstalking, illegalem Download, der Herausgabe persönlicher Daten, Hacking,

Falschinformationen, problematischem User-Generated Content, zur Verharmlosung von

Selbstmord, Selbstschädigung, Magersucht oder Drogen vorliegen würden.

Die wenigen Arbeiten, die in Österreich problematische Aspekte der Online-Nutzung

thematisieren, beziehen sich zumeist auf neun bis 14-Jährige. Für Gesamtösterreich

repräsentative Daten zu Online-Gefahren, die auf Befragungen der Kinder basieren, liegen

nicht nur für elf bis 18-Jährige vor. Sie stammen aus der Studie Elf/ 18 (Großegger 2005), die

nur gegen Bezahlung eingesehen werden kann. Zwei Eurobarometerstudien (Europäische

Kommission 2006/ Europäische Kommission 2004) liefern zudem repräsentative Daten aus

Elternbefragungen, wobei einige Aspekte nur europaweit ausgewertet wurden, ohne die

Zahlen für die einzelnen Länder anzugeben. Am wenigsten untersucht sind Risiken für Kinder

unter acht Jahren und zu Kleinkindern (unter drei Jahre) sind überhaupt keine Ergebnisse

zugänglich.

Methodologische Grundlangen und methodisches Design

Hinsichtlich der methodologischen Ausrichtung und methodischen Vorgehensweisen lässt

sich feststellen, dass quantitative Studien in Europa mit Abstand am häufigsten durchgeführt

werden (58 Prozent), wobei meist mit paper self completion gearbeitet wird, gefolgt von

persönliche und telefonischen Interviews und Online-Befragungen. In Österreich dominieren

quantitative Verfahren sogar noch deutlicher (74 Prozent). Ohne die Hilfe von Interviewern

schriftlich ausgefüllte Fragebögen spielen allerdings eine etwas geringere Rolle.

Nur etwa zwei Drittel (63 Prozent) der Studien, die quantitative Verfahren einsetzen liefern

repräsentative Ergebnisse. In Österreich sind es immerhin 71 Prozent, wobei die wenigsten

für die gesamte Bevölkerung repräsentativ sind, denn subnationale Samples sind hierzulande

weit verbreitet (43 Prozent der quantitativen Studien).

45

Methodologie Europa Österreich Studien Anteil (%) Studien Anteil (%)

Quantitativer Ansatz 209 58% 20 74% Qualitativer Ansatz 66 18% 6 22% Kombination beider Ansätze 75 21% 1 4%

Tabelle 10: Einsatz methodologischer Ansätze. Quelle: Eigene Berechnungen.

Viel weniger häufig als quantitative Erhebungen sind Studien, die beide methodologische

Ansätze kombinieren (21 Prozent) und am seltensten werden ausschließlich qualitative

Verfahren verwendet (18 Prozent). Anders als auf europäischer Ebene werden Mehr-

Methoden-Designs in diesem Forschungsfeld in Österreich noch ausgesprochen selten

verwendet (eine Studie). Qualitative Studien arbeiten mit einer Vielzahl an unterschiedlichen

Erhebungsmethoden. Neben Interviews, Gruppendiskussionen und Beobachtung werden noch

Lautes Denken, Tagebuchaufzeichnungen, Dokumentenanalyse, Analyse von

Telefongesprächen oder Lehrmaterial, Online-Interviews, Gruppendiskussionen eingesetzt.

Während Interviews sowohl europaweit als auch in Österreich das wichtigste Verfahren

darstellen, spielen Gruppendiskussionen bzw. Klassengespräche hierzulande eine größere

Rolle. Auffällig ist auch, dass die einzige Studie, die mit Lautem Denken arbeitet, aus

Österreich stammt. Die Beobachtung hingegen wird deutlich seltener eingesetzt.

Unter dem europäischen Schnitt liegt auch der Anteil an österreichischen Studien, die Kinder

und Eltern bzw. Lehrer und Lehrerinnen befragen. Europaweit beziehen 30 Prozent aller

Arbeiten mehrere Gruppen ein, in Österreich sind es nur 18 Prozent. Zwei österreichische

Erhebungen befragen Kinder und ihre Eltern, eine Kinder und ihre Lehrer bzw. Lehrerinnen.

Studien, die alle drei Perspektiven zusammen führen, liegen in Österreich nicht vor, ebenso

wenige Erhebungen, die ausschließlich Lehrkräfte berücksichtigen. Es ist daher auch wenig

verwundert, dass wenige Informationen zu Eltern, ihrem Umgang mit dem Internet und ihrem

Medienerziehungsverhalten vorhanden sind. Sowohl in Gesamteuropa als auch in Österreich

lässt sich zudem ein Mangel an Langzeit- oder Panelstudien zu Fragen des Umgangs von

Kindern, Eltern und Lehrpersonen mit Online-Medien festzustellen.

Besonders bedenklich ist die Tatsache, dass in Berichten von 19 Prozent aller europaweit

zusammengetragenen Studien zentrale Angaben zu methodischen Aspekten fehlen.26 Dies ist

allerdings bei österreichischen Studien nicht der Fall.

26 So geben acht Prozent der quantitativen Studien nicht angeben, ob ihr Sample repräsentativ ist, bei elf Prozent ist unklar, mit welchen Befragungsmethoden sie arbeiten, und bei vier Prozent fehlen Informationen über die Reichweite des Samples Weiteres mache zehn Prozent der qualitativen Methoden Arbeiten keine näheren Angaben zur Erhebungsmethode, und 26 Prozent der Mehr-Methoden-Studien nennen nur eine Methode.

46

3.1.3 Forschungsmuster und -defizite in Österreich

Betrachtet man die Studien, die ausschließlich Daten für Österreich liefern genauer, so fällt

auf, dass repräsentative bzw. quantitative Erhebungen, die meist nur Fragen des Zugangs

sowie der Nutzungshäufigkeit und -motivation behandeln, eine überaus wichtige Rolle

spielen. Diese Untersuchungen beschränken sich auf die Erhebung empirischer Daten, ohne

diese in einen theoretischen Kontext einzubetten, der in der Lage ist, unterschiedliche

Dimensionen von Online-Erfahrungen junger Menschen in ihren Relationen zueinander zu

erklären. Qualitative Studien, die sich auf den Umgang mit den Angeboten des Internet

beziehen, sowie theoriegeleitete Forschungsarbeiten sind eher selten. Generell ist hinsichtlich

Methodologie und Methoden kaum Vielfalt oder Ausdifferenzierung zu erkennen. Studien,

die mehrere Verfahren einsetzen, quantitative und qualitative Ansätze verbinden oder

zusätzlich zu den Kindern auch Eltern, Lehrer oder Lehrerinnen befragen, stellen Ausnahmen

dar.

Obwohl insgesamt 27 Studien identifiziert werden konnten, die Daten zur Online-Nutzung

österreichischer Kinder und Jugendlicher enthalten, kann die Anzahl an österreichischen

Studien und Befunde in diesem Themenfeld insgesamt eher als gering betrachtet werden. So

finden sich lediglich 16 Untersuchungen, die ausschließlich Daten für Österreich liefern.

Dabei handelt es sich in vielen Fällen um Studien, die neben der Internetnutzung noch eine

Reihe anderer Lebensbereiche abdecken oder die Gesamtbevölkerung ab 14 Jahren in den

Blick nehmen. Die restlichen elf Erhebungen sind internationale Studien mit österreichischer

Beteiligung. Angesichts der hohen Internetpenetration in Österreich ist die niedrige Anzahl an

Studien verwunderlich, wenn es auch Länder gibt, in denen dieser Themenbereich noch

seltener erforscht wird.

Besonders wenige Ergebnisse liefern österreichische Studien zu Kindern unter zehn Jahren.

Vor allem in den zahlenmäßig dominierenden quantitativen Studien werden großteils ältere

Kinder oder Jugendliche berücksichtigt, weil diese Verfahren bei Jüngeren nur bedingt zu

validen Ergebnissen führen. Klein- und Volkschulkinder werden am ehesten in den

qualitativen Studien berücksichtigt. Zur Problematik von Online-Risiken gibt es nur wenige

Arbeiten, die angesichts der rasanten Entwicklungen von Internetangeboten und -nutzung

wenig aktuell sind und sich vor allem Kindern ab elf Jahren widmen. Auch Erkenntnisse zum

Umgang von Eltern und Lehrpersonen mit Online-Risiken und der Internetnutzung ihrer

Kinder und Schüler sind rar.

Als problematisch lässt sich auch der öffentliche Zugang zu österreichischer Forschung

bezeichnen, denn fast ein Drittel der Studien in diesem Themenfeld ist nur in kurzen

Zusammenfassungen oder gegen Bezahlung erhältlich. Dies ist eine Folge der Dominanz von

Marktforschung, die mit ihren Erhebungen in erster Linie kommerzielle Ziele verfolgt, und

ausführliche Berichte selten öffentlich zur Verfügung stellt.

47

Entlang von Auftraggebern, Methoden und Themen lassen sich österreichische Studien zur

Online-Nutzung von Kindern und Jugendlichen, ihrer Eltern und Lehrkräfte in folgende

Gruppen einteilen:

a) Marktorientierte kommerzielle Studien

Bei einem wesentlichen Teil der Studien handelt es sich um Erhebungen von

Marktforschungsunternehmen, die im Auftrag kommerzieller Unternehmen zur

kontinuierlichen Beobachtung des Internetmarkts durchgeführt werden oder im Rahmen von

kommerziellen Eigenprojekten der Institute entstehen. Ausführliche Berichte sind meist nur

den Auftraggebern zugänglich oder können käuflich erworben werden, zum Teil zu Preisen

von mehreren hundert Euros. Diese Studien konzentrieren sich auf Zugang zum Internet

sowie Häufigkeit und Zweck der Nutzung. Die Daten werden mittels quantitativer

computergestützter Befragungsmethoden wie CATI oder CAPI (computer assisted telephone

or personal interviews) erhoben und basieren auf für die Gesamtbevölkerung repräsentativen

Samples. Jugendliche ab 14 Jahren werden zwar befragt, zumeist werden aber nur wenige

Aspekte für diese Altersgruppen ausgewiesen. Aus diesem Grund wurden einige der Studien

auch nicht in die Auswertungen im Rahmen des EU Kids Online-Projekts miteinbezogen.

b) Nicht-kommerzielle Auftragsforschung

Neben kommerziellen Unternehmen gibt es auch öffentliche oder gemeinnützige Institutionen

wie Ministerien, Jugendvereine, Bildungseinrichtungen oder die Katholische Jungschar, die

Forschung in diesem Themenbereich in Auftrag gegeben. Meist handelt es sich bei solchen

Auftragsstudien um Kinder- oder Jugendstudien, die neben der Internetnutzung eine Reihe

von anderen Themen beinhalten. Auch diese Untersuchungen arbeiten mit quantitativen

Befragungen (computer assisted personal Interviews, Paper-Pencil Bögen, Online-

Fragebögen), decken ein großes, meist repräsentatives Sample ab und wurden von

Marktforschungsinstituten oder außeruniversitären Forschungseinrichtungen durchgeführt.

Der Großteil fokussiert auf Jugendliche, zum Teil auch auf junge Erwachsene (25-30) oder

Eltern. Neben Internetzugang und -nutzung erheben diese Arbeiten auch beliebte

Anwendungen, geschlechtsspezifische Unterschiede, teilweise auch Einstellungen zum

Internet oder Online-Kompetenzen. Vereinzelt wird auch dem Kontakt von Kindern mit so

genannten problematischen Inhalten nachgegangen.

c) Akademische Forschung

Der Bereich der universitären Forschung zum Umgang von Kindern und Jugendlichen mit

dem Internet ist in Österreich eher klein; deshalb kommt studentischen Abschlussarbeiten eine

wichtige Rolle zu. Neben Diplomarbeiten konnte nur ein Forschungsprojekt mit studentischer

Beteiligung, ein Eigenprojekt des ICT&S-Centers und ein Projekt am Fachbereich

48

Kommunikationswissenschaft der Universität Salzburg im Auftrag der Telekom Austria

identifiziert werden. Die Varianz an Fragestellungen und an methodischen Zugängen ist trotz

der geringen Anzahl an Arbeiten vielfältig. Es finden sich sowohl quantitative, qualitative als

auch Mehr-Methoden-Designs, allerdings meist mit einer geringen Anzahl an Probanden und

Probandinnen.

Auch das Themenspektrum ist in dieser Gruppe groß. Wie bei allen anderen Arbeiten werden

Zugang zu und Nutzung des Internets erhoben. Darüber hinaus reichen die Aspekte von

Motiven für die Nutzung, beliebteste Anwendungen, geschlechtsspezifischen Unterschieden,

Einstellungen, Erfahrungen, Wünsche und Erwartungen an Online-Medien

Internetkompetenzen, bis hin zur Frage, wie Kinder mit Online-Angeboten umgehen und sich

in virtuellen Umgebungen zurechtfinden. Dabei werden jüngere Kinder vergleichsweise

deutlich häufiger berücksichtigt als in kommerziellen Studien oder in nicht-kommerzieller

Auftragsforschung. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die drei Gruppen und ihre

Merkmale.

Marktorientierte

Studien kommerzielle „Nicht kommerzielle“

Auftragsstudien Akademische Forschung

Methoden Quantitative

computerunterstützte, mündliche

Befragung (telefonisch; face-to-

face)

Quantitative mündliche oder

schriftliche Befragung

(computergestützt, face-to-face,

paper-self-completion)

Qualitative Leitfaden-Interviews, Gruppendiskussionen, Nachträgliches Lautes Denken Quantitative schriftliche Befragung (paper-self-completion)

Auftraggeber Medien- und Telekommunikations-unternehmen

Eigenprojekte der Institute

(Verkauf der Ergebnisse)

Non-Profit- bzw. Social-Profit-

Organisationen (Ministerien,

Jugendreferate, Pädagogische

Institute)

Keine oder Non-Profit-Organisation

Durchführung Marktforschungsinstitute (Markt)forschungsinstitute Studentische Abschlussarbeiten

Projektseminar

Wissenschafter und

Wissenschafterinnen

Themen Internetzugang und

(Frequenz, Zweck). -nutzung Internetzugang und -nutzung

geschlechtsspezifische Unterschiede

beliebteste Anwendungen

Einstellungen zum Internet

Online-Kompetenzen

problematische Inhalte

Internetzugang und -nutzung

Stellenwert und Motive der Nutzung

beliebteste Anwendungen

Einstellungen zum Internet

Orientierung in virtuellen Räumen

Umgang mit Online-Medien

geschlechtsspezifische Unterschiede

Vorstellungen von und Erwartungen an das Internet

Erwerb von Online-Kompetenz

Abbildung 6: Klassifizierung österreichischer Studien. Quelle: Rathmoser 2007: 96.

49

3.2 Arbeitspaket 2: Interkulturelle Forschungskontexte

3.1.2 Ziele und Vorgehensweise

Das zweite Arbeitspaket widmet sich der Frage nach möglichen Gründen für die

unterschiedliche Forschungslage in den 21 beteiligten Ländern. Ziel ist es, länderspezifische

und kulturübergreifende Faktoren zu identifizieren, die Forschung zu Kindern, Jugendlichen

und Online-Medien in Europa beeinflussen. Im Rahmen dieses Arbeitspakets soll

herausgefunden werden, warum das Ausmaß an Studien zu diesem Themenbereich zwischen

den Ländern divergiert und wie sich unterschiedliche thematische Schwerpunkte oder

Forschungsdefizite erklären lassen.

Um diesen Fragen nachzugehen, haben EU Kids Online-Teams aus allen beteiligten Nationen

mit Hilfe einer Reihe von Experten und Expertinnen27 im Rahmen von Länderberichten die

nationalen Forschungshintergründe beleuchtet. Folgende Kontextfaktoren wurden dabei

berücksichtigt:

- Die Forschungsinfrastruktur des Landes, insbesondere jener Disziplinen, die sich mit

Kindern und Jugendlichen, mit Online-Medien oder dem Internet auseinandersetzen.

- Forschungstraditionen in diesen Fächern sowohl in Bezug auf Gegenstände,

theoretische Ansätze als auch methodologische Zugänge.

- Institutionelle Rahmenbedingungen von Forschungseinrichtungen in den jeweiligen

Ländern.

- Möglichkeiten der Forschungsfinanzierung insbesondere in den Sozialwissenschaften,

sowie die Bedeutung unterschiedlicher Finanzierungsformen im Forschungsfeld

Kinder, Jugendliche und Online-Medien.

- Politische Faktoren, die das Forschungsklima im Bereich Kinder- und

Jugendforschung und Informations- und Kommunikationstechnologien beeinflusst

haben.

- Öffentliche – insbesondere mediale – Debatten im Zusammenhang mit Kindern,

Jugendlichen und dem Internet.

Die Länderberichte werden derzeit vor dem Hintergrund der Forschungslage in den einzelnen

Ländern vergleichend ausgewertet. Christina Ortner aus dem österreichischen Team hat

zusammen mit einer deutschen Mitarbeiterin des EU Kids Online-Netzwerks die Rolle von

unterschiedlichen Finanzierungsmustern für die Forschungskapazitäten in Europa analysiert.

27 Informationen für den österreichischen Länderbericht lieferten neben dem EU Kids Online-Team Christian Dirninger (Univ.-Prof. für Geschichte an der Universität Salzburg), Ingrid Geretschlaeger (Leiterin der Medienpädagogischen Beratungsstelle an der Niederösterreichischen Landesakademie), Bernhard Jungwirth (Koordinator von Saferinternet.at), Jean-Luc Patry (Univ.-Prof. für Erziehungswissenschaft an der Universität Salzburg) und Christian Swertz (Univ.-Prof. für Erziehungswissenschaft an der Universität Wien).

50

Da zur medialen Debatte zu Kindern, Jugendlichen und dem Internet europaweit kaum Daten

vorliegen, führten Mitglieder des EU Kids Online-Netzwerks eine quantitative Inhaltsanalyse

von ausgewählten Zeitungen durch. Zwischen 1. Oktober und 31. November 2007 wurden in

14 beteiligten Ländern regionale und bundesweite Qualitäts- und Boulevardzeitungen

gesichtet. Für Österreich sammelte und codierte Christina Ortner Artikel im Standard, der

Kronenzeitung, der Neuen Zeitung und der Kleinen Zeitung. Erfasst wurden unter anderem

die Themen, der Tenor, die Quellen, die diskutierten Chancen und Risiken und die

Perspektiven, die in den jeweiligen Artikeln berücksichtigt wurden. Eine internationale

Arbeitsgruppe wertete die Daten statistisch aus. Da eine solche Analyse eine Reihe an

methodologischen Herausforderungen mit sich bringt, die auf Grund des kurzen Zeitraums

der Analyse und der begrenzten zeitlichen Ressourcen nicht vollständig gelöst werden

konnten, liefern die Ergebnisse kein umfassendes Bild der medialen Debatte. Vielmehr

müssen sie als eine Momentaufnahme der Berichterstattung in den Printmedien gesehen

werden, die erste Einsichten in Unterschiede des medialen Diskurses in den beteiligten

Ländern gewährt.

Da die Analysen im Rahmen von Arbeitspaket 2 noch nicht abgeschlossen sind und erst Ende

2008 in Form eines internationalen Berichts vorliegen werden, können noch keine

ausführlichen Ergebnisse berichtet werden. Auf Basis der Arbeit des österreichischen EU

Kids Online-Teams und einiger interner Berichte zu den laufenden Auswertungen werden im

nächsten Kapitel aber einige Zwischenergebnisse präsentiert. Der Schwerpunkt wird dabei

weniger auf internationalen Vergleichen sondern auf der Situation in Österreich liegen.

