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Korrespondenzen

Date post: 09-Jan-2017
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Korrespondenzen Source: Pädagogische Monatshefte / Pedagogical Monthly, Vol. 4, No. 2 (Jan., 1903), pp. 55-59 Published by: University of Wisconsin Press Stable URL: http://www.jstor.org/stable/30170735 . Accessed: 14/05/2014 00:02 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . University of Wisconsin Press is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to Pädagogische Monatshefte / Pedagogical Monthly. http://www.jstor.org This content downloaded from 193.104.110.34 on Wed, 14 May 2014 00:02:47 AM All use subject to JSTOR Terms and Conditions
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KorrespondenzenSource: Pädagogische Monatshefte / Pedagogical Monthly, Vol. 4, No. 2 (Jan., 1903), pp. 55-59Published by: University of Wisconsin PressStable URL: http://www.jstor.org/stable/30170735 .

Accessed: 14/05/2014 00:02

Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at .http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp

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University of Wisconsin Press is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access toPädagogische Monatshefte / Pedagogical Monthly.

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Korrespondengen. 55

fessor Vos (Johns Hopkins Universitit) bewi es, dass altertiimliche Wendungen und Archaismen in Grimms ,,Kinder- und Hausmiirchen" nicht kiinstlich nachge- ahmte Elemente seien, sondern in jedem Falle echte LOberbleibsel des alten Sprach- zustandes. Professor ~Shumway (Pennsylvania Universitiit) versuchte eine Ehren- rettung des vielgeschmiihten ,,Tristan" von Gottfried. Der Vorwurf, Gottfried sei unmoralisch, sei unbegriindet und beriicksichtige nicht genigend die Tatsache, dass Gottfried zu einer Zeit schrieb, die ihre eigenen Ideale inbezug auf Liebe, Ehre u.

s. w. hatte. Seine Absicht wenigstens sei durchaus rein. Herr Emil Keppler (Co- lumbia Universitlit) zeigte in hachst ansprechender Weise, wie sich die deutsche

Volks- und Studentendichtung mit Amerika befasst hat. Professor Faust ( Wes- leyan University) verteidigte das neunte Buch von Wolframs Parzifal gegen die Angriffe Btttichers und versuchte dann eine Interpretation der Idee des Dichters zu geben.

Aber auch die Geselligkeit kam zu ihrem Rechte, und Empfiinge und gemein- schaftliche "lunches" gaben den Mitgliedern Gelegenheit, sich niiher kennen zu ler- nen. Besonders muss da der ,,Smoke Talk" vom Abend des 29. Dezembers erwiihnt werden, bei welcher Gelegenheit Professor Gildersleeve tiber das Thema ,,A Pro-

jected Clearing-House for Ancient and Modern Languages" sprach. Unter dem lau- nigen Titel barg der Vortrag eine tiefernste, beherzigenswerte Lehre. Die alten und modernen Sprachen sollen nicht als zwei getrennte Elemente angesehen werden, und diejenigen, die sie unterriehten, sollen mit einander in Verbindung sein zu bei- derseitigem Heile. Am Abend des folgenden Tages hielt der Prlsident der Gesell- schaft, Professor Bright, eine Ansprache, in welcher er etwas aus der ungeschrie- benen Geschichte der Gesellschaft vorlegte. Er gedachte der Grtindung der Modern

Language Association vor ungefiihr zwanzig Jahren. Er erinnerte daran, dass die Gesellschaft urspriinglich eine Abzweigung von der ,,American Philological Associ- ation" gewesen sei, und rechtfertigte ausfiihrlich diese Abzweigung, indem er dar-

legte, dass die neueren Sprachen schon damals den alten gegenfiber eine solche wich- tige Stellung einnahmen, dass die Griindung einer diesen neueren Sprachen aus- chliesslich gewidmeten Gesellschaft einfach eine Notwendigkeit geworden sei.

Gleich nach dieser Ansprache begaben sich die Mitglieder nach dem Hause des Herrn Marburg, wo ihnen ein festlicher Empfang bereitet war, welcher den geselligen Teil der Versammlungen wfirdig abschloss. Auch ffir das Jahr 1902 darf also ein gliin- zender Erfolg konstatiert werden.

