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“Anti-Judäismus” in der Hebräischen Bibel der Fall: Ezechiel (1996)

Date post: 29-Mar-2023
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"Anti-Judäismus" in der Hebräischen Bibel der Fall: Ezechiel Author(s): Carl Stephan Ehrlich Source: Vetus Testamentum, Vol. 46, Fasc. 2 (Apr., 1996), pp. 169-178 Published by: BRILL Stable URL: http://www.jstor.org/stable/1585441 Accessed: 18/05/2009 16:52 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of JSTOR's Terms and Conditions of Use, available at http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp. JSTOR's Terms and Conditions of Use provides, in part, that unless you have obtained prior permission, you may not download an entire issue of a journal or multiple copies of articles, and you may use content in the JSTOR archive only for your personal, non-commercial use. Please contact the publisher regarding any further use of this work. Publisher contact information may be obtained at http://www.jstor.org/action/showPublisher?publisherCode=bap. Each copy of any part of a JSTOR transmission must contain the same copyright notice that appears on the screen or printed page of such transmission. JSTOR is a not-for-profit organization founded in 1995 to build trusted digital archives for scholarship. We work with the scholarly community to preserve their work and the materials they rely upon, and to build a common research platform that promotes the discovery and use of these resources. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. BRILL is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to Vetus Testamentum. http://www.jstor.org
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"Anti-Judäismus" in der Hebräischen Bibel der Fall: EzechielAuthor(s): Carl Stephan EhrlichSource: Vetus Testamentum, Vol. 46, Fasc. 2 (Apr., 1996), pp. 169-178Published by: BRILLStable URL: http://www.jstor.org/stable/1585441Accessed: 18/05/2009 16:52

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Please contact the publisher regarding any further use of this work. Publisher contact information may be obtained athttp://www.jstor.org/action/showPublisher?publisherCode=bap.

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BRILL is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to Vetus Testamentum.

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"ANTI-JUDAISMUS" IN DER HEBRAISCHEN BIBEL DER FALL: EZECHIEL'

von

CARL STEPHAN EHRLICH Heidelberg

Fur Dr Helga Weippert und Prof. Dr Manfred Weippert

Der Verfasser ist nicht der Erste, der eine gewisse Spannung im

Buch Ezechiel wahrgenommen hat, namlich zwischen der Exil-(oder:

gold-) Gemeinde und denen, die in Juda verblieben sind. Es ist insbe-

sondere unter einigen Formkritiker die Rede von einer gdo^-Orientierung2 im Buch Ezechiel, wie auch von einer g^ld-Theologie.3 Im Unterschied

zu diesen Versuchen setze ich in Bezug auf jene g6ld/Juda-Spaltung a

priori weder voraus, daB es sich um einen Hinweis auf ein spateres Stadium der Redaktion handelt, noch daB es um den Beweis einer spa- ten Urheberschaft geht. Ich meine vielmehr, daB die Gesinnung, nach

der die Exilgemeinde als das wahre Israel zu betrachten ist, zum urspriing- lichen Kern des Buches gehort, wogegen die, die in Juda verblieben

sind, soweit sie iiberhaupt wahrgenommen werden, als wesentlich siind- haft wenn nicht gar als abtriinnig zu bezeichnen sind. Um die Richtung meines Versuchs von denen der anderen Forscher zu unterscheiden, bezeichne ich die Selbst-Behauptung der Identitat der Exilgemeinschaft,

' Im folgenden werden einige der ersten Gedanken des Verfassers zu einem Thema

dargelegt, mit dem er sich im Kontext seiner Habilitationsschrift befaBt. Vorstufen die- ses Aufsatzes wurden als Vortrage bei dem Society of Biblical Literature Annual Meet-

ing 1994 in Chicago, vor der Heidelberger alttestamentlichen Sozietat und vor dem

Doktorandenkolloquium der Hochschule fur Judische Studien in Heidelberg gehalten. Den Vorsitzenden der verschiedenen Sitzungen, den Professoren Katheryn Pfisterer Darr, Bernd Janowski, Manfred Weippert und Aharon Agus, sowohl wie auch den Kollegen, die sich an den Diskussionen beteiligt haben, sei Dank ausgedriickt. Besonders zu dan- ken ist Professor Dr Erhard Blum, der die erste Fassung der Arbeit gelesen und kom- mentiert hat.

2 Siehe K.-F. Pohlmanns "golaorientierte Redaktion" (Ezechielstudien: Zur Redaktionsge- schichte des Buches und zur Frage nach den altesten Texten [BZAW 202; Berlin-New York, 1992], S. 4 und passim).

3 Siehe J. Becker's "golah-Theologie" ("Ez 8-11 als einheitliche Komposition in einem

pseudoepigraphischen Ezechielbuch," in J. Lust [Hg.], Ezekiel and His Book: Textual and Literary Criticism and their Interrelation [Leuven, 1986], S. 136-50).