3.1.2 Rahmenbedingungen der österreichischen Forschung 28

Es gibt viele Faktoren, die Ausmaß, Art und thematische Ausrichtung von Forschung zu

Kindern, Jugendlichen und dem Internet beeinflussen. Neben Forschungsstrukturen, -

ressourcen und -traditionen können auch die Internetpenetration, die Bevölkerungsgröße, die

politische Agenda und Diskussion oder der mediale Diskurs eine Rolle spielen. In manchen

Ländern, darunter auch Österreich, ist zwar Forschung zum Thema Internet weit verbreitet,

nicht aber zur Nutzung von Online-Medien durch Kinder und Jugendliche und insbesondere

zu den Risiken, die damit verbunden sind. Im Folgenden werden einige Aspekte beschrieben,

die hinsichtlich der Forschungslage und -defizite in Österreich von besonderer Bedeutung

sind.

Mangel an akademischer Forschung

Betrachtet man Forschung zum Umgang von Kindern und Jugendlichen mit Online-Medien in

Österreich so fällt auf, dass der Großteil der Studien in diesem Bereich von

28 Die Inhalte des folgenden Kapitels basieren auf der Arbeit von Christina Ortner und Ingrid Paus-Hasebrink im Rahmen des Länderberichtes für Arbeitspaket 2 (siehe dazu Seite 49).

51

Marktforschungsinstituten oder anderen zum Teil kommerziell ausgerichteten Institutionen

durchgeführt wurden. Akademische Arbeiten machen derzeit noch einen kleinen Teil der

Studien in diesem Themenfeld aus. Dieser Mangel an akademischer Forschung beeinflusst

sowohl die thematische als auch die methodische Ausrichtung des Forschungsfelds.

Marktforschungsstudien in Österreich beschränken sich zumeist auf die Erhebung empirischer

Daten, insbesondere zu Internetzugang und -nutzung, ohne diese in einen theoretischen

Kontext einzubetten, wie dies in akademischen Arbeiten der Fall ist. Dies führt dazu, dass

eine Reihe von Momentaufnahmen zur Internetnutzung vorliegt, die nur punktuelle Aussagen

zulassen und schnell an Aktualität verlieren, verallgemeinerbare Ergebnisse jedoch fehlen.

Auch die Dominanz quantitativer Erhebung und die begrenzte Diversität im Hinblick auf

methodische Zugänge lassen sich auf den Mangel an akademischer Forschung zurückführen.

Während Marktforschungsinstitute in der Regel standardisierte Befragungen bei großen,

häufig repräsentativen Teilen der Bevölkerung durchführen, bedienen sich akademische

Arbeiten, je nach Fragestellung, einer Reihe unterschiedlicher Methoden und kombinieren

diese auch häufiger. Der Mangel an qualitativer Forschung lässt sich in Österreich daher nicht

auf fehlende Traditionen dieser Methodologie in den für dieses Themenfeld relevanten

Disziplinen zurückführen, sondern auf die Dominanz außeruniversitärer Forschung. Sowohl

in der Pädagogik und der Kommunikationswissenschaft als auch in den österreichischen

Sozialwissenschaften insgesamt sind qualitative Ansätze etabliert, wenn auch in den meisten

Fächern quantitative Verfahren häufiger eingesetzt werden. Eine genauere Betrachtung der

unterschiedlichen Arten von Forschung in Österreich zeigt zudem, dass qualitative

Befragungen und Mehrmethodendesigns in den insgesamt wenigen akademischen Arbeiten zu

Kindern, Jugendlichen und Online-Medien durchaus verwendet werden und die

Methodenvielfalt in dieser Gruppe vergleichsweise groß ist.

Die Beschränkung auf quantitative Befragungsformen führt unter anderem dazu, dass die

Einbettung der Internetnutzung in Alltagskontexte von Kindern und Jugendlichen wie etwa

ihre täglichen Routinen, ihre Beziehungen zu Eltern, Lehrern und Lehrerinnen, ihre sozialen

Netzwerke oder ihr genereller Medienumgang in der österreichischen Forschung kaum

berücksichtigt wird. Zudem lassen sich die Forschungsdefizite in Bezug auf Kinder unter zehn

Jahren zum Teil durch die Dominanz quantitativer Methoden erklären, denn schriftliche bzw.

standardisierte Befragungen sind für Kinder dieses Alters nur bedingt geeignet und liefern nur

eingeschränkt valide Ergebnisse. Um dem Umgang jüngerer Kinder mit Online-Medien

nachgehen zu können, bedarf es offener, qualitativer Verfahren, die Kombination von

methodischen Zugängen und aufwendigerer Designs, die auch Eltern, Lehrpersonen,

Geschwister oder Peers miteinbeziehen. Diese Herangehensweise wird im Rahmen

kommerzieller Forschung kaum angewandt.

Auch das Problem der öffentlichen Zugänglichkeit von Daten – insbesondere der Mangel an

wissenschaftlichen Publikationen in Form von Monographien, Zeitschriftenbeiträgen,

52

Artikeln in Sammelbänden oder Vorträgen auf Tagungen hängt mit dem großen Anteil an

kommerziell ausgerichteten Arbeiten zusammen. Fast ein Drittel der Studien in Österreich ist

nur in kurzen Zusammenfassungen oder gegen Bezahlung erhältlich, denn ausführliche

Ergebnisse kommerzieller Forschung sind häufig nur den Auftraggebern zugänglich. Dies

schmälert den Umfang an öffentlich zugänglichen Daten deutlich.

Begrenzte Forschungsinfrastruktur

Zahlreiche Forschungsdefizite zum Umgang von Kindern und Jugendlichen mit Online-

Medien hängen in Österreich also zumindest indirekt mit dem geringen Ausmaß an

akademischen Studien zusammen. Eine Ursache für die begrenzte Anzahl an akademischer

Forschung ist die eingeschränkte Forschungsinfrastruktur und die damit einhergehende kleine

Scientific Community im Bereich Kinder- und Jugendmedienforschung in Österreich.

Die beiden wichtigsten Disziplinen für Studien zum Umgang von Kindern und Jugendlichen

mit dem Internet sind die Kommunikationswissenschaft und die Pädagogik.

Kommunikationswissenschaftliche Fachbereiche und Institute sind in Österreich großteils

noch sehr jung und nur an drei Universitäten zu finden. In Bezug auf den Umgang mit Online-

Medien ist zudem das vor fünf Jahren gegründete ICT&S Center an der Universität Salzburg

von Bedeutung. Pädagogik oder Erziehungswissenschaft wird insgesamt an fünf

österreichischen Universitäten gelehrt. Sowohl im Bereich der Kommunikationswissenschaft

als auch in der Pädagogik ist die Anzahl an wissenschaftlichen Mitarbeitern und

Mitarbeiterinnen an Österreichs Universitäten überschaubar. Diese decken darüber hinaus

eine große Palette an unterschiedlichen Forschungsthemen ab. So sind Studien zu Kindern

und Jugendlichen in der Kommunikationswissenschaft ein Randthema. In der Pädagogik

spielt hingegen der Umgang mit (Online-)Medien eine untergeordnete Rolle.

Die Anzahl der Wissenschafter und Wissenschafterinnen, die sich mit Kinder- und

Jugendmedienforschung beschäftigen, ist daher sehr eingeschränkt. Der Großteil von ihnen

hat ergänzend noch weitere thematische Schwerpunkte, und auch innerhalb des

Forschungsfelds geht die Bandbreite an Themen weit über Fragen der Online-Nutzung hinaus.

In welchem Ausmaß die Forscher und Forscherinnen ihre Interessen im Bereich Kinder,

Jugendliche und Medien in Forschung und Lehre umsetzen können, hängt auch stark von

ihrer jeweiligen Position innerhalb ihrer Institution ab. Stellen, die explizit zu Kinder- und

Jugendmedienforschung ausgeschrieben werden, sind in Österreich selten. Ausnahmen stellen

die Professuren für Medienpädagogik an der Universität Wien und an der Donau-Uni Krems

dar.

Eingeschränkte Finanzierungsmöglichkeiten

Neben der geringen institutionellen Verankerung von Kinder- und Jugendmedienforschung

und der begrenzten Anzahl an österreichischen Forschern und Forscherinnen in diesem

53

Forschungsbereich tragen auch die eingeschränkten Finanzierungsmöglichkeiten zum Mangel

an akademischer Forschung bei.

Insgesamt sind Forschungsarbeiten in den Sozialwissenschaften in Österreich zu einem

großen Ausmaß auf öffentliche Gelder angewiesen, da es in diesen Disziplinen im Gegensatz

zu technischen und naturwissenschaftlichen Fächern kaum Zusammenarbeit mit

Wirtschaftsunternehmen gibt und auch gemeinnützige Institutionen nur begrenzt Forschung

finanzieren. Wie der internationale Vergleich zeigt, führt eine begrenzte Anzahl an möglichen

Finanziers in einem bestimmten Themenbereich tendenziell zu weniger Forschung und zu

einer geringeren Bandbreite an Fragestellungen. Insbesondere Länder, in denen Forschung zu

großen Teilen durch öffentliche Gelder finanziert wird, weisen häufig Defizite auf.

Wissenschafter und Wissenschafterinnen sind dort darauf angewiesen, dass die öffentliche

Hand ausreichend Geld zur Verfügung stellt, was nicht immer der Fall ist.

Auch in Österreich ist dies in Bezug auf Online-Risiken für Kinder und Jugendliche nur

bedingt der Fall. Die Regierung, die Ministerien und vor allem die Bundesländer geben zwar

zum Teil Geld für Forschung zum Umgang von Kindern, Jugendlichen und Internet aus, dabei

handelt es sich aber nicht um geförderte, sondern um Auftragsforschung, und öffentliche

Institutionen betrauen in vielen Fällen Marktforschungsinstitute mit der Durchführung. Auch

Unternehmen arbeiten in der Regel eher mit Marktforschungsinstituten zusammen. Eine

Ausnahme stellt die Evaluationsstudie „Lernen mit Web 2.0“ dar, die an der Universität

Salzburg im Auftrag der Telekom Austria durchgeführt wurde.

Auffälliger Weise wurde in Österreich, abgesehen von internationalen EU-Projekten mit

österreichischer Beteiligung, keine einzige Studie zur Online-Nutzung von Kindern und

Jugendlichen durch Fördergelder finanziert. Dies kann einerseits mit der geringen Anzahl an

Forschern und Forscherinnen in diesem Feld zusammenhängen, die das Know How und die

zeitlichen Ressourcen haben, Anträge beim FWF oder anderen Förderinstitutionen erfolgreich

durchzubringen. Andererseits werden Fördergelder insgesamt häufiger für

naturwissenschaftliche und technische Projekte ausgegeben, obwohl die Disziplin bei den

meisten Förderinstitutionen wie etwa dem FWF kein Kriterium für die Vergabe der Gelder

darstellt. Von Ministerien ausgeschriebene thematische Förderschienen zielen ebenfalls

seltener auf sozial- oder geisteswissenschaftliche Fragstellungen ab. Ausschreibung zur

gesellschaftlichen Bedeutung von Informations-und Kommunikationstechnologien oder zum

Umgang mit Online-Medien gab es bisher nicht, ebenso wenig zu Fragen der Kinder- und

Jugendmedienforschung.

Die begrenzten Finanzierungsmöglichkeiten haben nicht nur einen Mangel an akademischen

Arbeiten zu Folge, sie erschweren darüber hinaus vor allem aufwendige und längerfristige

Forschung. Da sich Online-Medien und der Umgang unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen

damit rasch verändern, müssen Daten in diesem Bereich ständig aktualisiert werden. Zudem

sind verallgemeinerbare, theoriegestützte Erkenntnisse von besonderer Bedeutung. Da

54

finanzielle Mittel für solche Projekte nur schwer lukriert werden können, mangelt es in

Österreich sowohl an zeitintensiven theoriegeleiteten Arbeiten als auch an regelmäßigen

Erhebungen, Langzeit- oder Panelstudien.

Kurze Tradition im Bereich von Jugendmedienschutz

Die bisherigen Ausführungen geben zwar Hinweise darauf, warum es in Österreich wenig

akademische Forschung gibt und welche Defizite dieser Mangel nach sich zieht, sie können

aber nicht erklären, weshalb Online-Risiken so wenig Aufmerksamkeit zukommt.

Eine mögliche Ursache für die geringe Bedeutung von Gefahren durch Online-Medien ist eine

im Vergleich zu Deutschland kurze Tradition im Bereich des Jugendmedienschutzes, die ein

geringes Problembewusstsein zur Folge hat. Während der Schutz von Minderjährigen vor

entwicklungsschädigenden medialen Inhalten auf Grund der frühen Etablierung des dualen

Rundfunksystems in Deutschland spätestens in den 80er Jahren zum Thema wurde, gab es in

Österreich lange Zeit nur öffentlich-rechtliches Fernsehen und damit wenig

Regulierungsbedarf. Zwar waren die deutschen privaten Sender mittels Kabel- und

Satellitenübertragung bald auch in Österreich erhältlich, die Regulierung lag jedoch nicht bei

den österreichischen sondern bei den deutschen Behörden.

Eine politische Auseinandersetzung mit Aspekten des Jugendmedienschutzes fand daher in

Österreich lange Zeit kaum statt. Das politische und öffentliche Bewusstsein für

problematische Aspekte des Umgangs von Kindern und Jugendlichen mit Medien allgemein

und Online-Medien insbesondere ist daher vergleichsweise schwach ausgeprägt. Die

Auseinandersetzung mit Risiken von Online-Medien für Kinder und Jugendliche hat in den

letzten Jahren jedoch zugenommen, nicht zuletzt auf Grund der Arbeit von Initiativen wie

Safrinternet.at.

Die verzögerte Debatte um Jugendmedienschutz und die geringe Wahrnehmung von

Handlungsbedarf seitens möglicher Auftraggeber von Forschungsprojekten aber auch seitens

der Wissenschafter und Wissenschafterinnen selbst, kann als eine Ursache für die schwache

Datenlage zu Online-Risiken in Österreich gesehen werden. Bezeichnenderweise ist der

wichtigste Finanzier von Studien zu Online-Risiken in Österreich die Europäische

Kommission. Auch regionale Regierungen haben vereinzelt Forschung zu möglichen

Gefahren von Online-Medien finanziert.

55

Mediale Berichterstattung fokussiert auf internationale Kriminalfälle29

Um den Einfluss der medialen Diskussion von Online-Risiken und -Chancen für Kinder und

Jugendliche abschätzen zu können, wurde im Rahmen von Arbeitspaket 2 eine Medienanalyse

durchgeführt. Erste Ergebnisse dieser Analyse zeigen, dass der Umgang von Kindern und

Jugendlichen in österreichischen Printmedien regelmäßig, aber nicht besonders ausführlich

thematisiert wird. Innerhalb von zwei Monaten wurden im Standard, der Kronen Zeitung, der

Neuen Zeitung und der Kleinen Zeitung insgesamt 72 Artikel gefunden; dies entspricht

durchschnittlich 18 Artikel pro Zeitung. Im europäischen Vergleich liegt Österreich damit im

oberen Mittelfeld.

Zahl analysierter Anzahl an Artikeln Artikel pro Zeitung Zeitungen (insgesamt) (Durchschnitt)

Belgien 4 81 20,3 Bulgarien 4 18 4,5 Dänemark 4 21 5,3 Deutschland 6 100 16,7 Estland 9 116 12,9 Griechenland 7 44 6,3 Großbritannien 4 63 15,8 Irland 10 50 5 Italien 3 90 30 Norwegen 5 104 20,8 Österreich 4 72 18 Portugal 6 42 7 Slowenien 6 80 13,3 Spanien 3 43 14,3

Tabelle 11: Artikel zum Thema Kinder, Jugendliche und Internet. Quelle: Eigene Berechnungen.

Die öffentliche Diskussion war in Österreich im Analysezeitraum also nicht weniger stark

ausgeprägt als in den meisten anderen Ländern (nur Belgien, Italien und Norwegen

berichteten häufiger über dieses Thema). Auch die Thematisierung von Risiken lag im

europäischen Durchschnitt. 63 Prozent der österreichischen Beiträge behandelten mögliche

negative Aspekte der Internetnutzung von Kindern und Jugendlichen, europaweit liegt der

Durchschnitt bei 64 Prozent. 18 Prozent sprachen Chancen von Online-Medien an – dies

entspricht genau dem europäischen Schnitt – und die restlichen Artikel diskutierten sowohl

positive als auch problematische Aspekte.

Betrachtet man die Themen der Artikel, so wird deutlich, dass die mediale Debatte im

Analysezeitraum von internationalen Kriminalfällen dominiert wurde. Zahlreiche Artikel

berichteten über einen in YouTube angekündigten Amoklauf eines finnischen Schülers. Das

29 Die Ausführungen zur medialen Diskussion des Themas in österreichischen Medien basieren großteils auf eignen Berechnungen der Erhebung zu Österreich, die im Herbst 2007 im Rahmen der internationalen vergleichenden Erhebung von Christina Ortner durchgeführt wurde. Zum Teil referiert das Kapitel auch auf erste Ergebnisse der länderübergreifenden Analyse. Diese können im Endbericht von Arbeitspaket 3 nachgelesen werden (Hasebrink/ Livingstone/ Haddon 2008: 90ff).

56

zweithäufigste Thema war die Verhaftung eines Pädophilen, der Fotos im Internet verbreitet

hat, gefolgt von Berichten über Internetplattformen, die gegen Bezahlung afrikanische Kinder

illegal zur Adoption anbieten. Ein weiterer wichtiger Themenblock waren Online-Medien in

Schulen. Dabei wurden Chancen des Internets als Informationsquelle oder als neue Lernform

ebenso angesprochen wie problematische Aspekte wie etwa Mobbing gegen Lehrkräfte oder

Schulkameraden.

Insgesamt war der Anteil an internationalen Meldungen in Österreich mit 56 Prozent sehr

hoch. Bis auf Portugal und Griechenland lag der Schwerpunkt der Berichterstattung in

anderen europäischen Staaten deutlich auf nationalen Ereignissen. Die internationalen

Berichte in Österreich bezogen sich nicht unmittelbar auf das Land selbst; sie thematisierten

mögliche Gefahren von Online-Medien also nicht in Bezug auf österreichische Kinder und

legten daher auch keinen Handlungsbedarf auf österreichischer Ebene nahe. Dieser Fokus auf

internationale Kriminalfälle trägt nicht zum Bewusstsein für Online-Risiken von Kinder und

Jugendlichen im eigenen Land bei und könnte möglicherweise indirekt auch dazu beitragen,

dass Online-Risiken in der österreichischen Forschung wenig Beachtung finden.

57

3.3 Arbeitspaket 3: Internationaler Vergleich von Online-Erfahrungen 30

3.3.1 Ziele und Vorgehensweise

Das zentrale Ziel des EU Kids Online-Netzwerks lag darin, Ergebnisse bisheriger Forschung

zu Online-Chancen und -Risiken europaweit zu sammeln und systematisch zu vergleichen,

um Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Umgang von Kindern, Jugendlichen und ihren

Familien mit Online-Medien in Europa nachzuzeichnen und zu erklären. Diese

Vergleichsanalyse von Daten aus den über 300 identifizierten Studien aus allen 21 beteiligten

Ländern, war Aufgabe von Arbeitspaket 3.