Schliesslich sei noch erwiihnt, dass far das gegenwiirtige Jahr Professor Hempl (Michigan Universitiit) zum Prilsidenten erwilhlt wurde, und dass die nichste Ver- sammlung in Vereinigung mit dem Zentralkoirper in Ann Arbor, Michigan, abgehal- ten werden wird. Mige dieselbe an Erfolg nicht hinter der vergangenen zurtick- stehen!

Columbia University, New York City. Arthur P. J. Remy.

III. Korrespondenzen.

(Piir die P&dagogischen Monatehefte.)

Chloago. Dr. G. A. Zimmermacnn, der frithere

Leiter des deutschen Unterrichtes in den iffentlichen Schulen unserer Stadt, ist

am 5. Januar unerwartet gestorben. Erst einige Tage vor seinem Tode hatte

sich das Lungenleiden, mit welchem er schon seit Jahren vortibergehend ge- plagt war, so weit verschlimmert, dass er einen Arzt zu Rate ziehen musste, der ihm gr6sstmiglichste Ruhe empfahl. Trotzdem hat Zimmermann am Sonntag

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Piidagogzsche Monatsbefte.

noch in seiner Kirche gepredigt und schon am niichsten Tage starb er.

Geboren wurde er am 20. Februar 1850 in der schweizerischen Stadt Basel. Nachdem er dort die hisheren Schulen besucht hatte, wanderte er 1869 nach den Vereinigten Staaten aus und bekam eine Stelle als Vikar an der Hartmann'- schen Kirche in Chicago, ausserdem lehrte er an dem evang. theolog. Semi- nar in Elmhorst. Nach einigen Jahren vollendete er seine philologischen und philosophischen Studien in Bern und Berlin, wo er sich den ,,Dr." holte. Im Jahre 1875 kehrte er nach Amerika zu- riick, war 2 Jahre Pastor in Buffalo und nahm dann seinen dauernden Wohnsitz in Chicago. Anno 1877 iibernahm er die Leitung des deutschen Unterrichtes in den iffentlichen Schulen, die er bis zum vorigen Jahre behielt. Aus Sparsam- keitsrticksichten wurde seine Stelle da- mals abgeschafft und er entlassen, wo- rauf er seine ganze Kraft seiner Kir- chengemeinde widmete. - Unter seinen zahlreichen Freunden hat sein Tod auf- richtige Trauer hervorgerufen.

Die Teachers' Federation, eine Verei- nigung der weitaus grissten Mehrzahl unserer Lehrerinnen an den 5ffentlichen Schulen, hat vor kurzem einen sehr be- denklichen Schritt getan, indem sie sich der Federation of Labor angeschlossen hat. - In der letzten Nummer der P. M. wurde schon kurz klar gelegt, wie durch widerliche politische Verhiltnisse der Schulrat gezwungen war, die Gehlil- ter der Lehrer zu reduzieren, trotzdem letztere auf eine ErhShung gerechnet hatten. Nun hofft die Teachers' Feder- ation durch ihre Vereinigung mit der Federation of Labor mehr an politischer Macht zu gewinnen und, wenn die Zeit reif sein wird, gleich den Arbeiterorga- nisationen einfach eine Gehaltserh- hung zu erzwingen.

Das scheint mir aber der heikle Punkt zu sein. Abgesehen davon, dass die Wirde des Lehrerstandes es nimmner ge- stattet, herabzusteigen auf das Niveau des gewihnlichen Arbeiters, so mdichte ich wissen, wie man sich jenes ,,Erzwin- gen" vorstellt. Etwa durch einen Streik? Der waire denn doch noch nie dagewe- sen! Dann miissten aber gleichzeitig alle Gewerkschaften die Arbeit niederlegen, denn Sympathie-Streiks sind Trumpf. Und auch umgekehrt, wenn die plumbers oder sewer builders oder hod carriers etc. um Lohnerhhung streiken, so wer- den auch die Lehrerinnen konsequenter- weise die ,,Arbeit niederlegen" miissen. Wird sich da unsere Jugend freuen!

