Salzburg, September 2008
Ingrid Paus-Hasebrink und Christina Ortner
Onl ine-Risiken und -Chancen für
Kinder und Jugendliche:
Österreich im europäischen Vergleich
Bericht zum österreichischen EU Kids Online-Projekt
Bericht an:
Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur (bm:ukk)
Bundeskanzleramt der Republik Österreich
Projektleitung:
Univ.-Prof. Dr. Ingrid Paus-Hasebrink, Leiterin der Abteilung für Audiovisuelle
Kommunikation, Fachbereich Kommunikationswissenschaft der Universität Salzburg
Projektteam:
Mag. Christina Ortner, Mag. Manfred Rathmoser, Mag. Dr. Christine Wijnen, Mag. Eva
Hammerer, MMag. Andrea Dürager
Das österreichische EU Kids Online-Projekt ist Teil des internationalen Forschungsnetzwerks EU Kids
Online, koordiniert von Univ.-Prof. Dr. Sonia Livingston und Dr. Leslie Haddon, London School of
Economics and Political Science, finanziell unterstützt von der Europäischen Kommission (Safer
Internet Plus Programm).
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Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung: Zum Forschungsprojekt EU Kids Online ....................................................... 3
2 Zum Forschungsgegenstand: Online-Risiken und -Chancen............................................ 8
3 Sechs Arbeitspakete, ihre Schwerpunkte und Ergebnisse .............................................. 20
3.1 Arbeitspaket 1: Zum Forschungsstand in Europa und Österreich ............................. 23
3.1.1 Ziele und Vorgehensweise .................................................................................. 23
3.1.2 Zur Datenlage in Europa ..................................................................................... 25
3.1.3 Forschungsmuster und -defizite in Österreich ..................................................... 46
3.2 Arbeitspaket 2: Interkulturelle Forschungskontexte ................................................... 49
3.1.2 Ziele und Vorgehensweise .................................................................................. 49
3.1.2 Rahmenbedingungen der österreichischen Forschung ........................................ 50
3.3 Arbeitspaket 3: Internationaler Vergleich von Online-Erfahrungen ......................... 57
3.3.1 Ziele und Vorgehensweise .................................................................................. 57
3.3.1 Online-Erfahrungen von Kindern und Jugendlichen in Europa .......................... 59
3.4 Arbeitspaket 4: Methodologische Grundlagen ............................................................. 73
3.4.1 Ziele und Vorgehensweise .................................................................................. 74
3.4.2 Inhalt und Struktur der beiden Berichte .............................................................. 74
3.5 Arbeitspaket 5: (Forschungs-)politische Empfehlungen ............................................. 77
3.6 Arbeitspaket 6: Disseminations- und Networkingaktivitäten ...................................... 78
5 Zu den Konsequenzen für Österreich ............................................................................... 82
5.1 Ausbau einer tragfähigen Datenbasis .......................................................................... 83
5.2 Schutz gegen illegale und jugendgefährdende Inhalte ................................................ 86
5.3 Stärkung von Kindern, Jugendlichen und ihren Familien ......................................... 89
5.4 Förderung der Medienkompetenz bei Kindern und Jugendlichen ............................. 91
5.5 Intensive Zusammenarbeit zur Erarbeitung bundesweiter Maßnahmen ................... 95
Literaturliste ........................................................................................................................... 98
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1 Einleitung: Zum Forschungsprojekt EU Kids Online
Internationales Forschungsnetzwerk
EU Kids Online ist ein europäisches Forschungsprojekts, das von der Europäischen
Kommission im Rahmen des Safer Internet Plus Programms finanziell unterstützt wird.
Zwischen 2006 und 2009 arbeitete ein Forschungsverbund unter Beteiligung von 21 Ländern
in insgesamt sechs Arbeitspaketen zusammen, um europaweit Daten zur Mediennutzung von
Kindern und Jugendlichen zu sammeln, zusammenzuführen, vergleichend auszuwerten und
im Hinblick auf Maßnahmen zur Förderung des sicheren Umgangs mit dem Internet zu
interpretieren. Koordiniert wird das Netzwerk von Univ.-Prof. Dr. Sonia Livingstone und Dr.
Leslie Haddon von der London School of Economics and Political Science (LSE).
Neben dem österreichischen Team sind seit Projektbeginn Wissenschafter und
Wissenschafterinnen aus Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Frankreich,
Griechenland, Großbritannien, Island, Niederlande, Norwegen, Polen, Portugal, Schweden,
Slowenien, Spanien und der Tschechischen Republik beteiligt. Seit 2007 arbeiten zudem
Arbeitsgruppen als Irland, Italien und Zypern an EU Kids Online mit.
Die Projektteams bringen nicht nur verschiedene nationale und kulturelle Kontexte ein,
sondern auch Expertise aus zahlreichen Forschungsfeldern, Disziplinen, methodologische
Ausrichtungen und Forschungstraditionen, wodurch die Betrachtung von Online-Risiken und
Chancen aus unterschiedlichen (wissenschaftlichen) Perspektiven ermöglicht wird.
In diesem Bericht werden die zentralen Ergebnisse dieser Zusammenarbeit mit besonderer
Berücksichtigung der Situation in Österreich dargestellt.1
Zielsetzungen von EU Kids Online
Die dreijährige Zusammenarbeit im Rahmen von EU Kids Online zielt darauf ab, den
vorliegenden Forschungsstand in den beteiligten europäischen Ländern zu erfassen und
systematisch miteinander zu vergleichen. Darüber hinaus zeichnet das Projekt die Datenlage
in den beteiligten Staaten nach, zeigt Forschungslücken auf und identifiziert Faktoren, die die
Forschungskapazität in den einzelnen Ländern kennzeichnen.
Dazu werden zuerst alle verfügbaren Daten hinsichtlich ihrer Qualität und Vergleichbarkeit
evaluiert und Forschungsdefizite benannt. Anschließend wird möglichen Ursachen für die
Dominanz bzw. das Fehlen bestimmter Arten von Forschung und Daten sowohl europaweit
1 Der Bericht greift u.a. auf unterschiedliche Quellen zurück, die im Kontext des EU Kids Online-Projekts in enger Kooperation aller Beteiligten erarbeitet wurden. Als Teil des Gesamtforschungsprojekts ist den Autoren und Autorinnen erlaubt, davon eigenständig Gebrauch zu machen.
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als auch in einzelnen Ländern nachgegangen. Für zukünftige Forschung zu Online-Risiken
und -Chancen ist es zudem wichtig, das Verständnis von methodologischen Aspekten in
Zusammenhang mit länderübergreifenden Analysen, der Befragung von Kindern sowie der
Erforschung des Umgangs mit dem Internet zu erhöhen.
Ein zentrales Ziel des Projekts besteht darin, Online-Risiken und ihre Konsequenzen für
verschiedene Gruppen von Kindern und Jugendlichen (Alter, Geschlecht, Region, Nation) im
Kontext zu verstehen. Durch den Vergleich der Ergebnisse aller gesammelten Studien werden
sowohl länderspezifische Unterschiede als auch Gemeinsamkeiten hinsichtlich der
Internetnutzung von Kindern und Jugendlichen und dem Auftreten von Risiken
nachgezeichnet, um anschließend die Bedeutung von kulturellen, sozialen, politischen und
regulativen Rahmenbedingungen zu untersuchen.
Diese Arbeitsschritte dienen unter anderem dazu, (politische) Empfehlungen hinsichtlich der
zukünftigen Forschungsagenda und dem Umgang mit Internetrisiken in Europa zu
formulieren. Um die Ergebnisse aus dem Projekt fruchtbar zu machen, wird ein möglichst
umfassender und nachhaltiger Transfer der gewonnenen Erkenntnisse an die Öffentlichkeit,
die Politik, die Medienregulierung und die Medienanbieter angestrebt.
Das österreichische EU Kids Online-Team hat sich über die Vorhaben des Gesamtprojekts
hinaus zum Ziel gesetzt, die spezifische Situation in Österreich zu beleuchten, um auf die
nationalen Besonderheiten zugeschnittene Schlussfolgerungen ziehen zu können.
Fragestellungen von EU Kids Online
Um diese Ziele zu erreichen, umfasst das Arbeitsprogramm des EU Kids Online-Netzwerks
bzw. des österreichischen Projektteams folgende Fragestellungen:
- Welcher Korpus an Daten zum Umgang von Kindern, Jugendlichen, ihren Eltern und
Erziehungspersonen mit Online-Medien liegt in Europa vor? Welche Erkenntnisse gibt
es speziell zur Frage des sicheren Umgangs mit diesen Medien? Welche
Forschungslücken und -defizite existieren?
- Welche Faktoren beeinflussen die Fragestellungen und Themen, die theoretischen
Prämissen und methodischen Zugänge sowie die Forschungskapazitäten in den
einzelnen Ländern?
- Wie lassen sich die vorliegenden Befunde international vergleichend interpretieren?
Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede gibt es zwischen den Ländern? Wie
Verteilen sich Online-Risiken innerhalb Europas?
- Welche Risiken treten in Bezug auf welche Online-Technologien auf? Welche Kinder
und Jugendliche sind besonders betroffen? Wie beeinflussen soziale, kulturelle,
politische und regulative Faktoren die Erfahrungen und den Umgang mit Risiken?
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- Welche methodologischen Ansätze erweisen sich für international vergleichende
Studien und zur Erforschung des Umgangs von Kindern und Jugendlichen mit Online-
Medien als sinnvoll?
- Welche Schlussfolgerungen können angesichts des internationalen Forschungsstands
hinsichtlich Maßnahmen zur sicheren Nutzung von Online-Medien gezogen werden?
Wie lässt sich die spezifische Situation in Österreich beschreiben?
Das österreichische EU Kids Online-Projekt und seine Schwerpunkte
Univ.-Prof. Dr. Ingrid Paus-Hasebrink, Leiterin der Abteilung für Audiovisuelle
Kommunikation des Fachbereichs Kommunikationswissenschaft an der Universität Salzburg,
hat im Rahmen dieses Forschungsverbunds mit Hilfe ihres Team die Aufgabe übernommen,
einerseits die in Österreich verfügbaren Studien in das Gesamtprojekt einzubringen und an
den länderübergreifenden Analysen mitzuwirken, andererseits die Ergebnisse der
internationalen Auswertungen an interessierte Institutionen in Österreich zurückzuspielen und
sicher zu stellen, dass die betreffenden Erkenntnisse hierzulande bekannt und fruchtbar
werden.
Zum österreichischen EU Kids Online-Team an der Universität Salzburg gehören neben
Univ.-Prof. Dr. Ingrid Paus-Hasebrink noch Mag. Christina Ortner und Mag. Dr. Christine
Wijnen. Mag. Manfred Rathmoser hat das Projekt unter Mithilfe von Mag. Eva Hammerer bis
Herbst 2008 betreut. Die Arbeit des Projektteams wird vom Bundesministerium für
Unterricht, Kunst und Kultur (bm:ukk) und vom Bundeskanzleramt der Republik Österreich
finanziell unterstützt.
Das gesamte EU Kids Online-Projekt ist in sechs Arbeitspaketen unterteilt, bei denen es den
Länderteams frei stand, wie intensiv sie sich beteiligen. Pflicht für alle Länderteams war es
lediglich, Angaben im Rahmen von Arbeitspaket 1 zum jeweiligen nationalen
Forschungsstand zu geben sowie in den Arbeitspaketen 2 und 3 Informationen zu bestimmten
länderspezifischen Hintergründen zuzuliefern. Zudem waren alle Länderteams aufgefordert,
das Projekt im eigenen Land bekannt zu machen. Über diese Aufgaben hinaus hat sich das
österreichische Team in folgender Weise eingebracht:
o Arbeitspaket 1: Forschungsstand – Sammlung österreichischer Studien;
Aufbereitung für die Datenbank des Gesamtprojekts; Länderbericht zur spezifischen
Forschungslage in Österreich sowie eine im Rahmen einer wissenschaftlichen
Qualifikationsarbeit (Magisterarbeit) vorgenommene systematische Aufarbeitung und
Kategorisierung von Forschung in Österreich vor dem Hintergrund aktueller Daten
zum Umgang von Kindern und Jugendlichen mit Medien sowie einer
sozialisationstheoretischen Einbettung. Im Sommer 2008 wurden von Christina Ortner
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eine Aktualisierung der Datenlage sowie eine internationale Vergleichsanalyse mit
Einbezug Österreichs vorgenommen. Da die Arbeit des österreichischen Teams
insbesondere in Arbeitspaket 1 zentrale für Österreich relevante Forschungen
vornehmen konnte, ist ein Großteil der Gesamtarbeit des Teams in diesen Bereich
eingeflossen (siehe dazu den ausführlichen Bericht in Kapitel 3.1).
o Arbeitspaket 2: Forschungskontexte – Medienanalyse zur Berichterstattung über das
Thema „Kinder, Jugendliche und Internet“ in ausgewählten österreichischen
Printmedien (siehe dazu die Interpretation im Rahmen von Kapitel 3.2); Länderbericht
zu Österreich in Bezug auf Forschungshintergründe und Forschungstraditionen; eigene
Analyse zur Bedeutung von Finanzierungsstrukturen auf die Forschungslage in allen
21 beteiligten Ländern von Christina Ortner (gemeinsam erstellt mit Claudia Lampert
vom deutschen Team). Diese Analyse ist Teil des internationalen Endberichts von EU
Kids Online.
o Arbeitspaket 3: Forschungsergebnisse – Länderbericht zu konkreten Ergebnissen
von österreichischen Forschungen zum relevanten Themenbereich sowie
länderspezifische kontextuelle Faktoren der Internetnutzung von Kindern und
Jugendlichen (siehe dazu Kapitel 3.3).
o Arbeitspaket 4: Methodologie – Mitarbeit von Ingrid Paus-Hasebrink auf
internationaler Ebene der Methodendiskussion zum Forschungsgebiet und am ersten
internationalen Bericht von Arbeitspaket 4; darüber hinaus hat Ingrid Paus-Hasebrink
aufgrund ihrer vielfältigen Forschungsarbeit mit Kindern und Jugendlichen den Best
Practice Guide mitgestaltet (siehe dazu Kapitel 3.4.).
o Arbeitspaket 5: (Forschungs-)politische Empfehlungen – Aufgrund des
projektbedingten späten Arbeitsstarts von Arbeitspaket 5 (Beginn beim
Gesamtprojekttreffen in Salzburg im Juni 2008) liegen dazu noch keine
abschließenden Ergebnisse vor. Das österreichische Team ist durch Christine Wijnen
vertreten. Für den vorliegenden österreichischen Abschlussbericht werden vor dem
Hintergrund der derzeitigen Daten und des aktuellen Arbeitsstandes bereits einige
zentrale Aspekte für Österreich benannt (siehe dazu Kapitel 3.5).
o Arbeitspaket 6: Networking und Dissemination – Über die von allen am EU Kids
Online-Projekt beteiligten 21 Ländern verlangte Dissemination der Projektidee hinaus
hat sich österreichische Team auf vielfältige Weise und weit über das übliche Maß
eingebracht: Erstellung eines Booklets zum Projekt mit Schwerpunkt auf Österreich;
Veranstaltung einer Podiumsdiskussion zum Thema „ Kinder und Jugendliche im
Internet – Chancen und Risiken“ am 4. Juni 2008; Konzeptionierung und
Mitgestaltung einer Radiosendung zum Thema „Safer Internet“ sowie Ausrichtung des
Gesamttreffens aller EU Kids Online-Teams an der Universität Salzburg vom 5. bis 7.
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Juni 2008 (siehe dazu Kapitel 3.6). Zudem hat das österreichische Team das Projekt in
Vorträgen und Publikationen bekannt gemacht.
Um die Ergebnisse des Projekts in die österreichische Diskussion einzubringen und im Land
vorhandenes Know How für EU Kids Online fruchtbar zu machen, wurde in Österreich ein
Beirat eingerichtet, der sich aus wissenschaftlich ausgewiesenen Kollegen und Kolleginnen
sowie aus Vertretern und Vertreterinnen der Institutionen zusammensetzt, die als Förderer für
das Projektvorhaben gewonnen werden konnten. Dieses Expertenteam, das regelmäßig zu
Beiratstreffen2 zusammen kommt, berät das Projekt in zentralen wissenschaftlichen sowie
praxisrelevanten Fragen.
Mitglieder3 des österreichischen EU Kids Online-Beirats sind:
- Dr. Ingrid Geretschlaeger, Leiterin der Medienpädagogischen Beratungsstelle an der
Niederösterreichischen Landesakademie,
- DI Ronald Hechenberger, MBA, Koordinator der Initiative Saferinternet.at und
Geschäftsführer des Österreichischen Instituts für angewandte Telekommunikation,4
- Mag. Erich König, Bundeskanzleramt der Republik Österreich,
- MinR Mag. Susanne Krucsay, Leiterin der Präsidialabteilung 8 Medienpädagogik,
Bildungsmedien, Medienservice des Bundesministerium für Unterricht, Kunst und
Kultur,
- Herbert Rosenstingl, Leiter der Bundesstelle für die Positivprädikatisierung von
Computer- und Konsolenspielen, Bundesministerium für Gesundheit, Familie und
Jugend sowie
- Univ.-Prof. Dr. Christian Swertz, Universitätsprofessor für Medienpädagogik am
Institut für Bildungswissenschaft der Universität Wien.
2 Das erste Treffen fand am 19.10.2006 an der Universität Salzburg statt. Am 25.09.2007 traf sich der Beirat erneut im Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend (BMGFJ) in Wien. Das dritte Treffen war für 04.06.08 angesetzt; die Themen mussten wegen terminlicher Probleme der Mitglieder jedoch über Austausch per E-Mail diskutiert werden. Das vierte Treffen wird nach Abschluss des Gesamtprojekts im Juni 2009 in Wien stattfinden. 3 Bis September 2007 war zudem Andrea Cuny-Pierron, Internet Service Provider Austria (ISPA), Mitglied des EU Kids Online Beirats. 4 Nach Ausscheiden von Herrn DI Hechenberger aus seiner bisherigen Position bei Saferinternet.at gehört Ing. Mag: DI Bernhard Jungwirth, M. Ed. dem Beirat an.
8
2 Zum Forschungsgegenstand: Online-Risiken und -Chancen
Neue Medien – Neue Chancen – Neue Risiken
Seit Jahren steigt die Internetnutzung weltweit kontinuierlich an, und Online-Technologien
werden auch in Europa mehr und mehr zum festen Alltagsbestandteil der Bevölkerung.
Kinder, Jugendliche und ihre Familien zählen zu jenen Gruppen, die diese neuen
Technologien vergleichsweise rasch für sich nutzbar machen. Schon 2006 hatten 50 Prozent
der Kinder unter 18 Jahren in den Mitgliedsstaaten der EU das Internet zumindest einmal
genutzt, in Dänemark sogar zwei Drittel. In der Altersgruppe der 17- bis 18-Jährigen war die
Nutzung mit 88 Prozent am höchsten, und auch unter Sechsjährige verwendeten das Internet
bereits, wenn auch zu einem geringeren Anteil (neun Prozent EU-weit). (Europäische
Kommission 2006: 6)
Durch den raschen Einstieg profitieren Kinder, Jugendliche und Familien einerseits frühzeitig
von den zahlreichen Chancen des Internets. Sie bekommen Zugang zu globalen
Informationen, zu Bildungsressourcen und zu Ratgebern rund um Fragen des alltäglichen
Lebens (Gesundheit, Schule, Karriere etc.). Sie haben die Möglichkeit, sich in politischen und
öffentlichen Fragen zu engagieren, aktiv in Interessensgruppen einzubringen oder Inhalte
selbst zu gestalten. Darüber hinaus bietet das Internet eine Reihe an Unterhaltungsangeboten
und vielfältige Kommunikationsmöglichkeiten zur Pflege bestehender sowie zum Aufbau
neuer Kontakt. Nicht zuletzt erwerben Kinder und Jugendliche wichtige Qualifikationen im
Umgang mit neuen Technologien.
Andererseits sind Kinder und Jugendliche durch die Internetnutzung auch Risiken ausgesetzt.
Sie laufen Gefahr, negative Erfahrungen zu erleben, die sie möglicherweise unvorbereitet
treffen und sie überfordern können. Diese gehen über technische Schwierigkeiten mit Viren,
Spyware oder Hackerangriffen weit hinaus. So können Kinder beispielsweise beabsichtigt
oder durch Zufall auf Websites treffen, mit deren Inhalten sie nicht umgehen können (illegale,
pornographische, rassistische, diskriminierende oder gewalthaltige Seiten, aber auch
Verharmlosung von Selbstmord, Selbstverletzung, Magersucht etc.). Sie können auf falsche
oder verkürzte Informationen treffen oder in kommerzielle Fallen tappen (beim Einkaufen,
bei Gratisangeboten, Gewinn- oder Glückspielen etc.). Sie können online belästigt,
schikaniert oder bedroht werden (Cybermobbing, -stalking) oder unwissentlich in Kontakt mit
Pädophilen geraten, was besonders problematisch ist, wenn sie sich mit Fremden auch offline
treffen. Zudem besteht die Gefahr des Missbrauchs persönlicher Angaben und sensibler
Daten.
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Herausforderung für Kinder, Eltern, Lehrer und Lehrerinnen
Obwohl einige dieser Risiken in unserer Gesellschaft nicht grundsätzlich neu sind, ist doch
eine Reihe an Gefahren hinzugekommen. Zudem treten manche in neuen
Kommunikationsumgebungen in veränderter Form auf, sind schwerer zu erkennen oder zu
vermeiden und scheinen sich zu häufen.
Im Laufe des Erwachsenwerdens müssen Kinder und Jugendliche Wissen über den Umgang
mit Risiken in unterschiedlichen Lebensbereichen erlernen. Es handelt sich dabei um Teile
der Alltagskompetenz, um Bildungsgüter, die von Eltern, Erwachsenen, Lehrern und
Lehrerinnen aber auch von Geschwistern, Freunden und Freundinnen vermittelt werden.
Gerade im Bereich von Online-Technologien haben Erwachsene selbst jedoch häufig
Lernbedarf und können Kindern daher nur bedingt als Ratgeber und Vorbilder dienen. Eltern,
die für die Sicherheit ihrer Kinder auch in neuen Kommunikationsumgebungen
verantwortlich sind, begegnen Problemen der Internetkompetenz, der elterlichen Autorität,
des zeitlichen Aufwands sowie der Rechte ihrer Kinder auf Privatsphäre und Selbstentfaltung,
die gerade im Bereich der Online-Nutzung potenziell im Konflikt mit Schutzmaßnahmen
stehen (Informationssuche, eigene Websites oder Blogs, Kommunikation mit Peers etc.).
Eltern, Lehrer und Lehrerinnen sollten daher in ihrer Aufgabe unterstützt werden, und Kinder
brauchen zusätzliche Hilfe, um sich das nötige Wissen aneignen zu können. Zudem stellen
sich Fragen nach möglichen Regulierungen des Internets sowie nach Maßnahmen des
Jugendmedienschutzes.
Wissensbasierte Konzepte sind erforderlich
Um Erziehungsberechtigten und Pädagogen ihre Aufgabe zu erleichtern und Kinder vor
Gefahren zu schützen und zu befähigen, mit unvermeidbaren Risiken umzugehen, ist die
Zusammenarbeit einer Vielzahl von Akteuren und Maßnahmen nötig, die auf unterschiedliche
Bereiche abzielen. Neben dem Kampf gegen illegale oder schädliche Inhalte ist auch die
Förderung des Bewusstseins für Online-Risiken und nicht zuletzt die Vermittlung von
Medien- und Internetkompetenz an Eltern, Lehrer, Lehrerinnen, Kinder und Jugendliche von
Nöten.
Zur Planung und Durchführung effektiver Initiativen wird detailliertes Wissen über
unterschiedliche Arten von Online-Risiken, ihre Verbreitung, ihre Auswirkungen und den
Umgang von Eltern und Kindern damit gebraucht. Da sowohl die Risiken selbst als auch der
alltägliche Kontext, in dem sie auftreten, ständig im Wandel begriffen sind, ist für die
Entwicklung eines flexiblen politischen Rahmens kontinuierliche und kontextuelle Forschung
von zentraler Bedeutung. Es ist Aufgabe der Wissenschaft, die sich verändernden Muster von
Internetnutzung und damit verbundenen Risiken zu identifizieren, aufzuspüren und
einzuschätzen, denn nur auf Basis umfassender Erkenntnisse kann sicher gestellt werden, dass
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Eltern, Lehrer, Lehrerinnen und Kinder aktuelle und verständliche Informationen erhalten, die
auf die Bedürfnisse moderner Familien in all ihrer Diversität, auf die sozialen und kulturellen
Gegebenheiten des jeweiligen Landes sowie auf ökonomische und bildungsbedingte
Unterschiede zugeschnitten sind.
Vielfältige und uneinheitliche Datenbasis innerhalb Europas
Um dieser Agenda nachzugehen, erforschen Wissenschafter und Wissenschafterinnen in
verschiedenen Ländern Europas aus unterschiedlichen Institutionen, Disziplinen und
Forschungstraditionen mit einer Vielfalt an Methoden den Umgang von Kindern,
Jugendlichen und ihren Familien mit dem Internet. Die Studien in Europa variieren deutlich
hinsichtlich Fragestellungen, Anzahl, Alter und Herkunft der Befragten, Erhebungsmethoden
und -instrumenten, Reichweite der Ergebnisse sowie Ausführlichkeit und Sprache der
Berichte. In einigen Ländern liegen zahlreiche Daten vor, manche Regionen sind hinsichtlich
einer Vielzahl von Aspekten aber auf Erkenntnissen aus anderen Staaten angewiesen. Dies
hängt unter anderem mit den unterschiedlichen (forschungs-)politischen Prioritäten der
jeweiligen Länder zusammen, denn bisher beschränkt sich der Großteil der Forschung auf die
nationale Ebene.
Zwar ist länderspezifische Forschung besser geeignet die jeweiligen nationalen Eigenheiten
mit zu bedenken, die Diversität der Zugänge erschwert jedoch die Vergleichbarkeit der Daten
über mehrere Länder hinweg. So bleibt sowohl unklar, in welchem Ausmaß sich Ergebnisse
einzelner Studien auf das jeweilige Land beschränken oder generelle Gültigkeit haben, als
auch wie kulturelle Faktoren Erfahrungen mit Online-Risiken in unterschiedlichen Ländern
beeinflussen.
Zwischen nationalen Besonderheiten und länderübergreifenden Gemeinsamkeiten
Welche potenziellen Gefahren auftreten, was überhaupt als Gefährdung bewertet wird und
welche Reaktionen darauf folgen, hängt von kulturellen, sozialen und politischen
Rahmenbedingungen ab, denn Risiken ergeben sich aus einem spezifischen Zusammenspiel
von unterschiedlichen Faktoren, die national variieren. Dazu zählt die Beschaffenheit des
Internetmarkts, die Art und Vielfalt an Websites und Services in der jeweiligen Sprache, die
regulativen Rahmenbedingungen, Jugendmedienschutzbestimmungen und deren Kontrolle,
der öffentliche und mediale Diskurs zum Thema Online-Medien, die Diffusion von
(Breitband-)Internet in der Bevölkerung, die Verbreitung von Internetzugängen in Schulen,
Ausbildungseinrichtungen, Bibliotheken und öffentlichen Räumen und nicht zu letzt die
Arten der Internetnutzung, das Problembewusstsein und die Internetkompetenz von Eltern,
Lehrern, Lehrerinnen und Kindern. Auch unterschiedliche Auffassungen von Kindheit, der
Verantwortung von Eltern, Schule, Politik und Internetindustrie, der Balance zwischen
persönlicher Freiheit und Protektion sowie grundlegende Werte spielen eine Rolle.
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Online-Risiken sind daher nicht per se vorhanden, sondern entstehen unter bestimmten
Bedingungen und müssen als kultur- und länderspezifische Konstruktionen verstanden
werden. Dennoch gibt es hinsichtlich der Erfahrungen von Kindern in Europa auch
Übereinstimmungen, die auf Grund ähnlicher Rahmenbedingungen oder grundlegender
Zusammenhänge entstehen. Das Wissen um diese Gemeinsamkeiten ist ein wichtiger
Ausgangspunkt für länderübergreifende Zusammenarbeit auf wissenschaftlicher und
politischer Ebene und ermöglicht es, Erkenntnisse und Erfahrungen von einem Land auf
andere zu übertragen, um Lehren daraus zu ziehen.
Ohne vergleichende Perspektive läuft nationale Forschung Gefahr, einerseits die Ergebnisse
aus nationalen Studien über zu interpretieren und kulturelle Spezifika zu übersehen, und
andererseits generelle Erkenntnisse als Eigenheiten einzelner Länder zu interpretieren und
somit Erkenntnisgewinn und -austausch zu behindern. Im schlechtesten Fall könnte jedes
Land damit fortfahren, punktuelle Forschung durchzuführen, nationalen Krisen und medialen
Paniken zu folgen, die Erfahrungen aus anderen Ländern weitgehend zu ignorieren oder aber
Ergebnisse aus vergleichbaren Staaten unangemessen auf den eignen nationalen Kontext zu
übertragen.
Welche Online-Risiken und -Chancen lassen sich konkret identifizieren?
Um Studien aus 21 unterschiedlichen Ländern im Hinblick auf den sicheren Umgang von
Kindern und Jugendlichen mit Online-Medien vergleichen zu können, ist es vorab nötig, ein
Verständnis von Online-Risiken und -Chancen zu entwickeln, das sich auf alle Arbeiten
gleichermaßen anwenden lässt.
Das Verständnis von Möglichkeiten und Gefahren des Internets hängt mit einer Reihe von
Faktoren zusammen, die national zum Teil erheblich variieren. Auch innerhalb einzelner
Länder unterscheiden sich Auffassungen z.B. zwischen Eltern, Pädagogen und Kindern bzw.
Jugendlichen in Abhängigkeit von persönlichen Erfahrungen und Einstellungen.
In einem ersten Schritt wurden daher möglichst viele potenzielle Gefahren und Möglichkeiten
im Zusammenhang mit der Nutzung von Online-Technologien gesammelt, ohne Bewertungen
vorzunehmen. Manche davon sind in erster Linie für Kinder, andere eher für Erwachsene
relevant.
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Chancen Risiken
- Zugang zu globalen Informationen und Bildungsressourcen für private, berufliche und Ausbildungszwecke
- Zugang zu neuen Unterhaltungsmöglichkeiten
- Ausdruck der eigenen Identität, Selbstentfaltung, Selbstpräsentation
- Möglichkeiten zur kreativen Betätigung und der Gestaltung eigener Inhalte
- Download von Daten: Programme, Spiele, Musik, Filme etc.
- Erleichterung bei der Erledigung alltäglicher Tätigkeiten (Einkaufen, Reservierungen, Reiseplanung, Behördenwege, Banking etc.)
- Möglichkeiten zu öffentlichem oder politischem Engagement
- Plattformen zur Bildung von und Teilhabe an neuen Gemeinschaften
- Erleichterung der Pflege bestehender und dem Aufbau neuer Kontakt durch neue Kommunikationstools
- Gemeinsame Erfahrungen mit Personen, die nicht vor Ort sind
- Teilhabe an der Jugendkultur
- Neue Möglichkeiten der Karriereförderung
- Zugang zu Ratgebern zu beruflichen, gesundheitlichen, rechtlichen, sexuellen u.a. Fragen
- Aneignung von Qualifikationen im Umgang mit neuen Technologien
- Beschädigung von Computer oder Daten durch Viren, Spyware, Trojaner etc.
- Zugang Fremder zu sensiblen Daten (Phishing, Knacken von Passwörter, Hackerangriffe, polizeiliche Überwachung etc.)
- Missbrauch von persönlichen Informationen, Missachtung der Privatsphäre
- Unerwünschte Kontaktaufnahme oder Zusendungen (Spam)
- Unausgewogene oder falsche Informationen
- Konfrontation mit illegalen Inhalten (Kinderpornographie, Verstöße gegen das Wiederbetätigungsgesetz)
- Konfrontation mit bedenklichen Inhalten (Gewalt, Hass, Pornographie, Rassismus, Diskriminierung)
- Verharmlosung von Selbstmord, Selbstverletzung, Magersucht etc.
- Aufforderung und Anleitungen zu gewalttätigen oder strafbaren Handlungen
- Unangenehme, verletzende oder bedrohliche Online-Kontakte, Cybermobbing oder -stallking
- Kontakt zu Fremden (online und offline)
- Kommerzielle Beeinflussung durch (ungekennzeichnete) Werbung
- Kommerzielle Fallen
- Internetsucht
Tabelle 1: Online-Chancen und -Risiken. Quelle: Hasebrink/ Livingstone/ Haddon 2008: 6.
Klassifizierung von Online-Chancen und -Risiken
In einem zweiten Schritt wurde der Versuch unternommen, die zentralen Voraussetzungen für
Online-Risiken und -Chancen zu beschreiben und unterschiedliche Arten von negativen und
positiven Erlebnissen inklusive ihrer Konsequenzen systematisch darzustellen. Das Ergebnis
ist in Form von zwei Modellen (Abbildung 1 für Risiken und Abbildung 2 für Chancen)
dargestellt und wird im Folgenden näher beschrieben.
Da Online-Möglichkeiten und -Gefahren mit Erfahrungen während oder in Folge der
Verwendung von Online-Technologien zusammen hängen, stellen Zugang und Nutzung zwei
grundlegende Voraussetzungen für das Auftreten von Chancen oder Risiken dar. In den
beiden Modellen (siehe Abbildung 1 und 2, Kästchen links) sind sie daher der Klassifizierung
unterschiedlicher Gefahren bzw. Möglichkeiten vorgeschalten.
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Dabei ist nicht nur von Bedeutung, ob Kinder Zugang zum Internet haben und damit
potenziell Chancen vorfinden oder Risiken ausgesetzt sind, sondern auch an wie vielen und
welchen Orten sie online gehen können (zu Hause, in der Schule, bei Freunden oder
Freundinnen etc.); denn diese unterscheiden sich hinsichtlich Einschränkungen,
Regulierungen oder Begleitung durch Eltern, Lehrer, Lehrerinnen oder Aufsichtspersonen.
Auch die gemeinsame Nutzung mit Peers, Geschwistern oder Bekannten kann bestimmte
Risiken oder Möglichkeiten verstärken, da die Entscheidung, was wie lange genutzt wird,
nicht mehr bei einem Kind alleine liegt.