In einem ersten Schritt wurde ein theoretisches Modell entwickelt, das die Beziehungen

zwischen den zentralen Variablen benennt (siehe dazu Kapitel 2: 17). Das Modell bezieht sich

im Kern folgende hypothetische Annahmen: a) Internetzugang und -nutzung sind

Voraussetzung für Online-Chancen und -Risiken, b) die Entwicklung von Einstellung und

Fähigkeiten im Umgang mit dem Internet sind die Folge von Internetnutzung und stimulieren

diese wiederum, c) Online-Nutzung, -Zugang, -Kompetenzen, -Chancen und -Risiken

variieren mit dem Alter, dem Geschlecht und den soziökonomischen Bedingungen, d) zudem

beeinflussen Familienmitglieder, Lehrer, Lehrerinnen, Freunde und Freundinnen die Online-

Erfahrungen von Kindern und Jugendlichen. Während die bisher genannten Faktoren die

individuelle Ebene einzelner Kinder betreffen, geht das theoretische Modell davon aus, dass

es weitere länderspezifische Einflussfaktoren gibt, die Unterschiede zwischen den

europäischen Ländern erklären können. Zu diesen kontextuellen Faktoren zählen die nationale

Medienumgebung, der Regulierungsrahmen für Internet- und Kommunikationstechnologien,

der öffentliche Diskurs und die mediale Debatte, kulturelle Einstellungen und Werte sowie

das jeweilige Bildungssystem.

Aus diesem theoretischen Rahmen lassen sich eine Reihe von Hypothesen und

Forschungsfragen ableiten, die anschließend an sämtlichen gesammelten nationalen und

internationalen Studien systematisch überprüft wurden. Der Vergleich von mehr als 300

Studien aus unterschiedlichen Ländern, die in einer Vielzahl von Sprachen veröffentlicht

wurden, bringt eine Reihe an Herausforderungen mit sich. Daher entwickelten Mitarbeiter und

Mitarbeiterinnen von Arbeitspaket 3 basierend auf Kohn’s Überlegungen (1989)31 zu

komparativer Forschung eine systematische Vergleichsstrategie. Kohn unterscheidet unter

anderem zwischen folgendenden Kategorien:

30 Die Angaben dieses Kapitels beziehen sich – bis auf die Daten zu Österreich – auf den internationalen Endbericht zu Arbeitspaket 3 (Hasebrink/ Livingstone/ Haddon 2008: 116-123) und können dort im Detail nachgelesen werden. Des Weiteren ist derzeit ein Zeitschriftenbeitrag des deutschen EU Kids Online-Teams in Arbeit, der die Vorgehensweise und zentralen Ergebnisse aus Arbeitspaket 3 diskutiert (Hasebrink/ Lampert 2009); er wurde ebenfalls für dieses Kapitel herangezogen. 31 Siehe dazu auch die Arbeit von Livingstone (2003).

58

- Länder als Untersuchungsobjekte: Dieser Ansatz begreift Staaten als eigenständige

Einheiten mit spezifischen Rahmenbedingungen. Ziel ist es, die Situation innerhalb

einzelner Länder möglichst adäquat zu beschreiben. Dazu erstellten alle nationalen EU

Kids Online-Teams einen entlang der konkreten Hypothesen und Forschungsfragen

strukturierter Länderbericht, der die Daten aus den Studien des jeweiligen Lands

aufbereitet erfasst.32

- Länder als Kontexte zur Überprüfung von allgemeinen Hypothesen: Diese Art

vergleichender Forschung zielt darauf ab, allgemeine Hypothesen zur Bedeutung von

bestimmten Faktoren wie etwa Alter, Geschlecht, sozioökonomischer Status oder dem

Verhalten von Eltern und Lehrpersonen vor dem Hintergrund unterschiedlicher

kultureller Kontexte zu testen. Dazu wurde zu jeder Hypothese eine Vergleichsanalyse

durchgeführt, die neben den Angaben aus allen Länderberichten auch Daten aus

internationalen Studien berücksichtigte. In diesem Zusammenhang wurden die

Hypothesen daraufhin getestet, inwieweit sie auch in unterschiedlichen nationalen

Kontext Gültigkeit besitzen.

- Länder als Untersuchungseinheiten: Ein weiter Typ vergleichender Forschung geht

von Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen Ländern aus und beschreibt sie vor

dem Hintergrund kontextueller, länderspezifischer Faktoren. Informationen zu diesen

nationalen Rahmenbedingungen wurden ebenfalls in den Länderberichten aufbereitet

und um internationale Daten sowie die Ergebnisse der Medienanalyse (siehe dazu

Kapitel 3.2) ergänzt.

Bevor diese Vorgehensweise für die Vergleichsanalyse aller 21 beteiligten Länder zum

Einsatz kam, wurde sie am Beispiel von drei Ländern (Polen, Portugal, Großbritannien)

getestet. Die in einem Bericht niedergelegten Ergebnisse dieses Drei-Länder-Vergleichs

können online nachgelesen werden.33

Die oben beschriebene methodische Strategie hat sich insgesamt als sehr gewinnbringend

erwiesen. Sie ermöglicht den systematischen Vergleich einer großen Anzahl an

unterschiedlichen Studien, erleichtert die Strukturierung der Ergebnisse, ist in der Lage,

sowohl Unterschiede als auch Ähnlichkeiten zu beschreiben und zu erklären und nimmt

Einflussfaktoren in den Blick, die sich sowohl auf die individuellen Bedingungen einzelner

Kinder als auch auf die Ebene nationaler und kultureller Rahmenbedingungen beziehen.

Es muss allerdings festgehalten werden, dass Analysen dieser Art die Mitarbeit zahlreicher

Forscher und Forscherinnen in unterschiedlichen Ländern bedarf und für alle Beteiligten

einen großen Aufwand mit sich bringt. Auf Grund der zum Teil erheblichen Unterschiede

zwischen den analysierten Studien hinsichtlich der Definition von Begriffen,

32 Die Länderberichte können unter www.eukidsonline.net eingesehen werden. 33 Hasebrink et al. 2007.

59

methodologischen Ansätzen, methodischer Vorgehensweisen, Art und Größe der Samples,

Zeitpunkt der Feldphase und nicht zuletzt auch hinsichtlich der Qualität der Daten stößt eine

solche Vergleichsanalyse zwangsläufig an Grenzen. Die Ergebnisse sind daher als Tendenzen

einzuschätzen; sie liefern erste Hinweise auf beobachtbare Muster und markieren damit auch,

wo Herausforderung für die zukünftige Forschung liegen.

3.3.1 Online-Erfahrungen von Kindern und Jugendlichen in Europa

Im folgenden Kapitel werden die zentralen Ergebnisse der vergleichenden Analyse mit

Schwerpunkt auf Österreich zusammengefasst. Die Struktur des vorliegenden Berichts folgt

dabei der methodischen Vorgehensweise von Arbeitspaket 3: Zuerst werden

Gemeinsamkeiten hinsichtlich Online-Erfahrungen von Kindern und Jugendlichen in Europa

beschrieben, danach folgt eine Klassifizierung der Länder, und abschließend wird diskutiert,

inwieweit kulturelle Faktoren in der Lage sind, die Unterschiede zwischen den Ländern zu

erklären.

Online-Zugang und -Nutzung von Kindern und Eltern in Europa

Bereits im Jahr 2006 nutzten mehr als die Hälfte der Kinder und Jugendlichen (unter 17

Jahren) in Europa das Internet. Dabei zeichnen sich deutliche Unterschiede zwischen den

Ländern ab (siehe Abbildung 7).

Abbildung 7: Anteil der Null- bis 17-Jährigen, die das Internet nutzen (Angaben der Eltern). Quelle:

Europäische Kommission 2006; siehe auch Hasebrink/ Lampert 2009.

26

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NiederlandeDänemarkEstland

SchwedenBelgien

Verein. Königr.TschechienSlowenienFrankreichÖsterreich

DeutschlandPolenIrland

PortugalSpanienItalienZypern

BulgarienGriechenland

60

In der Spitzengruppe (mehr als 60 Prozent) befanden sich die nordischen Länder, Estland, die

Niederlande, Belgien und Großbritannien. Österreich lag mit 51 Prozent zusammen mit

Frankreich, Slowenien und der Tschechischen Republik in der zweiten Gruppe (50-60

Prozent), und nach Deutschland, Polen und Irland (40-50 Prozent) folgten die südlichen

Länder sowie Bulgarien (weniger als 40 Prozent). (Europäische Kommission 2006: 6)

In allen europäischen Ländern gehen Kinder tendenziell häufiger online, wenn auch ihre

Eltern das Internet verwenden. Das kann einerseits daran liegen, dass Eltern, die die Vorteile

dieses Mediums aus eigener Erfahrung kennen, ihren Kindern häufiger Zugang verschaffen

und sie zur Internetnutzung ermuntern. Andererseits werden Eltern möglicherweise auch von

ihren Kindern angeregt, Online-Medien für sich zu entdecken.

Zudem zeigt sich, dass Kinder ihren Eltern entgegen weit verbreiteter Annahmen im Hinblick

auf die Nutzung von Online-Medien nicht unbedingt voraus sind. Zwar nutzen

durchschnittlich mehr Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren das Internet als Erwachsene,

dies gilt jedoch nicht im Vergleich zu ihren Eltern, denn Erwachsene mit Kinder gehen

tendenziell häufiger online als Erwachsene ohne Kinder.34 So nutzen im europäischen

Durchschnitt 50 Prozent der Kinder unter 18 Jahren, 47 Prozent aller Erwachsenen und 65

Prozent aller Eltern das Internet. In Österreich liegen unter 18-Jährige mit 51 Prozent sogar

hinter der Gesamtheit der Erwachsenen (54 Prozent) und deutlich hinter der Internetnutzung

der Eltern (75 Prozent). So gibt es europaweit nur zwölf Prozent und in Österreich nur neun

Prozent von Kindern und Jugendlichen, die das Internet nutzen, obwohl ihre Eltern dies nicht

tun. Dieser Befund gilt jedoch nur für Kinder bis etwa elf Jahre, denn Jugendliche ab zwölf

Jahren nutzen das Internet tendenziell häufiger als ihre Eltern (87 Prozent versus 65 Prozent;

europäischer Schnitt). (Hasebrink/ Livingstone/ Haddon 2008: 14).35 Als „digitale Pioniere“

in unserer Gesellschaft können also weniger die Kinder, sondern eher die Jugendlichen

bezeichnet werden.

Diese Ergebnisse sind auch hinsichtlich der elterlichen Begleitung kindlicher Internetnutzung

von Bedeutung. Die Tatsache, dass der Großteil der Eltern insbesondere jüngerer Kinder das

Internet selbst verwendet, lässt die Vermutung zu, dass viele Eltern mit Online-Medien

zumindest soweit vertraut sind, dass sie die Internetnutzug ihrer Kinder anleiten und begleiten

können. Dies gilt für Teenager vermutlich nicht in diesem Ausmaß.

Hohe Internetnutzung von Kindern und Jugendlichen wird meist mit intensiver Nutzung zu

Hause assoziiert. Es zeigt sich jedoch, dass der Zugang in der Schule und zu Hause in

34 Dies könnte unter anderem daran liegen, dass das Durchschnittsalter von Eltern niedriger ist als das der gesamten Bevölkerung über 18 Jahren. Ältere Menschen, die das Internet tendenziell seltener nutzen, sind daher in dieser Gruppe nicht enthalten. Dies schließt jedoch nicht aus, dass auch die Tatsache, dass Kinder im Haushalt leben, die Bereitschaft Online-Medien zu nutzen, erhöht. 35 Zusammenstellung von Daten aus dem Special Eurobarometer 250 (Europäische Kommission 2006) ergänzt um Angaben zu Island und Norwegen aus der internationalen Vergleichsstudie SAFT (Capacent Gallup 2007; Staksrud 2005).

61

europäischen Ländern gleichermaßen verbreitete ist. In Ländern, in denen mehr Kinder zu

Hause online gehen, nutzen tendenziell auch mehr Kinder das Internet in der Schule und

umgekehrt; dies gilt auch für Österreich (je 35 Prozent). Insgesamt liegt Österreich

hinsichtlich der unterschiedlichen Orte nahe am EU-Schnitt. (Hasebrink/ Livingstone/

Haddon 2008: 19)36

Nutzung von Online-Chancen

Die Möglichkeiten, die das Internet eröffnet, sind vielfältig und werden von Kindern und

Jugendlichen auch genutzt. Darüber hinaus lassen sich wenige länderübergreifende

Ergebnisse zu Online-Chancen berichten, da der Mangel an international vergleichbaren

Daten kaum Analysen zulässt.

Bei einer Zusammenschau der Vielzahl an nationalen Befragungen von Eltern und von

Kindern zeichnet sich ab, dass Kinder in Europa Online-Medien vor allem als

Bildungsressource, zur Unterhaltung, als Quelle für Informationen, zur Kommunikation und

zum Erfahrungsaustausch mit anderen verwenden. Die Gestaltung von eigenen Inhalten oder

konkrete Formen der gesellschaftlichen Partizipation spielen eine geringere Rolle.

Dies gilt auch für österreichische Kinder und Jugendliche, die großteils eine sehr positive

Einstellung haben. Sie schätzen das Internet als Vorbereitung auf das Erwachsenenleben, als

vielseitige Freizeitbeschäftigung, bei der man etwas lernen kann, und als Mittel zur Knüpfung

und Pflege sozialer Kontakte. (Illich 2003; Eckstein et al. 2001; Nemetz et al.2003).

Darüber hinaus wird deutlich, dass jedes Kind eine Leiter der Online-Möglichkeiten

hinaufklettert, angefangen mit der Suche nach Informationen, über Spiele und verschiedene

Formen der Kommunikation bis hin zu kreativen Tätigkeiten und gesellschaftlicher

Partizipation. Kommunikation und Spiele stellen also einen motivationalen Schritt auf dem

Weg zu späteren, komplexeren Aktivitäten dar.

Erfahrungen mit Online-Risiken

Wertet man die Ergebnisse von Studien zu negativen Erfahrungen von Kindern mit dem

Internet vergleichend aus, so zeigt sich, dass Online-Risiken die öffentliche und politische

Aufmerksamkeit zu Recht erregen. In den meisten Ländern wird ein relevanter Anteil von

Kindern und Jugendlichen mit einer Reihe an potenziellen Gefahren konfrontiert:

Auf europäischer Ebene berichten durchschnittlich 30,8 Prozent der Eltern, dass ihre Kinder

im Internet bereits mit beeinträchtigenden Inhalten konfrontiert wurden; in Österreich liegt

der Wert bei 40,8 Prozent (Hasebrink/ Livingstone/ Haddon 2008: 43, Europäische

36 Auch diese Angaben stammen aus dem Special Eurobarometers 250 (Europäische Kommission 2006) und wurden um Daten zu Island und Norwegen aus der internationalen SAFT-Studie (Capacent Gallup 2007; Staksrud 2005) ergänzt.

62

Kommission 2006). Insgesamt zeigt sich, dass in Ländern, in denen viele Kinder Zugang zum

Internet haben, die Gefährdung tendenziell hoch ist. Allerdings sind Online-Risiken auch in

einigen Ländern mit geringer Verbreitung des Internets vergleichsweise groß. Dabei handelt

es sich vor allem um neue Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Kinder im Süden sind

tendenziell weniger gefährdet, wenngleich Unterschiede zwischen südlichen Ländern zu

erkennen sind. Ergebnisse einer europäischen Eurobarometer Studie (Europäische

Kommission 2006) zeigen, dass – zumindest nach Einschätzung der Eltern – Kinder bei der

Internetnutzung zu Hause, in Internetcafés und bei Freunden oder Freundinnen mehr Risiken

begegnen als in der Schule oder in Bibliotheken.

Über diese allgemeinen Aussagen hinaus erweist es sich als schwierig, Gemeinsamkeiten

zwischen den europäischen Ländern zu identifizieren, da kaum komparative Daten vorliegen.

Aus dem Vergleich der zahlreichen nationalen Studien, die mit unterschiedlichen Methoden

durchgeführt wurden und sich auf verschiedene Altersgruppen beziehen, lassen sich nur

Tendenzen ablesen, welche potenziellen Gefahren in Europa häufig auftreten und welche

hingegen nur wenige Kinder und Jugendliche betreffen.

Das am meisten verbreitete Risiko scheint die Weitergabe persönlicher Daten zu sein;

ungefähr die Hälfte aller Kinder und Jugendlichen, die das Internet nutzen, haben das schon

gemacht. Der Kontakt mit pornographischen Inhalten kommt an zweiter Stelle – dies betrifft

in etwa vier von zehn Online-Kindern – gefolgt von der Konfrontation mit gewalttätigen und

hasserfüllten Inhalten (etwa ein Drittel). Zudem wird einer von fünf bzw. sechs Jugendlichen

mit Zugang zum Internet (je nach Land) online belästigt, gemobbt oder verfolgt. Im Hinblick

auf ungewünschte sexuelle Kommentare unterscheiden sich die Staaten sehr voneinander: der

Anteil der Kinder, die diese Erfahrungen gemacht haben, schwankt zwischen zehn Prozent

(Deutschland, Irland und Portugal) und rund 30 Prozent (Island, Norwegen, Großbritannien

und Schweden). Ganz an der Spitze liegt Polen mit 50 Prozent. Zu Österreich liegen dazu

leider keine Daten vor. Eine der größten Gefahren birgt das Treffen mit Fremden, die die

Kinder online kennen gelernt haben. Dieses Risiko tritt aber am seltensten auf. In den meisten

Ländern liegt es bei ca. neun Prozent; nur in Polen, Schweden und der Tschechischen

Republik betrifft dieses Problem 20 Prozent der Online-Kinder und -Jugendlichen.

(Hasebrink/ Livingstone/ Haddon 2008: 29ff).

In einigen Ländern wurde auch nach Bedrohungsgefühl bei der Internetnutzung gefragt. Der

Anteil an Kindern und Jugendlichen, die das schon erlebt haben, liegt ungefähr bei einem

Viertel der Internetnutzer unter 18 Jahren. Dies könnte in etwa der Prozentsatz an

Minderjährigen sein, bei denen der Kontakt mit Risikoinhalten eventuell Schaden anrichtet.

In Österreich gibt es derzeit nur wenige Studien, die Online-Risiken für Kinder und

Jugendliche untersuchen. Dies gilt insbesondere für Kinder unter zehn Jahren. Interessante

Ergebnisse zu niederösterreichischen Kindern zwischen acht und 15 Jahren liefert die

„Sozialforschungsstudie Informationstechnologie“, die 2001 von der Medienpädagogischen

63

Beratungsstelle an der Niederösterreichischen Landesakademie von Ingrid Geretschlaeger

(2002) durchgeführt wurde und auf Anfrage erhältlich ist. Laut dieser Studie sind 37 Prozent

der Zehn- bis 15-Jährigen schon auf pornographische Seiten gestoßen, bei Jugendlichen mit

Internetanschluss zu Hause sind es sogar 56 Prozent. Seiten mit rechtsradikalen Inhalten sind

elf Prozent der Jugendlichen begegnet, und 15 Prozent besuchten Seiten mit Aufforderungen

zu Gewalt. Sehr groß ist der Anteil der Jugendlichen, die zumindest gelegentlich Kontakt zu

Glücksspielseiten haben. Dies trifft auf 26 Prozent aller Zehn- bis 15-Jährigen zu; bei

Jugendlichen mit Internetzugang zu Hause sind es sogar 40 Prozent.