Die Civic Fcderation, eine Biirgerver- einigung, diese wohl meint und beson- ders dazu da ist, den Herren Politikan- ten etwas auf die Finger zu sehen, hat seit etwa einem Jahre ein Educational Comite von Hundert in Arbeit gehabt, und die Herren und Damen haben mit heissem Bemihen eine Gesetzesvorlage ausgearbeitet, die der kommenden Legis- latur zur Annahme vorgelegt werden wird. Verschiedene Reformen sind da- rin vorgesehen: Verminderung der An- zahl der Schulrite unserer Stadt auf sieben, Erhihung der Machtbefugnisse sowohl wie auch der Verantwortung des Superintendenten u. a. Wegen letzterer Bestimmung wird die Vorlage von der Teachers' Federation bek impft.

Emes. Cincinnati.

Als ....,, Noah aus dem Kasten war," fithrt mir Meister Griebsch, nachdem das erste Wort entfloh'n, durch die Pa- rade und spricht gelassen weiter: ,,Sie vergessen augenscheinlich, dass wohl zu- weilen ein Geschichtchen, eine Plaude- rei, meinetwegen auch ein Kneiplied - ich kenne, Gott sei Dank, nur wenige Sachen letzterer Sorte - mit ,,Als" be- ginnen k6nnte, niemals aber eine Kor- respondenz ffir eine pitdagogische Zeit- schrift, die, wie schon aus ihrer Abon- nentenzahl erhellt, in den weitesten Kreisen gelesen wird, und mit Recht. ."

Einen Augenblick, Verehrtester! Ihr so wohl begriindetes ,,und mit Recht" veranlasst mich, Sie zu unterbrechen, um vorliiufig eine Geschichte an den Mann zu bringen. Ich zitierte niimlich vor kurzem, im GesprHiche mit einem protestantischen Pfarrherrn, den folgen- den malaischen Satz: ,,Selamanja be- gita, dengan betul". Zu deutsch: ,,So ist es immer, und mit Recht". Diesen Ausspruch eines hohen katholischen Geistlichen in Batavia habe ich vor ei- ner Reihe von Jahren einem jungen ja- vanisch-holliindischen Ehepaar auf- tragsgemiss iibermittelt und damit ban- gem Zweifel und nagenden Gewissensbis- sen iiber die Rechtmissigkeit ihres prie- sterlich nicht eingesegneten, sonst aber iusserst gliicklichen ehelichen Zusam- menlebens ein Ende gemacht. Jedesmal nun, wenn ich das ,,und mit Recht" h- re, lese oder selbst gebrauche, ,,brechen alte Wunden auf"; ich denke an den to- leranten hollaindischen Priester, an die Freude des hiibschen Mischlingpaares und schliesslich an gar viel Erlebtes. Dieses mal gesellte sich zu dem sonder- baren Maikifervergnigen noch eine wei- tere angenehme Empfindung, indem