? EJ. Brill, Leiden, 1996 Vetus Testamentum XLVI, 2

CARL STEPHAN EHRLICH

die auf Kosten der judischen Identitat der judaischen Gemeinschaft

geht, als "Anti-Judaismus." Ich meine im "Anti-Judaismus" eine Ideologie wahrzunehmen, die

sich zu Anfang der Exilzeit zu entwickeln begann. Ihre ersten Spuren sind in Jeremia zu erkennen. Es war jedoch Ezechiel, der sie zu einem Grundsatz der gdld-Gemeinschaft herausbildete. Der Preis, den die Exil-

gemeinschaft fur die Bewahrung ihrer Identitat bezahlen muBte, war das Abstreiten sowohl der kultischen wie auch der ethnischen Legitimitat der nicht-exilierten Briider und Schwestern in Juda. Die Entwicklung dieser Theologie der Verneinung oder Abgrenzung ist implizit z.B. in

Deutero-Jesaia zu verfolgen, v.a. in seiner Ideologie des neuen Auszugs und der Eroberung. Das Vorhandensein der Religionsgenossen im Land wurde verneint, indem das Land als verodet und leer angesehen wurde, oder indem man die Einwohner fur synkretistische Mischlinge hielt, gleich den kanaanitischen Ureinwohnern, die sich von ihrer Unreinheit lautem muBten, bevor ihnen der Zutritt zur Gemeinde der Auserwahlten

gestattet werden konnte.4 Die Fortsetzung dieses Konflikts laBt sich in nachexilischen Werken, wie den Buchem der Chronik, Esra und Nehemia verfolgen. An gewissen Stellen konnte es sich dartiberhinaus auch um eine wirtschaftliche Motivierung des Konflikts handeln, da die Zuruck-

gebliebenen Anspruch auf den Besitz und auch auf die gesellschaftli- chen Stellungen der Verschleppten erhoben haben.5

Der Dank, den Ezechiel Jeremia schuldet, wurde oft betont, obgleich das AusmaB des Einflusses des letzteren auf den ersteren noch nicht

geklart ist.6 Jeremia uberbriickt die Zeit zwischen Staat und staatenlo- sem Exil. Somit soil es uns nicht wundern, daB wir die ersten Anzei- chen von "Anti-Judaismus" im Buch Jeremia vorfinden.7 Das Thema des kommenden Untergangs Judas beherrscht das ganze Buch. Einige

4 In diesem Zusammenhang ware eventuell ein Teil der Stellen, in denen 'my h'rs(wt) "Volker der Nation(en)" in Ezra und Nehemia vorkommt, zu verstehen (Esra iii 3, ix 1, 2, 11, x 2, 11; Neh. ix 30, x 29, 31, 32).

5 So z.B. Ez. xi 14ff., xxxiii 23ff.; und Esra und Nehemia passim. Siehe auch R. Al- bertz, Religionsgeschichte Israels in alttestamentlicher Zeit (Gottingen, 1992), S. 373 Anm. 24, S. 379.

6 Siehe D. Vieweger, Die literarischen Beziehungen zwischen den Biichern Jeremia und Ezechiel (Frankfurt/Main, 1993); J. Unterman, From Repentance to Redemption: Jeremiah's Thought in Transition (Sheffield, 1987) S. 167-70; und L. Boadt, "Ezekiel, Book of," Anchor Bible Dic- tionay 2, S. 714.

7 Siehe K.-F. Pohlmann, Studien zum Jeremiabuch: Ein Beitrag zur Frage nach der Entstehung des Jeremiabuches (Gottingen, 1978), wo Pohlmann die Ansicht vertritt, daB dieses Phanomen ein Hinweis auf ein spateres Redaktionsstadium sei, somit aber die religionsgeschicht- liche Bedeutung dieses Motivs ubersieht.

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"ANTI-JUDAISMUS" IN EZECHIEL

Textstellen aber, aus der Zeit nach 597 v.d.Z., stellen das traurige Schicksal Judas der kommenden Erlosung der Exilgemeinschaft gegen- uber. In der Parabel von den guten Feigen und den schlechten Feigen in Kapitel xxiv wird das anti-judaische Programm-an einer Stelle, die wohl als Reaktion auf die Ereignisse von 597 bis 586 v.d.Z. aufzufas- sen ist-klar geschildert: Nach Jer. xxiv 5-7, ein Passus, der mit der

Wiederholung der Bundesformel8 ihren Hohepunkt erreicht, wird von Gott der nach Babylon exilierten Gemeinde Erlosung versprochen, woge- gen die Verse 8-10 sowohl den Regierenden und den Burgern Judas wie auch den nach Agypten Exilierten Strafe und Vernichtung ver- kunden. Somit wird die Gegeniiberstellung des Schicksals der beiden Gemeinden deutlich: Der Exilgemeinde in Babylon wird Erneuerung verhei3en, die judaische ist der Vernichtung preisgegeben.