Neuere Daten aus dem Jahr 2005 zu älteren österreichischen Jugendlichen (Elf- bis 18-

Jährige) liefert die Jugendstudie ELF/ 18 vom Institut für Jugendkulturforschung (Großegger

2005), die jedoch nur gegen Bezahlung zur Verfügung steht. Demnach haben beinahe 60

Prozent der Jugendlichen in dieser Altersgruppe schon pornographische Seiten angesehen, 50

Prozent landeten auf Glückspielseiten, mehr als 20 Prozent hatten Kontakt mit Websites, die

Drogen zum Kauf anbieten, und immerhin elf Prozent besuchten Selbstmordforen.

Fähigkeiten im Umgang mit Online-Medien und -Risiken

Im Zusammenhang mit unangenehmen Erfahrungen stellt sich auch die Frage, wie die

Betroffenen damit umgehen. Insgesamt legt die internationale Analyse von Studien zu dieser

Frage nahe, dass internetbezogene Fähigkeiten mit der Intensität der Nutzung und mit dem

Alter wachsen. Es ist davon auszugehen, dass dies auch die Fähigkeiten zum Umgang mit und

Schutz vor Risiken betrifft. Ähnliche Befunde lassen sich auch in österreichischen Studien

finden (Eckstein et al. 2001; Tatzl 2003).

Insgesamt ist das Vertrauen der Eltern in die Kompetenzen ihrer Kinder in Europa sehr hoch;

durchschnittlich 66 Prozent der Eltern glauben, dass ihre Kinder wissen, was sie tun können,

wenn sie mit unangenehmen Situation im Internet konfrontiert sind. In Österreich liegt dieser

Wert sogar bei 70,1 Prozent. (Hasebrink/ Livingstone/ Haddon 2008: 43, Europäische

Kommission 2006) Dabei fällt auf, dass die Fähigkeiten der Kinder im Umgang mit Risiken

in Ländern, in denen viele Eltern aussagen, ihre Kinder seien schon potenziell schädlichen

Inhalten begegnet, niedriger eingeschätzt werden.

Die Bedeutung von Alter, Geschlecht und sozioökonomischem Status

In allen europäischen Ländern steigt die Internetnutzung mit dem Alter (siehe Abbildung 8):

2006 nutzten knapp elf Prozent der unter Sechsjährigen das Internet; in den folgenden

Lebensjahren weitet sich die Nutzung rasch aus und erreicht bereits mit zwölf bis 13 Jahren

(85 Prozent) annähernd den Höhepunkt (88 Prozent). Die österreichischen Zahlen entsprechen

ungefähr den dargestellten europäischen Werten.

64

Abbildung 8: Anteil der Internetnutzer nach Alter. Quelle: Paus-Hasebrink/ Ortner/ Rathmoser 2008: 9;

Hasebrink/ Lampert 2009. Berechnung auf Basis von Daten des Special Eurobarometer 250 (Europäische

Kommission 2006).

In Ländern, in denen das Internet weit verbreitet ist, gehen Kinder schon in jüngeren Jahren

online. Dies bedeutet, dass sie früher die Chancen des Internets nutzen, aber möglicherweise

auch früher mit Risiken konfrontiert werden, denen sie unter Umständen auf Grund ihrer

Entwicklungsstufe, aber auch als Folge der tendenziell noch schwach ausgeprägten

Internetkompetenz nicht gewachsen sind. Insgesamt scheinen ältere Teenager aber häufiger

mit potenziell gefährdenden Inhalten in Berührung zu kommen als jüngere Kinder. Die

zentrale Frage, wie Kinder verschiedener Altersstufen mit Risiken im Internet umgehen, ist

bisher jedoch kaum erforscht worden.

Geschlechtsspezifische Unterschiede im Zugang und in der Nutzung von Online-Medien

nehmen in Europa zwar kontinuierlich ab, sind aber nach wie vor erkennbar. In den meisten

Ländern – darunter auch Österreich – haben Jungen häufiger Zugang zum Internet; sie nutzen

es öfter, länger und an mehr verschiedenen Orte. Auch hinsichtlich der Online-Aktivitäten

lassen sich Unterschiede feststellen: Mädchen präferieren die Gestaltung von Inhalten sowie

kommunikative und kollaborative Anwendungen. Burschen nutzen mit Vorliebe Angebote,

die mit Wettbewerb oder Action zu tun haben. Sie kaufen auch eher online ein. Nach wie vor

schätzen Jungen ihre Online-Fähigkeiten höher ein als Mädchen dies tun, wobei bisher nicht

untersucht wurde, ob diese Selbsteinschätzung den tatsächlichen Kompetenzen entspricht.

Für das EU Kids Online-Netzwerk besonders interessant sind geschlechtsspezifische

Unterschiede im Hinblick auf Online-Risiken. Jungen scheinen in vielen Ländern sowohl

intendiert als auch unerwünscht eher mit gewalthaltigen und pornographischen Inhalten

konfrontiert zu werden als Mädchen. Sie tendieren auch eher dazu, persönliche Daten

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preiszugeben und sich mit Menschen zu treffen, die sie online kennengelernt haben. Mädchen

hingehen chatten häufiger mit Fremden, erhalten öfter unerwünschte sexuelle Kommentare zu

ihrer Person und werden häufiger nach persönlichen Informationen gefragt, obwohl sie bei der

Weitergabe dieser Daten vorsichtiger sind als Jungen. Für Österreich gibt es zu dieser Frage

leider keine Daten.

Der sozioökonomische Status37 spielt zwar keine so große Rolle wie Alter oder Geschlecht,

dennoch lassen sich einige Trends feststellen. Die wenigen Studien, die diesen Faktor

berücksichtigen, geben Hinweise darauf, dass Kinder aus benachteiligten Verhältnissen

Online-Risiken stärker ausgesetzt sind als andere. So zeigen Daten aus Spanien, Frankreich

und auch Deutschland, dass junge Menschen aus sozial Benachteiligten Familien zumindest

in diesen Ländern häufiger mit gewalthaltigen und pornographischen Inhalten in Kontakt

kommen. Zudem bieten Familien mit höherer Bildung und höherem Einkommen ihren

Kindern in fast allen Ländern häufiger Internetzugang zu Hause oder auch in ihrem eigenen

Zimmer. In Österreich liegen bisher keine Studien zur Bedeutung von sozioökonomischen

Faktoren für die Internetnutzung von Kindern vor.

Regeln der Eltern zur Steuerung der Online-Aktivitäten ihrer Kinder

Betrachtet man die Befunde des Special Eurobarometer 250 zu Fragen der Internetsicherheit

für Kinder und Jugendliche (Europäische Kommission 2006) so wird deutlich, dass sich

Eltern in Europa über die Notwenigkeit von Regelungen für den Mediengebrauch ihrer

Kinder bewusst sind. Mehr als 80 Prozent der befragten Eltern von Kindern zwischen zehn

und elf Jahren setzen nach eigenen Angaben zumindest rudimentäre Regeln für irgendein

Medium. Sowohl bei jüngeren Kindern als auch bei Jugendlichen über elf Jahren kommen

elterliche Vorgaben seltener zur Anwendung (siehe Abbildung 5). Einige nationale Studien

weisen auch darauf hin, dass Eltern aus sozial höher gestellten Familien die Online-Nutzung

ihrer Kinder tendenziell häufiger regulieren, und Mädchen unterliegen im Durchschnitt öfter

elterlicher Kontrolle als Jungen.

Am wichtigsten ist Eltern in Europa die Regulierung der Fernsehnutzung; dies hängt

wahrscheinlich mit der hohen Bedeutung dieses Mediums im kindlichen Alltag zusammen. In

Bezug auf das Fernsehen gehen elterliche Regulierungsmaßnahmen aber schon im Alter von

zehn bis elf Jahren zurück. Hinsichtlich der Internetnutzung ist dies erst ab 14 Jahren zu

beobachten.

37 Der sozioökonomische Status wird bisweilen durch sehr unterschiedliche Indikatoren ermittelt, was einen direkten Vergleich der Daten behindert. Meist sind die zentralen Faktoren Bildungsstand und Einkommen der Eltern.

66

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0-5 Jahre 6-7 Jahre 8-9 Jahre 10-11 Jahre 12-13 Jahre 14-15 Jahre 16-17 Jahre

FernsehenHandySpieleInternetIrgendeine Regel

Abbildung 9: Regeln der Eltern zur Steuerung der Mediennutzung ihrer Kinder. In Prozent der Eltern, deren Kinder das Internet nutzen, Angaben der Eltern, EU 25. Quelle: Hasebrink/ Lampert 2009; Hasebrink/ Livingstone/ Haddon 2008: 51. Berechnungen auf Basis des Special Eurobarometer 250 (Europäische Kommission 2006).

Interessant ist in Bezug auf Österreich die Tatsache, dass ein großer Anteil an Eltern zwar

generell die Mediennutzung ihrer Kinder reguliert, nur wenige aber die Internetnutzung. Dies

gilt neben Österreich auch für Italien, Polen, Portugal, Slowenien und Spanien. (Livingstone/

Haddon 2008: 52; Europäische Kommission 2006) Hierzulande scheint es also ein

grundsätzliches Bewusstsein für die Notwendigkeit der Regulierung der Mediennutzung von

Kindern zu geben, es scheint sich aber nicht auf die Internetnutzung zu beziehen.

Zur Art und Weise, wie Eltern die Internetnutzung ihrer Kinder regulieren, liegen nur in 17

von 21 beteiligten Ländern Daten vor. Vergleicht man diese, so zeigt sich europaweit eine

große Bandbreite an unterschiedlichen Regulierungs- und Erziehungsmaßnahmen. Viele

Eltern geben ihren Kindern Zeitbegrenzungen vor – dies wird in neun Ländern als die

wichtigste Regulierungsmaßnahme genannt – und diskutieren mit ihnen über ihre Online-

Aktivitäten. Auch in Österreich setzen Eltern vor allem zeitliche Einschränkungen, verbieten

ihren Kindern aber weniger häufig, bestimmte Angebote oder Webseiten zu nutzen.

(Rathmoser 2007: 118)38

Insgesamt kommt Maßnahmen wie z.B. Nutzungsregeln, Gespräch, Vereinbarungen eine

wichtigere Rolle zu als technischen Lösungen wie Filtern oder Schutzsoftware. Dies gilt auch

für Österreich, obwohl es hierzulande durchaus eine Minderheit gibt, die auch Filtersoftware

verwenden oder kontrollieren, welche Webseiten ihre Kinder besucht haben. Einige äußern

38 Rathmoser bezieht sich auf Ergebnisse aus Studien von Geretschlaeger (2002), Illich (2003) und Rieder/ Tatzl (2003).

67

auch den Wunsch nach Kinderportalen mit einer Kindersicherung von Seiten der

Internetanbieter, die eine komplizierte Filtersoftware nicht mehr nötig machen würde.

(Rathmoser 2007: 118) Zur Frage welche der genannten Regulierungsstile und Maßnahmen

tatsächlich effektiv sind, um Risiken der Online-Nutzung zu reduzieren, liegt derzeit noch

kein Wissen vor.

Auch die Reaktionen der Kinder und Jugendlichen auf negative Erfahrungen sind bisher noch

kaum erforscht. Die Länderbericht liefern jedoch einige Hinweise: So begegnen junge

Menschen Online-Risiken sehr unterschiedlich; die Optionen reichen von Ignorieren,

Vermeiden, der Bitte zur Unterlassung von störendem Verhalten anderer, dem Blockieren

unangenehmer Kontakte bis hin zu Gesprächen mit Eltern, Freunden oder Freundinnen.

Kinder scheinen sich mit Problemen eher an ihre Eltern und Jugendliche eher an Gleichaltrige

zu wenden.

Klassifikation der Länder in Bezug auf Online-Risiken

Neben den oben beschriebenen Gemeinsamkeiten hinsichtlich der Online-Nutzung von

Kindern und Jugendlichen in Europa lassen sich auch erhebliche Unterschiede zwischen den

beteiligten Ländern feststellen. Auf Basis dieser Verschiedenheiten wurde eine Reihe von

Länderklassifizierungen vorgenommen, die im Detail im englischen Endbericht von

Arbeitspaket 3 nachgelesen werden können. (Hasebrink/ Livingstone/ Haddon 2008)

Als besonders zentral erscheinen einerseits die Unterschiede hinsichtlich der Verbreitung des

Internets bei Kindern und Jugendlichen und andererseits die Wahrscheinlichkeit, mit der

jungen Menschen mit potenziell gefährdenden Angeboten in Kontakt kommen. Kombiniert

man die Ländergruppierungen entlang dieser beiden Kriterien miteinander, so ergibt sich

folgendes Bild.

Online-Risiken Nutung des Internets durch Kinder Niedrig Mittel Hoch

Niedrig Zypern Italien

Frankreich Deutschland

Mittel Griechenland, Portugal Spanien

Österreich Irland

Belgien Dänemark Schweden

Hoch Bulgarien Tschechische Republik, Polen, Slowenien

Estland Niederlande Norwegen Großbritannien

Tabelle 12: Klassifizierung der Länder nach Risiken. Quelle: Hasebrink/ Livingstone/ Haddon 2008: 118.

68

Für die Einteilung entlang der Risiken wurden Daten aus nationalen Studien herangezogen, in

denen Kinder und Jugendliche befragt wurden, ob sie schon mit bestimmten risikobehafteten

Inhalten konfrontiert wurden.39 In Ländern, in denen solche Daten nicht vorliegen

(Slowenien, Bulgarien, Griechenland, Portugal, Spanien und Zypern), wurden die Ergebnisse

des Special Eurobarometer 250 (Europäische Kommission 2006) verwendet. In dieser Studie

wurden die Eltern befragt, ob ihre Kinder schon Kontakt mit potenziell schädlichen Inhalten

im Internet hatten. Die Klassifizierung der Länder entlang der Internetnutzung der Kinder

wurde ebenfalls auf Basis der Daten des Special Eurobarometer 250 vorgenommen.40

Österreich zählt sowohl hinsichtlich der Internetnutzung der Kinder als auch in Bezug auf die

Wahrscheinlichkeit, mit der Kinder ihrer eigenen Aussage und der Einschätzung der Eltern

nach mit Risiken konfrontiert werden, zur mittleren Gruppe.

Betrachtet man die Klassifizierung genauer, so fällt auf, dass die Risikowahrscheinlichkeit in

Ländern mit weiter Verbreitung des Internets meist groß ist. Online-Risiken können aber auch

in Ländern mit niedriger Nutzung häufig auftreten; dies ist beispielsweise in Bulgarien der

Fall. Des Weiteren zeigt sich, dass der Kontakt mit potenziell gefährdenden Inhalten vor

allem in nördlichen Ländern und in neuen EU-Mitgliedsländern häufig vorkommt. In

südlichen Ländern ist das Risiko tendenziell niedriger, obwohl es auch dort große

Unterschiede gibt.

Kontextuelle Erklärungen für länderspezifische Unterschiede

Um Erklärungen für die Unterschiede zwischen den Ländern zu finden, wurde eine Reihe von

nationalen und kulturellen Hintergrundfaktoren in den Blick genommen, die möglicherweise

Einfluss auf die Online-Erfahrungen von Kindern und Jugendlichen haben. Dabei zeigte sich

schnell, dass einfache Erklärungen nicht funktionieren.

Da zu den meisten Kontextfaktoren keine international vergleichbaren Daten vorliegen, stellt

dieser Schritt der Analyse eine besondere Herausforderung dar, da die Informationen aus

unterschiedlichen Quellen zusammen getragen werden mussten. Dennoch konnten einige

interessante Beobachtungen gemacht werden; die werden in den nächsten Kapiteln näher

beschrieben.

39 Daten für Österreich stammen vor allem aus der Sozialforschungsstudie Informationstechnologie (Geretschlaeger 2002), der Jugendstudie ELF/ 18 (Großegger 2005) und aus dem Special Eurobarometer 250 (Europäische Kommission 2006). Diese enthalten aber nur Aussagen zu einem kleinen Teil möglicher Online-Risiken. 40 In Ländern mit niedriger Internetnutzung gehen weniger als 39 Prozent der Kinder unter 18 Jahren online, in Ländern mit mittlerer Nutzung zwischen 40 Prozent und 65 Prozent und in Ländern mit hoher Internetnutzung mehr als 65 Prozent.

69

Die Bedeutung von Internetdiffusion, ICT Regulierung und Aktivitäten von NGOs

Die Unterschiede in der Diffusion des Internets innerhalb Europas sind noch immer sehr groß.

Online-Angebote sind für Kinder und Jugendliche in manchen Ländern inzwischen Teil ihrer

Medienumgebung und ihres Alltagslebens geworden; für junge Menschen in anderen Ländern

ist der Zugang zum Internet hingegen immer noch an ein hohes Ausmaß an Aufwand und

finanziellen Ressourcen gebunden.

Die Verbreitung des Internets stellt in Europa eine wichtige Dimension dar, denn sie

beeinflusst Kinder nicht nur in Bezug auf den Zugang zu Online-Services, sondern wirkt sich

indirekt auch auf die Intensität der Nutzung und die Vielfalt der verwendeten Angebote und

damit auf Online-Chancen und -Risiken aus.

Ein wichtiges Ergebnis der internationalen Analyse ist die Erkenntnis, dass Unterschiede auf

Grund von Geschlecht oder soziökomischen Rahmenbedingungen im Verlauf der weiteren

Verbreitung des Internets tendenziell abnehmen. Dies bedeutet, dass insbesondere Länder, in

denen das Internet noch wenig genutzt wird, spezifische Gruppierungen gezielt ansprechen

müssen, um einen Digital Divide zu vermeiden.

Unterschiede gibt es auch in Bezug auf die Art der Aktivitäten von öffentlichen Institutionen

und NGOs. In Ländern mit geringer Verbreitung des Internets mit seinen geworben, während

in Staaten mit hoher Internetnutzung innerhalb der Bevölkerung das Augenmerk auf

Sicherheitsaspekte und die Förderung von Online-Kompetenz liegt. Mit der Verbreitung des

Internets steigt auch das Bewusstsein für Risiken von Online-Medien.

In ganz Europa zielt die Arbeit von NGOs in erster Linie auf die Bewusstseinsbildung bei

Eltern und Kinder ab, weniger auf die Wahrnehmung von Verantwortung durch Internet

Service Provider oder Anbieter von Online-Diensten. Der Großteil der Initiativen beschäftigt

sind aber nicht ausschließlich mit Sicherheitsaspekten von Online-Medien, sondern allgemein

mit Jugend(medien)schutz, Medienkompetenzförderung oder der Wahrung von

Kinderrechten.

Ein Zusammenhang zwischen unterschiedlichen regulativen Rahmenbedingungen von

Internettechnologien und Online-Erfahrungen von Kindern ist nicht feststellbar. Es lässt sich

aber beobachten, dass ausgefeilte regulative Maßnahmen vor allem in Ländern zu finden sind,

in denen das Internet weit verbreitet ist.

Der Einfluss des Bildungssystems auf die Online-Nutzung von Kindern und Jugendlichen

Da die Internetnutzung von Kindern und Jugendlichen in Europa zu einem großen Teil in der

Schule stattfindet, beeinflussen die technische Infrastruktur von (Aus-)bildungsstätten sowie

die Integration des Internets in den Lehrplan und die alltägliche Lehrpraxis die Online-

Erfahrungen von Kindern und Jugendlichen.

70

In den letzten Jahren hat sich die Ausstattung von Schulen mit Computern und

Internetarbeitsplätzen in Europa deutlich verbessert, und in den meisten Ländern sind

Internet- und Kommunikationstechnologien integrativer Teil des Lehrplans. Zum

überwiegenden Teil gibt es spezielle Schulfächer, die Kenntnisse im Umgang mit Computern

und Online-Medien vermitteln.