Das Verhalten der Kinder online, die Bandbreite und Art der Aktivitäten, denen sie online
nachgehen, sowie die Häufigkeit und Dauer der Nutzung sind ebenfalls zentrale
Einflussgrößen hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit, positive oder negative Erfahrungen zu
machen. Hohe Intensität der Nutzung bringt einerseits die Gefahr von Internetsucht mit sich,
andererseits aber auch die Chance, sich zahlreiche Kompetenzen im Umgang mit Online-
Technologien anzueignen. Darüber hinaus spielen Vorlieben der Kinder für mehr oder
weniger risikobehaftete Aktivitäten und Faktoren wie Internetkenntnisse und
Medienkompetenz eine Rolle.
In Abhängigkeit von Art des Zugangs und der Nutzung sind Kindern potenziell einer Reihe
von Risiken ausgesetzt, die in Abbildung 1 in einer zweidimensionalen Matrix systematisch
geordnet und in Beziehung zueinander gesetzt werden. Abbildung 2 zeigt eine ähnliche
Darstellung für die Chancen von Online-Technologien. Ausgangspunkt für die
Systematisierung ist die Frage, welche Prozesse zu Risiken oder Möglichkeiten führen. Da es
sich dabei um Kommunikationsprozesse handelt, in denen Kinder einerseits verschiedene
Rollen einnehmen können und die Kommunikationspartner anderseits auf Grund
verschiedener Motive handeln, wurden diese beiden Dimensionen der Klassifizierung zu
Grunde gelegt.
Die erste Spalte der Matrix referiert auf die Rolle des Kindes, das entweder Rezipient, aktiver
Teilnehmender an einem Kommunikationsprozess oder aber Akteur und Initiator einer
kommunikativen Handlung sein kann. In Abhängigkeit davon handelt es sich um Risiken oder
Chancen durch angebotene Inhalte, durch Kontakte oder durch das Verhalten des Kindes
(siehe Abbildung 1 und 2).
Die oberste Reihe der Matrix verweist auf die Motive der Kommunikationsteilnehmer, die
entweder potenziell problematisch oder aber förderlich sind. Als Beweggründe, die negative
Konsequenzen nach sich ziehen können, wurden kommerzielle, aggressive und sexuelle
Interessen sowie Motive im Zusammenhang mit bestimmten Wertvorstellungen oder
Ideologien festgelegt (Abbildung 1). Zu potenziell förderlichen Motiven zählen (Aus-)bildung
und Lernen, Partizipation und öffentliches Engagement, kreative Betätigung sowie Identitäts-
und Beziehungsmanagement (Abbildung 2).
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Jede Zelle der Matrix gibt Beispiele für spezifische Risiken bzw. Chancen an, die aus der
Kombination einer bestimmten Transaktionsart (und damit einhergehenden einer bestimmten
Rolle des Kindes) und einer bestimmten Motivation der Kommunikationsteilnehmer
entstehen können. Die Auflistung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Im unteren
Teil der Abbildung wird zudem notiert, welche negativen bzw. positiven Konsequenzen
jeweils daraus folgen können.
Abbildung 1: Klassifizierung von Online-Risiken. Quelle: Hasebrink/ Livingstone/ Haddon 2008: 9.
Falsche, verzerrte, rassistischen,
blasphemische etc. Informationen
verbreiten
Problematische sexuelle oder
pornographische Inhalte
veröffentlichen
Andere bedrohen, verletzten oder
verfolgen, Täter von Cybermobbing oder
-stallking
Urheberrechtsver-letzungen (z.B.
illegaler Download), kommerzielle Mails
verbreiten
Verhalten (Kind kontaktiert jemanden) “Kind als Akteur”
Falsche, verzerrte, rassistischen,
blasphemische etc. Informationen
erhalten
Sexuelle Belästigung, Kontakt zu
Pädophilen (online und offline)
Unangenehme, verletzende oder
bedrohliche Online-Kontakte, Opfer von Cybermobbing oder
-stallking
Kommerzielle Fallen, Glücksspiel
Kontakt (Jemand anderer stellt Kontakt her) “Kind als Teilnehmer”
Fehlinformationen, Rassismus, Blasphemie,
Verharmlosung von Selbstmord,
Selbstverletzung, Magersucht etc.
Problematische sexuelle oder
pornographische Inhalte
Gewalthaltige, hasserfüllte Websites/ Inhalte, Aufforderung und Anleitungen zu
gewalttätigen Handlungen
Kommerzielle Beeinflussung durch
Werbung
Missbrauch persönlicher
Informationen
Inhalt (Was wird im Web angesehen) “Kind als Rezipient”
Werte/ Ideologien
Sexualität Aggression Kommerzielle Interessen
Motive
Rolle des Kindes
Zugang Zu Hause, in der
Schule, bei Freunden oder
Freundinnen, an anderen Orten?
Kontrolliert oder un-beaufsichtigt?
Von wem?
Nutzung Welche Services
zu welchem Zweck?
Häufigkeit und Dauer der Nutzung
Zeitverlust, Internetsucht, Abhängigkeit
Orientierung im alltäglichen
Leben
Körperlicher und seelischer Schaden,
sexuelle Orientierung
Körperliche und seelischer
Schaden, Angst, Aggressivität
Finanzielle Konsequenzen,
Beeinträchtigung der Privatsphäre
Negative Konsequenzen
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Ausdruck der eigenen Identität, Selbstentfaltung,
Selbstpräsentation
Gestaltung eigener Inhalte
Konkrete Formen öffentlichen Engagements
Selbst initiierte Formen von
kollaborativem Lernen
Verhalten (Kind kontaktiert jemanden)
“Kind als Akteur”
Social Networking, Online-Communities,
gemeinsame Erfahrungen mit
Personen, die nicht vor Ort sind,
Teilhabe an der Jugendkultur
An kreativen Prozessen mit
anderen teilnehmen
Austausch in Interessens-
gemeinschaften
Austausch mit anderen, die
dieselben Themen bearbeiten,
kollaboratives Lernen
Kontakt (Jemand anderer stellt Kontakt her) “Kind als Teilnehmer”
Kommunikations-services und
Plattformen zur Pflege und dem
Aufbau von Kontakten, Online-
Ratgeber
Websites/ Plattformen/ Online-Tools zur kreativen Betätigung und der Gestaltung eigener
Inhalte
Zugang zu globalen Informationen von
öffentlichem Interesse, zu
Behörden- und Regierungsseiten
oder -portale
Zugang zu Bildungs-ressourcen
(Informationen, Lernmaterialien, Lernplattformen,
Online-Lernspiele)
Inhalt (Was wird im Web angesehen) “Kind als Rezipient”
Identität und soziale
Vernetzung
Kreativität Partizipation und öffentliches
Engagement
(Aus-)bildung und Lernen
Motive
Rolle des Kindes
Zugang Zu Hause, in der
Schule, bei Freunden oder
Freundinnen, an anderen Orten?
Kontrolliert oder un-
beaufsichtigt? Von wem?
Nutzung Welche Services
zu welchem Zweck?
Häufigkeit und Dauer der Nutzung
Technische Fähigkeiten,
Medien-kompetenz
Identitäts- und Beziehungs-management
Kreative Fähigkeiten
Öffentliche Teilhabe/
Engagement
Wissen, Fähigkeiten,
Karriereförderung
Positive Konsequenzen
Abbildung 2: Klassifizierung von Online-Chancen. Quelle: Hasebrink/ Livingstone/ Haddon 2008: 10.
17
Die vorliegende Klassifizierung ermöglicht eine systematische Betrachtung von Online-
Chancen bzw. -Risiken und ihrer Konsequenzen; sie beinhaltet jedoch auch einige
Einschränkungen, auf die an dieser Stelle hingewiesen werden soll:
1) Einerseits sind die Grenzen der unterschiedlichen Kategorien zum Teil nicht
trennscharf, denn unterschiedliche Motive (z.B. Aggression und Sexualität) können
gleichzeitig zutreffen. Anderseits umfassen manche Kategorien sehr
unterschiedliche Arten von Risiken und sind damit etwas breit gefasst (z.B. im
Bereich der Sexualität).
2) Aspekte der Verletzung von Privatsphäre lassen sich in diesem Modell nicht
eindeutig zuordnen, sondern liegen quer zu den Kategorien. Darunter fallen Risiken
durch Viren, Spyware, Trojaner, unerwünschte Kontaktaufnahme oder
Zusendungen (Spam) sowie der Zugang Fremder zu sensiblen Daten (etwa durch
Phishing, das Knacken von Passwörter, Hackerangriffe, polizeiliche Überwachung
etc.).
3) Des Weiteren lassen sich in die Klassifizierung der Online-Chancen bestimmte
Vorteile der Internetnutzung nicht einordnen. Dies gilt z.B. für den Zugang zu
neuen Unterhaltungsangeboten und -formen, Downloadmöglichkeiten von
Programmen, Spielen, Musik oder Filme und Erleichterungen bei der Erledigung
alltäglicher Tätigkeiten (Einkaufen, Reservierungen etc.).
Strukturierung des Forschungsfeldes
Ein wesentliches Ziel von EU Kids Online ist es, Unterschiede und Gemeinsamkeiten
hinsichtlich Erfahrungen von Kindern und Jugendlichen mit Online-Risiken bzw. -
Chancen in Europa nachzuzeichnen und zu erklären. Dazu müssen all jene Faktoren
benannt und in einen systematischen Zusammenhang gebracht werden, die darauf Einfluss
nehmen können. Es handelt sich dabei um eine große Anzahl an Aspekten, da der Zugang
und die Nutzung des Internets in familiale, schulische, soziale, kulturelle, politische und
ökonomische Kontexte eingebettet ist. Um die unterschiedlichen Faktoren zu organisieren,
wurden sie in unabhängige Variablen, intervenierende Variablen und kontextuelle Faktoren
eingeteilt.
Zu den wesentlichen unabhängigen Variablen zählen bisheriger Forschung zu Folge Alter,
Geschlecht und der sozioökonomische Status der Familie (finanzieller Wohlstand,
Bildungshintergrund, beruflicher Status, Wohnumgebung etc.). Diese Faktoren können
sowohl Zugang und Nutzung von Online-Technologien als auch damit verbundene
Aktivitäten, Einstellungen und Kompetenzen beeinflussen.
18
Zugang, Nutzung, Einstellungen, Kompetenzen und Aktivitäten sind einerseits von
sozioökonomischen Gegebenheiten abhängig, stellen anderseits aber wiederum zentrale
Faktoren für unterschiedliche Erfahrungen mit Risiken und Gefahren dar. Aus diesem
Grund können sie als intervenierende Variablen bezeichnet werden. Weitere vermittelnde
Faktoren sind das Verhalten von Eltern, Lehrern, Lehrerinnen, Geschwistern, Peers,
Verwandten und Bekannten. Eltern ermöglichen ihren Kinder auf unterschiedliche Weise
Zugang zu Online-Technologien bzw. beschränken diesen, sie begleiten oder regulieren
Online-Aktivitäten ihrer Kinder und beeinflussen damit ihre Erfahrungen mit Gefahren und
Chancen. Ihre Handlungen sind wiederum durch den eigenen Umgang mit dem Internet
(Nutzung, Erfahrungen, Fähigkeiten, Einstellungen) und indirekt mit sozioökonomischen
Faktoren verbunden. Für Lehrer, Lehrerinnen, Freunde und Freundinnen – möglicherweise
auch für Geschwister, Verwandte oder Bekannte – können ähnliche Einflüsse
angenommen werden; dazu liegen bisher allerdings kaum Ergebnisse vor.
Über diese auf der individuellen Ebene einzelner Kinder angesiedelten Faktoren hinaus,
lassen sich noch eine Reihe kontextueller Variablen benennen, die vermutlich Erfahrungen
mit Risiken und Möglichkeiten in unterschiedlichen europäischen Ländern beeinflussen.
Es handelt sich dabei um makrogesellschaftliche bzw. länderspezifische
Rahmenbedingungen. Dazu zählen a) die Medienumgebung des jeweiligen Landes, b) ICT
Regulierungen, c) der öffentliche Diskurs zur Internetnutzung von Kindern und möglichen
Chancen und Risiken des Internets, d) generelle Werte und Einstellungen in Bezug auf
Erziehung, Kindheit und Technologie und e) das jeweilige Bildungssystem.
Die folgende Grafik (Abbildung 3) bildet sämtliche zentralen Variablen und ihre
hypothetischen Verbindungen zueinander ab und zeichnet damit die Struktur des
Forschungsfeldes nach.
Die in diesem Kapitel beschriebenen Systematisierungen von Online-Risiken bzw. -
Chancen und deren zentralen Einflussfaktoren bilden das zentrale begriffliche
Handwerkszeug für sämtliche Arbeitsschritte von EU Kids Online, wenngleich sie auch
nicht für alle Analysen in gleichem Ausmaß relevant sind.
19
Länderebene
Vermittlung durch Eltern, Lehrkräfte und Peers
Online-Aktivitäten von Kindern und Jugendlichen
Risiken und Chancen
Geschlecht
Sozio-ökonomischer Status
Alter
Medien- umgebung
IKT Regulation
Bildungs- system
Einstellungen und Werte
Öffentlicher Diskurs
Nutzung
Zugang
Einstellungen Fähigkeiten
Individuelle Ebene
Abbildung 3: Strukturierung des Forschungsfeldes. Quelle: Hasebrink/ Livingstone/ Haddon 2008: 7.
20
3 Sechs Arbeitspakete, ihre Schwerpunkte und Ergebnisse
Das Arbeitsprogramm von EU Kids Online umfasst verschiedene Fragestellungen5 und
Aufgaben, denen im Rahmen von sechs Arbeitspaketen (Workpackages) nachgegangen
wird. Für jedes dieser Pakete ist ein Wissenschafter oder eine Wissenschafterin
(Workpackage leader) hauptverantwortlich; er bzw. sie leitete die Arbeiten und führt sie in
Zusammenarbeit mit anderen Mitgliedern des EU Kids Online-Projekts durch. Alle 21
Projektteams sind – wenn auch in unterschiedlicher Form und Intensität – an allen sechs
Arbeitsschritten beteiligt.
In halbjährlichen Projekttreffen werden die Tätigkeiten des Netzwerks koordiniert und die
weitere Vorgehensweise besprochen. Die bisherigen Treffen fanden in London (Juni
2006), Hamburg (Dezember 2006), Warschau (Juni 2007), Brüssel (November 2007) und
zuletzt in Salzburg (Juni 2008) statt. Das nächste Mal treffen sich die EU Kids Online-
Mitglieder im November 2008 in Lissabon. Eine Abschlusskonferenz zu Projektende im
Juni 2009 in London dient der öffentlichen Präsentation der Ergebnisse.
Im Folgenden werden die sechs Arbeitspakete und der Zeitplan des Projekts kurz
beschrieben; anschließend geht je ein Unterkapitel näher auf die Ziele und Ergebnisse der
unterschiedlichen Arbeitsbereiche ein.
Arbeitspaket 1: Forschungsstand
Das Ziel dieses Arbeitspakets ist es, Muster der Verfügbarkeit von Daten in Europa
nachzuzeichnen und Forschungslücken zu identifizieren. Zu diesem Zweck wurden
sämtliche Studien zum Umgang von Kindern, Jugendlichen und ihren Familien mit dem
Internet zusammen getragen, um Quantität, Qualität und Vergleichbarkeit von Daten in
Europa zu erheben. Der Korpus aus inzwischen 358 Studien6 umfasst Arbeiten aus den 21
beteiligten Ländern sowie länderübergreifende Forschung. Die Recherchearbeiten werden
bis zum Ende des Projekts im Juni 2009 weiter geführt.
Arbeitspaket 2: Forschungskontexte
Das zweite Arbeitspaket widmet sich der Frage nach Ursachen für die unterschiedliche
Forschungslage innerhalb Europas. Dazu werden Forschungskontexte in den
teilnehmenden Ländern erhoben, miteinander verglichen und hinsichtlich ihrer Bedeutung
für die Verfügbarkeit von Daten zum Umgang von Kindern, Jugendlichen, ihren Eltern,
Lehrern und Lehrerinnen mit dem Internet analysiert. Neben Finanzierungsstrukturen,
5 Siehe dazu Kapitel 1 des vorliegenden Berichts. 6 Stand Juni 2008.
21
institutionellen Rahmenbedingungen und nationalen Forschungstraditionen werden auch
politische Initiativen und mediale Debatten in den Blick genommen. Die Analysen dieses
Arbeitspakets sind noch in Arbeit und werden mit Ende 2008 abgeschlossen.
Arbeitspaket 3: Länderübergreifender Vergleich der Ergebnisse
Ein weiteres, zentrales Arbeitspaket widmet sich dem länderübergreifenden Vergleich
verfügbarer Daten, um Unterschiede und Gemeinsamkeiten hinsichtlich negativer und
positiver Erfahrungen von Kindern und Jugendlichen mit Online-Technologien innerhalb
Europas nachzuzeichnen und zu erklären. Auf Basis eines Modells zu möglichen
Einflussfaktoren auf Online-Chancen und Risiken,7 das mögliche Einflussvariablen
benennt und ihre Relationen zueinander abbildet, wurden Hypothesen und Fragestellungen
entwickelt. Diese wurden anschließend an Hand von Ergebnissen aus den beteiligten
Ländern und aus internationalen Studien überprüft.
Arbeitspaket 4: Forschungsmethodologie
Da die identifizierten Studien innerhalb Europas sehr verschieden angelegt sind, will das
EU Kids Online-Netzwerk durch seine Tätigkeiten in Arbeitspaket 4 zukünftigen
Forschern und Forscherinnen einen Überblick über methodologische Zugänge zur
Erforschung von Online-Erfahrungen von Kindern und Jugendlichen sowie zu
kulturübergreifenden Analysen an die Hand geben (Lobe/ Livingstone/ Haddon 2007).
Darüber hinaus wurde ein Best-Practice-Guide (Lobe et al. 2008) entwickelt, der bisherige
Erfahrungen in diesem Forschungsfeld zusammen trägt und Hilfestellung für Planung und
Durchführung weiterer Studien bietet.
Arbeitspaket 5: (Forschungs-)politische Empfehlungen
Aus den Erkenntnissen aller vorangehenden Arbeitsschritte werden in der letzten Phase des
Projekts Empfehlungen für politische Maßnahmen im Bereich Kinder, Jugendliche und
Internet formuliert. Diese betreffen sowohl forschungsstrategische Entscheidungen als
auch Maßnahmen zur Förderung der öffentlichen Aufmerksamkeit und des sicheren
Umgangs mit Online-Medien. Die Tätigkeiten in diesem Bereich haben erst im Juni 2008
begonnen; derzeit liegen daher noch keine Ergebnisse vor. Das österreichische Team wird
sich an den Arbeiten aktiv beteiligen.
7 Siehe dazu Seite 17ff. des vorliegenden Berichts.
22
Arbeitspaket 6: Dissemination
Um die Arbeit in EU Kids Online für Wissenschaft, Politik, Anbieter von Internetservices,
NGOs, (Medien-)Pädagogen und nicht zuletzt für die Betroffenen Kinder, Jugendlichen
und ihre Familien furchtbar zu machen, arbeiten die Mitglieder von EU Kids Online
kontinuierlich daran, das Projekt und seine Ergebnisse bekannt zu machen. Die Aktivitäten
richten sich sowohl an internationale Akteure als auch an Stakeholder innerhalb der
beteiligten Länder.
Die folgende Tabelle zeigt, wie sich die einzelnen Arbeitsschritte auf die Laufzeit des
gesamten Projekts zwischen Juni 2006 und 2009 verteilen. Die Angaben zum Abschluss
der Arbeitspakete beziehen sich dabei auf die Fertigstellungen der zentralen
Ergebnisberichte. Dies bedeutet aber nicht, dass danach keine weitere Recherchen,
Analysen oder Aktualisierungen zu den einzelnen Bereichen mehr vorgenommen werden
müssen.
2006 (ab Juni)
2007 2008 2009 (bis Juni)
AP 1
AP 2
AP 3
AP 4
AP 5
AP 6
Tabelle 2: Zeitplan der einzelnen Arbeitspakete. Quelle: Eigene Darstellung.
23
3.1 Arbeitspaket 1: Zum Forschungsstand in Europa und Österreich
3.1.1 Ziele und Vorgehensweise
Die Grundlage für sämtliche Arbeitsschritte von EU Kids Online bildete Arbeitspaket 1,
das nach der Datenlage zum Umgang von Kindern, Jugendlichen, ihren Familien, Lehrern
und Lehrerinnen mit dem Internet fragt. Es zielte darauf ab, sämtliche empirische Studien
in den beteiligten Ländern zu identifizieren, einen Überblick über Aktualität,
Zugänglichkeit, Finanzierung, methodische Ansätze und thematische Aspekte der Studien
zu liefern, Forschungstrends innerhalb Europas zu benennen und Defizite zu identifizieren.
Dazu sammelten die Länderteams nationale und internationale Studien, die a) auf Kinder
(insbesondere Null bis 17 Jahre), deren Familien, Lehrer oder Lehrerinnen fokussieren,
sich b) mit Online-Technologien (vor allem dem Internet) befassen und c) empirische
Daten zu mindestens einem europäischen Land enthalten. Besonderes Augenmerk lag auf
Aspekten der Nutzung sowie auf Chancen und Risiken von Online-Technologien.
Da ein und dieselbe Untersuchung oft in unterschiedlichen Artikeln und Berichten
publiziert wird, ist die Untersuchungseinheit nicht ein Veröffentlichung sondern ein
Projekt.8 Voraussetzung für die Berücksichtigung einer Studie ist ein öffentlich
zugänglicher Bericht oder zumindest eine Zusammenfassung, die zentrale Informationen
über die methodische Vorgehensweise und das Sample sowie aussagekräftige Teile der
Ergebnisse beinhaltet. Studien, die zu kommerziellen Zwecken durchgeführt wurden,
Erhebungen mit Fokus auf die Gesamtbevölkerung oder Mehrthemenstudien zur Lage der
Kinder bzw. der Jugend erfüllen diese Bedingungen leider häufig nicht.
Bis Ende Juni 2008 wurden insgesamt 358 Studien identifiziert und nach Kriterien der
Reichweite, Zugänglichkeit und Relevanz codiert. Dabei wurde erfasst, wer die Studien
finanziert, zu welchen Ländern Daten enthalten sind, in welcher Form und Sprache
Berichte zugänglich sind, welcher methodologischer Ansatz verfolgt und welche Methoden
eingesetzt werden, auf welche (Alters-)Gruppe die Studie abzielt, welche Reichweite das
Sample hat und insbesondere welche thematischen Aspekte behandelt werden.
8 Veröffentlichungen, die keine Ergebnisse empirischen Erhebungen berichten, sind nicht in der Sammlung enthalten, wurden aber gesichtet und bei unterschiedlichen Arbeitsschritten des Netzwerks mit bedacht.
24
27 der 358 Studien beinhalten zumindest zum Teil Daten für Österreich. Weitere sechs
Studien aus Österreich konnten wegen mangelnder Aussagekraft der Ergebnisse oder
fehlender Informationen nicht aufgenommen werden.9 Leichte Abweichungen hinsichtlich
der Anwendung der Auswahlkriterien zwischen den Länderteams konnten nicht vermieden
werden.10 Unterschiede gibt es vor allem hinsichtlich des Umgangs mit unveröffentlichten
Dissertationen und Magister- bzw. Diplomarbeiten.11 Die Aussagekraft von Arbeitspaket 1
liegt daher weniger in den exakten Zahlen – diese sollten nicht überinterpretiert werden –
sondern vielmehr in der Identifizierung von Forschungstrends und -mustern.
Die Ergebnisse aus Arbeitspaket 1 wurden verschiedenen Formen und Berichten
veröffentlicht:
1) Sämtliche identifizierte Studien sind in einer Online-Datenbank erfasst, die über die
Website des Projekts (www.eukidsonline.net) abgerufen werden kann und
kontinuierlich erweitert wird. Sie ermöglicht die Suche nach nationalen und
länderübergreifenden Studien entlang 16 unterschiedlicher Suchkategorien. Diese
Form der Publikation ermöglicht dem EU Kids Online-Netzwerk, Interessierten
einfachen Zugang zu Studien aus ganz Europa zu verschaffen und somit Teile der
Arbeit des Projekts zeitnah fruchtbar zu machen.
2) Alle bis zum Frühjahr 2007 erfassten Studien wurden zudem vergleichend
ausgewertet, um Muster der Verfügbarkeit von Daten innerhalb Europas
nachzuzeichnen und Forschungslücken zu identifizieren. Die Ergebnisse sind in
Form eines Berichts (Staksrud/ Livingstone/ Haddon 2007) dokumentiert, der
ebenfalls auf der Website des Projekts abgerufen werden kann. Eine aktualisierte
Version erscheint zum Projektabschluss im Juni 2009. Für den vorliegenden Text
wurde der Großteil der Analysen auf Basis aller bis Juni 2008 identifizierten
Studien neu durchgeführt.
9 So weisen öffentliche zugängliche Zusammenfassungen des Austrian Internet Monitor (AIM), des GfK Online Monitors und der Media Analyse, die Jugendliche ab 14 Jahren berücksichtigen, die Ergebnisse nur für die Gesamtbevölkerung aus. Da sie – mit Ausnahme weniger Eckdaten zur Nutzung – nicht zwischen Altersgruppen unterscheiden, lassen sich daraus kaum relevanten Ergebnisse für Jugendliche ablesen. Auch Mehrthemenstudien zur Lage der Jugend enthalten zum Teil nur eine Frage zur Nutzung des Internets und liefern daher wenig brauchbare Informationen. Dies gilt in Österreich für die Jugendstudie 2003, die vom market Institut durchgeführt wurde. Auch zur regelmäßigen GfK Erhebung Jugend Online liegen für das Jahr 2006 und 2007 zu wenig öffentliche Informationen vor. Jugend Online 2005 (GfK 2005) konnte jedoch berücksichtigt werden, da für dieses Jahr ausführlichere Angaben zugänglich sind. 10 So gibt es beispielsweise leicht unterschiedliche Auffassungen davon, ob Informationen in kurzen Zusammenfassungen oder Pressesendungen ausreichend sind, um die Studie aufzunehmen. 11 In manchen Ländern, insbesondere in jenen, die insgesamt eine große Anzahl an Studien aufweisen, wurden sie grundsätzlich nicht berücksichtigt, andere Länderteams – darunter auch Österreich – erfassten nur jene Arbeiten, die als qualitativ hochwertig zu bezeichnen sind und damit die Forschung in diesem Bereich zweifelsohne bereichern.
25
Manfred Rathmoser, Mitarbeiter des österreichischen EU Kids Online-Team hat im
Rahmen seiner Magisterarbeit die Aufgabe übernommen, den österreichischen
Forschungstand systematisch aufzuarbeiten und für die internationalen Analysen im
Rahmen von Arbeitspaket eins aufzubereiten. Die Abschlussarbeit von Rathmoser (2007)
liefert einerseits einen ausführlichen Überblick über österreichische Studien in diesem
Forschungsfeld, ihre Vorgehensweise und Ergebnisse und beleuchtet andererseits die
Arbeit von österreichischen Initiativen zur sicheren Nutzung des Internets.
Darüber hinaus wiederholte Christina Ortner im Sommer 2008 den Großteil der
internationalen Analysen, die das Londoner Team im ersten Jahr des Projekts durchgeführt
hatte, auf Basis der aktualisierten Datenbank (siehe das das folgende Kapitel). Da das
österreichische EU Kids Online-Team also wesentlich an den Tätigkeiten im Rahmen von
Arbeitspaket 1 beteiligt war, werden die Ergebnisse in den folgenden Kapiteln ausführlich
dargestellt.
3.1.2 Zur Datenlage in Europa 12
Große Unterschiede zwischen den Ländern
Der Korpus aus insgesamt 358 Studien, die bis Juni 2008 zusammengetragen wurden, setzt
sich aus nationalen und multinationalen Arbeiten unterschiedlicher Größe zusammen. Die
Mehrheit der Studien interessiert sich hauptsächlich für den Umgang von Kindern oder
Jugendlichen mit dem Internet.
Es sind jedoch auch Jugendstudien enthalten, die eine Reihe unterschiedlicher Themen –
darunter auch Aspekte der Internetnutzung – behandeln. Andere wiederum zielen zwar auf
Online-Technologien ab, interessieren sich aber in erster Linie für Daten zur gesamten
Bevölkerung und berücksichtigen dabei Personen ab 14 bzw. 16 Jahren. Sowohl
Mehrthemenstudien als auch Erhebungen zur Gesamtbevölkerung machen ca. 19 Prozent
der österreichischen Studien aus; nur 17 Arbeiten (ca. 63 Prozent) stellen die
Internetnutzung von Kindern und Jugendliche in den Mittelpunkt.
In allen 21 Ländern des EU Kids Online-Netzwerks sind Daten zur Internutzung von
Kindern und Jugendlichen vorhanden, allerdings in sehr unterschiedlichem Ausmaß.
Während das Thema in Deutschland (74 Studien) und Großbritannien (67 Studien) sehr
häufig bearbeitet wird, wurden in Island (elf), Bulgarien (neun) und Zypern (fünf) nur
vereinzelt Erhebungen durchgeführt. Österreich liegt mit 27 Studien zusammen mit Italien
(29), Portugal (27), Frankreich (26) und Norwegen (25) im oberen Mittelfeld.
12 Stand vom Juni 2008.
26
Tabelle 3 zeigt die Anzahl der Studien pro Land – einmal mit und einmal ohne
unveröffentlichte Dissertationen und Magister- bzw. Diplomarbeiten. Die zweite Zahl
bildet eine bessere Vergleichsbasis, da Abschlussarbeiten von den Länderteams
unterschiedlich berücksichtigt wurden. Rechnet man studentische Arbeiten nicht hinzu
rutschen Österreich, Schweden und vor allem Portugal in der Reihung etwas zurück.
Anzahl der Studien Mit unveröffentlichten Ohne unveröffentlichte Land Abschlussarbeiten Abschlussarbeiten
Deutschland 74 69 Großbritannien 67 65 Griechenland 39 39 Belgien 37 36 Dänemark 33 29 Schweden 31 23 Italien 29 29 Österreich 27 23 Portugal 27 19 Frankreich 26 25 Norwegen 25 25 Estland 22 22 Spanien 21 21 Niederlande 19 19 Tschechische Republik 15 15 Polen 14 14 Slowenien 14 14 Irland 14 14 Island 11 11 Bulgarien 9 9 Zypern 5 5
Tabelle 3: Anzahl an Studien pro Land. Quelle: Eigene Berechnungen (Stand Juni 2008).
Bei näherer Betrachtung fällt auf, dass Länder des ehemaligen Ostblocks (Polen,
Slowenien, Tschechische Republik und Bulgarien) – mit Ausnahme von Estland –
tendenziell weniger Erhebungen aufweisen. Zudem ist die Datenlage in kleineren
Inselstaaten (Island, Zypern) schwach. Eine größere Anzahl an Studien liegt eher in
nördlichen und nordwestlichen Staaten Europas vor (Deutschland, Großbritannien,
Belgien, Dänemark, Schweden). Auch hier gibt es allerdings Ausnahmen (Island, Irland,
zum Teil auch Norwegen). Mitteleuropäische und südliche Länder divergieren stark.
Die Bedeutung internationaler Studien
Europäische Länder unterscheiden sich nicht nur hinsichtlich der Anzahl an Studien,
sondern auch in Bezug auf die Bedeutung internationaler Erhebungen für die nationale
Datenlage. In manchen Ländern liegt ein ausführlicher Korpus an eigenen Daten zur vor,
27
andere sind zu einem großen Ausmaß auf internationale Studien angewiesen, um zu
Erkenntnissen über die Situation im eigenen Land zu kommen.
In ungefähr der Hälfte der Staaten (zehn) beziehen sich weniger als 50 Prozent der Studien
ausschließlich auf das eigene Land; tendenziell handelt es ich dabei um Nationen, in denen
insgesamt wenige Arbeiten vorliegen. Am stärksten dominieren internationale Studien in
Island (91 Prozent) und Zypern (80 Prozent); beide Länder haben je nur eine nationale
Erhebung. Die andere Hälfte der beteiligten Länder (elf) weist überwiegend nationale
Studien auf, allen voran Deutschland (82 Prozent) und Großbritannien (78 Prozent). In
Österreich enthalten 16 der 27 Studien (59 Prozent ausschließlich Ergebnisse zum eigenen
Land, ein wesentlicher Teil davon beschränkt sich sogar auf einzelne Bundesländer;13
ungefähr ein Drittel der für Österreich relevanten Arbeiten (elf) liefert auch Daten zu
anderen Staaten.
Obwohl internationale Studien für manche Staaten eine zentrale Datenquelle darstellen,
machen sie insgesamt nur einen kleinen Anteil der europaweiten Forschung aus. Von den
358 Studien umfassen nur 32 (neun Prozent) mehr als ein Land. Dabei handelt es sich um
Erhebungen verschiedener Reichweite mit einer unterschiedlich breiten Palette an Themen,
Altersgruppen und Ländern. Während die kleinsten nur zwei Nationen bearbeiten,
berücksichtigen die größten bis zu 25 Länder und mehr. Leider konnte keine Erhebung
identifiziert werden, die alle 21 Länder des EU Kids Online-Netzwerkes einschließt.14
Auch liegen zu einigen länderübergreifenden Studien nur spärlich Berichte vor, sodass die
Datenbasis für direkte Vergleiche zwischen europäischen Ländern als schwach bezeichnet
werden muss.
Zugänglichkeit und Sprache von Ergebnisberichten
Nicht alle Ergebnisse der identifizierten Studien sind für alle Interessierten in Europa
gleichermaßen zugänglich, denn die Berichtlegung ist zum Teil spärlich und erfolgt häufig
in der Nationalsprache, die außerhalb des eigenen Landes nur wenige verstehen.
Die wichtigste Quelle für Daten zur Online-Nutzung von Kindern und Jugendlichen ist das
Internet, denn mehr als die Hälfte aller europäischen Projekte (je 56 Prozent) stellen mehr
oder weniger ausführliche Berichte online zur Verfügung. Das gilt im selben Ausmaß für
österreichische Studien (ebenfalls 56 Prozent).