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Korresponden

mein Freund und Pfarrherr mir, sicht- lich geriihrt, seinen Entschluss mitteil- te, diese Sentenz seines liingst dahinge- gangenen katholischen Bruders in Chri- sto demnaichst zum Text einer protes- tantischen Predigt zu machen. ,,Und mit Recht", denn er ist ein ganzer Mann, Redner und Schriftsteller. Er wird es tun, und ich freue mich dessen, obgleich ich, aufrichtig gesagt, nicht im entferntesten einsehe, was die ganze Sa- che mit einer Korrespondenz fir die P. M. zu schaffen hat, es sei denn, ich er- wihne noch, dass der Pfarrherr ein be- liebter Mitarbeiter von ,,Jung-Amerika" ist. ,,Nun," so sprechen Sie, selbst ge- riihrt, ,,Ideenassoziation kinnte man's nennen. Schiessen Sie immerhin los; ich will Gnade fir Recht ergehen las- sen. ,,Als," so sagten Sie.... ." Wohlan, es sei! Als Jean Jacques Rousseau seine ,,Confessions" verfasste, da hatte er be- reits einiges geleistet. Dennoch steht dort zu lesen: ,,Wie talentvoll einer auf die Welt gekommen sein mag, die Kunst des Schreibens lernt er nicht fiber Nacht". Dabei sagt er uns nicht einmal, wie man es mit dem Lernen ma- chen soll. Angenommen, man habe ei- nige geringe Fortschritte im schrift- stellerischen Generalbasse gemacht, so ergibt sich daraus doch nicht, dass man es dem Matthias Claudius gleichtun kinnte, die Zipfelmiitze schwenken und mit dem Ausrufe, ,,Ein grosser Gedanke ist mir aufs Herz geschossen!" an den Schreibtisch stiirzen, um den geschosse- nen Gedanken meisterhaft niederzu- schreiben. Es ist iiberhaupt sehr frag- lich, ob Korrespondenten Gedanken ha- ben sollen oder kinnen, denn die schie- ssen keineswegs wie Salat im Sommer. Ausserdem leben wir in einer basen Zeit. Das Lachen ist teuer, das Seufzen gar wohlfeil. Beten wollen sie auch nicht emsig. Die Schulmeister utriusque ge- neris erleiden Ferien und miissen sich recht sehr in acht nehmen, nicht zu er- frieren. Bekanntlich ist das Gefrieren nicht gerade schwierig, desto mehr aber das Auftauen. Das scheint seine Rich- tigkeit zu haben. Sang doch schon vor ein paar hundert Jahren der ,,Cherubi- nische Wandersmann" Johannes Ange- lus Silesius in seinen ,,Geistreichen Sinn- und Schlussreimen" neben vielen anderen priichtigen Reimen auch diesen:

,Bliih' auf gefrorner Christ! Der Mai ist vor der Tiir; D)u bleibest ewig tot, Bliihst du nicht jetzt und hier!"

Es ist aber erst Weihnacht gewesen und kaum Neujahr; vore Auftauen und

Aufbihein kan dahce nuochm keinc lede sein. Ich bin auch his jetzt noch kei- nenr Gefrorenen, ob Christ ob Heide, be- gegnet, es sei denn, ich rechne die ge- plagten Pensionire darunter, die ihre ideitriige zum hiesigen Lehrerpensions- fonds noch nicht auf das gesetzich fest- gestellte Maximum und Mininmum von sechshundert Dollars abgerundet haben.

Starr vor Schreck waren jedenfalls diese Genossen, als sie vor kurzer Zeit die Mahnung bekamen - da hitten wir doch wenigstens eine korrespondenzfii- hige Begebenheit - sotane Abrundung stehenden Fusses zu besorgen, oder abet die Verwaltung durch hypothekarische und doppelt verbitrgte tbertragung ihrer irdischen Habe sicher zu stellen. Sistierung, bezw. Reduzierung um zwan- zig Prozent der Pensionsauszahlung, wurde denjenigen in Aussicht gestellt, die nicht schleunigst einen dieser Wege einzuschlagen willens oder imstande wii- len. Das bedeutet keineswegs einen schlechten Zustand der Pensionskasse. Es ist im Gegenteil ein recht hiibsches Barvermgen da, welches aber nicht angegriffen werden soll, weil es unter einem Gesetze akkumuliert wurde, des- sen Konstitutionalitit noch immer Zweifeln und Angriffen ausgesetzt zu sein erachtet wird. Zu bedauern ist freilich, dass der Zudrang neuer Beitra- gender nicht in gleichem Schritt und Tritt gehen soil mit der Mehrung der Pensionsberechtigten. Damit ist nicht sowohl die Stabilittit der Einrichtung selbst in Frage gestellt, als die Kurz- sichtigkeit und Selbstsucht gar man- cher Kollegen erwiesen. Jedenfalls spricht es fiir die Richtigkeit meiner Meinung, dass, abgesehen von dem ver- hiitschelten Kriegerstande, hierzulande noch kein Boden ist fiir von staats- oder gemeindewegen tatsiichlich und unan- tastbar gesicherte lebenslhingliche An- stellung und Altersversorgung der Die- ner des Volkes. Mit nicht ganz gutem Gewissen rief ich denn auch jiingst ei- nem pensionierten Kollegen zu: ,,Lache, lache, du hast nicht fibermissig viel Zeit zu verlieren!" Grollend kam die Antwort: ,,Vor eintausend neunhundert und siebenundvierzig Jahren durfte ei- ner nicht mager sein, wenn er vor Ju- lius Caesar mit Ehren bestehen wollte; heutzutage schadet einem die Magerkeit nicht, wenn man nur nicht alt dabei wird. Mir steht das Weinen nither als das Lachen." Nun, geweint hat er nicht, der Kollege, und schaffen tut er noch riistig. Aber die mir bis dahin noch nicht genau bekannte Geschichte