Allerdings beschränkt sich die Nutzung von Online-Medien in Schulen häufig auf „sichere

Bereiche“. Dies bedeutet, dass in vielen Schulen bestimmte Seiten und Angebote gesperrt

sind oder die Kinder von Lehrkräften kontrolliert werden. Dadurch reduzieren sich im

schulischen Umfeld zwar die Risiken aber auch die Chancen für Kinder und Jugendliche.

Nicht nur die Rahmenbedingungen der Internetnutzung in Schulen, sondern auch das

generelle Bildungsniveau in einem Land scheint den Umgang von jungen Menschen mit

Online-Medien zu beeinflussen. Zwar lassen bisher verfügbare Daten keine Überprüfung

dieser Hypothese zu, es ist aber davon auszugehen, dass eine bessere Ausbildung von Eltern,

Lehrern, Lehrerinnen und anderen Bezugspersonen, Kindern dabei hilft, Online-Kompetenzen

zu entwickeln. Darüber hinaus fällt es Eltern mit höherer (Aus-)bildung unter Umständen

leichter, sich die nötigen Fähigkeiten anzueignen, um den Internetumgang ihrer Kinder zu

kontrollieren und zu begleiten.

Die Rolle des öffentlichen Diskurses

Um die Bedeutung der öffentlichen Diskussion zu Online-Risiken und -Chancen für die

Erfahrungen von Kindern und Jugendlichen mit dem Internet abschätzen zu können, wurde

von Mitgliedern des EU Kids Online-Netzwerks eine Analyse der Medienberichterstattung

durchgeführt (siehe dazu Kapitel 3.2).

Dabei zeigte sich, dass die Thematisierung von Möglichkeiten und Gefahren in Europa sehr

verschiedenen Mustern folgt. Gemeinsam ist in der medialen Debatte in den beteiligten

Ländern nur die Fokussierung auf Risiken. Potenzielle Gefahren werden in allen Ländern

deutlich häufiger thematisiert als Chancen von Online-Medien.

Große Unterschiede finden sich hinsichtlich der Thematisierung von Sexualität. In Belgien,

Großbritannien, Griechenland und Spanien befasst sich ein großer Teil der Artikel mit diesem

Aspekt und dies meist im Zusammenhang mit (Kinder-)pornographie. Wenig

Aufmerksamkeit kommt dem Thema in Norwegen, Estland und Dänemark zu (Österreich

liegt im Mittelfeld). Neben bestimmten nationalen Ergebnissen in der Vergangenheit (z.B.

Fälle von Kindermorden durch Pädophile in Belgien) spiegelt die Berichterstattung

möglicherweise verschiedene kulturelle Auffassungen davon wider, welche Bilder von

Sexualität Kindern welchen Alters gezeigt werden können. So ist in Norwegen beispielsweise

die Idee verbreitet, dass Sexualität als natürlicher Teil von Kindheit aufgefasst werden muss;

gleichzeitig gibt es dort eine lebendige Diskussion zu Kinderrechten. Es ist davon

71

auszugehen, dass solche grundlegenden Kindheitsbilder die Art und Weise beeinflussen, wie

Medien über Online-Chancen und -Risiken berichten.

Die Heterogenität der Berichterstattung ließ jedoch keine Klassifizierung der Länder zu, und

auch Zusammenhänge zwischen den Online-Erfahrungen von Kindern und Jugendlichen und

der medialen Debatte in bestimmten Ländern konnten nicht beobachtet werden.

Weitere Hintergrundfaktoren

Über die diskutierten Faktoren hinaus, wurden noch einige weitere kulturelle und sozio-

ökonomischen Hintergründe in den Blick genommen, die möglicherweise Online-Zugang, -

Nutzung und -Sicherheit von Kindern beeinflussen. Zu den meisten dieser Kontextfaktoren

gibt es aber zu wenig vergleichbare Daten, um ihrer Bedeutung systematisch nachzugehen.

Zusammenfassend lässt sich dennoch feststellen, dass eine starke Urbanisierung sowie eine

breite Debatte rund um das Thema Informationsgesellschaft möglicherweise Internetzugang

und -nutzung von Kindern in unterschiedlichen Ländern fördern kann. Risiken scheinen

zudem in Ländern mit einer schwachen Position des Staates, liberaleren

Regulierungsvorschriften und verbreiteten Englischkenntnissen tendenziell höher zu sein.

72

Ausgewählte zentrale Ergebnisse zu

Online-Nutzung und elterlicher Kontrolle

Online-Nutzung

• Im Jahr 2006 nutzte bereits die Hälfte der europäischen Kinder das Internet.

Österreich liegt mit 51 Prozent in etwa im europäischen Durchschnitt.

• Besonders hoch ist die Internetnutzung in Niederlande und Dänemark (über 70

Prozent), besonders niedrig in Bulgarien und Griechenland (unter 30 Prozent).

• Bereits mit zwölf bis 13 Jahren erreicht die Internetnutzung von Jugendlichen in

Europa beinahe den Höhepunkt. Dies gilt insbesondere für Länder mit hoher

Internetdiffusion.

• In Ländern mit weiter Verbreitung des Internets gehen Kinder sehr früh online;

2006 nutzten europaweit schon zehn Prozent der unter Sechsjährigen

gelegentlich das Internet.

• Geschlechtsunterschiede im Zugang zu und in der Nutzung von Online-Medien

nehmen ab, sind aber nach wie vor erkennbar: Jungen haben in den meisten

Ländern häufiger Zugang zum Internet, nutzen es öfter und länger.

• In allen europäischen Ländern gehen Kinder tendenziell häufiger online, wenn

auch ihre Eltern das Internet verwenden.

Elterliche Kontrolle und Regulierung

• Die Fernsehnutzung wird in Österreich stärker reguliert als die Internetnutzung.

• Zeitlichen Einschränkungen, Nutzungsregeln, Gesprächen und Vereinbarungen

wird eine wichtigere Rolle beigemessen als technischen Schutz- und

Kontrollmaßnahmen.

• Kinder zwischen zehn und elf Jahren werden am häufigsten kontrolliert; in den

Lebensjahren davor findet weniger Kontrolle statt und danach nimmt die

elterliche Regulierung wieder ab.

• Eltern aus sozial höher gestellten Familien regulieren die Online-Nutzung ihrer

Kinder tendenziell häufiger, und Mädchen unterliegen im Durchschnitt öfter der

elterlichen Kontrolle als Jungen.

73

Ausgewählte zentrale Ergebnisse zu

Online-Risiken

• In den meisten europäischen Ländern – darunter auch Österreich – findet sich

nur wenig Forschung zu Online-Risiken; derartige Erhebungen berühren

sensible Bereiche, sind methodisch sehr anspruchsvoll sind und bringen

zuweilen ethische Bereiche bzw. Probleme mit sich.

• Aus den wenigen Studien lassen sich folgende Hauptrisikobereichen ablesen:

- Preisgabe von persönlichen Informationen

- Kontakte mit pornographischen und gewalthaltigen Inhalten

- Online-Mobbing

- das Erhalten von (unerwünschten) sexuellen Botschaften

- Treffen mit Online-Bekanntschaften zu den zählen.

• Länderklassifizierung hinsichtlich Online-Risiken

- Die nordeuropäischen Länder zeichnen sich durch eine besonders

intensive Nutzung aus; im Kontext dessen wird auch ein erhöhtes Risiko

wahrgenommen.

- In den mittel- und osteuropäischen Ländern ist die Internetnutzung noch

nicht so lange etabliert, entwickelt sich aber in den letzten Jahren sehr

rasch. Dies führt zu erheblichen Risiken.

- Die dritte Gruppe, zu der vor allem südeuropäische Länder, aber auch

Frankreich und Deutschland gehören, ist durch eine geringere Nutzung

und ein niedriges bis mittleres Risikopotenzial gekennzeichnet.

• Jungen und Mädchen unterscheiden sich hinsichtlich von Online-Risiken

- Risiken für Jungen sind der Kontakt mit gewalthaltigen und

pornografischen Inhalten, Treffen sich mit Fremden, Preisgabe

persönlicher Daten.

- Mädchen nehmen eher Anstoß an gewalthaltigen und pornografischen

Inhalten, chatten häufiger mit Fremden, erhalten öfter unerwünschte

sexuelle Botschaften und werden häufig nach persönlichen Daten gefragt.

• Die Reaktionen junger Menschen auf Risiken reichen vom Ignorieren,

Vermeiden, der Bitte um Unterlassung, dem Blockieren von Kontakten bis hin

zu Gesprächen mit Eltern, Freunden oder Freundinnen.

74

3.4 Arbeitspaket 4: Methodologische Grundlagen

3.4.1 Ziele und Vorgehensweise

Um die Erfahrungen aus bisheriger Forschung fruchtbar zu machen, sollte Arbeitspaket 4

methodologische Herausforderungen internationaler Vergleiche, von Arbeiten zu Online-

Technologien und zu Forschung mit Kindern und Jugendlichen identifizieren und analysieren.

Ziel war, (zukünftigen) Forschern und Forscherinnen einen Überblick über die aktuellen

Diskussionen und Ansätze, die geeigneten Methoden und die wichtigsten methodologischen

Herausforderungen zu geben, um die Qualität der Forschung in diesem Themenbereich zu

verbessern.

Zudem zielte das Arbeitspaket darauf ab, das Bewusstsein für zentrale methodologische

Herausforderungen, für ethische Probleme und für Gütekriterien von Forschung zu Online-

Erfahrungen mit Kindern zu fördern. Unterschiedliche Stakeholder, die im Rahmen ihrer

Tätigkeit wissenschaftliche Studien verwenden, sollen mit Hilfe der EU Kids Online-Berichte

in die Lage versetzt werden, Forschungsergebnisse richtig zu verstehen, einzuordnen und zu

evaluieren.

Zu diesem Zweck wurden in einem ersten Bericht die aktuellen methodologischen

Diskursstränge und -Probleme aufgearbeitet; Ziel des anschließenden zweiten Schritt war die

Erstellung eines Best Practice Guides, der als Hilfestellung für die Durchführung von

zukünftiger Forschung sowie für die Interpretation von Studien in diesem Themenbereich

dienen kann.

Die beiden Berichte basieren auf der Sichtung und Diskussion einschlägiger aktueller

methodologischer Literatur, vor allem aber auf dem vielfältigen Erfahrungsschatz der über 60

Mitglieder des Netzwerkes, die unterschiedliche disziplinäre und methodologische

Kompetenzen und Perspektiven einbringen. Durch die langjährige Forschungserfahrung von

Ingrid Paus-Hasebrink im Bereich der Rezeptionsforschung und speziell in der Kinder- und

Jugendmedienforschung konnte das österreichische Team einen erheblichen Beitrag zu

diesem Arbeitspakt leisten.

3.4.2 Inhalt und Struktur der beiden Berichte

Problemaufriss methodologischer Herausforderungen

Der erste Bericht mit dem Titel „Children’s Experiences on the Internet across Countries:

Issues and Problems in Methodology“ (Lobe/ Livingstone/ Haddon 2007) ist das Ergebnis

einer umfangreichen Literatursichtung. Er bietet allen Interessierten, Forschern und

Forscherinnen, die mit Kindern und Jugendlichen zum Thema Internet arbeiten oder

länderübergreifende Analysen durchführen wollen, einen Einstieg in zentrale

methodologische Probleme und einen Überblick über die einschlägige Literatur.

75

Das erste Kapitel widmet sich grundlegenden epistemologischen Ausrichtungen, erklärt die

zentralen Unterschiede qualitativer und quantitativer Sozialforschung, diskutiert

Möglichkeiten der Kombination dieser beiden Zugänge und beschreibt die Standards

empirischer Forschung. Dabei wird die Pluralität unterschiedlicher Ansätze und Perspektiven

berücksichtigt.

Im zweiten Kapitel diskutiert der Bericht spezifische methodologische Herausforderungen in

der Forschung mit Kindern und Jugendlichen. Dabei werden sowohl ethische als auch

alterspezifische Aspekte in den Blick genommen. Eine besondere Schwierigkeit, die eng mit

entwicklungspsychologischen Phasen zusammenhängt, ist die Frage nach der Verlässlichkeit

von Kindern als Informanten. Alterspezifische Fähigkeiten wie unterschiedliche

Konzentrations- und Aufmerksamkeitsspannen oder sprachliche Kompetenzen müssen bei der

Befragung von Kindern berücksichtigt werden. Klassische Erhebungsmethoden und -designs

können daher für die Forschung mit Kindern nicht einfach übernommen werden, sondern

bedürfen entsprechender Adaptierung und Erweiterung.

Aktuelle Diskussionen zu spezifischen Schwierigkeiten der Erforschung von neuen Online-

Technologien werden im dritten Kapitel erörtert. Um dieses Phänomen adäquat zu fassen, ist

es nötig, Methoden, die für die Analyse anderer Medientypen entwickelt wurden, sinnvoll

einzusetzen, anzupassen oder zu erweitern und gegebenenfalls neue methodische Zugänge zu

entwickeln.

Für die Arbeiten im Rahmen von EU Kids Online sind insbesondere auch Ansätze

länderübergreifender Forschung von Interesse. Aus diesem Grund diskutiert das vierte Kapitel

des Berichts methodologische Grundlagen, analytische und praktische Herausforderungen und

zentrale Entscheidungen bei der Durchführung vergleichender Projekte.

Best Practice Guide

Aufbauend auf den im ersten Bericht diskutierten methodologischen Grundlagen wurde im

Rahmen des EU Kids Online-Projekts ein Best Practice Guide zur Erforschung von Online-

Erfahrungen von Kindern und Jugendlichen entwickelt (Lobe et al. 2008).Der Schwerpunkt

liegt dabei auf Herausforderungen bei der Arbeit mit Kindern, weniger auf Problemen der

Online-Forschung oder länderübergreifender Analysen. Nach Erfahrungen der Mitglieder von

EU Kids Online bringt dieser Bereich für junge Forscher und Forscherinnen oder

Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aus anderen Forschungsfeldern die meisten

Schwierigkeiten mit sich.

In Form von Antworten auf verschiedenen Fragen zu methodologischen und methodischen

Herausforderungen macht der Best Practice Guide Wissenschaftern und Wissenschafterinnen,

Studierenden und anderen Interessierten die forschungspraktische Erfahrung der Mitglieder

des Netzwerks zugänglich. Die Frage-Antwort-Form (FAQ) wurde gewählt, da Forscher und

76

Forscherinnen bei der Durchführung von Projekten ihren Bedarf an nötigen Informationen,

Kenntnissen und Praktiken gern in dieser Weise einholen möchten.

Die Antworten auf die insgesamt 39 Fragen benennen die methodischen Herausforderungen,

schlagen Lösungswege vor, weisen auf häufig Fehler hin und führen Beispiele von Studien

an, in denen diese Schwierigkeiten vorbildlich gelöst wurden. Sie liefern aber nicht einfach

Anleitungen, sondern diskutieren auch unterschiedliche Möglichkeiten vor dem Hintergrund

von verschiedenen Forschungskulturen, -disziplinen und -erfahrungen.

Die Struktur des Berichts orientiert sich an den Phasen des Forschungsprozesses und umfasst

Fragen zum Forschungsdesign, zur Auswahl von Probanden, zu Erhebungsmethoden, zu

Ansätzen der Datenanalyse und zur Aufbereitung der Ergebnisse. Dabei werden sowohl

qualitative als auch quantitative Zugänge berücksichtigt und Möglichkeiten der Kombination

beider Ansätze in den Blick genommen.

Der Best Practice Guide wurde im Juli 2008 fertig gestellt und ist nicht nur in Form eines

schriftlichen Berichts, sondern auch als elektronische Version auf der Internetseite von EU

Kids Online zugänglich. Diese wurde um zusätzliches Material (Fragebögen,

Interviewleitfäden etc.) aus einer Reihe von Studien zum Umgang von Kindern und

Jugendlichen mit dem Internet ergänzt (www.eukidsonline.net).

77

3.5 Arbeitspaket 5: (Forschungs-)politische Empfehlungen

Ein zentrales Ziel des EU Kids Online-Projekts ist es, die Daten aus europaweiter Forschung

zum Umgang von Kindern und Jugendlichen so aufzubereiten, dass sie für Maßnahmen zur

sicheren Nutzung des Internets fruchtbar gemacht werden können. Aufbauend auf die

Ergebnisse aller Forschungsaktivitäten des Projekts werden in Arbeitspaket 5 daher

Empfehlungen für zukünftige Aktivitäten zur Förderung eines sicheren Umgangs mit dem

Internet formuliert. Zu den Zielgruppen zählen unter anderem die Europäische Kommission,

Safer-Internet-Initiativen, Forschungsförderungsgesellschaften sowie Wissenschafts- und

Bildungsministerien.

Da die Empfehlungen aus Erkenntnissen zu Forschungslage und -kontexten in Europa sowie

zu Unterschieden und Gemeinsamkeiten hinsichtlich Online-Erfahrungen von Kindern und

Jugendlichen in europäischen Ländern entwickelt werden, begannen die Tätigkeiten in diesem

Arbeitspaket erst im Juni 2009 nach Vorlage erster Ergebnisse aus den Arbeitspaketen 1, 2, 3

und 4. internationale (forschungs-)politische Empfehlungen liegen daher noch nicht vor; sie

werden in den nächsten Monaten bis zum Abschluss des EU Kids Online-Projekts im Juni

2009 erarbeitet. Das österreichische Team, insbesondere Christine Wijnen, wird sich an

diesem Prozess aktiv beteiligen. Er wird erst ganz zum Schluss des Projekts – voraussichtlich

im Juni 2009 – abgeschlossen sein.

78

3.6 Arbeitspaket 6: Disseminations- und Networkingaktivitäten

Um die Ergebnisse der Arbeit des EU Kids Online-Netzwerks fruchtbar zu machen, ist es

einerseits wichtig, für eine effiziente Zusammenarbeit innerhalb des Forschungsverbunds zu

sorgen, und andererseits das Projekt und seine Ergebnisse einem breiten Kreis von

Stakeholdern aus Wissenschaft und Praxis zu kommunizieren. Dies ist die Aufgabe der

Mitglieder von Arbeitspaket 6, die zu diesem Zweck Disseminations- und Networking-

Strategien erarbeitet und umgesetzt haben. Das österreichische Team hat sich seit Beginn des

Projekts intensiv an diesen Aktivitäten beteiligt.

Internationale Projektwebsite

Eine der wichtigsten Maßnahmen war der Aufbau und die kontinuierliche Aktualisierung der

Projektwebsite www.eukidsonline.net, die Informationen über das Projekt und seine

Mitglieder enthält, Ergebnisse in Form von Berichten öffentlich bereitstellt und den

internationalen Forschungsstand in einer Datenbank systematisch verfügbar macht. Die

Inhalte zielen sowohl auf Wissenschafter und Wissenschafterinnen, auf Fachleute von

einschlägigen Unternehmen, NGOs, Initiativen, Verbänden oder politischen Institutionen als

auch auf ein breites Publikum ab. Zudem dient die Website als Unterstützung der

Kommunikation innerhalb des Netzwerks. In einem geschlossenen Mitgliederbereich können

zudem Probleme diskutiert, Dokumente ausgetauscht, Informationen bereitgestellt und neue

Studien erfasst werden.