Akademische Publikationen sind vergleichsweise selten. Nur 23 Prozent aller Projekte
veröffentlichen Ergebnisse auf diese Weise (14 Prozent in Zeitschriften, acht Prozent in
13 Dies hängt insbesondere damit zusammen, dass überdurchschnittlich viele Studien durch die Landesregierungen finanziert werden; darüber hinaus beschränken sich auch studentische Projekte und Abschlussarbeiten sowie Studien mit geringen finanziellen Ressourcen häufig auf subnationale Samples. 14 Eurobarometer-Studien umfassen die größte Anzahl an Ländern (EU Mitglieder und zum Teil auch die Kandidatenländer), berücksichtigen aber nicht Norwegen und Island.
28
Sammelbänden, vier Prozent auf Konferenzen und nur zwei Prozent als Monographien). In
Österreich ist dies sogar noch seltener der Fall (sieben Prozent). Da akademische
Publikationen der Selektion, Bewertung, Bearbeitung und Korrektur von Kollegen,
Herausgebern oder Verlagen unterliegen, ist die Qualität dieser Veröffentlichungen
tendenziell höher. Es ist daher bedenklich, dass so wenige Studien diesen Weg erfolgreich
durchlaufen. Der Grund dafür könnte darin liegen, dass viele Studien ausschließlich
deskriptiv und wenig theoriegeleitet vorgehen. Es handelt sich vielfach um
Momentaufnahmen, die schnell an Aktualität verlieren.
Ausgesprochen problematisch ist die Tatsache, dass elf Prozent aller Studien nur in kurzen
Zusammenfassungen erhältlich sind, die zum Teil zentrale Informationen zur Evaluation
der Forschung und Einordnung der Ergebnisse vorenthalten (Finanzierung, Zeitpunkt der
Feldarbeit, Alter der Befragten, Modus der Befragung etc.). Weitere 19 Prozent sind
schwer zugänglich, weil sie entweder nur gegen Bezahlung bzw. Anfrage erworben
werden können oder weil es sich um unveröffentlichte studentische Arbeiten handelt, die
nur in den jeweiligen Universitäten aufliegen. In Österreich stellt sich dieses Problem noch
deutlicher dar: 26 Prozent aller Arbeiten (inklusive internationaler Studien) und sogar 44
Prozent der nationalen Studien müssen als schwer zugänglich bezeichnet werden.
Die sprachliche Verständlichkeit der für Österreich aussagekräftigen Studien ist hingegen
gut, denn mehr als zwei Drittel der Berichte (74 Prozent) sind in deutscher Sprache
verfasst. Dies trifft auf alle nationalen und auf 36 Prozent der internationalen Studien zu,
die zum Teil sogar ausschließlich in Deutsch vorliegen. Der Rest der Berichte wurde mit
einer Ausnahme15 auf Englisch geschrieben. Der hohe Anteil an deutschsprachigen
Berichten erleichtert zwar die Lesbarkeit im Inland, die Tatsache, dass keine der nationalen
Studien in Englisch vorliegt, erschwert aber die Sichtbarkeit, Rezeption und
Verwertbarkeit österreichischer Forschung in anderen europäischen Ländern.
Forschungsfinanzierung im Bereich Kinder, Jugendliche und Internet
Für die Forschungsschwerpunkte, die öffentliche Zugänglichkeit von Ergebnissen und die
Forschungskapazitäten in unterschiedlichen Ländern ist die Art und Vielfalt der
Finanzierungsquellen ausschlaggebend. Kommerzielle Auftraggeber sind in erster Linie an
aktuellen Zugangs- und Nutzungsdaten, an Online-Aktivitäten und -Präferenzen
interessiert, politisch motivierte Forschung orientiert sich an der Agenda der jeweiligen
politischen Institution und Forschungsförderungsinstitute oder Universitäten sind stärker
von akademischen Interessen geleitet und widmen sich häufiger theoriegeleiteter
Forschung.
15 Dabei einer Erhebung handelt es sich um eine Vergleichsstudie zwischen Österreich und Norwegen, deren Ergebnisse nur auf Norwegisch publiziert wurden.
29
Im Folgenden wird daher ein Überblick über die zentralen Finanzierungsquellen von
Forschung zum Umgang von Kindern und Jugendlichen mit dem Internet gegeben.
Dissertationen, Magister- und Diplomarbeiten wurden dabei nicht berücksichtigt, weil es
sich um private Finanzierungsformen im Rahmen einer Ausbildung handelt. Zudem
konnten 16 Studien (fünf Prozent) nicht miteinbezogen werden, da die Berichte keine
Angaben zur Finanzierung enthalten. Alle übrigen Erhebungen wurden nach 14 möglichen
Finanzierungsquellen codiert,16 wobei Mehrfachcodierungen möglich waren.
Abbildung 4: Finanzierungsquellen in Europa und Österreich (Mehrfachcodierung). Quelle: Eigene Berechnungen.
2
21
5
1
5
1
23
34
16
7
0,3
14
27
0
17
0
4
00
44
0
17
00
39
22
0%
5%
10%
15%
20%
25%
30%
35%
40%
45%
EC
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Sonstig
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Europa Österreich
Abbildung 4 zeigt die Bedeutung der unterschiedlichen Finanzierungsquellen auf
europäischer und österreichischer Ebene. Dabei werden große Unterschiede sichtbar.
Während für die gesamte europäische Forschung nationale Regierungen und Ministerien
die wichtigste Finanzierungsform darstellen – sie fördern 27 Prozent aller Studien –, spielt
in Hinblick auf österreichische Studien die Europäische Kommission die größte Rolle. Sie
finanziert den Großteil der internationalen Studien, an denen Österreich beteiligt ist, sowie
16 Regierung/ Ministerium, Forschungsförderungsinstitut, Europäische Kommission, Regulierungsbehörde, Landesregierung, öffentlich-rechtliche Fernsehanstalt, kommerzielles Unternehmen, Handelsorganisation, Wohltätigkeitsorganisation, Konsumentenschutzorganisation, andere gemeinnützige Organisation, Kirche, Forschungsinstitut, andere Finanzierungsquelle.
30
eine nationale Erhebung und trägt somit die Kosten für 39 Prozent aller für Österreich
relevanten Studien. Die österreichische Regierung bzw. die Bundesministerien sind an 22
Prozent der Erhebungen finanziell beteiligt, was etwas unter dem europäischen Schnitt (27
Prozent) liegt. Überdurchschnittlich hoch ist hingegen der Beitrag der österreichischen
Landesregierungen (17 Prozent) zur Erforschung der Internetnutzung von Kindern und
Jugendlichen; regionale Behörden haben in anderen europäischen Ländern im Vergleich
dazu nur eine marginale Bedeutung (maximal sieben Prozent der Studien). Auffällig ist
auch, dass die einzige von der Kirche finanzierte Studie in Europa aus Österreich stammt.
Kommerzielle Unternehmen sind für die europäische Forschung insgesamt der
zweitwichtigste Geldgeber (23 Prozent); in Österreich beschränkt sich ihr Beitrag
allerdings auf die Finanzierung einer einzigen Studie (vier Prozent). Universitäten oder
Forschungsinstitute leisten durch Eigenfinanzierung sowohl für die gesamteuropäische als
auch für die österreichische Forschung einen relevanten Beitrag.
Wenige Forschungsgelder kommen von öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten,
Handelsorganisationen oder gemeinnützigen Organisationen (Wohlfahrtsorganisationen,
Konsumentenschutz, Kirche etc.). In Österreich wurde zudem keine einzige Studie von
einer Regulierungsbehörde oder einem Forschungsförderungsinstitut (FWF, FFG etc.)
finanziert.
Lässt man die länderübergreifenden Studien außer Acht und betrachtet nur die
Finanzierungsformen der nationalen Erhebungen in Österreich, so wird die Bedeutung der
Landesregierungen und der Eigenfinanzierung durch Forschungsinstitute noch deutlicher.
Je 33 Prozent der nationalen Studien zu Kindern, Jugendlichen und dem Internet wurden in
dieser Weise finanziert.
Nicht nur Österreich weicht deutlich vom europäischen Schnitt ab. Insgesamt
unterscheiden sich die 21 beteiligten Länder beträchtlich hinsichtlich ihrer
Finanzierungsstrukturen. Schon allein die Anzahl an unterschiedlichen
Finanzierungsformen und damit die Vielfalt an Möglichkeiten, Geldgeber für Studien zu
finden, variiert deutlich (siehe dazu rechte Spalte von Tabelle 4). Während in Zypern
finanzielle Mittel ausschließlich von der Regierung, ihren Ministerien oder der
Europäischen Kommission stammen, lassen sich in Belgien insgesamt zwölf
unterschiedliche Finanzierungsformen beobachten. Groß ist die Streuung auch in
Großbritannien (zehn), Deutschland und Italien (je neun). Weniger vielfältig sind die
Möglichkeiten – neben Zypern – in Bulgarien (vier), Slowenien und in der Tschechischen
Republik (je fünf). Der Großteil der Länder (14) liegt mit sieben bis acht unterschiedlichen
Geldgebern im Mittelfeld, darunter auch Österreich.
31
Fasst man die 14 unterschiedlichen Finanzierungsformen in vier übergeordneten
Kategorien (öffentliche, kommerzielle, gemeinnützige und akademische Finanzierung)
zusammen,17 ergibt sich ein anschauliches Bild der Finanzierungsstrukturen in Europa
(siehe Tabelle 4).
Finanzierung Land
Öffentlich Kommerziell Gemeinnützig Akademisch Anzahl an Quellen
Belgien 64% (23) 17% (6) 8% (3) 25% (9) 12 Bulgarien 78% (7) 0% (0) 0% (0) 0% (0) 4 Dänemark 83% (24) 17% (5) 0% (0) 10% (3) 8 Deutschland 49% (34) 48% (33) 1% (1) 19% (13) 9 Estland 55% (12) 14% (3) 5% (1) 32% (7) 7 Frankreich 72% (18) 28% (7) 0% (0) 8% (2) 7 Griechenland 77% (30) 5% (2) 0% (0) 3% (1) 8 Großbritannien 60% (39) 38% (25) 22% (14) 7% (11) 10 Irland 93% (13) 7% (1) 14% (2) 7% (1) 7 Island 91% (10) 27% (3) 9% (1) 0% (0) 7 Italien 48% (14) 24% (7) 17% (5) 28% (8) 9 Niederlande 84% (16) 16% (3) 0% (0) 11% (2) 7 Norwegen 88% (22) 16% (4) 12% (3) 4% (1) 8 Österreich 74% (17) 9% (2) 4% (1) 17% (4) 7 Polen 86% (12) 7% (1) 7% (1) 21% (3) 7 Portugal 63% (12) 5% (1) 0% (0) 37% (7) 7 Schweden 87% (20) 22% (5) 0% (0) 13% (3) 8 Slowenien 93% (13) 7% (1) 0% (0) 7% (1) 5 Spanien 67% (14) 24% (5) 10% (2) 19% (4) 7 Tschechische Republik 93% (14) 7% (1) 0% (0) 7% (1) 5 Zypern 80% (4) 0% (0) 0% (0) 20% (1) 2 Gesamteuropa 58% (186) 24% (79) 10% (33) 21% (69) 14
Tabelle 4: Finanzierungsstrukturen im europäischen Vergleich (Mehrfachcodierung). Quelle: Eigene
Berechnungen.
Dabei zeigt sich, dass in ausnahmslos allen Ländern öffentliche Geldgeber die wichtigste
Finanzierungsquelle darstellen. Bis auf Deutschland und Italien fördern öffentliche
Institutionen in allen Nationen mehr als die Hälfte der Studien. In Slowenien, Irland, Island
und der Tschechischen Republik werden sogar mehr als 90 Prozent aller Arbeiten auf diese
Weise finanziert. Hoch ist der Anteil an öffentlich finanzierten Studien auch in Norwegen,
Schweden, Polen, den Niederlanden, Dänemark und Zypern (je mindestens 80 Prozent)
17 Zu öffentlichen Finanzierungsformen zählen Regierungen/ Ministerien, Forschungsförderungsinstitute, die Europäische Kommission, Regulierungsbehörden, Landesregierungen und öffentlich-rechtliche Fernsehanstalten. Für die kommerzielle Finanzierung wurden die beiden Kategorien kommerzielle Unternehmen und Handelsorganisationen zusammengefasst. Wohltätigkeitsorganisationen, Konsumentenschutzorganisationen, die Kirche und andere gemeinnützige Organisationen bilden zusammen die Kategorie gemeinnützige Finanzierung. Akademische Finanzierung schließlich betrifft ausschließlich Eigenfinanzierung durch Universitäten und Forschungsinstitute.
32
Eine geringere Rolle spielen öffentliche Gelder in Italien (48 Prozent), Deutschland (49
Prozent) und Estland (55 Prozent). In Österreich beträgt der Anteil an öffentlich
finanzierten Studien insgesamt 74 Prozent; damit ist die öffentliche Hand mit Abstand der
wichtigste Geldgeber, die Dominanz ist jedoch nicht so groß wie in manchen anderen
Ländern.
Unterschiede gibt es auch hinsichtlich der Rolle verschiedener öffentlicher Institutionen.
Nationale Regierungen sind vor allem für Griechenland, Slowenien und die Tschechische
Republik von Bedeutung, die Europäische Kommission hingegen für Zypern und Island.
Forschungsförderungsinstitutionen erweisen sich in Deutschland und Frankreich als
besonders aktiv, Regulierungsbehörden in Norwegen und Großbritannien, das öffentlich-
rechtliche Fernsehen ebenfalls in Großbritannien sowie in Belgien und Deutschland und
Landesregierungen in Österreich.
Kommerzielle Mittel sind zwar nicht so bedeutend wie öffentliche, machen aber dennoch
einen relevanten Anteil der Forschungsfinanzierung im Bereich Kinder, Jugendliche und
Internet aus (siehe Tabelle 4). Nichts desto trotz gibt es vereinzelt Länder (Bulgarien,
Zypern), in denen diese Finanzierungsform bisher nicht vorkommt, und in einer Reihe
anderer Staaten (fünf) wurde nur eine kommerzielle Studie durchgeführt. Besonders
engagiert sind Unternehmen und Handelsorganisationen in Deutschland, wo sie fast die
Hälfte der Erhebungen (mit-)finanzieren, aber auch in Großbritannien (38 Prozent),
Frankreich (28 Prozent), Island (27 Prozent), Italien, Spanien (je 24 Prozent) und
Schweden (22 Prozent) ist der Anteil kommerzieller Forschung hoch. Die Gelder stammen
in fast allen Ländern in größerem Ausmaß von Einzelunternehmen als von
Handelsorganisationen.
Zwei der 27 Studien mit Daten zu Österreich wurden ebenfalls durch kommerzielle Mittel
(mit)finanziert: Handelsorganisationen unterstützten die länderübergreifende
Gesundheitsstudie HBSC, die unter anderem Internetzugang und -nutzung von Schülern
erhoben hat. Zudem wurde im Auftrag der Telekom Austria an der Universität Salzburg
eine Studie zu Lernen mit Web 2.0 durchgeführt.
Ähnlich verbreitet wie kommerzielle Finanzierung ist auch die Eigenfinanzierung durch
Forschungsinstitute und Universitäten (siehe Tabelle 4), allerdings spielt sie für andere
Länder eine Rolle. Während kommerziell finanzierte Forschung vorwiegend in
Deutschland, Großbritannien und Frankreich durchgeführt wird, ist die Eigenfinanzierung
durch Forschungsinstitute vor allem in Portugal (37 Prozent), Estland (32 Prozent) und
Belgien (25 Prozent) verbreitet. In Bulgarien und Island gibt es hingegen keine
eigenfinanzierte Studie und in fünf weiteren Ländern nur je eine.
Für österreichische Forschung zur Internetnutzung von Kindern und Jugendlichen ist diese
Finanzierungsform durchaus relevant. Vier Studien (17 Prozent) wurden mit eigenen
33
Mittel von Universitäten oder (Markt-)Forschungsinstituten durchgeführt. Zwei davon sind
allerdings nicht öffentlich zugänglich, sondern können nur gegen Bezahlung erworben
werden. Die Ausgaben der Institute werden letztlich durch den Verkauf gedeckt, sodass
eher von kommerzieller als von akademischer Finanzierung gesprochen werden muss.18
Eine weitere Arbeit wurde mit Hilfe von Studenten im Rahmen einer Lehrveranstaltung
abgewickelt. Nur eine Erhebung wurde tatsächlich von einem universitären
Forschungsinstitut ohne externe Finanzierung durchgeführt.19
Am seltensten werden Studien zur Internetnutzung von Kindern und Jugendlichen in
Europa von gemeinnützigen Organisationen finanziert (zehn Prozent, siehe Tabelle 4). In
knapp der Hälfte der beteiligten Länder (zehn) kommt diese Finanzierungsform gar nicht
vor, in weiteren fünf Staaten existiert nur eine solche Studie. Dies trifft auch auf Österreich
zu, wo eine Erhebung von der Katholischen Jungschar in Auftrag gegebenen wurde. Eine
wichtige Rolle spielen gemeinnützige Vereine vor allem in Großbritannien (22 Prozent)
und Italien (17 Prozent).
Aktualität der Forschung
Durch die rasante Weiterentwicklung von Online-Technologien, die Diversifizierung von
Online-Services und die rasch ansteigende Verbreitung des Internets verändert sich auch
der Umgang von Kindern, Jugendlichen und ihren Familien mit diesen Technologien sehr
schnell. Forschungsergebnisse, insbesondere aus rein deskriptiven Studien, verlieren daher
innerhalb kurzer Zeit an Aktualität.
Zeitpunkt der Europa Österreich Feldphase Studien Anteil (%) Studien Anteil (%)
2008 1 0,3% 0 0% 2007 32 9% 4 15% 2006 66 18% 5 19% 2005 66 18% 5 19% 2004 52 15% 5 19% 2003 46 13% 2 7% 2002 40 11% 3 11% 2001 23 6% 1 4% 2000 16 4% 1 4% 1999 5 1% 1 4% 1998 1 0,3% 0 0% keine Angabe 10 3% 0 0%
Tabelle 5: Durchführungszeitpunkt der Studien. Quelle: Eigene Berechnungen.
18 Es handelt sich dabei um die GfK Fessel Jugend Online Studie 2005 (GfK 2005) und um ELF/ 18 (Großegger 2005), eine Jugendstudie des Instituts für Jugendkulturforschung. 19 Gemeint ist die Studie ePartizipation (Maier-Rabler/ Hartwig 2007) des ICT&S Salzburg.
34
Betrachtet man das Alter der europäischen Studien, zeigt sich, dass der Großteil der Daten
aus den Jahren 2005 oder 2006 stammt. Neuere Daten von 2007 oder 2008 sind seltener zu
finden. Für Österreich lässt sich ein ähnliches Muster beobachten, wenn auch der
Rückgang an Studien 2007 nicht so deutlich ausfällt.
Bei genauerer Betrachtung der österreichischen Datenlage wird deutlich, dass die
Beteiligung an internationalen Studien später einsetzte als die Auseinandersetzung mit dem
Thema auf nationaler Ebene. Seit 1999 wurde regelmäßig zumindest eine Studie in
Österreich durchgeführt. An länderübergreifenden Erhebungen beteiligte sich Österreich
hingegen erst ab 2004. Das bedeutet aber nicht, dass internationale Studien aktuellere
Daten liefern als österreichische, denn seit 2005 ist die Anzahl an nationalen und
internationalen Arbeiten ähnlich groß.
Untersuchte Altersgruppen
Um Forschungsdefizite zu identifizieren, ist es wichtig zu wissen, welche Altersgruppen in
welchen Ländern schon ausgiebig erforscht sind und zu welchen Kindheitsphasen bisher
wenig bekannt ist. Aus diesem Grund wurden die 358 Studien nach dem Alter der
beforschten Kinder codiert.
Nimmt man alle europäischen Studien zusammen, so liegt das größte Ausmaß an Daten zu
15-Jährigen vor (235 Studien), gefolgt von 14-Jährigen (234 Studien) und 16-Jährigen (230
Studien). Sowohl im Hinblick auf die Lebensjahre davor als auch auf die Jahre danach
sinkt die Anzahl der Studien kontinuierlich ab. Am geringsten ist das Ausmaß an
Erhebungen zu Ein- bis Fünfjährigen (maximal 24 Studien). Bemerkenswerter Weise gibt
es jedoch kein Lebensjahr zu dem überhaupt keine Erkenntnisse vorliegen. Kleinkinder
werden allerdings selten selbst befragt; die Auskünfte stammen in der Regel von ihren
Eltern.
Ein Vergleich der Anzahl an Studien zu bestimmten Lebensjahren mit der Verbreitung der
Internetnutzung unter Kindern dieses Alters zeigt eine deutliche Korrelation. Je jünger die
Kinder sind, desto weniger nutzen sie das Internet und desto weniger Forschung wird
durchgeführt. Ein ähnlicher Zusammenhang trifft auf Jugendliche über 15 Jahren aber
nicht mehr zu.
In Österreich sind zu 14-Jährigen die meisten Daten vorhanden, was vor allem an der
Vielzahl nationaler Studien zu Jugendlichen in diesem Alter liegt. Zu ein- und
zweijährigen Kindern wurde bisher hingegen noch nicht geforscht, und Daten zu Drei- bis
Sechsjährigen finden sich nur in einer Studie, die sich auf Oberösterreich beschränkt.
35
Um einen besseren Überblick über Forschungsschwerpunkte hinsichtlich des Alters zu
bekommen, wurden sechs Altersgruppen20 definiert und zur Analyse herangezogen.
Studien, die mehrere Gruppen umfassen, wurden dabei mehrfach codiert. Abbildung 5
zeigt das Ausmaß an europäischer und österreichischer Forschung zu unterschiedlichen
Altersgruppen (prozentualer Anteil an Studien zu einer bestimmten Altergruppe an der
Gesamtzahl an Studien).
25%
73% 72%
49%
4%
22%
44%
59%
48%47%
7%
67%
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
1 bis 5 Jahre 6 bis 8 Jahre 9 bis 11 Jahre 12 bis 14 Jahre 15 bis 17 Jahre 18 Jahre plus
Europa Österreich
Abbildung 5: Anteil an Studien zu unterschiedlichen Altersgruppen (Mehrfachcodierung). Quelle:
Eigene Berechnungen.
Dabei fällt auf, dass europaweit der Wert für sämtliche Altersgruppen höher ausfällt als auf
österreichischer Ebene. Dies kommt durch die Mehrfachcodierung zu Stande und deutet
darauf hin, dass die Bandbreite einzelner Studien in Bezug auf das Alter der beforschten
Kinder europaweit tendenziell größer ist.
Am größten fallen die Unterschiede zwischen Europa und Österreich in der Gruppe der
Zwölf- bis 14-Jährigen aus. Diese Altersgruppe dominiert auf europäischer Ebene,
zusammen mit 15- bis 17-Jährigen. Obwohl in Österreich zu 14-Jährigen die meisten
Studien durchgeführt wurden, liegt diese Gruppe hier nur an zweiter Stelle. In Summe
wurden zu Zwölf-, 13- und 14-Jährigen deutlich weniger Studien durchgeführt als zu 15-,
16- und 17-Jährigen. Der Schwerpunkt scheint in Vergleich zu Gesamteuropa etwas stärker
20 Diese sind Null- bis Fünfjährige, Sechs- bis Achtjährige, Neun- bis Elfjährige, Zwölf- bis 14-Jährige, 15- bis 17-Jährige, 18+.
36
bei älteren Teenagern zu liegen. Abgesehen davon stellt sich das Muster in Österreich
ähnlich dar wie auf europäischer Ebene. Der Mangel an österreichischen Erhebungen zu
Kleinkindern (Ein bis zwei Jahre) lässt sich aus dieser Grafik nicht ablesen, da diesen
Lebensjahren keine eigene Kategorie zugeordnet ist.
Sowohl in Österreich als auch europaweit ist die Anzahl an Studien zu 18-Jährigen und
Älteren überraschend niedrig. Das kommt jedoch eher durch den thematischen
Schwerpunkt des EU Kids Netzwerks zu Stande, als durch den tatsächlichen Mangel an
Forschung zu dieser Altersgruppe, denn Studien zur Gesamtbevölkerung ab 18 Jahren
wurden nicht mehr berücksichtig, sofern sie nicht auch jüngere Teenager behandeln.
Themenschwerpunkte im Hinblick auf die Online-Nutzung von Kindern
Obwohl alle gesammelten Studien in irgendeiner Weise den Umgang von Kindern,
Jugendlichen und ihren Familie mit Online-Technologien untersuchen, variieren sie
hinsichtlich ihrer thematischen Schwerpunkte und Bandbreite erheblich.
Um zu erfahren, welchen Aspekten besonders viel bzw. wenig Aufmerksamkeit zukommt
und um Forschungslücken zu identifizieren, wurden die Studien entlang einer Reihe an
unterschiedlichen Themen codiert. Drei Teilbereichen waren dabei von Bedeutung:
Aspekte der Internetnutzung von Kindern, Umgang der Eltern mit Online-Medien sowie
Online-Risiken. In den nächsten Seiten wird auf thematische Schwerpunkte in Bezug auf
den ersten Bereich – die Internetnutzung von Kindern und Jugendlichen – eingegangen.
Dabei werden folgende Themenbereiche in den Blick genommen:
• Online-Nutzung • Online-Zugang • Online-Interessen und -aktivitäten • Online-Kompetenz • Geschlechtsspezifische Unterschiede • Auswirkungen von Online-Nutzung • Lernen mit Online-Medien • Anliegen und Frustrationen • Social Networking • Online-Spiele • Gestaltung von Online-Inhalten • Interpretation von Online-Inhalten • Suchstrategien • Internet als Ratgeber • Identitätsspiele • Öffentliche und politische Partizipation
37
Von all diesen Aspekten ist die Online-Nutzung von Kindern oder Jugendlichen (77 Prozent
aller Studien) gefolgt vom Zugang zu Online-Medien (65 Prozent) sowie von Online-
Interessen und -aktivitäten (60 Prozent) europaweit mit Abstand am besten untersucht. Dies
gilt in ähnlicher Form auch für Österreich, wobei hier der Schwerpunkt noch deutlicher auf
der Online-Nutzung (96 Prozent) liegt; dem Zugang zu Online-Medien kommt hingegen
etwas weniger Aufmerksamkeit zu (56 Prozent) als auf europäischer Ebene (siehe Tabelle 6).
Thema Europa Österreich Studien Anteil (%) Studien Anteil (%)
Online-Nutzung 276 77% 26 96% Online-Zugang 231 65% 15 56% Online-Interessen und -aktivitäten 214 60% 16 59% Online-Kompetenz 141 39% 10 37% Geschlechtsspezifische Unterschiede 103 29% 6 22% Social Networking 101 28% 3 11% Online-Spiele 81 23% 3 11% Auswirkungen von Online-Nutzung 77 22% 3 11% Lernen mit Online-Medien 74 21% 3 11% Anliegen und Frustrationen 71 20% 5 19% Identitätsspiele 57 16% 1 4% Gestaltung von Inhalten 45 13% 4 15% Suchstrategien 39 11% 1 4% Interpretation von Inhalten 37 10% 2 7% Internet als Ratgeber 36 10% 0 0% Öffentliche und politische Partizipation 23 6% 2 7%
Tabelle 6: Datenlage zu Aspekten der Internetnutzung von Kindern (Mehrfachcodierung). Quelle: Eigene
Berechnungen.
In allen beteiligten Ländern liegt eine relevante Anzahl an Studien zu diesen Aspekten vor:
Erhebungen zum Zugang machen zwischen 20 Prozent (Zypern) und 91 Prozent (Island) der
Forschung in europäischen Ländern aus, Befragungen zur Online-Nutzung zwischen 59
Prozent (Griechenland) und 100 Prozent (Slowenien, Spanien) und Studien zu Online-
Interessen und -aktivitäten zwischen 20 Prozent (Zypern) und 67 Prozent (Spanien). Dennoch
lassen sich einige Forschungsdefizite feststellen: So unterscheiden viele Studien nicht
zwischen den Orten, an denen Kinder Online-Medien nutzen (zu Hause, in der Schule, bei
Freunden oder Freundinnen etc.), und die Online-Nutzung wird zum Teil sehr allgemein
abgefragt,21 ohne Häufigkeit, Dauer oder Zeitpunkt zu berücksichtigen. Zudem liegen kaum
Daten dazu vor, aus welchen Gründen manche Kinder keinen Zugang zu Online-Medien
haben und was das für sie bedeutet.
21 Zum Teil wird nur die Frage gestellt, ob das Internet schon einmal genutzt wurde.
38
Da nicht allen Studien repräsentative Daten zur Gesamtbevölkerung des jeweiligen Landes zu
Grunde liegen und die meisten Erhebungen auf bestimmte Altersgruppen eingeschränkt sind,
existieren in manchen Ländern nicht für alle Altersstufen repräsentative Daten. Repräsentative
Ergebnisse liegen in Österreich beispielsweise nur für elf- bis 19-Jährige und Ältere vor. Zum
Teil stammen sie aus Erhebungen zur Gesamtbevölkerung ab 14 Jahren, zum Teil aus
Jugendstudien, die neben einer Reihe anderer Themen Internetnutzung und -zugang mit
erheben. Für die Altersgruppe zwölf- bis 19-Jährige gibt es zudem repräsentative Daten zu
Online-Interessen und -aktivitäten. Die Hälfte der Studien, die diese Informationen
beinhalten, ist nur gegen Bezahlung erhältlich, sodass die Datenlage in Österreich sogar im
Hinblick auf die zentralen Eckdaten als eingeschränkt bezeichnet werden muss. Zu Kindern
unter elf Jahren existieren überhaupt keine für das gesamte Bundesgebiet repräsentativen
Ergebnisse, allerdings liegen zwei repräsentative Studien für das Bundesland Oberösterreich
vor (eine für Elfjährige bzw. Ältere und eine für Sechs- bis Zehnjährige).
Neben Nutzung, Zugang, Interessen und Aktivitäten zählen auch Online-Kompetenzen (39
Prozent), geschlechtsspezifische Unterschiede (29 Prozent) sowie Social Networking (28
Prozent) zu häufig erforschten Themen innerhalb Europas, gefolgt von Online-Spielen (23
Prozent), Auswirkungen von Online-Medien (22 Prozent), Lernen mit Online-Medien (21
Prozent) sowie Anliegen und Frustrationen (20 Prozent) (siehe Tabelle 6). Bis auf Social
Networking, das in manchen Ländern (Schweden, Norwegen, Irland, Dänemark) sehr
ausführlich, in anderen hingegen gar nicht beforscht wurde (Slowenien, Bulgarien, Zypern),
existiert in allen Ländern zumindest je eine Studie zu diesen Aspekten.
Viel geforscht wurde zu diesen Themen vor allem in Skandinavien (Schweden, Norwegen,
Dänemark, Island) und Irland. Geschlechtsunterschiede spielen zudem in Spanien und Polen
eine wichtige Rolle, E-Learning in Portugal und Anliegen bzw. Frustrationen im
Zusammenhang mit Online-Medien in Großbritannien und Polen. Zu Online-Kompetenz
wurde in den nördlichen Ländern zwar auch viel geforscht, im Spitzenfeld liegen hier aber nur
Island und die beiden südlichen Länder Spanien und Portugal. In Österreich spielen die
genannten Aspekte eher eine untergeordnete Rolle. Auffällig ist des Weiteren, dass
geschlechtsspezifische Unterschiede in Großbritannien kaum beforscht wurden und dass
Studien zu E-Learning in insgesamt fünf Ländern (Deutschland, Niederlande, Polen,
Slowenien und Tschechien) deutlich unter zehn Prozent ausmachen.22
Von allen 16 erfassten Themenbereichen wurden Identitätsspiele (16 Prozent), Gestaltung (13
Prozent) und Interpretation (zehn Prozent) von Inhalten, Suchstrategien (elf Prozent) Internet
als Ratgeber (zehn Prozent) sowie öffentliche bzw. politische Partizipation (sechs Prozent)
europaweit am wenigsten erforscht (siehe Tabelle 6). Zur Gestaltung und Interpretation von
22 Dies ist erstaunlich, da Pädagogik bzw. Erziehungswissenschaft hinsichtlich des Forschungsfelds Kinder, Jugendliche und Internet eine wichtige Disziplin darstellt.
39
Inhalten existiert trotz allem in jedem Land zumindest eine Studie; alle anderen Aspekte
werden in einige Staaten gar nicht behandelt.
Unterschiede zwischen den Ländern lassen sich auch in Bezug auf die thematische Vielfalt
feststellen. Während in einem Drittel der beteiligten Länder (acht) alle sechs erfassten
Aspekte der Internetnutzung von Kindern beforscht wurden und weitere neun Länder –
darunter auch Österreich – in nur einem Themenbereich Lücken aufweisen, fehlen in anderen
Staaten Daten zu einer Reihe von Aspekten. Am geringsten ist die Vielfalt in Zypern und
Slowenien,23 was darauf zurück zu führen ist, dass die Forschungslage dort insgesamt sehr
schwach ist. Auffällig ist hingegen Island: Dort existieren Studien zu sämtlichen thematischen
Bereichen, obwohl insgesamt nur wenige Erhebungen identifiziert werden konnten (elf).
Vergleicht man die thematische Ausrichtung der Forschung in Österreich mit den
europäischen Durchschnittswerten, so lassen sich kaum österreichische
Forschungsschwerpunkte identifizieren (siehe Tabelle 6). Bis auf die Online-Nutzung, die
häufiger untersucht wurde, liegt Österreich hinsichtlich der meisten Themen nahe am
europäischen Durchschnitt. Deutlich weniger Aufmerksamkeit erlangten hierzulande
Identitätsspiele, Lernen mit Online-Medien, Online-Spiele, Social Networking sowie Internet
als Ratgeber. Zu letzterem liegt bisher keine einzige Studie vor.
Forschung zum Umgang der Eltern mit dem Internet und der Online-Nutzung ihrer Kinder
Hinsichtlich Online-Risiken und -Chancen für Kinder und Jugendliche sind auch die
Erfahrungen der Eltern mit neuen Online-Technologien und ihr Umgang mit der
Internetnutzung ihrer Kinder von Bedeutung. Wie sie selbst zu neuen Medien stehen, wie sie
die Online-Nutzung ihrer Kinder begleiten, regulieren oder einschränken, ob und in welcher
Weise sie ihnen Zugang zum Internet verschaffen, hat Einfluss auf die Online-Erlebnisse der
Kinder. Zu diesem Themenbereich gibt es insgesamt deutlich weniger Forschung als zu
Aspekten der Internetnutzung von Kindern und Jugendlichen selbst, dennoch lassen sich in
allen Ländern Studien dazu finden.