Dieses Thema des traurigen Schicksals der Konigsdynastie, Jeru- salems und der Menschen, die da wohnen-alles Abtriinnige-wird von Neuem in Jer. xxix 16-19 aufgegriffen, in einem Passus, der vielleicht eine spatere Einfugung ist.9 Im Zusammenhang mit Jeremias Brief an die Exilierten ist dort die direkte Anspielung an das in Kap. xxiv ent- haltene Sinnbild der verfaulten Feigen zu finden. Der Anfang des Briefes enthalt jedoch eine Hoffnungsbotschaft an die Exilgemeinde. Obgleich die lange Zeitspanne des Exils bestatigt wird (V. 10), ermuntertJeremia die exilierten Judaer, in Babylon Wurzel zu schlagen. Dort wiirden sie

florieren, wenn sie ihrem Gott treu blieben, bis die Zeit ihrer Erlosung kommt und sie in ihr Land zuruckgefuhrt werden. Es wird hier still-

schweigend angenommen, daB es die Exilgemeinschaft ist, von der das

jiidische Volk in Zukunft abstammen wird. Die judaische Gemeinde aber ist unwiderruflich der Vernichtung ausgeliefert.10

Diese Themen werden im Buch Ezechiel, geschrieben von dem ersten

groBen Propheten des judaischen Exils, aufgegriffen und weitergefuhrt. Indem ich das behaupte, lege ich meine methodologischen Vorausset-

zungen auf den Tisch: Ich behaupte, als Ausgangssposition, daB der

8 Zur sog. Bundestormel siehe R. Smend, Die Bundesformel (Zurich, 1963); und C.S. Ehrlich, "The Text of Hosea 1:9," JBL 104 (1985), S. 13-19.

9 Siehe die Diskussion in W.L. Holladay, Jeremiah 2 (Philadelphia, 1989), S. 135, der zum SchluB kommt, daB die Verse original, aber in ihrer Reihenfolge verstellt worden sind.

'0 Siehe Jer. xxxii. Zeitlich fallt dieses Kapitel in Zedakias zehntes Regierungsjahr (V. 1), in dem Jeremia durch den Ankauf eines Feldes in Anathoth (VV. 6-15) sein Vertrauen auf die zukunftige Befreiung des Landes bezeugte; durch die Schilderung die- ser Begebenheit werden die Zerstorung Jerusalems und die Riickkehr der Exilierten in das verwiistete Land von Neuem aneinandergereiht (VV. 16-44).

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CARL STEPHAN EHRLICH

Kern, wenn nicht der GroBteil des Buches, das den Namen Ezechiels

tragt, wie auch dessen allgemeine theologische Richtung, dem epony- men Propheten des sechsten Jahrhunderts v.d.Z. zugeschrieben werden muB. Auf der Skala der Ezechiel-Forschung bewege ich mich also zwi- schen Zimmerlis "Fortschreibungsmodell"' und M. Greenbergs "holis- tic method,"'2 obzwar wahrscheinlich eher in Greenbergs Nahe als Zimmerlis.13

In Bildern, die ebenso eindrucksvoll sind wie irgendwelche in Jeremia, predigt Ezechiel den Untergang seiner Heimat. Wiederholt wird mit Nachdruck ausgesprochen, daB das Land nur durch seine totale Ver-

nichtung gelautert werden kann (Ez. xxi 6-10, xxii, xxxiii 23-9). Ezechiel durfte eine Lauterung im Sinne gehabt haben, die eine alhnliche Wirkung hatte wie die legendare Sintflut, obgleich er dies nicht ausdriicklich sagt. Diese MutmaBung gewinnt an Gewicht dadurch, daB Ezechiel in xiv 12-23 die drei maBgebenden Gerechten Noah, Daniel und Hiob er- wahnt und somit andeutet, daB ihm die Uberlieferung der Sintflutle-

gende hochst wahrscheinlich bekannt ist. In dieser Lauterung jedoch wiirde nicht einmal die Rechtschaffenheit dieser Dreien genugen, um das Land, geschweige denn ihre eigenen Familien zu retten.