Aufbau und Pflege von Kontakten

In einem zweiten Schritt wurden Zielgruppen definiert, für die EU Kids Online von Interesse

ist und die bei der Bekanntmachung des Projekts und seiner Ergebnisse behilflich sein

können. Dies sind zum einen Wissenschafter und Wissenschafterinnen, die im Bereich

Kinder- und Jugendmedienforschung tätig sind, Interesse an länderübergreifenden

Vergleichen haben oder Online-Medien erforschen. Zum anderen zählen NGOs, Presse- und

Medienunternehmen, zuständige Politiker, Politikerinnen, Beamte und Regulierungsbehörden,

Initiativen im Bereich der Medienkompetenzförderung und Institute für Erwachsen- bzw.

Elternbildung zu den Zielgruppen.

Von Beginn des Projekts an wurden sowohl auf internationaler als auch nationaler Ebene

Ansprechpartner solcher Einrichtungen identifiziert und kontaktiert. Jedes Land hat im Laufe

der letzten Jahre eine Liste mit nationalen Ansprechpartnern erarbeitet, die regelmäßig über

Fortschritte des EU Kids-Netzwerks informiert werden. Die Kontaktliste für Österreich

umfasst derzeit 70 Personen und wird kontinuierlich erweitert. Für weitere Interessierte gibt

es die Möglichkeit, auf der Homepage von EU Kids Online den Newsletter des Projekts zu

79

bestellen. Dieser liefert halbjährlich einen Überblick über Fortgang und Stand der Arbeiten,

fasst zentrale Ergebnisse zusammen und enthält Links zu weiterführenden Dokumenten.

Um engeren Kontakt zu Experten im eigenen Land aufzubauen und ihre Erfahrung für die

Arbeit des Netzwerks fruchtbar zu machen, wurde in Österreich ein Beirat eingerichtet, der

zweimal im Jahr gemeinsam mit dem österreichischen EU Kids Online-Team

Zwischenergebnisse und weitere Schritte des Projekts diskutiert.41 Ähnliche Einrichtungen

gibt es auch in Deutschland, Großbritannien und Slowenien.

Im Zuge der Tätigkeiten der Beiräte gab es wiederholt Kooperationen zwischen dem

österreichischen und dem deutschen EU-Kids Online-Projekt. So nahm Uwe Hasebrink, der

Leiter des deutschen Teams, an Beiratssitzungen in Österreich teil, und Ingrid Paus-Hasebrink

beteiligte sich im Juli 2008 an einer Veranstaltung des deutschen EU Kids Online-Projekts am

Hans-Bredow-Institut in Hamburg.

Um ihre Erfahrungen aus dem EU Kids Online-Projekt in die österreichische Diskussion

einzubringen, ist Ingrid Paus-Hasebrink (gemeinsam mit ihrem Team) Mitglied des Beirats

von Saferinternet.at.

Vorträge und Publikationen

Über direkte Kontakte zu einzelnen Wissenschaftern und Wissenschafterinnen hinaus machen

die Mitglieder von EU Kids Online Erkenntnisse aus dem Projekt durch Vorträge und

akademische Publikationen innerhalb der Scientific Community bekannt. Insgesamt wurde

das Projekt schon bei über 20 nationalen und internationalen Konferenzen, Tagungen oder

Workshops und in mehr als zehn Zeitschriften oder Sammelbänden vorgestellt.

Auch das österreichische EU Kids-Team hat sich an diesen Aktivitäten beteiligt. So hielten

Ingrid Paus-Hasebrink und Manfred Rathmoser auf der Jahrestagung der Fachgruppe

Medienpädagogik der Deutschen Gesellschaft für Publizistik und

Kommunikationswissenschaft (DGPuK) am 20. Oktober 2006 in Salzburg jeweils einen

Vortrag. Andrea Dürager hat mit Hilfe von Ingrid Paus-Hasebrink am 24. Oktober 2008

bisherige Ergebnisse bei einem Symposium von MyYouth Net in Wien vorgestellt, und

zusammen mit Christina Ortner wird die Leiterin des österreichischen Teams am 22. Jänner

2009 das Projekt im Rahmen der Ringvorlesung „Kinder und Medien“ des

Forschungsschwerpunkts Media Studies an der Universität Innsbruck präsentieren. Darüber

hinaus werden Ingrid Paus-Hasebrink, Christine Wijnen und Christina Ortner im November

2008 bei der Jahrestagung der European Communication Research and Education Association

(ECREA) in Barcelona zu Chancen und Risiken von Web 2.0 referieren.

41 Nähere Information zum Beirat, seinen Mitgliedern und seinen bisherigen Tätigkeiten finden sich in Kapitel 1.

80

Ein Artikel zur Bedeutung von EU Kids Online für Österreich ist bereits im Juni 2007 in einer

Ausgabe von MEDIENIMPULSE erschienen (Paus-Hasebrink/ Rathmoser 2007); ein

weiterer Beitrag für MEDIENIMPULSE zum Thema „EU Kids Online“ – Chancen und

Risiken der Online-Nutzung durch Kinder und Jugendliche“ (Paus-Hasebrink/ Ortner)

befindet sich in Vorbereitung. Ein für das „ International Journal of Media & Cultural Politics“

vorgesehener Beitrag zum Thema „Opportunities of Web 2.0 – Potentials of Learning“ (Paus-

Hasebrink/ Wijnen/ Jadin) in einem Themenheft zu EU Kids Online ist in Arbeit.

Die gesamten Ergebnisse der Arbeit des internationalen EU Kids Online-Netzwerks werden

zum Abschluss des Projekts in einer englischsprachigen Monographie erscheinen und bei

einer Konferenz im Juni 2009 in London der (Fach-)Öffentlichkeit vorgestellt.

Zusätzliche Aktivitäten des österreichischen Teams

Über die gemeinsamen Disseminationstätigkeiten des internationalen Netzwerks hinaus hat

das österreichische EU Kids Online-Projekt weitere Aktivitäten zur öffentlichen

Bekanntmachung des Projekts gestartet.

Im Rahmen der Produktion einer Reihe von Radio-Wissenschaftsendungen für Teenager

haben Christina Ortner und Ingrid Paus-Hasebrink gemeinsam mit der Radiofabrik Salzburg

eine Sendung zur wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Online-Erfahrungen von

Jugendlichen gestaltet. In dieser Ausgabe des elfteiligen Wissenschaftsmagazin sind unter

anderem Interviews mit Ingrid Paus-Hasebrink und Manfred Rathmoser (EU Kids Online

Österreich), Uwe Hasebrink (EU Kids Online Deutschland) und Ronald Hechenberger

(Saferinternet.at) zu hören. Die Sendung wurde am Safer Internet Tag 2007 und 2008 von der

Radiofabrik und im Frühjahr 2008 von mehr als 20 weiteren freien Radios in Österreich,

Deutschland und der Schweiz ausgestrahlt. Zudem steht sie Online als Download und Stream

zur Verfügung (http://cba.fro.at/show.php?lang=de&eintrag_id=7571). Diese Möglichkeit

wurde zwischen Frühjahr 2007 und Herbst 2008 insgesamt 182mal genutzt.

Als eine weitere Disseminationsmaßnahme veranstaltete das österreichische Team mit

finanzieller Unterstützung des Bundesministeriums für Gesundheit, Familie und Jugend

(BMGFJ) am 4. Juni 2008 an der Universität Salzburg eine Podiumsdiskussion zum Thema

„Kinder und Jugendliche im Internet – Chancen und Risiken“. Nach einer Begrüßung durch

die Vizerektorin Sonja Puntscher-Riekmann und einer Vorstellung des Projekts durch Ingrid

Paus-Hasebrink diskutierten Manfred Rathmoser (EU Kids Online Österreich) und Uwe

Hasebrink (EU Kids Online Deutschland) erste Zwischenergebnisse des Projekts mit

Vertretern und Vertreterinnen aus Wissenschaft und Praxis.

An der Podiumsdiskussion, die von Gerhard Rettenegger (Chefredakteur des ORF Salzburg)

moderiert wurde, beteiligten sich Wolfgang Schick von Akzente Salzburg, Bernhard

Jungwirth von Saferinternet.at, Ingrid Geretschlaeger von der Medienpädagogischen

Beratungsstelle an der Niederösterreichischen Landesakademie und Axel Maireder von der

81

Universität Wien. Mehr als 150 Personen wurden per E-Mail eingeladen. Eine

Presseaussendung an lokale und nationale Presse- und Rundfunkunternehmen. Mit ungefähr

50 Gästen, die sich sehr interessiert zeigten und rege an der Diskussion beteiligten, war die

Veranstaltung trotz schönen Wetters gut besucht.

Anlässlich der Podiumsdiskussion produzierte des österreichische EU Kids Online-Team eine

zwölfseitige Broschüre (150 Stück), die das Projekt vorstellt und – speziell mit Blick auf

Österreich – Zwischenergebnisse präsentiert (Paus-Hasebrink/ Ortner/ Rathmoser 2008). Für

die Druckkosten kam das Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend (BMGFJ)

auf. Das Booklet, das sich als Erstinformation für Interessierte eignet, wurde an die Besucher

der Diskussionsrunde verteilt.

EU Kids Online in den österreichischen Medien

Die Podiumsdiskussion am 4. Juni 2008 und die Presseaussendung anlässlich der

Veröffentlichung des Endberichts von Arbeitspaket 3 mit Ergebnissen zu Online-Risiken und

-Chancen in Europa im September 2008 lösten vor allem in Salzburg Medieninteresse aus.

So erschien in Folge der Podiumsdiskussion sowohl auf der bundesweiten als auch auf der

Salzburger Seite von ORF.at ein ausführlicher Bericht zu Zwischenergebnissen von EU Kids

Online, der in gekürzter Form auch im Radio ausgestrahlt wurde. Zudem gab Ingrid Paus-

Hasebrink der Tageszeitung Presse ein Interview zu Inhalten des Projekts. Auf die

Presseaussendung im September reagierten vor allem die SN und einige kleinere Magazine.

Darüber hinaus sind Informationen zu EU Kids Online auf verschiedenen Internetseiten zu

finden. Meist handelt es sich dabei um Websites von Behörden, Initiativen oder Vereinen, die

im Bereich von Online-Risiken oder der Medienkompetenzförderung aktiv sind. Einige

Beispiele sind Saferinternet.at, Stopline, Media Manual (Ministerium für Unterricht, Kunst

und Kultur), Science Radio (Radioprojekt der Radiofabrik Salzburg), BIMEZ

(BildungsMedienZentrum Oberösterreich), Medienpädagogische Beratungsstelle an der NÖ

Landesakademie, Österreichisches Institut für Jugendforschung, Vereinigung für

Medienkultur, medien.kultur.raum (Institut für Kommunikation und angewandte

Medienpädagogik) oder das EMZ (Euregio Medienzentrum).

82

5 Zu den Konsequenzen für Österreich

Die zentrale Herausforderung der Zukunft liegt darin, die Möglichkeiten und Chancen dieser

neuen Technologien einer möglichst großen Zahl an jungen Menschen zugänglich zu machen,

gleichzeitig aber auch Risiken von Online-Medien für Kinder und Jugendliche zu minimieren.

Vor dem Hintergrund der Erkenntnisse aus dem EU Kids Online-Projekt sind die mit Blick

auf die Maßnahmen für sicheren Umgang von Kindern und Jugendlichen mit Online-Medien

in Österreich folgenden, auf fünf Ebenen angesiedelten Empfehlungen hervorzuheben.

- Ausbau einer tragfähigen Datenbasis: Um effektive Maßnahmen zur sicheren

Nutzung des Internets für Kinder und Jugendliche zu entwickeln, sind detaillierte

Kenntnisse über Internetzugang, -nutzung und -umgangsweisen von Nöten. Von

besonderer Bedeutung ist dabei das Wissen über Erfahrungen junger Menschen mit

Risiken, über mögliche Auswirkungen von potenziell gefährdenden Inhalten, über

Reaktionen und Verarbeitungsstrategien von Kindern unterschiedlicher Altersstufen

und über nötige Kompetenzen zum Selbstschutz. Auch die Praxen von Eltern und

Lehrpersonen im Umgang mit der Internetnutzung von Kindern müssen noch näher

erforscht werden, insbesondere auch im Hinblick auf eine effektive Regulierung und

die Vermittlung von Online-Kompetenzen.

- Schutz gegen illegale und jugendgefährdende Inhalte: Wichtig ist darüber hinaus

auch der gleichzeitige Kampf gegen illegale und potenziell gefährdende Inhalte.

Neben einer Diskussion zu einer Weiterentwicklung und effektiveren Kontrolle von

Jugendmedienschutzbestimmungen sollte auch bedacht werden, in welcher Weise

Internet Service Provider oder Software zum Schutz von Kindern vor ungeeigneten

Inhalten eine Rolle spielen (können). In diesem Bereich gibt es in Österreich bereits

Initiativen (Stopline, confoki), auf deren Arbeit in Zukunft aufgebaut werden kann.

- Stärkung von Kindern, Jugendlichen und ihren Familien: Sowohl junge Menschen

als auch ihre Eltern müssen in ihrem Umgang mit Online-Risiken gestärkt werden.

Dies bedeutet, dass das Bewusstsein für konkrete Gefahren des Internets gestärkt

werden sollte und dass Hilfestellungen zur Vermeidung negativer Erfahrungen

bereitgestellt werden müssen. Es gilt, zielgruppenorientierte Informationen in Form

von Broschüren, Ratgebern und Informationen zu entwickeln und ins Internet zu

stellen sowie das Kurs- und Schulungsangebot für Eltern auszubauen. Um möglichst

viele Eltern zu erreichen, scheint es sinnvoll, Kindergärten und Schulen einzubinden.

- Förderung der Medienkompetenz bei Kindern und Jugendlichen: Besonders

wichtig, aber auch herausfordernd ist die Vermittlung von nötigen Kompetenzen zur

Nutzug von Chancen und zum Umgang mit Risiken von Online-Medien an junge

Menschen. Dazu erscheinen in erster Linie die Schulen geeignet, da über sie alle

Kinder über sozio-ökonomisch sowie lebensweltlich relevante Aspekte hinaus erreicht

83

werden können; eine systematische Einbindung dieser Inhalte in den Lehrplan, die

Öffnung von Schulen für projektorientiertes Lernen, die Ausbildung von Lehrkräften

und die Unterstützung und Koordinierung durch zuständige (Schul-)Behörden ist dazu

Voraussetzung. Eine Zusammenarbeit von schulischen und außerschulischen

Institutionen (z.B. Jugendeinrichtungen) ist zudem von Relevanz, um sowohl die

formelle als auch informelle Bildungsprozesse mit Hilfe des und zum Internet zu

unterstützen. Ein Ausbau einer derartigen Zusammenarbeit und die Förderung

entsprechender Initiativen erscheinen in Österreich von Nöten.

- Intensive Zusammenarbeit zur Erarbeitung zukünftiger Maßnahmen: Um

Familien tatsächlich zu erreichen, ist eine intensive Zusammenarbeit zahlreicher

Stakeholder nötig. In Österreich leistet eine Reihe von Initiativen bereits wichtige

Arbeit zur Förderung der sicheren Nutzung des Internets; Saferinternet.at bietet ihnen

ein Forum zur Vernetzung. Diese Zusammenarbeit sollte in Zukunft noch forciert

werden. Damit die Bemühungen dieser Organisationen nicht nur punktuell agieren,

sollte unter Einbindung von Experten und Expertinnen, Stakeholdern und

Multiplikatoren ein bundesweites Konzept zu ihrem wirksamen Zusammenspiel

arbeitet und in späterer Folge auch umgesetzt werden.

5.1 Ausbau einer tragfähigen Datenbasis

Wie die Ergebnisse von Arbeitspaket 1 gezeigt haben, findet sich in Europa zahlreiche

nationale und auch einige internationale Studien zum Umgang von Kindern, Jugendlichen,

ihren Familien sowie Pädagogen und Pädagoginnen mit dem Internet. Dennoch ist die

Datenbasis in Bezug auf eine Reihe von wesentlichen Fragen wenig tragfähig. Aus diesem

Grund ist der gezielte Ausbau von Forschung für die Förderung von Chancen und die

Minimierung von Gefahren zentral. Dies gilt auch für Österreich, wo Fragen der

Internetsicherheit in der Forschung bisher nur vereinzelt behandelt wurden (siehe dazu

zentrale Empfehlungen im Überblick, Seite 97 des vorliegenden Berichts).

Förderung von Forschung zu Risiken nötig

In ganz Europa liegt der Fokus von Forschung zu Kindern, Jugendlichen und Online-Medien

auf Aspekten des Internetzugangs und der Internetnutzung, gefolgt von Online-Interessen und

-aktivitäten junger Menschen. Risiken der Online-Nutzung wurden in vielen Ländern –

darunter auch Österreich – bisher nur selten den Blick genommen. Die wenigen einschlägigen

österreichischen Studien liegen schon einige Jahre zurück und liefern daher kaum aktuelle

Daten. Zudem konzentrieren sie sich vorranging auf den Kontakt von Minderjährigen mit

potenziell gefährdenden oder ungeeigneten Inhalten, insbesondere mit illegalen,

gewalthaltigen, pornographischen, rassistischen oder neonazistischen Websites.

Kommerzielle Gefahren, Probleme im Zusammenhang mit Online-Kontakten oder die

84

Gefährdung der Privatsphäre von Kindern und Jugendlichen wurden bisher vernachlässigt.

Ohne entsprechende internationale Studien wären in Österreich zu einigen Aspekten

überhaupt keine Daten vorhanden.

In ganz Europa mangelt es an Forschung zu Strategien und Kompetenzen von Kindern

unterschiedlichen Alters und ihren Eltern im Umgang mit Online-Risiken. Auch Kenntnisse

zu Auswirkungen – insbesondere zu Langzeiteffekten – von negativen Erfahrungen mit dem

Internet sind weder in Österreich noch in anderen Ländern vorhanden.

Dringender Bedarf an Daten zu jüngeren Kindern

Vor allem jüngere Kinder werden häufig außen vor gelassen, denn der Großteil der Forschung

befasst sich mit Teenagern. Während zu Jugendlichen – insbesondere im Alter von zwölf bis

15 Jahren – Studien vorliegen, werden Kinder unter zehn Jahren nur selten in den Blick

genommen. Die Online-Erfahrungen von Vorschulkindern sind in Österreich bisher sogar

gänzlich unerforscht.

Angesichts der zunehmenden Internetnutzung auch jüngerer Kinder, die seltener elterlicher

Kontrolle unterliegt, und angesichts der Tatsache, dass Fähigkeiten im Umgang mit (Online-

)Medien noch nicht so stark ausgeprägt sind wie bei Älteren (siehe Kapitel 3.3) erscheint dies

als äußerst problematisch.

Erkenntnisse zur Rolle von Eltern und Lehrern fehlen weitgehend

Bisher nimmt Forschung nur vereinzelt Einstellungen, Kompetenzen und Verhaltensweisen

von Erziehungsberechtigten im Zusammenhang mit der Internetnutzung ihrer Kinder in den

Blick. Die wenigen Arbeiten, die sich elterlichen Erziehungsstilen widmen, stellen meist sehr

allgemeine Fragen, ohne der Effektivität unterschiedlicher Maßnahmen oder der Reaktion der

Kinder darauf nachzugehen. Zudem stammen die Antworten zumeist nur von einem

Elternteil. Wünschenswert wären Erhebungen, die sowohl Väter, Mütter als auch Kinder

miteinbeziehen. Ähnliches gilt auch für die Rolle von Kindergärtnerinnen und Kindergärtnern

sowie Lehrern und Lehrerinnen im Auf- und Ausbau von Online-Erfahrungen und Online-

Kompetenzen der ihnen anvertrauten Kinder.