Der Anteil an Erhebungen zu elterlichem Wissen, Einstellungen, Erfahrungen und Verhalten
liegt in den beteiligten Ländern zwischen 23 Prozent (Estland) und 80 Prozent (Zypern). In
einem Drittel der Länder widmen sich zumindest die Hälfte der Studien (unter anderem)
diesen Fragen. Dies trifft neben Zypern auf Irland (71 Prozent), Italien (59 Prozent),
Bulgarien (56 Prozent), Frankreich (54 Prozent), Großbritannien (51 Prozent) und Slowenien
(50 Prozent) zu. Die höchste absolute Zahl an empirischen Arbeiten konnte in Großbritannien
identifiziert werden. Mit 34 Studien stellt Großbritannien 26 Prozent aller europäischen
Erhebungen zum Umgang von Eltern mit Online-Medien. Niedrige Anteile finden sich neben
23 In Zypern wurden fünf Themen nicht bearbeitet, in Slowenien vier.
40
Estland auch in den Niederlanden und Deutschland (je 32 Prozent) sowie in Portugal,
Griechenland, Tschechien und Österreich (je 33 Prozent).
Im Hinblick auf den Umgang der Eltern mit Online-Technologien und der Internetnutzung
ihrer Kinder wurde für die vorliegenden Analysen zwischen neun Aspekten unterschieden
(siehe Tabelle 7). Am besten untersucht sind mit Abstand Formen der elterliche Regulierung
(23 Prozent aller europäischen Studien). Reaktionen der Kinder darauf werden hingegen
selten in den Blick genommen (acht Prozent), ebenso wenig wie die Effektivität von Filtern,
die als Schutz vor ungeeigneten Inhalten dienen sollen. Vergleichsweise häufig wird hingegen
das Wissen der Eltern über das Online-Verhalten ihrer Kinder (17 Prozent), das elterliche
Risikobewusstsein (16 Prozent) sowie ihre Anliegen in Bezug auf Online-Technologien (15
Prozent) abgefragt.
Thema Europa Österreich Studien Anteil (%) Studien Anteil (%)
Regulierungsstil der Eltern 82 23% 8 30% Wissen über die Online-Nutzung der Kinder 62 17% 4 15% Risikobewusstsein der Eltern 56 16% 4 15% Anliegen der Eltern bzgl. Online-Technologien 54 15% 2 7% Einstellungen der Eltern zu Online-Technologien 47 13% 2 7% Online-Kompetenz der Eltern 44 12% 5 9% Medienkompetenz der Eltern 36 10% 2 7% Reaktion der Kinder auf elterliche Regulierung 28 8% 2 7% Effektivität von Filtern 27 8% 1 4%
Tabelle 7: Datenlage zum Umgang der Eltern mit Online-Technologien (Mehrfachcodierung). Quelle:
Eigene Berechnungen.
Ein Blick auf die Werte für Österreich zeigt, dass die Reihung der Themen relativ ähnlich
ausfällt, wobei Online-Kompetenzen der Eltern auf der österreichischer Prioritätenliste etwas
weiter oben stehen. Dies ist allerdings nicht die Folge von überdurchschnittlich viel
Forschung in diesem Bereich – der Wert liegt unter dem europäischen Mittel –, vielmehr
kommt dies dadurch zu Stande, dass alle anderen Aspekte noch deutlicher unter dem
Durchschnitt liegen. Insgesamt wurden die meisten Themen in Österreich weniger intensiv
bearbeitet als auf europäischer Ebene; dies gilt in besonderem Maße für die Anliegen und
Einstellungen von Eltern in Bezug auf Online-Medien. Ein Ausnahme stellt nur der
Regulierungsstil der Eltern dar; diese wurden in Österreich tendenziell häufiger beforscht
(siehe Tabelle 6).
Ohne die Beteiligung an internationalen Befragungen würde sich die ohnehin schwache
Datenlage in Österreich noch spärlicher darstellen, denn die drei nationalen Studien zu diesem
Themenbereich liefern keine Informationen zum Wissen der Eltern über das Online-Verhalten
ihrer Kinder, zu Reaktionen der Kinder auf elterliche Regulierungsmaßnahmen, zur
Medienkompetenz der Eltern sowie zur Effektivität von Filtern. Ähnlich oder zum Teil noch
problematischer stellt sich die Situation in anderen Ländern dar: In Island und Zypern existiert
keine einzige nationale Studie zu diesem Themenbereich, und beinahe ein Drittel der
beteiligten Staaten (sieben) hätte ohne länderübergreifende Erhebungen zu mehr als der Hälfte
der oben genannten Aspekte keine Daten.
Die internationalen Erhebungen, die eine Vielzahl von Staaten einschließen und zahlreiche
Aspekte des Umgangs der Eltern mit der Online-Nutzung ihrer Kinder behandeln, sind daher
von großer Bedeutung. Nur auf Grund dieser Studien können alle beteiligten Länder
zumindest auf ein Minimum an Daten zurückgreifen. Zu nennen sind hier insbesondere der
Spezial-Eurobarometer-Studie 250 zu Safer Internet (Europäische Kommission 2006), der
Eurobarometer-Erhebung EB 60.2 zu illegalen und schädlichen Inhalten im Internet
(Europäische Kommission 2004) und der ebenfalls im Rahmen der Eurobaromenter-
Erhebungen durchgeführten qualitativen Studie „Studie Safer Internet for Children“
(Europäische Kommission 2007).
Datenlage zu Online-Risiken
Im Zentrum des Interesses von EU Kids Online steht die Frage nach Erkenntnissen zu Online-
Risiken für Kinder und Jugendliche in Europa. Aus diesem Grund wurde erfasst, wie viele
Studien sich diesem Aspekt widmen. Dabei zeigt sich, dass Risiken europaweit etwas
häufiger erforscht werden als der Umgang von Eltern mit neuen Online-Medien.24 Beide
Themenbereiche erregen jedoch deutlich weniger Aufmerksamkeit als die Internetnutzung
von Kindern und Jugendlichen.
Den größten Stellenwert scheinen Online-Risiken in der irischen Forschung zu haben, denn
93 Prozent (13 Studien) aller irischen Erhebungen widmen sich unter anderem diesem Thema
(siehe Tabelle 9, rechte Spalte). Hohe Anteile finden sich zudem in Zypern (80 Prozent),
Norwegen (72 Prozent), Island (64 Prozent) und Spanien (62 Prozent). In Großbritannien liegt
der Wert bei 51 Prozent; dort wurden jedoch insgesamt die meisten Arbeiten zu Online-
Risiken durchgeführt. Mit 34 Einzelstudien stellt Großbritannien 23 Prozent aller
europäischen Erhebungen zu diesem Themenbereich. Geringe Beachtung finden Gefahren
von Online-Medien in Studien aus Griechenland (28 Prozent), Deutschland und Portugal (je
30 Prozent), Estland (32 Prozent), Belgien (35 Prozent) und Österreich (37 Prozent). In allen
Ländern berücksichtigen jedoch zumindest vier Erhebungen Online-Risiken.
Am häufigsten untersucht wurden europaweit Erfahrungen von Kindern und Jugendlichen mit
potenziell schädlichen Inhalten, die ihnen Angst machen oder sie überfordern können (22
41
24 Gefahren des Internets wurden europaweit in 149 Erhebungen (42 Prozent) berücksichtigt, Aspekte des elterlichen Umgangs mit dem Internet hingegen in 131 (37 Prozent). In etwas mehr als der Hälfte der beteiligten Ländern (zwölf), darunter auch Österreich, stellt sich das Verhältnis ähnlich dar, in vier weiteren Ländern ist es umgekehrt, und in fünf Ländern kommt den beiden Themenbereichen gleiche Aufmerksamkeit zu.
42
Prozent aller Studien). Dies trifft in Österreich sogar noch in stärkerem Ausmaß zu, wo 30
Prozent aller Studien diesen Aspekt beleuchten (siehe Tabelle 8).
Während der Kontakt zu Fremden sowie pornographische, gewaltige, rassistische oder
hasserfüllte Inhalte auf europäischer Ebene fast ebenso häufig untersucht wurden, existieren
zu dieser Art von Gefahr in Österreich deutlich weniger Erkenntnisse (je elf Prozent).
Hierzulande werden hingegen Erfahrungen von Kinder und Jugendlichen mit illegalen
Inhalten häufiger untersucht, wobei bedacht werden muss, dass Seiten mit
nationalsozialistischen Inhalten in Österreich auf Grund des Wiederbetätigungsgesetz in die
Kategorie illegale Inhalte fallen, während sie in anderen Länder zum Bereich rassistischer
oder hasserfüllter Websites fallen.
Auch die Weitergabe von persönlichen Informationen sowie Cybermobbing oder -stalking
werden in Österreich deutliche seltener untersucht. Wenig Forschung gibt es sowohl auf
europäischer als auch auf österreichischer Ebene zur Missachtung der Privatsphäre,
Beeinflussung durch Werbung, illegale Downloads, Falschinformationen, problematischem
User-Genereted Content, Hacking, Verharmlosung von Selbstmord, Selbstschädigung,
Magersucht, Drogen etc. sowie zu Glücksspielen und Wetten.
Risiken Europa Österreich Anteil Anteil
Studien (%) Studien (%)
Schädliche Inhalte 78 22% 8 30% Kontakt zu Fremden 79 22% 3 11% Pornographische, gewalthaltige, rassistische Inhalte 70 20% 3 11% Herausgabe persönlicher Informationen 65 18% 2 7% Illegale Inhalte 58 16% 5 19% Cybermobbing oder -stalking 56 16% 2 7% Missachtung der Privatsphäre 35 10% 3 11% Beeinflussung durch Werbung 33 9% 2 7% Illegale Downloads 30 8% 1 4% Falschinformationen 25 7% 2 7% Problematischer User-Generated Content 20 6% 1 4% Hacking 17 5% 1 5% Verharmlosung von Selbstmord, Selbstschädigung,
9 3% 1 4% Magersucht, Drogen etc. Glückspiele, Wetten 11 3% 0 0%
Tabelle 8: Datenlage zu unterschiedlichen Online-Risiken (Mehrfachcodierung). Quelle: Eigene
Berechnungen.
43
Fasst man sämtliche Risiken zu den vier Überkategorien „inhaltliche Risiken“,
„Kontaktrisiken“, „kommerzielle Risiken“ und „Gefährdung der Privatsphäre“25 zusammen
(siehe Tabelle 9), so zeigt sich, dass inhaltliche Risiken europaweit am häufigsten untersucht
wurden (110 Studien). Diese Risikoart wurde nicht nur im europäischen Schnitt sondern in
jedem der 21 Länder am meisten erforscht.
Risiken
Inhaltliche Risiken
Kontakt-r isiken
Kommerzielle Risiken
Gefährdung der
Risiken gesamt
Land Privatsphäre
Belgien 30% (8) 19% (5) 22% (6) 30% (8) 48% (13) Bulgarien 56% (5) 44% (4) 22% (2) 44% (4) 56% (5) Dänemark 45% (15) 36% (12) 21% (7) 36% (12) 52% (17) Deutschland 26% (19) 16% (12) 5% (4) 18% (13) 30% (22) Estland 23% (5) 9% (2) 9% (2) 18% (4) 32% (7) Frankreich 46% (12) 31% (8) 15% (4) 19% (5) 54% (14) Griechenland 28% (11) 18% (7) 13% (5) 21% (8) 28% (11) Großbritannien 33% (22) 31% (21) 13% (9) 18% (12) 51% (34) Irland 86% (12) 64% (9) 36% (5) 64% (9) 93% (13) Island 55% (6) 45% (5) 45% (5) 45% (5) 64% (7) Italien 41% (12) 28% (8) 17% (5) 17% (5) 59% (17) Niederlande 42% (8) 21% (4) 11% (2) 16% (3) 42% (8) Norwegen 72% (18) 56% (15) 40% (10) 60% (15) 72% (18) Österreich 33% (9) 11% (3) 7% (2) 15% (4) 37% (10) Polen 57% (8) 43% (6) 14% (2) 29% (4) 57% (8) Portugal 30% (8) 11% (3) 7% (2) 11% (3) 30% (8) Schweden 39% (12) 32% (10) 19% (6) 26% (8) 45% (14) Slowenien 57% (8) 21% (3) 21% (3) 29% (4) 57% (8) Spanien 52% (11) 33% (7) 24% (5) 33% (7) 62% (13) Tschechische Republik 27% (4) 27% (4) 13% (2) 20% (3) 40% (6) Zypern 80% (4) 40% (2) 20% (1) 40% (2) 80% (4) Gesamteuropa 31% (110) 26% (92) 14% (50) 22% (80) 42% (149)
Tabelle 9: Datenlage Online-Risiken im europäischen Vergleich (Mehrfachcodierung). Quelle: Eigene
Berechnungen.
An zweiter Stelle liegen europaweit Kontaktrisiken (92 Studien, 26 Prozent); in Österreich,
Deutschland, Griechenland und Norwegen spielt hingegen die Gefährdung der Privatsphäre
eine größere Rolle. Am geringsten Aufmerksamkeit wird Kontaktrisiken in der belgischen
und estnischen Forschung zu Teil. Auffälliger Weise stammen sämtliche österreichischen
Daten zu Kontaktrisiken aus internationalen Studien. Kommerzielle Online-Risiken werden in
25 Zu inhaltlichen Risiken zählen schädliche Inhalte, pornographische, gewalthaltige bzw. rassistische Inhalte, Fehlinformationen, problematischer User-Generated Content, Verharmlosung von Selbstmord, Selbstschädigung, Magersucht und Drogen. Kontaktrisiken sind einerseits Cybermobbing oder -stalking und andererseits Kontakt zu Fremden, die potenziell eine Gefahr darstellen können. Die Kategorie kommerzielle Risiken setzt sich aus Beeinflussung durch Werbung, illegalen Downloads und Glückspielen bzw. Wetten zusammen und zur Gefährdung der Privatsphäre zählen die Weitergabe persönlicher Informationen, Hacking sowie die Missachtung der Privatsphäre.
44
allen beteiligten Ländern am seltensten untersucht (50 Studien). Dies gilt auch für Österreich,
wo wie in Schweden, Estland, Bulgarien, den Niederlanden, Polen und Tschechien nur zwei
Studien dieses Thema berücksichtigen. Nur in Zypern findet sich noch weniger Forschung
dazu (eine Studie).
Insgesamt lässt sich das Ausmaß an Forschung zu Online-Risiken in Österreich im
Vergleich zum europäischen Mittel als unterdurchschnittlich bezeichnen. Dies gilt sogar
für inhaltliche Risiken, der einzigen Risikotyp, zu der mehr als eine nationale Studie vorliegt.
Zu allen anderen Arten von Online-Gefahren stammen die Daten (beinahe) ausschließlich aus
multinationalen Erhebungen, an denen Österreich beteiligt war. Die Bedeutung internationaler
Untersuchungen für die österreichische Datenlage zeigt sich auch daran, dass ohne diese
Studien keinerlei Ergebnisse zu Gefahren des Kontakts zu Fremden, Cybermobbing oder
Cyberstalking, illegalem Download, der Herausgabe persönlicher Daten, Hacking,
Falschinformationen, problematischem User-Generated Content, zur Verharmlosung von
Selbstmord, Selbstschädigung, Magersucht oder Drogen vorliegen würden.
Die wenigen Arbeiten, die in Österreich problematische Aspekte der Online-Nutzung
thematisieren, beziehen sich zumeist auf neun bis 14-Jährige. Für Gesamtösterreich
repräsentative Daten zu Online-Gefahren, die auf Befragungen der Kinder basieren, liegen
nicht nur für elf bis 18-Jährige vor. Sie stammen aus der Studie Elf/ 18 (Großegger 2005), die
nur gegen Bezahlung eingesehen werden kann. Zwei Eurobarometerstudien (Europäische
Kommission 2006/ Europäische Kommission 2004) liefern zudem repräsentative Daten aus
Elternbefragungen, wobei einige Aspekte nur europaweit ausgewertet wurden, ohne die
Zahlen für die einzelnen Länder anzugeben. Am wenigsten untersucht sind Risiken für Kinder
unter acht Jahren und zu Kleinkindern (unter drei Jahre) sind überhaupt keine Ergebnisse
zugänglich.
Methodologische Grundlangen und methodisches Design
Hinsichtlich der methodologischen Ausrichtung und methodischen Vorgehensweisen lässt
sich feststellen, dass quantitative Studien in Europa mit Abstand am häufigsten durchgeführt
werden (58 Prozent), wobei meist mit paper self completion gearbeitet wird, gefolgt von
persönliche und telefonischen Interviews und Online-Befragungen. In Österreich dominieren
quantitative Verfahren sogar noch deutlicher (74 Prozent). Ohne die Hilfe von Interviewern
schriftlich ausgefüllte Fragebögen spielen allerdings eine etwas geringere Rolle.
Nur etwa zwei Drittel (63 Prozent) der Studien, die quantitative Verfahren einsetzen liefern
repräsentative Ergebnisse. In Österreich sind es immerhin 71 Prozent, wobei die wenigsten
für die gesamte Bevölkerung repräsentativ sind, denn subnationale Samples sind hierzulande
weit verbreitet (43 Prozent der quantitativen Studien).
45
Methodologie Europa Österreich Studien Anteil (%) Studien Anteil (%)
Quantitativer Ansatz 209 58% 20 74% Qualitativer Ansatz 66 18% 6 22% Kombination beider Ansätze 75 21% 1 4%
Tabelle 10: Einsatz methodologischer Ansätze. Quelle: Eigene Berechnungen.
Viel weniger häufig als quantitative Erhebungen sind Studien, die beide methodologische
Ansätze kombinieren (21 Prozent) und am seltensten werden ausschließlich qualitative
Verfahren verwendet (18 Prozent). Anders als auf europäischer Ebene werden Mehr-
Methoden-Designs in diesem Forschungsfeld in Österreich noch ausgesprochen selten
verwendet (eine Studie). Qualitative Studien arbeiten mit einer Vielzahl an unterschiedlichen
Erhebungsmethoden. Neben Interviews, Gruppendiskussionen und Beobachtung werden noch
Lautes Denken, Tagebuchaufzeichnungen, Dokumentenanalyse, Analyse von
Telefongesprächen oder Lehrmaterial, Online-Interviews, Gruppendiskussionen eingesetzt.
Während Interviews sowohl europaweit als auch in Österreich das wichtigste Verfahren
darstellen, spielen Gruppendiskussionen bzw. Klassengespräche hierzulande eine größere
Rolle. Auffällig ist auch, dass die einzige Studie, die mit Lautem Denken arbeitet, aus
Österreich stammt. Die Beobachtung hingegen wird deutlich seltener eingesetzt.
Unter dem europäischen Schnitt liegt auch der Anteil an österreichischen Studien, die Kinder
und Eltern bzw. Lehrer und Lehrerinnen befragen. Europaweit beziehen 30 Prozent aller
Arbeiten mehrere Gruppen ein, in Österreich sind es nur 18 Prozent. Zwei österreichische
Erhebungen befragen Kinder und ihre Eltern, eine Kinder und ihre Lehrer bzw. Lehrerinnen.
Studien, die alle drei Perspektiven zusammen führen, liegen in Österreich nicht vor, ebenso
wenige Erhebungen, die ausschließlich Lehrkräfte berücksichtigen. Es ist daher auch wenig
verwundert, dass wenige Informationen zu Eltern, ihrem Umgang mit dem Internet und ihrem
Medienerziehungsverhalten vorhanden sind. Sowohl in Gesamteuropa als auch in Österreich
lässt sich zudem ein Mangel an Langzeit- oder Panelstudien zu Fragen des Umgangs von
Kindern, Eltern und Lehrpersonen mit Online-Medien festzustellen.
Besonders bedenklich ist die Tatsache, dass in Berichten von 19 Prozent aller europaweit
zusammengetragenen Studien zentrale Angaben zu methodischen Aspekten fehlen.26 Dies ist
allerdings bei österreichischen Studien nicht der Fall.
26 So geben acht Prozent der quantitativen Studien nicht angeben, ob ihr Sample repräsentativ ist, bei elf Prozent ist unklar, mit welchen Befragungsmethoden sie arbeiten, und bei vier Prozent fehlen Informationen über die Reichweite des Samples Weiteres mache zehn Prozent der qualitativen Methoden Arbeiten keine näheren Angaben zur Erhebungsmethode, und 26 Prozent der Mehr-Methoden-Studien nennen nur eine Methode.
46
3.1.3 Forschungsmuster und -defizite in Österreich
Betrachtet man die Studien, die ausschließlich Daten für Österreich liefern genauer, so fällt
auf, dass repräsentative bzw. quantitative Erhebungen, die meist nur Fragen des Zugangs
sowie der Nutzungshäufigkeit und -motivation behandeln, eine überaus wichtige Rolle
spielen. Diese Untersuchungen beschränken sich auf die Erhebung empirischer Daten, ohne
diese in einen theoretischen Kontext einzubetten, der in der Lage ist, unterschiedliche
Dimensionen von Online-Erfahrungen junger Menschen in ihren Relationen zueinander zu
erklären. Qualitative Studien, die sich auf den Umgang mit den Angeboten des Internet
beziehen, sowie theoriegeleitete Forschungsarbeiten sind eher selten. Generell ist hinsichtlich
Methodologie und Methoden kaum Vielfalt oder Ausdifferenzierung zu erkennen. Studien,
die mehrere Verfahren einsetzen, quantitative und qualitative Ansätze verbinden oder
zusätzlich zu den Kindern auch Eltern, Lehrer oder Lehrerinnen befragen, stellen Ausnahmen
dar.
Obwohl insgesamt 27 Studien identifiziert werden konnten, die Daten zur Online-Nutzung
österreichischer Kinder und Jugendlicher enthalten, kann die Anzahl an österreichischen
Studien und Befunde in diesem Themenfeld insgesamt eher als gering betrachtet werden. So
finden sich lediglich 16 Untersuchungen, die ausschließlich Daten für Österreich liefern.
Dabei handelt es sich in vielen Fällen um Studien, die neben der Internetnutzung noch eine
Reihe anderer Lebensbereiche abdecken oder die Gesamtbevölkerung ab 14 Jahren in den
Blick nehmen. Die restlichen elf Erhebungen sind internationale Studien mit österreichischer
Beteiligung. Angesichts der hohen Internetpenetration in Österreich ist die niedrige Anzahl an
Studien verwunderlich, wenn es auch Länder gibt, in denen dieser Themenbereich noch
seltener erforscht wird.
Besonders wenige Ergebnisse liefern österreichische Studien zu Kindern unter zehn Jahren.
Vor allem in den zahlenmäßig dominierenden quantitativen Studien werden großteils ältere
Kinder oder Jugendliche berücksichtigt, weil diese Verfahren bei Jüngeren nur bedingt zu
validen Ergebnissen führen. Klein- und Volkschulkinder werden am ehesten in den
qualitativen Studien berücksichtigt. Zur Problematik von Online-Risiken gibt es nur wenige
Arbeiten, die angesichts der rasanten Entwicklungen von Internetangeboten und -nutzung
wenig aktuell sind und sich vor allem Kindern ab elf Jahren widmen. Auch Erkenntnisse zum
Umgang von Eltern und Lehrpersonen mit Online-Risiken und der Internetnutzung ihrer
Kinder und Schüler sind rar.
Als problematisch lässt sich auch der öffentliche Zugang zu österreichischer Forschung
bezeichnen, denn fast ein Drittel der Studien in diesem Themenfeld ist nur in kurzen
Zusammenfassungen oder gegen Bezahlung erhältlich. Dies ist eine Folge der Dominanz von
Marktforschung, die mit ihren Erhebungen in erster Linie kommerzielle Ziele verfolgt, und
ausführliche Berichte selten öffentlich zur Verfügung stellt.
47
Entlang von Auftraggebern, Methoden und Themen lassen sich österreichische Studien zur
Online-Nutzung von Kindern und Jugendlichen, ihrer Eltern und Lehrkräfte in folgende
Gruppen einteilen:
a) Marktorientierte kommerzielle Studien
Bei einem wesentlichen Teil der Studien handelt es sich um Erhebungen von
Marktforschungsunternehmen, die im Auftrag kommerzieller Unternehmen zur
kontinuierlichen Beobachtung des Internetmarkts durchgeführt werden oder im Rahmen von
kommerziellen Eigenprojekten der Institute entstehen. Ausführliche Berichte sind meist nur
den Auftraggebern zugänglich oder können käuflich erworben werden, zum Teil zu Preisen
von mehreren hundert Euros. Diese Studien konzentrieren sich auf Zugang zum Internet
sowie Häufigkeit und Zweck der Nutzung. Die Daten werden mittels quantitativer
computergestützter Befragungsmethoden wie CATI oder CAPI (computer assisted telephone
or personal interviews) erhoben und basieren auf für die Gesamtbevölkerung repräsentativen
Samples. Jugendliche ab 14 Jahren werden zwar befragt, zumeist werden aber nur wenige
Aspekte für diese Altersgruppen ausgewiesen. Aus diesem Grund wurden einige der Studien
auch nicht in die Auswertungen im Rahmen des EU Kids Online-Projekts miteinbezogen.
b) Nicht-kommerzielle Auftragsforschung
Neben kommerziellen Unternehmen gibt es auch öffentliche oder gemeinnützige Institutionen
wie Ministerien, Jugendvereine, Bildungseinrichtungen oder die Katholische Jungschar, die
Forschung in diesem Themenbereich in Auftrag gegeben. Meist handelt es sich bei solchen
Auftragsstudien um Kinder- oder Jugendstudien, die neben der Internetnutzung eine Reihe
von anderen Themen beinhalten. Auch diese Untersuchungen arbeiten mit quantitativen
Befragungen (computer assisted personal Interviews, Paper-Pencil Bögen, Online-
Fragebögen), decken ein großes, meist repräsentatives Sample ab und wurden von
Marktforschungsinstituten oder außeruniversitären Forschungseinrichtungen durchgeführt.
Der Großteil fokussiert auf Jugendliche, zum Teil auch auf junge Erwachsene (25-30) oder
Eltern. Neben Internetzugang und -nutzung erheben diese Arbeiten auch beliebte
Anwendungen, geschlechtsspezifische Unterschiede, teilweise auch Einstellungen zum
Internet oder Online-Kompetenzen. Vereinzelt wird auch dem Kontakt von Kindern mit so
genannten problematischen Inhalten nachgegangen.
c) Akademische Forschung
Der Bereich der universitären Forschung zum Umgang von Kindern und Jugendlichen mit
dem Internet ist in Österreich eher klein; deshalb kommt studentischen Abschlussarbeiten eine
wichtige Rolle zu. Neben Diplomarbeiten konnte nur ein Forschungsprojekt mit studentischer
Beteiligung, ein Eigenprojekt des ICT&S-Centers und ein Projekt am Fachbereich
48
Kommunikationswissenschaft der Universität Salzburg im Auftrag der Telekom Austria
identifiziert werden. Die Varianz an Fragestellungen und an methodischen Zugängen ist trotz
der geringen Anzahl an Arbeiten vielfältig. Es finden sich sowohl quantitative, qualitative als
auch Mehr-Methoden-Designs, allerdings meist mit einer geringen Anzahl an Probanden und
Probandinnen.
Auch das Themenspektrum ist in dieser Gruppe groß. Wie bei allen anderen Arbeiten werden
Zugang zu und Nutzung des Internets erhoben. Darüber hinaus reichen die Aspekte von
Motiven für die Nutzung, beliebteste Anwendungen, geschlechtsspezifischen Unterschieden,
Einstellungen, Erfahrungen, Wünsche und Erwartungen an Online-Medien
Internetkompetenzen, bis hin zur Frage, wie Kinder mit Online-Angeboten umgehen und sich
in virtuellen Umgebungen zurechtfinden. Dabei werden jüngere Kinder vergleichsweise
deutlich häufiger berücksichtigt als in kommerziellen Studien oder in nicht-kommerzieller
Auftragsforschung. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die drei Gruppen und ihre
Merkmale.
Marktorientierte
Studien kommerzielle „Nicht kommerzielle“
Auftragsstudien Akademische Forschung
Methoden Quantitative
computerunterstützte, mündliche
Befragung (telefonisch; face-to-
face)
Quantitative mündliche oder
schriftliche Befragung
(computergestützt, face-to-face,
paper-self-completion)
Qualitative Leitfaden-Interviews, Gruppendiskussionen, Nachträgliches Lautes Denken Quantitative schriftliche Befragung (paper-self-completion)
Auftraggeber Medien- und Telekommunikations-unternehmen
Eigenprojekte der Institute
(Verkauf der Ergebnisse)
Non-Profit- bzw. Social-Profit-
Organisationen (Ministerien,
Jugendreferate, Pädagogische
Institute)
Keine oder Non-Profit-Organisation
Durchführung Marktforschungsinstitute (Markt)forschungsinstitute Studentische Abschlussarbeiten
Projektseminar
Wissenschafter und
Wissenschafterinnen
Themen Internetzugang und
(Frequenz, Zweck). -nutzung Internetzugang und -nutzung
geschlechtsspezifische Unterschiede
beliebteste Anwendungen
Einstellungen zum Internet
Online-Kompetenzen
problematische Inhalte
Internetzugang und -nutzung
Stellenwert und Motive der Nutzung
beliebteste Anwendungen
Einstellungen zum Internet
Orientierung in virtuellen Räumen
Umgang mit Online-Medien
geschlechtsspezifische Unterschiede
Vorstellungen von und Erwartungen an das Internet
Erwerb von Online-Kompetenz
Abbildung 6: Klassifizierung österreichischer Studien. Quelle: Rathmoser 2007: 96.
49
3.2 Arbeitspaket 2: Interkulturelle Forschungskontexte
3.1.2 Ziele und Vorgehensweise
Das zweite Arbeitspaket widmet sich der Frage nach möglichen Gründen für die
unterschiedliche Forschungslage in den 21 beteiligten Ländern. Ziel ist es, länderspezifische
und kulturübergreifende Faktoren zu identifizieren, die Forschung zu Kindern, Jugendlichen
und Online-Medien in Europa beeinflussen. Im Rahmen dieses Arbeitspakets soll
herausgefunden werden, warum das Ausmaß an Studien zu diesem Themenbereich zwischen
den Ländern divergiert und wie sich unterschiedliche thematische Schwerpunkte oder
Forschungsdefizite erklären lassen.
Um diesen Fragen nachzugehen, haben EU Kids Online-Teams aus allen beteiligten Nationen
mit Hilfe einer Reihe von Experten und Expertinnen27 im Rahmen von Länderberichten die
nationalen Forschungshintergründe beleuchtet. Folgende Kontextfaktoren wurden dabei
berücksichtigt:
- Die Forschungsinfrastruktur des Landes, insbesondere jener Disziplinen, die sich mit
Kindern und Jugendlichen, mit Online-Medien oder dem Internet auseinandersetzen.
- Forschungstraditionen in diesen Fächern sowohl in Bezug auf Gegenstände,
theoretische Ansätze als auch methodologische Zugänge.
- Institutionelle Rahmenbedingungen von Forschungseinrichtungen in den jeweiligen
Ländern.
- Möglichkeiten der Forschungsfinanzierung insbesondere in den Sozialwissenschaften,
sowie die Bedeutung unterschiedlicher Finanzierungsformen im Forschungsfeld
Kinder, Jugendliche und Online-Medien.
- Politische Faktoren, die das Forschungsklima im Bereich Kinder- und
Jugendforschung und Informations- und Kommunikationstechnologien beeinflusst
haben.
- Öffentliche – insbesondere mediale – Debatten im Zusammenhang mit Kindern,
Jugendlichen und dem Internet.
Die Länderberichte werden derzeit vor dem Hintergrund der Forschungslage in den einzelnen
Ländern vergleichend ausgewertet. Christina Ortner aus dem österreichischen Team hat
zusammen mit einer deutschen Mitarbeiterin des EU Kids Online-Netzwerks die Rolle von
unterschiedlichen Finanzierungsmustern für die Forschungskapazitäten in Europa analysiert.
27 Informationen für den österreichischen Länderbericht lieferten neben dem EU Kids Online-Team Christian Dirninger (Univ.-Prof. für Geschichte an der Universität Salzburg), Ingrid Geretschlaeger (Leiterin der Medienpädagogischen Beratungsstelle an der Niederösterreichischen Landesakademie), Bernhard Jungwirth (Koordinator von Saferinternet.at), Jean-Luc Patry (Univ.-Prof. für Erziehungswissenschaft an der Universität Salzburg) und Christian Swertz (Univ.-Prof. für Erziehungswissenschaft an der Universität Wien).
50
Da zur medialen Debatte zu Kindern, Jugendlichen und dem Internet europaweit kaum Daten
vorliegen, führten Mitglieder des EU Kids Online-Netzwerks eine quantitative Inhaltsanalyse
von ausgewählten Zeitungen durch. Zwischen 1. Oktober und 31. November 2007 wurden in
14 beteiligten Ländern regionale und bundesweite Qualitäts- und Boulevardzeitungen
gesichtet. Für Österreich sammelte und codierte Christina Ortner Artikel im Standard, der
Kronenzeitung, der Neuen Zeitung und der Kleinen Zeitung. Erfasst wurden unter anderem
die Themen, der Tenor, die Quellen, die diskutierten Chancen und Risiken und die
Perspektiven, die in den jeweiligen Artikeln berücksichtigt wurden. Eine internationale
Arbeitsgruppe wertete die Daten statistisch aus. Da eine solche Analyse eine Reihe an
methodologischen Herausforderungen mit sich bringt, die auf Grund des kurzen Zeitraums
der Analyse und der begrenzten zeitlichen Ressourcen nicht vollständig gelöst werden
konnten, liefern die Ergebnisse kein umfassendes Bild der medialen Debatte. Vielmehr
müssen sie als eine Momentaufnahme der Berichterstattung in den Printmedien gesehen
werden, die erste Einsichten in Unterschiede des medialen Diskurses in den beteiligten
Ländern gewährt.