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58 Pi~dagogiscbe Monatsbeftt.

von der Pensionsabrundung hat er mir erziihlt.

Es mag banal, auch wohl banausisch klingen, eines unserer Household-words bleibt es aber dennoch: "Every-one for himself, and the devil take the hind- most." Nichtsdestoweniger sieht man mit Erstaunen die Anstalten zum An- schlusse Tausender von Lehramtsbefiis- senen an den grossen Arbeiterbund und die kindische Freude auf die Errungen- schaft des Rechtes der Inszenierung ei- nes fromm-frtihlichen Streiks, wenn alle Welt einmal ,,nicht so will, wie ich gem haben will". Die Mglichkeit eines Lockout ist natirlich ausgeschlossen! Auch hier spuckt es. ,,Und mit Recht" ?

Doch ich will den Lesern, Redakteu- ren und Herausgebern der ,,P. M." die Neujahrslaune nicht verderben, sondern ihnen auf 1903 ,,das Beste" wiinschen. Hapert's wo, ma5ge sich's bessern. Hilft alles nicht, dann gestatten wir uns ei- nen erfrischenden Riickblick anf ein besseres quondam.

quldam. MIlwaukee.

Jahresversamrnlung und 50jiihriges Jubilium des IWisconsin Staatslehrer- verbandes. Vom 29. bis 31. Dez. tagte hier der jiihrliche Lehrerkonvent unse- res Staates und feierte zugleich sein goldenes Jubilium, da dieser Verband im Jahre 1852, wenn ich nicht irre in Madison, gegriindet wurde. Einige tau- send Lehrer aus allen Teilen des Staa- tes hatten sich dazu eingestellt, und alle schienen die festliche und freudige Ju- biliiumsstimmung mitgebracht zu haben. Die Damen, und besonders die jiingeren und htibschen trugen ihr schanstes Kos- ttim und ihr bezauberndstes Liicheln zur Schau, und die Dezembersonne liichelte mild und freundlich auf die winterliche Landschaft und die beschneiten Strassen herab. Aufflillig und iberraschend war die gegen friibere Jahre gewaltig abste- chende Uberzahl des mannlichen Ge- schlechts unter den Lehrern, so dass in einigen Versammlungen die Damen in ganz bedeutender Minderzahl waren. Es wire sehr zu wiinschen, dass sich das numerische Verhiiltnis zwischen den beiden Geschlechtern etwas mehr aus- gleichen wiirde, denn filr die Mainner ist noch sehr viel Raum da, und wir werden nicht eher einen wirklichen Lehrerstand hier in Amerika haben, als bis die jun- gen Miinner in Scharen herbeistrtmen und dann auch im Lehrerberufe aushar- ren und nicht nach einigen Jahren wie-

der ,,umsatteln". Doch ich will mich keiner Tiiuschung hingeben; es ist recht gut mglich und sogar sehr wahrschein- lich, dass die Miinner, durch Pflichtge- fihl und Standesbewusstsein getrieben, sich in grasserer Menge eingestellt ha- ben, dagegen unsere lieben und geschiitz- ten Amtsschwestern aus Bequemlichkeit zuhause geblieben sind; das erklirt dann die Tatsache.