Bedarf an Panel-, Langzeit- und internationalen Studien

Da sich Online-Medien und der Umgang junger Menschen damit rasch verändern, müssen

Daten in diesem Bereich ständig aktualisiert werden. Um regelmäßig Informationen zu liefern

sowie längerfristige Auswirkungen von Online-Technologien in den Blick zu nehmen, sind

Panel- und Langzeitstudien geeignet. In Österreich fehlen derartige Studien zu Online-

Erfahrungen von Kindern und Jugendlichen bisher gänzlich.

85

Zudem wird international vergleichenden Studien in Zukunft große Bedeutung zukommen.

Wie sich im Laufe der Arbeit von EU Kids Online gezeigt hat, gibt es für viele zentrale

Fragen kaum vergleichbare Daten. Nur durch die Gegenüberstellung unterschiedlicher Länder

ist es möglich, individuelle und kulturelle Einflussfaktoren richtig einzuschätzen und so auch

von anderen europäischen Staaten zu lernen.

Mangel an akademischer Forschung

In ganz Europa, insbesondere aber in Österreich, liegt ein deutliches Übergewicht an

Marktforschung vor. Dies führt dazu, dass der Großteil österreichischer Forschung

ausschließlich mit quantitativen Methoden arbeitet und auf Online-Aktivitäten fokussiert,

ohne ihre Einbettung in Alltagskontexte von Kindern und Jugendlichen zu berücksichtigen.

Als Folge überwiegen derzeit deskriptive Momentaufnahmen; theoriegeleitete Ergebnisse

über Online-Erfahrungen von Kindern liegen hingegen kaum vor. Die Beschränkung auf

quantitative Ansätze, die bei Jüngeren kaum brauchbare Daten liefern, führt indirekt auch zu

einer Vernachlässigung von Vorschul- und Volksschulkindern.

Als problematisch lässt sich auch der öffentliche Zugang zu österreichischer Forschung

bezeichnen, denn fast ein Drittel der Studien ist nur in kurzen Zusammenfassungen oder

gegen Bezahlung erhältlich. Dies ist ebenfalls – zumindest zum Teil – eine Folge der

Dominanz von Marktforschung, deren Ergebnisse selten frei zugänglich sind.

Ausbau der Finanzierungsmöglichkeiten

Der Mangel an akademischer und theoriegeleiteter Forschung, an teuren Langzeit und -

Panelstudien sowie an aufwendigen Arbeiten zu jüngeren Kindern hängt unter anderem auch

mit den eingeschränkten Finanzierungsmöglichkeiten zusammen. Österreichische

Unternehmen oder gemeinnützige Vereine finanzieren selten Forschung in diesem Bereich,

und wenn sie dies tun, arbeiten sie zumeist mit Marktforschungsinstituten zusammen.

Akademische Studien zu Online-Risiken und -Chancen können daher in vielen Fällen nur mit

Hilfe öffentlicher Gelder durchgeführt werden. Aber auch die Regierung, die Ministerien und

die Bundesländer beauftragen in Österreich in vielen Fällen Marktforschungsinstitute oder

private Forschungsorganisationen mit Studien zur Internetnutzung von Kindern und

Jugendlichen.

Um die oben benannten Forschungsdefizite aufzuarbeiten, wird es in Zukunft nötig sein,

Finanzierungsmöglichkeiten und thematische Fördererprogramme für akademische Forschung

zu Online-Chancen und -Risiken, für Langzeit- oder Panelstudien und für die Beteiligung

österreichischer Forscher und Forscherinnen an internationalen Studien zu öffnen.

86

EU Kids Online II: Neue europaweite Studie zu Online-Risiken

Einigen der genannten Herausforderungen wird sich das EU Kids Online-Netzwerk in einem

Folgeprojekt stellen. Mit Hilfe einer länderübergreifenden quantitativen Umfrage, die auf den

methodologischen und theoretischen Erkenntnissen aus dem Vorgängerprojekt aufbaut, will

sich EU Kids Online II Aspekten von Internetzugang, -nutzung und -risiken in ausgewählten

Mitgliedsstaaten und verbindet auf systematische Weise Erfahrungen, Praxen und Anliegen

von Kindern im Alter von neun bis 16 Jahren sowie ihren Eltern widmen.

Analog zum ersten EU Kids Online-Projekt münden auch die Erkenntnisse aus EU Kids

Online II in Empfehlungen zur Förderung einer sicheren Nutzung des Internets und werden an

nationale und internationale Stakeholder rückgebunden.

Die Europäische Kommission hat den Antrag für EU Kids Online II bereits genehmigt und

wird für Sach-, Reise- und Managementkosten aufkommen. Die wissenschaftliche Arbeit der

nationalen Teams muss jedoch durch Institutionen in den beteiligten Ländern finanziert

werden. Angesicht der hierzulande ausgesprochen schwachen Datenlage zu Online-Risiken,

ist es vor großer Bedeutung, dass Österreich an dieser internationalen Erhebung teilnimmt.

5.2 Schutz gegen illegale und jugendgefährdende Inhalte

Neben dem Ausbau einer tragfähigen Wissensbasis zu Online-Erfahrungen von Kindern und

Jugendlichen sind Maßnahmen zum Schutz vor potenziell gefährdenden Inhalten von großer

Bedeutung. Dies ist Aufgabe des Jugendmedienschutzes, der sich in Österreich wie auch in

anderen europäischen Ländern im Hinblick auf Online-Medien mit einigen

Herausforderungen konfrontiert sieht. Im Folgenden werden einige zentrale Aspekte für

Österreich benannt.

Uneinheitliche Gesetzeslage erschwert Jugendschutzmaßnahmen

Im Bereich des Schutzes von Kindern und Jugendlichen vor potenziell schädlichen Inhalten

muss zwischen illegalen Angeboten wie etwa Websites, die gegen das

Wiederbetätigungsverbot verstoßen oder Kinderpornografie anbieten, und für Minderjährige

ungeeigneten Services unterschieden werden. Erstere verstoßen in ganz Österreich

grundsätzlich gegen das Gesetz; sie müssen und können aus dem Internet entfernt werden,

sobald sie entdeckt werden.

Die Bestimmungen hinsichtlich der für Kinder ungeeigneten Inhalte sind in Österreich jedoch

uneinheitlich geregelt, da diese Richtlinien als Teil der allgemeinen Jugendschutzgesetze in

den Zuständigkeitsbereich der Bundesländer fallen. Zu jugendgefährdenden Inhalten zählen,

allgemein anerkannt, gewalthaltige, sexuelle und diskriminierende Darstellungen; die

konkreten Formulierungen unterscheiden sich jedoch in den Bundesländern. Die

87

Veröffentlichung der genannten Inhalte ist zwar nicht per se verboten, die Anbieter haben

aber dafür Sorge zu tragen, dass Jugendliche von diesen Services ausgeschlossen sind.

Auch wenn die Bestimmungen in den unterschiedlichen Ländern ähnlich sind, erschwert die

uneinheitliche Gesetzeslage und die jeweils damit verbundene Regelung der Zuständigkeit

eine effektive Kontrolle und Handhabe im Falle von Verstößen. Will man den

Jugendmedienschutz erst nehmen, erscheint eine intensive Zusammenarbeit zwischen den

Bundesländern als unerlässlich.

Kontrollinstanzen müssen geschaffen werden

Online-Medien bringen große Herausforderungen bei der Kontrolle der Einhaltung von

Gesetzesbestimmungen mit sich, denn eine systematische Überprüfung ist schon auf Grund

der kaum überschaubaren Fülle an Services nicht möglich. Anders als bei klassischen Medien

gibt es weder eine begrenzte Anzahl an Anbietern, deren Zugang zum Markt durch

medienpolitische Vorgaben geregelt werden kann, noch ein vorgegebenes Programm oder

Inhaltsschemata.

Dieses Phänomen sollte jedoch nicht zur Folge haben, dass Kontrollen grundsätzlich

unterlassen werden. Eine Alternative wären regelmäßige stichprobenartige Überprüfungen

von ausgewählten kinder- und jugendrelevanten Seiten. Für solch eine systematische

Kontrolle von Online-Angeboten fehlt in Österreich derzeit jedoch eine zuständige Institution.

Die Polizei beschäftigt sich zwar mit illegalen Inhalten, nicht aber mit jugendgefährdenden

Online-Angeboten. Für letztere gibt es weder auf Länder- noch auf Bundesebene eine

Kontrollbehörde.

Dafür würde sich die Jugendmedienkommission (JMK) des Bundesministeriums für

Unterricht, Kunst und Kultur eignen, denn die Aufgabe dieser Einrichtung ist es, die Anliegen

des Jugendschutzes im Bereich der Medien zu wahren. Lange Zeit waren die Aktivitäten der

JMK auf audiovisuelle Medien beschränkt. Seit kurzem wurde ihr Aufgabenbereich aber auf

die Prüfung von Computerspielen ausgedehnt.

Ernsthafte Diskussion zum Umgang mit kinder- und jugendgefährdenden Inhalten nötig

Während neonazistische Seiten, Websites, die gegen das Wiederbetätigungsgesetz verstoßen,

oder andere illegale Angebote aus dem Internet genommen werden können, sind kinder- und

jugendgefährdende Inhalte weitaus schwieriger zu handhaben. Da Inhalte, die in den

Jugendschutzgesetzen als für Minderjährige ungeeignet bezeichnet werden, nicht

grundsätzlich verboten sind, können sie nicht einfach entfernt werden. Vielmehr müssen

effektive Wege gefunden werden, die sicherstellen, dass Kindern und Jugendlichen der

Zugang verwehrt bleibt, ohne dass die Seiten dadurch für Erwachsene unzugänglich werden.

Darüber hinaus ist es schwierig zu bewerten, welche Seiten tatsächlich im Sinne des Gesetzes

als für Minderjährige ungeeignet erachtet werden können, denn die Formulierungen sind

88

großteils recht allgemein gehalten. Bevor Maßnahmen gegen bestimmte Angebote gesetzt

werden, muss daher eine systematische Überprüfung der Services vorgenommen werden.

Dazu bedarf es eines für Online-Inhalte passenden Bewertungsschemas. Solang es keine

bundesweite gesetzliche Regelung gibt, erweist sich diese jedoch als schwierig.

Eine ernsthafte Diskussion über den Einsatz technischer Lösungen für altersbasierte

Zugangseinschränkungen und über möglichen Bewertungsschemata für Online-Angebote

sollte in Österreich weiter forciert werden. Dabei kann eventuell der Blick in andere Länder

helfen: So liegt in Deutschland eine Evaluation zum Jugendmedienschutz vor; sie könnte als

eine Anregung für Österreich dienen.42

Ausbau der freiwilligen Selbstkontrolle von Internet Service Providern

Da viele Angebote aufgrund ihrer Flüchtigkeit nur von den Betreibern effektiv kontrollierbar

sind, kommt der Kooperation mit Anbietern sowie Anstößen zur freiwilligen Selbstkontrolle

von Internet Service Providern eine wichtige Rolle zu.

Erste Ansätze dazu finden sich in Österreich bereits: So sammelt der österreichische Verband

der Internet Service Provider (ISPA) mit Hilfe einer Hotline (Stopline) Informationen zu

illegalen Inhalten im Internet. Die ISPA hat sich dazu verpflichtet allen Hinweisen

nachzugehen und sie den zuständigen Providern sowie den nationalen bzw. internationalen

Behörden zu melden, damit diese den Zugang zu den illegalen Inhalten rasch unterbinden

können. Um die effiziente Informationsweitergabe auch über die österreichischen Grenzen

hinaus zu gewährleisten, ist die Hotline in ein Netzwerk internationaler Internet-Meldestellen

eingebunden.

Diese Initiative der ISPA ist ein gutes Beispiel für die funktionierende Zusammenarbeit von

Providern und Behörden. Aktivitäten dieser Art sollten in Zukunft noch forciert werden.

Wünschenswert wäre vor allem eine Ausdehnung der freiwilligen Selbstkontrolle von

ausschließlich illegalen Inhalten auf jugendgefährdende Angebote im Sinne einer

Überprüfung der Einhaltung von Jugendschutzbestimmungen. Dies ist allerdings schwierig,

solange es in Österreich keine einheitliche Gesetzeslage gibt.

Internationale Zusammenarbeit forcieren

Für die Effektivität des Jugendschutzes im Internet ist internationale Zusammenarbeit von

zentraler Bedeutung, denn das World Wide Web macht nicht an Grenzen halt. Anbieter

können ihre Domains in jedem beliebigen Land anmelden, ohne dadurch in ihrer Reichweite

Einschränkungen hinnehmen zu müssen. Anders als beim Fernsehen, wo das

Ausstrahlungsgebiet eng mit bestimmten (nationalen) Publika gekoppelt ist, können Online-

42 Siehe dazu die Evaluation des Hans-Bredow-Instituts (2007).

89

Angebote für die österreichische Bevölkerung auf einem Server an einem beliebigen Ort auf

der Welt bereitgestellt werden.

Da jeweils die rechtlichen Bestimmungen des Landes gelten, in dem die Domain angemeldet

ist, können Online-Anbieter strengen gesetzlichen Bestimmungen relativ leicht aus dem Weg

gehen. Auf Grund der begrenzten Reichweite von nationalen Jugendschutzbestimmungen sind

internationale Vereinbarungen zu Schutzstandards also ausgesprochen wichtig.

Einsatz von Jugendschutzprogrammen

Da der Schutz vor illegalen oder problematischen Inhalten im Internet durch Gesetze und

Kontrollen nur bedingt gesichert werden kann, ist der Einsatz von Jugendschutzprogrammen

eine sinnvolle ergänzende Maßnahme. In Europa gibt es eine Reihe an unterschiedlichen

Programmen, die während des Surfens jugendschutzrelevante Inhalte filtern.

In Österreich wurde vor kurzem eine kostenlose Software vorgestellt, die vom Family Online

Safety Institute (FOSI), dem Zentrum für Innovation und Technologie der Stadt Wien (ZIT)

und der ISPA entwickelt wurde, um Kinder und Jugendliche vor ungeeigneten Inhalten zu

schützen. Das Programm namens Confoki („Content für Kids“) ist eine Kombination von

Browser-Erweiterung und Suchmaschine; es ermöglicht Eltern, selbst einzustellen, welche

Inhalte sie freischalten oder sperren möchten.

Bisher wurden solche Programme aber nur wenig genutzt, da vielen Eltern der Umgang damit

zu kompliziert oder unpraktisch erscheint und die Filter häufig zu viele oder aber zu wenige

Seiten sperren (Schorb/ Warkus 2004: 319). Es wird daher in Zukunft wichtig sein, Eltern und

Erziehungsberechtigten die Vorteile solcher Programme bewusst zu machen.

5.3 Stärkung von Kindern, Jugendlichen und ihren Familien

Da der Jugendschutz im Internet nur schwer greift und auch die Anwendung von

Filterprogrammen junge Menschen nur bedingt schützen kann, ist es wichtig Kinder,

Jugendliche und ihre Familien im Umgang mit Online-Risiken zu unterstützen.

Bedarf an zielgruppenorientierten Informationen und Hilfestellungen

In einem ersten Schritt ist es notwendig, Bewusstsein für mögliche Probleme zu schaffen, die

im Zusammenhang mit der Nutzung von Online-Medien entstehen können. Viele Kinder,

Jugendliche und Erwachsene werden sich der Gefahren erst bewusst, wenn sie selbst negative

Erfahrungen gemacht haben. Es ist daher nötig, ihnen Informationen über mögliche Risiken

und Hilfestellung zur Vermeidung von konkreten Problemen an die Hand zu geben.

Dies kann auf unterschiedliche Weise geschehen: So bieten einige Initiativen im Internet

Tipps an, stellen Informationsbroschüren bereit und versuchen durch Pressearbeit,

90

Messeauftritte, Vortragsreihen und andere Veranstaltungen auf das Thema aufmerksam zu

machen. Insbesondere aktiv ist in dieser Hinsicht in Österreich Saferinternet.at.

Auch Internet- und Telefonhotlines können im Problemfall weiterhelfen. In Österreich gibt es

die Möglichkeit, illegale Inhalte bei der „Stopline“ zu melden und sich unter

[email protected]“ oder der „Rat auf Draht Nummer 147“ kostenlos und anonym

Hilfe zu holen. Bei Schwierigkeiten im Zusammenhang mit Online-Shopping ist der Internet

Ombudsmann zuständig (Mail-Hotline).

Auch Empfehlungen von sicheren oder für unterschiedliche Altergruppen besonders

geeigneten Internetangeboten können hilfreich sein. Im Bereich von Computerspielen gibt es

in Österreich eine solche Initiative. Die Bundesstelle für die Positivprädikatisierung von

Computer- und Konsolenspielen (BuPP) prüft und kennzeichnet Spiele, die für junge

Menschen besonders wertvoll sind.43 Eine Initiative dieser Art auch für Internetservices – also

eine Art Gütesigel für kindgerechte Online-Medien ähnlich dem Erfurter Netcode in

Deutschland – wäre wünschenswert.

Bei all diesen Aktivitäten ist von großer Bedeutung, dass unterschiedliche Gruppen gezielt

angesprochen und Informationen auf ihre spezifischen Bedürfnisse zugeschnitten werden.

Besonders gefährdet sind den Ergebnissen von EU Kids Online zu Folge jüngere Kinder,

denn ihre Internetnutzung unterliegt seltener elterlicher Kontrolle und ihre Fähigkeiten im

Umgang mit Risiken sind noch nicht so stark ausgeprägt wie bei Älteren. Zudem sind Kinder

und Jugendliche aus sozial benachteiligten Familien häufiger Risiken ausgesetzt;44 diesen

beiden Gruppen sollte daher besondere Aufmerksamkeit zukommen.

Ausbau des Angebots an Elterninformation und Schulungen

Da Eltern in vielen Fällen noch nicht mit dem Internet aufgewachsen sind und

vergleichsweise weniger Kenntnisse über die von jungen Menschen bevorzugten Services

haben, müssen sie diese, für eine effektive Kontrolle und Begleitung der Internetnutzung ihrer

Kinder nötigen Fähigkeiten häufig erst erlernen. Um Eltern und Erziehungsberechtigten diese

Kompetenzen zu vermitteln, bieten einige Institutionen in Österreich Kurse, Vorträge,

Seminar und Workshops an. So sind in diesem Bereich beispielsweise das

Landesjugendreferat Oberösterreich, der Koordinierungsstelle für Informations- und

Kommunikationstechnologien der Stadt Wien, die Aktion Film Salzburg und die

Medienpädagogische Beratungsstelle der Niederösterreichischen Landesakademie tätig.

Wie der Name der Organisationen schon sagt, beschränkt sich dieses Schulungsangebot nur

auf Niederösterreich, die Initiativen in Oberösterreich und Wien und bleiben auch eher auf die

Städte beschränkt. Volkshochschulen und andere Erwachsenenbildungsinstituten haben Kurse

43 Ingrid Paus-Hasebrink ist Mitglied im Experten-Beirat der Beratungsstelle für Positivprädikatisierung von Computer- und Konsolenspiele (BuPP) des Bundesministeriums für Gesundheit, Jugend und Familie (BMGJF). 44 Siehe dazu auch Paus-Hasebrink/ Bichler 2008.

91

dieser Art (noch) nicht im Programm. Um ein größere Anzahl an Eltern zu erreichen, wäre es

nötig, diese Aktivitäten stark auszubauen. Einerseits sollten bundesweit Initiativen gestartet

und untereinander vernetzt werden, andererseits sollte auch der ländliche Raum stärker

berücksichtigt werden.