Da die Analysen im Rahmen von Arbeitspaket 2 noch nicht abgeschlossen sind und erst Ende
2008 in Form eines internationalen Berichts vorliegen werden, können noch keine
ausführlichen Ergebnisse berichtet werden. Auf Basis der Arbeit des österreichischen EU
Kids Online-Teams und einiger interner Berichte zu den laufenden Auswertungen werden im
nächsten Kapitel aber einige Zwischenergebnisse präsentiert. Der Schwerpunkt wird dabei
weniger auf internationalen Vergleichen sondern auf der Situation in Österreich liegen.
3.1.2 Rahmenbedingungen der österreichischen Forschung 28
Es gibt viele Faktoren, die Ausmaß, Art und thematische Ausrichtung von Forschung zu
Kindern, Jugendlichen und dem Internet beeinflussen. Neben Forschungsstrukturen, -
ressourcen und -traditionen können auch die Internetpenetration, die Bevölkerungsgröße, die
politische Agenda und Diskussion oder der mediale Diskurs eine Rolle spielen. In manchen
Ländern, darunter auch Österreich, ist zwar Forschung zum Thema Internet weit verbreitet,
nicht aber zur Nutzung von Online-Medien durch Kinder und Jugendliche und insbesondere
zu den Risiken, die damit verbunden sind. Im Folgenden werden einige Aspekte beschrieben,
die hinsichtlich der Forschungslage und -defizite in Österreich von besonderer Bedeutung
sind.
Mangel an akademischer Forschung
Betrachtet man Forschung zum Umgang von Kindern und Jugendlichen mit Online-Medien in
Österreich so fällt auf, dass der Großteil der Studien in diesem Bereich von
28 Die Inhalte des folgenden Kapitels basieren auf der Arbeit von Christina Ortner und Ingrid Paus-Hasebrink im Rahmen des Länderberichtes für Arbeitspaket 2 (siehe dazu Seite 49).
51
Marktforschungsinstituten oder anderen zum Teil kommerziell ausgerichteten Institutionen
durchgeführt wurden. Akademische Arbeiten machen derzeit noch einen kleinen Teil der
Studien in diesem Themenfeld aus. Dieser Mangel an akademischer Forschung beeinflusst
sowohl die thematische als auch die methodische Ausrichtung des Forschungsfelds.
Marktforschungsstudien in Österreich beschränken sich zumeist auf die Erhebung empirischer
Daten, insbesondere zu Internetzugang und -nutzung, ohne diese in einen theoretischen
Kontext einzubetten, wie dies in akademischen Arbeiten der Fall ist. Dies führt dazu, dass
eine Reihe von Momentaufnahmen zur Internetnutzung vorliegt, die nur punktuelle Aussagen
zulassen und schnell an Aktualität verlieren, verallgemeinerbare Ergebnisse jedoch fehlen.
Auch die Dominanz quantitativer Erhebung und die begrenzte Diversität im Hinblick auf
methodische Zugänge lassen sich auf den Mangel an akademischer Forschung zurückführen.
Während Marktforschungsinstitute in der Regel standardisierte Befragungen bei großen,
häufig repräsentativen Teilen der Bevölkerung durchführen, bedienen sich akademische
Arbeiten, je nach Fragestellung, einer Reihe unterschiedlicher Methoden und kombinieren
diese auch häufiger. Der Mangel an qualitativer Forschung lässt sich in Österreich daher nicht
auf fehlende Traditionen dieser Methodologie in den für dieses Themenfeld relevanten
Disziplinen zurückführen, sondern auf die Dominanz außeruniversitärer Forschung. Sowohl
in der Pädagogik und der Kommunikationswissenschaft als auch in den österreichischen
Sozialwissenschaften insgesamt sind qualitative Ansätze etabliert, wenn auch in den meisten
Fächern quantitative Verfahren häufiger eingesetzt werden. Eine genauere Betrachtung der
unterschiedlichen Arten von Forschung in Österreich zeigt zudem, dass qualitative
Befragungen und Mehrmethodendesigns in den insgesamt wenigen akademischen Arbeiten zu
Kindern, Jugendlichen und Online-Medien durchaus verwendet werden und die
Methodenvielfalt in dieser Gruppe vergleichsweise groß ist.
Die Beschränkung auf quantitative Befragungsformen führt unter anderem dazu, dass die
Einbettung der Internetnutzung in Alltagskontexte von Kindern und Jugendlichen wie etwa
ihre täglichen Routinen, ihre Beziehungen zu Eltern, Lehrern und Lehrerinnen, ihre sozialen
Netzwerke oder ihr genereller Medienumgang in der österreichischen Forschung kaum
berücksichtigt wird. Zudem lassen sich die Forschungsdefizite in Bezug auf Kinder unter zehn
Jahren zum Teil durch die Dominanz quantitativer Methoden erklären, denn schriftliche bzw.
standardisierte Befragungen sind für Kinder dieses Alters nur bedingt geeignet und liefern nur
eingeschränkt valide Ergebnisse. Um dem Umgang jüngerer Kinder mit Online-Medien
nachgehen zu können, bedarf es offener, qualitativer Verfahren, die Kombination von
methodischen Zugängen und aufwendigerer Designs, die auch Eltern, Lehrpersonen,
Geschwister oder Peers miteinbeziehen. Diese Herangehensweise wird im Rahmen
kommerzieller Forschung kaum angewandt.
Auch das Problem der öffentlichen Zugänglichkeit von Daten – insbesondere der Mangel an
wissenschaftlichen Publikationen in Form von Monographien, Zeitschriftenbeiträgen,
52
Artikeln in Sammelbänden oder Vorträgen auf Tagungen hängt mit dem großen Anteil an
kommerziell ausgerichteten Arbeiten zusammen. Fast ein Drittel der Studien in Österreich ist
nur in kurzen Zusammenfassungen oder gegen Bezahlung erhältlich, denn ausführliche
Ergebnisse kommerzieller Forschung sind häufig nur den Auftraggebern zugänglich. Dies
schmälert den Umfang an öffentlich zugänglichen Daten deutlich.
Begrenzte Forschungsinfrastruktur
Zahlreiche Forschungsdefizite zum Umgang von Kindern und Jugendlichen mit Online-
Medien hängen in Österreich also zumindest indirekt mit dem geringen Ausmaß an
akademischen Studien zusammen. Eine Ursache für die begrenzte Anzahl an akademischer
Forschung ist die eingeschränkte Forschungsinfrastruktur und die damit einhergehende kleine
Scientific Community im Bereich Kinder- und Jugendmedienforschung in Österreich.
Die beiden wichtigsten Disziplinen für Studien zum Umgang von Kindern und Jugendlichen
mit dem Internet sind die Kommunikationswissenschaft und die Pädagogik.
Kommunikationswissenschaftliche Fachbereiche und Institute sind in Österreich großteils
noch sehr jung und nur an drei Universitäten zu finden. In Bezug auf den Umgang mit Online-
Medien ist zudem das vor fünf Jahren gegründete ICT&S Center an der Universität Salzburg
von Bedeutung. Pädagogik oder Erziehungswissenschaft wird insgesamt an fünf
österreichischen Universitäten gelehrt. Sowohl im Bereich der Kommunikationswissenschaft
als auch in der Pädagogik ist die Anzahl an wissenschaftlichen Mitarbeitern und
Mitarbeiterinnen an Österreichs Universitäten überschaubar. Diese decken darüber hinaus
eine große Palette an unterschiedlichen Forschungsthemen ab. So sind Studien zu Kindern
und Jugendlichen in der Kommunikationswissenschaft ein Randthema. In der Pädagogik
spielt hingegen der Umgang mit (Online-)Medien eine untergeordnete Rolle.
Die Anzahl der Wissenschafter und Wissenschafterinnen, die sich mit Kinder- und
Jugendmedienforschung beschäftigen, ist daher sehr eingeschränkt. Der Großteil von ihnen
hat ergänzend noch weitere thematische Schwerpunkte, und auch innerhalb des
Forschungsfelds geht die Bandbreite an Themen weit über Fragen der Online-Nutzung hinaus.
In welchem Ausmaß die Forscher und Forscherinnen ihre Interessen im Bereich Kinder,
Jugendliche und Medien in Forschung und Lehre umsetzen können, hängt auch stark von
ihrer jeweiligen Position innerhalb ihrer Institution ab. Stellen, die explizit zu Kinder- und
Jugendmedienforschung ausgeschrieben werden, sind in Österreich selten. Ausnahmen stellen
die Professuren für Medienpädagogik an der Universität Wien und an der Donau-Uni Krems
dar.
Eingeschränkte Finanzierungsmöglichkeiten
Neben der geringen institutionellen Verankerung von Kinder- und Jugendmedienforschung
und der begrenzten Anzahl an österreichischen Forschern und Forscherinnen in diesem
53
Forschungsbereich tragen auch die eingeschränkten Finanzierungsmöglichkeiten zum Mangel
an akademischer Forschung bei.
Insgesamt sind Forschungsarbeiten in den Sozialwissenschaften in Österreich zu einem
großen Ausmaß auf öffentliche Gelder angewiesen, da es in diesen Disziplinen im Gegensatz
zu technischen und naturwissenschaftlichen Fächern kaum Zusammenarbeit mit
Wirtschaftsunternehmen gibt und auch gemeinnützige Institutionen nur begrenzt Forschung
finanzieren. Wie der internationale Vergleich zeigt, führt eine begrenzte Anzahl an möglichen
Finanziers in einem bestimmten Themenbereich tendenziell zu weniger Forschung und zu
einer geringeren Bandbreite an Fragestellungen. Insbesondere Länder, in denen Forschung zu
großen Teilen durch öffentliche Gelder finanziert wird, weisen häufig Defizite auf.
Wissenschafter und Wissenschafterinnen sind dort darauf angewiesen, dass die öffentliche
Hand ausreichend Geld zur Verfügung stellt, was nicht immer der Fall ist.
Auch in Österreich ist dies in Bezug auf Online-Risiken für Kinder und Jugendliche nur
bedingt der Fall. Die Regierung, die Ministerien und vor allem die Bundesländer geben zwar
zum Teil Geld für Forschung zum Umgang von Kindern, Jugendlichen und Internet aus, dabei
handelt es sich aber nicht um geförderte, sondern um Auftragsforschung, und öffentliche
Institutionen betrauen in vielen Fällen Marktforschungsinstitute mit der Durchführung. Auch
Unternehmen arbeiten in der Regel eher mit Marktforschungsinstituten zusammen. Eine
Ausnahme stellt die Evaluationsstudie „Lernen mit Web 2.0“ dar, die an der Universität
Salzburg im Auftrag der Telekom Austria durchgeführt wurde.
Auffälliger Weise wurde in Österreich, abgesehen von internationalen EU-Projekten mit
österreichischer Beteiligung, keine einzige Studie zur Online-Nutzung von Kindern und
Jugendlichen durch Fördergelder finanziert. Dies kann einerseits mit der geringen Anzahl an
Forschern und Forscherinnen in diesem Feld zusammenhängen, die das Know How und die
zeitlichen Ressourcen haben, Anträge beim FWF oder anderen Förderinstitutionen erfolgreich
durchzubringen. Andererseits werden Fördergelder insgesamt häufiger für
naturwissenschaftliche und technische Projekte ausgegeben, obwohl die Disziplin bei den
meisten Förderinstitutionen wie etwa dem FWF kein Kriterium für die Vergabe der Gelder
darstellt. Von Ministerien ausgeschriebene thematische Förderschienen zielen ebenfalls
seltener auf sozial- oder geisteswissenschaftliche Fragstellungen ab. Ausschreibung zur
gesellschaftlichen Bedeutung von Informations-und Kommunikationstechnologien oder zum
Umgang mit Online-Medien gab es bisher nicht, ebenso wenig zu Fragen der Kinder- und
Jugendmedienforschung.
Die begrenzten Finanzierungsmöglichkeiten haben nicht nur einen Mangel an akademischen
Arbeiten zu Folge, sie erschweren darüber hinaus vor allem aufwendige und längerfristige
Forschung. Da sich Online-Medien und der Umgang unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen
damit rasch verändern, müssen Daten in diesem Bereich ständig aktualisiert werden. Zudem
sind verallgemeinerbare, theoriegestützte Erkenntnisse von besonderer Bedeutung. Da
54
finanzielle Mittel für solche Projekte nur schwer lukriert werden können, mangelt es in
Österreich sowohl an zeitintensiven theoriegeleiteten Arbeiten als auch an regelmäßigen
Erhebungen, Langzeit- oder Panelstudien.
Kurze Tradition im Bereich von Jugendmedienschutz
Die bisherigen Ausführungen geben zwar Hinweise darauf, warum es in Österreich wenig
akademische Forschung gibt und welche Defizite dieser Mangel nach sich zieht, sie können
aber nicht erklären, weshalb Online-Risiken so wenig Aufmerksamkeit zukommt.
Eine mögliche Ursache für die geringe Bedeutung von Gefahren durch Online-Medien ist eine
im Vergleich zu Deutschland kurze Tradition im Bereich des Jugendmedienschutzes, die ein
geringes Problembewusstsein zur Folge hat. Während der Schutz von Minderjährigen vor
entwicklungsschädigenden medialen Inhalten auf Grund der frühen Etablierung des dualen
Rundfunksystems in Deutschland spätestens in den 80er Jahren zum Thema wurde, gab es in
Österreich lange Zeit nur öffentlich-rechtliches Fernsehen und damit wenig
Regulierungsbedarf. Zwar waren die deutschen privaten Sender mittels Kabel- und
Satellitenübertragung bald auch in Österreich erhältlich, die Regulierung lag jedoch nicht bei
den österreichischen sondern bei den deutschen Behörden.
Eine politische Auseinandersetzung mit Aspekten des Jugendmedienschutzes fand daher in
Österreich lange Zeit kaum statt. Das politische und öffentliche Bewusstsein für
problematische Aspekte des Umgangs von Kindern und Jugendlichen mit Medien allgemein
und Online-Medien insbesondere ist daher vergleichsweise schwach ausgeprägt. Die
Auseinandersetzung mit Risiken von Online-Medien für Kinder und Jugendliche hat in den
letzten Jahren jedoch zugenommen, nicht zuletzt auf Grund der Arbeit von Initiativen wie
Safrinternet.at.
Die verzögerte Debatte um Jugendmedienschutz und die geringe Wahrnehmung von
Handlungsbedarf seitens möglicher Auftraggeber von Forschungsprojekten aber auch seitens
der Wissenschafter und Wissenschafterinnen selbst, kann als eine Ursache für die schwache
Datenlage zu Online-Risiken in Österreich gesehen werden. Bezeichnenderweise ist der
wichtigste Finanzier von Studien zu Online-Risiken in Österreich die Europäische
Kommission. Auch regionale Regierungen haben vereinzelt Forschung zu möglichen
Gefahren von Online-Medien finanziert.
55
Mediale Berichterstattung fokussiert auf internationale Kriminalfälle29
Um den Einfluss der medialen Diskussion von Online-Risiken und -Chancen für Kinder und
Jugendliche abschätzen zu können, wurde im Rahmen von Arbeitspaket 2 eine Medienanalyse
durchgeführt. Erste Ergebnisse dieser Analyse zeigen, dass der Umgang von Kindern und
Jugendlichen in österreichischen Printmedien regelmäßig, aber nicht besonders ausführlich
thematisiert wird. Innerhalb von zwei Monaten wurden im Standard, der Kronen Zeitung, der
Neuen Zeitung und der Kleinen Zeitung insgesamt 72 Artikel gefunden; dies entspricht
durchschnittlich 18 Artikel pro Zeitung. Im europäischen Vergleich liegt Österreich damit im
oberen Mittelfeld.
Zahl analysierter Anzahl an Artikeln Artikel pro Zeitung Zeitungen (insgesamt) (Durchschnitt)
Belgien 4 81 20,3 Bulgarien 4 18 4,5 Dänemark 4 21 5,3 Deutschland 6 100 16,7 Estland 9 116 12,9 Griechenland 7 44 6,3 Großbritannien 4 63 15,8 Irland 10 50 5 Italien 3 90 30 Norwegen 5 104 20,8 Österreich 4 72 18 Portugal 6 42 7 Slowenien 6 80 13,3 Spanien 3 43 14,3
Tabelle 11: Artikel zum Thema Kinder, Jugendliche und Internet. Quelle: Eigene Berechnungen.
Die öffentliche Diskussion war in Österreich im Analysezeitraum also nicht weniger stark
ausgeprägt als in den meisten anderen Ländern (nur Belgien, Italien und Norwegen
berichteten häufiger über dieses Thema). Auch die Thematisierung von Risiken lag im
europäischen Durchschnitt. 63 Prozent der österreichischen Beiträge behandelten mögliche
negative Aspekte der Internetnutzung von Kindern und Jugendlichen, europaweit liegt der
Durchschnitt bei 64 Prozent. 18 Prozent sprachen Chancen von Online-Medien an – dies
entspricht genau dem europäischen Schnitt – und die restlichen Artikel diskutierten sowohl
positive als auch problematische Aspekte.
Betrachtet man die Themen der Artikel, so wird deutlich, dass die mediale Debatte im
Analysezeitraum von internationalen Kriminalfällen dominiert wurde. Zahlreiche Artikel
berichteten über einen in YouTube angekündigten Amoklauf eines finnischen Schülers. Das
29 Die Ausführungen zur medialen Diskussion des Themas in österreichischen Medien basieren großteils auf eignen Berechnungen der Erhebung zu Österreich, die im Herbst 2007 im Rahmen der internationalen vergleichenden Erhebung von Christina Ortner durchgeführt wurde. Zum Teil referiert das Kapitel auch auf erste Ergebnisse der länderübergreifenden Analyse. Diese können im Endbericht von Arbeitspaket 3 nachgelesen werden (Hasebrink/ Livingstone/ Haddon 2008: 90ff).
56
zweithäufigste Thema war die Verhaftung eines Pädophilen, der Fotos im Internet verbreitet
hat, gefolgt von Berichten über Internetplattformen, die gegen Bezahlung afrikanische Kinder
illegal zur Adoption anbieten. Ein weiterer wichtiger Themenblock waren Online-Medien in
Schulen. Dabei wurden Chancen des Internets als Informationsquelle oder als neue Lernform
ebenso angesprochen wie problematische Aspekte wie etwa Mobbing gegen Lehrkräfte oder
Schulkameraden.
Insgesamt war der Anteil an internationalen Meldungen in Österreich mit 56 Prozent sehr
hoch. Bis auf Portugal und Griechenland lag der Schwerpunkt der Berichterstattung in
anderen europäischen Staaten deutlich auf nationalen Ereignissen. Die internationalen
Berichte in Österreich bezogen sich nicht unmittelbar auf das Land selbst; sie thematisierten
mögliche Gefahren von Online-Medien also nicht in Bezug auf österreichische Kinder und
legten daher auch keinen Handlungsbedarf auf österreichischer Ebene nahe. Dieser Fokus auf
internationale Kriminalfälle trägt nicht zum Bewusstsein für Online-Risiken von Kinder und
Jugendlichen im eigenen Land bei und könnte möglicherweise indirekt auch dazu beitragen,
dass Online-Risiken in der österreichischen Forschung wenig Beachtung finden.
57
3.3 Arbeitspaket 3: Internationaler Vergleich von Online-Erfahrungen 30
3.3.1 Ziele und Vorgehensweise
Das zentrale Ziel des EU Kids Online-Netzwerks lag darin, Ergebnisse bisheriger Forschung
zu Online-Chancen und -Risiken europaweit zu sammeln und systematisch zu vergleichen,
um Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Umgang von Kindern, Jugendlichen und ihren
Familien mit Online-Medien in Europa nachzuzeichnen und zu erklären. Diese
Vergleichsanalyse von Daten aus den über 300 identifizierten Studien aus allen 21 beteiligten
Ländern, war Aufgabe von Arbeitspaket 3.
In einem ersten Schritt wurde ein theoretisches Modell entwickelt, das die Beziehungen
zwischen den zentralen Variablen benennt (siehe dazu Kapitel 2: 17). Das Modell bezieht sich
im Kern folgende hypothetische Annahmen: a) Internetzugang und -nutzung sind
Voraussetzung für Online-Chancen und -Risiken, b) die Entwicklung von Einstellung und
Fähigkeiten im Umgang mit dem Internet sind die Folge von Internetnutzung und stimulieren
diese wiederum, c) Online-Nutzung, -Zugang, -Kompetenzen, -Chancen und -Risiken
variieren mit dem Alter, dem Geschlecht und den soziökonomischen Bedingungen, d) zudem
beeinflussen Familienmitglieder, Lehrer, Lehrerinnen, Freunde und Freundinnen die Online-
Erfahrungen von Kindern und Jugendlichen. Während die bisher genannten Faktoren die
individuelle Ebene einzelner Kinder betreffen, geht das theoretische Modell davon aus, dass
es weitere länderspezifische Einflussfaktoren gibt, die Unterschiede zwischen den
europäischen Ländern erklären können. Zu diesen kontextuellen Faktoren zählen die nationale
Medienumgebung, der Regulierungsrahmen für Internet- und Kommunikationstechnologien,
der öffentliche Diskurs und die mediale Debatte, kulturelle Einstellungen und Werte sowie
das jeweilige Bildungssystem.
Aus diesem theoretischen Rahmen lassen sich eine Reihe von Hypothesen und
Forschungsfragen ableiten, die anschließend an sämtlichen gesammelten nationalen und
internationalen Studien systematisch überprüft wurden. Der Vergleich von mehr als 300
Studien aus unterschiedlichen Ländern, die in einer Vielzahl von Sprachen veröffentlicht
wurden, bringt eine Reihe an Herausforderungen mit sich. Daher entwickelten Mitarbeiter und
Mitarbeiterinnen von Arbeitspaket 3 basierend auf Kohn’s Überlegungen (1989)31 zu
komparativer Forschung eine systematische Vergleichsstrategie. Kohn unterscheidet unter
anderem zwischen folgendenden Kategorien:
30 Die Angaben dieses Kapitels beziehen sich – bis auf die Daten zu Österreich – auf den internationalen Endbericht zu Arbeitspaket 3 (Hasebrink/ Livingstone/ Haddon 2008: 116-123) und können dort im Detail nachgelesen werden. Des Weiteren ist derzeit ein Zeitschriftenbeitrag des deutschen EU Kids Online-Teams in Arbeit, der die Vorgehensweise und zentralen Ergebnisse aus Arbeitspaket 3 diskutiert (Hasebrink/ Lampert 2009); er wurde ebenfalls für dieses Kapitel herangezogen. 31 Siehe dazu auch die Arbeit von Livingstone (2003).
58
- Länder als Untersuchungsobjekte: Dieser Ansatz begreift Staaten als eigenständige
Einheiten mit spezifischen Rahmenbedingungen. Ziel ist es, die Situation innerhalb
einzelner Länder möglichst adäquat zu beschreiben. Dazu erstellten alle nationalen EU
Kids Online-Teams einen entlang der konkreten Hypothesen und Forschungsfragen
strukturierter Länderbericht, der die Daten aus den Studien des jeweiligen Lands
aufbereitet erfasst.32
- Länder als Kontexte zur Überprüfung von allgemeinen Hypothesen: Diese Art
vergleichender Forschung zielt darauf ab, allgemeine Hypothesen zur Bedeutung von
bestimmten Faktoren wie etwa Alter, Geschlecht, sozioökonomischer Status oder dem
Verhalten von Eltern und Lehrpersonen vor dem Hintergrund unterschiedlicher
kultureller Kontexte zu testen. Dazu wurde zu jeder Hypothese eine Vergleichsanalyse
durchgeführt, die neben den Angaben aus allen Länderberichten auch Daten aus
internationalen Studien berücksichtigte. In diesem Zusammenhang wurden die
Hypothesen daraufhin getestet, inwieweit sie auch in unterschiedlichen nationalen
Kontext Gültigkeit besitzen.
- Länder als Untersuchungseinheiten: Ein weiter Typ vergleichender Forschung geht
von Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen Ländern aus und beschreibt sie vor
dem Hintergrund kontextueller, länderspezifischer Faktoren. Informationen zu diesen
nationalen Rahmenbedingungen wurden ebenfalls in den Länderberichten aufbereitet
und um internationale Daten sowie die Ergebnisse der Medienanalyse (siehe dazu
Kapitel 3.2) ergänzt.
Bevor diese Vorgehensweise für die Vergleichsanalyse aller 21 beteiligten Länder zum
Einsatz kam, wurde sie am Beispiel von drei Ländern (Polen, Portugal, Großbritannien)
getestet. Die in einem Bericht niedergelegten Ergebnisse dieses Drei-Länder-Vergleichs
können online nachgelesen werden.33
Die oben beschriebene methodische Strategie hat sich insgesamt als sehr gewinnbringend
erwiesen. Sie ermöglicht den systematischen Vergleich einer großen Anzahl an
unterschiedlichen Studien, erleichtert die Strukturierung der Ergebnisse, ist in der Lage,
sowohl Unterschiede als auch Ähnlichkeiten zu beschreiben und zu erklären und nimmt
Einflussfaktoren in den Blick, die sich sowohl auf die individuellen Bedingungen einzelner
Kinder als auch auf die Ebene nationaler und kultureller Rahmenbedingungen beziehen.
Es muss allerdings festgehalten werden, dass Analysen dieser Art die Mitarbeit zahlreicher
Forscher und Forscherinnen in unterschiedlichen Ländern bedarf und für alle Beteiligten
einen großen Aufwand mit sich bringt. Auf Grund der zum Teil erheblichen Unterschiede
zwischen den analysierten Studien hinsichtlich der Definition von Begriffen,
32 Die Länderberichte können unter www.eukidsonline.net eingesehen werden. 33 Hasebrink et al. 2007.
59
methodologischen Ansätzen, methodischer Vorgehensweisen, Art und Größe der Samples,
Zeitpunkt der Feldphase und nicht zuletzt auch hinsichtlich der Qualität der Daten stößt eine
solche Vergleichsanalyse zwangsläufig an Grenzen. Die Ergebnisse sind daher als Tendenzen
einzuschätzen; sie liefern erste Hinweise auf beobachtbare Muster und markieren damit auch,
wo Herausforderung für die zukünftige Forschung liegen.
3.3.1 Online-Erfahrungen von Kindern und Jugendlichen in Europa
Im folgenden Kapitel werden die zentralen Ergebnisse der vergleichenden Analyse mit
Schwerpunkt auf Österreich zusammengefasst. Die Struktur des vorliegenden Berichts folgt
dabei der methodischen Vorgehensweise von Arbeitspaket 3: Zuerst werden
Gemeinsamkeiten hinsichtlich Online-Erfahrungen von Kindern und Jugendlichen in Europa
beschrieben, danach folgt eine Klassifizierung der Länder, und abschließend wird diskutiert,
inwieweit kulturelle Faktoren in der Lage sind, die Unterschiede zwischen den Ländern zu
erklären.
Online-Zugang und -Nutzung von Kindern und Eltern in Europa
Bereits im Jahr 2006 nutzten mehr als die Hälfte der Kinder und Jugendlichen (unter 17
Jahren) in Europa das Internet. Dabei zeichnen sich deutliche Unterschiede zwischen den
Ländern ab (siehe Abbildung 7).
Abbildung 7: Anteil der Null- bis 17-Jährigen, die das Internet nutzen (Angaben der Eltern). Quelle:
Europäische Kommission 2006; siehe auch Hasebrink/ Lampert 2009.
26
29
33
36
37
38
42
47
47
51
54
57
57
65
65
66
68
70
72
0 10 20 30 40 50 60 70
NiederlandeDänemarkEstland
SchwedenBelgien
Verein. Königr.TschechienSlowenienFrankreichÖsterreich
DeutschlandPolenIrland
PortugalSpanienItalienZypern
BulgarienGriechenland
60
In der Spitzengruppe (mehr als 60 Prozent) befanden sich die nordischen Länder, Estland, die
Niederlande, Belgien und Großbritannien. Österreich lag mit 51 Prozent zusammen mit
Frankreich, Slowenien und der Tschechischen Republik in der zweiten Gruppe (50-60
Prozent), und nach Deutschland, Polen und Irland (40-50 Prozent) folgten die südlichen
Länder sowie Bulgarien (weniger als 40 Prozent). (Europäische Kommission 2006: 6)
In allen europäischen Ländern gehen Kinder tendenziell häufiger online, wenn auch ihre
Eltern das Internet verwenden. Das kann einerseits daran liegen, dass Eltern, die die Vorteile
dieses Mediums aus eigener Erfahrung kennen, ihren Kindern häufiger Zugang verschaffen
und sie zur Internetnutzung ermuntern. Andererseits werden Eltern möglicherweise auch von
ihren Kindern angeregt, Online-Medien für sich zu entdecken.
Zudem zeigt sich, dass Kinder ihren Eltern entgegen weit verbreiteter Annahmen im Hinblick
auf die Nutzung von Online-Medien nicht unbedingt voraus sind. Zwar nutzen
durchschnittlich mehr Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren das Internet als Erwachsene,
dies gilt jedoch nicht im Vergleich zu ihren Eltern, denn Erwachsene mit Kinder gehen
tendenziell häufiger online als Erwachsene ohne Kinder.34 So nutzen im europäischen
Durchschnitt 50 Prozent der Kinder unter 18 Jahren, 47 Prozent aller Erwachsenen und 65
Prozent aller Eltern das Internet. In Österreich liegen unter 18-Jährige mit 51 Prozent sogar
hinter der Gesamtheit der Erwachsenen (54 Prozent) und deutlich hinter der Internetnutzung
der Eltern (75 Prozent). So gibt es europaweit nur zwölf Prozent und in Österreich nur neun
Prozent von Kindern und Jugendlichen, die das Internet nutzen, obwohl ihre Eltern dies nicht
tun. Dieser Befund gilt jedoch nur für Kinder bis etwa elf Jahre, denn Jugendliche ab zwölf
Jahren nutzen das Internet tendenziell häufiger als ihre Eltern (87 Prozent versus 65 Prozent;
europäischer Schnitt). (Hasebrink/ Livingstone/ Haddon 2008: 14).35 Als „digitale Pioniere“
in unserer Gesellschaft können also weniger die Kinder, sondern eher die Jugendlichen
bezeichnet werden.
Diese Ergebnisse sind auch hinsichtlich der elterlichen Begleitung kindlicher Internetnutzung
von Bedeutung. Die Tatsache, dass der Großteil der Eltern insbesondere jüngerer Kinder das
Internet selbst verwendet, lässt die Vermutung zu, dass viele Eltern mit Online-Medien
zumindest soweit vertraut sind, dass sie die Internetnutzug ihrer Kinder anleiten und begleiten
können. Dies gilt für Teenager vermutlich nicht in diesem Ausmaß.
Hohe Internetnutzung von Kindern und Jugendlichen wird meist mit intensiver Nutzung zu
Hause assoziiert. Es zeigt sich jedoch, dass der Zugang in der Schule und zu Hause in
34 Dies könnte unter anderem daran liegen, dass das Durchschnittsalter von Eltern niedriger ist als das der gesamten Bevölkerung über 18 Jahren. Ältere Menschen, die das Internet tendenziell seltener nutzen, sind daher in dieser Gruppe nicht enthalten. Dies schließt jedoch nicht aus, dass auch die Tatsache, dass Kinder im Haushalt leben, die Bereitschaft Online-Medien zu nutzen, erhöht. 35 Zusammenstellung von Daten aus dem Special Eurobarometer 250 (Europäische Kommission 2006) ergänzt um Angaben zu Island und Norwegen aus der internationalen Vergleichsstudie SAFT (Capacent Gallup 2007; Staksrud 2005).
61
europäischen Ländern gleichermaßen verbreitete ist. In Ländern, in denen mehr Kinder zu
Hause online gehen, nutzen tendenziell auch mehr Kinder das Internet in der Schule und
umgekehrt; dies gilt auch für Österreich (je 35 Prozent). Insgesamt liegt Österreich
hinsichtlich der unterschiedlichen Orte nahe am EU-Schnitt. (Hasebrink/ Livingstone/
Haddon 2008: 19)36
Nutzung von Online-Chancen
Die Möglichkeiten, die das Internet eröffnet, sind vielfältig und werden von Kindern und
Jugendlichen auch genutzt. Darüber hinaus lassen sich wenige länderübergreifende
Ergebnisse zu Online-Chancen berichten, da der Mangel an international vergleichbaren
Daten kaum Analysen zulässt.
Bei einer Zusammenschau der Vielzahl an nationalen Befragungen von Eltern und von
Kindern zeichnet sich ab, dass Kinder in Europa Online-Medien vor allem als
Bildungsressource, zur Unterhaltung, als Quelle für Informationen, zur Kommunikation und
zum Erfahrungsaustausch mit anderen verwenden. Die Gestaltung von eigenen Inhalten oder
konkrete Formen der gesellschaftlichen Partizipation spielen eine geringere Rolle.
Dies gilt auch für österreichische Kinder und Jugendliche, die großteils eine sehr positive
Einstellung haben. Sie schätzen das Internet als Vorbereitung auf das Erwachsenenleben, als
vielseitige Freizeitbeschäftigung, bei der man etwas lernen kann, und als Mittel zur Knüpfung
und Pflege sozialer Kontakte. (Illich 2003; Eckstein et al. 2001; Nemetz et al.2003).
Darüber hinaus wird deutlich, dass jedes Kind eine Leiter der Online-Möglichkeiten
hinaufklettert, angefangen mit der Suche nach Informationen, über Spiele und verschiedene
Formen der Kommunikation bis hin zu kreativen Tätigkeiten und gesellschaftlicher
Partizipation. Kommunikation und Spiele stellen also einen motivationalen Schritt auf dem
Weg zu späteren, komplexeren Aktivitäten dar.
Erfahrungen mit Online-Risiken
Wertet man die Ergebnisse von Studien zu negativen Erfahrungen von Kindern mit dem
Internet vergleichend aus, so zeigt sich, dass Online-Risiken die öffentliche und politische
Aufmerksamkeit zu Recht erregen. In den meisten Ländern wird ein relevanter Anteil von
Kindern und Jugendlichen mit einer Reihe an potenziellen Gefahren konfrontiert:
Auf europäischer Ebene berichten durchschnittlich 30,8 Prozent der Eltern, dass ihre Kinder
im Internet bereits mit beeinträchtigenden Inhalten konfrontiert wurden; in Österreich liegt
der Wert bei 40,8 Prozent (Hasebrink/ Livingstone/ Haddon 2008: 43, Europäische
36 Auch diese Angaben stammen aus dem Special Eurobarometers 250 (Europäische Kommission 2006) und wurden um Daten zu Island und Norwegen aus der internationalen SAFT-Studie (Capacent Gallup 2007; Staksrud 2005) ergänzt.