Die pornographischen Prophezeiungen in den Kapiteln xvi und xxiii

greifen die Metapher der Beziehung zwischen Gott und Israel im Sinne des treuen Gatten und der ungetreuen Gattin auf, eine Metapher, die zum ersten Mal in Hosea im 8. Jh. v.d.Z. zu finden ist und in der

Folge von seinen Nachfolgern wie auch Jeremia weitergefuhrt wird. So ist es, nach Ezechiel xvi, die Hure Jerusalem, die, arger als ihre Schwe- stern Sodom und Samaria, fir ihren Bruch des Ehebiindnisses ihre Strafe erleidet. Doch Gott, in Seiner Barmherzigkeit, wird seines Biind- nisses mit Jerusalem eingedenk sein, und wird nach der Zeit ihrer

Demutigung ihre Giiter wieder herstellen. Das Kap. xxiii ist eine unab-

lassige Anklage Jerusalems ob ihrer Treulosigkeiten, zumal in Sachen des Kultes; fur diesen Bundnisbruch wird sie schwer bestraft werden.

1 Siehe W. Zimmerli, Ezechiel 1-24 (2. Auflage: Neukirchen-Vluyn, 1979), S. 106*- 109*.

12 Ezekiel 1-20 (Garden City, New York, 1983), S. 18-27. 13 Diese im deutschsprachigen Raum wohl reaktionar klingende Aussage erregt weder

im englisch- noch im hebriischsprachigen wissenschaftlichen Bereich groBes Aufsehen. Zu den verschiedenen Zugangen zum Buch, siehe B. Lang, Ezechiel: Der Prophet und das Buch (Darmstadt, 1980), S. 2-17, der die mannigfaltigen wissenschaftlichen Positionen als "gemaBigt" (J. Herrmann, G. Fohrer, M. Greenberg, u.a.), "radikal" (G. Holscher, V. Herntrich, u.a.), und "vermittelnd" (W. Zimmerli, W. Eichrodt, J.W. Wevers, u.a.) bezeichnet.

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"ANTI-JUDAISMUS" IN EZECHIEL

Trotz dieser Vergehen wuirde, nach Ezechiel, ein Rest zuruckkeh-

ren, um das Land zu erben, namlich die g6ld-Gemeinde. Jedoch das

Land, in das die Exilierten zuruckkehren, ist ein odes und entvolker- tes Land (s. Ez. xi 14-21, xx 39-44). Wie ein Schafer seine zerstreute H-erde einsammelt, so wird Gott Israel wieder auf seine verodeten Berge zuriickfdihren (xxxvi 8-12). Das Land wird wieder bevolkert werden um Gottes Namens willen (xxxvi 16-38). In der Sicht Ezechiels ware es die auBerste Strafe, wenn das Exil weiterdauern wurde (xiii 9). Ezechiel weist genau darauf hin, daB es der Rest der Gefangenen ist, der BuBe tun muB und dem das Land zuriickerstattet wird (vi 8-10). In der ein- drucksvollen Vision des Tales der dirren Gebeine (xxxvii 1-14) sagt er

voraus, daB das Volk neu leben und in das Land zuriickgebracht wer- den wird (VV. 11-14). Implizit in all diesen Prophezeiungen ist der

Gedanke, daB die Israeliten der Zukunft einzig die Nachkommen der

gold-Gemeinde sein werden. Der Bruch mit der judaischen Gemeinde konnte nicht klarer ausgesprochen werden.

Kapitel viii ist der ausschlaggebende Text fuir das Verstandnis von Ezechiels anti-judaischer Theologie. Dieses Kapitel ist Tell eines litera- rischen Komplexes, der die Kapitel viii bis xi umfa3t.'4 Das Hauptthema dieser Kapitel ist Jerusalems Verlust der Gegenwart Gottes, der soge- nannten kbwdyhwh/kbwd 'Ihyysr'l, als Folge der kultischen Abscheulich-

keiten, die seine Einwohner begangen hatten und dessen unvermeid- liche Wirkung die Zerst6rung der Stadt ist (siehe Albertz [Anm. 51], S. 368-9).

Vier abscheuliche Dinge werden in Kap. viii behandelt: Zuerst ein

Bild, das Eifersucht erregt (VV. 3-6); dann eine Versammlung von Got- zendienern (VV. 7-13); dann die Frauen, die Tammuz beweinen (VV. 14-15); und schlieBlich die Manner, die, mit dem Rticken zum Tempel gekehrt, sich vor der Sonne verneigen (VV. 16-18). Mit Ausnahme der- jenigen, die Ezechiel als ein spates apokalyptisches und pseudepigraphi- sches Werk betrachten, wie z.B. Joachim Becker (siehe Anm. 3), geht die groBe Mehrheit der Forscher davon aus, daB die in Ez. viii beschrie- benen Handlungen bis zu einem gewissen Grad die Zustande in den

14 Mehrere Kommentatoren betrachten xi 1-21 als sekundar. Siehe Zimmerli (Anm. 11), S. 231; und F.L. Hossfeld, "Die Tempelvision Ez 8-11 im Licht unterschiedlicher methodischer Zugange," in Lust, (Anm. 3), S. 153-6. Andererseits setzt sich Greenberg fur die literarische Einheitlichkeit der Kapitel viii bis xi ein. Siehe Greenberg (Anm. 12), S. 192-205; Ders., "The Vision ofJerusalem in Ezekiel 8-11: A Holistic Interpretation," in J.L. Crenshaw und S. Sandmel (Hg.), The Divine Helmsman: Studies Presented to Lou H. Silberman (New York, 1980), S. 143-64.