Einbindung von Kindergärten und Schulen bei der Ansprache der Eltern

Eine besondere Herausforderung besteht darin, möglichst viele Kinder, Jugendliche und

Eltern in Österreich mit Informationen und Hilfestellungen zu erreichen. Große Medien-, PR-

oder Werbekampagnen sind teuer und aufwendig, führen aber häufig nicht zum gewünschten

Ziel. Internetinformationen, Broschüren, Veranstaltungen und Kurse erreichen in erster Linie

Eltern, die für das Thema schon sensibilisiert und auf der Suche nach Hilfestellungen sind.

Die Ergebnisse von EU Kids Online weisen aber darauf hin, dass das Bewusstsein für

Gefahren des Internets erst noch auf breiter Ebene in der Bevölkerung geschaffen werden

muss, bevor groß angelegte Kampagnen Erfolg haben können. Dies gilt insbesondere auch für

Österreich.

Aus diesem Grund scheint es sinnvoll, bei der Ansprache der Kinder, Jugendlichen und Eltern

jene Institutionen einzubinden, mit denen sie im täglichen Leben konfrontiert sind. Dies sind

in erster Linie Kindergärten und Schulen. Doch auch bei Schulaktionen zeigt sich, dass

insbesondere Eltern aus sozial benachteiligten Milieus selten erreicht werden. Gerade Kinder

aus diesen Familien sind jedoch – wie Ergebnisse von EU Kids Online deutlich zeigen –

verstärkt Online-Risiken ausgesetzt.

Wichtig sind daher Projekte zur niederschwelligen Elternansprache, wie etwa Eltern-Schüler-

Events, in denen die Kinder im Rahmen von Schulprojekten mit neuen Medien arbeiten, und

anschließend die Produkte ihren Eltern vorstellen. Wegen der Bedeutung dieser Präsentation

für ihre Kinder sind Eltern dann eher bereit, zu entsprechenden Veranstaltungen in die Schule

zu kommen als etwa zu Informationsabenden.

5.4 Förderung der Medienkompetenz bei Kindern und Jugendlichen

Vermittlung von Online-Kompetenzen als zentrale Aufgabe von Schule

Die wichtigste, mitunter aber schwierigste Aufgabe ist die Vermittlung von Kompetenzen im

Umgang mit Online-Medien an Kinder und Jugendliche. Schon im „Kindergartenalter und

insbesondere während in Schulzeit werden die Weichen dafür gestellt, wie Heranwachsende

mit der Fülle neuer Medien umzugehen lernen.“ (Paus-Hasebrink/ Jadin/ Wijnen 2007: 90)

Aus diesem Grund kommt den Schulen, mit ihrem expliziten und auch impliziten

Bildungsauftrag, eine zentrale Rolle zu.

92

Der Unterricht darf dabei nicht auf die Vermittlung technischer Kompetenz reduziert werden,

denn mediale Angebote kompetent nutzen zu können, „setzt nicht nur abstraktes Know How

voraus; vielmehr ist es von hoher Bedeutung, Kenntnisse und adäquate Nutzungsweisen

pädagogisch angeleitet im eigenen Tun zu erwerben und damit Potenziale, aber auch

Gefahren besser einschätzen zu lernen.“ (Paus-Hasebrink/ Jadin/ Wijnen 2007: 90)

Auch bei der Vermittlung von Medienkompetenz sollte das Augenmerk besonders auf Kinder

aus benachteiligten Verhältnissen liegen, denn „empirische Ergebnisse zeigen, dass die

Kompetenz, mit medialen Angeboten umzugehen, hohe Korrelationen zum Alter, Geschlecht

und allem voran zur formalen Bildung der Nutzer und Nutzerinnen aufweist. Insbesondere

jene Kinder drohen an den Rand der Gesellschaft gedrängt zu werden, die nicht aus

anregungsreichen Elternhäusern stammen, sondern aus sozial benachteiligten. Digital divide

droht sich zu verstärken, wenn nicht Bildungsinstitutionen, allen voran die Schulen

mitbemüht sind, diese Kluft zu verringern.“ (Paus-Hasebrink/ Jadin/ Wijnen 2007: 89)

Damit Schulen ihrer Aufgabe zur Förderung eines kompetenten Umgangs mit (Online-)

Medien nachkommen können, bedarf es zahlreicher Änderungen, von denen hier nur einige

zentrale genannt werden:

- Medienbildung im Sinne der Vermittlung eines kritischen, reflektierten und

selbstbestimmten Umgangs mit medialen Angeboten, muss explizit in den Lehrplänen

verankert werden. In Österreich gibt es zwar das Schulfach Informatik; dort werden

aber vor allem Grundkenntnisse in der Bedienung von Informations- und

Kommunikationstechnologien gelehrt.

- Schulen sollten sich verstärkt für medienpädagogische Unterrichtsprojekte öffnen.

Solche Projekte müssen sich nicht notwendiger Weise explizit auf den Umgang mit

Online-Medien beziehen. Allein durch die angeleitete Anwendung neuer Medien

können Kinder und Jugendliche Kompetenzen im Umgang mit Potenzialen aber auch

Gefahren des Internet sammeln. Ein gutes Beispiel dafür ist das Modellprojekt Web

2.0 Klasse, das in Zusammenarbeit der Telekom Austria, dem Ministerium für

Unterricht Kunst und Kultur und der Universität Salzburg durchgeführt wurde. Dabei

gestalteten Schüler und Schülerinnen von neun ausgewählten Schulen mit Hilfe von

Wikis Arbeiten zum Thema „Österreichische Nationalparks“.45

- Um Lehrer und Lehrerinnen im Unterricht zu unterstützen, müssen „praxisorientierte,

didaktisch und methodisch fundierte Materialien zum Einsatz von Medien und

insbesondere zur Medienerziehung zur Verfügung gestellt werden.“ (Gysbers 2008:

19) Eine spezifische Aufbereitung mit Rücksicht auf die formale Bildung mithin auf

die unterschiedlichen Schulformen erscheint dafür als zentraler Ausgangspunkt.

45 Nähere Erkenntnissen aus diesem Projekt können im Evaluationsbericht nachgelesen werden (Paus-Hasebrink/ Jadin/ Wijnen 2007).

93

Qualifizierung von Lehrkräften, Schulämtern und Ministerien

Unmittelbar damit verbunden ist die Aus- und Weiterbildung von Lehrenden. Schon während

des Studiums sollte zukünftigen Lehrkräften verstärkt der besondere Stellenwert von Medien

im Alltag von Kindern und Jugendlichen vermittelt und in einem größeren Umfang Kurse zu

medienpädagogischer Arbeit im Unterricht geboten werden. Gysbers (2008: 18) geht davon

aus, dass „kaum eine stärkere Berücksichtigung von Medienthemen im Unterricht zu

erwarten“ ist, „solange der Anteil medienpädagogischer Inhalte in der Lehrerausbildung nicht

deutlich ausgebaut und vor allem verpflichtend festgehalten wird“.

Aber nicht nur in der Ausbildung vor Lehrenden vor dem Einstieg in das Berufsleben sollten

medienpädagogische Ansätze Teil des Unterrichts bzw. der Lehre sein; es bedarf parallele

dazu entsprechender Modellprojekte in der Weiterbildung von berufstätigen Lehrern und

Lehrerinnen. Zu berücksichtigen ist dabei die Zielgruppe, an die sich das Fortbildungsangebot

wendet. Während älteren Lehrkräften zum Teil noch Kompetenzen in der Handhabe neuer

Medien vermittelt werden müssen, können diese Fähigkeiten bei jüngeren Lehrenden schon

vorausgesetzt werden. Daher sollten nicht nur Kurse zu technischen Grundkenntnissen im

Umgang mit PC, Programmen und dem Internet, sondern vermehrt auch Schulungen zu

„medienerzieherischen Themen und deren Umsetzung im Unterricht angeboten werden“

(Gysbers 2008: 18).

Über die Qualifikation einzelner Lehrender hinaus bedarf es verstärkter Aktivitäten auf allen

Ebenen der Schulorganisation. Das bedeutet, dass Kompetenz auch auf Seiten des

Ministeriums und der Schulämter gefragt ist, die Chancen zu erkennen, die mit neuen

Internet-Anwendungen für den Unterricht verbunden sind. Wichtig wäre die Erarbeitung

didaktisch brauchbarer Konzepte sowie eine entsprechende finanzielle Ausstattung der

Schulen (vgl. Paus-Hasebrink/ Jadin/ Wijnen 2007: 85f). Ein lebendiger Diskurs aller

Beteiligten – der Lehrkräfte und Direktoren sowie Direktorinnen, der

Landesschulorganisationen und Ministerien, der Institutionen im Bereich der Aus- und

Fortbildung von Lehrkräften und nicht zuletzt der zuständigen politischen

Entscheidungsträger ist unerlässlich.

In Oberösterreich gibt es bereits eine Landestelle (Bildungsmedienzentrum), die Schulen,

Bildungseinrichtungen und Lehrende bei der Arbeit mit Medien unterstützt; sie leistet sowohl

medienpädagogische, didaktische als auch technische Hilfestellungen, bietet Materialen,

Bildungsmedien, kostenlose Vorträge und Seminare an und organisiert medienpädagogische

Projekte in Schulen oder Freizeiteinrichtungen. In Salzburg übernimmt diese Aufgaben zum

Teil die Aktion Film. Einrichtungen dieser Art sollten ausgebaut und auf alle Bundesländer

ausgedehnt werden.

94

Außerschulische Vermittlung von Medienkompetenz als notwendige Ergänzung

Ergänzend zur Vermittlung von Online-Kompetenzen in Schulen erweisen sich

außerschulische Kursangebote für Kinder und Jugendliche als sinnvoll. In Lernwelten, die

nicht curricular formalisiert organisiert sind und von jungen Menschen freiwillig aufgesucht

werden, können Bildungsprozesse freier gestaltet und Fähigkeiten spielerisch vermittelt

werden.

In Österreich gibt es sich eine Reihe von Einrichtungen, die medienpädagogische Projekte

und Kurse für Kinder und Jugendliche anbieten. Wie schon im Bereich der Elternbildung sind

diese Initiativen aber meist auf einzelne Bundesländer beschränkt. Beispiele für solche

Einrichtungen sind die Medienpädagogische Beratungsstelle der Landesakademie

Niederösterreich, die Radiofabrik und die Aktion Film in Salzburg46 oder das

Landesjugendreferat in Oberösterreich. Zudem haben sich einige Initiativen auf die

Vermittlung von grundlegenden technischen Computerkenntnissen spezialisiert

(beispielsweise die Initiative Computercamp Vorarlberg oder Profikids Österreich).

In Wien bemüht sich die Koordinierungsstelle für Informations- und

Kommunikationstechnologien in der außerschulischen Jugendarbeit am Landesjugendreferat

der Stadt (Netbridge) um die Unterstützung von Medienarbeit in Freizeit- und

Bildungseinrichtungen außerhalb des schulischen Rahmens. Aufgabe dieser Einrichtung ist

es, Multiplikatoren und Mitarbeitern sowie Mitarbeiterinnen in der außerschulischen

Jugendarbeit Medienkompetenz zu vermittel und sie bei medienpädagogischen Projekten zu

unterstützen.

Entwicklung neuer medienpädagogischer Konzepte47

Sowohl für die Medienarbeit in Schulen als auch für Projekte in außerschulischen

Einrichtungen sind neue medienpädagogische Konzepte zur Vermittlung zentraler

Kompetenzen im Umgang mit Online-Medien nötig. Bisherige Ansätze beziehen sich eher auf

traditionelle Medien wie etwa Fernsehen, Radio oder Printmedien; sie sollten in Bezug auf

neue, über Internet, Handys oder andere mobile Geräte verbreitete Angebote konzeptionell

weiter entwickelt werden. Dabei gilt es, die Vielfalt der Services – insbesondere neuer

Formen des Social Webs (auch Web 2.0 genannt) – zu berücksichtigen.

Es stellt sich dabei die Frage, welche Kompetenzen Kinder und Jugendliche benötigen, um

mit den unterschiedlichen Angebotsformen von Online-Medien umgehen zu können. Als

Ausgangspunkt eignen sich Baakes Dimensionen zur Vermittlung von Medienkompetenz; sie

haben auch in Bezug auf neue Medien nicht an Relevanz verloren. Baacke verstand

46 Diese beiden Institutionen sind im Rahmen des Euregio Medienzentrum (EMZ) in Zusammenarbeit mit dem Landratsamts Traunstein auch im grenznahen deutschen Gebiet tätig. 47 Siehe zu diesem Kapitel Paus-Hasebrink 2008.

95

Medienkompetenz als die Fähigkeit, „in aktiv aneignender Weise auch alle Arten von Medien

für das Kommunikations- und Handlungsrepertoire von Menschen einzusetzen“ (Baacke

1996: 8) und unterschied zwischen vier Dimensionen, die als Wegweiser dienen können:

•••• Mediennutzung (aktiver Umgang mit Medien),

• Medienkunde (kenntnisreicher Umgang),

• Mediengestaltung (kreativ-gestaltender Umgang),

• Medienkritik (kritisch-reflexiver Umgang).

Ein Forschungsprojekt an der Universität von Harvard (GoodPlay Project) hat sich der Frage

nach spezifischen Kompetenzen gewidmet, die für den Umgang mit Online-Games, Social

Networking Sites (SNS) und andere Online-Communities nötig sind. Diese sind auf den

folgenden Ebenen angesiedelt:

•••• Identität: Entwickeln und „Spielen“ mit verschiedenen Identitäten

•••• Privatheit: Auswählen wann, wie und wem man Informationen mitteilen darf

•••• Urheberrecht und Autorenschaft: Kontrollmechanismen verstehen und Urheberrecht

bzw. Autorenschaft achten

•••• Vertrauen und Glaubwürdigkeit: Authentisch sein, wenn es um die Repräsentanz und

das Präsentieren eigener Kompetenzen und Motive geht sowie

•••• Partizipation: Communities kennen und die persönlich relevanten auswählen können,

den ‚Code of Conduct’ der SNSs kennen und produktiv an SNSs teilhaben (James et

al. 2008).

Zukünftige Konzepte zur Vermittlung von Online-Kompetenzen müssen auf diese

Erkenntnisse aufbauen. Darüber hinaus ist vor allem die Frage nach den spezifischen

Lernweisen der Heranwachsenden im Kontext ihrer alltäglichen medial geprägten

Lebensweisen wichtig, denn kommunikative Kompetenz kann nur vermittelt werden, wenn

dies auf der Basis der lebensweltlichen Bedingungen von Heranwachsenden geschieht.

Medien haben für – insbesondere jüngere – Kinder und Jugendliche zumeist den Status des

Außergewöhnlichen, des Faszinierenden und sind sinnlich besetzt. „Dieses Potential gilt es

nicht zu bekämpfen, indem etwa Medienkompetenz vor allem als Möglichkeit des

‚Entzauberns’, des werkzeugbestimmte Umgehens in Schulen verstanden wird, sondern

vielmehr zu nutzen.“ (Paus-Hasebrink/ Jadin/ Wijnen 2007: 89)

5.5 Intensive Zusammenarbeit zur Erarbeitung bundesweiter Maßnahmen

Zur Stärkung von Familien im Umgang mit Online-Angeboten erscheint eine Intensivierung

der Zusammenarbeit unterschiedlicher Institutionen notwendig. Zwar findet sich bereits eine

Reihe von Initiativen, die auf diesem Feld wichtige Arbeit leistet. Besonders hervorzuheben

in diesem Kontext das Forum zur Vernetzung durch Saferinternet.at. Es gilt jedoch, daran

96

anzuknüpfen und die verschiedenen Kooperationen auszubauen und zu forcieren; zudem

sollten weitere Multiplikatoren – insbesondere Kindergärten, Schulen, Schulämter,

außerschulische Jugendorganisationen und -zentren, Institutionen im Bereich der Aus- und

Fortbildung von Lehrkräften, Erziehern und Erzieherinnen, Erwachsenbildungseinrichtungen

und Elternverbände – eingebunden werden. Auch ist weitaus größte Teil an Initiativen und

Einrichtungen auf wenige Bundesländer beschränkt; die Bemühungen sollten in jedem Fall

auf ganz Österreich ausgedehnt werden.

Vor allem aber bedarf es eines umfassenden politischen Konzepts, das Maßnahmen auf allen

angesprochenen Ebenen zur Förderung einer sicheren Internetnutzung für Kinder und

Jugendliche systematisch verbindet, und konkrete Pläne für eine bundesweite Umsetzung

entwickelt. Ein erster Schritt in Richtung eines solchen Konzepts könnte die Erarbeitung eines

Ziel- und Maßnahmenkatalogs sein, der den zuständigen politischen Entscheidungsträgern als

Wegweiser dienen kann. Dabei kann auf das Wissen und die Erfahrungen von Experten,

Expertinnen, Stakeholder und Multiplikatoren systematisch aufgebaut werden.

Ein Beispiel dafür, wie solch ein Prozess erfolgreich gestaltet werden kann, ist die

Internetinitiative Österreich. Dabei handelt es sich um einen Zusammenschluss von

Unternehmen, Organisationen und Institutionen, die in mehreren Runden gemeinsam mit

zahlreichen Experten eine Deklaration mit Maßnahmen erarbeitet haben, die Österreich in das

internationale Spitzenfeld bei Informations- und Kommunikationstechnologien bringen soll.

Eine ähnliche Vorgehensweise könnte auch im Hinblick auf die Erarbeitung eines Konzeptes

zur sicheren Nutzung des Internets zielführend sein.

97

Zentrale Empfehlungen im Überblick

Ausbau einer tragfähigen Datenbasis

• Förderung von Forschung zu Risiken nötig

• Dringender Bedarf an Daten zu jüngeren Kindern

• Erkenntnisse zur Rolle von Eltern und Lehrern fehlen weitgehend

• Bedarf an Panel-, Langzeit- und internationalen Studien

• Mangel an akademischer Forschung

• Ausbau der Finanzierungsmöglichkeiten

Schutz gegen illegale und jugendgefährdende Inhalte

• Uneinheitliche Gesetzeslage erschwert Jugendschutzmaßnahmen

• Weitere Kontrollinstanzen müssen geschaffen werden

• Diskussionen zur Handhabe von kinder- und jugendgefährdenden Inhalten

• Ausbau der freiwilligen Selbstkontrolle von Internet Service Providern

• Internationale Zusammenarbeit forcieren

• Einsatz von Jugendschutzprogrammen

• Evaluation der bestehenden Jugendschutzaktivitäten

Stärkung von Kindern, Jugendlichen und ihren Familien

• Bedarf an zielgruppenorientierten Informationen und Hilfestellungen

• Ausbau des Angebots an Elterninformation und Schulungen

• Einbindung von Kindergärten und Schulen bei der Ansprache der Eltern

Förderung der Medienkompetenz bei Kindern und Jugendlichen

• Vermittlung von Online-Kompetenzen in der Schule

• Qualifizierung von Lehrkräften

• Außerschulische Vermittlung von Medienkompetenz

• Entwicklung neuer medienpädagogischer Konzepte

Zusammenarbeit zur Erarbeitung bundesweiter Maßnahmen

• Ausbau der Zusammenarbeit zwischen Stakeholdern

• Entwicklung eines bundesweiten Maßnahmenkatalogs

98

Literaturliste

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Begriffs, der Konjunktur hat. In: Medien praktisch, 2, 4-10.

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