62
Kommission 2006). Insgesamt zeigt sich, dass in Ländern, in denen viele Kinder Zugang zum
Internet haben, die Gefährdung tendenziell hoch ist. Allerdings sind Online-Risiken auch in
einigen Ländern mit geringer Verbreitung des Internets vergleichsweise groß. Dabei handelt
es sich vor allem um neue Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Kinder im Süden sind
tendenziell weniger gefährdet, wenngleich Unterschiede zwischen südlichen Ländern zu
erkennen sind. Ergebnisse einer europäischen Eurobarometer Studie (Europäische
Kommission 2006) zeigen, dass – zumindest nach Einschätzung der Eltern – Kinder bei der
Internetnutzung zu Hause, in Internetcafés und bei Freunden oder Freundinnen mehr Risiken
begegnen als in der Schule oder in Bibliotheken.
Über diese allgemeinen Aussagen hinaus erweist es sich als schwierig, Gemeinsamkeiten
zwischen den europäischen Ländern zu identifizieren, da kaum komparative Daten vorliegen.
Aus dem Vergleich der zahlreichen nationalen Studien, die mit unterschiedlichen Methoden
durchgeführt wurden und sich auf verschiedene Altersgruppen beziehen, lassen sich nur
Tendenzen ablesen, welche potenziellen Gefahren in Europa häufig auftreten und welche
hingegen nur wenige Kinder und Jugendliche betreffen.
Das am meisten verbreitete Risiko scheint die Weitergabe persönlicher Daten zu sein;
ungefähr die Hälfte aller Kinder und Jugendlichen, die das Internet nutzen, haben das schon
gemacht. Der Kontakt mit pornographischen Inhalten kommt an zweiter Stelle – dies betrifft
in etwa vier von zehn Online-Kindern – gefolgt von der Konfrontation mit gewalttätigen und
hasserfüllten Inhalten (etwa ein Drittel). Zudem wird einer von fünf bzw. sechs Jugendlichen
mit Zugang zum Internet (je nach Land) online belästigt, gemobbt oder verfolgt. Im Hinblick
auf ungewünschte sexuelle Kommentare unterscheiden sich die Staaten sehr voneinander: der
Anteil der Kinder, die diese Erfahrungen gemacht haben, schwankt zwischen zehn Prozent
(Deutschland, Irland und Portugal) und rund 30 Prozent (Island, Norwegen, Großbritannien
und Schweden). Ganz an der Spitze liegt Polen mit 50 Prozent. Zu Österreich liegen dazu
leider keine Daten vor. Eine der größten Gefahren birgt das Treffen mit Fremden, die die
Kinder online kennen gelernt haben. Dieses Risiko tritt aber am seltensten auf. In den meisten
Ländern liegt es bei ca. neun Prozent; nur in Polen, Schweden und der Tschechischen
Republik betrifft dieses Problem 20 Prozent der Online-Kinder und -Jugendlichen.
(Hasebrink/ Livingstone/ Haddon 2008: 29ff).
In einigen Ländern wurde auch nach Bedrohungsgefühl bei der Internetnutzung gefragt. Der
Anteil an Kindern und Jugendlichen, die das schon erlebt haben, liegt ungefähr bei einem
Viertel der Internetnutzer unter 18 Jahren. Dies könnte in etwa der Prozentsatz an
Minderjährigen sein, bei denen der Kontakt mit Risikoinhalten eventuell Schaden anrichtet.
In Österreich gibt es derzeit nur wenige Studien, die Online-Risiken für Kinder und
Jugendliche untersuchen. Dies gilt insbesondere für Kinder unter zehn Jahren. Interessante
Ergebnisse zu niederösterreichischen Kindern zwischen acht und 15 Jahren liefert die
„Sozialforschungsstudie Informationstechnologie“, die 2001 von der Medienpädagogischen
63
Beratungsstelle an der Niederösterreichischen Landesakademie von Ingrid Geretschlaeger
(2002) durchgeführt wurde und auf Anfrage erhältlich ist. Laut dieser Studie sind 37 Prozent
der Zehn- bis 15-Jährigen schon auf pornographische Seiten gestoßen, bei Jugendlichen mit
Internetanschluss zu Hause sind es sogar 56 Prozent. Seiten mit rechtsradikalen Inhalten sind
elf Prozent der Jugendlichen begegnet, und 15 Prozent besuchten Seiten mit Aufforderungen
zu Gewalt. Sehr groß ist der Anteil der Jugendlichen, die zumindest gelegentlich Kontakt zu
Glücksspielseiten haben. Dies trifft auf 26 Prozent aller Zehn- bis 15-Jährigen zu; bei
Jugendlichen mit Internetzugang zu Hause sind es sogar 40 Prozent.
Neuere Daten aus dem Jahr 2005 zu älteren österreichischen Jugendlichen (Elf- bis 18-
Jährige) liefert die Jugendstudie ELF/ 18 vom Institut für Jugendkulturforschung (Großegger
2005), die jedoch nur gegen Bezahlung zur Verfügung steht. Demnach haben beinahe 60
Prozent der Jugendlichen in dieser Altersgruppe schon pornographische Seiten angesehen, 50
Prozent landeten auf Glückspielseiten, mehr als 20 Prozent hatten Kontakt mit Websites, die
Drogen zum Kauf anbieten, und immerhin elf Prozent besuchten Selbstmordforen.
Fähigkeiten im Umgang mit Online-Medien und -Risiken
Im Zusammenhang mit unangenehmen Erfahrungen stellt sich auch die Frage, wie die
Betroffenen damit umgehen. Insgesamt legt die internationale Analyse von Studien zu dieser
Frage nahe, dass internetbezogene Fähigkeiten mit der Intensität der Nutzung und mit dem
Alter wachsen. Es ist davon auszugehen, dass dies auch die Fähigkeiten zum Umgang mit und
Schutz vor Risiken betrifft. Ähnliche Befunde lassen sich auch in österreichischen Studien
finden (Eckstein et al. 2001; Tatzl 2003).
Insgesamt ist das Vertrauen der Eltern in die Kompetenzen ihrer Kinder in Europa sehr hoch;
durchschnittlich 66 Prozent der Eltern glauben, dass ihre Kinder wissen, was sie tun können,
wenn sie mit unangenehmen Situation im Internet konfrontiert sind. In Österreich liegt dieser
Wert sogar bei 70,1 Prozent. (Hasebrink/ Livingstone/ Haddon 2008: 43, Europäische
Kommission 2006) Dabei fällt auf, dass die Fähigkeiten der Kinder im Umgang mit Risiken
in Ländern, in denen viele Eltern aussagen, ihre Kinder seien schon potenziell schädlichen
Inhalten begegnet, niedriger eingeschätzt werden.
Die Bedeutung von Alter, Geschlecht und sozioökonomischem Status
In allen europäischen Ländern steigt die Internetnutzung mit dem Alter (siehe Abbildung 8):
2006 nutzten knapp elf Prozent der unter Sechsjährigen das Internet; in den folgenden
Lebensjahren weitet sich die Nutzung rasch aus und erreicht bereits mit zwölf bis 13 Jahren
(85 Prozent) annähernd den Höhepunkt (88 Prozent). Die österreichischen Zahlen entsprechen
ungefähr den dargestellten europäischen Werten.
64
Abbildung 8: Anteil der Internetnutzer nach Alter. Quelle: Paus-Hasebrink/ Ortner/ Rathmoser 2008: 9;
Hasebrink/ Lampert 2009. Berechnung auf Basis von Daten des Special Eurobarometer 250 (Europäische
Kommission 2006).
In Ländern, in denen das Internet weit verbreitet ist, gehen Kinder schon in jüngeren Jahren
online. Dies bedeutet, dass sie früher die Chancen des Internets nutzen, aber möglicherweise
auch früher mit Risiken konfrontiert werden, denen sie unter Umständen auf Grund ihrer
Entwicklungsstufe, aber auch als Folge der tendenziell noch schwach ausgeprägten
Internetkompetenz nicht gewachsen sind. Insgesamt scheinen ältere Teenager aber häufiger
mit potenziell gefährdenden Inhalten in Berührung zu kommen als jüngere Kinder. Die
zentrale Frage, wie Kinder verschiedener Altersstufen mit Risiken im Internet umgehen, ist
bisher jedoch kaum erforscht worden.
Geschlechtsspezifische Unterschiede im Zugang und in der Nutzung von Online-Medien
nehmen in Europa zwar kontinuierlich ab, sind aber nach wie vor erkennbar. In den meisten
Ländern – darunter auch Österreich – haben Jungen häufiger Zugang zum Internet; sie nutzen
es öfter, länger und an mehr verschiedenen Orte. Auch hinsichtlich der Online-Aktivitäten
lassen sich Unterschiede feststellen: Mädchen präferieren die Gestaltung von Inhalten sowie
kommunikative und kollaborative Anwendungen. Burschen nutzen mit Vorliebe Angebote,
die mit Wettbewerb oder Action zu tun haben. Sie kaufen auch eher online ein. Nach wie vor
schätzen Jungen ihre Online-Fähigkeiten höher ein als Mädchen dies tun, wobei bisher nicht
untersucht wurde, ob diese Selbsteinschätzung den tatsächlichen Kompetenzen entspricht.
Für das EU Kids Online-Netzwerk besonders interessant sind geschlechtsspezifische
Unterschiede im Hinblick auf Online-Risiken. Jungen scheinen in vielen Ländern sowohl
intendiert als auch unerwünscht eher mit gewalthaltigen und pornographischen Inhalten
konfrontiert zu werden als Mädchen. Sie tendieren auch eher dazu, persönliche Daten
9
34
51
68
85 87 88
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
<= 6 6-7 8-9 10-11 12-13 14-15 16-17
65
preiszugeben und sich mit Menschen zu treffen, die sie online kennengelernt haben. Mädchen
hingehen chatten häufiger mit Fremden, erhalten öfter unerwünschte sexuelle Kommentare zu
ihrer Person und werden häufiger nach persönlichen Informationen gefragt, obwohl sie bei der
Weitergabe dieser Daten vorsichtiger sind als Jungen. Für Österreich gibt es zu dieser Frage
leider keine Daten.
Der sozioökonomische Status37 spielt zwar keine so große Rolle wie Alter oder Geschlecht,
dennoch lassen sich einige Trends feststellen. Die wenigen Studien, die diesen Faktor
berücksichtigen, geben Hinweise darauf, dass Kinder aus benachteiligten Verhältnissen
Online-Risiken stärker ausgesetzt sind als andere. So zeigen Daten aus Spanien, Frankreich
und auch Deutschland, dass junge Menschen aus sozial Benachteiligten Familien zumindest
in diesen Ländern häufiger mit gewalthaltigen und pornographischen Inhalten in Kontakt
kommen. Zudem bieten Familien mit höherer Bildung und höherem Einkommen ihren
Kindern in fast allen Ländern häufiger Internetzugang zu Hause oder auch in ihrem eigenen
Zimmer. In Österreich liegen bisher keine Studien zur Bedeutung von sozioökonomischen
Faktoren für die Internetnutzung von Kindern vor.
Regeln der Eltern zur Steuerung der Online-Aktivitäten ihrer Kinder
Betrachtet man die Befunde des Special Eurobarometer 250 zu Fragen der Internetsicherheit
für Kinder und Jugendliche (Europäische Kommission 2006) so wird deutlich, dass sich
Eltern in Europa über die Notwenigkeit von Regelungen für den Mediengebrauch ihrer
Kinder bewusst sind. Mehr als 80 Prozent der befragten Eltern von Kindern zwischen zehn
und elf Jahren setzen nach eigenen Angaben zumindest rudimentäre Regeln für irgendein
Medium. Sowohl bei jüngeren Kindern als auch bei Jugendlichen über elf Jahren kommen
elterliche Vorgaben seltener zur Anwendung (siehe Abbildung 5). Einige nationale Studien
weisen auch darauf hin, dass Eltern aus sozial höher gestellten Familien die Online-Nutzung
ihrer Kinder tendenziell häufiger regulieren, und Mädchen unterliegen im Durchschnitt öfter
elterlicher Kontrolle als Jungen.
Am wichtigsten ist Eltern in Europa die Regulierung der Fernsehnutzung; dies hängt
wahrscheinlich mit der hohen Bedeutung dieses Mediums im kindlichen Alltag zusammen. In
Bezug auf das Fernsehen gehen elterliche Regulierungsmaßnahmen aber schon im Alter von
zehn bis elf Jahren zurück. Hinsichtlich der Internetnutzung ist dies erst ab 14 Jahren zu
beobachten.
37 Der sozioökonomische Status wird bisweilen durch sehr unterschiedliche Indikatoren ermittelt, was einen direkten Vergleich der Daten behindert. Meist sind die zentralen Faktoren Bildungsstand und Einkommen der Eltern.
66
0,0
10,0
20,0
30,0
40,0
50,0
60,0
70,0
80,0
90,0
0-5 Jahre 6-7 Jahre 8-9 Jahre 10-11 Jahre 12-13 Jahre 14-15 Jahre 16-17 Jahre
FernsehenHandySpieleInternetIrgendeine Regel
Abbildung 9: Regeln der Eltern zur Steuerung der Mediennutzung ihrer Kinder. In Prozent der Eltern, deren Kinder das Internet nutzen, Angaben der Eltern, EU 25. Quelle: Hasebrink/ Lampert 2009; Hasebrink/ Livingstone/ Haddon 2008: 51. Berechnungen auf Basis des Special Eurobarometer 250 (Europäische Kommission 2006).
Interessant ist in Bezug auf Österreich die Tatsache, dass ein großer Anteil an Eltern zwar
generell die Mediennutzung ihrer Kinder reguliert, nur wenige aber die Internetnutzung. Dies
gilt neben Österreich auch für Italien, Polen, Portugal, Slowenien und Spanien. (Livingstone/
Haddon 2008: 52; Europäische Kommission 2006) Hierzulande scheint es also ein
grundsätzliches Bewusstsein für die Notwendigkeit der Regulierung der Mediennutzung von
Kindern zu geben, es scheint sich aber nicht auf die Internetnutzung zu beziehen.
Zur Art und Weise, wie Eltern die Internetnutzung ihrer Kinder regulieren, liegen nur in 17
von 21 beteiligten Ländern Daten vor. Vergleicht man diese, so zeigt sich europaweit eine
große Bandbreite an unterschiedlichen Regulierungs- und Erziehungsmaßnahmen. Viele
Eltern geben ihren Kindern Zeitbegrenzungen vor – dies wird in neun Ländern als die
wichtigste Regulierungsmaßnahme genannt – und diskutieren mit ihnen über ihre Online-
Aktivitäten. Auch in Österreich setzen Eltern vor allem zeitliche Einschränkungen, verbieten
ihren Kindern aber weniger häufig, bestimmte Angebote oder Webseiten zu nutzen.
(Rathmoser 2007: 118)38
Insgesamt kommt Maßnahmen wie z.B. Nutzungsregeln, Gespräch, Vereinbarungen eine
wichtigere Rolle zu als technischen Lösungen wie Filtern oder Schutzsoftware. Dies gilt auch
für Österreich, obwohl es hierzulande durchaus eine Minderheit gibt, die auch Filtersoftware
verwenden oder kontrollieren, welche Webseiten ihre Kinder besucht haben. Einige äußern
38 Rathmoser bezieht sich auf Ergebnisse aus Studien von Geretschlaeger (2002), Illich (2003) und Rieder/ Tatzl (2003).
67
auch den Wunsch nach Kinderportalen mit einer Kindersicherung von Seiten der
Internetanbieter, die eine komplizierte Filtersoftware nicht mehr nötig machen würde.
(Rathmoser 2007: 118) Zur Frage welche der genannten Regulierungsstile und Maßnahmen
tatsächlich effektiv sind, um Risiken der Online-Nutzung zu reduzieren, liegt derzeit noch
kein Wissen vor.
Auch die Reaktionen der Kinder und Jugendlichen auf negative Erfahrungen sind bisher noch
kaum erforscht. Die Länderbericht liefern jedoch einige Hinweise: So begegnen junge
Menschen Online-Risiken sehr unterschiedlich; die Optionen reichen von Ignorieren,
Vermeiden, der Bitte zur Unterlassung von störendem Verhalten anderer, dem Blockieren
unangenehmer Kontakte bis hin zu Gesprächen mit Eltern, Freunden oder Freundinnen.
Kinder scheinen sich mit Problemen eher an ihre Eltern und Jugendliche eher an Gleichaltrige
zu wenden.
Klassifikation der Länder in Bezug auf Online-Risiken
Neben den oben beschriebenen Gemeinsamkeiten hinsichtlich der Online-Nutzung von
Kindern und Jugendlichen in Europa lassen sich auch erhebliche Unterschiede zwischen den
beteiligten Ländern feststellen. Auf Basis dieser Verschiedenheiten wurde eine Reihe von
Länderklassifizierungen vorgenommen, die im Detail im englischen Endbericht von
Arbeitspaket 3 nachgelesen werden können. (Hasebrink/ Livingstone/ Haddon 2008)
Als besonders zentral erscheinen einerseits die Unterschiede hinsichtlich der Verbreitung des
Internets bei Kindern und Jugendlichen und andererseits die Wahrscheinlichkeit, mit der
jungen Menschen mit potenziell gefährdenden Angeboten in Kontakt kommen. Kombiniert
man die Ländergruppierungen entlang dieser beiden Kriterien miteinander, so ergibt sich
folgendes Bild.
Online-Risiken Nutung des Internets durch Kinder Niedrig Mittel Hoch
Niedrig Zypern Italien
Frankreich Deutschland
Mittel Griechenland, Portugal Spanien
Österreich Irland
Belgien Dänemark Schweden
Hoch Bulgarien Tschechische Republik, Polen, Slowenien
Estland Niederlande Norwegen Großbritannien
Tabelle 12: Klassifizierung der Länder nach Risiken. Quelle: Hasebrink/ Livingstone/ Haddon 2008: 118.
68
Für die Einteilung entlang der Risiken wurden Daten aus nationalen Studien herangezogen, in
denen Kinder und Jugendliche befragt wurden, ob sie schon mit bestimmten risikobehafteten
Inhalten konfrontiert wurden.39 In Ländern, in denen solche Daten nicht vorliegen
(Slowenien, Bulgarien, Griechenland, Portugal, Spanien und Zypern), wurden die Ergebnisse
des Special Eurobarometer 250 (Europäische Kommission 2006) verwendet. In dieser Studie
wurden die Eltern befragt, ob ihre Kinder schon Kontakt mit potenziell schädlichen Inhalten
im Internet hatten. Die Klassifizierung der Länder entlang der Internetnutzung der Kinder
wurde ebenfalls auf Basis der Daten des Special Eurobarometer 250 vorgenommen.40
Österreich zählt sowohl hinsichtlich der Internetnutzung der Kinder als auch in Bezug auf die
Wahrscheinlichkeit, mit der Kinder ihrer eigenen Aussage und der Einschätzung der Eltern
nach mit Risiken konfrontiert werden, zur mittleren Gruppe.
Betrachtet man die Klassifizierung genauer, so fällt auf, dass die Risikowahrscheinlichkeit in
Ländern mit weiter Verbreitung des Internets meist groß ist. Online-Risiken können aber auch
in Ländern mit niedriger Nutzung häufig auftreten; dies ist beispielsweise in Bulgarien der
Fall. Des Weiteren zeigt sich, dass der Kontakt mit potenziell gefährdenden Inhalten vor
allem in nördlichen Ländern und in neuen EU-Mitgliedsländern häufig vorkommt. In
südlichen Ländern ist das Risiko tendenziell niedriger, obwohl es auch dort große
Unterschiede gibt.
Kontextuelle Erklärungen für länderspezifische Unterschiede
Um Erklärungen für die Unterschiede zwischen den Ländern zu finden, wurde eine Reihe von
nationalen und kulturellen Hintergrundfaktoren in den Blick genommen, die möglicherweise
Einfluss auf die Online-Erfahrungen von Kindern und Jugendlichen haben. Dabei zeigte sich
schnell, dass einfache Erklärungen nicht funktionieren.
Da zu den meisten Kontextfaktoren keine international vergleichbaren Daten vorliegen, stellt
dieser Schritt der Analyse eine besondere Herausforderung dar, da die Informationen aus
unterschiedlichen Quellen zusammen getragen werden mussten. Dennoch konnten einige
interessante Beobachtungen gemacht werden; die werden in den nächsten Kapiteln näher
beschrieben.
39 Daten für Österreich stammen vor allem aus der Sozialforschungsstudie Informationstechnologie (Geretschlaeger 2002), der Jugendstudie ELF/ 18 (Großegger 2005) und aus dem Special Eurobarometer 250 (Europäische Kommission 2006). Diese enthalten aber nur Aussagen zu einem kleinen Teil möglicher Online-Risiken. 40 In Ländern mit niedriger Internetnutzung gehen weniger als 39 Prozent der Kinder unter 18 Jahren online, in Ländern mit mittlerer Nutzung zwischen 40 Prozent und 65 Prozent und in Ländern mit hoher Internetnutzung mehr als 65 Prozent.
69
Die Bedeutung von Internetdiffusion, ICT Regulierung und Aktivitäten von NGOs
Die Unterschiede in der Diffusion des Internets innerhalb Europas sind noch immer sehr groß.
Online-Angebote sind für Kinder und Jugendliche in manchen Ländern inzwischen Teil ihrer
Medienumgebung und ihres Alltagslebens geworden; für junge Menschen in anderen Ländern
ist der Zugang zum Internet hingegen immer noch an ein hohes Ausmaß an Aufwand und
finanziellen Ressourcen gebunden.
Die Verbreitung des Internets stellt in Europa eine wichtige Dimension dar, denn sie
beeinflusst Kinder nicht nur in Bezug auf den Zugang zu Online-Services, sondern wirkt sich
indirekt auch auf die Intensität der Nutzung und die Vielfalt der verwendeten Angebote und
damit auf Online-Chancen und -Risiken aus.
Ein wichtiges Ergebnis der internationalen Analyse ist die Erkenntnis, dass Unterschiede auf
Grund von Geschlecht oder soziökomischen Rahmenbedingungen im Verlauf der weiteren
Verbreitung des Internets tendenziell abnehmen. Dies bedeutet, dass insbesondere Länder, in
denen das Internet noch wenig genutzt wird, spezifische Gruppierungen gezielt ansprechen
müssen, um einen Digital Divide zu vermeiden.
Unterschiede gibt es auch in Bezug auf die Art der Aktivitäten von öffentlichen Institutionen
und NGOs. In Ländern mit geringer Verbreitung des Internets mit seinen geworben, während
in Staaten mit hoher Internetnutzung innerhalb der Bevölkerung das Augenmerk auf
Sicherheitsaspekte und die Förderung von Online-Kompetenz liegt. Mit der Verbreitung des
Internets steigt auch das Bewusstsein für Risiken von Online-Medien.
In ganz Europa zielt die Arbeit von NGOs in erster Linie auf die Bewusstseinsbildung bei
Eltern und Kinder ab, weniger auf die Wahrnehmung von Verantwortung durch Internet
Service Provider oder Anbieter von Online-Diensten. Der Großteil der Initiativen beschäftigt
sind aber nicht ausschließlich mit Sicherheitsaspekten von Online-Medien, sondern allgemein
mit Jugend(medien)schutz, Medienkompetenzförderung oder der Wahrung von
Kinderrechten.
Ein Zusammenhang zwischen unterschiedlichen regulativen Rahmenbedingungen von
Internettechnologien und Online-Erfahrungen von Kindern ist nicht feststellbar. Es lässt sich
aber beobachten, dass ausgefeilte regulative Maßnahmen vor allem in Ländern zu finden sind,
in denen das Internet weit verbreitet ist.
Der Einfluss des Bildungssystems auf die Online-Nutzung von Kindern und Jugendlichen
Da die Internetnutzung von Kindern und Jugendlichen in Europa zu einem großen Teil in der
Schule stattfindet, beeinflussen die technische Infrastruktur von (Aus-)bildungsstätten sowie
die Integration des Internets in den Lehrplan und die alltägliche Lehrpraxis die Online-
Erfahrungen von Kindern und Jugendlichen.
70
In den letzten Jahren hat sich die Ausstattung von Schulen mit Computern und
Internetarbeitsplätzen in Europa deutlich verbessert, und in den meisten Ländern sind
Internet- und Kommunikationstechnologien integrativer Teil des Lehrplans. Zum
überwiegenden Teil gibt es spezielle Schulfächer, die Kenntnisse im Umgang mit Computern
und Online-Medien vermitteln.
Allerdings beschränkt sich die Nutzung von Online-Medien in Schulen häufig auf „sichere
Bereiche“. Dies bedeutet, dass in vielen Schulen bestimmte Seiten und Angebote gesperrt
sind oder die Kinder von Lehrkräften kontrolliert werden. Dadurch reduzieren sich im
schulischen Umfeld zwar die Risiken aber auch die Chancen für Kinder und Jugendliche.
Nicht nur die Rahmenbedingungen der Internetnutzung in Schulen, sondern auch das
generelle Bildungsniveau in einem Land scheint den Umgang von jungen Menschen mit
Online-Medien zu beeinflussen. Zwar lassen bisher verfügbare Daten keine Überprüfung
dieser Hypothese zu, es ist aber davon auszugehen, dass eine bessere Ausbildung von Eltern,
Lehrern, Lehrerinnen und anderen Bezugspersonen, Kindern dabei hilft, Online-Kompetenzen
zu entwickeln. Darüber hinaus fällt es Eltern mit höherer (Aus-)bildung unter Umständen
leichter, sich die nötigen Fähigkeiten anzueignen, um den Internetumgang ihrer Kinder zu
kontrollieren und zu begleiten.
Die Rolle des öffentlichen Diskurses
Um die Bedeutung der öffentlichen Diskussion zu Online-Risiken und -Chancen für die
Erfahrungen von Kindern und Jugendlichen mit dem Internet abschätzen zu können, wurde
von Mitgliedern des EU Kids Online-Netzwerks eine Analyse der Medienberichterstattung
durchgeführt (siehe dazu Kapitel 3.2).
Dabei zeigte sich, dass die Thematisierung von Möglichkeiten und Gefahren in Europa sehr
verschiedenen Mustern folgt. Gemeinsam ist in der medialen Debatte in den beteiligten
Ländern nur die Fokussierung auf Risiken. Potenzielle Gefahren werden in allen Ländern
deutlich häufiger thematisiert als Chancen von Online-Medien.
Große Unterschiede finden sich hinsichtlich der Thematisierung von Sexualität. In Belgien,
Großbritannien, Griechenland und Spanien befasst sich ein großer Teil der Artikel mit diesem
Aspekt und dies meist im Zusammenhang mit (Kinder-)pornographie. Wenig
Aufmerksamkeit kommt dem Thema in Norwegen, Estland und Dänemark zu (Österreich
liegt im Mittelfeld). Neben bestimmten nationalen Ergebnissen in der Vergangenheit (z.B.
Fälle von Kindermorden durch Pädophile in Belgien) spiegelt die Berichterstattung
möglicherweise verschiedene kulturelle Auffassungen davon wider, welche Bilder von
Sexualität Kindern welchen Alters gezeigt werden können. So ist in Norwegen beispielsweise
die Idee verbreitet, dass Sexualität als natürlicher Teil von Kindheit aufgefasst werden muss;
gleichzeitig gibt es dort eine lebendige Diskussion zu Kinderrechten. Es ist davon
71
auszugehen, dass solche grundlegenden Kindheitsbilder die Art und Weise beeinflussen, wie
Medien über Online-Chancen und -Risiken berichten.
Die Heterogenität der Berichterstattung ließ jedoch keine Klassifizierung der Länder zu, und
auch Zusammenhänge zwischen den Online-Erfahrungen von Kindern und Jugendlichen und
der medialen Debatte in bestimmten Ländern konnten nicht beobachtet werden.
Weitere Hintergrundfaktoren
Über die diskutierten Faktoren hinaus, wurden noch einige weitere kulturelle und sozio-
ökonomischen Hintergründe in den Blick genommen, die möglicherweise Online-Zugang, -
Nutzung und -Sicherheit von Kindern beeinflussen. Zu den meisten dieser Kontextfaktoren
gibt es aber zu wenig vergleichbare Daten, um ihrer Bedeutung systematisch nachzugehen.
Zusammenfassend lässt sich dennoch feststellen, dass eine starke Urbanisierung sowie eine
breite Debatte rund um das Thema Informationsgesellschaft möglicherweise Internetzugang
und -nutzung von Kindern in unterschiedlichen Ländern fördern kann. Risiken scheinen
zudem in Ländern mit einer schwachen Position des Staates, liberaleren
Regulierungsvorschriften und verbreiteten Englischkenntnissen tendenziell höher zu sein.
72
Ausgewählte zentrale Ergebnisse zu
Online-Nutzung und elterlicher Kontrolle
Online-Nutzung
• Im Jahr 2006 nutzte bereits die Hälfte der europäischen Kinder das Internet.
Österreich liegt mit 51 Prozent in etwa im europäischen Durchschnitt.
• Besonders hoch ist die Internetnutzung in Niederlande und Dänemark (über 70
Prozent), besonders niedrig in Bulgarien und Griechenland (unter 30 Prozent).
• Bereits mit zwölf bis 13 Jahren erreicht die Internetnutzung von Jugendlichen in
Europa beinahe den Höhepunkt. Dies gilt insbesondere für Länder mit hoher
Internetdiffusion.
• In Ländern mit weiter Verbreitung des Internets gehen Kinder sehr früh online;
2006 nutzten europaweit schon zehn Prozent der unter Sechsjährigen
gelegentlich das Internet.
• Geschlechtsunterschiede im Zugang zu und in der Nutzung von Online-Medien
nehmen ab, sind aber nach wie vor erkennbar: Jungen haben in den meisten
Ländern häufiger Zugang zum Internet, nutzen es öfter und länger.
• In allen europäischen Ländern gehen Kinder tendenziell häufiger online, wenn
auch ihre Eltern das Internet verwenden.
Elterliche Kontrolle und Regulierung
• Die Fernsehnutzung wird in Österreich stärker reguliert als die Internetnutzung.
• Zeitlichen Einschränkungen, Nutzungsregeln, Gesprächen und Vereinbarungen
wird eine wichtigere Rolle beigemessen als technischen Schutz- und
Kontrollmaßnahmen.
• Kinder zwischen zehn und elf Jahren werden am häufigsten kontrolliert; in den
Lebensjahren davor findet weniger Kontrolle statt und danach nimmt die
elterliche Regulierung wieder ab.
• Eltern aus sozial höher gestellten Familien regulieren die Online-Nutzung ihrer
Kinder tendenziell häufiger, und Mädchen unterliegen im Durchschnitt öfter der
elterlichen Kontrolle als Jungen.
73
Ausgewählte zentrale Ergebnisse zu
Online-Risiken
• In den meisten europäischen Ländern – darunter auch Österreich – findet sich
nur wenig Forschung zu Online-Risiken; derartige Erhebungen berühren
sensible Bereiche, sind methodisch sehr anspruchsvoll sind und bringen
zuweilen ethische Bereiche bzw. Probleme mit sich.
• Aus den wenigen Studien lassen sich folgende Hauptrisikobereichen ablesen:
- Preisgabe von persönlichen Informationen
- Kontakte mit pornographischen und gewalthaltigen Inhalten
- Online-Mobbing
- das Erhalten von (unerwünschten) sexuellen Botschaften
- Treffen mit Online-Bekanntschaften zu den zählen.
• Länderklassifizierung hinsichtlich Online-Risiken
- Die nordeuropäischen Länder zeichnen sich durch eine besonders
intensive Nutzung aus; im Kontext dessen wird auch ein erhöhtes Risiko
wahrgenommen.
- In den mittel- und osteuropäischen Ländern ist die Internetnutzung noch
nicht so lange etabliert, entwickelt sich aber in den letzten Jahren sehr
rasch. Dies führt zu erheblichen Risiken.
- Die dritte Gruppe, zu der vor allem südeuropäische Länder, aber auch
Frankreich und Deutschland gehören, ist durch eine geringere Nutzung
und ein niedriges bis mittleres Risikopotenzial gekennzeichnet.
• Jungen und Mädchen unterscheiden sich hinsichtlich von Online-Risiken
- Risiken für Jungen sind der Kontakt mit gewalthaltigen und
pornografischen Inhalten, Treffen sich mit Fremden, Preisgabe
persönlicher Daten.
- Mädchen nehmen eher Anstoß an gewalthaltigen und pornografischen
Inhalten, chatten häufiger mit Fremden, erhalten öfter unerwünschte
sexuelle Botschaften und werden häufig nach persönlichen Daten gefragt.
• Die Reaktionen junger Menschen auf Risiken reichen vom Ignorieren,
Vermeiden, der Bitte um Unterlassung, dem Blockieren von Kontakten bis hin
zu Gesprächen mit Eltern, Freunden oder Freundinnen.
74
3.4 Arbeitspaket 4: Methodologische Grundlagen
3.4.1 Ziele und Vorgehensweise
Um die Erfahrungen aus bisheriger Forschung fruchtbar zu machen, sollte Arbeitspaket 4
methodologische Herausforderungen internationaler Vergleiche, von Arbeiten zu Online-
Technologien und zu Forschung mit Kindern und Jugendlichen identifizieren und analysieren.
Ziel war, (zukünftigen) Forschern und Forscherinnen einen Überblick über die aktuellen
Diskussionen und Ansätze, die geeigneten Methoden und die wichtigsten methodologischen
Herausforderungen zu geben, um die Qualität der Forschung in diesem Themenbereich zu
verbessern.
Zudem zielte das Arbeitspaket darauf ab, das Bewusstsein für zentrale methodologische
Herausforderungen, für ethische Probleme und für Gütekriterien von Forschung zu Online-
Erfahrungen mit Kindern zu fördern. Unterschiedliche Stakeholder, die im Rahmen ihrer
Tätigkeit wissenschaftliche Studien verwenden, sollen mit Hilfe der EU Kids Online-Berichte
in die Lage versetzt werden, Forschungsergebnisse richtig zu verstehen, einzuordnen und zu
evaluieren.