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letzten Tagen des ersten Tempels schildern.15 Diese Annahme hatte

einige verschiedentliche Theorien zur Folge, die die vermeintlichen Tat- sachen erklaren sollten. So meinen manche, Ezechiel ware eigentlich ein Jerusalemer Prophet gewesen, dessen Prophezeiungen spater ediert

wurden, um ihnen einen babylonischen Anhauch zu verleihen.'6 Einige wollen das Problem mit der Meinung beseitigen, daB Ezechiel zwischen

Babylon und Jerusalem hin- und hergereist ist,17 andere hingegen, daB ihm ein Eilbotendienst zur Verfugung stand, durch den er iiber die wechselnden Zustande im Heimatland auf dem Laufenden gehalten wurde, sozusagen ein altertumlicher Vorlaufer dessen, was im ameri- kanischen Wilden Westen vor dem Ausbau der Eisenbahnen als "pony express" Schule gemacht hat.'8 Wieder Andere behaupten, Ezechiel hatte die Sunden der Herrschaft Manasses, der hundert Jahre fruher

regierte, auf das Jerusalem seiner eigenen Zeit ibertragen.'9 Lawrence Boadt meint sogar, daB "die andere Moglichkeit nicht auszuschliel3en

sei, daB [Ezechiel] die parapsychische Sehkraft besaB, Ereignisse aus der Entfernung wahrzunehmen."20

In ihrer Untersuchung uiber die volkstiimliche Religion des 6. Jh. v.d.Z. legt Susan Ackerman,21 mit triftigen Argumenten dar, daB die

religiose Symbolik und die Handlungen, die in Ez. viii geschildert wer-

den, durchaus mit dem vereinbar sind, was am Anfang des 6. Jh. in

Juda verbreitet war. Sie folgert daraus, daB die dort beschriebenen Abscheulichkeiten genaue Schilderungen dessen sein mtiBten, was sich in der Zeit Ezechiels in Jerusalem wirklich zugetragen hat. Ackerman

15 Nach Ez. viii 1 ist die Vision selbst in das Jahr 592 festzulegen. 16 U.a. V. Herntrich, Ezechielprobleme (BZAW 61; GieBen, 1933), S. 37-48, 124-30. 7 So z.B. H.G. May, "The Book of Ezekiel: Introduction and Exegesis," S. 51-3, in

G.A. Buttrick (Hg.), The Interpreter's Bible 6 (New York-Nashville, 1956). Zu den Vertretem der verschiedenen Theorien und zur Forschungsgeschichte im Allgemeinen siehe Lang (Anm. 13), S. 1-18, und Ellen F. Davis, Swallowing the Scroll: Textualit and the Dynamics of Discourse in Ezekiel's Prophecy (Sheffield, 1989), S. 11-24. Auch Raschi (z.B. zu Ez. i 2) im 11. Jhdt. vermutete, daB einige von Ezechiels Prophezeiungen aus seiner vorexili- schen Jerusalemer Zeit stammen mussten. Siehe auch Mechilta Bo 1 (deutsche Liber- setzung: J. Winter und A. Wtinsche, Mechilta. Ein tannaitischer Midrasch zu Exodus (Leipzig, 1909) S. 2-4.

18 Allerdings nahm nach Lang (Anm. 13), S. 39, die Reise zwischen den beiden Ge- genden vier bis sechs Monate in Anspruch.

19 Y. Kaufmann, The Religion of Israel: From Its Beginnings to the Babylonian Exile (M. Greenberg, Ubersetzer; New York, 1972), S. 430-2, 435; und Greenberg (Anm. 12), S. 201-2.

20 (Anm. 6), S. 715. Fur eine Widerlegung der verschiedenen parapsychologischen Theorien in Bezug auf Ezechiel, siehe Lang (Anm. 13), S. 75-6.