Soil ich nun den geschitzten und ver- ehrten Lesern einen Auszug aus allen geh5rten und zum Teil recht guten, ja ausgezeichneten Vortriigen geben, so kinnte ich mit dem Dichter des Frih- lingsliedes ausrufen: ,,Wo aber fang ich an, wo hSr' ich wieder auf?" Im Rah- men einiger 8palten kann ich nur das Interessanteste und Wichtigste (wie es sich mir als solches darstellte) mittei- len, und ich muss dabei die Kunst ver- suchen, ,,mit wenigen Worten vieles zu sagen, mit ein'gen Griffen viele Saiten anzuschlagen".

Am Montag Vormittag um 9:30 Uhr rief der Prisident des Vereins, Herr Karl Mathie, die Versammlung im Da- vidson-Theater zur Ordnung. Es waren etwa 5--600 Personen anwesend. Nach- dem er die iiblichen, verschiedenen Aus- schfisse ernannt hatte, erteilte er Herrn A. Salisbury, Normalschul-Priisidenten von Whitewater, das Wort, welcher iiber ,,Historische Skizzen des W. T. A." sprach. Da nun der folgende Redner, Normalachul- Prfisident D. McGregae von Plattville, iiber fast dasselbe Thema sprach: "Master Builders of our Schools and the W. T. A.", so will ich beide Vor- triLge zusammen besprechen. Beide Red- ner ergiinzten sich einander und gaben in Umrissen eind treffliches Bild sowohl von der Wirksamkeit des Vereins und den hervorragendsten Persinlichkeiten in demselben, als auch von dem allmih- lichen Aufbau der verschiedenen Schul- und Lehranstalten unseres Staates, von den Landschulen an bis zu den Hoch- und Normalschulen und zu der Univer- sitit. Als einige besonders hervorra- gende Manner in der Pildagogik wurden genannt: L. McMynn, Dr. Jos. L. Pick- ard, J. P. Mills, A. P. Craig, Prof. C. N. Allen, Rob. Graham u. a. m. Als der einzige tiberlebende von den triin- dern des W. L. V. im Jahre 1852 wurde Dr. J. L. Pickard angegeben, welcher zur Zeit in Kalifornien lebt.

Als eigentlicher Jubiliums - Redner war der in piidagogischen Kreisen sehr bekannte Dr. Bascom ausersehen, dessen Name im ganzen Lande einen guten Klang hat und welcher friiher der Prii-

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Korresponden{en.

sident unserer Universitit in Madison war. Als er das Podium betrat und von dem Vorsitzer der Versammlung, welche inzwischen das Theater fast voll- stiindig geffillt hatte, vorgestellt wurde, ertanten lange anhaltende Beifallsbe- zeugungen. Wiirdevoll und ernst in sei- ner Haltung (er hat die 70 lingst iber- schritten) ist seine Erscheinung, und markant und fest die Gesichtsziige, sei- ne Stimme markig und krftig, sein Vortrag ruhig, langsam und bediichtig, den tiefen Denker zeigend. Sein Thema lautete: ,,Die Quelle der Autorittit im Lehrfache". Er sagte, der Staat Wis- consin kbnne stolz sein auf das, was in der Erziehung in dem halben Jahrhun- dert von den Lehrern und allen, die da- zu mitgeholfen hiitten, z. B. die Volks- vertreter in der Legislatur, erreicht worden sei. Von allen Staaten im We- sten am Mississippi belegen, die einen so riesigen und schnellen Fortschritt auf allen Gebieten seit dem verflossenen hal- ben Sikulum batten, sei wohl keiner im Fortschritt mit Wisconsin zu verglei- chen, und zum grossen Tell schulde es dies seinem vielseitigen, kosmopoliti- schen Bevilkerungselement, welches in gliicklicher Harmonie vereinigt, nun ein vorwiirts und aufwlirts strebendes Volk sei, welches ftir seine idealen Giiter, per- sinliche Freiheit, Vaterlandsliebe und eine gute Schulbildung gewillt sei, sei- nen letzten Blutstropfen herzugeben. Seine vielen und gut ausgestatteten Schulen seien hierfiir der beste Beweis. Dann kam er auf den Lehrerberuf zu sprechen und er meinte, dieser sei ein edler Beruf, wenn nicht der edelste von allen; nichts kanne ihn unedel und un- ansehnlich machen, auch nicht das nied- rige Gehalt, welches leider noch manche Lehrer beztgen, denn nicht die hohen Einnahmen oder Einklnfte machten ei- nen Stand nobel, sondern die meisten und grassten Wohltaten, die der Stand dem gesamten Volke erzeige. Wir Leh- rer sollten uns dadurch nicht entmuti- gen lassen, wenn wir in der Achtung nicht so hoch stilnden, als wir sollten, auch in der Gesellschaft (society) nicht so angesehen wilrden, wie wir sollten. Wir missten uns daran gewahnen, viel zu geben und wenig daffr wieder zu empfangen. Schon der erste 6ffentliche Lehrer, Sokrates, habe erfahren miissen, dass Kenntnisse auf dem Markt des Le- bens nur geringen Wert besissen; er habe sie umsonst ausgeteilt und als Dank daftir den Tod bekommen. Dann zeigte sich Dr. Bascom auch als freier