Zu diesem Zweck wurden in einem ersten Bericht die aktuellen methodologischen
Diskursstränge und -Probleme aufgearbeitet; Ziel des anschließenden zweiten Schritt war die
Erstellung eines Best Practice Guides, der als Hilfestellung für die Durchführung von
zukünftiger Forschung sowie für die Interpretation von Studien in diesem Themenbereich
dienen kann.
Die beiden Berichte basieren auf der Sichtung und Diskussion einschlägiger aktueller
methodologischer Literatur, vor allem aber auf dem vielfältigen Erfahrungsschatz der über 60
Mitglieder des Netzwerkes, die unterschiedliche disziplinäre und methodologische
Kompetenzen und Perspektiven einbringen. Durch die langjährige Forschungserfahrung von
Ingrid Paus-Hasebrink im Bereich der Rezeptionsforschung und speziell in der Kinder- und
Jugendmedienforschung konnte das österreichische Team einen erheblichen Beitrag zu
diesem Arbeitspakt leisten.
3.4.2 Inhalt und Struktur der beiden Berichte
Problemaufriss methodologischer Herausforderungen
Der erste Bericht mit dem Titel „Children’s Experiences on the Internet across Countries:
Issues and Problems in Methodology“ (Lobe/ Livingstone/ Haddon 2007) ist das Ergebnis
einer umfangreichen Literatursichtung. Er bietet allen Interessierten, Forschern und
Forscherinnen, die mit Kindern und Jugendlichen zum Thema Internet arbeiten oder
länderübergreifende Analysen durchführen wollen, einen Einstieg in zentrale
methodologische Probleme und einen Überblick über die einschlägige Literatur.
75
Das erste Kapitel widmet sich grundlegenden epistemologischen Ausrichtungen, erklärt die
zentralen Unterschiede qualitativer und quantitativer Sozialforschung, diskutiert
Möglichkeiten der Kombination dieser beiden Zugänge und beschreibt die Standards
empirischer Forschung. Dabei wird die Pluralität unterschiedlicher Ansätze und Perspektiven
berücksichtigt.
Im zweiten Kapitel diskutiert der Bericht spezifische methodologische Herausforderungen in
der Forschung mit Kindern und Jugendlichen. Dabei werden sowohl ethische als auch
alterspezifische Aspekte in den Blick genommen. Eine besondere Schwierigkeit, die eng mit
entwicklungspsychologischen Phasen zusammenhängt, ist die Frage nach der Verlässlichkeit
von Kindern als Informanten. Alterspezifische Fähigkeiten wie unterschiedliche
Konzentrations- und Aufmerksamkeitsspannen oder sprachliche Kompetenzen müssen bei der
Befragung von Kindern berücksichtigt werden. Klassische Erhebungsmethoden und -designs
können daher für die Forschung mit Kindern nicht einfach übernommen werden, sondern
bedürfen entsprechender Adaptierung und Erweiterung.
Aktuelle Diskussionen zu spezifischen Schwierigkeiten der Erforschung von neuen Online-
Technologien werden im dritten Kapitel erörtert. Um dieses Phänomen adäquat zu fassen, ist
es nötig, Methoden, die für die Analyse anderer Medientypen entwickelt wurden, sinnvoll
einzusetzen, anzupassen oder zu erweitern und gegebenenfalls neue methodische Zugänge zu
entwickeln.
Für die Arbeiten im Rahmen von EU Kids Online sind insbesondere auch Ansätze
länderübergreifender Forschung von Interesse. Aus diesem Grund diskutiert das vierte Kapitel
des Berichts methodologische Grundlagen, analytische und praktische Herausforderungen und
zentrale Entscheidungen bei der Durchführung vergleichender Projekte.
Best Practice Guide
Aufbauend auf den im ersten Bericht diskutierten methodologischen Grundlagen wurde im
Rahmen des EU Kids Online-Projekts ein Best Practice Guide zur Erforschung von Online-
Erfahrungen von Kindern und Jugendlichen entwickelt (Lobe et al. 2008).Der Schwerpunkt
liegt dabei auf Herausforderungen bei der Arbeit mit Kindern, weniger auf Problemen der
Online-Forschung oder länderübergreifender Analysen. Nach Erfahrungen der Mitglieder von
EU Kids Online bringt dieser Bereich für junge Forscher und Forscherinnen oder
Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aus anderen Forschungsfeldern die meisten
Schwierigkeiten mit sich.
In Form von Antworten auf verschiedenen Fragen zu methodologischen und methodischen
Herausforderungen macht der Best Practice Guide Wissenschaftern und Wissenschafterinnen,
Studierenden und anderen Interessierten die forschungspraktische Erfahrung der Mitglieder
des Netzwerks zugänglich. Die Frage-Antwort-Form (FAQ) wurde gewählt, da Forscher und
76
Forscherinnen bei der Durchführung von Projekten ihren Bedarf an nötigen Informationen,
Kenntnissen und Praktiken gern in dieser Weise einholen möchten.
Die Antworten auf die insgesamt 39 Fragen benennen die methodischen Herausforderungen,
schlagen Lösungswege vor, weisen auf häufig Fehler hin und führen Beispiele von Studien
an, in denen diese Schwierigkeiten vorbildlich gelöst wurden. Sie liefern aber nicht einfach
Anleitungen, sondern diskutieren auch unterschiedliche Möglichkeiten vor dem Hintergrund
von verschiedenen Forschungskulturen, -disziplinen und -erfahrungen.
Die Struktur des Berichts orientiert sich an den Phasen des Forschungsprozesses und umfasst
Fragen zum Forschungsdesign, zur Auswahl von Probanden, zu Erhebungsmethoden, zu
Ansätzen der Datenanalyse und zur Aufbereitung der Ergebnisse. Dabei werden sowohl
qualitative als auch quantitative Zugänge berücksichtigt und Möglichkeiten der Kombination
beider Ansätze in den Blick genommen.
Der Best Practice Guide wurde im Juli 2008 fertig gestellt und ist nicht nur in Form eines
schriftlichen Berichts, sondern auch als elektronische Version auf der Internetseite von EU
Kids Online zugänglich. Diese wurde um zusätzliches Material (Fragebögen,
Interviewleitfäden etc.) aus einer Reihe von Studien zum Umgang von Kindern und
Jugendlichen mit dem Internet ergänzt (www.eukidsonline.net).
77
3.5 Arbeitspaket 5: (Forschungs-)politische Empfehlungen
Ein zentrales Ziel des EU Kids Online-Projekts ist es, die Daten aus europaweiter Forschung
zum Umgang von Kindern und Jugendlichen so aufzubereiten, dass sie für Maßnahmen zur
sicheren Nutzung des Internets fruchtbar gemacht werden können. Aufbauend auf die
Ergebnisse aller Forschungsaktivitäten des Projekts werden in Arbeitspaket 5 daher
Empfehlungen für zukünftige Aktivitäten zur Förderung eines sicheren Umgangs mit dem
Internet formuliert. Zu den Zielgruppen zählen unter anderem die Europäische Kommission,
Safer-Internet-Initiativen, Forschungsförderungsgesellschaften sowie Wissenschafts- und
Bildungsministerien.
Da die Empfehlungen aus Erkenntnissen zu Forschungslage und -kontexten in Europa sowie
zu Unterschieden und Gemeinsamkeiten hinsichtlich Online-Erfahrungen von Kindern und
Jugendlichen in europäischen Ländern entwickelt werden, begannen die Tätigkeiten in diesem
Arbeitspaket erst im Juni 2009 nach Vorlage erster Ergebnisse aus den Arbeitspaketen 1, 2, 3
und 4. internationale (forschungs-)politische Empfehlungen liegen daher noch nicht vor; sie
werden in den nächsten Monaten bis zum Abschluss des EU Kids Online-Projekts im Juni
2009 erarbeitet. Das österreichische Team, insbesondere Christine Wijnen, wird sich an
diesem Prozess aktiv beteiligen. Er wird erst ganz zum Schluss des Projekts – voraussichtlich
im Juni 2009 – abgeschlossen sein.
78
3.6 Arbeitspaket 6: Disseminations- und Networkingaktivitäten
Um die Ergebnisse der Arbeit des EU Kids Online-Netzwerks fruchtbar zu machen, ist es
einerseits wichtig, für eine effiziente Zusammenarbeit innerhalb des Forschungsverbunds zu
sorgen, und andererseits das Projekt und seine Ergebnisse einem breiten Kreis von
Stakeholdern aus Wissenschaft und Praxis zu kommunizieren. Dies ist die Aufgabe der
Mitglieder von Arbeitspaket 6, die zu diesem Zweck Disseminations- und Networking-
Strategien erarbeitet und umgesetzt haben. Das österreichische Team hat sich seit Beginn des
Projekts intensiv an diesen Aktivitäten beteiligt.
Internationale Projektwebsite
Eine der wichtigsten Maßnahmen war der Aufbau und die kontinuierliche Aktualisierung der
Projektwebsite www.eukidsonline.net, die Informationen über das Projekt und seine
Mitglieder enthält, Ergebnisse in Form von Berichten öffentlich bereitstellt und den
internationalen Forschungsstand in einer Datenbank systematisch verfügbar macht. Die
Inhalte zielen sowohl auf Wissenschafter und Wissenschafterinnen, auf Fachleute von
einschlägigen Unternehmen, NGOs, Initiativen, Verbänden oder politischen Institutionen als
auch auf ein breites Publikum ab. Zudem dient die Website als Unterstützung der
Kommunikation innerhalb des Netzwerks. In einem geschlossenen Mitgliederbereich können
zudem Probleme diskutiert, Dokumente ausgetauscht, Informationen bereitgestellt und neue
Studien erfasst werden.
Aufbau und Pflege von Kontakten
In einem zweiten Schritt wurden Zielgruppen definiert, für die EU Kids Online von Interesse
ist und die bei der Bekanntmachung des Projekts und seiner Ergebnisse behilflich sein
können. Dies sind zum einen Wissenschafter und Wissenschafterinnen, die im Bereich
Kinder- und Jugendmedienforschung tätig sind, Interesse an länderübergreifenden
Vergleichen haben oder Online-Medien erforschen. Zum anderen zählen NGOs, Presse- und
Medienunternehmen, zuständige Politiker, Politikerinnen, Beamte und Regulierungsbehörden,
Initiativen im Bereich der Medienkompetenzförderung und Institute für Erwachsen- bzw.
Elternbildung zu den Zielgruppen.
Von Beginn des Projekts an wurden sowohl auf internationaler als auch nationaler Ebene
Ansprechpartner solcher Einrichtungen identifiziert und kontaktiert. Jedes Land hat im Laufe
der letzten Jahre eine Liste mit nationalen Ansprechpartnern erarbeitet, die regelmäßig über
Fortschritte des EU Kids-Netzwerks informiert werden. Die Kontaktliste für Österreich
umfasst derzeit 70 Personen und wird kontinuierlich erweitert. Für weitere Interessierte gibt
es die Möglichkeit, auf der Homepage von EU Kids Online den Newsletter des Projekts zu
79
bestellen. Dieser liefert halbjährlich einen Überblick über Fortgang und Stand der Arbeiten,
fasst zentrale Ergebnisse zusammen und enthält Links zu weiterführenden Dokumenten.
Um engeren Kontakt zu Experten im eigenen Land aufzubauen und ihre Erfahrung für die
Arbeit des Netzwerks fruchtbar zu machen, wurde in Österreich ein Beirat eingerichtet, der
zweimal im Jahr gemeinsam mit dem österreichischen EU Kids Online-Team
Zwischenergebnisse und weitere Schritte des Projekts diskutiert.41 Ähnliche Einrichtungen
gibt es auch in Deutschland, Großbritannien und Slowenien.
Im Zuge der Tätigkeiten der Beiräte gab es wiederholt Kooperationen zwischen dem
österreichischen und dem deutschen EU-Kids Online-Projekt. So nahm Uwe Hasebrink, der
Leiter des deutschen Teams, an Beiratssitzungen in Österreich teil, und Ingrid Paus-Hasebrink
beteiligte sich im Juli 2008 an einer Veranstaltung des deutschen EU Kids Online-Projekts am
Hans-Bredow-Institut in Hamburg.
Um ihre Erfahrungen aus dem EU Kids Online-Projekt in die österreichische Diskussion
einzubringen, ist Ingrid Paus-Hasebrink (gemeinsam mit ihrem Team) Mitglied des Beirats
von Saferinternet.at.
Vorträge und Publikationen
Über direkte Kontakte zu einzelnen Wissenschaftern und Wissenschafterinnen hinaus machen
die Mitglieder von EU Kids Online Erkenntnisse aus dem Projekt durch Vorträge und
akademische Publikationen innerhalb der Scientific Community bekannt. Insgesamt wurde
das Projekt schon bei über 20 nationalen und internationalen Konferenzen, Tagungen oder
Workshops und in mehr als zehn Zeitschriften oder Sammelbänden vorgestellt.
Auch das österreichische EU Kids-Team hat sich an diesen Aktivitäten beteiligt. So hielten
Ingrid Paus-Hasebrink und Manfred Rathmoser auf der Jahrestagung der Fachgruppe
Medienpädagogik der Deutschen Gesellschaft für Publizistik und
Kommunikationswissenschaft (DGPuK) am 20. Oktober 2006 in Salzburg jeweils einen
Vortrag. Andrea Dürager hat mit Hilfe von Ingrid Paus-Hasebrink am 24. Oktober 2008
bisherige Ergebnisse bei einem Symposium von MyYouth Net in Wien vorgestellt, und
zusammen mit Christina Ortner wird die Leiterin des österreichischen Teams am 22. Jänner
2009 das Projekt im Rahmen der Ringvorlesung „Kinder und Medien“ des
Forschungsschwerpunkts Media Studies an der Universität Innsbruck präsentieren. Darüber
hinaus werden Ingrid Paus-Hasebrink, Christine Wijnen und Christina Ortner im November
2008 bei der Jahrestagung der European Communication Research and Education Association
(ECREA) in Barcelona zu Chancen und Risiken von Web 2.0 referieren.
41 Nähere Information zum Beirat, seinen Mitgliedern und seinen bisherigen Tätigkeiten finden sich in Kapitel 1.
80
Ein Artikel zur Bedeutung von EU Kids Online für Österreich ist bereits im Juni 2007 in einer
Ausgabe von MEDIENIMPULSE erschienen (Paus-Hasebrink/ Rathmoser 2007); ein
weiterer Beitrag für MEDIENIMPULSE zum Thema „EU Kids Online“ – Chancen und
Risiken der Online-Nutzung durch Kinder und Jugendliche“ (Paus-Hasebrink/ Ortner)
befindet sich in Vorbereitung. Ein für das „ International Journal of Media & Cultural Politics“
vorgesehener Beitrag zum Thema „Opportunities of Web 2.0 – Potentials of Learning“ (Paus-
Hasebrink/ Wijnen/ Jadin) in einem Themenheft zu EU Kids Online ist in Arbeit.
Die gesamten Ergebnisse der Arbeit des internationalen EU Kids Online-Netzwerks werden
zum Abschluss des Projekts in einer englischsprachigen Monographie erscheinen und bei
einer Konferenz im Juni 2009 in London der (Fach-)Öffentlichkeit vorgestellt.
Zusätzliche Aktivitäten des österreichischen Teams
Über die gemeinsamen Disseminationstätigkeiten des internationalen Netzwerks hinaus hat
das österreichische EU Kids Online-Projekt weitere Aktivitäten zur öffentlichen
Bekanntmachung des Projekts gestartet.
Im Rahmen der Produktion einer Reihe von Radio-Wissenschaftsendungen für Teenager
haben Christina Ortner und Ingrid Paus-Hasebrink gemeinsam mit der Radiofabrik Salzburg
eine Sendung zur wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Online-Erfahrungen von
Jugendlichen gestaltet. In dieser Ausgabe des elfteiligen Wissenschaftsmagazin sind unter
anderem Interviews mit Ingrid Paus-Hasebrink und Manfred Rathmoser (EU Kids Online
Österreich), Uwe Hasebrink (EU Kids Online Deutschland) und Ronald Hechenberger
(Saferinternet.at) zu hören. Die Sendung wurde am Safer Internet Tag 2007 und 2008 von der
Radiofabrik und im Frühjahr 2008 von mehr als 20 weiteren freien Radios in Österreich,
Deutschland und der Schweiz ausgestrahlt. Zudem steht sie Online als Download und Stream
zur Verfügung (http://cba.fro.at/show.php?lang=de&eintrag_id=7571). Diese Möglichkeit
wurde zwischen Frühjahr 2007 und Herbst 2008 insgesamt 182mal genutzt.
Als eine weitere Disseminationsmaßnahme veranstaltete das österreichische Team mit
finanzieller Unterstützung des Bundesministeriums für Gesundheit, Familie und Jugend
(BMGFJ) am 4. Juni 2008 an der Universität Salzburg eine Podiumsdiskussion zum Thema
„Kinder und Jugendliche im Internet – Chancen und Risiken“. Nach einer Begrüßung durch
die Vizerektorin Sonja Puntscher-Riekmann und einer Vorstellung des Projekts durch Ingrid
Paus-Hasebrink diskutierten Manfred Rathmoser (EU Kids Online Österreich) und Uwe
Hasebrink (EU Kids Online Deutschland) erste Zwischenergebnisse des Projekts mit
Vertretern und Vertreterinnen aus Wissenschaft und Praxis.
An der Podiumsdiskussion, die von Gerhard Rettenegger (Chefredakteur des ORF Salzburg)
moderiert wurde, beteiligten sich Wolfgang Schick von Akzente Salzburg, Bernhard
Jungwirth von Saferinternet.at, Ingrid Geretschlaeger von der Medienpädagogischen
Beratungsstelle an der Niederösterreichischen Landesakademie und Axel Maireder von der
81
Universität Wien. Mehr als 150 Personen wurden per E-Mail eingeladen. Eine
Presseaussendung an lokale und nationale Presse- und Rundfunkunternehmen. Mit ungefähr
50 Gästen, die sich sehr interessiert zeigten und rege an der Diskussion beteiligten, war die
Veranstaltung trotz schönen Wetters gut besucht.
Anlässlich der Podiumsdiskussion produzierte des österreichische EU Kids Online-Team eine
zwölfseitige Broschüre (150 Stück), die das Projekt vorstellt und – speziell mit Blick auf
Österreich – Zwischenergebnisse präsentiert (Paus-Hasebrink/ Ortner/ Rathmoser 2008). Für
die Druckkosten kam das Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend (BMGFJ)
auf. Das Booklet, das sich als Erstinformation für Interessierte eignet, wurde an die Besucher
der Diskussionsrunde verteilt.
EU Kids Online in den österreichischen Medien
Die Podiumsdiskussion am 4. Juni 2008 und die Presseaussendung anlässlich der
Veröffentlichung des Endberichts von Arbeitspaket 3 mit Ergebnissen zu Online-Risiken und
-Chancen in Europa im September 2008 lösten vor allem in Salzburg Medieninteresse aus.
So erschien in Folge der Podiumsdiskussion sowohl auf der bundesweiten als auch auf der
Salzburger Seite von ORF.at ein ausführlicher Bericht zu Zwischenergebnissen von EU Kids
Online, der in gekürzter Form auch im Radio ausgestrahlt wurde. Zudem gab Ingrid Paus-
Hasebrink der Tageszeitung Presse ein Interview zu Inhalten des Projekts. Auf die
Presseaussendung im September reagierten vor allem die SN und einige kleinere Magazine.
Darüber hinaus sind Informationen zu EU Kids Online auf verschiedenen Internetseiten zu
finden. Meist handelt es sich dabei um Websites von Behörden, Initiativen oder Vereinen, die
im Bereich von Online-Risiken oder der Medienkompetenzförderung aktiv sind. Einige
Beispiele sind Saferinternet.at, Stopline, Media Manual (Ministerium für Unterricht, Kunst
und Kultur), Science Radio (Radioprojekt der Radiofabrik Salzburg), BIMEZ
(BildungsMedienZentrum Oberösterreich), Medienpädagogische Beratungsstelle an der NÖ
Landesakademie, Österreichisches Institut für Jugendforschung, Vereinigung für
Medienkultur, medien.kultur.raum (Institut für Kommunikation und angewandte
Medienpädagogik) oder das EMZ (Euregio Medienzentrum).
82
5 Zu den Konsequenzen für Österreich
Die zentrale Herausforderung der Zukunft liegt darin, die Möglichkeiten und Chancen dieser
neuen Technologien einer möglichst großen Zahl an jungen Menschen zugänglich zu machen,
gleichzeitig aber auch Risiken von Online-Medien für Kinder und Jugendliche zu minimieren.
Vor dem Hintergrund der Erkenntnisse aus dem EU Kids Online-Projekt sind die mit Blick
auf die Maßnahmen für sicheren Umgang von Kindern und Jugendlichen mit Online-Medien
in Österreich folgenden, auf fünf Ebenen angesiedelten Empfehlungen hervorzuheben.
- Ausbau einer tragfähigen Datenbasis: Um effektive Maßnahmen zur sicheren
Nutzung des Internets für Kinder und Jugendliche zu entwickeln, sind detaillierte
Kenntnisse über Internetzugang, -nutzung und -umgangsweisen von Nöten. Von
besonderer Bedeutung ist dabei das Wissen über Erfahrungen junger Menschen mit
Risiken, über mögliche Auswirkungen von potenziell gefährdenden Inhalten, über
Reaktionen und Verarbeitungsstrategien von Kindern unterschiedlicher Altersstufen
und über nötige Kompetenzen zum Selbstschutz. Auch die Praxen von Eltern und
Lehrpersonen im Umgang mit der Internetnutzung von Kindern müssen noch näher
erforscht werden, insbesondere auch im Hinblick auf eine effektive Regulierung und
die Vermittlung von Online-Kompetenzen.
- Schutz gegen illegale und jugendgefährdende Inhalte: Wichtig ist darüber hinaus
auch der gleichzeitige Kampf gegen illegale und potenziell gefährdende Inhalte.
Neben einer Diskussion zu einer Weiterentwicklung und effektiveren Kontrolle von
Jugendmedienschutzbestimmungen sollte auch bedacht werden, in welcher Weise
Internet Service Provider oder Software zum Schutz von Kindern vor ungeeigneten
Inhalten eine Rolle spielen (können). In diesem Bereich gibt es in Österreich bereits
Initiativen (Stopline, confoki), auf deren Arbeit in Zukunft aufgebaut werden kann.
- Stärkung von Kindern, Jugendlichen und ihren Familien: Sowohl junge Menschen
als auch ihre Eltern müssen in ihrem Umgang mit Online-Risiken gestärkt werden.
Dies bedeutet, dass das Bewusstsein für konkrete Gefahren des Internets gestärkt
werden sollte und dass Hilfestellungen zur Vermeidung negativer Erfahrungen
bereitgestellt werden müssen. Es gilt, zielgruppenorientierte Informationen in Form
von Broschüren, Ratgebern und Informationen zu entwickeln und ins Internet zu
stellen sowie das Kurs- und Schulungsangebot für Eltern auszubauen. Um möglichst
viele Eltern zu erreichen, scheint es sinnvoll, Kindergärten und Schulen einzubinden.
- Förderung der Medienkompetenz bei Kindern und Jugendlichen: Besonders
wichtig, aber auch herausfordernd ist die Vermittlung von nötigen Kompetenzen zur
Nutzug von Chancen und zum Umgang mit Risiken von Online-Medien an junge
Menschen. Dazu erscheinen in erster Linie die Schulen geeignet, da über sie alle
Kinder über sozio-ökonomisch sowie lebensweltlich relevante Aspekte hinaus erreicht
83
werden können; eine systematische Einbindung dieser Inhalte in den Lehrplan, die
Öffnung von Schulen für projektorientiertes Lernen, die Ausbildung von Lehrkräften
und die Unterstützung und Koordinierung durch zuständige (Schul-)Behörden ist dazu
Voraussetzung. Eine Zusammenarbeit von schulischen und außerschulischen
Institutionen (z.B. Jugendeinrichtungen) ist zudem von Relevanz, um sowohl die
formelle als auch informelle Bildungsprozesse mit Hilfe des und zum Internet zu
unterstützen. Ein Ausbau einer derartigen Zusammenarbeit und die Förderung
entsprechender Initiativen erscheinen in Österreich von Nöten.
- Intensive Zusammenarbeit zur Erarbeitung zukünftiger Maßnahmen: Um
Familien tatsächlich zu erreichen, ist eine intensive Zusammenarbeit zahlreicher
Stakeholder nötig. In Österreich leistet eine Reihe von Initiativen bereits wichtige
Arbeit zur Förderung der sicheren Nutzung des Internets; Saferinternet.at bietet ihnen
ein Forum zur Vernetzung. Diese Zusammenarbeit sollte in Zukunft noch forciert
werden. Damit die Bemühungen dieser Organisationen nicht nur punktuell agieren,
sollte unter Einbindung von Experten und Expertinnen, Stakeholdern und
Multiplikatoren ein bundesweites Konzept zu ihrem wirksamen Zusammenspiel
arbeitet und in späterer Folge auch umgesetzt werden.
5.1 Ausbau einer tragfähigen Datenbasis
Wie die Ergebnisse von Arbeitspaket 1 gezeigt haben, findet sich in Europa zahlreiche
nationale und auch einige internationale Studien zum Umgang von Kindern, Jugendlichen,
ihren Familien sowie Pädagogen und Pädagoginnen mit dem Internet. Dennoch ist die
Datenbasis in Bezug auf eine Reihe von wesentlichen Fragen wenig tragfähig. Aus diesem
Grund ist der gezielte Ausbau von Forschung für die Förderung von Chancen und die
Minimierung von Gefahren zentral. Dies gilt auch für Österreich, wo Fragen der
Internetsicherheit in der Forschung bisher nur vereinzelt behandelt wurden (siehe dazu
zentrale Empfehlungen im Überblick, Seite 97 des vorliegenden Berichts).
Förderung von Forschung zu Risiken nötig
In ganz Europa liegt der Fokus von Forschung zu Kindern, Jugendlichen und Online-Medien
auf Aspekten des Internetzugangs und der Internetnutzung, gefolgt von Online-Interessen und
-aktivitäten junger Menschen. Risiken der Online-Nutzung wurden in vielen Ländern –
darunter auch Österreich – bisher nur selten den Blick genommen. Die wenigen einschlägigen
österreichischen Studien liegen schon einige Jahre zurück und liefern daher kaum aktuelle
Daten. Zudem konzentrieren sie sich vorranging auf den Kontakt von Minderjährigen mit
potenziell gefährdenden oder ungeeigneten Inhalten, insbesondere mit illegalen,
gewalthaltigen, pornographischen, rassistischen oder neonazistischen Websites.
Kommerzielle Gefahren, Probleme im Zusammenhang mit Online-Kontakten oder die
84
Gefährdung der Privatsphäre von Kindern und Jugendlichen wurden bisher vernachlässigt.
Ohne entsprechende internationale Studien wären in Österreich zu einigen Aspekten
überhaupt keine Daten vorhanden.
In ganz Europa mangelt es an Forschung zu Strategien und Kompetenzen von Kindern
unterschiedlichen Alters und ihren Eltern im Umgang mit Online-Risiken. Auch Kenntnisse
zu Auswirkungen – insbesondere zu Langzeiteffekten – von negativen Erfahrungen mit dem
Internet sind weder in Österreich noch in anderen Ländern vorhanden.
Dringender Bedarf an Daten zu jüngeren Kindern
Vor allem jüngere Kinder werden häufig außen vor gelassen, denn der Großteil der Forschung
befasst sich mit Teenagern. Während zu Jugendlichen – insbesondere im Alter von zwölf bis
15 Jahren – Studien vorliegen, werden Kinder unter zehn Jahren nur selten in den Blick
genommen. Die Online-Erfahrungen von Vorschulkindern sind in Österreich bisher sogar
gänzlich unerforscht.
Angesichts der zunehmenden Internetnutzung auch jüngerer Kinder, die seltener elterlicher
Kontrolle unterliegt, und angesichts der Tatsache, dass Fähigkeiten im Umgang mit (Online-
)Medien noch nicht so stark ausgeprägt sind wie bei Älteren (siehe Kapitel 3.3) erscheint dies
als äußerst problematisch.
Erkenntnisse zur Rolle von Eltern und Lehrern fehlen weitgehend
Bisher nimmt Forschung nur vereinzelt Einstellungen, Kompetenzen und Verhaltensweisen
von Erziehungsberechtigten im Zusammenhang mit der Internetnutzung ihrer Kinder in den
Blick. Die wenigen Arbeiten, die sich elterlichen Erziehungsstilen widmen, stellen meist sehr
allgemeine Fragen, ohne der Effektivität unterschiedlicher Maßnahmen oder der Reaktion der
Kinder darauf nachzugehen. Zudem stammen die Antworten zumeist nur von einem
Elternteil. Wünschenswert wären Erhebungen, die sowohl Väter, Mütter als auch Kinder
miteinbeziehen. Ähnliches gilt auch für die Rolle von Kindergärtnerinnen und Kindergärtnern
sowie Lehrern und Lehrerinnen im Auf- und Ausbau von Online-Erfahrungen und Online-
Kompetenzen der ihnen anvertrauten Kinder.
Bedarf an Panel-, Langzeit- und internationalen Studien
Da sich Online-Medien und der Umgang junger Menschen damit rasch verändern, müssen
Daten in diesem Bereich ständig aktualisiert werden. Um regelmäßig Informationen zu liefern
sowie längerfristige Auswirkungen von Online-Technologien in den Blick zu nehmen, sind
Panel- und Langzeitstudien geeignet. In Österreich fehlen derartige Studien zu Online-
Erfahrungen von Kindern und Jugendlichen bisher gänzlich.
85
Zudem wird international vergleichenden Studien in Zukunft große Bedeutung zukommen.
Wie sich im Laufe der Arbeit von EU Kids Online gezeigt hat, gibt es für viele zentrale
Fragen kaum vergleichbare Daten. Nur durch die Gegenüberstellung unterschiedlicher Länder
ist es möglich, individuelle und kulturelle Einflussfaktoren richtig einzuschätzen und so auch
von anderen europäischen Staaten zu lernen.
Mangel an akademischer Forschung
In ganz Europa, insbesondere aber in Österreich, liegt ein deutliches Übergewicht an
Marktforschung vor. Dies führt dazu, dass der Großteil österreichischer Forschung
ausschließlich mit quantitativen Methoden arbeitet und auf Online-Aktivitäten fokussiert,
ohne ihre Einbettung in Alltagskontexte von Kindern und Jugendlichen zu berücksichtigen.
Als Folge überwiegen derzeit deskriptive Momentaufnahmen; theoriegeleitete Ergebnisse
über Online-Erfahrungen von Kindern liegen hingegen kaum vor. Die Beschränkung auf
quantitative Ansätze, die bei Jüngeren kaum brauchbare Daten liefern, führt indirekt auch zu
einer Vernachlässigung von Vorschul- und Volksschulkindern.
Als problematisch lässt sich auch der öffentliche Zugang zu österreichischer Forschung
bezeichnen, denn fast ein Drittel der Studien ist nur in kurzen Zusammenfassungen oder
gegen Bezahlung erhältlich. Dies ist ebenfalls – zumindest zum Teil – eine Folge der
Dominanz von Marktforschung, deren Ergebnisse selten frei zugänglich sind.
Ausbau der Finanzierungsmöglichkeiten
Der Mangel an akademischer und theoriegeleiteter Forschung, an teuren Langzeit und -
Panelstudien sowie an aufwendigen Arbeiten zu jüngeren Kindern hängt unter anderem auch
mit den eingeschränkten Finanzierungsmöglichkeiten zusammen. Österreichische
Unternehmen oder gemeinnützige Vereine finanzieren selten Forschung in diesem Bereich,
und wenn sie dies tun, arbeiten sie zumeist mit Marktforschungsinstituten zusammen.
Akademische Studien zu Online-Risiken und -Chancen können daher in vielen Fällen nur mit
Hilfe öffentlicher Gelder durchgeführt werden. Aber auch die Regierung, die Ministerien und
die Bundesländer beauftragen in Österreich in vielen Fällen Marktforschungsinstitute oder
private Forschungsorganisationen mit Studien zur Internetnutzung von Kindern und
Jugendlichen.
Um die oben benannten Forschungsdefizite aufzuarbeiten, wird es in Zukunft nötig sein,
Finanzierungsmöglichkeiten und thematische Fördererprogramme für akademische Forschung
zu Online-Chancen und -Risiken, für Langzeit- oder Panelstudien und für die Beteiligung
österreichischer Forscher und Forscherinnen an internationalen Studien zu öffnen.
86
EU Kids Online II: Neue europaweite Studie zu Online-Risiken
Einigen der genannten Herausforderungen wird sich das EU Kids Online-Netzwerk in einem
Folgeprojekt stellen. Mit Hilfe einer länderübergreifenden quantitativen Umfrage, die auf den
methodologischen und theoretischen Erkenntnissen aus dem Vorgängerprojekt aufbaut, will
sich EU Kids Online II Aspekten von Internetzugang, -nutzung und -risiken in ausgewählten
Mitgliedsstaaten und verbindet auf systematische Weise Erfahrungen, Praxen und Anliegen
von Kindern im Alter von neun bis 16 Jahren sowie ihren Eltern widmen.
Analog zum ersten EU Kids Online-Projekt münden auch die Erkenntnisse aus EU Kids
Online II in Empfehlungen zur Förderung einer sicheren Nutzung des Internets und werden an
nationale und internationale Stakeholder rückgebunden.
Die Europäische Kommission hat den Antrag für EU Kids Online II bereits genehmigt und
wird für Sach-, Reise- und Managementkosten aufkommen. Die wissenschaftliche Arbeit der
nationalen Teams muss jedoch durch Institutionen in den beteiligten Ländern finanziert
werden. Angesicht der hierzulande ausgesprochen schwachen Datenlage zu Online-Risiken,
ist es vor großer Bedeutung, dass Österreich an dieser internationalen Erhebung teilnimmt.
5.2 Schutz gegen illegale und jugendgefährdende Inhalte
Neben dem Ausbau einer tragfähigen Wissensbasis zu Online-Erfahrungen von Kindern und
Jugendlichen sind Maßnahmen zum Schutz vor potenziell gefährdenden Inhalten von großer
Bedeutung. Dies ist Aufgabe des Jugendmedienschutzes, der sich in Österreich wie auch in
anderen europäischen Ländern im Hinblick auf Online-Medien mit einigen
Herausforderungen konfrontiert sieht. Im Folgenden werden einige zentrale Aspekte für
Österreich benannt.