21 Under Every Green Tree: Popular Religion in Sixth-Century Judah (Atlanta, 1992), S. 37-99.

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"ANTI-JUDAISMUS" IN EZECHIEL

jedoch findet, daB dies nicht auf die Kapitel ix bis xi zutrifft, deren Inhalt doch mit Kapitel viii in Verbindung steht.22 Ich sehe darin einen

Glaubenssptung, dem ich schwer folgen kann. Die Schilderung der

Handlungen im gegebenen literarischen Zeugnis eines seherischen Er- lebnisses mag wohl den Geist der Zeit wiederspiegeln, in der sie statt-

gefunden haben sollen. Doch bedeutet das notwendigerweise, daB die

Schilderung einem Tatsachenbericht gleichzusetzen ist.23 In seinem Buch The Bible Without Theology: The Theological Tradition and

Alternatives to it (San Francisco, 1987), S. 131-53, argumentiert Robert

Oden, daB die Anschuldigung der sogenannten kultischen Prostitution und iiberhaupt der sexuellen Abwegigkeit durch alle Zeiten und in einer bunten Vielfalt von Kulturen als literarischer Topos gedient hat und

gebraucht wurde, um die Gegeniiberstellung von Beschuldigern und

Beschuldigten eindringlich darzustellen.24 Dieses Phanomen ist durch-

wegs nur bei den Anklagern dokumentiert. Ist es nun vorstellbar, daB die Anschuldigung der kultischen Vergehen in Ez. viii dem Autor als solch ein literarischer Topos dient, der darauf abzielt, die brave und

22 In dem Sinne z.B. Lang (Anm. 13), S. 75: "Ez 11, 1-13 wird nirgendwo mitge- teilt, daB das visionar Erlebte-mit EinschluB vom Tod Pelatjas-tatsachlich stattfand." Siehe aber Joseph Blenkinsopp, A History of Prophecy in Israel: From the Settlement in the Land to the Hellenistic Period (Philadelphia, 1983), S. 197, der Ezechiels Bericht von Pelatjas Tod (Ez. xi 13) als Beweis dafiir anbringt, daB Ezechiel wenigstens den ersten Teil sei- ner prophetischen Karriere in Jerusalem verbracht hat. In dem Sinne auch May (Anm. 17), S. 52. In seiner freudianischen Analyse von Ezechiel hat DJ. Halperin zu zeigen versucht, daB der Tod von Pelatja tatsachlich wie beschrieben stattfand, obwohl nicht an dem Ort, an dem Ezechiel ihn lokalisiert (Seeking Ezekiel: Text and Psychology [University Park, Pennsylvania, 1993], S. 68-73, 135-9; siehe auch C.G. Howie, "Ezekiel," IDB 2, S. 206). Um dies zu behaupten, muB Halperin die Altesten Judas von viii 1 mit den 25 Mannern von xi 1 identifizieren. Diese in Babylon vor Ezechiel sitzenden Manner

spielen also eine wichtige Rolle in Ezechiels Vision. Der von dem Schrecken der Verur-

teilung betroffene Pelatja erliegt darauf einem Herzinfarkt. Eine literarische Parallele zu diesem blitzartigen Tod ware wohl in dem plotzlichen Tod von Brian de Bois Guilbert als Folge der inneren Spannungen vor dem ritterlichen Kampf gegen Ivanhoe im gleich- namigen Roman von Sir Walter Scott zu sehen. Im Gegensatz zum Ende des bekann- ten Films mit Robert Taylor und Elizabeth Taylor, in dem Bois Guilbert Ivanhoe im

Zweikampf unterliegt, wird Bois Guilbert in Scotts Buch vom Schlag getroffen, als er sich mit seiner personlichen Situation nicht mehr auseinandersetzen kann, denn mit einem Sieg iiber Ivanhoe wurde er zwar sein Leben retten, aber die Frau die er liebt, namlich Rebecca von York, zum Tode verurteilen (Hinweis fur den deutschsprachi- gen Leser: Walter Scott, Ivanhoe [Leonhard Tafel, Ubersetzer; Frankfurt/Main, 1984], S. 596-7).

23 Als typisches Beispiel fur ihre Methode, im Kontext von Ezechiels visionarem Erleb- nis Logik und Realismus zu finden, siehe Ackerman (Anm. 21), S. 68 und Anm. 102.

24 Unter der reichhaltigen Literatur zum Thema "Kultprostitution" siehe zuletzt H. Schulte, Dennoch gingen sie aufrecht. Frauengestalten im Alten Testament (Neukirchen-Vluyn, 1995), S. 66-79.

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treue Exilgemeinschaft dem bosen und treulosen Jerusalem gegeniiber- zustellen? Wir diirfen nicht aus dem Auge verlieren, an wen sich Ezechiel richtet. Seine Absicht ist es, die jtidische Identitat der gold-Gemeinde, in der er lebte, zu starken, wenn auch auf Kosten der judaischen Ge- meinschaft. Es versteht sich, daB er sich auf eine Weise ausgedriickt hat, die seinen Horern verstandlich sein wiirde. Es ware aber verfehlt zu meinen, daB er beabsichtigte, einen Tatsachenbericht vorzulegen, d.h. einen niichtemen und genauen Bericht dartiber, was sich inJerusalem abgespielt hat. Ezechiel hat religi6se Propaganda geschrieben. Kapitel viii entspricht genau so den historischen Tatsachen wie der Rest der erlebten Visionen der Kapitel viii bis xi, gleichviel wie fest ihre Bilder im Geist seines Zeitalters verankert sind.