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und unabhiingiger Mann, indem er er- kliirte, dass er die Errichtung der Chi- cagoer Universitlit durch Rockefellers Millionen fUir ein grosses Unrecht hal- te. Geld, welches dem Volke durchli un- rechtmissige Praktiken entnommen sei, sollte niemals zur Errichtung vonLehr- anstalten verwandt werden. Er scheint nicht an das ,,non olet" zu glauben und meinte, dass die genannte Lehranstalt sich durch die Annahme dieses Geldes in schlechten Geruch gebracht habe. Seine Worte waren: "The taint of a bad temper will cling to it, will lack in it, like a flavor in an unclean infu- sion." Die Wissenschaft soil und muss. frei sein und bleiben, scheint bei ihm fest zu stehen.

Am zweiten Tage erst kam der Prai- sident Mathie dazu, seine Eriiffnungs- rede zu halten, da er in bescheidener Weise den Jubiliums-Rednern den Vor- rang gelassen hatte. Mit gewihltea Worten stellte er gleichsam ein Pro- gramm auf fiir die zweite Hiilfte des Slikulums, wozu er als Thema ,,Die Freiheit des Lehrers" gewihlt hatte. Frei solle und misse Lehrer, Schule und Wissenschaft sein von alien sie be- und einengenden Einfluissen und Hindernis- sen, frei von Buchagenten, von unpas- senden und verkehrten Methoden, iiber- haupt von allem Zwange, damit sie sich frei entwickeln kinnten. Dann solle Fortschritt und rege Strebsamkeit alle Lehrer erfuillen, Lust und Liebe zum Beruf sie mit heiliger Begeisterung er- fiillen, ihren Schiilern nur immer das Beste geben. Wo diese begeisterte Hin- gabe an den Beruf fehlen, da wiirde der Lehrer oft verbittert und verdriesslich und hitte keinen Erfolg. Dann solle aber auch die Schulbehorde und die Kommune dem Lehrer geben, was ihm von rechtswegen gehart, niimlich aus- k~mmliches Gehalt, eine feste und per- manente Anstellung, und womglich Al- tersversorgung oder Pension. Jeder Leh- rer sollte so gestellt sein, dass er in seinem eigenen Hause wohnen konnte. Die Rede wurde mit grossem Beifall auf- genommen.

Gern wfirde ich noch einige andere ge- hUrte Vortrlige erwiihnen, auch iiber die an den Nachmittagen abgehaltenen Sek- tions.versammlungen berichten, aber ich firchte, mein Bericht ist so schon zu ,,llinglich", und mein gestrenger Herr Chefredakteur wtirde gezwungen sein, zu dem gefirchteten Blaustift zu grei- fen, und das sehen alle Berichterstatter nicht gern. A. W.

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