Uneinheitliche Gesetzeslage erschwert Jugendschutzmaßnahmen
Im Bereich des Schutzes von Kindern und Jugendlichen vor potenziell schädlichen Inhalten
muss zwischen illegalen Angeboten wie etwa Websites, die gegen das
Wiederbetätigungsverbot verstoßen oder Kinderpornografie anbieten, und für Minderjährige
ungeeigneten Services unterschieden werden. Erstere verstoßen in ganz Österreich
grundsätzlich gegen das Gesetz; sie müssen und können aus dem Internet entfernt werden,
sobald sie entdeckt werden.
Die Bestimmungen hinsichtlich der für Kinder ungeeigneten Inhalte sind in Österreich jedoch
uneinheitlich geregelt, da diese Richtlinien als Teil der allgemeinen Jugendschutzgesetze in
den Zuständigkeitsbereich der Bundesländer fallen. Zu jugendgefährdenden Inhalten zählen,
allgemein anerkannt, gewalthaltige, sexuelle und diskriminierende Darstellungen; die
konkreten Formulierungen unterscheiden sich jedoch in den Bundesländern. Die
87
Veröffentlichung der genannten Inhalte ist zwar nicht per se verboten, die Anbieter haben
aber dafür Sorge zu tragen, dass Jugendliche von diesen Services ausgeschlossen sind.
Auch wenn die Bestimmungen in den unterschiedlichen Ländern ähnlich sind, erschwert die
uneinheitliche Gesetzeslage und die jeweils damit verbundene Regelung der Zuständigkeit
eine effektive Kontrolle und Handhabe im Falle von Verstößen. Will man den
Jugendmedienschutz erst nehmen, erscheint eine intensive Zusammenarbeit zwischen den
Bundesländern als unerlässlich.
Kontrollinstanzen müssen geschaffen werden
Online-Medien bringen große Herausforderungen bei der Kontrolle der Einhaltung von
Gesetzesbestimmungen mit sich, denn eine systematische Überprüfung ist schon auf Grund
der kaum überschaubaren Fülle an Services nicht möglich. Anders als bei klassischen Medien
gibt es weder eine begrenzte Anzahl an Anbietern, deren Zugang zum Markt durch
medienpolitische Vorgaben geregelt werden kann, noch ein vorgegebenes Programm oder
Inhaltsschemata.
Dieses Phänomen sollte jedoch nicht zur Folge haben, dass Kontrollen grundsätzlich
unterlassen werden. Eine Alternative wären regelmäßige stichprobenartige Überprüfungen
von ausgewählten kinder- und jugendrelevanten Seiten. Für solch eine systematische
Kontrolle von Online-Angeboten fehlt in Österreich derzeit jedoch eine zuständige Institution.
Die Polizei beschäftigt sich zwar mit illegalen Inhalten, nicht aber mit jugendgefährdenden
Online-Angeboten. Für letztere gibt es weder auf Länder- noch auf Bundesebene eine
Kontrollbehörde.
Dafür würde sich die Jugendmedienkommission (JMK) des Bundesministeriums für
Unterricht, Kunst und Kultur eignen, denn die Aufgabe dieser Einrichtung ist es, die Anliegen
des Jugendschutzes im Bereich der Medien zu wahren. Lange Zeit waren die Aktivitäten der
JMK auf audiovisuelle Medien beschränkt. Seit kurzem wurde ihr Aufgabenbereich aber auf
die Prüfung von Computerspielen ausgedehnt.
Ernsthafte Diskussion zum Umgang mit kinder- und jugendgefährdenden Inhalten nötig
Während neonazistische Seiten, Websites, die gegen das Wiederbetätigungsgesetz verstoßen,
oder andere illegale Angebote aus dem Internet genommen werden können, sind kinder- und
jugendgefährdende Inhalte weitaus schwieriger zu handhaben. Da Inhalte, die in den
Jugendschutzgesetzen als für Minderjährige ungeeignet bezeichnet werden, nicht
grundsätzlich verboten sind, können sie nicht einfach entfernt werden. Vielmehr müssen
effektive Wege gefunden werden, die sicherstellen, dass Kindern und Jugendlichen der
Zugang verwehrt bleibt, ohne dass die Seiten dadurch für Erwachsene unzugänglich werden.
Darüber hinaus ist es schwierig zu bewerten, welche Seiten tatsächlich im Sinne des Gesetzes
als für Minderjährige ungeeignet erachtet werden können, denn die Formulierungen sind
88
großteils recht allgemein gehalten. Bevor Maßnahmen gegen bestimmte Angebote gesetzt
werden, muss daher eine systematische Überprüfung der Services vorgenommen werden.
Dazu bedarf es eines für Online-Inhalte passenden Bewertungsschemas. Solang es keine
bundesweite gesetzliche Regelung gibt, erweist sich diese jedoch als schwierig.
Eine ernsthafte Diskussion über den Einsatz technischer Lösungen für altersbasierte
Zugangseinschränkungen und über möglichen Bewertungsschemata für Online-Angebote
sollte in Österreich weiter forciert werden. Dabei kann eventuell der Blick in andere Länder
helfen: So liegt in Deutschland eine Evaluation zum Jugendmedienschutz vor; sie könnte als
eine Anregung für Österreich dienen.42
Ausbau der freiwilligen Selbstkontrolle von Internet Service Providern
Da viele Angebote aufgrund ihrer Flüchtigkeit nur von den Betreibern effektiv kontrollierbar
sind, kommt der Kooperation mit Anbietern sowie Anstößen zur freiwilligen Selbstkontrolle
von Internet Service Providern eine wichtige Rolle zu.
Erste Ansätze dazu finden sich in Österreich bereits: So sammelt der österreichische Verband
der Internet Service Provider (ISPA) mit Hilfe einer Hotline (Stopline) Informationen zu
illegalen Inhalten im Internet. Die ISPA hat sich dazu verpflichtet allen Hinweisen
nachzugehen und sie den zuständigen Providern sowie den nationalen bzw. internationalen
Behörden zu melden, damit diese den Zugang zu den illegalen Inhalten rasch unterbinden
können. Um die effiziente Informationsweitergabe auch über die österreichischen Grenzen
hinaus zu gewährleisten, ist die Hotline in ein Netzwerk internationaler Internet-Meldestellen
eingebunden.
Diese Initiative der ISPA ist ein gutes Beispiel für die funktionierende Zusammenarbeit von
Providern und Behörden. Aktivitäten dieser Art sollten in Zukunft noch forciert werden.
Wünschenswert wäre vor allem eine Ausdehnung der freiwilligen Selbstkontrolle von
ausschließlich illegalen Inhalten auf jugendgefährdende Angebote im Sinne einer
Überprüfung der Einhaltung von Jugendschutzbestimmungen. Dies ist allerdings schwierig,
solange es in Österreich keine einheitliche Gesetzeslage gibt.
Internationale Zusammenarbeit forcieren
Für die Effektivität des Jugendschutzes im Internet ist internationale Zusammenarbeit von
zentraler Bedeutung, denn das World Wide Web macht nicht an Grenzen halt. Anbieter
können ihre Domains in jedem beliebigen Land anmelden, ohne dadurch in ihrer Reichweite
Einschränkungen hinnehmen zu müssen. Anders als beim Fernsehen, wo das
Ausstrahlungsgebiet eng mit bestimmten (nationalen) Publika gekoppelt ist, können Online-
42 Siehe dazu die Evaluation des Hans-Bredow-Instituts (2007).
89
Angebote für die österreichische Bevölkerung auf einem Server an einem beliebigen Ort auf
der Welt bereitgestellt werden.
Da jeweils die rechtlichen Bestimmungen des Landes gelten, in dem die Domain angemeldet
ist, können Online-Anbieter strengen gesetzlichen Bestimmungen relativ leicht aus dem Weg
gehen. Auf Grund der begrenzten Reichweite von nationalen Jugendschutzbestimmungen sind
internationale Vereinbarungen zu Schutzstandards also ausgesprochen wichtig.
Einsatz von Jugendschutzprogrammen
Da der Schutz vor illegalen oder problematischen Inhalten im Internet durch Gesetze und
Kontrollen nur bedingt gesichert werden kann, ist der Einsatz von Jugendschutzprogrammen
eine sinnvolle ergänzende Maßnahme. In Europa gibt es eine Reihe an unterschiedlichen
Programmen, die während des Surfens jugendschutzrelevante Inhalte filtern.
In Österreich wurde vor kurzem eine kostenlose Software vorgestellt, die vom Family Online
Safety Institute (FOSI), dem Zentrum für Innovation und Technologie der Stadt Wien (ZIT)
und der ISPA entwickelt wurde, um Kinder und Jugendliche vor ungeeigneten Inhalten zu
schützen. Das Programm namens Confoki („Content für Kids“) ist eine Kombination von
Browser-Erweiterung und Suchmaschine; es ermöglicht Eltern, selbst einzustellen, welche
Inhalte sie freischalten oder sperren möchten.
Bisher wurden solche Programme aber nur wenig genutzt, da vielen Eltern der Umgang damit
zu kompliziert oder unpraktisch erscheint und die Filter häufig zu viele oder aber zu wenige
Seiten sperren (Schorb/ Warkus 2004: 319). Es wird daher in Zukunft wichtig sein, Eltern und
Erziehungsberechtigten die Vorteile solcher Programme bewusst zu machen.
5.3 Stärkung von Kindern, Jugendlichen und ihren Familien
Da der Jugendschutz im Internet nur schwer greift und auch die Anwendung von
Filterprogrammen junge Menschen nur bedingt schützen kann, ist es wichtig Kinder,
Jugendliche und ihre Familien im Umgang mit Online-Risiken zu unterstützen.
Bedarf an zielgruppenorientierten Informationen und Hilfestellungen
In einem ersten Schritt ist es notwendig, Bewusstsein für mögliche Probleme zu schaffen, die
im Zusammenhang mit der Nutzung von Online-Medien entstehen können. Viele Kinder,
Jugendliche und Erwachsene werden sich der Gefahren erst bewusst, wenn sie selbst negative
Erfahrungen gemacht haben. Es ist daher nötig, ihnen Informationen über mögliche Risiken
und Hilfestellung zur Vermeidung von konkreten Problemen an die Hand zu geben.
Dies kann auf unterschiedliche Weise geschehen: So bieten einige Initiativen im Internet
Tipps an, stellen Informationsbroschüren bereit und versuchen durch Pressearbeit,
90
Messeauftritte, Vortragsreihen und andere Veranstaltungen auf das Thema aufmerksam zu
machen. Insbesondere aktiv ist in dieser Hinsicht in Österreich Saferinternet.at.
Auch Internet- und Telefonhotlines können im Problemfall weiterhelfen. In Österreich gibt es
die Möglichkeit, illegale Inhalte bei der „Stopline“ zu melden und sich unter
„[email protected]“ oder der „Rat auf Draht Nummer 147“ kostenlos und anonym
Hilfe zu holen. Bei Schwierigkeiten im Zusammenhang mit Online-Shopping ist der Internet
Ombudsmann zuständig (Mail-Hotline).
Auch Empfehlungen von sicheren oder für unterschiedliche Altergruppen besonders
geeigneten Internetangeboten können hilfreich sein. Im Bereich von Computerspielen gibt es
in Österreich eine solche Initiative. Die Bundesstelle für die Positivprädikatisierung von
Computer- und Konsolenspielen (BuPP) prüft und kennzeichnet Spiele, die für junge
Menschen besonders wertvoll sind.43 Eine Initiative dieser Art auch für Internetservices – also
eine Art Gütesigel für kindgerechte Online-Medien ähnlich dem Erfurter Netcode in
Deutschland – wäre wünschenswert.
Bei all diesen Aktivitäten ist von großer Bedeutung, dass unterschiedliche Gruppen gezielt
angesprochen und Informationen auf ihre spezifischen Bedürfnisse zugeschnitten werden.
Besonders gefährdet sind den Ergebnissen von EU Kids Online zu Folge jüngere Kinder,
denn ihre Internetnutzung unterliegt seltener elterlicher Kontrolle und ihre Fähigkeiten im
Umgang mit Risiken sind noch nicht so stark ausgeprägt wie bei Älteren. Zudem sind Kinder
und Jugendliche aus sozial benachteiligten Familien häufiger Risiken ausgesetzt;44 diesen
beiden Gruppen sollte daher besondere Aufmerksamkeit zukommen.
Ausbau des Angebots an Elterninformation und Schulungen
Da Eltern in vielen Fällen noch nicht mit dem Internet aufgewachsen sind und
vergleichsweise weniger Kenntnisse über die von jungen Menschen bevorzugten Services
haben, müssen sie diese, für eine effektive Kontrolle und Begleitung der Internetnutzung ihrer
Kinder nötigen Fähigkeiten häufig erst erlernen. Um Eltern und Erziehungsberechtigten diese
Kompetenzen zu vermitteln, bieten einige Institutionen in Österreich Kurse, Vorträge,
Seminar und Workshops an. So sind in diesem Bereich beispielsweise das
Landesjugendreferat Oberösterreich, der Koordinierungsstelle für Informations- und
Kommunikationstechnologien der Stadt Wien, die Aktion Film Salzburg und die
Medienpädagogische Beratungsstelle der Niederösterreichischen Landesakademie tätig.
Wie der Name der Organisationen schon sagt, beschränkt sich dieses Schulungsangebot nur
auf Niederösterreich, die Initiativen in Oberösterreich und Wien und bleiben auch eher auf die
Städte beschränkt. Volkshochschulen und andere Erwachsenenbildungsinstituten haben Kurse
43 Ingrid Paus-Hasebrink ist Mitglied im Experten-Beirat der Beratungsstelle für Positivprädikatisierung von Computer- und Konsolenspiele (BuPP) des Bundesministeriums für Gesundheit, Jugend und Familie (BMGJF). 44 Siehe dazu auch Paus-Hasebrink/ Bichler 2008.
91
dieser Art (noch) nicht im Programm. Um ein größere Anzahl an Eltern zu erreichen, wäre es
nötig, diese Aktivitäten stark auszubauen. Einerseits sollten bundesweit Initiativen gestartet
und untereinander vernetzt werden, andererseits sollte auch der ländliche Raum stärker
berücksichtigt werden.
Einbindung von Kindergärten und Schulen bei der Ansprache der Eltern
Eine besondere Herausforderung besteht darin, möglichst viele Kinder, Jugendliche und
Eltern in Österreich mit Informationen und Hilfestellungen zu erreichen. Große Medien-, PR-
oder Werbekampagnen sind teuer und aufwendig, führen aber häufig nicht zum gewünschten
Ziel. Internetinformationen, Broschüren, Veranstaltungen und Kurse erreichen in erster Linie
Eltern, die für das Thema schon sensibilisiert und auf der Suche nach Hilfestellungen sind.
Die Ergebnisse von EU Kids Online weisen aber darauf hin, dass das Bewusstsein für
Gefahren des Internets erst noch auf breiter Ebene in der Bevölkerung geschaffen werden
muss, bevor groß angelegte Kampagnen Erfolg haben können. Dies gilt insbesondere auch für
Österreich.
Aus diesem Grund scheint es sinnvoll, bei der Ansprache der Kinder, Jugendlichen und Eltern
jene Institutionen einzubinden, mit denen sie im täglichen Leben konfrontiert sind. Dies sind
in erster Linie Kindergärten und Schulen. Doch auch bei Schulaktionen zeigt sich, dass
insbesondere Eltern aus sozial benachteiligten Milieus selten erreicht werden. Gerade Kinder
aus diesen Familien sind jedoch – wie Ergebnisse von EU Kids Online deutlich zeigen –
verstärkt Online-Risiken ausgesetzt.
Wichtig sind daher Projekte zur niederschwelligen Elternansprache, wie etwa Eltern-Schüler-
Events, in denen die Kinder im Rahmen von Schulprojekten mit neuen Medien arbeiten, und
anschließend die Produkte ihren Eltern vorstellen. Wegen der Bedeutung dieser Präsentation
für ihre Kinder sind Eltern dann eher bereit, zu entsprechenden Veranstaltungen in die Schule
zu kommen als etwa zu Informationsabenden.
5.4 Förderung der Medienkompetenz bei Kindern und Jugendlichen
Vermittlung von Online-Kompetenzen als zentrale Aufgabe von Schule
Die wichtigste, mitunter aber schwierigste Aufgabe ist die Vermittlung von Kompetenzen im
Umgang mit Online-Medien an Kinder und Jugendliche. Schon im „Kindergartenalter und
insbesondere während in Schulzeit werden die Weichen dafür gestellt, wie Heranwachsende
mit der Fülle neuer Medien umzugehen lernen.“ (Paus-Hasebrink/ Jadin/ Wijnen 2007: 90)
Aus diesem Grund kommt den Schulen, mit ihrem expliziten und auch impliziten
Bildungsauftrag, eine zentrale Rolle zu.
92
Der Unterricht darf dabei nicht auf die Vermittlung technischer Kompetenz reduziert werden,
denn mediale Angebote kompetent nutzen zu können, „setzt nicht nur abstraktes Know How
voraus; vielmehr ist es von hoher Bedeutung, Kenntnisse und adäquate Nutzungsweisen
pädagogisch angeleitet im eigenen Tun zu erwerben und damit Potenziale, aber auch
Gefahren besser einschätzen zu lernen.“ (Paus-Hasebrink/ Jadin/ Wijnen 2007: 90)
Auch bei der Vermittlung von Medienkompetenz sollte das Augenmerk besonders auf Kinder
aus benachteiligten Verhältnissen liegen, denn „empirische Ergebnisse zeigen, dass die
Kompetenz, mit medialen Angeboten umzugehen, hohe Korrelationen zum Alter, Geschlecht
und allem voran zur formalen Bildung der Nutzer und Nutzerinnen aufweist. Insbesondere
jene Kinder drohen an den Rand der Gesellschaft gedrängt zu werden, die nicht aus
anregungsreichen Elternhäusern stammen, sondern aus sozial benachteiligten. Digital divide
droht sich zu verstärken, wenn nicht Bildungsinstitutionen, allen voran die Schulen
mitbemüht sind, diese Kluft zu verringern.“ (Paus-Hasebrink/ Jadin/ Wijnen 2007: 89)
Damit Schulen ihrer Aufgabe zur Förderung eines kompetenten Umgangs mit (Online-)
Medien nachkommen können, bedarf es zahlreicher Änderungen, von denen hier nur einige
zentrale genannt werden:
- Medienbildung im Sinne der Vermittlung eines kritischen, reflektierten und
selbstbestimmten Umgangs mit medialen Angeboten, muss explizit in den Lehrplänen
verankert werden. In Österreich gibt es zwar das Schulfach Informatik; dort werden
aber vor allem Grundkenntnisse in der Bedienung von Informations- und
Kommunikationstechnologien gelehrt.
- Schulen sollten sich verstärkt für medienpädagogische Unterrichtsprojekte öffnen.
Solche Projekte müssen sich nicht notwendiger Weise explizit auf den Umgang mit
Online-Medien beziehen. Allein durch die angeleitete Anwendung neuer Medien
können Kinder und Jugendliche Kompetenzen im Umgang mit Potenzialen aber auch
Gefahren des Internet sammeln. Ein gutes Beispiel dafür ist das Modellprojekt Web
2.0 Klasse, das in Zusammenarbeit der Telekom Austria, dem Ministerium für
Unterricht Kunst und Kultur und der Universität Salzburg durchgeführt wurde. Dabei
gestalteten Schüler und Schülerinnen von neun ausgewählten Schulen mit Hilfe von
Wikis Arbeiten zum Thema „Österreichische Nationalparks“.45
- Um Lehrer und Lehrerinnen im Unterricht zu unterstützen, müssen „praxisorientierte,
didaktisch und methodisch fundierte Materialien zum Einsatz von Medien und
insbesondere zur Medienerziehung zur Verfügung gestellt werden.“ (Gysbers 2008:
19) Eine spezifische Aufbereitung mit Rücksicht auf die formale Bildung mithin auf
die unterschiedlichen Schulformen erscheint dafür als zentraler Ausgangspunkt.
45 Nähere Erkenntnissen aus diesem Projekt können im Evaluationsbericht nachgelesen werden (Paus-Hasebrink/ Jadin/ Wijnen 2007).
93
Qualifizierung von Lehrkräften, Schulämtern und Ministerien
Unmittelbar damit verbunden ist die Aus- und Weiterbildung von Lehrenden. Schon während
des Studiums sollte zukünftigen Lehrkräften verstärkt der besondere Stellenwert von Medien
im Alltag von Kindern und Jugendlichen vermittelt und in einem größeren Umfang Kurse zu
medienpädagogischer Arbeit im Unterricht geboten werden. Gysbers (2008: 18) geht davon
aus, dass „kaum eine stärkere Berücksichtigung von Medienthemen im Unterricht zu
erwarten“ ist, „solange der Anteil medienpädagogischer Inhalte in der Lehrerausbildung nicht
deutlich ausgebaut und vor allem verpflichtend festgehalten wird“.
Aber nicht nur in der Ausbildung vor Lehrenden vor dem Einstieg in das Berufsleben sollten
medienpädagogische Ansätze Teil des Unterrichts bzw. der Lehre sein; es bedarf parallele
dazu entsprechender Modellprojekte in der Weiterbildung von berufstätigen Lehrern und
Lehrerinnen. Zu berücksichtigen ist dabei die Zielgruppe, an die sich das Fortbildungsangebot
wendet. Während älteren Lehrkräften zum Teil noch Kompetenzen in der Handhabe neuer
Medien vermittelt werden müssen, können diese Fähigkeiten bei jüngeren Lehrenden schon
vorausgesetzt werden. Daher sollten nicht nur Kurse zu technischen Grundkenntnissen im
Umgang mit PC, Programmen und dem Internet, sondern vermehrt auch Schulungen zu
„medienerzieherischen Themen und deren Umsetzung im Unterricht angeboten werden“
(Gysbers 2008: 18).
Über die Qualifikation einzelner Lehrender hinaus bedarf es verstärkter Aktivitäten auf allen
Ebenen der Schulorganisation. Das bedeutet, dass Kompetenz auch auf Seiten des
Ministeriums und der Schulämter gefragt ist, die Chancen zu erkennen, die mit neuen
Internet-Anwendungen für den Unterricht verbunden sind. Wichtig wäre die Erarbeitung
didaktisch brauchbarer Konzepte sowie eine entsprechende finanzielle Ausstattung der
Schulen (vgl. Paus-Hasebrink/ Jadin/ Wijnen 2007: 85f). Ein lebendiger Diskurs aller
Beteiligten – der Lehrkräfte und Direktoren sowie Direktorinnen, der
Landesschulorganisationen und Ministerien, der Institutionen im Bereich der Aus- und
Fortbildung von Lehrkräften und nicht zuletzt der zuständigen politischen
Entscheidungsträger ist unerlässlich.
In Oberösterreich gibt es bereits eine Landestelle (Bildungsmedienzentrum), die Schulen,
Bildungseinrichtungen und Lehrende bei der Arbeit mit Medien unterstützt; sie leistet sowohl
medienpädagogische, didaktische als auch technische Hilfestellungen, bietet Materialen,
Bildungsmedien, kostenlose Vorträge und Seminare an und organisiert medienpädagogische
Projekte in Schulen oder Freizeiteinrichtungen. In Salzburg übernimmt diese Aufgaben zum
Teil die Aktion Film. Einrichtungen dieser Art sollten ausgebaut und auf alle Bundesländer
ausgedehnt werden.
94
Außerschulische Vermittlung von Medienkompetenz als notwendige Ergänzung
Ergänzend zur Vermittlung von Online-Kompetenzen in Schulen erweisen sich
außerschulische Kursangebote für Kinder und Jugendliche als sinnvoll. In Lernwelten, die
nicht curricular formalisiert organisiert sind und von jungen Menschen freiwillig aufgesucht
werden, können Bildungsprozesse freier gestaltet und Fähigkeiten spielerisch vermittelt
werden.
In Österreich gibt es sich eine Reihe von Einrichtungen, die medienpädagogische Projekte
und Kurse für Kinder und Jugendliche anbieten. Wie schon im Bereich der Elternbildung sind
diese Initiativen aber meist auf einzelne Bundesländer beschränkt. Beispiele für solche
Einrichtungen sind die Medienpädagogische Beratungsstelle der Landesakademie
Niederösterreich, die Radiofabrik und die Aktion Film in Salzburg46 oder das
Landesjugendreferat in Oberösterreich. Zudem haben sich einige Initiativen auf die
Vermittlung von grundlegenden technischen Computerkenntnissen spezialisiert
(beispielsweise die Initiative Computercamp Vorarlberg oder Profikids Österreich).
In Wien bemüht sich die Koordinierungsstelle für Informations- und
Kommunikationstechnologien in der außerschulischen Jugendarbeit am Landesjugendreferat
der Stadt (Netbridge) um die Unterstützung von Medienarbeit in Freizeit- und
Bildungseinrichtungen außerhalb des schulischen Rahmens. Aufgabe dieser Einrichtung ist
es, Multiplikatoren und Mitarbeitern sowie Mitarbeiterinnen in der außerschulischen
Jugendarbeit Medienkompetenz zu vermittel und sie bei medienpädagogischen Projekten zu
unterstützen.
Entwicklung neuer medienpädagogischer Konzepte47
Sowohl für die Medienarbeit in Schulen als auch für Projekte in außerschulischen
Einrichtungen sind neue medienpädagogische Konzepte zur Vermittlung zentraler
Kompetenzen im Umgang mit Online-Medien nötig. Bisherige Ansätze beziehen sich eher auf
traditionelle Medien wie etwa Fernsehen, Radio oder Printmedien; sie sollten in Bezug auf
neue, über Internet, Handys oder andere mobile Geräte verbreitete Angebote konzeptionell
weiter entwickelt werden. Dabei gilt es, die Vielfalt der Services – insbesondere neuer
Formen des Social Webs (auch Web 2.0 genannt) – zu berücksichtigen.
Es stellt sich dabei die Frage, welche Kompetenzen Kinder und Jugendliche benötigen, um
mit den unterschiedlichen Angebotsformen von Online-Medien umgehen zu können. Als
Ausgangspunkt eignen sich Baakes Dimensionen zur Vermittlung von Medienkompetenz; sie
haben auch in Bezug auf neue Medien nicht an Relevanz verloren. Baacke verstand
46 Diese beiden Institutionen sind im Rahmen des Euregio Medienzentrum (EMZ) in Zusammenarbeit mit dem Landratsamts Traunstein auch im grenznahen deutschen Gebiet tätig. 47 Siehe zu diesem Kapitel Paus-Hasebrink 2008.
95
Medienkompetenz als die Fähigkeit, „in aktiv aneignender Weise auch alle Arten von Medien
für das Kommunikations- und Handlungsrepertoire von Menschen einzusetzen“ (Baacke
1996: 8) und unterschied zwischen vier Dimensionen, die als Wegweiser dienen können:
•••• Mediennutzung (aktiver Umgang mit Medien),
• Medienkunde (kenntnisreicher Umgang),
• Mediengestaltung (kreativ-gestaltender Umgang),
• Medienkritik (kritisch-reflexiver Umgang).
Ein Forschungsprojekt an der Universität von Harvard (GoodPlay Project) hat sich der Frage
nach spezifischen Kompetenzen gewidmet, die für den Umgang mit Online-Games, Social
Networking Sites (SNS) und andere Online-Communities nötig sind. Diese sind auf den
folgenden Ebenen angesiedelt:
•••• Identität: Entwickeln und „Spielen“ mit verschiedenen Identitäten
•••• Privatheit: Auswählen wann, wie und wem man Informationen mitteilen darf
•••• Urheberrecht und Autorenschaft: Kontrollmechanismen verstehen und Urheberrecht
bzw. Autorenschaft achten
•••• Vertrauen und Glaubwürdigkeit: Authentisch sein, wenn es um die Repräsentanz und
das Präsentieren eigener Kompetenzen und Motive geht sowie
•••• Partizipation: Communities kennen und die persönlich relevanten auswählen können,
den ‚Code of Conduct’ der SNSs kennen und produktiv an SNSs teilhaben (James et
al. 2008).
Zukünftige Konzepte zur Vermittlung von Online-Kompetenzen müssen auf diese
Erkenntnisse aufbauen. Darüber hinaus ist vor allem die Frage nach den spezifischen
Lernweisen der Heranwachsenden im Kontext ihrer alltäglichen medial geprägten
Lebensweisen wichtig, denn kommunikative Kompetenz kann nur vermittelt werden, wenn
dies auf der Basis der lebensweltlichen Bedingungen von Heranwachsenden geschieht.
Medien haben für – insbesondere jüngere – Kinder und Jugendliche zumeist den Status des
Außergewöhnlichen, des Faszinierenden und sind sinnlich besetzt. „Dieses Potential gilt es
nicht zu bekämpfen, indem etwa Medienkompetenz vor allem als Möglichkeit des
‚Entzauberns’, des werkzeugbestimmte Umgehens in Schulen verstanden wird, sondern
vielmehr zu nutzen.“ (Paus-Hasebrink/ Jadin/ Wijnen 2007: 89)
5.5 Intensive Zusammenarbeit zur Erarbeitung bundesweiter Maßnahmen
Zur Stärkung von Familien im Umgang mit Online-Angeboten erscheint eine Intensivierung
der Zusammenarbeit unterschiedlicher Institutionen notwendig. Zwar findet sich bereits eine
Reihe von Initiativen, die auf diesem Feld wichtige Arbeit leistet. Besonders hervorzuheben
in diesem Kontext das Forum zur Vernetzung durch Saferinternet.at. Es gilt jedoch, daran
96
anzuknüpfen und die verschiedenen Kooperationen auszubauen und zu forcieren; zudem
sollten weitere Multiplikatoren – insbesondere Kindergärten, Schulen, Schulämter,
außerschulische Jugendorganisationen und -zentren, Institutionen im Bereich der Aus- und
Fortbildung von Lehrkräften, Erziehern und Erzieherinnen, Erwachsenbildungseinrichtungen
und Elternverbände – eingebunden werden. Auch ist weitaus größte Teil an Initiativen und
Einrichtungen auf wenige Bundesländer beschränkt; die Bemühungen sollten in jedem Fall
auf ganz Österreich ausgedehnt werden.
Vor allem aber bedarf es eines umfassenden politischen Konzepts, das Maßnahmen auf allen
angesprochenen Ebenen zur Förderung einer sicheren Internetnutzung für Kinder und
Jugendliche systematisch verbindet, und konkrete Pläne für eine bundesweite Umsetzung
entwickelt. Ein erster Schritt in Richtung eines solchen Konzepts könnte die Erarbeitung eines
Ziel- und Maßnahmenkatalogs sein, der den zuständigen politischen Entscheidungsträgern als
Wegweiser dienen kann. Dabei kann auf das Wissen und die Erfahrungen von Experten,
Expertinnen, Stakeholder und Multiplikatoren systematisch aufgebaut werden.
Ein Beispiel dafür, wie solch ein Prozess erfolgreich gestaltet werden kann, ist die
Internetinitiative Österreich. Dabei handelt es sich um einen Zusammenschluss von
Unternehmen, Organisationen und Institutionen, die in mehreren Runden gemeinsam mit
zahlreichen Experten eine Deklaration mit Maßnahmen erarbeitet haben, die Österreich in das
internationale Spitzenfeld bei Informations- und Kommunikationstechnologien bringen soll.
Eine ähnliche Vorgehensweise könnte auch im Hinblick auf die Erarbeitung eines Konzeptes
zur sicheren Nutzung des Internets zielführend sein.
97
Zentrale Empfehlungen im Überblick
Ausbau einer tragfähigen Datenbasis
• Förderung von Forschung zu Risiken nötig
• Dringender Bedarf an Daten zu jüngeren Kindern
• Erkenntnisse zur Rolle von Eltern und Lehrern fehlen weitgehend
• Bedarf an Panel-, Langzeit- und internationalen Studien
• Mangel an akademischer Forschung
• Ausbau der Finanzierungsmöglichkeiten
Schutz gegen illegale und jugendgefährdende Inhalte
• Uneinheitliche Gesetzeslage erschwert Jugendschutzmaßnahmen
• Weitere Kontrollinstanzen müssen geschaffen werden
• Diskussionen zur Handhabe von kinder- und jugendgefährdenden Inhalten
• Ausbau der freiwilligen Selbstkontrolle von Internet Service Providern
• Internationale Zusammenarbeit forcieren
• Einsatz von Jugendschutzprogrammen
• Evaluation der bestehenden Jugendschutzaktivitäten
Stärkung von Kindern, Jugendlichen und ihren Familien
• Bedarf an zielgruppenorientierten Informationen und Hilfestellungen
• Ausbau des Angebots an Elterninformation und Schulungen
• Einbindung von Kindergärten und Schulen bei der Ansprache der Eltern
Förderung der Medienkompetenz bei Kindern und Jugendlichen
• Vermittlung von Online-Kompetenzen in der Schule
• Qualifizierung von Lehrkräften
• Außerschulische Vermittlung von Medienkompetenz
• Entwicklung neuer medienpädagogischer Konzepte
Zusammenarbeit zur Erarbeitung bundesweiter Maßnahmen
• Ausbau der Zusammenarbeit zwischen Stakeholdern
• Entwicklung eines bundesweiten Maßnahmenkatalogs
98
Literaturliste
Baacke, Dieter (1996), Medienkompetenz als Netzwerk. Reichweite und Fokussierung eines
Begriffs, der Konjunktur hat. In: Medien praktisch, 2, 4-10.
Capacent Gallup (2007): SAFT March – April 2007. A report for the Icelandic parents and
teachers association. Reykjavik: Capacent Gallup.
Eckstein, Kirstin/ Hafner-Hanner, Klemens/ Hofer, Inge/ Holzer, Selina/ Wallner , Eva
(2001): Online-Nutzung von Jugendlichen. In: Paus-Haase, Ingrid/ Eckstein, Kirstin/
Bollig, Sebastian (Hrsg.): Kinder- und Jugendmedien in Österreich. Wien: Öbv+hpt, S.
144-162.
Europäische Kommission (2004): Illegal and harmful content on the Internet. Special
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