Ein Gedanke, um den sich vieles in der hebraischen Bibel dreht, und somit auch in Ezechiel (s. xvi 8, 59-63), ist die Idee des Biindnisses zwischen Gott und Israel. In vielen Studien wird der biblische Begriff des berit den nah6stlichen Parallelbegriffen des Altertums angeglichen. In nuce, diesen Begriffen zufolge brechen in der Tat alle das Bundnis insoweit sie seine Bestimmungen nicht erfiullen, und werden dafur bestraft.

Auf der Tagung der Society of Biblical Literature, die 1993 in Wash-

ington stattfand, hielt Frank Moore Cross einen Vortrag uber ein Rechts- dokument aus Transjordanischer Provenienz, das als der marzeah-Papyrus bekannt ist; Cross hat mir das Manuskript freundlicherweise noch vor der Veroffentlichung in der Haran-Festschrift zu Verfiigung gestellt.25 In der zweiten und der letzten Zeile des Dokuments finden wir die Wurzel rhq in einem Zusammenhang, in dem es den Sinn der rechtli- chen Verwirkung vermittelt. Derselbe Sinn der Wurzel wird in den ara- maischen Elephantine-Papyri belegt,26 wie auch in akkadischen Urkunden in der lexikalischen Form requ.27 Dieser Befund fuhrte Cross dazu, zu

25 F.M. Cross, "A Papyrus Recording a Divine Legal Decision and the Root rhq in Biblical and Near Eastern Legal Usage," FS Haran (bevorstehend). Der Papyrus wurde zuerst von P. Bordreuil und D. Pardee, "Le papyrus du marzeah," Semitica 38 (Homages a Maurice Sznycer I) (1990), S. 49-69, Tf. vii-x veroffentlicht.

26 Siehe u.a. A.[E.] Cowley, Aramaic Papyri of the Fifth Century B.C. (= AP, Oxford, 1923; Nachdruck: Osnabruck, 1967), AP 6,22 (= B. Porten und A. Yardeni, Textbook of Aramaic Documents From Ancient Egypt 2: Contracts [Winona Lake, Indiana, 1989], B.2.2:22); spr mrhq zy ktb (drgmn) br hrsyn I mhsyh "Verwirkungsurkunde, die [Dargaman] der Sohn Harschins an Mahseja geschrieben hat"; AP 13, 15-16 (= B.2.7:15-16): zk byt'yhbth Ik wrhqt mnh dylky hw 'd 'Im "Dieses Haus habe ich dir gegeben, ich verzichte darauf. Es gehort dir in Ewigkeit."

27 Das Antonym von requ "verwirken" in Akkadisch ist qerebu "belehnen." Siehe AHw, S. 916 s.v. qerebu 8b "Anspruch anmelden auf Besitz," und CAD 13, "Q," s.v. qerebu 5 "to claim," S. 234-5.

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"ANTI-JUDAISMUS" IN EZECHIEL

spekulieren, daB jene rechtliche Definition des betreffenden Wortes- die bisher in der hebraischen Bibel nicht belegt ist-dazu dienen konnte, einige biblische Stellen zu erklaren, in denen die iibliche Ubersetzung von rhq als "entfernt sein von" bisher keinen einwandfrei akzeptierba- ren Sinn ergeben hat. Alle drei Probefalle, die Cross anfuhrt, sind Text- stellen aus Ezechiel, namlich viii 6, xi 15-17, und xliv 10. Bei den bei- den ersten handelt es sich um Stellen in dem literarischen Gefuge, das fur unser Thema einschlagig ist.

In Ezechiel viii 6 faBt Gott die Folgen dessen zusammen, was als das Wirken Seiner Eifersucht geschildert wird; jene Folge wird als Irhqh m'l mqdsy ausgedriickt. In der iiblichen Auslegung wird diese Stelle etwa im Sinne von "sich von meinem Heiligtum entfernen" ubersetzt, oder als "mich von meinem Heiligtum entfernen." Cross aber schlagt vor:

"(jedweden) Anspruch auf mein Heiligtum verwirken." Falls das stimmt, wurde das bedeuten, daB Ezechiel zu Beginn seiner gro3en Vision den

Entzug der Legitimitat der judaischen Gemeinde in Worten zum Ausdruck

bringt, die der rechtlichen Sphare entnommen sind, und somit den Ab- bruch des Biindnisses zwischen Gott und denen, die im Land verwei-

len, bedeutet. Die anti-judaische Theologie wird in Kap. xi unterstrichen, wo Cross

auf ein schones Wortspiel in Bezug auf die zweifache Bedeutung von

rhq hingewiesen hat. Nach Vers 15 sagen die Einwohner Jerusalems rhqw,28 d.h. "sie sind von Gott entfernt und haben auch ihren Anspruch auf ihn verwirkt; das Land wurde uns als Erbteil gegeben."29 In Ezechiels Antwort (V. 16) wird die Ironie der Situation vollends ausgeniitzt: Nicht

die, die weit vom Land sind (wortlich: whrhq_ym, "die ich entfemt habe"), sind ihres Anteils enthoben, sondern die, die dort geblieben sind, haben ihren Anspruch auf beides, auf ihr Land und auf ihren Gott, verwirkt. Vers 17 bekraftigt dann die Einsammlung der Exulanten und ihre recht- liche Belehnung mit dem Land (siehe auch Blenkinsopp [Anm. 22], S. 180, 198).

Indem das Thema der Verwirkung, das durch rhq in xi 15-16 Ausdruck

findet, am Ende des literarischen Komplexes der Kapitel viii bis xi er-

scheint, bildet es eine chiastische Inclusio mit dem Anfang des Komplexes. Dasselbe durfte auch fur die Wiederholung des Tempelmotivs gelten.30

28 Der Imperativ des MT (radhdqu) umvokalisiert als Perfektum (rahaqu^). 29 Die letzteren Worte Inw hy' ntnh h'rs stammen, nach Cross, auch aus der Rechtssphare.

Hier fungieren sie als Antonym zur Verwirkungserklarung, d.h. als Belehnungserklarung. 30 Erhard Blum hat mich darauf aufmerksam gemacht, wofur ich ihm zu Dank ver-

pflichtet bin.

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CARL STEPHAN EHRLICH

Diejenigen, bei denen Gott weilt, das sind nicht die Jerusalemer, die den Tempel innehaben. Im Gegenteil: Gott weilt unter den Exulanten, denen er ein "kleines Heiligtum" (mqds m't V. 16) geworden ist. Ezechiel betont hier, da3 Gottes Bundnis mit der judaischen Gemeinde aufge- hoben ist. Das wahre Israel ist einzig im Exil zu finden, in Babylon. Kapitel xxxiii weist darauf hin, daB der Konflikt zwischen Exulanten und denen, die im Land verblieben sind, selbst nach dem Fall Jerusalems und der darauffolgenden Zerstorung des Tempels weiterbestand. In die- sem Kapitel (VV. 21ff.) erhebt die judaische Gemeinde von Neuem

Anspruch auf das Land, einen Anspruch, den ihnen Ezechiel auf Grund ihrer kultischen Vergehen abstreitet.

Wenn wir die alten Texte lesen, drangt sich uns die Frage auf, wer es ist, an den sie sich richten. Ezechiels Zweck war es nicht, der Nachwelt einen Tatsachenbericht uiber die Zustande in Jerusalem zu hinterlas- sen. Er versuchte EinfluB auf die Entwicklung und das Identitatsbe- wuBtsein seiner eigenen Exilgemeinde, die letzten Endes seine einzige Horerschaft bildete,31 auszuuben. Indem er sich eines literarischen Topos, namlich des "Anti-Judaismus," bediente, hat Ezechiel dazu beigetragen, eine Form von Identitat durch Differenzierung zu gestalten. Seine Bot- schaft an die godl-Gemeinschaft war: nicht verzweifeln, nicht die Hoffiung daran verlieren, daB die Wiederherstellung schlieBlich stattfinden werde, nicht den Glauben an die Nationalgottheit aufgeben. Denn auch weit entfernt von ihrem Land sind sie das wahre Israel und-obwohl im Exil-stehen sie im Mittelpunkt der Geschichte.

Die Fahigkeit, sich auf Kosten der Gruppenidentitat des Anderen zu

definieren, kann mitunter zur machtigen Waffe werden.32 Die Gultigkeit dieser These im Falle des Buches Ezechiel festzulegen, mag der erste Schritt sein in dem Versuch, die Entwicklung dieser Ideologie durch die ganze exilische und nachexilische Literatur Israels zu verfolgen. Mehr als eine der Spannungen, die dem nachexilischen Judentum eigen sind, durften sich bis in jene alten Vorlaufer der modernen Streitfrage "who is a Jew?"33 verfolgen lassen.

31 Siehe dazu Kaufmann (Anm. 19), S. 427; und Greenberg (Anm. 12), S. 15-17. 32 Zu diesem Thema in der Judaistik im Allgemeinen und auch in der Hebraischen

Bibel siehe zuletzt die Essays in LJ. Silberstein und R.L. Cohn (Hg.), The Other in Jewish Thought and Histo[y: Constructions of Jewish Culture and Identity (New York-London, 1994).

33 Siehe C.S. Ehrlich, "Jew," S. 366 in B.M. Metzger und M.D. Coogan (Hg.), The

Oxford Companion to the Bible (New York-Oxford, 1993).

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